Lf^
/■?
WÖRTERBUCH
DER
OSTFEIESISCHEISr SPRi^CHE.
ZWEITER BAND.
WÖRTERBUCH
DER
OSTFRIESISCHEN SPRACHE.
ETYMOLOGISCH BEARBEITET
VON
J. ten Doornkaat Koolman.
V^
ZWEITER BAND.
H — püt-water.
NORDEN.
YERLAG VON HERM. BRAAMS.
18S2.
PF
Du
DEUCK VON DIEDK. SOLTAU IN NORDEN.
H.
h. Ah Buchstabe vertritt er in der Bogcl liabbedudas , tüchtige Ohrfeige od. auch
ein urspr. k, wird aber anlautend in vielen Stoss, Puff, Bippen stoss etc. ; du krigst glik
Wörtern cdtgeworfen , loährend er anderer- 'n habbedudas , dat du afer de kop stufst.
seits auch anlautend als unorganischer Hauch- Wohl = „Habe du das",
laut sowohl im Schreiben, namentlich aber im 5 Habbo, ml. Name. Geschln. Habben u.
Sprechen vielen Wörtern vorgesetzt u. be- Habbinga. cf. Abbo etc. ?/. bei Förste-
kanntlich als Dehnungszeichen auch sehr mann auch den Stamm Hab.
häufig inlautend eingeschoben u. auslautend liä-böken, s. hageböken.
angehängt tvird. In vielen Wörtern , tvie liiich, ein iinarticulirter Laut, den man
z. B. in was (Wachs), wassen (wachsen), 10 unwillkürlich in Folge körperlicher An-
fos (Fuchs) etc. ist whd. „h", nhd. „ch", strengung aushaucht od. ausbläst, ausstösst
urspr. „k" auch ganz ausgeworfen. , bz. ge- (hauchend od. keuchend hören lässt) u. der
sclitounden. Weiteres ver gl. bei Grimm, Seh. eigentlich nur einen hörbaren Hauch bezeich-
u. L. u. Andern loegen dieses Buchstabens. net u. nur etwas stärker ist, loie der Laut
1, ha od. ha, das lat. grosse H, welches 15 „ha", den man ausstösst od. hören lässt,
die Knaben in die Erde od. in den Sand toenn man an ein Fenster od. einen Spie-
ritzen u. dann mit Pfennigen od. grösseren gel haucht. Es ist von nhd. ach, bz. den
Geldstücken aus gewisser Entfernung auf InterJ. ach , ha etc. eigentlich nicht Ver-
den Mittelstrich werfen. Derjenige von den schieden u. kann man hach soivohl als ein-
Spielern, welcher sein Geldstück mitten auf 20 fachen Hauch od. Hauchlaut, wie auch
den Strich od. am nächsten an denselben als iin willkürlichen S tos s seufz er bezeich-
wirft u. somit Sieger in diesem Werfen ist, nen, ivie dieses hach denn auch dem mdartl.
streicht das sämmtliche an den H-Strich ge- deutschen hacben (hauchen), satl. (Ehren-
worfene Geld ein u. nennen die Knaben traut, IJ, 206) hächje (keuchen) u. nfries.
daher dieses Spiel: an de „ha" smiten. 25 (Outzen) hache, h:ichpachen (kurz Athem
2. ha od. ha (gedehnt), lia (schürf, ivie holen), bz. unserm häcli-pachen zu Grunde
in ach), hä od. hä. Literjectionen, wie a, liegt. Ver gl. auch hess. (Vilmar) hech-
ä, a, — he, (das e ivie in Hecht), he, — ho, zen (keuchen) u. nhd. ächz en etc. Die y
hö, o etc., welche wohl von Hause aus iden- ist tcahrscheinl. kac' (sonare, s. unter 1 ha-
tisch od. doch gleichen Ursprungs sind u. 30 gel) , da der Stamm hach wohl jedenfcdls
wie diese in sehr verschiedener Bedtg. ge- von Hause aus ein unarticuliHes Geräusch
braucht loerden; ha od. lux, dat kan 'k regt andeuten dürfte, bz. eine Schallwurzel ist.
göd don ; — hä (ja, ja doch od. als Inter- cf. auch higen.
jection der Ungeduld etc.).' kum du man Jiächeleii, hächeln ; /. q. acheln (gierig
mit; — hä ! dat magst du wol; — hk(pfui).' 35 essen), scheint indessen nicht mit vorge-
wat stinkd dat; — hä (pfui od. ach, als setztem Hauchlaut „h" davon gebildet, son-
Seufzer) ! wat deid dat ser; — hä od. dem entweder aus haffeln (cf. hecht aiis
he ! wat störmd dat, od. wat word mi dat heft od. haft u. hechten etc.) entstanden,
stür; — hä od. hä (nein, nein doch etc., od. mit hess. (Vilmar) hsichen (gierig sein,
als Abweisung — od. auch als Interj. der 40 in grober Weise sich habsüchtig bezeigen),
Ungeduld od. des Verdrusses etc.), dar wil tihd. hacben (Grimm, Wb. , ico man in-
'k niks fan hören; — hä! dat kanst du net; dessen aus dem angeführten Beispiel die
— hä ! du dumkop, blif d'r of — od. raäk' eigentliche Bedtg. nicht ersieht) von dem
dat du fürt kumst. Ver gl. Grimm, Wb., Subst. hache, hach (gieriger, habsüchtiger
ha, he etc. 45 Mensch, od. sehr begieriges u. gef rassiges
J. ten Doornkaat Eoolraan. Wörterbuch. II, \
HACÖELIK HACHELK
tiAFEi^
Geschöpf etc., cf. Vilmar, hess. Idiot,
142 seq.; Schmidt, icwäld. Idiot., 71;
Seh in. baijr. Wb. , II, li^ u. iceiter im
Gr i mm' sehen Wb. unter bache IJunger
Bursche, od. Junger, rcagehahiger , kühner, 5
leichtsinniger Mensch etc.], wo ein junger
hach od. iuigk auch durch feroculus, auda-
culus u-iedergegeben wird u. hache [als Fe-
min.] auch die Bedtg.: Dirne, grobes od.
leichtfertiges Frauenzimmer ete. hat) weiter- 10
gebadet zu sein, wovon auch das AdJ. lu'ichig
(gierig, habsüchtig etc.) entstand, was die-
selbe Bedtg. wie unser happig fiat. Im nid.
hat hach od. liag die Bedtg. : Gefahr, Wag-
niss, ad. gefährliche Wagung (cf. bei Wei- 15
land: de zaak in de hach [ud. hag] stel-
len), wonach buche, liach , hag ursjjr. wohl
ein Ftwa.'< i We.wn, (reschöpf, Ding etc. od.
Zu.^tand, Sein, Verhalten etc. = Wage-
Wesen od. Wage-Zustand, Wagen etc., bz. 20
wagendes, kühnes, verwegenes , dreistes ete.
— od. gewagtes, kühnes etc. Ftwas) bezeich-
net haben könnte, icas aiuUix (beides, im gu-
ten a, im bösen Sinn) ist u. demnach i)i
hach od. hag ursjjr. die Bedtg. : aiidax od. 25
auch ferox etc. lag, wie Ja auch die Be-
griffe: kühn, gewagt, unüberlegt, wild, ver-
wegen, leichtsinnig etc. sich nahe berühren.
cf. hächelik, 1 u. 2 hächje etc. u. wegen
des Stammes hach, hag unter hage, hagen, 30
hangen etc. u. wie hangen auch in mancher
Beziehung mit schweben od. sich hin
u. her bewegen, schwenken (cf. y
kak, vacillare; desiderare) begrifflich zusam-
menfällt u. auch wagen mit wegen od. goth. 35
vigan conncv ist, wie desgl. auch mit wie-
gen =: hin u. her bewegen etc.
hächelik , hächelk , gewagt, misslich, be-
denklich, gefährlich etc.; de büdel is mi to
hächelk, as dat ik mi d'r an wage; — dat 40
is 'a hi'ichelken säk', um siik dar tüsken to
steken; — dat sügt dar ferdömd hächelk üt;
— de büdel steid hächelk (steht gefährlich
od. auf der Kippe u. Spitze, sodass sie im
Begriff ist, umzuschlagen u. zu stürzen, — 45
od. auch : hinigt gerade in der Schwebe, so-
dass es unsicher ist, wohin sie schlägt); —
'n bächolkern kram (Entbindung etc.) as
ditmül bed min frO nog net holden. Sprichw.:
um 't elk un en fan pas to maken, un fan 50
elk to bin bemind , dat sunt de bäcbellkste
saken, de man in de werreld findt. — Xld.
hachelijk. Es ist von nid. hach (s. unter
hächelen) iceitergebildct.
1. hächjp, hiichtje, Wagniss, gewagte u. 55
unsichere Unternehmung , missliche od. be-
denkliche n. gefährliche Sache etc. ; dat is
jo 'n häclije (Wagniss, böse Aufgabe etc.),
um dat antofaten un wer in 't like to bren-
gen; — up sükke (solche) hächtjes (Wag- GO
nisse, gewagte u. unsichere Unternehmungen
etc.) dar lät ik mi net gern in. Dimin. von
nid. hach (Wagniss etc.); s. M/j/er hächelen.
2. hiiehje. liächtje, leichtsinniger, loser,
wagehalsiger Mensch, Windbeutel, Spring-
insfeld etc. ; up so 'u häcbje as he is , dar
is net up to böen ; — be is 'u lös od. ligt
hdchtje. — i\7(/. bacbje, hachtje (cf. bei
ten Cate) = puer audax u. demnach mit
dem veralteten buche (ef. Weigandu. un-
ter hächelen) conne.r.
3. hiiclije, häclitje^ Stück, Schnitt, Ab-
schnitt etc. ; ik beb' liir nog so 'u möi hächje
fles iu de molle, dat wul' 'k jo gern ferko-
pen ; — — he is 'n früiul fun 'n göd hächtje
(gutem Stück od. tüchtigem Bissen etc., seil.
Fleisch, Speck, Brcden etc.) ; — he hed fan
middag 'n göd häclije had. — Mit mnld.
(KU.) buchte (incisio, incisura, frustum, pars
scissa vel abscissa, toinus , pruesecta portio,
crustum, frustum) v:ohl conne.c mit hakken.
4. häclije, hächtje, Leben, Dasein, Blei-
bendes, liest etc. ; he harr' 't hächje (od.
hächtje) d'r hast bi sitten laten. — Nid.
bacbje. Es bedeutet eigentlich wohl „Bro-
cken" in der Bedtg. : „ UeberbleibseV od.
„Abfall", sodass es mit 3 hächje von Hause
aus identisch ist.
häch-päciien, keuchen, sto.'^sweise schicer
athmen etc. ; he ligd od. löpd to hächpächen
od. blechen ; — he hächpächd gfik, weu he
man äfen fei löpd. — Nd. (Schütz e) hach-
puchen ; icang. hachpach; nd. (Br. Wb.,
Schütze etc.) hacbpachen =hannov. hcch-
pusten.
hädbär, *\ ädebär.
Haddo, ml. Name = Hatto ; G eschin. U&d-
dinga. cf. auch Heddo.
hiider, s. herdor.
hädin^, haadiiig Cofts., if. Stbg.) = afries.
haved-ing, havd-iug (Häuptling, capitanus
etc.) von haved etc. (Haupt, caput), cf. höfd.
hafe, häf, Habe; a) Gut, Besitz, Besitz-
thum etc., od. das was vian hat u. hält;
min ganse häf un göd; — b) Griff etc.;
cf. bandhafe, Handhabe, Handgriff'. — Nd.,
mnd. have ; nid. have; tnnld. have, haeve;
afries. have, heve ; ahd. haba; mhd. habe
(Habe, Eigenthum; Halt, Anhalt; Kerker,
Speicher, Hafen, Meer; habitus, habitudo).
Zu hebben, bz. heffen, heben, d. i. greifen,
nehmen, fassen etc. , wie dies aus upheflfen
(aufheben) etc. hervorgeht, sowie daraus,
dass mhd. habe auch die Bedtg. „Meer"
hat. cf. 1 hafen.
hiifo, s. hefe.
Iiiifel. s. befel.
hafe-lös, habelos, besitzlos etc.
1. hafeu, Hafen, Ort od. Bucht, wo Schiffe
sicher u. geborgen liegen. — Nd., nid. haven;
HAFEN
HAPKE
mnld. havene; ags. häfene; aen(jl. haven;
an. höfn; dän. havn ; iniid. hahene. Dane-
ben auch ahd. haba ; iiihd. halie (s. o. unter
hafe) n. mhd. hap; md. hab (Hafen; Meer,
Haff, cf. hef). Es bezeichnet das Ha-
bende od. Haltende , od. auch das loas
hält u.fasst, bz. den Ort zum Halten
M. Bergen, tvie mhd. habe (^s-. anter hsife)
auch die Bedtg.: Kerl: er u. Speicher
hat u. dieses Wort sociel als Hab- od.
Halt-Ding , bz. ein E t w a s was hält
u. fasst etc. bedeutet.
2. hafen, haben. i\^«j' m haadhafen, sonst
hebben.
liäfen, s. heften.
1. hafer, Haber. Nur in inhafer (Inha-
ber), tvofilr indessen auch mehr inhebber
gebräuchlich ist.
2. liafer, Haber, Hafer. Sprichw. : de
pörde, de de hafor ferdonen , de krigen se
seiden. — Nd., nid., schott. (mdartl.) haver;
ahd. habaro, haparo, havoro ; an. hafri ;
schived. hafre; dün. havre. Da das Wort
Gerste od. hordeum (cf. garste) wahr-
scheinl. zur y ghars (starren ivie Borsten,
wegen seiner wie Borsten starrenden Gran-
nen) gehört, so könnte das Wort hafer wohl
%vegen seiner zitternden Rispen, die
bei uns bifen (von ags. bifian, afries. biva,
beben, zittern etc.) heissen, zu der y kap,
kanip (zittern, vibriren etc., cf. Fiele, I,
39) gehören, wozu auch skr. kampra (zit-
ternd, beweglich etc.) u. capala (sich hin u.
her beivegend, zitternd, schivankcnd etc.) ge-
hören, ivie hafe u. hebben etc. zur y kap,
greifen, fassen, halten. Gehört auch viel-
leicht ags. häfr; an. hafr; lat. capra fiJocA',
Ziege) zu derselben y kap, kamp (vibriren,
zittern, trillern, vibrireiide Töne hören las-
se)/), loeil die Ziege etc. „meckert" od. vi-
brirend u. zitternd schreit u. das mhd. mecke
(ds Spottname loohl im Sinn (cf. Wei-
g a n d) von Ziegen bock steht u. dieses Wort
anscheinend mit griech. mek in mekasthai
(quäken, blocken, meckern etc., bz. schreien
wie die Ziegen u. Lümmer etc.) u. lat. mic-
cire (cf. bayr. niickeru, wiehern etc. bei
Sc hm.) connex ist.
liafere, havere, Havarie od. Avarie, d. i.
Schaden an Schiff u. Ladung tvälirend einer
Seereise; daher überhaupt: Seeschaden,
od. auch (ganz allgemein): Schaden, Ver-
lust, Unglück etc. od. Aufenthalt dadurch,
dass Jemandem Etwas brach u. ivrack ivurde;
dat schip is mit hafere binnen kamen; —
he hed uuderwägens hafore had , darum is
he güitern so lät to hüs kamen ; — he hod
altid hafere (Schaden u. Aufenthalt) mit sin
büdel, wen he underwägens is. — Nid. ha-
verij, averij; mnld.- havereye, averye (jac-
tura sive damnum in mari) ; mfläm. haverye
(dasselbe) ; mnd. haferye ; dün. haveri ;
schwed. hafveri; engl, average. Nach Die z
(I, 89) soll das ital. , 2>ort. avaria; ■'<pcm.
5 averia; franz. avarie von mnld., mnd. ha-
verye, haferye stammen u. vergleicht man
die Wörter: Büberei, Gasterei etc. von Bube,
Ga-Ht etc., so wäre es auch sehr leicht mög-
lich, dass dieses Wort in ühnlicher Weise
10 von dem schon alten Worte haf (die hohe
See, das Meer, cf. hef), weitergebildet wurde
u. dann wörtl. mit See- er -ei übersetzt
iverden müsste, wonach dann hafere urspr.
soviel ivie „See-Betrieb , od. ein Etwas
15 toas man auf der See betreibt u. thut,
bz. dort oft vorkömmt u. nsus ist" bedeu-
tet haben könnte u. dann später speciell
auf die jetzige Bedtg. eingeengt u. be-
schränkt loäre. Gestützt ivird dies noch
20 dadurch , dass das Ueberbordiverfen von
Waaren bei Sturm od. beim. Leckiverden
der Schiffe sehr häufig vorkommt u. bekannt-
lich ein so allgemeiner u. gewöhnlicher S ee-
gebrauch ist, dass man kaum ein Wort
25 darüber verliert, tvenn es geschieht.
Wegen weiterer Erklärung dieses Wortes
vergl. Grimm, Wb. unter Haf er ei u. Wei-
teres unter Havarie, sowie bei Andern.
hafer-görte , Habergrütze.
30 hafei'-sak , Habersack , Futtersack. Da-
von franz. havresak (Tornister).
liafer-wellen , Haferschleim, od. Suppe
von gekochter Hafergrütze, die vor dem Ge-
nuss durchgeseiht wird. — Watig. haver-
35 welling.
haffel in gehaffel, Gehappe, rasches u.
gieriges Hapyen od. Einhappen u. Ver-
schlucken von Speisen.
liaifelen, haffeln, freq. od. anhaltend u.
40 rasch happen , rasch u. gierig essen «.
schlucken etc.; he haffeld dat man all' so
binnen ; — du must net altid so sitten to
haffeln, dat sügt je net üt, as wen du din
läfend net sat krigst ; — man kan d'r hast
45 hei net tagen haffeln (schlucken). — Wfries.
(Vrije Fries, III, 20i seq.) haffelje
(kauen wie alte zahnlose Leute ; dem Munde
keine Ruhe gönnen, viel u. unaufhörlich
schwatzen) , haftelbek (Weib , deren Mund
50 nie still steht, cdtes Schwatzmaul), haftelerij,
gehaft'el (unaufhörliches Geschioätz etc.). Es
ist freq. von happen, ivas loohl mit hobben
u. heften (cf. loegen des „f, „b" = „p"
unter hafen u. bedarfen) zu derselben y gehört.
55 häng, s. hef lg.
häfke, Habicht. - Nd. (Br. Wb.) ha-
vik, haavk ; mnd. havik, liavek, liawik ; nid.
havik; mnld. havick; tvfries. hauck ; nfries.
(0 utze n) häfk, häfk ; dithm. hävk, hövk,
60 iiövick; ags. hafok; engl, hawk ; an. haukr,
HAFTEN
4
HAGEL
hauks; schiccd liük ; (7ä/(. bog; ohcl. habub,
bapub ; mhd. habccb, babicb, bäbocb. Wohl
mit hobbig (greifig etc.) zu bebbeii, h:. ahd.
haban (haben, halten etc., d. i. fassen, grei-
fen). Vergl. dieserhalb auch Diez, II,
132 unter gavilan (Sperber) u. Fick, III,
63, der die Staiumforni babiga auch sur y
hab = lat. cap stellt u. ba1)ic mit lot. capax
vergleicht.
haften, s. unter becbteu.
lial'ti^, Endung von wärbafug (wahrhaf-
tig, wahrhaft), cf. aftig, acbtig.
Hage , der Flecken Hage bei Xordcn im
Amt Berum. Sprichw.: in Hage, dar is niks
as kuminer uu pbige! de uiks bed an kau
niks krigen, de h"it man to Hag' ütblit'en.
cf. H. Büttger, Diücesan- u. Gau-Gren-
zen Norddeulschlands , pag. 180, wo dieser
Ort, hz. dieaes Kirchdorf Hagba um 1420
genannt loird. Die Bedtg. ivird dieselbe
sein, wie von Haag, bz. Hagba (cf. Ostfries.
Urkundenbuch con Dr. Fr i edlaende r,
pag. 120), der Residenzstadt von Holland,
nämlich: Ort in einem Hag, od. in einem
dichten Gebüsch, bz. in einem e i n g e-
eäunten Wald, Park, Gehege etc.,
da der Name jedenfalls icohl wie nfrics. bäg,
Lage; an. bagi; schived. bage (eingehegter,
eingezäunter Platz, Weide-Platz etc.) von
ahd. hag (EinJiegung, Verzäunung ; dichtes
Gebüsch; eingezäunter Wald etc.) weiterge-
bildet wurde, ivie denn auch noch die Um-
gebung von Hage sehr wahlreich ist u. die
früheren Grafen von Ostfriesland in dem
hart daran grenzenden Berum ein Jagd-
scliloss u. einen Wildpark hatten.
1. hage, Buhe, behaglicher, ruhiger Schlum-
mer etc.; he geid na bage (zur Buhe, zu
Bett); — he ligd iu hage (Ruhe, Friede,
Bequcndichkeit etc.). — Mit 2 hage v. hage-
lik wolil zu hagen od. vielleicht mit nd. (B r.
Wb., II, 562, sub 4) häge (Schutz, Sicher-
heit) u. 1 M. 2 häge zu ahd. bag; cf. 1 ii.
2 hägen.
2. hage, Freude, Vergnügen, Behagen etc. ;
he hc'd so regt sin hage dar an. — Nd.
(Br. Wb., II, 562; s. .sub 2) bäge; mhd.
hage (Behagen, Wohlgefallen, Behaglichkeit).
Wohl auch zu liagen. Vergl. indessen böge
n. s. ivciter :
3. liage, s. hage-türf.
1. häge, hege, hegge, Hecke, lebendiger
Zaun, Einfriedigung etc. — Nid. baag
(Zaun) u. heg (Hecke); mnld. heggbe (du-
mus, sentis, seiiticctum; sepes, sppimentura;
cratis senticosa seu viniiuea) u. haeghe, haglie
(sepes, sepimentum, septum), sowie hacgbc
(domiis) ; mnd. hage (lebendiger Zaun, Zaun,
Hecke) u. hege, hecb, lioge (Zaun, Einfrie-
digung, Hecke; Gehölz, kleiner Wald; Ge-
hege, [umzäunte] Wulinung : Schutz); ahd.
bag (Einhegung, Verzäunung ; dichtes Ge-
büsch: eingczäu)i(er Wald, Park) u. begga;
vihd. begge, hecke (Hecke, Zaun etc.) ; ags.
5 haga (Zaun, eingehegtes Feld, Garten, Vor-
iverk) u. hege (Zaun, Hecke), gehäge (ein-
gezäuntes Feld, Gartenland etc.); engl, bedge
(Zaun etc.) ; schwed. bage (eingezäunter
Platz, Viehweide) u. hägen (Umzäunung,
10 Einfriedigung ; ScJiutz, Schirm etc.) etc.
2. häge, hege, Hege, Hut, Schutz, Bc-
UHihru)ig, Wartung etc.; he bed hnm sin
god in häge (Bewahrung, Hut, Aufsicht etc.)
im plage (Pflege) gäfen ; — he bi'd dat kind
15 in häge un plägo iiamon ; — se bebben dar
bi buni aliid güd hör häge uu plage bad
(sie sind da bei ihm stets gut gehegt u. ver-
pflegt). — Nd. (Br. Wb., II, 562, sub 4)
häge (Schutz, Sicherheit etc.). Das Weitere
20 s. unter hagen u. hägen, sowie 1 bäge.
hago-böke. hägbök', Hage- od. Hainbuche.
— Nid. liaagbeuk; )id. bagebüke, babOke;
ahd. haganpuocha, haginbuocha; mhd. ha-
gcnbuocbe . bagebuoclie , bagbuoche. Die
25 Bedtg. ist: Hecken- od. Z au n - Buche u.
ist hagan von ahd. hag (Einhegung , Ver-
zäunung) weitergebildet. j
hage-böken, Jitlgböken, haböken, hage- 1
buchen, von der Hagebuche; du must sen, ^
30 of du wat hägböken (od. bäböken) holt to
de möleakammen krigen kaust; flg. (von
schwachem u. krüppelhuflem Wuchs, im Ge-
gensatz zu dem der gewöhnlichen Buche
entlehnt) krüpipelhuft, verkrüppelt, halbwüch-
35 sig, schwach, unvollständig etc.; dat is mau
so 'n hag — od. bäbökon büm od. kerel,
jung' etc.; — he is man so bäböken (schwach,
klein, verkrüppelt , halbwüchsig etc.) bläfeu; j
— dat büs sügt so liäböken (unvollständig, f
■40 nicht ordentlich od. so icie es sein soll, halb-
fertig, icic von einem Pfuscher gemacht etc.)
iit, as wen 't hei net ördindlik klär worden
un ütböed is; — be is d'r so bäböken (wie
ein Stümper od.ioie Jemand, dem die Hände
4.5 verkehrt stehen u. der deshalb nichts recht
maclien kann etc., bz. linkisch, unbeholfen
etc.) bi dun , as of he sin läfend nog gen
stük geredscbup in de band bad bed ; — dat
sügt arbarmdlik bäböken (linkisch, dumm)
üO üt, so as du dar bensteist to gapen.
häge-knipcrko, Zaun- od. Heckenkönig,
so benannt, weiter immer durch die Hecken,
bz. dichtes Gebüsch u. Gestrüpp kriecht.
1. liagol (sowohl collect., als auch vom
55 einzelnen Hagelkorn u. dann mit dem Plur.
hageis), Hagel; a) gefrorene Eiskörner od.
einzelnes Eiskorn; — b) Bleischrot, Schrot
zum Schicssen. — Nid., nd. hagel ; mnld.
haeghel; afries. (Wiar da, pag. 187) heyl ;
60 ivfrics. (Jap ix) heyl, Iieyle; nfries. hajcl ;
HAGEL
HAGEN
wang. hil ; ags. hagal, hagol, haüul, hilgel ;
engl, liail ; an. liagl; sckived., (Jan. ha gel;
«h(l. hagal, hagel ; inhd. hagel (Hagel ; hihll. :
Unglück, Verderben). Weitn gricch. cliä-
laxa (Hagel), chalaxaö (hageln), Int. grando;
lislav. gradu (Hagel) mit sl.r. hräfliiui (Un-
toettcr) etc. ^(. goth. gretan (weinen, klagen
etc.) zur y ghard, ghräd = slr. hräd, send.
zräd (rauschen, rasseln elc, hz. sonarf, cf.
greta etc.) gehört, die von ghar (sonaro,
cf. grinen) loeitergchildet ist n. dazu rer-
gleicht, dass grand n. grind zu grindan mit
der Grdhdtg. : knirschen , knirschend zer-
malmen a. zerreiben etc. gehören, so könnte
auch hagel nebst gricch. kachlex (Steinchen,
Kiesel, bz. Kies), kagchäs (Lacher) etc., Int.
cachinnari etc. zu der ]/ kak = skr. kakk,
kakh (lachen) od. zu (cf. Bopp) kac (so-
nare), bz. zu der y kach, kancli (to bind ;
to shiiie; to sound, cf. Benfeg u. unter
hagen am Schlüsse) gehören, da wohl auch
kak jedenfalls loie die y kark, krakati (tö-
nten, lachen, krächzen) von goth. hlalijan
(lachen), griech. klazö eklagon (schreien),
klagge (sonus), lat. clangcre etc. (cf. Fick,
I, 42) urspr. die Bedtg. sonare, od. einen
unarticulirten Ton Jiören lassen, hatte u.
tüonach denn auch hagel ein Etwas sein
konnte, was rauschend od. rasselnd
u. }) r a s sein d n ied erführt , od. ein G e-
rüusch u. Gerassel etc. macht, ivie ja
auch engl, hail ausser hageln die Bedtg.:
brüllen, schreien etc. hat u. auch mnld., bz.
afries. (KU.) hagghen (rixari) vielleicht die-
ser y angehört, ivie desgl. auch das gleich-
bedeutende mnd. (Seh. u. L.) hagen, hag-
gen etc., engl, haggie.
2. hagel in Janhagel; s. d. n. cf. Grimm,
Wb. unter hagel sub 6.
3. hagel, böse, verdri esslich etc., bz. mi.'^s-
günstig u. verderblich gesinnt; he kikd so
hagel (böse, grimmig, mürrisch etc.) iit, as
de düfel ; — he is ferdomd hagel up ml; —
he is mi not so hagel, as de düfel. Es ist
wahrscheinl. vom, Subst. 1 hagel iii der bildl.
Bedtg.: Verderben, Unglück etc. abgeleitet.
hageldom, Hagedorn, d. i. Hecken- od.
Zaun-Dom, von ahd. hag; s. unter hage-
böke.
hageldörnwifkes, die rothen Früchte des
Hagedorns, aucli hägewibkes (s. d.) genannt.
hageleil, hageln, hageln, graupeln.— Nid.
hagelen ; nd. hageln; ufries. (J a p i x) hey\-
jen; wang. hil; afries. (W i a r d a) heUja, ;
ags. hagolan; engl, hail; ccn. hcgla; norio.,
schwed. hagla; dein, hagle.
hagelik, hagelk, freudig, erfreulich, be-
haglich, ruhig u. friedlich etc.; he kikd so
regt hagelk ut ; — dat is 'n hagolken säke ; —
de sünne schind so regt hagelk ; — wi sitten
Inr so regt hagelk bi 'nander. — Afries.
haglik; vd. (l)ähn e rt) häglig (ergötzlich,
lustig).
Ilageil, ;«/. Name; Hagena, Geschln. ; cf.
5 Fö r s t c m a n n unter hag.
hagen, angenehm sein, Vergnügen machen,
behagen , angenehm berührt werden wovon,
(sich) freuen, Freude machen od. haben u.
emjifinden, sich mit Freude woran erinnern,
10 sich behaglich, glücklich, ruhig u. zufrieden
fühlen etc. ; dat lu'igde hum so regt, dat he
dar so warm iin gud srt ; — dat liiigd hum
net, dat lic" in hCis bllfen sal ; — de wchal
sük hagen, wen he dat hörd, dat sin dogter
15 'n liitjcn sdn aferwunnen hed ; — dat kan
hum so regt hagen, wen 'n ander rninsk un-
glük hcd; — dat hägd hum nog altkl (das
macht ihm noch immer Freude, od. er denkt
noch stets mit Freude daran), dat he forig
20 jär bi uns tum besfik west ist; — he hägd
sük dar so regt, war hü nu wand. Compos.
be- u. mishagen. — Afries. hagia; satl.
hägje; wfries. heagjen; nfries. hage; nid.
hagen; nd. (Br. Wh., IT, 561), hägcn, ha-
25 gen (freuen, cf. auch bögen u. pag. 562
hagen, Belieben haben, gefallen) ; mnd. ha-
gen; as. (bi) hagun (behagen etc.) ags. (cf.
H. Leo, 113 serp unter hi'gan) hagian od.
bagjan in on- u. gehagian ; ahd. (hagan) nur
30 im Partie, kehagin u. mhd. hagen in ge- u.
behagen. iJic Grdbdtg. dieses Vbms. ist
(wie von 1 gaden u. h&to.n) eigcntUcJi : an- u.
zu einander bcivcgen, rereinigen u. so bin-
den, schliessen, fügen, passen, gut u. ge-
35 schickt auskommen u. sein , recht sein, Be-
hagen t(. Freude machen etc. u. gehört es
mit an. haga (accommodare , ordinäre , bz.
einrichten, anordnen etc. od. sich schicken,
passen, geziemen etc., cf. hagar, es passt,
40 ziemt etc.), hagr (Einrichtung , Lage, Stel-
lung, Verhältniss; Vortheil, Nutzen; Billig-
keit, Gebühr, Zukommniss etc., cf. auch gade
etc. ?/. bäte), hagr , hög, hagt (passend, ge-
schickt etc.) ; hoegr, hogr (leicht, beejucm,
45 angenehm, erfreulich) , hoegri (dexter), hoe-
g'md'i (Beeiuemlichkeit,Annehmlic}ikeit), hoegia.
(moderare, mildern, beruhigen; fördern etc.),
liog in höglifi (ruhiges, friedliches lieben),
högligr (leicht u. beriuem zu behandeln) etc. ;
50 isl. haga (concinnare, ordinäre), hagr (dexter,
artiticiosus) etc. , sowie ahd. hag (Befrie-
digimg, Einfriedigung, Ein- u. Umschlies-
sung, Umzimnung, Ver zäunung ; dichtes ge-
schlossenes Gebüsch; eingezäunter Wald,
55 Hag, Gehege etc.), sowie unser 1 u. 2 hage
u. 1 u. 2 häge u. hägen etc. (diese jedoch
tvoJil nur als Weiterbildungen von hag) nebst
allen den darunter angeführten Wörtern zu
einer germ. ]/ hag = skr. kac, kanc (bin-
60 den, fesseln, umbinden, gürten, cf. bei Bopp
HAEGEN HEGEN
6
HAGE-TOERF
y kac, binden etc. u. hei Fick, I, 36, y
kak, bz. bei Ben fei/ y kach, kaüch) =
»/</. kak (cinu'ore) ijeliören.
Vergl. indessen Fick, der hixg (Verzäu-
nung etc.) von kak (cingere), dagegen hagen
(passen) von einer idg. }' kak = zend. ^ac
Qyassen, geziemen) ableitet, die er zu idg.
kak (genügen, hinreichen , im Stande sein)
= skr. ^ak (vermögen, helfen etc. , cf. I,
55) stellt. Da Jedoch die Bedtgn. : pausen,
fügen de. Kohl auf die .^innl. Bedtg.: bin-
den, schliessen , znsammcnmachen , vereini-
gen etc. zurückgehen (cf. z. B. auch salig
etc.), so dürfte die Ableitung i'on kak (bin-
den etc.) Jüohl für beide Wörter beizube-
halten sein.
hägen, hegen, a) :äunen, he- ein-, um-
zäunen od. he-, ein-, um-f riedigen ; de tun
mut nes (aufs Neue) häjid worden ; — dat
land is inhäud ; — b) liegen, pflegen, heicah-
reii, hüten, warten, Hut u. Wartung ange-
deihen las.-<en ; hv hed dat kind gud hilgd
im plägd. — Nd. (B r. \Vb. etc.) Lägen;
mnd. (Seh. u. L.) hegen, hegenen, lieien
(umzäunen, befriedigen, einfriedigen; ein
Wehr od. hech machen; schützen, unterhcä-
ten, bewahren ; bergen, bei Seite legen, ret-
ten, sparen; ein Gericht hegen, od. eigent-
lich die unter freiem Himmel belegene Ge-
richtsstätte einzäunen u. befriedigen) ; ahd.
(hagjan, hakjan , hegjan) ; mhd. hegen (mit
einer Umzäunung od. einem hag [s. tmter
hagen am SchhissJ umgehen u. absperren u.
dadurch .-sichern od. in SicJierheit u. Hut
bringen; hegen, pflegen, bewahren); mnld.
heghen , hegghen , heghenen , hegeneu (in-
striiere, ornare, colere ; educare, servare, cu-
stodire ; agere forum, Judicium, legitime cou-
firmare: sfipirc dumetis et vepribus) , sowie
haej'en (fovcre, colere) ; afries. heia ; ags.
hegian (sepire etc.) ; an., isl. hegna (circura-
sepire, aggere nuinire; coercere, castigare);
schwed. hiigna (umzäunen, befriedigen ; schüt-
zen, beschirmen , vcrtheidigen) etc. Vergl.
weiter: nid. heinen (aus hegenen, cf. hain od.
hein), zäunen od. cingere, cf. omheinen, cir-
cumcingere od. umzäunen etc. u. sodann
noch mhd. heien , heigen, ivachsen; pflan-
zen; aufziehen, gross ziehen, liegen, schützen,
pflegen ; ags. hegan (sepire, tueri), ivelch Letz-
tere möglicherweise ebenso tvie hagen direct
von der germ. ]/ hag (ligare) entstanden u.
nicht wie hägen von dem Subst. hag.
hager, mager, dünn, schmächtig, abge-
zehrt, dürr etc.; hO is hager (od. mager)
un klen as 'n bonenstolter. WcnJi man tat.
macer (mager, klein, dünn) u. unser klen
(klein) in der Bedtg. : mager, dünn etc. ver-
gleicht u. dazu hält , dass mhd. krank die
Bedtg. : schwach, dünn, schlank, schmächtig
etc. u. gracilis hieben: sclilank, dünn, schmal
etc. auch die Bedtg.: mager hatte, so i-4
zunäcJist wohl anzuneJimeu , dass das erst
spät mild, erscheinende hager mit liägel (fein,
5 (lünn, zart) u. hagel in hagelgeschrei (fei-
nes, dünnes Geschrei, cf. Grimm, Wh. IV,
zweite Abth., Sjyalte 145 u. 146) vo)i Hause
aus identisch ist u. sich der Begrifl^ graci-
lis, bz. mager, dünn, schlank etc. aus der
10 von: leicht, bequem etc. (cf. an. \\OQgv unter
hagen) od. aus der von: gewandt, geschickt
etc. des an. hagr fc/'. »»fry hagen) entwickelt
hat. Möglicli ist es jedoch auch, dass es in
der Weise von ahd. hag weitergebildet ist,
15 bz. mit diesem u. ahd. liagan (Dorn, Dorn-
busch, Vorhau) zusammenhängt, dass die
mdartl. geiviss schon viel früher vorkommen-
den Wörter lu'igel (fei)i, dünn etc.) u. hager
(mager) beide urs2)r. die Bedtg. : dornig,
20 scharf, .ipitz , .<itechend etc. hatten, wie ja
eine feine dünne Stimme auch eine scharfe
Stimme ist u. bei einem hagern Menschen
das Gesicht, bz. Nase, Kinn etc. auch scharf
u. spitz sind u. die Knochen bei hagern Ge-
25 schöpfen auch scharf, spitz u. eckig vorra-
gen od. hervorstehen. Vergl. auch tvegcn
des Zusammen falls der Begrifl'e: spitz,
scharf u. dürr das mnd. (Seh. u. L.)
hage od. haghe in dem angeführten Beispiel :
30 wen de vrost blaset, so werdet alle krudc
ichte struke alse de haghe ichte scherpe des
disteles , d. li. wohl so d ü r r loie die Dor-
nen od. Schürfen, scharfen, stechenden Spit-
zen etc. der Disteln, toelches Wort wohl eher
35 mit hage (dumus etc.) identisch sein dürfte,
als dass man annimmt, es sei mit vorgesetz-
tem .,h" aus age, agen = ahd. agana, mhd.
ageu (Spreu) entstanden.
hjiger. hägerd, heger, hegerd, Heger od.
40 Finer der liegt, bz. gut sorgt, hütet, beicahrt
u. spart; daher auch: tüchtiger sorgsamer
zuverlässiger fixer Mensch; 't is jo 'n hager
od. hägerd fan 'n kerel ! dar kan man wat
up stau laten. Sprichw. : up 'n heger (gu-
45 ter Haushalter etc.) kumd 'n fleger (Bruder
Leichtfuss).
hüge-, hegge-spilen , Stöcke zum Dicht-
machen einer Hecke.
hage-törf od. hage, die über dem schivar-
50 zen ti. schwersten Torf lagernde Schicht,
ivelche den etwas leichten, vielfach mit Sten-
geln von Gestrüpp u. Böhricht durchwach-
senen u. dadurch einen, ein etwas rauhes, za-
seriges u. struppiges Ansehen habenden
55 Torf liefert; — wen ji 't mör ofbrunkt hebben,
den k8nd ji erst de grisc, den de bunte,
darup de spalte (od. splint) un den de hage
(od. hagetiirt") der ofgrafcn , dat de swarte
un beste türf gans up 't sent blil't. Dieses
GO hage ist wohl eher mit mnd. hage (rubus,
HAEGE-WIBKES
HAKE HAK
dumus etc.) u. ahd. hagan (Dorn , Dorn-
busch, Verhmi etc., von ahd. hag , dichtes
Gebüsch, G estr iijjj) etc., cf. unier Hage
u. hagen etc.) als mit afries. hach (hoch,
cf. hög u. bei Stbg. im Nachtrag, pag. 347)
connex, zu welch letzterer Annahme die
Lage dieser Torfschicht wenigstens keine
Veranlas.'iung bietet.
häge-wibkes, die rothen Fruchte des Ha-
gedorns, cf. wibke u. jöpke.
hägtas, «. äftas.
lia-ha, ja-ja etc.; hä-liä, ach so! also!
jawohl! ich verstehe etc.; \\'-A-\iä,,ncin-nein!
cf. 2 ha etc.
haie, hai od. hei, Hay, Hai/fisch. — Nid.
haai; mnld. (KU.) haeye, haye; dän. hai;
schwed. haj. Gehört dies Wort zu mnld.
haeyen (exantlare, perpeti , perdurare), weil
dieser Fisch so ausdauernd im Verfol-
gen der Schiffe, bz. der Beute ist?
Hayo , ml. Name ; Geschln. Hayung,
Heyungs, Hayunga. Wegen früheren Vor-
kommens dieses Namens cf. Dr. Fried-
laender, ostfries. Urk.-Buch, Nr. 43. Da-
von wohl auch (als Koseform) Hayko od.
Heiko, soioie der ml. Name Heye statt Haye.
1. hak, a) Schlag (ictus od. Hau, Stoss,
Hieb, Stich etc. in Etivas hinein) mit einem
scharfen u. spitzen Instrument (Hacke, Beil,
Zinkenhacke etc.) od. auch Biss mit den
Zähnen etc. ; he hed d'r 'n dügtigen hak in
henin dän; man kan de sporeii d'r nog fan
sen; — b) ab- od. aus-gehacktes, ab- od.
ausgeschlagenes, ab- od. aus-gebissenes Et-
was, Stück, Brocken, Bissen etc.; he hed
d'r 'n dügtigen hak üthauen od. ütdän ; —
c) (collect.) Gehacktes, Zerkleinertes, kleines
Zeug ; fig. Geringes, Werthloses, Schlechtes,
Gemeines etc. ; wi willen to fau middag 'n
bitje hak (gehacktes Fleisch) kopen; — 't
is emer kak (es ist nichts als Ge- od. Zer-
hacktes, Zerkleinertes, bz. wie Kraut u. Bu-
ben durcheinander gehacktes u. gemischtes
Zeug); daher: hak un mak (Krethi u. Plethi,
od. allerlei schlechtes Volk, Janhagel etc.)
= nd. (Br. Wb., Schambach etc.) hak
un mak, hackemak u. schwed. hackraat etc.
— Nid. hak (Hieb, Schnitt, Hau etc.); mnd.
(Seh. li. L.) hack (Gehacktes, Fricassee;
gemeines Volk , Janhagel) ; schived. hack
(Hieb, Hau etc.); engl, hack (Kerb, Ein-
schnitt, Hieb) etc., cf. hau, bit, bat u. Wei-
teres unter hakken.
2. hak, s. 1 u. 2 hakke.
hak, s. hake.
hak-blok, Hack-, Hau-, Hobel-Block.
hak-bred, Hackbrett.
häkd, liekd, hakt, äkd etc., Hecht, Raub-
fisch mit mehreren Reihen sehr scharfer
rückwärtsgebogener, bz. gekrümmter od. ha-
kenförmiger Zähne. — Nd. hekcd, hakt;
innd. heket; mnld. (KU.) heket; as. haceth,
heket ; ags. hacod, hiiced ; engl, hakot (Meer-
hecht), haked (grosser Hecht); ahd. hachit,
5 hechit; mhd. hechet. Wegen der gekrümm-
ten od. hakenförmigen , bz. zinkenförmigen
u. scharfen Zähne könnte der Name wohl
mit Hake od. Hacke vom Stamm hak,
hach loeitergebildet sein. Da indessen auch
10 häkel (s. 1 häkel) ein Werkzeug mit schar-
fen u. krummstehenden Spitzen ist u. dessen
Stamm mit dem von Hecht noch besser
stimmt, loie der von Hake u. Hacke, so
dürfte es ivohl zweifellos sein , dass die
15 Wörter Hecht u. Hechel beide von demsel-
ben Stamm weitergebildet sind u. diesem die
Bedtg. : spitz, scharf, stechend etc. zu Grunde
liegt, worüber mehr unter häkel. Zur Be-
stätigung dieser Annahme vergl. ausser mnd.
20 hekele (Stichling = unserm stikelstag etc.)
von hekel (Hechel) noch die Hechtnamen:
schwed. gädda; dän. gjedde von an. gadd
(Spitze, Stachel) ; engl, pike von pike (Spitze,
Stachel, Dorn) u. franz. brechet von breche,
25 bz. afranz. , pic. broc (Spitze, Spiess), wie
desgl. auch franz. bequet (Schnabel ; Hecht)
mit 2^^^^i^- l*6ca (Haken) von dem mit un-
serm bek aus derselben Quelle stammenden
prov. , franz. bec ; port. bico (Schnabel,
30 Spitze).
hake, liäk, Haken zum Einhaken u. Fest-
halten od. ein zum Halten, Fassen u. Fangen
eingerichtetes u. geeignetes Etwas, gekrümmte
od. mit einem Widerhaken versehene Spitze
35 etc.; dar sunt hei gin haken an to smiten,
um dat to holden of to krigen; — he wet
d'r nog wol 'n häk antoslän, um d'r fät an
to krigen. — Nd., mnd. hake; nid. haak;
nmld. (KU.) haeck (uncus, dens, hamus,
40 manus; harpago, lupus; ansa); wfries. heacke;
ags. hök ; engl, hook ; an. häki; schwed. hake;
dän. hage; ahd. häco, hägo, hacco, haggo;
mhd. hake, hacke u. haken (furca, uncus).
Es wird im G r i m m ' sehen Wb. als ein
45 Instrument zum Hängen gedeutet u. zu hä-
han (hängen, cf. hangen) gestellt. Da in-
dessen die Formen (u. zumcd die ngerm.)
im Auslaut schlecht dazu stimmen u. beim
Vergleich von lat. uncus, skr. anka, zend.
50 aka (Haken, lUammer), griech. '■dgkos( Bucht),
ags. anga, onga (Pfeilspitze, od. wohl Spitze
mit Widerhaken) von ]/ ak , ank (biegen,
krümmen etc., cf. angel u. anker) man auch
bei hake eher an eine y mit der Bedtg. :
55 biegen, krümmen etc. denken, bz. annehmen
muss, dass das Wort hake urspr. ein ge-
krümmtes u. gebog enes Etwas be-
zeichnet hat, wofür auch die alten Sprichw. :
waz werden wel ze häge, daz krümbe sich
60 bi zite; — ez krumbet vruo, swaz z' einem
HAEKEL IIEKEL
8
HAEKELEN HEKELEN
haggen werden wil; — swaz z' eime haggen
•werden sol, daz krümbet sich vil vrüeje —
w. das spät. )nh(l. Vbm. hachen (kriimmeii,
beuge») sprechen, .so darf man nach ags.
hök, engl, hök u. unser m hük (Angel, Thür-
angel ; Ecke, Winkel, Kriiminung, Biegung
etc.) wohl eher annehmen, da.-<s hiico mit nhd.
hocken (kauern, sich in gekrümmter Stel-
hing niederlegen , bücken etc.) u. unserm
huke, sowie lat. qiiec (dem Stamm von con-
quexi, couquiiiisco) u. coxim, bz. den Wijr-
tern h6g u. an. hauga (Hügel), lit. kaukas
(Beide) etc. von einer aus y kak (binden,
gürten, umgürten, hz. circuniciugcro od. rund
it. in einem Bogen amziclien, cf. hatten) oit-
standenen ]' kuk, kvak (wölben, krümmen)
= germ. huu' (cf. huko, hük, bz. hocken etc.
von huii, icic bocken u. bücken, bz. buk,
bukken von gcrin. }' bug) stammt, od. gleich-
falls zur y kak gehört, wie auch Fick (cf.
I, 3G seq.) skr. cakra (Bad, Kreis) mit
griech. ki'iklos (Rad, Kreis) u. unserm wOl
zu kak stellt ? cf. auch 1 häkel u. 1 n. 2
hakke u. l'oit, Wurzehvb. III, l.'Jl).
1. häkel, hekel u. auch hokel, Hechel,
Werkzeug mit krummstehenden Spitzen zum
Reinigen von Flachs, Wolle etc.; dör de
hiikel trekken od. haleu (durch die Hechel
ziehen, durchhecheln ; fig.: Jemanden scharf
mitnehmen). — Nd. hiikel, hekel ; mnd. he-
kele; nid. hekel; mnld. (KU.) haeckel, he-
kel (ferreus hanius, ferreiis pocten , instrii-
mentum, quo Jinum pectitur); wfries.h.\c'kQ\,
haeckel (s. n)iter häkelen), od. (nacli 0 at-
zen s. unter hägel) hekel; wang. (Fh ren-
traut, I, 'j7ä) hitsel (wegen ts = k (/.
britsen) ; nfries. (0 utze n) hagel , hägel ;
ahd., mhd. hachole, hechele; engl, hatchel
u. hackle; schwed. häckla; dän. heglc ; norw.
hekla. Der Stamm, bz. die germ. y hak
von häkel hat die Bedtg. : hauen, schlagen,
schneiden, spalten, stossen, stechen (cf. die
Wurzeln 1 w. 2 bhar bei Fick u. unter
bar, bör) u. gehört häkel als Gerüth mit
scharfen Spitzen , bz. Zinken od. auch cüs
stachlichtes Etwas, Ding ivas Stacheln hat
(cf. mnd. hekele, Stichling u. nhd. Hau-
Hechel) Jedenfalls mit 1 bakke zu einem
Vbm.: ahd. hachan, licchan etc. od. viel-
leicht hachjan mit der Bcdtg.: hacken, hauen,
schlagen, stossen, stechen etc., tvas allerdings
ahd. nicht belegt ist, indessen im Vergleich
von ahd. hekjan, mhd. hegen aus ahd. hag-
jan u. nach mhd. huchelen (hccitebi , cf. 1
häkelen) etc. mit africs. hakia (liak-ja) od.
hackia (in tohackia, zerhacken), ags. liaccan ;
andul. hecchan ; mhd. liecken u. hacken
(hacken, hauen, stechen etc.) identisch />< u.
dessen ursjir. hoehd. „ch" zu unserm ngcrm.
„k" sich ebenso verhält, ivie in ahd. machün
= as. macon, afries. raakia (mak-ja), ags
macian (mac-jan) u. unserm maken. Wei-
teres vergl. daher unter 1 hak, hakken u.
hikken u. dazu auch die folgenden Wörter:
5 2. häkol, hekpl . Häkel, Häkelnadel,
Werkzeug mit gekrümmter Spitze zum hä-
keln. Di min. von hake od. aus häkele ge-
kürzt u. dann von häkelen u. 2 häkelen.
3. häkel, hekel, Abscheu, Hass etc.; so
10 hed 'n häkel up hum. Wohl mit vorge-
setztem „li" vom Subst. äkel ; (/. weiter:
4. häkel, hekel, a) wählerisch, zart, ge-
reizt, leicht verwundet u. verletzt, empfind-
lich etc. ; he is häkel up 't äten ; — he is
15 so häkol, dat man hum hei uet ankamen
dürd ; — b) heikel, gefährlich, bedenklich
etc. ; dat is 'n häkeln od. heikein säk, um
dar in to gripeu; — c) stechend od. scharf
n. spdz, leicht ritzend u. verwundend etc.;
20 dat is sük (solch) häkel güd, dat man "t hei
nt't antaten kan, an sük to stäken, of to li-
tcn. — In der ersten u. zweiten Bcdtg. mit
nhd. (G rimm, Wb. IV, lol) häckel, hackcl,
bz. hekel, hechel u. auch heikel mit vorge-
25 sctztem „h" von äkel. In der dritten in-
dessen vielleicht von dem Subst. 1 häkel, bz.
von 1 häkelen (hecheln), od. dem afries. ha-
kia (hacken, hauen, stechen), cf. anter 1
häkel.
30 1. häkele, hekele, Hechelei, Schimpferei,
Streit )nit bösen ?/. scharfen Worten, wo
man einen Andern scJdecht zu machen sacht 1
u. ihn (od. Etivas) einer scharfen Kritik I
unterzieht; he hed altid so fOl häkeleen bi
35 d' enn', dat man siik d'r hast net für waren
kan, um ^en stnd mit hum to krigen ; —
wat heb' ji altid für häkele un kakele mit
'nandcr? Zu 1 häkelen.
2. häkele, hekele, Häkelei, Häkelarbeit;
40 leg' de häkele bi d' sid uu gä lefer bi 't
neion.
häkelen, hakein, mit hakender Bewegung
fassen, häkeln, nesteln, mit Haken verbin-
den etc.; he hakeld dat in 'nander; — dat
45 is in 'nander fast hakeld. Freq. von haken ;
cf. 2 häkelen.
1. häkelen. hekelen, liäkeln etc., hecheln,
durch die Hechel ziehen, z. II. Flachs, Wolle
etc., um es zu- reinigen; dat flas mut nog
50 hakeld worden; fig. scharf mitneinnen etc.;
se hebben hum ördeiidlik dör hakeld. --
Mhd. hachelen, hecholeii ; nid. hekelen;
mnld. (KU.) haeckelen, hekelen (carminare,
pecterc linum etc.); icfries. (J ap i r) \nckQ\-
55 Jen, haeckeljen ; wang. liitselje; schived. häkla.
Zu 1 häkel.
2. häkelen, liekelen, häkeln etc., häkeln,
Häkelarbeit maclien ; se liäkeld 'n däken;
— du sehnst (schuldst, solltest) lefer din
00 breiden (Stricken, Strickarbeit) krigen, as
IIAEKELER
PIAKEN
dat du altid sitst to häkeln. — Zu 2 liillcel
u. soviel als mit der Jläkcl-Nadcl arbeiten,
od. eigentlich icohl identisch mit hakeleii,
häkeln, nesteln etc., wie nhd. (Grimm, Wh.
IV, 180) häkeln.
Jläkeler, Einer der gern streitet, hz. stets
Etwas zu tadeln od. mäkeln hat; Zü)iker,
Störenfried etc. ; häkelers un käkclcrs de
hören bi 'uander in en buk. — Nd. (Schnrn-
haeh) haekclaer. Entweder zu 1 häkeln
od. connex mit nhd. häkeln (tadeln etc.),
cf. Grimm Wb., IV, 180, häkeln sub 4.
liäkelig, häkelg, liäkelk, häklich, heik-
lich, bedenklich etc. : dat is 'n häkelken süke
etc. Zu 4 häkel.
liakel-wark, ein Zaun (od. Stucket, Git-
ter etc.) von kreuzweise gestreckten Stöcken
od. Stangen, zicischen denen Dor)ienreisig
gesteckt ist. — Nd. {Bäh n ert) hakelwark;
mnd. hakelwerk ; md. hachllwerc, hachel-
werc, hakilwerc (subur'biuni, Ausscinccrke
eines befestigten Platzes); uintd. (KU.) he-
kel- , hae.ckd-werck (sepimentum, palatio).
Es loird im Grimm'' sehen Wb. (IV, 10:2)
zu hag u. hecke (cf. hage, häge) gestellt.
Da indessen die Formen liakel, hachel, hakil
dazu in keiner Weise stimmen u. das Wort
mantel bei uns nicht allein in der Bedtg. :
T u c h m a ntel, sondern in der allgemei-
nen Bedtg. : S chutz - od. S c h i rm-D i n g
gebraucht wird u. wir auch, eine lebendige
Hecke, einen schützenden Zaun, eine Wand
von Holz, od. eine schützende u. den Wi)id
abhaltende Baumreihe etc. cds mantel be-
zeichnen, so glaube ich eher, dass hakelwark
soviel ah 31 ante l- od. S chutz- Werk ist
ti. mit goth. hakuls; ags. hacele; afries.
(Hettema) hexil (Geivand, Tuch etc.); an.
hökull ; ahd. hachul; mhd. hacht-l (Mantel,
Kappe, Hülle etc.) ; an. hekla (Mantel mit
einer Kapuze u. Name des Vulkans Hekla,
als des mit einer Sclmeekoppe bedeckten
Berges); isl. hekla (chlamys, tunica brevis,
Pallium; cucullus), hökull (thorax, epiditis
sacerdotis, planeta, casula etc.) etc. zusam-
mcnhängt, tvas Fick zu kslav. koza (Fell,
Haut) u. dieses zu koza (Ziege), ags. hecen
(junge Ziege) stellt, bz. davon ableitet u.
dann dieses wieder mit hinken zu einer y
kag, kang (hinken, cf. hinken) stellt, icas
jedenfalls, sofern nicht hinken u. auch koza
(Ziege, Bock) auf der Bedtg.: stosseii
(stossend u. stockend gehen), bz. auf der
Grdbdtg. : Stoss, Vorbeicegung, SiicJi, Hau,
Schlag etc. (cf. hak u. hakken von ]/ cag)
od. auf der von: biegen, krümmen ((f. buk
etc.) beruht u. auch ags. hecen (Ziege od.
Bock, Böcklein) cds stos s ende avfgefasst
ist (loo denn Icoza ein Ziege nf eil bedeutet
haben u. hakel loieder von diesem in der
Bedtg.: Fell, Haut, Bedeckung abgeleitet
sein müssle) , eine wunderliche Zusammen-
stellung ist, da hakel (cf. nd. hukel-berend
= Mantel-Träger, als Name von Wodan)
5 lüohl jedenfalls eine germ. y liak voraussetzt,
ivelche die Bedtg. : decken, schützen
hatte, deren Bedtg. aber (cf. ]/ pa, pi, grei-
fen, fassen, halten, retten, schützen etc.) xvohl
aus greifen, halten, haften hervor-
10 ging u. somit ein Denominativ von haka
(Haken, Klammer od. Greifding) sein könnte.
Man kann aber dann ags. hacele, bz. dessen
Thema hakala od. hakara seihst auch cds
eine Weiterbildung von haka (Haken od.
15 Klammer etc.) ansehen u. als Haken-
Ding od. hakendes Etioas, bz. cds ein
Etwas (Ding od. Wesen) deuten, was man
an-, vor- od. umhakt, bz. ivas sich Einem
anhakt, a}iklammert etc. u. ein Etwas schüt-
20 zend umgiebt. Will man übrigens hakel in
hakelwark nicht mit ags. hacele (Mantel etc.)
idoäificiren, so ka)in man es auch mit ha-
kein (häkeln, nesteln etc., bz. mit einander
verbinden u. aneinander festmachen etc., cf.
25 hakelen) von hake ableiten, weil es jeden-
fcdls ein in einander gehäkeltes Etioas ist
od. ein Werk bezeichnet , loas „in 'nander
hakcld* ist, wie in gleicher Weise auch die
Glieder einer Kette in 'ander hakeld od.
30 schakeld werden. H. Leo (s. pag. 582)
vergleicht ags. hacele zu skr. cakala, was
ausser pars , portio , frustum etc. auch die
Bedtg. cutis (cf. Benfeg) hcd, loas indes-
sen lautlich loegen des inlautenden „k" nicht
35 stimmt u. tvoJil auf eine y (;:ik mit der
urspr. Bedtg: spcdten,reissen, theilen, schnei-
den etc. u. so ab-, zutheilen , geben etc. (cf.
y ^ak, 9ank bei Ben feg etc. u zend. (^ak,
gebot etc. bei Justi) zurückgeht , loo dann
40 aus der Bedtg.: spalten, reissen etc., bz. scin-
dero, abscindere etc. auch die Bedtg. : abgeris-
senes, gebrochenes Etioas, bz. abgerissenes u.
abgezogenes Fell (cf. an. skinn , engl, skin
u. unser schinne, sowie an. skyrta , Hemd
45 etc. = unserm schört, nhd. Schurz, tvas
vielleicht mit unserm schüren, reissen, spcd-
ten etc., od. wie nhd. Schur mit skera, schee-
ren, schneiden etc. [cf. an. skur-god, ge-
schnittenes Götzenbild] zusammenhängt), ab-
50 gezogene leere Haut etc. hervorging u. wo
ja hacele als Mantel, Bedeckung, Schurz
etc. urspr. auch nur eine blosse leere Haut,
od. ein abgezogenes u. gebrochenes Fell be-
deutet haben kann u. dann, mit 1 hak u.
55 hakken zur selben ]/ rag (pulsare, occidere
etc.) zu stellen sein würde , ivozu es laut-
lich jedenfalls besser stimmt cds zu ^akala.
1. haken (hake, hakst, häkd etc.; —
häkde; — hed od. is häkd), haken, mittelst
GO Haken od. Klammern befestigen; fassen,
HAKEN
10
HAKKEN
greifen etc. ; he häkd dat fast ; — dat lu\kd
net göd in 'ander ; — hö häkde mit sin schi)-
fels in hör kled. cf. anhaken, fasthaken, fer-
hakeu, inhakcu, iimhaken, uphaken etc. Zu
hake.
2. haken (Bor'kum),(jrahcu, hacJccn, um-
hackcn etc. — Nid. ii. iiuid. haken. Neben-
form von hakken.
haken - schön, toenn ein gcschlacläetes
Thicr rein i<. ausgeweidet u. abgehahjt am
Haken od. (von Schweinen) an der Leiter
hängt, so nennen wir es liakenschön (cf.
schon = rein, sauber etc.): dat swtn wog
hakenschön 506 pnnd; — ßg. auch: navJct,
bloss, arm etc.; so hebben hum hakenscliön
üttrnkken od. makd.
hak- od. hakkeliies, Hackfleisch, gc- od.
zerhacktes Fleisch.
hak-liaue, eine Ha u c od. Hacke zum
Behacken des Bodens.
hak-liorn. Dimin. hakhörntje. Schuhan-
zieher von Hörn, u-elchni man zu diesem
Behuf' hinter die Jlackoi in den ScJiuh
steckt.
1. hakke, hakk, hak, Hacke, Haue, Karst
etc. od. Werkzeug zum Hacken : s^if nii de
hakke od. hak äfen her, ik wil (Uit äfen lös-
hakkeu. — Nid. hak; mnld. hacke (securis,
ascia) ; nd. (Dähnert) hakke; ndid. hacke
(Hacke, Axt) ; engl. hack. Zu hakken. Da-
von (Diez, I, ß) : ital. accia, a/za ; span.
hacha; port. facha, acha; prov. ache: franz.
hache (Axt, Beil) ; Vbm. : ital. acciare, frans.
hacher (klein hacken).
2. hakke, hakk, hak, a) Hacke, Ferse;
ik se hum lefer de hakken as de tönen (Ze-
hen) ; — fan hakken to nakken ; — en up
de hakken sitten (J emandem auf den Fer-
sen sitzen, Hin hart verfolgen) ; — b) Sciiuh-
od. Stiefelabsatz unter dot Fersen; he dragt
sükke (solche) hoije hakken; — he haud mit
de hak in de diile; — he stampd dat mit
de hakken fast ; — c) Fersentheil des
Strumpfes; ik heb' de hascn al bit an de
hakken klär. — Nid. hak; mnld., bz. sächs.,
fries. hacke; )id. hakke. Beim Vcrgl. von
lat. calx mit calcare, könnte auch dieses
Wort )nit 1 hakke zu hakken (hauen, schla-
gen, stossen etc.) gehören u. die Ferse (cf.
auch griech. lax [aus klax = calx?], läktis,
laktizö) als ein stossendcs, stamj/fcndes Et-
was aufgefasst sein, obschon es, da calx
schwerlich von calcare abgeleitet ist, auch
möglich wäre , dass hakke (Fei-.'^e, Absatz)
nun mit hakken von derselben y stammt.
Vergl. auch hile (Ferse), welches icuhr-
scheinl. mit calx von der y kal (schlagen,
stossen, stampfen etc.) stammt.
hakke-biter, hakkenhiter, kleiner Hund
der wegen seiner geringen Grösse einem
Menschen od. Thier lediglich in die Fersen
beissen kann.
hakkel-blok, Hackblock.
jiakkele, Gehacke, Hackerei.
5 1. hakkelen, hakkeln. frcq. hacken; he
hakkeld dat kört un klen. — Wfries. hackel-
jen. Davon: hakkeimest, Hackmesser.
2. hakkelen. hakkeln. Jemandem im Win-
ter beim Schlittschuhlaufen od. beim Fahren
10 mit dem Schnceschlitten von hinten auf die
Fersen laufen od. fahren u. ihn dadurch
beschädigen; daher Warnioigsruf eiliger
Schlittschuhläufer etc. : ik hakkel di! — ik
hakkel di, wenn sie Gefahr laufen, den vor
15 ihnen Gehenden auf die Fersen od. Ha-
cken zu rennen.
hakkel-HeS, Hackfleisch, gehacktes Fleisch ;
hakkeltles is dür. Diese Bedensart wird
auch in Bezug auf 2 hakkelen gebraucht,
20 wenn Jemand einem Andern muthwillig auf
die Hacken od. Fersen fährt u. ihn da-
durch zu Fall u. Schaden bringt u. ihm
dafür S(hadenerS((tz leistoi ntuss.
Iiakkel-niest, Hackmesser.
25 hakken, hacken, hauen, .schlagen, bicken,
stossen, stechen, beissen, zerhacken, zerklei-
nern etc.; he hakd d'r mit ^t mest (od. de
bil, de beitel, de hakker, de spii [Spaten],
de snabel, de tanden etc.) in; — he hakde
30 dat göd all' kört un klen; — de erde od.
gruud hakken, bz. umhakken; — kertuffels
un köl hakken (a. sie zerhacken u. zerklei-
nern; — b. die Erde um die Pflanzen herum-
hacken II. losmachen ; de kertuft'els mutten
35 hakd od. anhakd worden) ; — du kaust ua
't land gan un hakknn de grund um; —
plaggen hakken od. stäken ; — fies od. holt
etc. hakken ; — hö hakd altid up hum lob
(nicht allein vom loirklichen hacken u. hauen,
40 sondern auch fig. in dem Sinn gebraucht,
dass ein he einen hum scharf tadelt od. ihn
ausscltilt II. auszankt, wie denn auch hik-
hakken in der Bedtg. : streiten, keifen, zan-
ken etc. gebraucht wird). Sjjrichw. : de göd
45 hakd, de göd kakd, d. h., wer gut hackt od.
kaut n. zerkleinert, der hat auch guten
Stuhlgang. — Compos.: au-, be-, in-, of-,
um-, up-hakken etc. — Afries. hakia, hackia
in tohakia, d. i. io\\i]i'yx (zerhacken) ; wang.
50 bäk; satl. häkje; wfries. haekjeu; nd., nid.
hakken; 7nnd., mnld. hacken; ahd. hakjan
(od. ursjir. richtiger wohl hachjan, hachan,
nach maken [= ahd. machön etc ] , haksei
u. hakken [=^ ahd. pachan] zu rechnen);
55 mhd. hacken (hacken) u. amhd. hecchen ;
mhd. hecken, Prätcr. hacte (hacken, hauen,
stechen etc.); ags. haccan ; engl, hack;
schwed. hacka; dän. hakke. Fs gehört
wahrscheinl. zur y (Bopp) cag' (pulsare,
60 ferire, occidere), od. (Benfey) chagh (to
IIAKKER
11
HAL-AFER HAL-OEFER
kill), ivclche Fick nach caks (sehen) =
caks' od. cliaksh zu nrtheilen cag sehreiben
loiXrdc 11. iirspr. (cf. caks od. chaksh ans
kar = zcnd. kag) wohl kag od. kak, b.r.
skak, skag (cf. unter 2 kake, kakeln, kak-
ken n. auch unter 1 kaken am Schlüsse
etc., ivonach auch tvohl hakken mit hikken,
kikken otc. zu einer Schallwurzcl kak od.
skak gehört) gelautet hat. Ob auch zend.
y cag (zntheilen, abtheilen, zugeben, gewäh-
ren etc.) hienut iderüisch ist u. deren Bedtg.
(cf. (lel, fielen u. ags. brytta, Spender etc.,
bryttiaii, brytiiian, spenden, austheilen, ver-
leihen etc. von breotan, brechen, zerbrechen,
spalten, erschlagen, tödten etc. unter bret,
brot etc.) ursp)r. : spalten, hauen, schneiden,
theilen etc. loar? Möglich ist dies wenig-
stens .sehr gut, da geben, geioäh r e n etc.
jedenfalls nicht die primitive n. sinnl. Bedtg.
dieser ]/ ist.
liakker, a) Person die hacTct; — b) Ding
od. Werkzeug womit man Etioas hackt. —
Compos. kertuffelhakker, fleshakker etc.
liak-lßi', Hackenleder, Fersen- od. Ab-
satz-Leder, Hinterleder.
Iiak-mest, Hackmesser.
hak-säne, liaksene, die Hacken- od. Fer-
sensehne, bz. diejenige .starke Sehne od.
Spannader, welche sich hinten von der Ferse
bis durch die Kniekehle am Bein hinauf-
sieht, iveshalb denn auch unter haksäne bei
den Pferden die Kniekeldensehne verstan-
den wird ; — de düfels hebben fan nagt min
perde de haksänen dörsuäden, so dat mi nu
anders niks afer blift, as de arme deren dOd-
stäken to laten.
haksei , Gehacktes , Zerhacktes , Zerklei-
nertes ; Häcksel von Stroh, Heu etc., Häcker-
ling. — Nid. haksei; nd. hakkels; mnd.
hackeise.
haksel-kiste, haksel-kipe, haksel-mone,
Häckselkiste , Häckselbehälter, Futterkiste.
haksel-Iade, hakselläe, haksella, Lade
od. Trog mit Schneidevorrichtung , um da-
mit Häckerling zu schneiden.
hakster, Frauensperson die hackt, Ha-
ckerin.
häkster, s. akster.
häksteni, s. äkstern.
hak-stiik, Fersenstück, Flicken an dem
Absatz von Schuh u. Stiefel, das Fersenstück
od. der Fersentheil cim Strumpf, cf. fer-
hakstükkcn.
1. häl, Zug = trek, löge, kliik, sink etc.,
cds einmaliger Act des Holens od. Hebens,
Ziehens etc.; de (der) häl was to stark; dat
tau ret d'r fan kört; — in en od. mit en
häl truk (od. hol) he dat schip an de wal' ;
— wen du nog en dügtigen häl deist, den
hebben wi de balke hög genug ; — he drunk
dat ber in en häl üt; — he de (dede, that)
')) dügtigen häl iit de kann" ; — in 6n häl
(Zug, Strich) sin näm sclirifeu. — Nid.
haai ; nd. (Br. W b.) haal in. haalwind (Zug-
5 wind), loas nach dem dort erwäh)iten gleich-
bedeutenden „haling" ivohl hieher gehört u.
von hal, hael (trockot etc., cf. u)iter halster)
ganz verschieden ist. Vergl. halen.
2. lifil, Impcrcdiv von halen.
10 3. häl, Hahl, Herd- od. Kessel-Haken,
hz. die ganze verschiebbare hölzer>ie od.
eiserne, mit Zacken u. einem Sperrhaken
versehene Hänge-Vorrichtung, od. die Kette
mit sammt dem Haken, worin Kessel u.
15 Topf idjer dem Feuer hängen ; de (der) häl
is hast dörsläten un to swak , um de sware
kätel to dragen ; — du must de häl wat up-
kürten, de pot hangd to digt up 't für. —
Nid. haal; mnd. häl, hele. 31/1 den bei
20 Grimm (Wb. IV, 158) angeführten For-
men: hahl, hähl, liala, hagel, hohel, ho),
hael, hahle, hohl, höhl, hehl, hal, häl, hei
aus ahd. hahala, hahila, hahla, häla; mhd.
hahele, hahel, hael (Vorrichtung zum Auf-
25 hängen; besonders Kesselhaken) von ahd.,
gotli. hahan (hängen), cf. hangen.
liäl, Hehl, Heimlichkeit, Gehcimniss etc.
od. verhüllter, bedeckter Zustand, Etwas ivas
verhüllt, bedeckt u. verborgen ist u. bleiben
30 soll; ik wil od. kan d'r gen häl üt maken,
dat mi dat net regt is. — Mnd. halo, hele;
nd. (Br. Wb., II, 566) haal, hale; mhd.
häle, haele (das Verbergen, Verhehlen, Ver-
heimlichen etc. od. die Verhüllung , Ver-
üb deckung etc.). Mit ahd. häla (tegmen) u.
häli, häle; mhd. häle, haele, hael (verhohlen,
verborgen, bedeckt, verhüllt; Jieiudich schlei-
schend od. schlüjjfend, schlüpfrig, glatt);
mnld. (KU.) hei (iubricus) ; (f». hall; schwed.,
40 dän. hal (dasselbe); mnd. lial (verborgen,
heimlich); schiveiz. hähl, hehl, bei (bedeckt,
unnvölkt) zu ahd. helan, cf. 2 hälen. Dass
übrigens mhd. häle, ahd. häla od. hälT, wie
2 häl (u. wie Heyne unter Hehl in
45 Grimm, Wb, IV, 785 bchaupdet) aus ha-
hali contrahirt ist, kann ich beim Vergleich
von Hehl zu hehlen, bz. von häl zu hä-
len kaum annehmen, da hellten doch wohl
zweifellos aus ahd. helan u. dies gewiss doch
50 nicht aus einem zu hälan contrahirtoi ha-
halan, sondern aus urspr. halan entstand,
wenn es nicht etwa, nach dem Präter. hal
u. dem Subst. hullä (Hülle) zu rechnen, aus
einem altern hilan (hal, hui, hulun) entstand.
55 1. häl-afer, liäl-Öfer (Imper. von afer-
halen), hole über, hole her- od. hinüber.
2. liäl-afer, luil-Öfer, Person die Alles
zu sich hi)iüber holt u. zieht, bz. an sich
rafft od. loenigstens im Stande ist solches
60 zu thun u. deshalb auch Alles unter sich
HAL-BOM
12
HALEN
hat u. Alles beherrschen will; daher auch:
■HuverscJiämte Person, Mannweib, Haiisf;;-
rann, Teufelsbraten etc. ; he (od. %v) is so
'n regten halafer; — he hed dar so 'n häl-
aferske fau 'n wif, dat he sük hei iiet ük- 5
kern dürd, of \\v krigt ^vat uii de sni'ite.
\vdl-hon\,HahIlnünn.B(i um otl. Stange, welche
quer durch den Schornstei)i liegt u. tcoran die
Herdkettc etc. (cf. 3 häl) befestigt ist od. hängt.
halen (hale od. hal, hülst, bakl etc.; — 10
hol, hülst, hui etc. ; — h.ild, geholt), holen,
ziehen, raffen, reissen, schleppen, bringen
etc.; bringen, gebären; wen du net hätor
halen (ziehen, anholen, anziehen, reissen etc.)
kanst, den lät 't man lefer lös; — hal' dat 15
schip an de wal; — • ik hui (zog, riss etc.)
fast an; — he liul hum de här üt do koj);
— is din fader in hüs? uä! ik wil hum iifon
halen (holen, herbeirufen etc.); — se halen
hum fürt (sie holen, fähren, bringen ihn 20
fort); — se halen hum np (•^ie bringen ihn
auf, führen ihn ins Gefängniss etc.); — de
düM schal di halen (holen, wcgliolrn etc.);
— hal dat tau an; — gä hen un häl (hole,
bringe) \\\i 'n floss her; — du kanst de 25
kiuder äfen fan de schöl halen ; — he hol
(Jiolte, zog, brachte, schleppte etc.) 't all hi
'nander, wat d'r man to hehben was ; — he
häld (zieht, reisst, rafft etc.) 't alT na siik,
wat he man to faton krtgen kan ; — he hol 30
(holte, raubte, stahl etc.) hum d^^ appels üt
de tfm; - se hebbon mt 't gelu un güd all'
ofhiild (mir sämmtliches Geld n. Gut abge-
holt, bz. betrügerischer u. Jieimlicherweise
abgenommen u. gestohlen); — he häld mit 35
sin ferteläels alud so lank iit, dat man 't
hast hei net oftöfon kan; — he hiild (zieht,
dehid etc.) dat in de lengte; — dat is to
lank üthald (ausgeholt, in die Länge gezo-
gen lt. gedehnt etc.); — se hed fan nagt 'n 40
kind häld (ei)i Kind geholt od. geboren);
— he hed 'u frö, de göd is to kiuder ha-
len (zu gebären, bz. zur Welt zu brin-
gen), man anders dögt se 6k nargonds to.
Sprichw. : „hui an Jan! 't is 'n i)u!kalf", 45
d. h. ziehe, zerre, reisse tüchtig an, denn es
ist ein Stierlcdb, bz. ein starkes mächtiges
Kalb. Compos.: aferhalen, anhalen, bihalen,
fcrhalen, henhalen, herlialen, inlialcn, nalia-
len, ofhalen, uphalen, umhalen, weghalen. — 50
ISid., mnd., nid. haliMi ; mnld. hai;len (ferre,
adfcrre , accersire, vocare) ; afries. (flet-
tema, v. Richthof en) hala, halia; satl.
halia; wfries. halje u. (Japi.r) helljon;
nfries. (O atzen) helle (rufen); as. lialön 55
(herbeirufen, bringen, holen; fortführen);
ahd. halün, holön, holen; mhd. holen, holn
(berufen, herbeibringen ; holen, ergreifen, an
sich nehmen). Davon (Dicz, I, :j:j6) : sjxm.
balar; franz. haier; j^foo. alar (ziehen etc.). 60
Die ursjir. sinnl. Bedtg. der y germ. hal,
/(///. kal od. kar ist: Ton machen od. ir-
gend ci)ten Laut von sich geben, bz. tönen,
rnusclien, liallen, lauten, schreien, rufen,
Hcdloh od. Lär)n machen etc. u. heisst da-
her halön von Hause aus soviel als: schreien,
rufen, einen Schrei ti. Huf ertönen lassen
od. ein Geschrei erheben u. dadurch Jeman-
den herbeirufen n. holen od. an sich locken
u. ziehen , woraus denn später die jetzigen
Bedtg n. dieses Vbms. liervorgingen. Vergl.
Fiel, I, 41, y 2 kar (rufen, nennen), bz.
skr. kar, carkarti (rühmen , erwähnen , ge-
denken), käru (Sänger, Barde), karkari (hal-
lendes Instrument), krakara (eine Art Beb-
huhn) ; griech. kaleö (rufen, noinen, anru-
fen, anholen, herbeirufen, zusammenrufen,
berufoi, zum Kriege od. zum Gericht rufen
u. laden, vorladoi), köruks (Ausrufer, He-
rold), karkairö (hcdlen, dröhnen), korkorüge
(Kollern, Kriegslärm) etc.; lat. calare (ru-
fen etc.), sowie ahd. hi'llan (tönen etc., cf.
1 hälen u. hcl, heller etc.) u. dazu die von
kar (welche als Schallwurzel eigentlich nur
irgend einen beliebige)! Ton od. Schall nach-
aJoid u. eigentlich nicht mit sonare, sondern
mit sonus übersetzt werden iniisste, weil sie
erst durch die wirkliche Weiterbildung zu,
einem Thätigkeitsu-ort die Bedtg.: Schall
[od. kar, kri, kal ] m a c h e )i , bz. selbst
schallen od. den u:irklich geschehenden
u. zu Gehör kommenden Schall ausdrückt)
toeitergebildete ]/ kark, krik, krakati (tönen,
lachen, krächzen), bz. skr. kark, karkati
(lachen), kraksh (brausen, tosen), wovon
auch griech. krekö (klatschen , schlagen,
klopifcti; mit den Flügeln klxäschen u. einen
Ton hervorbringen ; ein tönendes Tnstru-
me)d. schlagen u. zum Tönen bringen, spie-
len etc.), klagge (Ton, Klang, Schall, Schrei)
u. lat. clangere, clangor etc.; Iit. krakiu,
krakti (brausen von der See), krankiu (kräch-
zen), ksluv. krakati (krähen) etc. stammen
u. tvobei es denn fast gar nicht von der
Hand zu u^eisen ist, dass ausser lachen
fgoth. hlahjan) etc. auch die germ. Wörter:
k r (( chcn , krähen, kr ächzen n. klak
etc. dieser J/ angehöre)!. Weiter vergl. (B opp)
y kal (sonare; numerare), bz. (Ben feg)
neben k.il (to sonnd, to account) auch kal
(to impel, durch Buf er))iuntern u. aMrei-
ben; to provök, hcransrufoi , hervo)-rufcn,
herausfordern ; to uttcr, sich äussern, aus-
spreche)!; to rechon, rechnen, zählen, auf-
zählen etc.; to perceive, verneh))ien od. hö-
ren einen Laut, ioahr)iehmen etc.) u. a)idere
aus sonare hervorgegangene Begriff'e dieser
y, zu welcher (u. -nicht zu 1 kal, tönen,
rauschen, rufen, nennen, zählen etc.) Ben-
feg aber auch ahd. halOn stellt. Vergleicht
HAELEN HELEN 13 HALF
man mm weiter unter galm u. galjj die aus: nach die y kar (brennen) sich aus kar (so-
schreicn, rufen, siiujen etc. hervorgehenden uare, cf. 2 u. \ kar Jiei Fiele, I, 41 — 45)
Bedtgn.: Zaubergesänge singen u. dadiirch eni wickelte , tvobei noch zu erwähnen ist,
bezaubern u. bestricken etc. u. bespräken dasti Fiele auch die europ. ]/ kal (hüllen,
(besprechen, bezaubern, behexen etc.), so ist 5 hehlen) mit skr. kalaiia (Fleck), kk\d. (blau-
es tvohl zweifellos, dass an. liul (Rühmen, schwarz), kali (schwarze Farbe, Schwärze,
Prahlen etc.), hoela (rühmen, loben) ; ags. schwarz aufziehende Wolkenmas-^e) etc. zu
hol (loquela inanis, caluinnia) ; goth. hölön; idg. kara, karana (schwarz , dunkel) ver-
ahd. huoljan (trügen, täuschen) zu halon, gleicht, jedoch diese Wörter, trotzdem er sie
huol (■// der urspr. Bedtg.: schreien, rufen 10 unter 4 kar (brennen, flammen) aufführt,
etc. gehören u. demnach auch griech. keleö von einer ]/ skar (bedecken) ableitet, die
(bezaubern, betrügen) entweder von kaleö meines Wissens jedoch nirgends in dieser
(rufen etc.), od. doch mit diesem von der y Bedtg. belegt ist. Vergl. auch noch unter
kal abgeleitet werden muas. gulf am Schlüsse.
1. hälen, lielen. Nur in ge\vd\ea (zu stim- 15 häler, Hehler; war gm hälers sunt, dar
men, seine Stimme zu- Etwas geben etc.). sunt ök giii stälers ; — 'n häler is sliranier
Die Grdbdtg. ist (cf. gehälen eLc. = ahd. as 'ii def; — häler im def hören mit 'uan-
gihellan, zusammenklingen, übereinstimmen) der an en galg'. — Wang. (Ehrentraut,
auch: tönen, schall en etc. u. gehört es I, 371) hiller.
wie halen zur y kal. 20 lialf, halb, mitten, in der 3Iitte, bis zur
2. hälen (häle, halst, häld etc. ; — hälde Mitte, bis zur Mitte hin etc. ; der eine Theil
etc. ; hed häld) , hehlen, bergen, verbergen, od. die eine Seite von einem in zwei gleiche
verheimlichen etc.; — ferhälen, verhehlen, Theile zerlegten od. als zerlegt gedachten
verbergen etc.; — ferhaleii, ferliolen (vcr- Etwas = ein Zweitel od. die Hälfte; ge-
hohlen, verborgen etc.); — he häld (birgt, 25 theilt, theil weise etc., als Gcgotsatz von voll
verheimlicht, verhüllt od. verschweigt) mi dat. od. ganz etc. ; siii' dat brud^ (de appel , dat
— Sprichw.: de häld is sliinmer as 'n def; fles etc.) half dör im gif mi de ene hälfte,
— hälen is slimmer as stälen. — Nd. (Bäh- den kaust du de andere holden ; — dat niest
nert, Br. Wb. etc.) hälen, helen; mnd., sitt d'r erst half in; — wm \idli (Mitte) sep-
nld., mnld. helen; afries. heia; as., ags. he- 30 tember; — dat is d'r nog raaa half dör; —
lan ; ahd. helan, helen; vdid. helen, heln. häP man erst 'u half bröd; — twe hälfe
3Iit (cf. Fick, I, 527) griech. kaliös, kaliä piinden niaken en gans pund; — de hälfe
etc.; lat. celare, cella, culo (in occulo) etc., dag is hen ; — um half-twalte kam ik bi di;
sowie weiter mit helle, heim, hille, hülle etc, — de klokk sleid half; — wat half is, is
zu einer y kal, kar (decken, schützen, be- 35 net gans; — he deid sin wark man half;
decken, verbergen, verhüllen etc.), die je- — he hei d'r mau sm hälfe flit updän; —
doch im Skr. in dieser Bedtg. nicht vor- 't is uig half uu nig gans; — d\ best dar
kommt, ivährend sie nach zend. karana ök wer mau halfvrark (Halbwerk, halbes od.
(Schutzmittel der Beine, Beinkleid) zu ur- unvollkommenes Werk etc.) mäkd ; — ■ hälfe
theilen im Zend. vielleicht vorhanden war. 40 sün- ua firdagen sunt gen regte sön- un f ir-
Möglicherweise ist es jedoch dieselbe y kar, dagen ; — he is man so 'n halfen (lialber,
kal wie von halen u. 1 hälen, die sehr leicht nicht voller u. ganzer etc.) kerid ; — ik was
aus rauschen, krachen, prasseln, knistern, halfdöd un of; — dat kind is half min lä-
singen, tönen (cf. galm u. gar tvegen der y feud ; — he is half düfel, half minsk ; —
ghar, soivie ccuch ahd. siugau, singen, tönen, 45 kalffles is man half fles ; dat steid net bi de
klingen; einen singenden, knisternden Ton ribben; — ik was half un half siuns um mit
hervorbringen etc., loovon sich eben das to gän etc.; cf. tveiter die Compos.
Vbm. sengen = ahd. sangjan cds Caus. I)ass das Wort half (nd., mnd, nid.,
von singan herschreibt) etc. die Bedtg. : hren- mnld., as., schwed. half; afries. half, hal ;
nen, flammen (auch die Flamme singt be- 50 tvfries. heal, hcale; satl. hale ; ags. healf;
kanntlich) etc. u. hieraus wieder die von: an. hälfr; schwed. half; dän. halv; goth.
rauchen, qualmen, dunsten, durch Hauch halbs; ahd. halb, halp ; mhd. halp) im Ge-
verfinstern u. verhüllen, verdunkeln, ver- gensatz zu gans steht u. es ursjn: die Be-
decken etc. entwickeln konnte, wie denn un- dtg. : ge- od. zertheilt, zerschnitten, durch-
ser blak (schioarze Dinte od. Schwärze), 55 schnitten, in Zweien zerlegt etc. hatte, ist
blaken (rauchend u. qucdmend brennen, wohl fast cds sicher anzunehmen ti. dürfte
Rauch machen, qucdmen) mit blank, blinken es demnach wohl mit Icd. carpere u. harfst
u. blaker (Leuchter) zu einer y bhragh zu einer ]/ karp, kalp (spalten, theilen,
(glänzen, brennen etc.) gehört, die wahr- schneiden etc.) gehören, die vielleicht aus
scheinl. auch ]/ von bräken ist u. wo so- GO einer von idg. skar (schneiden etc., cf.
HALF-AFENDS-GIFT 14 HALM
scharen) erweiterten y skarp (cf. scharp = bangen, de ik wol fcrkopen wil. — Scherzh.
i>chneiden(J, schtieidi;/ , scharf etc.) Iiereor- von ]\'ittivcii, die sich uueder verheirathcn;
ging u. icorüber loitcr scharp u. hart'st Wci- he hetl 'n lial'släten fro nanien.
teres su vergleichen ist. Vergleicht nuni lialf-silt'eii, a) hall) Sieben ; — h) hetrun-
ührigens das lat. semi u. skr. sämi (halb), 5 ken etc.; hö is halt'söt'eu. — Ob es in der
hz. dass dieses Wort wahrschei)d. das ::weite, letzten Bedtg. aus nd. (Br. Wb.) halv si'>o
zu einem Ersten passenden ii. stimmenden wesen (halb gahr- od. halb fertig sein) cnt-
od. gehörenden, bedeutet, so würde das Thema stand ff
lialba formell u. bcgrifßich auch mit skr. half-siistei', Halbschwester.
kälpa (siuiilis) stimmen, was zur }/ kalp 10 hiiUlo, hillft, Hälfte, Thcil, Seite etc.;
(recht od. gleich u. ähnlich machen, od. wat de halft scliüld, scliilUl ffil ; — de enc
ttrspr. wohl: beschneiden, behauen, glatt u. halfte (Theil, Seite) is groter lui dikkor as
eben machen [cf. karp od. kalp, spalten, de andere; — iip sin ene hälfte löpd he
hauen, schneiden etc.], gleich inachen, in kruni.
gleiche Thcile zerlegen etc.) gehört. 15 hall'-ür, haH'-ürtje. halbe Stunde, halbes
Iiall'-afViiils-^ift , die DLittel-Abends-FiU- Stündchen.
tcru)ii/: (jcwohnlich um 7 Uhr Abends. hSili'-wiiss^n, haU-wass&w, halb erwachsen ;
halt'-liakkcli, halbgebacken, halbgahr; fig. he was man so "n halt'wiissen fent, do drög
halbfertig, unfertig etc.; 't is man so 'n half- hc de koj) al so hüg.
l)akken kerel. 20 hall'- weteud , halt -weten , halbwissend,
liair-hröer, Halbbruder. halbverständig , hcdbklug , nicht recht ge-
halfe, Halbe, od. der eine Theil, bz. die scheut, närrisch, kindisch etc.; du must wat
eine Seite eines Ganzen; gif mi 'n hahe od. mit huni tosen, du wetst wol, he is man so
halfen; — de ene hälfe is groter as de an- wat half weteud. Bcdcnsart: he is so kluk,
dere. cf. hälfte u. weiter: 25 as 'n halfweten kalf.
halfen, halben, von seilen, tvegen etc., in liallann, i. q. allarm.
allenthalfcn, bchalfen, mineuthalfen etc., hallen, hallen, schallen, tönen etc.; dat
vergl. unter he-hilfen. halld dör 't ganse hiis. cf. 1 hei m. haleu,
halfer-haiuls, zur hcdbcn Hand, nicht so gehälen etc.
ganz recht, halb u. halb, ungefähr etc.; ik 30 1. halm , llcdm , Stengel etc. der Gräser
knn d'r man haUVrhands lii kamen; — ik od. Grasarten; de rogge up de halm ferko-
kan dat man halfi-rhands göd heten; — dat pen laten; — de halms (die Halme) fan 't
kan so haUVrhunds gän. körn sunt fan 't jar föl lang a* as anders;
halfer-wägeus, halfwitgs. halbwcges, halb — henthalin, ströhalm, grashalm etc. — Nid.,
u. halb etc. 35 mnld. halm, Flur, halmen ; nd., ntnd. halm,
halfe-swinskoppen, halbe Schweinsköpfe; Blur. halmen u. helmer (calanuis); nfries.
scherzh. u. fig. : die beiden Frackschösse od. halm (Langstroh, Dachstroh , od. wie wir
Frackßügcl. ««//cu „dak"); «c/rt'. healni ; e«;;/. halin, haulm ;
half'-laken-linnen, auch noplinnen ge- an. hälmr (Stroh, Streu); norw. halm u.
nannt; Leinen welches halb aus guteni '^(i provinziell \vAA\m,\v<vAu\:i .^chwed., dän. \iA\m;
Flachsgarn u. halb aus Noppgarn (knoleri- ahd., mltd. halm (Halm; Sclireibrolir). Mit
gern, aus Heede gesponnenem Garn) ge- griech. kalame (Hahn); kälamos (Bohr,
webt ist. Schilf); lat. calamus u. culmus; kslav. slama
lialf-linneil, Halb-I^einen, Ijeimvand, bei (Halm); lett. salms (dasselbe) u. vielleicht
welcher die Kette aus Kattungarn u. der 45 auch skr. (Benfeg) kalama (eine Beisart)
Einscldag aus Leinengarn besieht. od. (Both u. Böhtling) kalamas (das-
lialf-ran, lialfröe, Halb-Trauer. selbe ii. auch „Schreibrohr'') , sowie ved.
lialf-raus-kled. Halbtrancrkleid. (Grass mann) gara (Bohr) entweder von
half - sched , Halbscheid, abgeschiedene y kar, kal (rauschen etc., cf. halen) od.
Hälfte, halber Theil. 50 kar, kal (bewegen, hin u. her bewegen,
half-sihbe, s. unter sibbe. schwingen, schwanken, zittern, vibriren etc.,
hall-slat'htig, halbschlächtig, zwitterartig, bz. bewegen, treiben etc., bewegen vor od.
zwischen zwei Geschlechtern od. Arten mit- heraus, treiben aus, wachsen, spriessen etc.,
ten inne stehend. cf. y 1 kal bei Bopp in der Bedtg. sonare
half-slag, Zwitter, Zwitterding , Unvoll- 55 etc. u. 2 kal in der von: agiture, concutere,
kommenes, Etwas was nicht für voll jxissi- vibrarc etc.), wenn es nicht etwa mit 2 hä-
ren kann etc.; 't is man 'u halfslag kind len, helle, heim etc. u. lat. celare, clam u.
od. perd. calim etc. zu der für diese Wörter anzu-
lialf-sliiten, halb verschlis.-<en , halb <tbge- setzenden y kar, kal (decken, bedecken,
nutzt; ik heiV nog so 'n halfsläten büks GO schirmen, schützen etc.) gehört. Für die
HALM 15 HALM
Ableitung von der ]/ kal (sonare) seheint Knochen bedeckt u. eine Hülle u. Schutz
der Umstand zu sprechen, dass das goth. der Knochen ist.
raus (Bohr, Schilf, Bteth od. kälamos) mit 2. halm, das „schott" od. die hölzerne
nhd. Bausch u. rauschen u. unser m Wand, tvekhes die Vieh- u. Pferdeställe
rüsen m. rüsig (geräuschig., läriuend , laut, 5 seitwärts einfasst, bz. die einzelnen Ställe
unruhig etc.) auf ein Vbm. riusan (so- von einander scheidet. Compos.: kö-halm,
nare) zurückzugehen u. demnach raus, die Kuhstallwand; — pörde-halm, Pf er-
Thema Täuea., ein im Winde rauschen- destallwand, od. wörtl. entweder: Kuh-,
des Etwas zu bedeuten scheint, eine Bedtg., Pferd- Scheide, bz. Kuh-, Pferd-Scheidung
welche auch dem Worte: ahd. hriot etc., 10 etc. — od. Kuh-, Pferd-Wand, bz. Kuh-,
ags. hreäd (Bieth, Schilfrohr etc., cf. reit Pferd-Einfassung, da hiilm sowohl ein seh ei-
od. reith) möglicherweise zu Grunde liegt, den des, th eilen des u. tr ennendes,
da es sehr leicht mit ahd. hrom, hruom etc.; als auch ein einfassendes, umfassen-
ags. hreäm (clamor, Geschrei, Lob, Buh m) des, ein s chl i essendes u. s chützen-
zu einer u. derselben y gehören kann, die 15 des (cf. schott etc.) Etwas ist. Vergleicht
auch zirspr. die Bedtg. sonare hatte u. auch man, dass wir statt sülf, sülfst, sülfeu (selb,
das mnld. (KU.) heim (echo, sonus resul- selbst, selber) in der Begel bülm (ik kam
tans) u. helmeu (resouare etc ) wrt w/jf/. /t « J- sülm bi di; — dat fersleid sük fau sühn)
len zu der y kal (sonare) gehört. Für die sagen u. dass das mnd. heim; nhd. (Grimm,
Ableitung von der }/ kal (bewegen, vibriren 20 Wb.) vdul. halm, heim (manubrium, capu-
etc. od. bewegen, treibeii etc.) u. einen Zu- lum) ; halm, halmo, helrao etc. in ahd. joh-
sammenhang mit skr. calati (er bewegt sich) halm, johhalmo, johhelrao etc. ; mhd. giech-
kalayati (treibt), g riech, kellein (bewegen, helme (lorura, Jochriemen etc., Biemen od.
treiben), bz. mit lat. celsus, excello, culmeu Seil am Joch zur Lenkung u. Steurung der
(da die Grdbdtg. bewegen etc., wie bei y 25 Binder) wahrscheinl. mit nhd. (Grimm,
ar, gleich in die von sich erheben etc. Wb.) helb, helf; ahd. halp, halap; mhd.
übergeht cf. risen, reisen etc.) etc. u. dem halp; bagr. halb, helb; mnd. (Seh. u. Ij.)
as. holm (Berg, Hügel); ags. hyll, hill (Hü- helve, helf, helft; mnld. (KU.) helve (ma-
gel, cf. 3 hei) etc. spricht aber der Umstand, nubrium. Stiel, Griff, Handhabe), soivie half
dass man halm auch als das vom Winde 30 in Halfter (capistrum, camus) aus einer u.
bewegte, wogende, schioankende , derselben Grdform hervorging, in dem das
vib rirende etc. od. auch als das trei- „m" in halm (manubrium, cf. halter, hälter)
b ende, sprossende, sp riessende, der Ableitung zufällt u. das auslautende „p"
sich aus dem Boden erhebende Etwas der dafür anzusetzenden ^en». y halp, half,
deuten kann (cf. Fick, III, 70), während 35 halb in halm od. halma vielleicht ausfiel,
für den Zusammenhang mit der für hälen, sowie ferner, dass auch an. helmingr für
helle, heim etc. u. lat. celare etc. anzu- helfningr (Hälfte) vorkommt u. darnach
setzenden y kar, kal (decken, bedecken etc.) halm od. balma (manubrium etc.) vielleicht
das zu sprechen scheint, dass Stroh u. Bohr, aus einer urspr. vollen Form halpna, halfna
hz. Schilf auch bei uns mit dak (Dach, Be- 40 od. halpni etc. entstand, so wäre denkbar,
deckung. Deckendes) bezeichnet wird tc. dass dass dieses halm (als Scheidewand, od. Et-
auch stro (Stroh) = an. strä (Stroh, Stroh- loas toas einen gegebenen Baum in zwei
halm) etc. mit nhd. str euen u. St r eu etc. od. mehrere gleich grosse Theile zerlegt)
in der Weise zusammenhängt, weil streuen sich von halfen = ahd. (halbjan), «jÄ(Z. hal-
die Bedtg.: iverfen über Etwas hin 45 ben (dimidiare) ableitete, od. dass es mit
hat u. demnach stro aus der urspr. Bedtg. : halm u. halp, Handgriff^ Stiel etc. (mit dem
Ueb er Wurf, od. das über Etwas hin- es meiner Ansicht nach direct nichts ge-
geworfene die Bedtg.: Deckendes, mein hat) von einer u. derselben y stammt.
Decke, Dach, Schutz etc. entwickelte. nämlich von derselben y kalp wie helpen
Dass demnach halm mit heim u. hälen (heh- 50 (helfen), welche imter andern ausser: rich-
ten) etc. connex sein kann , ist klar u. ist ten, einrichten, ordnen etc., auch die Bedtg. :
dieserhalb auch die von y pa (greifen, fas- eintheilen, vertheilen etc. hat u. wovon dann
sen, halten, retten, schützen, decken etc.) er- halm als das Eintheilende sich auch ab-
weiterte y pal, pal (servare, tueri) zu ver- leiten Hesse. Vergleicht man übrigens das
gleichen, wovon palä (a. caro, od. das die 55 ahd. halmo in joh-halmo, so scheint es
Knochen Bedeckende, Einhüllende, Um- meiner Ansicht nach doch sehr bedenk-
schliessende etc. ; — b. stramen , als Be- lieh , um bei diesem Worte eine durch
deckendes. Dach) stammt, tvie desgl. auch Nichts erwiesene Ableitung von einer
lat. palea, franz. paille u. möglich auch germ. y halp, bz. eine directe Verwandt-
wohl unser fies, flesk, als dasjenige, ivas die 60 schaß mit ahd. halp (manubrium etc.) vor-
HALMER
16
HALS
auszusetzen , zumal da dieses Wort in der
Bedtg. Lenk seil od. das Etwas, womit
man das Gesjtann (Joch) lenkt u. steuert
doch fast zweifellos mit an. lijälm, engl. u.
vind. heim (Steucry Buder; engl, auch Steu-
ermann, Lenker, cf. 3 heim) identisch u.
dann mit halp (manubrium) d<ich schwerlich
iierwandt ist. Erwägt man aber die vielen
Bedtgn. der y kar, kal u. namentlich die
aucJi unter 1 halm erwähnte Bedtg.: trei-
ben (wonach 1 halm «»c/i urspr.: Spross,
Trieb, Gesprossenes etc. sein kann, ebenso
wie 1 hehn = arundo ?<. ved. (jaro = sa-
charum sara) u. dass icir drii'en geradezu
in der Bedtg.: die Pferde, bz. den Wa-
gen lenken etc. gebrauche)!, so ist e.'^ klar,
dass ahd. halmo (Lenkseil) 7i. an. hjalm,
engl. hi^Im etc. (Steuer, Steurer etc.) sicJi
auch ebensogut wie 1 halm von der ]/ kar, bz.
skr. kal, halayati (treiben, antreiben, treiben
wohin, Ttichtang geben tcohin etc.) ableiten
lassen n. dass es dann durchaus nicht nö-
thig ist, um mit M. llegne (cf. Grimm,
Wb. IV, 240) das ahd. halmo in johhalrao
mit halp (manubrium) u. half in Halft er
SU identificiren, bz. halmo auch mit diesen
Wörtern von der für Letztere anzusetzenden
y halp, bz. kalp abzuleiten, welche in der
Grdbdtg.: binden (schliessen, fügen, Jans-
sen, j)«s.<t?tc/i, geschickt u. dienlich sein,
wozu dienen, helfen) od. greifen, fassen
(hcdten, retten, tragen etc.) sowohl die y
von halfter u. helpen, als auch von halp
(manubrium) ist, ivie Ja aus fassen ausser
halten etc. auch die Bedtg.: fesseln, bin-
den, bz. umfas.'^cn, umschliessen, zusammen-
fassen, vereinigen, verbinden, schliessen etc.
Von selbst hervorgehen. Unser 2 halm nun
aber betr., Hesse sich dies auch leicht mit
2 heim von helan (bergen, sichern, schützen
etc.) ableiten, weil es als Wand (cf. scliott
ii. Schutt) auch ein Schutzding ist u. eine
Wand ein Etwas schützend umgiebt «. es
auch verdeckt.
halmer od. halinpi'-pal, der Pfuhl woran
die Zwischenwand der Ställe od. die Stall-
wand (2 halm) vorn u. hinten befestigt ist.
An denjenigeii halmer, der an der Mauer
steht, wird zugleich auch der hölzerne An-
ker befestigt, der das Ausweichen der Mauer
verhindert.
haliii-spliott, halnier-schott ; i. q. 2 halm
II. eigentlich ein l'lconnsmns, da halm selbst
schon die Bedtg. ,,Wand'' od. „Zwischen-
wand" hat.
häl-rek. häl-stok, Stock od. Stange mit
einem Haken (s. 2 hal) zum Heranziehen
u. Eesthidten.
Iials (Plur. halsen), Hals: a) das kürzere
od. längere, schlanke u. biegsame Glied zici-
schen Kopf u. Bumpf lebender Geschöpfe,
od. auch: Genick, Kehle etc.; he hed 'n
körten (od. langen, dikken, dünnen etc.) hals ;
— hü fätd hör um de hals ; — he hed hör
5 an de hals (kann sie nicht wieder los wer-
den); — de hed sük dar ök wat up de hals
häld ; — he gel" hum 'n drei' (od. slag) an
de hals; — he mök (machte) so 'n langen
hals (streckte den Hals aus ti. damit den
10 Kopf vor, um besser sehen zu können, bz.
aus Neugierde) ; — he läd't sük föls to fOl
up de hals (Nacken); — wat brukst du dt
(lut up de hals halen ? — 't giid hum an de
hals (Leben); — he hed sük de hals (Hals od.
15 Kehle) ütsnäden; — he smörd hum de hals
to od. of; — ik drei' di düfel de hals um,
wen du mi wer kumst; — he hed siik de
hals (Hcds od. Genick) braken ; — he br 'kd
nog insen hals un ben ; — dat kan de hals
20 net kosten ; — he störtede (od. tlug) hals
at'er kop in 't water; — dat geid bi huni
altid hals afer kop (mit Ueberstürzung u.
jäher Hast etc.); — he mök hals afer koj),
dat he fürt kwam; — dat mut bi hum altid
25 all' dör de hals (Kehle, Gurgel etc.); — de
hals (Kehle, Gurgel, Schlund, Speiseröhre,
Luftröhre etc.) sit nii hast digt od. is mi
auswullen; — ik heb' 'n bunke (Knochen)
in d' hals fastsitten; — d'r is mi wat in de
30 feikerde hals (Luftröhre) kamen; — b) bei
leblosen Dingen das dünne, lange, gerade
od. gebogene Zwischen-Ende zwischen Kopf
u. liumpf; das dünne, gerade od. gebogene,
vorgestreckte Ende von Etwas; eine runde,
35 röhrenartige od. trichterförmige Erweite-
rung; in der Nautik auch ein Tan an den
untern Ecken der Segel, um diese anzuho-
len u. zu befestigen ; hals fan de flesse ; —
hals fan de anker; — hals fan 'n haken; —
40 hals fan 'n kue od. knestük (die Krüm-
mung od. gebogene Stelle zwischen den En-
den eines Knies); — de hals fan de keller;
— hals fan 'n kette od. tau (die runde End-
öffnung od. der breite Bing vorne an der
45 Kette etc , um ein Anderes darin zu haken
u. zu befestigen); — de halsen fan de seils
(Segel, cf. Bobrik, naut. Wb.).
In Compos. auch = Person , wie z. B.
in: gitshals, slükhals, rarhals etc. — Nd.,
50 mnd., nid., mnld. hals; afries., satl., zvfries.
hals; as. hals; engl, (selten [cf. Lucas], ge-
wöhnlich neck) halse u. (in healsfang, Hals-
eisen) heals; ags. hals, heals (collum, prora
navis) ; an. hals (coUimi, mouticulus o!)lon-
55 gus, prora navis, pes veli anterior) : schwed.,
dä)i. hals; goth., ahd., mhd. hals (Hals;
schmal fortlaufende, an einen Berg sich an-
schliessende Anhöhe; Landzunge). Das
Thema halsa (Grdform kalsa od. karsa)
60 bietet in den sonstigen idg. Sprachen kein
HALS-ADER
17
HALS-GAT
Wort in gleicher od. ähnlicher Weise zur
Vergleichung dar, es sei denn, das« hd. Col-
lum aus colsum entstand, was indessen nicht
nachzmveisen ist. Dass es zu einer ]/ kar,
kal gehört, ist wohl zweifellos. Unsicher
jedoch ist es jedenfalls, welchen Begriff die
alten einfachen Sprachhildner mit dein
Worte hals od. halsa, kalsa' verbanden, wie
dies schon daraus hervorgeht, dass M.
Heyne (cf. hals im Grimmischen Wb.)
an die Bedtg. : ragoi, vorragen, sich erhe-
ben, hoch stehen etc., bz. an eine Verwandt-
schaft mit lat. celsus etc. denJct , ivährend
Fick (II, 58) es von kal (recellere) ab-
leitet u. es doch klar ist, dass man bei hals
aucli ebensogut an die Grdbdtg.: ,.biegen"
denken kann , weil dieses „hals" genannte
Gelenk doch auch seJir biegsam u. be-
70 e glich od. schlank etc. ist. Dass die-
semnach man sowohl (d. h. ivenn man an-
nehmen will, dass hals das Vorragende, od.
sich über ein anderes Eticas Erhebende be-
deutet) an eine Verwandtschaft mit griech.
kära etc. u. skr. gira, giras (Haupt, Kopf)
denken kann, wozu Fick (II, 63) auch
lat. cervix u. (I, 434) an. hjarsi (Kopf)
stellt, od. dass man hals auch mit 1 lialm
u. lat. culmus, culmen, celsus etc. (Fick,
III, 70) von der ]/ kar, kal (treiben, spros-
sen, ivachsen, sich erheben etc.) ableiten
kann, ist klar, während andererseits hals
als bewegliches, biegsames, schlankes Etivas
auch zu einer ]/ kar (bewegen, hin u. her
bewegen, schioanken, biegen, krümmen etc.)
gelegt werden könnte, die auch möglicher-
weise für 1 halm zu Grunde zu legen ist.
Meines Erachtens würde indessen für hals
am besten die Grdbdtg.: ziehen, dehnen,
strecken etc. passen, in welcher Bedtg. je-
doch meines Wissens keine y belegt ist.
Oder ist tvie bei skr. krka (Kehlkopf) ;
kslav. krüku (Hals) von der bereits unter
halcn erwähnten y kark, krak (Fick, I,
42) auch bei hals an eine Ableitung von
der y kar, kal, germ. hal (cf. halen) zu
denken ?
lials-ader, Halsader.
lials-afer, halsüber, rückivärts etc. ; he
ful halsafer in 't dep.
lials-band, Halsband (in allen Bedtgn.).
lials-ben, halsbanke, Halsbein, Hals-
knochen.
hals - bräkend , halsbrechend, sehr be-
I schiverlich etc.; halsbräkende arbeid.
i hals-bunke, s. halsben.
hals-dük, Halstuch.
halsen, halsen; in verschiedenen Bedtgn.
' als: he kun d'r nich tagen halsen (schlin-
. gen, schlucken, würgen etc.), dat he 't äten
' herunder kreg; — he halsd (iiuält, plagt,
Boorukaat Koolman. "Wörterbuch. IX.
müht, arbeitet, reisst etc.) sük of, dat he klär
würd ; — se halsen (bürden etc.) luim fols
to fol up; — se kamen en mit 't hei so fei
up de hals, dat d'r hei gen halsen tagen is,
5 um 't weg to bargen; — se halsden (halsten,
umhalsten, umschlangen, wnfassten, balgten
etc.) sük; — wi willen 't schip halsen (vor
dem Winde wenden, cf. Bobrik, naut.
Wb.) laten; 't weid to hart, as dat wi 't
10 dör de wind krigen. Compos. : kathalseu,
umhalsen. — Nid. halzen (vor dem Wiiide
wenden ; fig. sich abmühen etc.) ; mnld. hal-
sen (vorare , devorare , glutire etc.) , halsen,
lielsen (amplecti etc.), halsen (magno cona-
15 mine niii) ; nd. (Dähnert) halsen, halsen
(umfassen, umarmen etc.), (Br. Wb.,
Schütze) halsselen (mit Jemandem [sich]
herumzerren, Lust u. Mühe haben mit, sich
quälen etc.) ; mnd. (Seh. u. L.) halsen (um
20 den Hals od. das Leben bringen) ; ahd. hal-
san, helsen, halsen, halsön; mhd. halsen, hel-
sen ; as. helsjan (amplecti) ; ags. healsjan,
halsjan (amplecti, obsecrare) ; engl, halse (um-
armen); isl. hälsa (corripore vela; serrando
25 vacillare alinea; amplecti); norw. halsa (cor-
ripere vela, d. h. die Segel mit dem hals
[s. unter hals] genannten dünnen Tauen zu-
sammenschnüren etc.); dän. halse (dasselbe);
schwed. halsa (umhalsen, umarmen). Be-
30 züglich des engl, halse ßegrüssen, beschwö-
ren) sei übrigens noch bemerkt, dass dies
mit halse (umarmen) durchaus unverwandt
ist, sondern aus ags. hälsjan, haelsjanf'For-
bedeutung nehmen od. suchen, beschwören,
35 obsecrare) = ahd. heilisön , heileson, heil-
sun, helison; mhd. heilsen (augurare, ex-
piare) hervorging u. demnach mit an. heilsa
(grüssen, begrüssen); schwed., norw. heisa;
dän. hilse (grüssen) identisch ist u. icie an.
40 heilsa (Glück, Wohlergehen), heilsu in heilsu-
gjüf (Heilsgabe) u. ags. hälsung (Beschwö-
rung, Gebet), häletan (grüssen) u. hael
(Gruss, Vorbedeutung) , hüls , heäls (Heil,
Glück etc.) etc. zu hael, häl (heil, cf. hei)
45 gehört, wobei denn wohl anzunehmen ist, dass
ags. hälsjan od. hälsian urspr. die Bedtg.:
a) Heil u. Glück suchen, um Heil u. Glück
u. Segen anhalten u. fragen, Gott um Glück
etc. angehen ii. beschwören etc. u. b) auch
50 die von: Glück u. Heil wünschen, bz. ein
Heil (Dir) sagen, od. Heil u. Segen spre-
chen etc. hatte, loie denn hael (Gruss od.
Glückivunsch) ivohl urspr. nichts anders als
das Substantiv. Adv. lieil ist, od. aus dem
55 Subst. haele (Heil, Glück, Segen etc.) her-
vorging, worüber unter heil das Weitere zu
vergleichen ist.
hals-gat (Halsloch), a) Kehle, Gurgel etc. ;
he jagd 't all' dör 't halsgat (er verzehrt
60 od. versäuft Alles, ist ein unersättlicher
HALS-KRAGE
18
HALTER IIELTER
Verschwender etc.) : — 't halsgat (Kehle)
Sit im dijit ; — b) (Xatttil) , Flur, halsga-
ten, die Löcher vorne an den Seiten des
Schiß's dicht aber dem Schcindeckel , wo-
durch die starken lialseu (od. Taue an den
■untern Ecken der Segel, cf. unter hals) (/e-
zogen u. befestigt xcerden. — Nid. lialsgat
od. lialsklamp, vergl. daridter Bobrik,
naut. Wb., :i:J7 etc.
hals-krage, Halskragen ; a) Kragen od.
Krause etc. den od. die man zur Zierde
■um den Hals trägt; du must 'n halskrage
uuiJöu, dat sügt bäter üt; — b) der höl-
zerne Kragen , der früher den zur Schau
ausgestellten Verbrecliern um den Hals ge-
legt wurde; he hed fröger ök al mal mit de
halskrage stän ; — c. (tautologische Com-
pos.) Hals, Nacken; he grep hum iu de
halskraiije ; — de halskrage deid im ser. —
]\[nd. lialskrage (dasselbe).
hals-pipe, Halsröhre, Luftröhre.
hals-starrig, halsstarrig, unbeugsam, un-
lenksam, hartnäckig etc.; du must net so
lialsstarrig wäsen ; — 't is so 'n halsstarri-
gen döimer, as 't man en gift.
halsten, grobes, ungesäuertes Brod, wel-
ches (bx. ein Brodkuchen, tvelcher) in hcis-
ser Asclie od. auf dem Hoste hart gebacken,
bz. geröstet ivird. Diese bald zu fertigen-
den „halsters" werden nur dann bereitet,
wenn das gewöhnliche gesäuerte Grob-
brod unvermuthet ausgegangen u. nicht zu
haben ist, um dem augenblicklichen Brod-
mangel rasch abzuhelfen. Es ist loahr-
scheinl. als g er östetes od. als dürres,
trocknes u. hartes Brod (cf. auch bünje)
mit dem nd. (Danneil) hall'n (dörren,
trocknen etc. ; de wind hallt dat land üt),
hall, ballig (dürr, trocken), ballig (durstig,
schmachtend, verlangend etc.); hcss. (Vil-
m a r) bäl hal od. auch hael, hei, hei (tro-
cken, dürr, mager; ausdörrend, austrock-
nend, auszehrend etc.); ninld. (KU) hael,
hei (exsiiccus, in quo nihil est succi aut
piuguediuis; siccus, aridus; subtilis, tenuis,
acutus, acris) connex, was nach dem mnld.
(KU.) hael in haelgans = nhd. (Grimm,
Wb. IV, 159) bablgans (Hagelgans, Fulica)
wahrsrheinl. ein Contract. von dem unter
hager (mager, dürr etc.) aufgeführten gleich-
bedeutenden bagel, hiigel ist. Wäre es je-
doch richtig, da.ss das Wort bäl, hael (tro-
cken, dürr) historisch richtig (cf. Wei-
gand unter ha hl) hal lautete, .so wäre
dazu afries. (Wiarda, afries. Wb.,x>ag.
179) hei (Jtoch, trocken, cf. unter 3 bei,
helle) zu vergleichen , wobei man dann we-
gen dieses Wortes, sofern trocken, dürr
etc. die Grdbdtg. wäre, an die ]/ kal, kar
(brennen, dörren etc., cf. lat. caleo, calor
etc. n. Fick, I, 44), od. tvenn bei ursjyr.
die Bedtg.: hoch, erhaben etc. gehabt
hätte, an die y kar, kal (treiben etc ; he-
ben etc , cf. Fick, I, 45 u. unter 1 halm)
5 denken müsste, ioie es ja vielleicht auch mög-
lich ist, dass die verschiedenen Bedtgn. der
Wörter hei, hellen etc. (cf. hei etc.) sich
aus den verschiedenen Bedtgn. der y kar,
kal herschreiben.
10 hals-tobi'äken, Halszerbrechen. Sjyrichw.:
ferspräken (das sich versprechen) is gin bals-
tobräken.
hals-wark od. lialses-wark, lials's-wark,
Halscswerk, Lebenswerk, Werk od. Arbeit,
15 die die volle Kraft, bz. das volle Leben
eines Menschen erfordert, od. Einen den
Hals, bz. das Leben (cf. hals in der Bedtg. :
Leben) kostet od. kosten kann; dar hed he
balswark mit to dön, dat he dat klär (fer-
20 tig, vollendet etc.) krigd ; — mit dat wark,
wat he upstünds (zur Zeit, zu dieser Stunde)
Schrift, dar hed he sin balswark mit, dat
he dat fullentejed; — dat is 'n balswark
(Lebensarbeit, Lebensaufgabe) für hum, wen
25 lie dat wark fultöjeu (vollziehen, vollen-
den) wil.
kalter, heiter (m. u. n.) , Halfter od.
Strickzaum, Gurtzaum etc. ohne Gebiss (ca-
pistrum) ; trekk' od. smit du de perde äfea
30 de halters (helters) afer de kop; — de hal-
ter striken (seil, afer de kop) , sich losma-
chen, ausreis.'^en, entwischen; — de kop wer
dür 't heiter hebben, wieder frei , bz. der
Fessel entledigt sein. — Nd., mnd. halter ;
35 nid. halfter, halster; mnld. (KU.) balfter,
halter, helfter, belebter; ags. bealfter; engl.
halter; ahd. lialftra, haipbtra, balaftra, balf-
tera; mhd. halftere, helfter. Alle Formen
sind wohl aus half-tai'a entstanden, indem
40 einerseits das inlautende „f" ausgestossen
wurde u. andererseits in beichter das „f"
7vic in kracht (Kraft), lücht (Luft) etc. in
„cb" überging. Der Stamm „half", wovon
dieses Wort mittelst des Sufjixes tara (cf.
45 der) weitergebildet ist, stammt mit dem un-
ter 2 halm erwähnten ahd. balp etc. (manu-
brium) von einer germ. y balp, half =: idg.
kalp, karp (greifen , fassen, halten, fesseln,
binden, verbinden, zusammenmachen, verei-
50 tilgen, schliessen etc.), die meiner Ansicht
nach auch die y von helpen (s. d. u. cf.
unter 2 halm) ist u. wohl jedenfalls (cf. skr.
kalp M. zend. karep, sich fügen etc.) durch
„p" von y kar weitergebildet ist, wenn nicht
55 etwa karp aus y kar (machen, bewirken,
thun etc.) _|_ }/ pa (greifen, fassen, neh-
men, wegnehmen etc. ; fassen, halten, retten,
schützen etc.) entstand, woraus sich denn
von selbst ganz verschiedene Bedtgn. für die
CO y karp, kalp ergaben, nämlich sowohl die
HALTER- HELTER-GELD
l'J
IIAM
von: wegnehmen thun, stehlen, rauhen, ent-
ziehen etc., als auch die von : halten (tra-
gen, heben etc.) n. retten thun etc. u. viele
Andere, die zum Theil übrigens auch schon
in der so vieldeutigen y kar (cf. Viele, I,
41 — 46) zu Tage treten , aus denen sich ja
im Laufe der Zeiten auch wieder eine ganze
Menge anderer Bedtgn. weiter entioickelt
haben u. selbst nothwendigerweise ent-
wickeln mussten, weil die Begriffe noch viel
wandelbarer u. flüssiger sind, als die For-
men, bz. der Geist beweglicher ist, als die
Materie.
lialter-, helter-geld, (Halftergeld), das
Trinkgeld, loelches der Käufer eines Pfer-
des dem Knechte zahlt, der dasselbe ablie-
fert. — Nd. (Er. Wb.) haltergeld.
halter-, helter-kette, Halfterkette.
jialtern, heitern. Dieses von halter (Half-
ter, Strickzaum etc.) weitergebildete Vbm.
wird hier nicht mehr in der urspr. Bedtg.
von: halftern od. die Halfter anlegen u.
über den Kopf ziehen (u. so auch: bändi-
digen od. bezwingen, ztcingen dass ein Et-
was sich dem Willen eines Jemand fügt
etc.) etc. , sondern wie auch das nd. (B r.
■ Wb.) lialtern u. nhd. (cf. Adelung) half-
tern im uneigentlichen Sinne von: ab-
nützen, quälen, zerren, reissen etc. ge-
braucht, wie z. B. he harr' (hatte) d'r wat
mit to haltern (zu reissen etc., musste sich
tüchtig anstrengen u. abmühen etc.), dat he
dat perd de halter afer de kop kr6g ; —
ik heb' mi al so lank mit dat perd (od.
de junge etc.) herum halterd (herumgequäU,
herumgerissen etc., od. stark damit bemüJit
etc.), man ik kan d'r niks mit worden ; —
he hed d'r f81 mit to haltern (od. riten), dat
he dat klär krigt; — he kun sük d'r hast
net tegen haltern (reissen, loehren etc. od.
anstrengen etc.), dat he d'r bäs afer wurr'.
halter-palter, halter di palter. Diese
kaum präcise zu übersetzende Zusammen-
stellung von halter u. palter wird in fol-
gender Weise u. Bedtg. gebraucht, als: de
wagen kan d'r so halter-palter (so halbwegs,
so ungefähr , so eben etc.) hen , man göd
geid 't net; — dat kan so halter-palter gän
(wenn es auch nicht ganz glatt u. ohne An-
stoss geht, so kann es doch so ungefähr ge-
hen u. passiren etc.) ; — dat gung so halter
di palter göd (das ging, wenn auch nicht
so recht, wie es sein musste, so doch noch
so halbwegs gut. Vergleicht man jedoch,
dass wir halter di palter ebenso wie hulter
di pulter = nhd. „holt er die polt er",
auch in der Bedtg. : in überstürzender Eile,
in Ueberstürzung etc. gebrauchen, so ist es
klar, dass halter-palter 7nit holte r- 2) ölte r
identisch od. doch synonym ist u. dass
„halter-palter gän" eigentlich nichts Anderes
besagt als „loechselseitig anstossend gehen",
bz. dass es aus einer holte (Höhlung, Ver-
tiefung etc.) auf eitle palte (dickes Stück,
5 Klumpen etc. , cf. auch palter = plenter,
dickes Stück Holz, Kloben etc., paltrig, kluni-
jjig, in dicke Stücke zerrissen u. getheilt
etc.) fällt u. stösst u. demnach holperig
u. uneb e n geht, od. nicht glatt u. ohne
10 Anstoss verläuft, ivie loir auch sagen: dat
kan wol halter-palter (d. h. , dass es bald
hier, bald da anstösst) d'r dör u. „halter-
palter gän" auch in der Bedtg.: „hol-
perig od. nach allen Seiten unstossend (u.
15 so stockend u. schlecht) gehen" gebrauchen,
während andererseits halter di palter ebenso
wie hulter di pulter od. nhd. holt er die
polt er auch die Bedtg. : Hals ü ber
Kopf, kopfüber , bz. in Ueberstür-
20 zung, in grosser Eile etc. (he kwam
halter di palter to de dör herüt ; — he
kwam nog net äfen halter di palter weg
etc.) hat.
1. ham od. hamm, Biss, Bissen, Stück,
25 Schnitt etc.; he dede d'r 'u ham in od. üt,
of etc. ; — he hed d'r 'n dügtigen ham üt
dän, bz. ütbäten. — Weiter vergl. botram
= nid. boter-ham (Butter-Brod , — Schnitt
od. Stück mit Butter) u. mnld. (KU.)
30 hamme (pars abscissa rei cibariae, frustum
esculentum). Kann dieses ham zur }/ (Bopp)
cam (edere, vesci) := (Benfey) kham,
(Grassmann) cam (idg. kam?) gehören,
od. stammt es mit 2 ham, sowie ahd. ham
35 (verstümmelt, gestutzt etc ), hamal (verstüm-
melt ; verschnittener Schafbock), hamar (Ham-
mer) etc. (cf. 1 M. 2 hamel, hamer etc.) von
einer allgemeinen germ. ]/ ham, welche cms
der Grdbdtg. : schlagen, hauen, stossen etc.,
40 die Bedtgn. : stechen , schneiden , spalten,
reissen, bersten, brechen, biegen, krümmen,
rund. V. gebogen etc. machen, wölben, wöl-
bend od. rundlich gebogen umschliessen,
Cirkel od. Kreis, Ring, Wall etc. etc. ma-
45 chen um Etioas herum , umringen , ein-
schliessen, umgürten, einfriedigen, schützend
umgeben, einfassen, uni' od. verhüllen, ver-
bergen, bedecken, bekleiden etc. weiter ent-
xoickelte, wie ja alle diese Bedtgn. in den
50 vielen zu einer germ. y ham gehörenden
Wörtern (cf. auch hemd, heramel, hämo im
ahd. lihhamo etc. u. Weiteres unter 2 bis
5 ham etc.) vorkommen u. belegt sind? —
Möglicherweise jedoch kann dieses 1 ham
55 (cf. kram, krum, dum etc.) auch aus älterm
hamp, hamb gekürzt sein, sodass es mit hap,
happen, haffeln u. hampe, humpe (Stück
etc.) etc. zu einer idg. y kamp, kap gehört,
die aus der Grdbdtg. : ire, se movere od.
00 g ehen, bewegen (vor), wie (cf. Ferd.
HAM
20
HAM
Justi) die y ao (gehen, dringen vor, ge-
langen wohin u. wozu, erreichen, erla)tgen,
ergreifen , fassen , nehmen zu sich, essen,
trinken etc.) ähnliche Bedtgn. wie diese, so-
wie loeiter auch die von: sich hin u. her
bewegen, schwingen , schlagen (hauen, spal-
ten etc.), od. sich icinden, krümmen, biegen
etc. entwickelte m. demnach ausser für liampe
etc., sowie liampel u. haiiipohi, liimp-liampeu,
humpeln etc. auch für liebben, liafo, hecli-
teu (heften), betten etc. u. vielleicht auch
/«>• hapeii etc., sowie für lat. capio etc. aufzu-
stellen ist, ivorüber unter hehhen, batV, hat'en,
lieft'en etc. das Weitere zu vergleichen ist.
Wegen der obigen germ. y liam, bz. der
nachfolgenden Wörter 2 bis 7 bam ii. hem
(Heim) vergl. bei Fick die Zusammenstel-
lung von: ags. bama (Kleid, Hülle, Haut
etc., s. unter 2 bam) u.nhd.Himmeletc,
skr. kmar (krumm ■<:ein), zend. kamara (Gür-
tel , Gewölbe) , griech. kamära (Gewölbe,
Kammer), lat. camera, caraerus, camurus
etc. unter idg. kam (sich wölben, umrin-
gen); — skr. cam od. cam (vesci), lit. kimu
(heiser werden) , (did. humbal (Hummel),
jjreuss. camus (dieselbe) u. lat. gemere etc.
unter idg. kam (schlürfen, seufzen, summen);
— skr. qnm (sich midien, ermüden etc.) n.
ahä. hemmen (ruhen machen, hcdten auf
etc.) etc. unter idg. kam (sicli mühen etc.);
— nhd. Heim = afries. bam, bem, ags.
häm, as. hem etc. ; lit. kemas (Dorf) etc. u.
skr. kscbetra (Feld), ksbema itvöhnlich), lat.
quies etc. unter skr. kshi (siedeln); — fer-
ner die Zusammenstellung von ahd. bam
(verstümmelt etc.) , hamal (Hammel), goth.
bamfs (verstümmelt) etc. mit griech. kö-
phüs, köptö u. lat. cäpus, cäpo (cf. hampe
etc.) ; — ags. hamm (Kniekehle) etc. mit
griech. kneme (Schienbein) etc. u. air. cnäm
(Bein, Knochen) etc. u. iveiter bei H. Leo
die Ableitung von ags. himao, bam, bz. bam
(Kleid, Hemd) , liera (Saum , Kand etc.),
bam (Oberschenkel, Schinken, Kniekehle,
poples, cf. 4 bam) etc. von skr. y gam (se-
dari), tvührend er ags. hame (Gebärmutter
etc.) u. mnld. ham, bammc (secundinae) etc.
von skr. y kam (amare etc.) ableitet, ags. häm
(Heim) indessen auch mit skr. ksliema etc.
zusammenstellt.
Vergleicht man nun aber weiter 1 bis 7
liam u. die andern auf eine germ. y bam
zurückgellenden Wörter, soivie die theil-
weise doch wohl sehr fragliche Zusammen-
stellung u. Ableitung der obigen Wörter bei
Fick u. Leo (cf. auch Pott, Witrzelwb.
II, zweite Abth., pag. 162 seq. die No. 633
u. 637 ivegcn y gam u. Benfeg, Orient
u. Occident, II, 87 ivegcn goth. hamfs etc.
von y ksban) mit u. von skr. kmar, gam,
bz. idg. kam, kam (wobei es doch auch ivohl
angenommen werden muss, dass das skr.
kmar = zend. kamar auch von einer sec^m-
dären od. primitiven y kam iveitergebildet
5 sein muss, die im Skr. m. Zend. Jedoch nur
in der Bedtg.: lieben, begehren, wünschen
etc., bz. amare, capere, desiderare, velle be-
legt ist), od. anderen Wurzeln u. bedenkt
man dazu, dass die Bedtg.: lieben, be-
10 gehrcn, Verlangen tragen (nach Et-
ioas) nie eine urspr. sein kann, bz. dass
die für das Vbm. lieben (cf. lefeu, lafen,
lof, löf etc.) anzusetzende y lul)b od. riibb
von der ]/ rap, rup (von rc{ffen «. rauben,
15 cf. rapen u. rofen etc.) gar nicht zu tren-
nen ist, sowie auch, dass die y a.q (s.oben)
aus: gehen u. dringen (vor) etc., ausser
erreichen, erlangen, e r greif en, fas-
sen, nehmen (cf. auch läsen, lesen =:
20 greifen, nehmen, fassen, aufgreifen , auf-
nehmen, sammeln, lesen etc. u. Alles was
Fick, III, 271 seq. unter lis, lisan etc.
aujführt) auch die Bedtg.: essen etc. ent-
wickelte u. dass auch das Staminvbm. gären
25 von begären (begehren, verlangen u. trach-
ten wonach), bz. das Adv. gerne u. Subst.
Gier von einer ]/ gbar (beivegen [sich od.
ein Anderes], regen etc. [cf. 4 gären] etc.) cü)-
slammt , so kann ich nicht umhin, die y
30 kam (lieben, verlangen ivonach etc.) als eine
von ak, umgesetzt ka (bewegen u. dringen
vor, erreichen etc.) = skr., zend. a^ erwei-
terte Form kam, kma (cf. mar = mra) an-
zusehen, die aus der Grdbdtg. : beivegen
35 (sich u. ein Anderes), gehen (se movere)
zu, kommen zu etc., od. gehen u. drin-
gen vor etc. die Bedtgn,: erreichen, erlan-
gen, ergreifen, fassen (umfassen, umarmen,
lieben etc.), greifen u. langen nach, verlan-
40 gen, begehren (lieben etc.), bz. greifen, fas-
sen, halten (halten hoch u. iverth, schätzen
etc.), heben, tragen etc., od. fassen, umfas-
sen, um- u. ein-schliessen, umgürten (cf.
zend. kamara, Gürtel; Gewölbe), umringen,
45 mit einem Hing (Wall, Mauer, Zaun etc.)
umgeben, einfassen, sicher u. fest machen,
Schutz machen (um Etwas herum), schützen,
bergen, verhüllen etc. weiter entwickelte,
während andererseits aus bewegen die
50 Bedtg. : h i n u. h e r bewegen, schwingen,
.schlagen, hauen (s. oben wegen einer germ. y
ham, schlagm etc.) etc. sowohl, als auch die
von: sich winden, krümmen, windend u.
krümmend umfassen, umwinden, umbinden,
55 umstricken, bestricken, umarmen, fesseln etc.
hervorgehen koniitcn, wie denn auch aus
der y kap, kamp, bz. cap, camp (sc movere,
vacillare, tremere etc., cf. cäpalä u. dazu
hampel etc.) auch wohl die in kapanä (Wurm,
60 Raupe) liegende Bedtg.: kriechen, od. sich
HAM
21
HAM
iv/ndend u. biegend hin u. her bewegen etc.
(Fick sagt zu y 2 kap ['biegen], die er
selbst aber mit vibriren, auf u. nieder gehen
etc. übersetzt) hervorging u. andererseits aus:
sich winden u. krümmen etc. auch die Be-
dtg.: umwinden, umfassen, befassen, greifen,
fassen, binden, verhaften (cf. y 1 kap, fas-
sen etc., uwvon lat. capio , sowie die Wör-
ter hafe, hafen, hebben, heflen, hecht [Heft]
etc. hervorgingen) u. manche andere ent-
stand. Wenn man mm aber auch sieJit
{wie oben bereits gesagt), dass H Leo ein
ags. himan (obstare; tegere), Thema ham
von skr. gam (sedari, immobilem fieri , i-e-
pellere, placidum, quietum esse etc.) ableitet
u. hiesu ausser hem (Sawn, Band, Einfas-
sung), hama (Umhüllung, Bekleidung, Haut)
etc. auch hamma (Oberschenkel, Schinken,
cf. 4 liam) stellt, so kann man doch mit gu-
tem Eecht auch diese Wörter zur y kam
(lieben, begehren etc.) stellen, sofern man
annimmt, dass diese die sinnl. Bedtg.: grei-
fen u. langen wonach, od. fassen etc. hatte,
zumal zu dieser sinnl. Bedtg. auch besser
das von ihn von dieser y abgeleitete hame
(Gebärmutter etc., Nachgeburt etc.) 2msst,
was doch jedenfalls ein Kindsbalg od. eine
Haut ist, worin das Kind geschützt liegt u.
loas man deshalb doch wohl mit Hecht zu
demselben Stammvbm. stellen kann , wovo)i
auch hama (Bekleidung, Schutz, Haut etc.)
abgeleitet loird. cf. auch 7 ham , bz. die
damit zusammengesetzten Wörter, tvie harn-
ende etc. Vergl. übrigens loegen ham (Biss,
Bissen etc.) auch hammen.
2. ham od. bamm, eine Wiese od. ein
Stück Grün- od. Weide-Land, welches nicht,
ivie ein kamp, mit Wällen, sondern mit Grä-
hen abgegrenzt u. eingefriedigt ist. — Nid.
ham (ei7i nmzäuntes Stück Land); mnld.
(KU.) hamme, ham (pratum , pascnum) ;
mfläm. ham (Weide, pascuum); engl, ham
(Aue, Rasenplatz, Weide, ein Stück Wie-
senland); afries. ham, hem, him od. hamme
etc.?, cf. hamrik u. dazu Ehr entr aut,
fries. Archiv, 1, pag. 150 die Urkunde von
1431, ivo der Getiit. hsimmes jedenfalls auch
auf ein afries. hamme in der Bedtg. „Stück-
land" od. „Wiese''- (wie fenne) schliesseu
lässt, wie es denn auch jetzt noch überall
in fries. Landen (cf. Seh. u. L. unter 1
ham, sowie bei Outzen u. im Br. Wb.,
wonach auch noch im Osterstadlschcn eine
Wiese „ham" heisst) in dieser Bedtg. im
Gebraucli ist. — Es wird urspr. ivohl ein
ein g efr iedig te s, mit Gräben od. einem
Zaun umgebenes Stück Land u. danach eine
zum Weiden benutzte Wiese, bz. (tvie das
griech. chortos, cf. gärden) einen „ Weide-
platz im Freien" bedeutet haben, tvie auch
das nfries. (cf. Outzen unter ham) hamm
im Allgemeinen einen a b g e gr enzten od.
e i n g efr iedig ten Platz bezeichnet. Ver-
gleicht man nun unser ham od. liamm in
5 dem Dorfnamen Eseusham u. das afries.,
jetzt zu um verdampfte liem in den Orts-
namen : Fertmareshem (Farmsum) , Fres-
brahteshem (Freepsura), Paweshera (Pewsum)
etc., bz. dass das afries. ham, hem ausser
10 Dorf od. Wohnstätte etc. auch einen
eingehegten Bau m bezeichnete , so ist
es ivohl möglich, dass dieses ham od. hamm
mit nltd. Heim (cf. licm) von Hause aus
identisch ist , wie denn auch v. Bi clith o-
15 fen das afries. liam, hem (ob er es hära,
hem hätte schreiben müssen, ist zweifelhaft,
trotzdem er statt hem auch die Form heem
hat, iveil auch hem in den alten Ortsnamen
des Werdener Heberegisters ein kurzes „e"
20 zu haben scheint) mit nhd. Heim = as.
hem, ags. ham (domus, vicns, patria) iden-
tificirt. Da wir aber jetzt nicht hem, son-
dern hem sprechen n. es mir auch zweifel-
haft ist, ob ham in hamrik (cf. dieses), wie
25 er annimmt, ivirklich die Bedtg. : D o rf od.
Heim hat, so toäre es auch möglich, dass
ham in der Bedtg. : pratum, pascuum etc. von
ham, hem od. ham, hem (Heim) von Hause
aus ganz verschieden ist u. mit ags. hem
30 (Saum, Band, Einfassung, Umfassung, Um-
schliessung etc.), ham (Bekleidung, Hemd,
bz. schützendes Etivas , Schutzding etc.),
hama, homa (Umhüllung, Bekleidung, Ueber-
zug. Haut etc., cf. ham in licham = Leich-
35 natu, ahd. lih-hamo) zu einem Stammvbm.
himan, ham etc. (decken , bedecken , schützen,
ivehren, abwehren, hemmen etc., cf. hemd,
hemmen, hemmel etc.) gehört, da sich ja
iiieraus ham in der Bedtg.: mit einer
40 E i nf a ssung od. einem schüt z enden
Ettoaa umgebenes Grundstück auch
ebensogut ableiten lässt, als dass man es
mit afries. ham, hem od. ham, hem (Heim)
identificirt. Hält man nun aber für ein
45 von himan (decken, schützen etc.) stammen-
des afries. ham, hem od. liama die Bedtg.:
Einfassung, Umschliessung etc. od. Ein-,
Umfassendes, Schützendes etc. (ivas jeden-
falls nach afries. lichama [Leichnam, d. h.
50 Bekleidung der körperlichen Gestalt od.
Fleisch-kleidj u. hamothe [Hemd] bestanden
hat) fest, so ist es nicht allein möglich,
sondern sogar sehr icahrscheinlich, dass das
urspr. afries. ham, hom (Heim, od. das loas
55 Einen schützend umgiebt etc., cf. hem) sich
mit einoii von himan (togere etc.) abstam-
menden ham, hem gemischt hat u. dass man
bei dem v. Bichtho fen angeführten hsiva,
hem, him etc. nur deshalb nicht weiss, wel-
60 ches Wort (d. h., ob das mit ags. liam u.
HAM 22 HAM
imsenn hum identische nhd. Heim, od. das reit (Itiet od. SchilfroJir) bestanden tvar,
zu liiman gehörende ham) er meint, weil er welches im Winter geschnitten u. dann zum
ehe» nirgends den Vocal hezeichyxet u. nir- Decken der Häuser gebraucht wurde, wo-
gends angiebt, ob er urspr. lang od. kurz nach denn rehha.m soviel wie Biet-Bucht
icar. Wegen der y vergl. das unter 1 bam 5 bedeutet. — Auch nid., mnld. (KU.) nur
Gesagte u. wegen des africs. ham etc. in der in: inham (sinus maris, litus iiicurvum mare
Bedtg.: Haus od. He im, bz. eingefrie- amplectens) u. nid. uitham (Landzunge,
digtes I^twas auch mnld. (KU.) hdimme, Vorgebirge). Es gehijrt zu einer germ. ]/
ham, hom (domus, liabitatio) u. unser ham ham , biegen, krümmen etc. (cf. unter 1 u.
in ham-onde, tcas nach meiner Ansicht sei- 10 2 ham), die wahrschcinl. auch für 4 ham
ner Abstammung nach von m)dd. heym (Schinken) u. vielleicht auch für 5 ham an-
(Hcim) ganz verscJiieden ist n. urs^n'. blos zusetzen ist, weil auch die Bedtg.: schräg
ein Etwas bezeichnete, ivas Schutz giebt, od. schief aus der Grdbdtg.: biegen,
od. worin man sich bergen u. schützen krümmen etc. sich ergeben kann,
etc. kaim u. demnach von Hause aus das- 15 4. ham od. Iiamin , Schinken. — Nid.
selbe Wort ist, wie ags. ham, hem (Einfas- liam; mnld. luvmme (perna, petaso, armus
sung, Umfassung, Umhidlung, Hülle, Kleid porci); mnd. (Seh. u. L) liame, hamme
etc.); mnd. (Seh. u. L.) h&m (Decke, Hülle, (Hinterschenkel, Schinken); engl. h.a,m. Vergl.
Hülse; Nachgeburt [secundinae] od. Kindes- im Grimm' sehen Wb. unter 1 hamme, ico-
balg, Gebärmutter etc., cf. uiäer 1 ham am 20 nach es mit ahd.\\2iVamA; mhd. hamme (suf-
Schlu.'^se) u. ham, liem etc. in licham (Leich- ft'ago, poples) ; ags. liamm (poples) ; mnld.
nam), hemd (Hemd) etc. etc. Wegen der (KU.) liamme, hamm, harne (dasselbe) von
Verschiedenheit des von v. Bichthofen Hause aus identisch ist, od. doch mit diesen
aufgeführten afries. ham von hem (Heim), von der bereits unter 1 u. 2 ham ericähnten
bz. einer Vermengung von afries. ham, hem 25 germ. ]/ ham (biegen, krümmen etc. od. sich
(Heim) mit ham, hem (Ein- od. Umfassung, rundlich wölben, rundlich od. gebogen sein
Band [Ufer, tcovon auch vielleicht Ham- [nach aussen od. nach innen hin eine
bürg seinen Namen hat, wie Bremen von Krümmung u. Biegung machen] etc.) ge-
bram, brem, brim, Band, Saum, Einfassung, hört u. wie man bei ham (Schinken od.
Ufer], Einhegung, Umzäunung, eingehegtes 30 Oberschenkel) auch daran denken kann,
u. umzäuntes Etwas, Haus, Weideplatz, dass es wie bak (Bücken, Speckseite, Schin-
Weide, eingehegtes Feld etc.) vergl. auch ken), bz. nhd. Backe auch ein nach Aussen
Hamm im Grimm' sehen Wb. u. wegen hin rundlich gebogenes, bz. rundliches u.
einer bereits unter 1 ham ericähnten germ. getvölbtes Etivas bedeutet hat, icährend
y ham mit der Bedtg. : greifen, fassen, hal- 35 hamma (suifrago, poples) überall wohl nur
ten (fesseln) tragen, retten, schützen, ber- ein gebogenes u. gekrümmtes, od. ein
gen, siehern, schützend umgeben, einschlies- sich biegendes u. biegsames Etwas
sen, umschlicssen, einfriedigen , einfassen (Gelenk) bezeichnet hat. Wegen einer di-
(wovon: Einfassung, Band, Saum etc. u. reden Ableitung dieses Wortes nicht von
Hülle, Balg, Kleid etc. in den Wörtern 40 einer allgemeinen germ. y ham (biegen,
ham, hamme etc., soivie auch die von: Ge- krünunen, sich ivölben, wölbend umringen
bärmutter etc. sich von selbst ergeben), etc.) = idg. kam, ivozu Fick ausser skr.
schützend umringen, rundlich einfassen kmar, zend. kamar (krumm, gewölbt sein),
(woraus sich die Bedtg.: Gewölbe, Bing etc., kamara (Gürtel; Gewölbe), lat. camara etc.
od. rundlich Gebogenes etc. ergeben, cf. 4 45 auch germ. hama, hamau (Hülle, Haut, Ge-
ham) etc. vergl. auch im Grimm' sehen wand, Balg etc., vergl. unter 2 bam u. 1
Wb. unter 1 u. 2 hame, bamen, hamme etc. ham am Schlüsse), goth. hamön (hüllen),
3. ham od. hamm, Bucht, Busen etc. u. bz. das dafür anzusetzende Stammvbm. germ.
zwar nur in den Compos.: in-bam (Ein- himan, bam, humun u. as. bimil (Himmel,
bucht, od. ein ins Land einschneidender 50 cf. hemmel), stellt, vergl. Weigand , der
Meerbusen etc ) ; — iii-hnm (Ausbucht, Land- hamme (Schinken) etc., bz. ahd. hamma
Zunge, Vorgebirge etc.) ; — sowie wahr- (suifrago, poples) etc. direct von ahd. ham
scheint, in dem Namen der Ortschaft od. (verstümmelt, verkrüppelt od. lahm, urspr.
des Landstrichs „Reit-ham" , welcher vor krumm?) ableitet, wovon ahd. bamal (ver-
Eindeichung des Polders „Schoonorth" nach 55 schnittener Schafbock, cf. hamel) etc. weiter-
seiner niedrigen Luge u. noch jetzt sunt- gebildet ist, loährend ahd. humf (verkrüppelt,
jjfigen Beschaffenheit jedenfalls urspr. auch verstümmelt, od. maiicus), goth. hanfs (de-
eine Bucht od. ein Busen iv<ir , der allmä- bilis, mancus) , ags. haf (mancus) wahr-
lig verschlammte u. dann lange Zeit, wie scheint, zu der unter 1 bam erwähnten y
sehr viele andere Buchten der Seeküste mit 60 kap, kamp, kamb (vacillare, tremere etc.)
HAM 23 HAMEL
gehört, wozu auch wohl hamp, himphampen, von der }/ liani (um- u. einfassen, in sich
hampeln, humpeln etc. gelegt werden müssen. befassen u. beschliessen, bedecken, verhüllen
5. ham od. hamm , das über den Gie- etc.) abgeleitet ist, wenn man nicht etwa
bei vorragende u. schräg herabhängende tvie bei belle in tötbelle an die rundlich ge-
Strohdach eines Bauernhauses von alter 5 bogene Form desselben denken u. es wegen
Bauart. seiner Form xion der }/ ham (biegen, krüm-
Bie Grdbdtg. dieses Wortes tvird wahr- men etc.) ableiten will. Wcigand ist übri-
scheinl. Schutz dach od. schütz ende s gens der Ansicht, dass es mit mhd. harne,
Ettoas geivesen sein, sei es, dass dieses ham nhd. Hamen, Angel, Angelhaken aus lat.
entweder eine Art Laube war, unter der 10 häraus entlehnt ist u. hieraus in die Bcdtg.:
man im Schutz vor Eegen etc. sass, od. Fang netz überging, während M. Heyne
dass es die Lehmmauern des Hauses (urspr. (cf. 2 hame) dagegen glaubt, dass nhd.
hatten hier die Mauern der Bauernhäuser Hamen (Angelruthe, Angel) mit Hame
auf dem Lande ivohl sämmtlich Lehmmau- (gebogene hölzerne Fessel), nd. ham, engl.
ern, da bekanntlich kein Haus von Stein 15 hame (Kummet); mnld. (KU.) hamme,
gebaut werden durfte u. Holz sehr rar war) koehamme (numella , ein küwham od. höl-
vor Schlagregen u. Tropfenfall schützte, da- zerner Ring, damit man das Vieh an die
mit diese nicht davon durchiveicht u. abge- Kri}}pe bindet) etc. von der germ. j/ ham
spült werden konnten. Ist dies richtig, so (biegen, krümmen, flechten etc., cf. unter 1
gehört es mit den bereits unter 1 u. 2 ham 20 u. 4 ham) abzuleiten ist, wobei man denn
erwähnten Wörtern, denen auch die Grd- auch wieder bei der aus: biegen, krüm-
bdtg.: schützen, schütz end umrin- men etc. od. der, auch in der germ. y ham.
gen etc. zu Grunde liegt, zu der germ. y liegenden Bedtg. : ein- u. umfassen, ein-
ham (hemmen, schützen, hindern, abhalten, zäunen etc. daran denken könnte, dass
sichern, bergen etc.), loozu ausserdem auch 25 ham als Netz zum Fischen urspr. ein von
das nd. (Dähnert) hamm (Halt! — dat gekrümmten u. gebogenen Weiden gefertig-
het hamm, das heisst Halt od. Hemmung, tes g e flocht e nes Etwas (cf. unser mAnne,
— das ist dir verboten zu thun etc.), od. loas loahrscheinl. mit mande, manne [Korb]
(Dann eil) hamm in hamm holln (du säst identisch od. doch nahe verwandt ist) tvar,
mi woU hamm holln, du sollst mir wohl 30 toie ja gewiss viele Geräthe zum Fischen
Stand halten od. mir da stehen bleiben, wo ebenso wie die Beusen urspr. aus gefloch-
ich dich halten will), hess. (Vit mar) ham! tenen Weiden bestanden.
(Halt! Halt da! zurück = tinserm hö), wie 7. ham od. hamm etc., ««ham-ende; s. d.
auch das Vbm. hemmen = ahd. (hamjau) häm-balk, s. hanebalk.
SU einer y ham (schützen od. abhalten, zu- 35 hära-bolte, s. hanebolte.
rückhalten, od. Jemanden halten wo, wovon 1. hamel, homel, verkrüppelt, unvullstän-
ab, zurück) gehört. dig ausgebildet, klein, schmächtig, elend,
6. ham od. hamm, hame, häm, Netz. schlecht, verfallen etc.; 'n hamel der (ein
Daher: schüf-ham, schuf hame, Schiebnetz, verkrüppeltes, elendes Thier) ; — he sügt
Netz, welches oben an einem starken, mit 40 arbarmlik hamel (elend, verfallen, ver-
einer langen Stange versehenen, Reif be- schrumpft etc. , od. so wie eine Ruine von
festigt ist u. auf dem Grunde des Wassers einem Menschen) ftt. — Ahd. hamal, ha-
hingeschoben wird, ähnlich tvie die manne mel ; mhd. hamel (verstümmelt, verkrüppelt).
od. slotlä. — Wang. (Ehr entraut, fries. Mit 2 hamel von dem. dort weiter zu be-
Archiv, I, 372) hum (cf. tvang. huramer = 45 sprechenden gleichbedeutenden ahd. ham.
Hammer); mnd. (Seh. u. L.) hame; mhd. Vergl. auch homel.
hame, ham; nhd. Hame, Hamen u. früher 2. hamel, verschnittener Schafbock (Ham-
auch hamm, hamme. Es wird vielfach (cf. mel), sonst auch (nd.) bötel (s. d.) genannt.
Schade, ahd. Wb. u. Grimm' sches Wb. — Nd., mnd., nid. hamel; mnld., mfläm.
unter 1 hame) mit ahd. hämo (Kleid, Decke, 50 haemel ; ahd. hamal, hamel ; mhd. hamel
Hülle, od. Ein- ti. Umfassendes [cf. afries. (verschnittener Schafbock; im mhd. auch:
hama, homa, was im Compos. hirthhoma truncus, abgehauener Stock = stummel).
auch die Bedtg.: Beutel od. Sack, d. i. Weitere Formen u. Bedtgn. s. im Grimm' -
Hülle, Balg etc. hat u. wonach dieses ham sehen Wb. unter Hammel,
auch ein Beutel- od. Sacknetz, bz. ein beu- 55 Es ist ebenso wie 1 hamel durch das
tel- od. sackförmiges Etwas sein kann], s. Suffix al, el (urspr. tvohl ala, ara u. von
unter 1 «. 2 ham) identificirt, obschon man Hause aus wohl ein Sein u. Wesen, bz.
auch annehmen kann, dass es in der all- einen Zustand, der durch irgend eine Thä-
gemeinen Bedtg. : Ding od. Geräth, was zum tigkeit entstand, od. ein Etwas, Ding etc.
Fassen u. Fangen dient, direct mit hämo 60 bezeichnend) von dem ahd. ham (verstüm-
HAMEL
24
HAMER
melt, rcrJcri'qjpelt) weitergebildet, worüber
nuten das Weitere.
Von ahd. hamol ist wohl jedenfalls wei-
tergebildet : ahd. hanialöu ; mhd. liameleii
(beschneiden, i'erschneidcn, ab- od. einstutzen ;
einen Hammel machen, ca-'^triren) u. nd.
(Dähnert) hamelen (die Böclce verschnei-
den) , sowie wohl (da nach iinserm hamel,
liomel dieses Wort im ofries. existirte) auch
africs. (i\ Richthofen, liettema) he-
milja, liomelja (dostruero, debilitare), heme-
linga, liameliiiga, homelinga etc. (truncatio),
tcährend es mir bei agft. liamelan od. (Ett-
müller) hamoljan, (poplites scindero), enfßl.
hamble = hamstring (dasselbe), an. liamla
(hemmen, hindern etc ; 3I(ibius hat auch
die Bcdtg.: verstümmeln); isl. liamla (uavim
remis iiiliibere ; coliibore, impcciire) etc. zwei-
felhaft ist, dar^s deren Stamm liamal, liaml
mit dem ahd. liamal (verstümmelt, verkrüp-
pelt) nrsjjr. gleich war u. wie dieser, von
einem mit ahd. liam sijnonijmen u. identi-
schen ags., an. ham (was wenigstens in
diesen S2)rache)i nicht vorkommt) tcederge-
bildet iDurde, weil das ags. haraelan od. ha-
moljan anscheinend auf ham od. hamm
(poples, cf. unter 4 ham) zurüchgeht u. das
an. hamla augenscheinlich derselben gcrm.
y wie nhcl. h e m m e n (cf. hemmen) ange-
hört. Wahrscheinlich liegt die Sache nun
aber so, dass das ahd. ham (verstümmelt,
verkrüppelt) urspr. die Bedtg. krumm, ge-
bogen, gekr ü m m t etc. hatte u. das ags.
ham (poples) als Gcbo g enes. Gekrümm-
tes ganz in derselben Weise davon substan-
tiviH wurde, wie hamal, verschnittener Schaf -
bock od. Verstümmeltes etc. von hamal, ver-
stümmelt od. eigentlich ivohl gekrümmt,
contr act , lahm , ste if od. k r u m m -
stehend etc. u. das ags. hamoljau eigent-
lich ivohl nur die Bedtg.: lähmen od.
lahm machen etc. hatte. Wie nun aber
unser lemmern, belemüiern aus ahd. lemjan,
bilemjan (lähmen) die Bedtg : hindern, be-
hindern, aufhalten, abhalten etc. entwickelte
XI. zu lam (lahm) gehört, so erhielt denn auch
das an. hamla (hemmen, hindern) ganz in
derselben Weise von hamal (gekrümmt, con-
tract, lahm etc.) seine Bedtg.: hindern,
hemmen u. ist es so auch tonhrscheinlich,
dass das für hemmen anzusetzende urspr.
hamja'.i auch von ham (gekrümmt etc.) ab-
stammt u. zuerst blos die Bedtg.: gekrümmt,
contrad u. lahm machen hatte, woraus den}i
von selbst die Bedtg. : nngebbar machen
(machen dass Etwas nicht mehr gehen kann,
sondern stehen bleiben muss), zum Stehen
bringen, am Fortgang hindern, aufhalten,
hemmen etc. hervorging. Hätte das ahd.
ham nun aber urspr. die Bedtg.: gebogen,
g ekrü mm t etc., so gehört es mit seinen
Weiterbildungen: hamal etc. selbstredend mit
4 ham etc. zu derselben ]/, worüber dort
das Weitere zu ersehen ist.
5 3 liamel , s. amel u. mig-amel od. mig-
liamel.
ham-endp, honi-eiule od. haiiim-eiule etc.;
a) der Hintertheil eines Bauernhauses und
zwar speciell der Theil desselben, der unter
10 dem schrägen Abdach liegt, od. sich vom
hintern Giebel bis zum sog. „katgäfel" er-
streckt, der den Schluss der mit dem Vor-
derhause unter einem Dach liegenden ei-
gcnllichen Scheune des alten fries. Bauern'
15 'hauses (cf. Cad. Müller Tafel C) bildet;
de pmlestallen liggeii in de hörnende; —
b) (scherzh.) der Hintere, Fodex ; so stekd
de homende so wid achteriit, dat d'r wol en
up Sitten kan. — Dieses ham od. hamm,
i2Ü hom hat nach afries. hama, homa (Gewand,
Haut etc. od. tograen, als Bedeckendes u.
Schützendes) entweder die Bedtg.: „Dach'
(tectum) od. die von „Haus" (cf. afries.
liam u. mnld. hamme, ham, hom unter 2
25 ham), sodass ham-eude entweder soviel wie
Dach-Ende od. Haus- u. Seh eunen-
Ende bedeutet.
lianier (Plur. liamers), Hammer (malleus) ;
't is nct, as of 'k 'u hamer in de kop hebb',
30 so klopt (klopft, pulsirt) mi dat d'r in; —
bildl. auch: Teufel, Böser etc., wie dönner,
bliksem etc., iveil der Hammer die Waffe
des Donnergottes (Donar od. Thor) zcar (die
zunächst der Donnerkeil ist) u. der Ham-
35 mer früher auch als Waffe (Streithammer)
u. zum Werfen diente, worüber bei Grimm
(Myth. u. Wb.) das Weitere zu vergleichen
ist. Bedensart.: dat di de hamer (od. do
dünner, bliksem, deksel, dufkater etc.); —
40 dl schal de hamer halen ; — dat di de ha-
mer bitt ; — för den hamer nog mal , wat
schal de dönnerskräai beten? — Bäihsel:
achter min fad^rs kamer, dar hangd 'n blan-
ken hamer (Eiszapfen, [isjökelj), de dar god
45 mit timmern kan, dat is en künstelk man.
— ■ Afries. hamer, homer, wfries. (Jap ix)
hammir; satl. hamer; wang. (Ehrentraut),
I, 373) liummer ; nid., nd. hamer; as. ha-
mur; ags. hamor, hamer, homer; ahd. ha-
50 mar, hamer; mhd. hamer (mallens); an. ha-
marr; isl. hamar (mallens, tudes ; saxnm, ru-
pes, rnpinae). Da die ersten u. ursprüng-
lichsten Hämmer bekanntlich rohe Steine
od. bearbeitete kleinere Eclsstücke waren,
55 die entweder ohne, od. auch mit daran be-
festigten Stielen als Schlagwerkzeuge u.
Waffe gebraucht wurden u. hamarr ja auch
im an. die Bedtg. saxum etc. hat, so wird
vielseitig das Wort hamar fl'/iewia hamara)
60 mit kslav. kamen; Ut.akmu; lett. akmina;
HAMERN
25
HAMPE HAMP
skr. a^man; zend. atman od. agma; apers.
a(jmau; afgh. ^amä etc. verglichen u. davon
abgeleitet, da dieses Wort auch ansclicinend
tirspr. die Bedtg.: Stein od. Fels hatte
u. sich hiera us (cf. Grass m a n n, J ust i,
Benfei/ etc. etc.) auch die BedUjn.: Ham-
mer, Donnerkeil , Himmel etc. entivickelten,
wie denn auch Fick das goth. liimins (Him-
mel, cf. hemmel) daza vergleicht, jedoch nicht
damit identificirt. Da nun aber dieses skr.,
send, a^man von der y a^ = idg. ak od. ak
(beivegen, od. ire, se movere, hs. sich bewe-
gen vor, dringen vor, dringen ein, dringen
durch; erreichen, erlangen etc.) durch das
Suffix man, ma tveitergebildet ist, tvovon
auch lat. acuo, aciis etc. u. unser agge, egge
etc. stammt u. demnach agman urspr. tvohl
ein mit scharfen Kanten u. Spitzen
versehenes Elioas bedeutet hat, so Hesse sich
germ. haraara allerdings begrifflich wohl da-
von ableiten, zcährend die Form insofern
Scliioierigkeiten macht, als liamara doch je-
denfalls durch das Suffix ara von einer
germ. y ham weitergebildet ist, die aus ag-
man od. kanian nur durch Verstümmelung,
bz. Abwerfung der Endbuchstaben an hätte
entstehen können, ivoran doch gewiss nicht
zu denken ist, da germ. hamara, loenn nicht
älter, so doch ganz zweifellos ebenso alt u.
urspr. ist, ivie skr. agman u. das später
daraus versetzte jüngere kaman. Wenn nun
aber dieserhalb Fick (111, 64) germ. lia-
mara anscheinend zur germ. y liam (wöl-
ben, krümmen, umhüllen etc., s. unter 1 u.
2 liam) stellt, so würde es doch Bedenken
haben, um hamara davon abzuleiten , tceil die
dafür nachzmveisenden Bedtgn. dieses Wor-
tes: malleus od. saxum, rupes etc. doch
schlecht zu den obigen Bedtgn. dieser y
stimmen. Meiner Ansicht nach scheint es
daher auch richtiger zu sein , bei diesem
Worte von einer Vergleichung mit skr. u.
zend. Wörtern ganz abzusehen u. dafür lie-
ber eine germ. y ham etwa mit der Bedtg. :
reissen, spalten, bersten etc. aufzustellen (cf.
rupes u. rumpo etc. von y rup, rump u. s.
unter 1 ham erstens das wegen einer allge-
meinen germ. y ham Gesagte u. zweitens
weiterhin die Vergleichung der y lubh zu
rap, rup, wobei man auch annehmen kann,
dass sich aus reissen einerseits die Bedtg.:
raffen, rauhen, nehmen , ergreifen etc. u.
andererseits die von : spalten, brechen etc.
entwickelte) u. dass dann die Bedtg.: reis-
sen, bersten etc. toeiter in die von: bre-
chen, biegen, beugen, krümmen etc. über-
ging, die ivenigstens für 1 bis 7 ham zum
Theil zu Grunde zu legen ist.
hamern , hämmern, klopfen etc. ; he ha-
merd d'r up, dat 't so 'n ärd hed; — he
hamerd dat wer toregt od. lik, fast etc.; —
dat liamerd mi in de kop etc. AucJt subst.
(das) Häinmern, Klopfen etc.
liaiiimer-slag, Hammerschlag ; a) Schlag
5 mit einem Hammer; — b) der Abfall od.
die kleinen Fisensplitter, welche beim Schmie-
den od. Hämmern des glühenden Eisens da-
von abspringen.
liam-fak, abgekleideter Baum unter u. an
10 dem überhängenden Strohdach (s. 5 ham),
worin man diverse Sachen stellt. — Wang.
(Ehrentraut, I, 372) honfäk (eine Ver-
längerung des Daches, ivelche gewöhnlich
eine kleine Scheune bildet.
15 Hamke, ml. u. lobl. Name. Wohl Kose-
form (aus Hamiko ?) von älterm Hämo (cf.
För Stern an n unter Ham), loovon auch
der Geschlechtsname Ham in g Ider noch
vorkommt.
20 hamiueii, hacken, hauen, beissen etc.; h6
hammd d'r dügtig in ; — he hammd d'r 'n
dügtig stük üt. Vergl. Sthg. u. Weiland^
unter hamme, ham u. Adeltmg unter
Ha)nmel, loonach dieses Vbm. icohl ein ahd.
25 hamjan (verstümmeln, verschneiden od. schnei-
den, castriren) od. hauen, schlagen, klopfen
(cf. klaphiugst) voraussetzt, obschon man bei
ham (Biss etc., s. 1 ham) auch annehmen
kann, dass früher eine allgemeine germ. y
30 ham e.vistirte, loelche mit y han (schlagen
etc., cf. bei Grassmann die y han u.
dazu skr. hrd, härdi (Herz = hart als klop-
f e n d e s, j) u Isir endes Etwas) von Hause
aus identisch war. Vergl. auch bei Grass-
35 m a n n das ved. hanman (Hieb , Schlag,
Sioss etc.), was durch Assimilation jeden-
falls leicht zu hamman u. gekürzt hamma,
hamm (Schlag etc.) werden konnte u. wo-
von, sich denn auch leicht ivieder ein Vbm.
40 hammen, hammöu mit der Bedtg. : schlagen,
stossen etc. bilden konnte.
hammerk, s. ham-rik.
lianip, .<. hiinp-hamp.
liauipe, hamj), Stück, Brocken, Schnitt
45 etc.; he snwU hum d'r 'n dügtigen hampe
of; — 'n goden hamp bröd. — Ob mit
humpe (dasselbe) von einem Vbm,. himpan
(schneiden), was in ähnlicher Weise mit gcth.
liamfs (verstümvielt) zusammenJiängen könnte,
50 wie liammen mit ahd. ham (verstümmelt) ?
Oder steht hampe für hamme, sodass es mit
1 ham von Hause aus eins ist? — Wenn
das goth. hamfs urspr. wie ahd. ham die
Bedtg. : verkrüppelt , gekrümmt, krumm (u.
55 so auch: lahm, gebrechlich etc.) hatte, so
könnte es mit himp-hampen, hampeln, hum-
peln etc. tc. griech. kämpe, kämptö etc. u.
skr. kapanä (Raupe, Wurm, cüs die sich
biegende u. krümmende, bz. die sich hin ii.
60 her bewegende, windende) wohl zur y kamp,
HAMPEL 26 HAMRIK HAMMRIK
kap gehören, welche itrspr. (s. unter liam- ah wie grieeh. kampe (Raupe), kämptö (sich
pel) wohl die Bcdtg.: se movere hatte v. krümmen etc.) auf die daraus abgeleitete
daraus auch die von : sich hin n. her he- von : sich biegen, icindcn, krüminot etc., die
wegen (schicingen , sclilagcn etc.), winden, icohl Jedenfalls auch dem goth. hamfs (s.
cappeln etc. entwickelte. Oder siud liampe, 5 unter hanipe) zu Grunde liegt, wie desgl.
luinipe mit grieeh. köptö, kophös etc. u. lat. auch nnserm himp-liarapen n. humpeln,
cäpo etc. verwandt':' liumpen, s. liimp-liampen.
Iiampel in gehampcl, Gezappel, frequen- liamrik, hannnrik. haranierik, hanimerk,
latives Beioegen von Händen u. Füssen, Hammrich , d. h. eine ausgestreckte Fläche
vergebliches od. kindisches Bemühen, nm 10 zusammenhängenden niedrigen Wiesenlan-
Ftwas zu ergreifen u. zu erlangen, icie dies des, welches an der einen Seite von der
z. B. kleine Kinder thun, loenn sie mit den Geest u. an der andern von der Marsch,
Händchen greifend wonach tasten , um es od. richtiger von dem angeschicemmten hö-
ZH fassen, icobei sie zugleich meistens auch heren Kleiboden begrenzt i.'it u. früher aus-
mit den Beinchen zappeln; dat gehampel 15 schliesslich zum Beweisen, bz. als Meed-
helpt (ll je (log nt"'t, du kanst 't je dog not land gebraucht wurde, icährend in letzter
kngen. — Wohl mit skr. capalä (tremens, Zeit, in Folge besserer Äbivässerung, ein-
vacillans; vagus, mobilis etc.) zur ]/ cap, zeln auch Getreidehau in diesen Land-
camp, bz. kap, kamp (se movere, vacillare, strichen stattfindet.
tremere etc., bz. vibriren, unduliren, auf u. 20 3Ian findet dieser sog. „Hammeriche",
nieder gehen etc., cf. himphampen etc.). od. ausgedehnten u. zusammenhängenden
hampel-man, Hampelmann, Zappelmann, Wiesenflächen in Ostfriesland sehr viele ii.
Gliederpuppe mit einem Drath, womit man sind die meisten nach den Dorf cm, in de-
Arme u. Beine /inzieht u. hebt, bz. sie auf ren Nähe sie liegen, benannt (wie z. B.
u. niedergehen Insst. 25 Bunder-, Stapclmoor er - , Wester-
hampeln, a) greifend hin u. her od. um- ender- etc. etc. Hammrich), ivährend
herfahren u. wonach haschen, indem man wieder andere blos nach der Himmelsgegend
mit den Händen tastend in der Luft um- (z. B. Süd er-. Oster - Hammr ich etc.)
herfährt; he hampeld d'r na; — he ham- bezeichnet werden u. viele auch ohne jede
peld mit de banden herum; — b) strampeln 30 weitere Bezeichnung blos „Hammr ich"
mit den Füssen, sich sträuben etc. = spar- od. hammerk heissen, wie z. B. die Hamm-
teln ; he hampeld d'r al tegen an. — Wohl rieh auf Juist, bz. die zum Weiden be-
zu hampel. rf. auch ampeln, ,<(owie bei nutzte Niederung zwischen dem östl. Haupt-
Schm. (bai/r. Wb., II, 221) happen, liap- theil der Insel u. der sog. Bille. — Dass
peln, wobei er auch auf hoppen, hoppeln 35 icir nun aber unter diesem Worte eine ganz
(sich auf u. nieder bewegen etc., cf. hup- charakteristische Gegend (die von Gräben
peln etc. u. unter hampel ivegen der y kap, durchschnittenen Hammriehe sind im Win-
kamp, sich auf u. nieder bewegen etc.) ver- ter meistens inuttdirt, fast gänzlich baum-
v:eist, wonach happeln auch wohl mit ham- los u. spärlich bewohnt, weil nur auf den
peln so ziemlich gleichbedeutend ist, zumal 40 einzelnen kleinen Anhöhen sich hin u. wie-
wenn man zu happelig u. happeler loieder der Bewohner ansiedeln konnten, die hattpt-
das he.'is. (Vilmar) 2 hampel (Ungeschick- sächlich Vieh:ucht treiben) verstehen, geht
ter Mensch, Einfaltspinsel), 2 hampelig ('w?i- auch schon daraus hervor, da.ss wir von
anstellig etc.) ver^jleicht, ico hampel aller- Hammr ichsleuten (cf. hamriks-löe) od.
dings mit bayr. haimpel etc. (Einfaltspinsel) 45 Beicohner der Hammriehe im Gegensatze zu
identisch ist u. wobei man auch wieder an den Bewohnern der Marsch u. Geest etc.
unser himp-hamp, himp-hampon u. humpeln sprechen u. darunter eben die zerstreut icoh-
= bayr. humpen erinnert wird, wie ja himp- nenden Landleute aus den Hammrichen
hampen ausser hinken u. gebrechlich verstehen, die wegen ihrer einsiedlerischen
gehen auch noch: von Geschäften, die 50 «. abgeschlossenen Lebensioeise auch ihrem
schlecht gehen u. stümperhaft betrieben wer- ganzen We.sen u. Charakter nach sich sehr
den (Pfuscharbeit liefern) gebraucht ivird. von den .sonstigen Landbeivohtiern untcr-
Auch nhd. (Grimm, Wb., IV, 322) ham- scheiden.
peln (zappelnd u. ungeschickt steh mit den Was nun aber die Zusammensetzung u.
Fi'issen beicegen) ist mit himp-hampen u. 55 Bedeutung dieses Wortes (KU. identificirt
humpeln, bz. engl, himple (lahm gehen etc.) hammerick mit hamme, ham [pratum , pa-
ete. connex, toonach denn auch unser ham- scuum], während v. Richthof en das afries.
ppln hiemit zusammenhängen kann, obgleich hamreke, homrike, himrik, hammerk, ham-
ich glaube, dass harapel eher auf die Be- merke, hemmertse, hemmerik, liimmerik mit
dtg.: vacillare dery kap, V&m^ zurückgeht, 60 Heim-Mark, Dorf -Mark übersetzt u.
HAMRIK HAMMRIK 27 HAMSTER
diesen) dann Stürcnburg, Seh. u. L. von seihst daraus erldärt n. cryleht, weil wir
ti. Andere darin folgen) betrifft, so halte die Endungen rik )i. lik, od. rieh, lieh im
ich die urkundlich belegte (s. bei v. Rieht- gewöhnlichen Leben stets zu erk u. elk um-
hofen) Form hammerike für ein Convpos. setzen, hz. als erk «. elk aussprechet!, toie
von hararae (paseuum, pratum, (/. 2 harn) u. 5 dies aus Auerk (Aurich), Hinnerk (Hinrich
afries. rike, rik (reich, viel enthüllend od. = Heinrich), Folerk (Fölrich) ete., — lefelk
in sich befassend u. habend, gross etc. od. (lieblich), rädelk fredlich) u. hnnderten von
rike, rik (Reich, Land etc., cf. z. B. erd- andern Beispielen sich ergiebt.
rik, Erdreich, Erdboden, Erde, Grund u. hamriks-land, hammerksland, haramers-
Boden in seiner Gesammtheit od. ganzen 10 land, Wiesen- od. Weide-Land, al>i Gegen-
Erstreckung etc.), sodass dann hammerike satz zu bö-, klei-, gast (Geest)- etc. land ;
entiveder eine Fläche od. Strecke bezeichnet, dat hammerksland kan man allenfalls nog wol
die viele hiimmen (Wiesen u. Weiden) in to de haferbö brüken, manum d'r weite iin an-
sich befasst, bz. reich an Wiesen etc. ist, dere Winterfrüchten up to ferböen, dat förderd
od. wörtl. soviel wie: Wiesen- u. Weiden- 15 (erfordert) dWwQgi (kögen harfst un wintcr.
Reich, -Land, -Gegend, -Erstreckung od. hamriks-Iue, hammerkslue, Leute, die in
-Ort heisst, wie ja anscheinend das Wort der Hamrich (s. hamrik) wohnen u. deshalb
riebe (cf. F ör sie mann) auch als En- sehr abgeschlossen leben, wodurch sie sich
düng von Ortsnamen in der Bedtg. : Ort, demi auch selbstredend von den Bewohnern
Gegend od. Strich, Landstrich etc. gebraucht 20 der Geest u. der Marsch in ihrem ganzen
wurde u. wahrscheinl. in dieser Bedtg. auch Wesen bedeutend tmter scheiden.
in Aur i c h (cf. Auerk = alt Awrik) ,steckt. hamster, Hamster (mus crieetus) ; de dü-
Als Gründe, die für meine Annahme u. ge- fels hamsters nüsseln (nisten) dar achter
gen die Deutung dieses Wortes durch v. _ min tun in de grund un fräten mi de wur-
Richthofen sprechen, führe ich an: 25 tels fan de lütje bömen in de bomschöl an.
1) dass, nach der hier ganz allgemein Mnld. (KU.) hamester, hamster; nid. ham-
gängigen hochd. Form Hammrich, wir ster ; anfZ. hamstra; a/irf. hamastro, hamistro,
die ostfries. Form hammrik od. urspr. liam- hamstro. Die ältesten schriftlichen Quellen
merike für die richtige ansehen u. dass hier bezeichnen mit diesem Namen den Korn-
keiner dabei an eine Zusammensetzung von 30 wurm (curculio). Die Bedtg. ist vielleicht
hamm mit nhd. Mark in der Bedtg. Be- Nagerin od. Schädigerin, da clie Endung
zirk od. umgrenztes zu einem bestimm- star, stra (cf. ster in süster, wäfster, ledster
ten Dorfe etc. gehörendes Land (wie in etc.) wohl mit Grund annehmen lässt, dass
Dorf-, Feldmark) etc. denkt u. sowohl das dieses Wort urspr. weiblichen Geschlechts
Wort Mark in dieser Bedtg., als auch die 35 roar u. auch die Kornwürmer nagende Thiere
Compos.: Dorf- u. Feldmark weder fr ü- sind. Möglicherweise kann indessen hama-
her noch später je in echt fries. Landen stro urspr. auch als Kornwurm (od.
gebraucht ist, od. in fries. Schriftstücken Wurm überhaupt) ein sich krinnmendes,
vorkommt; biegendes u. windendes Thier bezeichnet ha-
2) dass diese Hammriche genannten 40 ben u. dann später, weil die mus crieetus
niedrigeyi Wiesenflächen, soiveit sie in der gleichfalls ein Feind u. Schädiger des Korns
Nähe von Dörfern liegen wohl darnach ist, der Name hamaiStro auch auf diese über-
benannt sind, um sie von andern Hamm- gegangen sein. Für die Bedtg.: Thier was
riehen zu unterscheiden; indessen nir- schadet ti. ruinirt etc. od. Thier loas sich
gends die ganze Feldmark od. Gemarkung 45 krümmt etc. würde tcohl in beiden Fällen
derselben bezeichnen u. alle sonstigen zu den ein Zusammenhang mit ahd. ham, ver-
betr. Dörfern gehörenden Felder, soweit sie stumm elt, verkrüppelt od. urspr.
höher liegen u. eigentliches Ackerland sind, krumm (cf. 1 ham, soioie 4 ham) anzu-
nicht darin mit einbegriffen sind, wie denn nehmen sein, während es andererseits auch
auch KU, ebenso wie ioir, unter hsi.mmenck 50 möglich ist, dass dieses Wort wegen der
nur Wiesen- od. Weideland (cf. hammerks- auch vorkommenden Form hampster entwe-
land) versteht; der direct mit goth. hamfs (verstümmelt etc.)
3) dass ham in afries. hamreke etc. ganz od. tvie das griech. kämpe (Spannraupe
gewiss (nach mnld. hamm, ham [s. unter 2 ete.) u. kämpe (Krümmung etc.) mit der }/
ham] zu schliessen) nicht dasselbe Wort ist, 55 kap, kamp (s. unter hampe) zusammenhängt,
wie nhd. Heim, sondern wie afries. ham, Eine Entlehnung aus kslav. chomestar (ani-
als Eingefriedigtes etc. ; mal quoddam) blos der Formähnlichkeit wegen
4) dass die für h?immr1k im gewöhnlichen anzunehmen, scheint doch kaum zulässig.
Lehen g ehr axichte Form hammerk (hz. afries. Vergl. bei Fick, II, 52 unter kam (krüm-
hammerk, hamraerke aus hamme-rike) sich 60 men, wölben) auch lit. kamsz (einstecken),
HAMU
28
HAN
kamsza (Behälter) , ob damit vielleicht das
von ihm hamas-tro gefheilte deutsche ham-
ster conue.r ist, weil dieses Thier Baclcn-
taschen hat, tcoriu es Getn-idc steckt, um
es in seine Winter-Vorrathsknmmern od.
Gewölbe zu bringen tt. darin auf,: idi eben'::'
hamü, lautnachahmendes Wort zur Be-
zeichnung des Geschreies der Kühe u. Kid-
ber, wie nhd. cf. niü etc.
1. hfin, Plur. hanen: a) Hahn, Männchen
der Hennen u. sonstigen Vögel; Dimin.
häntje, Plur. liantjes. Redensart, u. Sprichw.:
de rode liän (das Feuer) ; daher die Dro-
hung: ik sett dl de rode hän up 't dak; —
he krükeld tod. strüfd) sük as 'n hfin; —
he is so 'n regt häiitje (eitler, eingebildeter,
prahlerischer, vorlauter Mensch) ; — wen do
hän up sin egen mesfolt steid, hed hö 't
grötste regt, od. auch: elkor h&ii is koniuk
up sin egen mesfolt; — sin hän is konink;
— dar kreit gin henn of luin na ; — war
'u goden lum, let de henn dat kreien ; —
rik seien ; arm meien ; dat land liörd de hän
uet kreien; — he flügt herum as 'n hän
Sünder kop; — he legd krumme eier as 'n
hän; — b) männl. Glied, peuis, auch pit-
hÜQ u. krülhän etc. genannt; — c) geboge-
nes u. verschliessbares Zapfrohr. — Nd.,
nid. haan ; }n>dd. haen ; ))ind. hane; afries.
hona; icfrics. hone; nfrics. lion ; wang.
(Ehr e ntra ut, 1, 373) huune; ags. hana;
an. hani; ahd. liano; )«/t(/. hane, han; goth.
liaua. Das ahd. hana u. liuon (Hahn)
setzen fast mit Gewissheit ein verlornes
Vbm. hauan, huon etc. mit der Bedtg. : krä-
hen, schreien, singen etc. voraus, was mit
lat. cano, cecini, cantum, canere (singen od.
Ton machen, Ton hören lassen etc.) ; griech.
kanäzö n. kanacheö (rauschen, schallen, tö-
nen, Geräusch u. Getöse machen etc.) ; Ut.
kanklas (Zither); skr. kan , kanati, — can,
canati, — kvan, kvanati (sonare) zu einer
idg. Schall nachahmenden y kan, die tcahr-
schcinl. aus der Bedtg. : tönen, rauschen,
singen od. prasseln, knistern etc. (cf. sen-
gen aus singen) auch die Bedtg.: bren-
nen, flammen, glänzen etc., — jubeln, sich
freuen, fröhlich sein etc., — seine Stimme
erheben zu Jemandem, Jemanden ansprecJien
um Etwas, bitten, fragen, begehren, gierig
V. verlangend sein (nach Etwas) etc. ent-
wickelte, icie Ja diese u. ähnliche Bedtgn.
sich in der .skr. u. zend. ]/ kan Jinden.
2. hän od. hane, auchhant, Schilf, Schilf-
rohr; de ganse depskant steid l'ul hän od.
hänt. cf. hanc-bolten. Dieses ■'<onst anschei-
nend U)d)ekannte Wort, wovon das kehdin-
gerlandsche lieenk (eine Art Schilf, cf. Br.
Wb., 2. Nachtrag, pag. 106), bz. nd.
(Schütze) liänk od. hänke (eine Art gro-
ben Grases, woraus die stroteemen od. Stroh-
taue gemacht werden) möglicherweise ein
Dimin. u. womit das nd. (Br. Wb., 623)
liennie (eine Art schmalen Schilfes) wohl
5 identisch ist, ist offenbar mit lat. canna
(Rohr, Schilf) u. griech. känna (Bohr) der-
selben y entsj^rossen u. könnte, sofern meine
Vermuthung richtig ist, dass das goth. raus
(Ixohr, Schilf) einem mit unserm rusen
10 iilen tischen Vbm. riusan, raus (rauschen)
entstammt u. als das Bau seh ende (weil
es im Winde rauscht u. säu.selt, od. ivenn
vom Winde bewegt, ein säuselndes Ge-
räusch macht) aufgefasst wurde, dann
15 ebenso wie 1 hän zur y kan (sonare) ge-
Jiören. Da nun aber die Wörter halm (ca-
lainns) u. hehn (arundo arenaria) aucJi mög-
licherweise zur y kal (sonare, s. unter 1
lialm) gehören u. skr. kanabha (eine Art
20 Fliege) wohl auch wegen ihres Singoi^
od. S u m m e n s (ccrgl. Br e m e, Br am e
od. Bremse von brimman [brummen, sum-
sen], Hummel von hummen [sumsen]
etc.) der y kan (sonare. s. unter 1 hän) zu-
25 gelegt loerden muss, so loäre es auch denk-
bar, dass .'sowohl skr. kanapa, eine Art
Lanze, Spiess od. Speer, bz. eine Stange
(sei es, dass dies urspr. ein Bambus- od.
ein anderes Rohr, mit einer daran befestig-
30 ten Spitze, loar [cf. auch griech. kanön,
Stange, wovon Kanon, kanonisch etc., als
wahrschei)d. mit känna verwandt, sowie
aucJi, känabos od. käunabos, Stange od. Stock,
um ivelchen die Künstler eine Figur in T'hon
35 od. Wachs modellirtcn — ■ u. ferner zu der
y kan, rauschen etc. auch kanäzö, rauschen,
Geräusch machen etc.], od. dass diese wohl
als Wurfwaffc gebrauchte Lanze ihren Na-
men daher hat, xveil sie sowohl beim vorab-
40 gehenden Schwingen um das Haupt, als
auch beim .'schnellen Fliegen durch die Luft,
ebenso tvie die kanabha genannte Fliege,
ein .mausendes u. schwirrendes Geräusch
machte), als auch lat. cannabis, griech. kän-
45 nabis (cf. liemp) derselben ]/ angehört, sei
es, dass man dieses G-ewächs deshalb so be-
nennt, weil es ebenso wie scJiilf- u. rohrar-
tige Gewächse im Winde rauscht u. säuselt,
od. dass man es tvegen seiner groben ».
50 liohlen Stengel überhaupt als ein rohrartiges
Gewächs auffasste u. so kännabis von dem
Stamm Icänna weiter bildete, mit ivelchem die-
ses Wort doch jedenfalls formell zusammoi-
hängen muss u. wovon es lautlieh gar nicht
55 zu trennen ist.
Wegen der Möglichkeit der Ableitung von
kan (rauxchen. tönen, singen) vergl. auch
unser pipe (Rohr, Röhre ; Pfeife) von pipen,
bz. einer redupUcirten y pi als Onomatopöie
üO des damit bezeichneten Lautes.
ÖAN-BALK
29
HAND HANT
häu-balk, s. hauebalke.
liun-bolte, *■. hanebolto.
hand, baut (Piur. banden, hanneu), a) Hand.
Redensart, u. SpricJav. : bi df; liand wesen,
parat, anwesend, anfgeslanden sein etc.;
— bi de band hebben, bei der Hand zu
fassen haben, — zur Hand od. parut ha-
ben etc.; — to hand, zur Hand, nach der
Hand hin, handgerecht, bequem etc. ; 't ligd
mi net to liand ; — to hauds ptird, das zur
Linken gehende Pferd, bz. das Pferd, locl-
ches Eitlem zur linken Hand geht, so ge-
nannt, weil die linke Hand den Zügel hält
u. deshalb das links gehende Pferd dieser
Hand am nächsten geht, weshalb denn auch
fau hand u. fau hands ptiid den Gegensatz
von to hand u. to hauds perd ist u. auch
oft das links gehende Pferd einfacJi, de to-
hand u. das rechts gehende de fauhand ge-
nannt wird; — de töe hand, die zue od.
geschlossene Hand; — liand to ! Hand zu!
— 't ligd för de hand, es liegt vor der Hand,
bz. es ist greif- , fass- u. sichtbar od. klar
u. selbstverständlich; — för de liand weg,
vor der Hand iveg , od. der Reihenfolge
nach; — wat under d' banden wesen od.
hebben, in Arbeit sein od. haben; — wat
um d' hand hebben, od. wat um d' banden
hebben ; — a) Etwas mn die Hand (od.
Hände) haben, — b) sielt mit Etwas be-
fassen u. beschäftigen ; — nu up hand (Jetzt
nach gerade) könen wi sen, dat 't förgels
geid ; — dat ligd up de hand, das liegt auf
der Hand, bz. das ist sichtbar, klar u.
selbstverständlich; — in od. üt de band fal-
len, mehr- od. iveniger sein als man erioar-
tet, — dem Erwarten wohl od. nicht ent-
sprechen; — wat in de hand gäfen, a) Je-
mandem Etwas in die Hand geben; — b)
Jemandem beim Wiederverkauf Etwas zu-
geben auf den Preis, wofür er es erstand
— ihm dabei einen Profit geivähren; —
dar is fnl mit in de hand to nemen, da ist
viel mit zu thun u, zu besorgen etc. ; — 'n
sake in de hand nemen , eine Sache in die
Hand nelimen, um sie zu besorgen u. aus-
zuf echten etc.; — wat achter de hand heb-
ben, etwas in Reserve haben; — to hauden
kamen, icohin gelangen, wo ankommen, sicJi
ein- od. wiederfinden, zum Vorschein kom-
men etc. ; — fan banden kamen , wegkom-
men, verloren gehen etc. ; — hand afer hand,
die eine Hand abwechselnd über die an-
dere; — 'n apen band, eine offene od. milde
Hand; — dat geid göd fan de hand, das
geht gut von der Hand od. gut von Stat-
ten, bz. ohne Stocken u. Aufenthalt ; — fau
de hand in de tand , od. fau de hand in de
mund gän , den täglichen Verdienst sofort
verzehren) — de fiitige od. auch de sünige
(sparsame) hand geid dör 't ganse land; —
de stadige band wind ; — dat is so gesund
as 'n hand ful schoaagels ; — junge lue
mutten bi de hand wäseu as 'n scböbörssel;
5 — man mut de banden sülfen an de plög
slän, wen 't god fürüt gän schal ; — smit 't
kanntn fan dl uu dö 't mit d' bannen (wirf
das Können von dir, bz. sprich nicht vom
Können, sondern thu es mit den Händen);
10 — spej' in d' hand un wer dt; — föle ban-
den maken .'igt wark; — man kan gen isder
mit banden bräken; — mit banden uu tan-
den fastholden ; —
1)) Handschrift, Namoisunterschrift ; he
15 Schrift 'u goden band; — sett' din hand
d'r äfen under; —
c) im Compos. allerhand lebt auch noch
die Bedtg. : Art, Sorte etc. des mhd. hant fort.
Nd., lud., mnld. hand ; mnd. hand, handt,
20 hant; afries. hand, hond; wfries.hkwA., hau;
nfries. hond; satl. hand; as. hand; ags. hand,
hond; engl, hand; an. hönd; norw. hand,
aucJt hond ; schwed. hand ; dä7i. haand ; ahd.
hand, hant; mhd. hant; goth. handus. —
25 Es lüird von Schleicher von goth. hin-
than, hanth, hunth (capere) abgeleitet, wo-
nach denn die goth. Form eigentlich han-
thus lauten müsste u. man auch in den an-
dern alten Sprachen ein auslautendes th er-
30 warten könnte. Fick stellt (III, 60 seq.)
für hinthan (erjagen, fangen) eine germ. y
hath (jagen, treiben) = skr. gat, idg. (I,
56) kat auf, die er als eine FoHbildung
von kä (schärfen, wetzen), bz. kan (stechen
35 etc.) ansieht u. tvozu er ausser hinthan
aiicli ags. headhu (Krieg , Kampf) , galt.
catu (Kampf) , skr. gatru (Feind), griech.
kötos (Groll, Zorn), lat. catax u. cateua ver-
gleicht, icährend M. He yne(G r i m m, Wb.
40 IV, 327) hinthan zu skr. c'at (verbergen),
bz. (G rass m a n n) cat (sich verstecken od.
verbergen) stellt.
Dass darnach aber die Etgmologie von
hinthan u. hand (cf. auch H. Leo, 189
45 hand von hindan [capere etc.] u. dies von
skr. y hud, colligere) sowohl, als auch die
der andern obigen Wörter (z. B. die von
lat. catena [was, sofern band die fassende
u. greifende ist u. hinthan urspr. die
50 Bedtg.: greifen, fassen, fangen etc.
hatte, tvohl in der Bedtg. : Fessel etc. damit
ivurzclhaft verwandt -Hein könnte]) sehr un-
sicher ist, muss Jedem eijileuchten u. könnte
man. sogar auf den Einfall kommen, um für
55 hinthan, band, hund u. huuderd (== lat.
centum, skr. (;ata etc.) eine y gat od. kat
mit der Bedtg. : greifen, fassen, halten, fan-
gen, fesseln, binden, festmachen, vereinigen,
zusammenfassen etc. anzusetzen , da es ja
60 sehr leicht möglich ist, dass gata urspr. nur
HAJJD-ARBEID
30
HAND-GEMEN
die Bedtg.: Menge, Viel, Haufe etc. od.
Vereinigtes h. Zusammengevuithtes etc. hatte,
da es doch schwerlich anznnehiitoi ist, dass
das ]Vort rata wirklich aus daran (deccm)
entstand. Zu band u. goth. biuthau etc.
vergl. noclt : afries. hauda, heuda (fangen),
heudt?, heudene iGefängniss) ; ags. heiitan
(capere, iiisequi) ; an. heuda (mauibus jac-
tare, apprebeudere) ; mhd. verbunden (fan-
gen, greifen), sowie ]\'eiteres auch noch
unter huud u. wegen band als Greifer
etc. od. auch vielleicht Halter das aind.
(IS cht e i c h e r, Chrest. , ti4) päni (Hand),
ica^ wohl mit lat. panis zur y pi, pa od.
pä (fassen, greifen, halten, schützen, erhal-
ten, ernähren etc.) gehört. Desgl. vergl.
auch lat. raanus u. ahd. muud (Hand,
Schutz etc., cf. förmuud etc.), welche Wör-
ter auch wohl auf eine y man (greifen,
halten [halten bei sich, behalten, nicht ver-
gessen, sich erinnern etc. , — halten wo,
bleiben ico, sich aufhalten etc., cf. die Wör-
ter unter mau, meu etc.] schützen etc.) zu-
rückgehen.
liaud-arbeid, Handarbeit.
haad-bred, a) handbreit ; 'n baudbred stük;
— b) Handbreite; du must d'r 'n bandbred
fau blifen.
haiid-bredte, Handbreite. — Xld. band-
broedte.
liand-dadig, thätlich, handgreiflich, augen-
scheinlich, icirklich etc.; dat is bauddadig
(thätlich, handgreiflich etc.) de fal ; — be
hed dat bauddadig dän. — Vergl. afries.
hauddedig (hand-thätig) , bz. banddediga
(Thäter); nid. band-dadig (mitschuldig),
bauddadiglitid (Mitschuldigkcit , Complici-
tüt) ; ofries. (0. L. B., pag. '^36) hautda-
dige (der [wirkliche] Thäter, od. der auf
der ITiat Ertappte); mnd. (Seh. u. L.)
bantdadicb, -dedicb (von einem Thäter, be-
sonders der auf der That ertappt ist , bz.
einer That, wobei man ertappt wird, frincher
That) u. nd. (D ahn er t) bauddäder (der
loirkliche Missethüter, od. derjenige welcher
auf der That ertappt wird) etc.
Iiand-dük, liandük, Handtuch, Wischtuch,
Tuch ivomit man sich die Hände wäscht u.
abtrocknet.
haudel, hannel, Handel; dat is 'n siegten
haudel (ein schlechtes Thun) tau bum; —
se bebben liOr baudel (Sache, Streitsache)
mit 'nander fereftent; — se bebben 'n liau-
del (Geschäft etc.) mit 'nauder ofsbiten ; —
se sunt mit 'nander bandelseus worden ; —
be drilt 'n ütgebroid'den bandel; — dar is
ffil bandel un waudel. — Zu baudein (s. d.),
bz. einem mit afries. banda etc. (s. unter
band) identischen ahd. bantou od. baudjan,
mit der Bedtg. manibus tractare, prebendere
etc. , wonach bandel urspr. dasjenige be-
zeichnet, was mit den Händen betrieben
wird, al'io Arbeit, V er r iclitung etc. u.
zwar namentlich eine anhaltende u.
5 dauernde, tcie ja handeln eigentlich
ein Freq. von bantön od. bandjaa ist. Die
verschiedenen Compos. als baudelbar etc.
etc. xcie im Deutschen.
handeln, hannein, handeln, eine Thätig-
10 keit ausüben, thun etc.; he bandeid siegt
tegeu siu olders; — Handel od. Gesc/uifte
treiben etc. ; be handeld na de westiujes
(nach Westindien), bz. mit rogge etc.; —
dingen, feilschen, unterhandeln etc.; dat
15 handeld sük d'r um, ot' ik dün sal of net;
— ik lüt nich mit mi baudein ; — be han-
deld um 'n Örtje; — be bandelde mit bum
afer sin perd etc. — Xld. bandelen ; afries.
baudelja; wfries. bauueljeu, banljen; ags.
20 baudijan ; an. böudla (manu tractare) ; ahd.
bautalöu, bantolon , baudelöu; inhd. hande-
len, handeln (mit der Hand greifen u. fas-
sen, berühren, betasten; behandeln ; bewir-
then; — refl. sich verhalten; verhandeln;
25 handeln, thun, treiben); s. unter baudel.
banden, bannen, (der Hand) pa^vseH u.
gut auskommen, handgerecht sein, bequem
u. geschickt liegen etc.; dat wark bandt mi
net regt; — dat kau bum net bannen (pas-
30 scn) , dat he dat deid ; — dat laud , bz. de
pläts bände (bandedc, bannede) bum siegt
(das Land, bz. der Hof lag ihm unbequem
u. schlecht) , darum bed he d'r 6k fan of-
aen ; — de plog bandt bum göd (der Pflug
35 ist ihm so recht handgerecht u. bequem) ;
— dat perd handt bum net.
hand-ferdi^, heiid-fei-dig, handfertig, fer-
tig u. geschickt mit der Hand, geschickt u.
jjassend für die Hand, nicht zu gross u.
40 schwer etc. ; be is regt baiidt'erdig in sin ar-
beid; — dat is so 'n regten haudferdigen plög;
— he bed dar so 'n möi bandferdig perd.
liand-gau, handschnell, rasch od. schnell
mit der Hand parat, um zu greifen, fas-
45 sen, zuzufassen od. zu arbeiten, daher:
flink, behende, rasch bei der Hand etc.
u. auch : tinverschämt im Zugreifen, gie-
rig, räuberisch, diebisch; he is mi föls
to bandgau, as dat ik mit min arbeid tegeu
50 lium klär worden kan ; — du must net al-
tid so bandgau wesen un altid toerst in de
kumin' Sitten. — Nid. baudgauw.
hand-geld, Handgeld, Geld welches man
Jemandem als Unterpfand in die Hand
55 zahlt, wie z. B. den Dienstboten beim Mie-
then derselben, od. auch sonst , wodurch
denn der Coutrakt als abgeschlossen gilt :
he bed 'n daler baudgeld kregen. cf. haud-
pennink.
60 haud-geuien, handgemein ; sc sunt band-
HAND-GEREGT 31 HAND-TERING HAND-TAERING
gemen mit 'nander worden uu liebbcn sük od. Angeld, s. B. hei Dienstboten zur Be-
dügtig mit 'uander herumhaueu. Siegelung des Dienstvertrages; wen du de
hand-geregt, handgerecht, der Hand recht haiidpennink nameu best, den bist du fast.
«. passlich etc. ; dat ligt mi ntU handgeregt, hauds , handgemäss od. bequem u. ge-
du miist nu dat an de andere sid leggen. 5 schicld für die Hand ; dat is (od. ligd) na
hand-griplik, liandgripelk, handgreiflich, hei net regt hands.
mit der Hand zu greifen, greifbar, offen- haud-säni, für die Hand passend u. be-
bar ; he is handgripelk mit hum worden; — quem, bequem u. leicht zu behandeln u. zu
dat is je handgripelk, dat he dat dän mutt (V/e- gebranchen etc. ; 'n handsäm perd; — 'u
miisst) hed; — dat is 'u handgripelken logen. 10 handsäm stük refe (Geräth, Werkzeug) ; —
liand-hafen, handhaben, mit der Hand handsäm wer (brauchbares, passendes, be-
bewegen u. regieren, gebrauchen, ausüben quemes, gelindes Wetter). — Nid. hand-
ele. ; he wet de pl6g god to bandhafen ; — zaam ; engl, handsome.
he bandhäfd (gebraucht, übt aus, verthei- handsei, hanssei, Handhabe, Handgriff,
digt etc.) sin regt. 15 handske, hanske (Plur. handskes), Hand-
handje, hantje, handke, Händchen; schuh. Compos. finger-, füst - handske.
mantje ! mautje ! war din liantje ; — hold Sprichw. : in de hörn bl 't für sunt de
dm handje üt 't kantje (Kännchen). handskes up 't wärmste; — he is 'u kerel
handje-formeier, ein vorgreifender, vor- as 'n natten handske (er ist ein Wasch-
eiliger Mensch, der überall der Erste im 20 läppen); — unse lefe Herr-Gods hands-
Zugreifen ist (z. B. des Mittags bei Tische kes sliten uoit un kosten hei gen geld. —
gleich zuerst in die Schüssel führt) u. sich Afries. handschoch; nfries. handsche; nd.
voreilig, tmberufen u. unbesonnen in Alles handske, hanske; mnd. bausche, hantske,
hineinmischt; du must net altid de handje- hantschu, bantscho; nid. handschoen ; an.
förmeier wesen, wen 't äten up de disk 25 hginzki; schwed., dän. handske; ahd. hant-
kumd; — he wil aferal uu in alle saken de scuoh, hautscöh, hantscuah ; mhd. haut-
handjeförmeier wesen ; — 't is 'n regten schuoch.
lütjeu handjeförmeier, de aferal beninprotd hand-slag, Handschlag, Schlag in die
un alles bäter weten wil , as ander' lue. Hand, Handschlag als Zeichen fester Ver-
Wahrscheinlich steht handje für bausje, so- 30 Sicherung etc. ; he hed hum sin handslag
dass es wörtl. „Häuschen- Vormäher" he- d'r up gefen, dat 't erlik war is; — wi beb-
deutet. ben dat mit 'u handslag bekrachtigt.
handje-plakke, handje-plak', ein flaches hand-spake, handspak, handspeke, Hand-
dünnes längliches, vorne ovalf&rmiges Brett- Speiche, starker Stock zum Aufwinden des
chen, von der Länge eines gewöhnlichen 35 Schiffsankers, od. auch überhaupt eine
flachen Lineals, welches früher in den Schu- Speiche (cf. spake, speke), die man mit
len als Strafwerkzeug gebraucht wurde u. der Hand führt; he böe (hauete, schlug)
womit der Lehrer den Kindern in die hum mit de baudspäk afer de juken, dat
flache Hand klappste od. plaktjes (Klappse) hum hören un sen fergung.
gab. 40 hand-spör, Handspur; man kan Bin hand-
handig, bannig, a) händig, mit Hand sporeu aferall up sen.
versehen od. Hand habend u. besitzend; hand-stüfer (Handstüber), ein Stüber od.
en-, twehandig; — b) passend, geschickt, kleines Stückchen Geld für die Hand zum
handfertig, behende etc. ; dat land ligd mj täglichen Gebrauch, od. auch : ein kleines
regt handig ; — dat kumd mi fan dage regt 45 Stück Geld od. ein kleines Geldgeschenk,
handig üt ; — dat is 'u hannig äteu ; — he welches man Jemandem in die Hand drückt,
is d'r regt händig bi dön; — dat is 'n ban- tan davon vor der Hand zehren zu kön-
nigen jung' (ein behender, geschickter, brauch- nen ; he hed altid nog so 'n handstüfer agter
barer Junge) ; — he is fSl banniger, as ik de band ; — he hed hum 'n lütjen hand-
dogt harr'. — Nid. handig ; nd. handig, bän- 50 stüfer mit up de reise gefen.
dig ; mnd. handich ; engl, handy ; goth. hau- hand-teken, Handzeichen (Chirographum),
dugs (geschickt, klug etc.) ; an. höndugr (be- eigenhändige Unterschrift, bz. die 3 Kreuze,
hend, geschickt etc.). cf. die Compos. of-, un- die ein Schreibensunkundiger unter ein Do-
handig etc. _ ^ cument setzt, statt deren in früheren Zeiten
handigheid, hannigheid, Behendigkeit, 55 auch die eigene Haus- od. persönliche Marke
Geschicklichkeit etc. ; dat wicht hed fan hau- zu diesem Zwecke verwandt wurde.
digheid hast net hörs glikeu. — Nid. ban- hand-tekning, handteknen, a) Hand-
digheid. cf. goth. handugei (Geschicklich- Zeichnung, Zeichnung aus freier Hand; —
keit, Klugheit). b) i. q. handteken.
hand-pennink , Handpfennig, Handgeld GO liaud-tering, hand-täring, hand-tären,
HAND-WARK
32
HANGEN
(Handzehrung), ein kleines Stück od. Sümm-
chen Geld, icelches man Jemandem gieht,
um davon für eine kurze Weile wehren zu
können: hO hed hiim 'n haücltarcfi mit up
do we^ güfeii , dat he erst ^n bitjed hed,
war he ffin tiireii kan.
Iiantl-wark, Handwerk, Werk od. Ge-
icerbe, Geschäft ttc. icas man m/t der Hand
betnibt: he schal "n handwark leren uu gen
kremer of biir etc. worden. Sprivhw. : „alle
liandwarkeu sunt snierig", siv de snlder, do
smet he 'n stük laken in de hell"; — 'n göd
handwark niird altid slu man ; — dat hand-
wark sükd wol insen, man 't starft net; —
de erst üt 't supen un 't swirn 'n handwark
mäkd, is bold ferlütd ; — twalt' handwarken
(od. ambarhten) un dartein unglükken.
haiul-warker, Handwerker.
hand-warksinan, Handwerksmann, Hand-
werker.
liand-wiser , liand-wisdor, Handweiser,
Wegweiser , Ffahl mit einer ausgestreckten,
die betr. Eicht ung anzeigenden Hand.
hand-wii'St, haiidwri.st, liandwriust, (().
L. li., pag. 756), handriist, Handwirbel ;
s. wirst etc.
hane-balke, hänbalk, hambalk, Huhnen-
halken, bz. der oberste Quer-Balken od. die
Holzstange, ivelcher die beiderseitigen Dach-
sparren mit einander verbindet u. sie stützt,
damit sie nicht durchbiegen können; gode
hänbalken in 't hiis maken 't dak stefig ; —
de balkhase (Katze) spriugd in de haue-
l)alken herum. — Nd. hauebalken ; mnd.
hanenbalke (auch hanebande, hanebende u.
haneuboom) ; nid. hanebalk ; mnld. haen-
balck; dän. hanebjelke; nfries. honcbulk.
Die mnd. u. mnld. Formen sprechen wohl
eher für die allgemein angeiiommene An-
sicht, daxs dieses Wort mit Hahn (gallus)
zusammengesetzt ist (weil die Hähne u.
Hiih)ier sich des Abends darauf setzen),
a Is dafü r (cf. H a li nebalkc n im G r i m m'-
schen Wb., iconach auch die Form Hain-
balken vorkömmt), dass dieses Hahn
wie in Ha h n bliche. Ha h n b ü 1 1 e (bz.
Hainbuche) aus hagen contrahirt tvurde
lt. ursjjr. Busch holz od. kurzes Holz
bedeutete, im Gegensatz zu den langen Daclt,-
sparren, icozu nur gerade u. schon ziemlich
herangewachsene Bäume verwandt werden
können ii. loonach allerdings so)isl die An-
nahme, dass Ha hncbal k e n ursjjr. soviel
V)ic hagene-balken (Buschholz -Balken od.
Buschliolz-Stange) bedeutet habe, sehr viel
für sich hat. Vergl. dicscrhidb auch hage-
büken in der Bedtg. : verkrüppelt, klein,
schwach, halbwüchsig etc. Nach dem schwed.
höns-wagn (Hahnebalken) u. engl, cockloft
(dasselbe) scheint es indessen zweifellos,
dass dieses wohl urspr. nd., fries. Wort mit
hän (gallus) zusammengesetzt ist.
liaiie-bolten, hauboiton, hainbolten, dir
essbaroi Kalben (bolteu) des an den Seiten
5 (7er Teiche wachsenden Schilfs od. hau (s.
2 hän). — Hdlp., frics. hacmbollen.
haiu'-löt, lianfüt, hanepöt, haiipöt, Hali-
nenfuss ; a) der Fuss des Hahns; — bj
Ackerspörgel ; — c) Baiiunkel, besonders
10 der Gifthahnenfuss, auch düfelsbit genannt ;
— d) der hah)ienfussförmige Fisenbeschlug
auf einer Schuppe, wodurch das Blatt der-
selben an dem Stiel befestigt ivird; — e)
(fig.) ein sich .spreizender, eitler, stolzer
15 j\Iensch; 't is 'n regten liäupot l'an 'n kerel.
liaiie-kam, haiienkani, häiikain, Hahnen-
kamm; a) Kamm des Hahns; — b) Xaiiir
mehrerer Pflanzen , wie z. B. von rhinan-
thus erista galli, od. Läusekraut, des Sumpf-
20 läusekrauts (pedicnlaris pal.), welches Letz-
tere liier auch hanekop heissf.
liaii^". hank, Hang, Neigung etc.; hang
to 't supen ; s. hangen.
liangel-böue, Dimin. bangelbontje, ein
25 kleiner Boden od. hölzerner Verschlag (s.
bön), der tinter den Hauptbalken ange-
bracht u. an diesen mittelst der Seitenwände
befestigt ist, sodass er a)i den Balken hängt;
du must mi de trap-ledder llfen bi 't hangel-
30 böntje setten, ik wul d'r wat appi'ls upbren-
gen. — Mnd. (Seh. u. L.) liangelbone.
haugel-boi'd, ein an dem Boden hängen-
des Bord.
bangel-pereii, eine grosse längliche Birne
35 mit langem Stiel.
hangel-schap, ein hängender Schrank.
hangel-slöt, ein Vorhängeschloss.
liangen (hung, hangen), hange)i, hängen;
hang 't up de spiker, od. an de balke; —
40 he hung de mantel an de spiker; — de
mantel hangd au de spiker ; — he bangd
au de galge ; — de sterens hangen an de f
hemrael ; — dat hangd in de lücht ; — dat
hangd in d' wind to drögon ; — he hangd
45 tüskeu beiden (er hängt zwischen Beiden
in, (fig.) er sclnoankt zwischen Beiden); —
dat kled hangd bit up de grund ; — dat
hangd in de höchte; — dat hang hendäl;
— he is ferördeld um to hangen ; — de
50 böm hangd t'ul appels; — he is hangen
(gehangen od. erhenkt); — he mut hangen,
dat he swart word ; — de böm (de mür,
dat hüs etc.) hangd na 't westen ; — de ap-
pels hangen an 'nander (sind gegenseitig mit
55 einander verbunden, od. auch: hängen diclit
zusam)n6n) ; — all' wat smerig is. hangd (klebt)
an ; — de klci hangd en an de toten ; —
dat hangd d'r an fast; — all' wat hangd,
Sit fast ; — hang' (od. liäk') di mau in ; —
60 he hangd (stützt sich, lehnt sich) up mi ; —
HANGEN äs HANK
dat hangd an bSu uu balken fast; — he Ziveifelhaft ist die Ableitung von rank
Langd mit lif un sei an sin frö un kinder; (schivanken etc.) wohl jedeitfalls , zumal
— de beiden hangen an 'uander as klad- wenn man sich vergef/enunirligt, dass hahan
den ; — he hed sük an de klatte fan hOr in der Bedt(j. : aufhünr/en, hängen machen
hangen; — he hangd (verlangt) na de bn'id, 5 etc. zuerst stets ein Greifen u. Fassen
bz. na hüs; — he liangd d'r na, dat he dat etc., sodann ein Heben od. in die Höhe
in besitkrigt; — dat geid tüsken hangen machen u. drittens ein Befestigen od.
un würgen; — de kop od. oren hangen la- Festmachen an Etwas voraussetzt u. die
ten (traurig sein); — de iTp hangen laten Bedtg.: baumeln, bz. hin u. Jier bewe-
(maulen) ; — he hangd de oren od. de kop 10 gen, schioanlcen etc. jedenfalls nur eine
(er neigt den Kopf, [flg.] er ist niedergc- nebensäcldiclie n. in der Regel gar nicht in
schlagen); — he lett de togels hangen (er Hängen liegende ist. Hass man ülji'igens
lässt die Zügel hängen, od. niederhangen, bei hahan (hängen, aufhängen etc.), bz.
baumeln, schlaff hängen etc. , bz. lässt den hangjan (hängen, henken etc.) auch anneh-
Pferden freien Lauf); — Sprichio.: de 't 15 mcn kann, dass im Thema od. der y hah,
bred hed, lett 't bred hangen; — de 't han- hag, hang urspr. Mos die Bedtg. des Bin-
gen wand (geivöhnt) is, kelld de hals uet dens, od. Festmachens (ivoran) lag,
mer ; — de d'r hangen schal , fersupt (er- ist wohl zweifellos u. ist es deshalb sehr gut
trinkt) net, od. de to 't hangen geboren is, denkbar, dass hahan od. hangan von der ]/
dürd drist in 't water springen. — cf. die 20 kak = skr. kac, kanc (binden, fest machen,
Compos. : an-, afer-, bc-, fer-, för-, in-, na-, Strick, um den Hcüs legen u. an einen Ha-
of-, to-, um-hangen. — Nd., nid. hangen ; ken, Baum od. Galgen befestigen) abstammt,
mnd. hangen u. (contrah.) hän ; mnld. hau- zumal da deren Bedtg. : splendere, lucere
ghen; afries. hüa «*. hangia, hingia ; wfries. auch darauf hinzuweisen scheint, dass sie
hingjen; nfries. hangen, hingen; satl. (Eh- 25 urspr. die Bedtg.: greifen, fassen, halten,
ren traut, fries. Archiv, II, ^OTjhongje; heben etc. hatte u. dass sich hieraus einer-
as. hahan (nur im Partie. Präter. bi-han- seits aus fassen (Haft machen, bz.hafteti,
gan, behangen, behängt); ags. hon, d. i. hän kleben etc., cf. haerere, adhaerere etc.) die Be-
aus hahan (suspendere, aufhängen, hängen dtg.: festhalten ti. festmachen, fes-
machen) u. hangjan (pendere, dependere) ; 30 sein, binden etc. u. andererseits (cf. ri-
engl. to hang (hängen) u. to hang (Jian- sen ^^ heben u. = aufgehen) auch die Bedtg. :
gen); an. hanga (hangen) u. hengja (hän- sich heben, aufgehen, scheinen, leuchten etc.
gen, aufhängen) ; norw. hanga u. hengja entwickelt hat.
(dasselbe); schived. haenga (hangen) u. haiigerig, hängerig, d. h. sich an u. auf
haenga (hängen); dän. haenge (dasselbe); 35 Etwas hängend, lehnend u. stützend; he is
goth. hahan (suspendere) u. hahan (pendere); fan dage so hangerig un lei (faul), as of he
ahd. hähau (hängen); mhd. hälien (Irans. to swak is, um sük sülfst to holden.
hängen; intrans. hangen); ahd. hangen, liangig, häng ig. Nur in ofhangig (ab-
mhd. hangen (pendere), ahd. hangan, hen- hängig) u. zwar in denselben Bedtgn. wie
gan, hengen, henkan, beuchen (suspendere), 40 im Neuhochdeutschen.
mhd. henken, heuchen (hängen, henken, auf- hang-iser, hang-isder, Hängeeisen zum
hängen) u. hangen (hängen lassen). cf. Anhaken an die Herdkette od. den hälböm,
Fick, III, 58 u. Grassmann wegen um die Pfannkuchenpfanne darauf zu stel-
der y Qank (schwanken, sich hin u. her be- len ; — fig. ein sich an Jemand anklammen-
. wegen, bz. hin u. her bewegt werden, zwei- 45 der u. anhängender Mensch, z.B. von Kin-
feln, sich bedenken etc.) = idg. (cf. Fick, dem, die sich den Müttern anhängen u.
I, 56) kak, wozu er auch griech. köcheüö nicht von ihnen lassen wollen, od. von Lie-
(heben, halten, stützen) stellt, während besleuten etc.
(Bopp (Gloss. comp., 380) auch goth. hug- liaiigsel, ein Etwas, ivas an, über od.
Jan (cf. bögen , hugen , gebogen etc.) davon 50 vor Etwas hängt. — Compos. anhangsei,
ableitet, sowie iveiter bei Pott (III, 139) behangsei (Behang - Ding) ; — umhangsei
die y kac, kanc (binden, aneinander fügen, (Umhang-Ding) ; — ferhaugsel (Tuch, wo-
schliessen, passen), die mit kac, kanc (cf. mit man Etwas verhängt); — förhangsel
Fick, I, 36 u. unter hagen) identisch ist. (Vorhang-Ding).
Desgl. auch bei Pott (III, 140 sub Nr. 55 banig (halmig, od. seinem Sein, Wesen,
003) tvegen seiner Bemerkung zu goth. ha- Naturell etc. nach wie ein Hahn), geil, üp-
han, dass Fick mit seinen Wurzeln kak pig, prachtliebend, eitel, stolz etc.; he is mi
od. (dritte Aufl.) kak zum Uebermass frei- fölsto hanig fofZ. häntjerig) ungrötsk, as dat 'k
gebig ist u. die sinnl. Bedtg. des Hangens hum liden mag. — Nid. h.a.mg (wollüstig, geil),
der y 9ank auf reiner Vcrmuthung beruht. 60 hauk, s. hang.
J. ten Doornkaat Koolmaa. Wörterbuch. II. 3
HAN-KREIEN 34 HANS
hän-kreien, HahnTirähen ; frühe Morgen- <joth. aus, hans (ah Göttername u. in viele
seit, reo (hr Hahn anfangt zu krähen ;hc'\s um Mannesnamen übergegangenes Wort), nebst
't hüukroien upstfiu im na de arbeiil gäii. hans (J ohannes u. namentlich auch als
haiini^. >. händig. Käme des so se/ir geehrten Apostels u. Hei-
häii-i'uue, Kapann, od. verschnittener 5 Ugen Johannes) n. hans, bz. hanse (so-
Hahn (cf. rinie) ; ßg.: ein Impotenter u. eins od. Mitglied der Hansa) sich im
auch (früher) ein JIah)irei: vcrgl. bei Laufe der Zeiten überall mit einander ge-
Cad. ^[üUer: ,.siuh ! dar triing 'n häuriin mischt haben u. es sich darcms herschreibt,
mit niuggeu sjukea", «vis /« Bezug auf einen dass das Wort haus für sich selbst sowohl,
mit neun Kindern gesegneten, für einen 10 als auch in den vielen Compos. eine so
Impotenten u. llahnerci geltenden Ehemann weite u. allgemeine Verbreitung fand. —
gesagt wurde, sinken ist = liüken, engl, chicen. Besügiicli des Wortes hansa; mnd. hanse
hans, gekürzt u. contrahirt aus Johan- hcuse (societas, od. GesellscJiaft, Gilde, In-
nes u. in den Compos.: haus-ärs, haus- '^ung , Vereinigung , Verbindung etc. von
damp, haus-narr, gröt-hans, präl-lians, snial- 15 Kaufleuten u. Handwerkern sum gemein-
hans etc. oft in der Bedtg. honio gebraucht, schciftlichen Betriebe des Handels u. der
wie dies auch mit u)iserm aus Johann Gewerke, bz. Vereinigung, Liga, Bund etc.
conlrahirten Kamen „Jan" der Kall i-it, von Handelsstädten etc.) sei noch bemerkt,
der übrigens in allen sonstigen ihm zuge- dass dies mit ahd., goth. hansa, ags. hosü,
legten Eigenschaften himmelweit von dem 20 hös (vereinigte u. geschlossene Schaar [be-
deutschen „Hans" verschieden ist, wie dies sonders von Kriegern], Haufe, Menge etc.)
unter „Jan" erliellt. — Im mnld. bezeichnete identisch ist, dessen y haus, has, häs wohl
man mit hans auch einen Grossen od. An- die Bedtg. : ligarc etc. JuUle u. möglicher-
gesehenen, tcie z. B. KU. den Flur, liansen weise (cf. goth. hasi. von y bhaksh = zend.
mit niagnates, optimates übersetzt u. haus 25 baksh od. bakhsh) mit zend. kash , abactr.
(cf. Seh. u. L. , Gr imm^schcs Wb. etc.) kakhsh = skr. kacs od. kaksh (ligare etc.,
auc?i sonst vielerwegen diese Bedtg. hatte. cf. zend. kasha, Ufer, Band, Einfassung,
Bemerkt sei hiezu indessen, dass KU. sein Saum; kashua. Binde, Diadem; skr. käksa
mit: antocellens caeteros mortales fortuua et od. kakslia. Binde- od. Gurt-Gegend etc.,
opilins übersetztes hans yücht )nit dem aus 30 kaksia od. kakshya, Gürtel, Gurt etc.) auf
Johannes gekürzten Hans (J ohannes die bereits unter hagen (cf. Fick, I, 36)
wird hier, in Holland, sowie in andern erwähnte y kak = skr. kac, kanc (binden,
frics. Landen überall zu Jans, Jens [Ge- gürten etc.) zurückgeht. — H. Leo (s.pag.
schln. Janssen, Jenssen od. Jansen etc., cf. 586) stellt übrigens ags. hösu, goth. hansa
auch Stint Jaus =: Sanet Johan nes] 35 zur y kans od. kailis (ire, maudare, jubore),
contrahirt u. kömmt als Name ungemein die lautlich vollkommen stimmt, indessoi
häufig vor, tvährend dies mit Hans, soviel von Bopp mit destruere, ire ti. von Ben-
mir bekannt, gar nicht der Kall ist) iden- feg (cf. kains, od. ki\q, kas) mit to go ; to
tificirt, sondern annimmt, dass lians od. couimaud (v. r. to destroy) übersetzt wird
hau-e cds Magnat einen Mann aus dem 40 u. wobei man bei skr. kamsa od. kansa,
Geschlecht der Anscu od. Hansen (dem Göt- kaiisa (was Benfeg sub III mit bell me-
tergeschlecht derAscn) bezeichnete, ivie be- tal, bz. Glockenspeise, Legirung vo)i Zinn
kanntlich auch die goth. Adligen od. Gros- n. Kupfer etc., Bopp dagegen mit vas po-
sen sich für Abkommen der Asc)i hielten torium [cf. afries. hensa, Trinkbecher, bei
u. man sie deshcüb Anses od. Hanseu (von 45 Wiarda, ostfries. Gesch. I, 371] über-
ans [deus], ••*. unter 1 as) nannte. setzt) dann annehmen muss, dass sie aus
Anscheinend hat sich aber der Name der ursjir. Bedtg.: ire, se movere od. sich
Hans auch noch mit haus od. hanse (so- heioegen vor od. nach Etwas hin
eins, collega, bz. Einer, der der Hansa u. zu Einem etc. allerhand iveitere Be-
angehört, cf. bei KU.) gemischt n. da die 50 dtgn. entwickelte (cf. z. B. y ag u. pa,
Bürger der zur Hansa gehörenden Städte pi etc.), da die Bedtgn.: ire u. destruere
(Hansen od. Hanseaten) ganz zweifei- sich doch gegenseitig nicht decken u. auch
los oft etwas sehr selbstbeivusst u. tvichtig die von: raandarc, jubere weder zu diesen
(man denke sich nur einen richtigen cdten stimmt, noch auch alle diese für goth. hansa.
bareu-tagen Bremer) auftraten u. sich mehr 55 passen, da diesem wohl die Grdbegr. : v e r-
fühlten als Andere, so ist es auch möglich, dass einigen, binden, schli essen, vcr-
hans seine Bedtg.: Grosser, Grosshans, binden (aus: sich bewegen vor, kommen
od. eitler, wichtiger u. dünkclliaf- zu [Einem], sich Einem zugesellen u. an-
ter Mensch (cf. hansig) wenigstens zum schliessen, od. sich vereinigoi mit Einem
Theil auch hierher erhielt, bz. dass das 60 od. Etwas etc.) zu Grunde liegt. Aus be-
Hans-ars hans-damp
35
HAPEN HOPEN
10 e gen vor, kommen zu etc. ergiebt sich
auch die Bedly. : erreichen, erlangen, er-
greifen, nehmen, fassen, fesseln, binden,
halten, schützen etc., wozu stimmen: tat.
casa, cassis (Helm), cassis (Netz, Jägergarn),
cista (Kiste, Kasten) etc. etc., sowie auch
das deutsche Hose, cf. 2 liase.
liaus-ärs, hans-damp etc., s. unter hans.
hansig, gross u. ivichtig thnend, einge-
bildet, stolz, eitel etc. ; so 'n hansigen kerel
as dat is, dar is hei gin ütkamen mer mit ;
— de to hansig is, krigt ligt en up 't miil.
cf. unter hans. — Es giebt auch noch (cf.
(Br. Wb., 2. Nachtrag, pag. 100) ein nd.
hansig (verbunden, unterthan) od. hensich
= mnd. (Seh. ti. L.) hensich u. afries.
hensich, hanzoch, hamzoch, henzich, hinsich,
wobei V. Bichthofen (cf. afries. Wb.,
807 unter hensich) zioeifelhaft ist, ob es =
hangig (cf. hangig in ofhangig) ist, was
aber, da es auch mnd. vorkömmt, schiver-
lich mit hangen connex ist, sondern zwei-
fellos zu hansa (Bund etc., cf. unter hans)
gehört.
hanske, s. handske.
liänsken, Häuschen; hänskeu in de kel-
ler (Kind im Mutterleibe) ; — • hänsken twe-
derlei (Zwitter, Hermaphrodit), cf. Br.
Wb., II, 594.
lians-np od. hausman, Jacke u. Bein-
kleid in einem Stück, als Nachtkleid für
kleine Kinder gebraucht. — Im nd. Br.
Wb. (II, j)ag. 483) wird gesagt, dass
hans-up = gans-up sei, was mir indessen
fraglich ist, da auch im nid. hans-op in
dieser Bedtg. vorkömmt.
liänt, s. 2 hän.
lianteren, hanthieren; a) wandern, hin
u. her ziehen, umherziehen, hausiren etc.;
he hanterd (od. trekt, drift sük etc.) aferal
herum, of 't net wat to raken gift ; — he
hanterd aferal mit sin ko herum un is d'r
bold mit up en, hold mit up 't ander markt,
um to sen, of he hör net ferköpen , of fer-
büten kan ; — he hanterd mit sin waren bi
de bür herum; — b) handeln, manipnliren
etc.; he hanterd d'r mal in od. mit herum;
— c) behandeln, tractare ; he wet de saken
hei net ördendlik to hanteren od. to behan-
teren.
Wegen der Herkunft dieses Wortes aus
franz. hanter (oft besuchen) u. der Abstam-
mung dieses aus an. heimta (von heim od.
hiiima = afries. hema, heimen, wohnen)
vergl. Diez, II, 328.
häntje, Hähnchen; fig. ein eitler etc.
Mensch; s. unter hän.
häntje uii hentje , die Samenkapseln der
Pfingst- od. Bauern-Rose, so benannt, wegen
der rothen Kämme u. Spitzen, die selbige hüben.
liäiitje-lilöme od. häntjes, Hauhechel
(ononix spinosa) , atich haseblöme genannt.
liiin-träde, huiiträ', a) Hahnen-Tritt, Hah-
iien-Schritt ; — b) (jig.) ein .stolzer, eitler,
5 selbstbcwusstcr Schritt u. auch ein leiser
■vorsichtiger Schritt, wobei man die Fasse
hoch aufhebt, um nicht anzustossen; — c)
kleiner Schritt, der nicht viel fördert;
Sprichiv. : um nejär hel)beu de dagcn 'n
10 hänträ' wunnen; — d) das „Sehnenhüpfen",
ein bekannter Kehler im hintern Sprungge-
lenk des Pferdes; — e) das dicke rundliche
Ende des Eies, too sich unter der Schale
die kleine Höhlung befindet, die loir sonst
15 auch tredsel nennen.
bap, s. happ.
hape, liope, hup', liop', Hoffnung, Er-
ivartung etc.; he läfd in hap' od. up häp',
dat 't bold bilter word ; — dat geid up gode
20 häp' ; — d'r is gin häp' (Erwartung, Aus-
sicht etc.) up bäterschup ; — ik se gin häp'
(Erwartung u. Aussicht auf Besserwerden,
bz. Ausflucht, Hülfe, Bettung etc.) mer für
hum ; — de gin hap' (Erwartung, od. Ans-
25 sieht auf günstigere Gcstaltu)ig , bz. Glau-
ben u. Vertrauen an u. auf Etwas) mer
hed, de is ferlaren; — alle häp' is iit; —
du must dl gin hup' d'r up maken , dat du
fOl geld fan rai arten kanst ; — de häp' fer-
30 lett mi net, dat he torüg kumd ; — he stelld
sm häp' (seine Erwartung, od. sein Ver-
trauen etc.) up God; — God is min häp'
(Gott ist meine Erioartung ^ od. meine Zu-
flucht, mein Vertra uen etc. , bz. mein Halt
35 u. meine Stütze etc.). Sprichw. : bäter häp'
to, as häp' up. — Nid. hoop; mnld. hope;
mnd. hope u. hopene ; wfries. hoape, hoop ;
ags. hopa, to hopa; engl, hope; mhd. helfe,
hofe, hoff «. hofene, cf. hapen.
40 hape-dode, häpdode, eine Person, auf
deren Tod man hofft, um sie zu beerben,
od. von deren Tod man sich sonst einen
Vortheil verspricht. Sprichw. : häpdoden
läfen lank.
45 hapen, hopen (häpde, — heb' häpd), hof-
fen, erwarten, od. Hoffnung, Eh'wartung,
Zuversicht u. Vertrauen hegen u. haben,
zuversichtlich erwarten , rechnen u. ver-
trauen loorauf etc.; nu könen wt wer ha-
50 pen (od. ferwagten) , dat 't bäter word ; —
't gifd niks mer to hapen un to ferwagten;
— ik häp' dat 't gud geid; — he häpd up
'n goden fängst ; — ik häp' up od. to God,
dat 't all' god geid. — Nd. hapen ; mnd.
55 hapen, hopen ; nid. , mnld. hopen ; wfries.
hoapjcn, hoopjeu; ivang. höpje; ags. ho-
pian od. hopjan ; engl, hope ; schwed.
hoppas. Die fries., ags. Endung jen, jan
bezeugt es wohl, dass dieses Vbm. von hopa
60 (cf. hape) weitergebildet ist u. demnach die
3*
H.\PEN nOPEN
36
HAPPEN
Bedtg. „hopa machen"' hat. 3[ö(]Uch ist es
indesficn auch, liass sowoJil hop-jan als
hop-a beide rom Stamm liop sclbstständi(/
weiten/ebildet sind u. denuuuh liop-jaii nrspr.
die simtl. Bcdty.: Hebung, Erhebung,
A ufb c w e g u n g, A u/s teig e n etc. , od.
Bewegung in die Höhe machen u.
erzeugen etc. hatte, ivie es ja fast als
zweifellos angenommen werden muss, dass
der Stamm hop in dieser Bedtg. auch in
ags. hopp-jin (einen hopp od. hop [saltiitio
etc.] machen, hüpfen = schwed. hojjpa;
ahd. hupjau, hupfjan, mhd. hupfeu, liopfen,
hoppcn etc., cf. liüppen etc.), hop-ig (sj^rin-
gend, hüpfend etc., von Meereswellen , too-
von auch wohl franz. houpee, das sich Er-
heben u. Aufsteigen einer Welle) u. nhd.
Hopfen (cf. lioppe) etc. stecht u. das bayr.
(Sc hm., II, 159) aufhoffen, v er hof-
fen (auffahren, erschrecken, od. sich plötz-
lich erheben u. aufspringen etc., cf. schrik-
ken = springen etc.) auch vom plötzlichen
Aufheben des Kopfes (z. B. von einem
ruhig grasenden Hirsch, wenn er Etwas
hört u. dann den Kopf hebt u. voller Er-
wartung aus- n. um sich schaut) od. einem
Auffahren u. sich Erheben etc. ge-
braucht wird, wonach denn hoffen buchstäb-
lich nichts Anderes besagt, als dass ein Et-
was (Mensch, Thicr) sich erhebt od. auf-
springt, auff'ährt u. voller Erwartung um
sich schaut u. aussieht , woraus sich denn
von selbst die Bedtg.: Erxoartung für
hopa u. erwarten od. warten u. hof-
fen auf Etwas für hop-jan (bz. hoffen)
ergäbe. Vergl. übrigens auch höp (Reif,
Ring etc.) höp (Haufe) u. huft (Hüfte) etc.,
sowie weiter bei Fick (III, 62) hap (rece-
dere etc.) , icozu er ausser ags. liüp (reces-
sus, in fcn-hop, mör-hop, cf. bei M. Hei/ne
ags. Ii6p, geschützter Ort, Zufluchtsstätte,
Schlupfwinkel) auch an. happ (Glück, Er-
folg), ags. liäp (reich od. optus), engl, hap,
to liappen, happy u. ir. cobh (victoria) stellt
H. icobei man bei ags. liopa (Hoff'nung) auch
daran denken kann, dass dieses Wort
(sinnl.J urspr. die Bedtg.: geschützter, ein-
gefriedigter, sicherer Ort (cf. liof) hatte u.
dass demnach ags. hopa (Hoffnung) xirspr.
aus der Bedtg.: heimlicher u. siche-
rer Ort, od. Zuflucht etc. auch wieder
die Bedtg. : Z uf lacht, Rettung u. H ü Ife
(die doch auch in hape od. liop liegt) ent-
wickelte. Neben hof vergl. auch hOf, hiife
etc.
Wegen der Grdbdtg.: sich erheben, auf-
fahren (erschrecken, erstaunen) etc. der viel-
leicht für liapcn anzusetzenden y vergl. auch
schwed. liiipua (erstaunen, erstarren etc. vor
Schrecken u. Verwunderung) , hilpun (er-
staunt, betäubt, erstarrt, unheioeglich etc.
vom plötzlichen Schrecken etc.) etc. u. auch
u)iser 3 liop etc.
happi', Hcmmniss, Hindernisse Stockung
5 etc.; dar kumd 'n haper tüsken. Davon:
gehapor, Gestocke od. öfteres Stocken u.
Eestsilzcnbleiben etc.
liapercii, hapern, hapern, stecken bleiben,
a)istossen, stocken, festsitzen, nicht vorwärts
10 kommen, sclilecht gelten, gebreclien, fehlen
etc. ; he hed siu erste prek (Predigt) holden,
Sünder enmäl to hapern; — dat haperd (sitzt
fest etc., od. auch: fehlt) aferal im an alle
kanten ; — 't hapcrde hum an geld. Auclt
15 subst. : dat hapern ; wen 't euniäl in 't ha-
pern is, den hürd d'r wat to, um 't wör regt
in d' fard to krigen. — Nid., mnld. hape-
rcn (haesitare, haerere, titubare, perplexe
loqui); nd. (Br. Wb., Dähnert etc.) ha-
20 porn, liappern ; schwed. happla (stocken etc.) ;
dän. happe, hjappe (stocken, anstossen, stot-
tern). Es ist (cf. Grimm, Wb., unter ha-
pern) anscheinend mit ahd. haben, hapen
(haben, halten, festhalten, halten, Halt ma-
25 chen etc., cf. ht-bben) aus einer u. dersel-
ben y hervorgegangen od. möglicherweise
sogar eine Interativbildung davon aus der
Bedtg. : halten. Halt machen etc.
hapei'ig, hapei'g, mit Hemmnissen u. Un-
30 terbrechungen , stockerig, stotterig, stümper-
haft, gebrechlich etc.; dat gung man regt
haperg mit 't preken (predigen).
häpiiung, Hoff'nung.
happ od. liap, Schnapp, einmaliges Zu-
35 schnappen u. Zubeissen des geöffneten Mun-
des, bz. der hörbar auf einander beissen-
den u. klapsenden Zähne; daher auch:
Biss, Bissen, Mund-, Gabel-, Löffel-voll etc.;
happ ! de de hund, do was 't weg; — mit
40 en liapp was 't up ; — he dö d'r 'n liapp
üt de brügge (Butterbrod), de was nrt siegt; '
— gif mi dog 'n happ fan ; — he lied gin ,
happ brud (od. äten, sopp etc.) für 'n arm I
minsk afer. — Nd. (Br. Wb., Dähnert |
45 etc.) happ, happs; nid. hap. Es ist ein laut-
malendes Wort, dessen Stamm hap indessen
nicht neuerdings erfunden ist, sondern cds
identisch mit g riech, kap (in kapö, kaptö
etc., cf. happeu), lat. cap (in capio) n. mit
50 hap i)i hapern ». mnld. happen (cf. happen)
tvohl (üs besonders jj«sst7i(/ dazu verwandt
wurde.
happelu; /. q. haffeln, ah Frequentativ )
od. Iterativ von happen. |
55 happen, happen, schnappen, mit geöffne-
tem Munde wonach schnappen u. greifen,
beissen, essen, fressen, schlucken etc. ; de
hund happd d'r na; — happ du de kumm'
mit brej' man äfeu üt; — he happde dat
60 so gau up, dat man hast hei net sag war 't
HAPPERD 37 HAR-BUEL
blef; — he happde d'r 'n (lügtig stük fit; hur. Wenn man envägt, loas Alles unter
— happ' man weg, 't is doch für di be- Haar (cf. auch rüg = mhd. riich, nhd.
stimmd; — he happd 't all' weg, wat hum rauch it. rauh, wovon EauchwerJc —
försetd word; — happ' up, deu is 't d'r üt. Pelziverh) verstanden ivirä, so mnss man
— Wfries. (Jaiiix) happjen f/trtjj^^e«, im- 5 ivohl auf den Gedanken lommen, dass es
scn, [Jemanden] anfallen, zerfletschen, zer- urspr. als ein rauhes, scharf es, kratzen-
reissen); nfries. happe; nd. ,'^ nid. happeii des, stechendes , stachligtes, horsti-
(happen, schnappen, haschen etc.); mnld. ges, granniges (cf. auch garste etc. ii.
(KU.) happen (apprehendere, arripere, cor- grannig, bz. nhd. Granne von |/ ghars,
ripere, celeriter rapere, prendere, capere). 10 ghar, rauh sein, rauh machen, kratzen etc.)
cf. griech. kapö, käptö (happen, schnappen Ettvas aiifgefasst ist u. dass die wohl für
etc.), kaphis (das Verschlucken) etc., wobei urspr. hasa (cf. 1 bar aus bas od. basi u.
indessen zu bemerken, dass \ia.^ö, kapiö auch nhd. Beere aus goth. basi) stehende volle
die Bedtg.: hauchen, athmen, schnauben Form hava mit lit. k-ASSi (Haarflechte), sklav.,
etc. hat u. demnach direct mit der für lat. 15 serb. kosa (Haar), kslav. kosmü (dasselbe),
capio, capto etc., bz. goth. haban (cf. heb- Ut. kasii (graben, stechen etc.), kasaü (krat-
ben, heften etc.) etc. anzusetzenden y zen, krauen, striegeln, kämmen), lat carere
nichts zu schaffen hat, während mnld. für carere (Wolle kratzen) etc., soivie auch
liappen jedenfcüls zu der Bedtg. von capio weiter vielleicht mit mhd. bare, bar ii. bere,
stimmt. 20 her (asper, herb) etc. zur idg. j/ kas = skr.
happerd, a) der tceit geöffnete, schnap- kash od. kas (reiben, schaben, kratzen, rauh
pende, gierige, schluckende Mund; he ritt machen, stechen, jucken) gehört, od. loie
de happerd so wid apen, as of he 't all' to- lat. caesaries etc. (cf. Fick, I, 51) zu einer
mal uphappen un ferslüken wil; — b) ein Ablautform kis dieser ]/. cf. auch 1
happender, fresssüchtiger, gieriger Mensch 25 hase.
etc., bz. Einer der happig ist; du happerd, 2. häl' (in här-was, gäl-här etc.), Flechse,
wat bi-ükst du altid so happig un ropperg Sehne, Sehnen- od. Faser-Bündel etc. —
wäsen. Wie Flechse von Flachs entstand, bz.
happig, schnell schluckend u. schlingend, dazu gehört, so ist dieses här xoohl iden-
gef rassig, gierig, lüstern, begehrlich, hab- 30 tisch od. connex mit ahd. haru, haro ; inhd.
süchtig, greiflg etc.; he is altid so happig hare, bar; afries. her; an. hörv ; dän. hör
bi 't äten, as wen he 't wol all' upf raten (Flachs), cf. harl, harpltis etc.
wul'; — - happtg na 't äten, bz. na 't geld, 3. här, s. bor.
wicht etc.; — so 'n happigen (gierigen u. harbarg (Plur. harbargen) , Herberge,
unverschämten) kerel as he is, heb' 'k seiden 35 Wirthshaus, Aufnahme, Obdach, Unterkom-
sen. — Nid., nd. happig. men. Sprichio. : de de wärheid segd (od.
happigheid, Gefrässigkeit , Gierigkeit, auch blos: de wärheid) kan gen barbarg
Lüsternheit etc. ; sin happigheid kend gen finden ; — dat kind rukd na de harbarg ; —
grensen. — Nid. happigheid. kört underwägens un lauk in de harbarg,
happke, Häppchen. Dimin. von happ. 40 hed al mennig perd ferdürfen. — Nd. har-
1. här (Sing. u. Collect.; davon Plur. bärge ; 7nnd herberge; o/nes. herberge; «?fZ.
baren), Haar. Eedensart. u. Sprichio.: 't herberg; engl, harbour; ahd. heriberga, he-
schälde gen här, of 't was mis; — he schärd reberge, herberga, heriperga, berebirga; mhd.
stik gen här um de hele biidel; — he hed herberge, berbrige, herbrig, herbärge (castra,
här up de küsen ; — krüs här ! kriise sin ; 45 diversorium, hospitium). Davon : ital., span.
— he hed här läten! — rode här un elleru- albergo ; jjrov. albere, alberga; afranz. her-
holt wast seiden up 'n goden grund ; — he berc, herberge ; nfranz. auberge. Es ist
is bi de här afer de tun (Zaun, Hecke) Compos. von ahd. hari, heri (Heer, Schaar,
bald; — dat is mit de baren herbihäld; — Menge etc.) %i. pcrga, berga (loas birgt u.
se Sitten (od. liggen) 'nander altid in d' ha- 50 aufnimmt), ivie auch das mhd. berga schon
ren ; — d'r is g!n göd här an; — he lett die Bedtg.: Herberge od. Aufnahme-
hum^gen god här; — de gin här hed, hed Ort etc. hatte.
6k gin gefär; — he hed 'u här in de uakk', harbargen, herber gen ; a) beherbergen, in
dat hum torüg hold ; — he hed d'r 'n här sein Haus aufnehmen ; he wil dat folk net
in funden, um dat to don. — Nid. haar «. 55 barbargen ; — b) Obdach u. Unterkommen
früher auch hair; mnld. haer, hayr; nd. nehmen; ik wul' fan nacht bi jo barbargen,
haar; nind. här; afries. (v. Bichthofen, liär-bül, Haarbeutel; he dragt 'n bärbül;
Hettema) her, her; satl. u. nfries. her; — dat is net so warm as ^n bärbül; — flg.
wfries. hier; as. här; ags. haer; engl, hair; Bausch; he harr' güster afend 'n bärbül,
an. har; schioed. här; dän. haar; ahd., mhd. 60 od. sük 'n bärbül andrunken.
HARD EXRT
HARDEN
liard, hart (flect.: harder, harter, —
hardste), hart (diirus), nicht weich od. iiach-
giehig, widerstandsfähig, fest, stark, stroige
etc. ; luird as 'n sten ; — dat is liard liolt ;
— dat fles is so hard , dat man 't hast hol
ni't bittn kan ; — 'n liardi'u (Jiarler, dauer-
hafter, fester etc.) hörn od. planto etc. ; —
lie is hard un fast; — dat is hard un taj';
— dat gcid hard um hard, od. liard tilgen
hard; — hard water; — hard tan sin un
geni8d; — de wind weid so hard (stark, hef-
tig etc.), dat man d"r hast hei net tagen
upkamen kan; — 'n hardcn (.'Starker, stren-
ger, heftiger etc., od. andauernder u. an-
haltendir) fröst, od. winter; — he hed 'n
harden hüd ; — he hold sük hard (er gieht
nicht nach, ist nicht tceich u. nachgiebig,
bz. weichherzig , od. leicht zum Weinen u.
Klagen etc. geneigt); — hoM di hard, un wen
d'r ök 'n bön in de löp geid ; — he is so
hard mit sin kiuder; — he sett hum hard
tö; — hard (stark, angestrengt, schwer etc.)
arbeiden ; — dat kumd niT d'r so hard
(rasch, eilig etc., od. stark, sehr etc.) nicli
up an; — dat schal hard (schxoer etc.) hol-
den, od. spannen etc. ; — dat kumd hum
hard an ; — hard (schwer) hören ; — hard
(.stark, rasch, schnell, andauernd etc.) 16-
pen (cf. harddrafer, hardloper) ; — hard
(stark, laut etc.) ropen, od. sprilken, raren
etc.; — hard (dicht, unmittelbar etc.) an,
od. np ml; etc. — Nid. hard; mnd. hard,
harde; nid. hard; mnld. herd, hard; afries.
herd; tvfries. hird; as. hard; ags. heard
OiaH, fest, streng etc.); engl, hard; an.
hardr; schtved. hdrd; dän. haard; goth. har-
dus (hart, .strenge); ahd. hart u. harti, herti;
mhd. hart u. herte (hart, fest; festhaltend,
andauernd; ausdauernd, hartnäckig ; drü-
ckend, schwer, schmerzlich; fest zusammen-
haltend, dicht). Vergl. griech. kürta (stark,
sehr), kratüs, karteros, krateros (stark, ge-
tvaltig etc.), krätos, kärtos (Stärke etc.), wo-
mit es möglicherweise (cf. G. Curtius, 154)
zur y kar (machen, thun etc.) gehört. Wei-
ter vergl. auch skr. kar-kar-a 0>'nrt) etc. u.
goth. hallus (Fels) etc., welche Wörter auch
einer y kar angehören. Oder hatte hard
etwa ursjir. die Bedtg.: haltend, dauernd,
haltbar, dauerhaft, fest etc., wie ja harden
(cf. auch: ful-harden) die Bedtg. aushal-
ten, dauern, a u s d au er n etc. hat u.
die Stämme hard u. bald Cvon haldan, hal-
ten, cf. holden) formell .sehr gut derselben
y angehören können. Zu hard, hz. griech.
kärta, krätos, kärtos vergl. auch hars u.
rad, rat (flect.: radder, ratter, — radste etc.)
= ahd. brad, brat (ra.sch etc.) etc. Desgl.
vergl. auch nhd. harren =^ halten, tcar-
ten etc., d. h. bleibrn u. Halt machen (ivo),
wie auch ahd. harten (s. unier harden) die
Bedtg.: mauere hat «. harren auch mit
griech. kärtos, krätos, bz. mit unserm hars
wurzelhaft conne.v zu sein scheint u. mög-
5 licherweise sogar aus älterem harsen ent-
stand.
Zu hard in der Bedtg.: stark, sehr etc.
iciirde sich übrigens auch skr. ^ardba (stark,
kühn, gewaltig etc.) vergleichen lassen, des-
10 sen „dh" jedenfalls zu germ. „d" u. „t"
besser stimmt, als das griech. „t" in kärta etc.
Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dassFick
(III, 67 seq.) liardu (hart) mit lat. crassus,
crätes zu skr. kart (spinnen, tcindcn), bz.
15 cart (knüpfen, heften, flechten) legt, indessen
dabei auch auf griech. kratüs etc. verweist.
hard-aditig, hardaftig, hartartig, härt-
lich etc.
liard - drafeii , Schnelltraben , (Pferde-)
20 Rennen, ]]'ettrennen etc. ; d'r schal hir bold
'n harddrafen ot'holden worden.
liard-drafer, Schnclltrabcr, Renner, Wett-
renner. — Nid. harddraver.
liard-drafere , Schnclltraherei , (Pferde
25 etc.-) Rennen, Wettrennen.
harde, Harte, Härte, Festigkeit, Strenge
etc. ; dat harde mut d'r i'itsnäden worden ;
— mit harde is d'r niks tät^en to maken;
— he kan de harde (Härte, Stärke, Festig-
30 keit, volle Kraft u. feste Gesundheit etc.)
uog hei net wer krfgen un blift altid nog
wat piperig un swak ; — he (de bom etc.)
hed de harde kragen.
harde-fos, ein harter, dichter, fester, kräf-
35 tiger Pfannkuchen von der ersten Milch
(bestmelk) einer Kuh, auch rugfos genannt.
hardelik, hardlik, hartlik, hardelk etc.,
härtlich, consistent, fest, kräftig, nicht weich-
lich, nicht schaal, nicht fade od. matt : hardelk
40 fles; — de fisk is regt hardelk un frisk; — dat
äten is (od. sniekd) regt hardelk (das Fsscn
ist [od. schmeckt] recht kräftig u. wohlschme-
ckend) ; — schelfisk is 'n hardelk äten.
harden, a) härten, hart machen od. wer-
4:5 den ete ; dat iser mut liardt worden ; — hr
hardt sük of od. is ofhardt; — b) aushal-
ten, dauern, ansdauern etc. ; he kan 't wol
harden (aushalten, ertragen, ausstehen etc.),
dat he 's winters düii geklcdt geid; — he
50 kan dar wol harden (od. düren, ütdüren, üt-
harden etc.) war he wand ; — he kan 't dar
in Norwägen güd harden, un wil d'r hei net
wer weg; — he kan 't net langer harden,
fan Wagens de grote kolde. cf. fer-, ful-,
55 ut-harden etc. — Nid. harden (härten; er-
tragen, erdulden, ausstehen, aushalten, lei-
den, ausharreti etc.); mnd. harden (l^art
sein od. werden) ti. lierden (Jiart u. fest
machen; erhärten; stärken, ermuntern, an-
GO treiben etc.; ausdaucrn, ertragen etc.) ; mnld.
HARD-FUCIITIG
39
HAREN
(KU.) herdden (durare etc.) ; afries. herda,
birda (erhärten, beweisen); xvfriefi. hirdden
(Jiärten; ausdaucrn etc.); satl. herdje; nfries.
(Oiitzen) liarden, bürden, birde (aushalten
etc.) ; as. bardon (ohdiirescere) u. herdjan
(roborare) ; ags. (II. L c o) beardan, byrdan
(in gebeardan etc., stärken etc.) u. beardjan
in a-lieardjan (hart sein u. loerden etc.) ;
an. bardna (hart iverden) u. berda (hart
viachot etc.); norw. bardna n. berda (das-
selbe); dän. haerda (härten etc.); ahd. bar-
ten, barton ; mhd. barten (liart sein od.
werden, durare, manere) u. bartan (d. i.
hartjan). bertan, berten ; mhd. herten (här-
ten, hart, stark u. fest machen, stürTicn etc.;
dauern, ausdauern, beharren, ausharren).
Davon (Diez, I, 30): ital. ardire (sich er-
Mihnen); x^rov. ardir, enardir ; franz. en-
hardir (liühn machen) etc.
hard-fucLtig (schicer feucht), nicht leicht
iveinend, nicht leiclit (zu Thränen) gerührt,
gefühllos, hart, fest u. standhaft von Sinn
u. Charakter, starrsinnig etc. ; du must di
hardfucbtig boldeu un nicb allid so ligt
schrefen, wen di wat sär deid ; — man word
mit leferla al fan sülfst wat bardfuchtiger,
wen man wat older word ; — de jung is
ferdomd hardfucbtig, un be fragt den düfel
d'r na, of man hum in goden fermänd, of
bum ütscheld un dorprügeld. — JSfld. hard-
vocbtig.
hard-faehtiglieid, Gefühllosigkeit etc. —
Nid. hardvocbtigbeid.
hai'd-heid, Hartheit, Härte.
hard-hörend, hardhörig , hart-, schwer-
hörend, harthörig etc.
Iiard-liörigheid, Harthörigkeit.
liardigheid ; i. q. bardheid.
hard-kop, Hart-, Starrkopf.
liard-lärig, hart-, .schwer lernend etc.
hard-lifig, hartleibig, verstopft etc.
Lard-lik, s. bardelik.
hai'd-löper, Schnellläufer, Benner, bz.
Einer der schnell u. eifrig läuft; d'r kumd
fan dage 'n bardlöper bi de strate ; — dat
perd is 'n bardlöper ; — be is sin läfend
gin bardlöper west un sal 't up 't older ök
wol net mer worden.
hard-nakk, ein hartnäckiger Mensch.
hard-nakkig, hartnäckig, unbeugsam etc.
liard-nakkigheid, Hartnäckigkeit etc.
liär-dok, Haartuch, Tucli od. Gewebe von
Haaren u. besonders von Schweinshaaren.
flare, s. Haro.
1. hären, haaren; a) Haare od. Wolle,
Fasern etc. abwerfen od. verlieren u. loech-
seln, kahl werden etc. ; dat perd härd ; —
de äsel härd of; — dat göd fangd an to
hären ; — b) Haare od. Wolle, Fasern etc.
entfernen, mittelst eines Kammes, Wlessers,
Striegels od. eines sonstigen entsprechenden
Gcräths, daher auch: kämmen, striegeln,
schaben, kahl machen, scJiinden, rupfen etc. ;
de botter is net göd härd od. kemd, d. h.
5 nicht gut vom Haar od. sonstigen Unrath
cds Flocken, Fasern etc. gereinigt, ivas mit-
telst eines Messers od. Kammes geschieht;
— dat perd mut bäter bärd (gekämmt u.
gestriegelt, bz. geputzt) worden ; — wen de
10 bilden üt de löikupe (Lohekufe der Loh-
gerber) kamen, den worden se bard (mit
dem Schab)nesser abgeschabt n. abgekratzt
u. kahl gemacht) ; — be is dügtlg bärd (ge-
Tupft, mitgenommen, geplündert etc.); — be
15 bed bum ntt so lauk härd (gerupft etc.). as
he nog 'n 8rtje harr' ; — be schal härd
(gerupft, mitgenommen, geplündert , od. ge-
schoren, kahl gemacht etc.) worden, dat he
de angst krigt.
20 2. hareii , schärfen , .scharf machen u.
zwar speciell die Sense, indem die Schneide
derselben auf dem här-stapcl mittelst des
bär-bamers dünn u. scharf geschlagen loird;
de seise mut erst wer bärd worden, anders
2-3 snidt se nicb. — Nd., mnd., nid. baren ;
nfries., dithm. bare, haare ; satl. bare. Mit
mnld. här od. haer (Werkzeug zum Schär-
fen der Sense, hz. Schärfzeug , od. schär-
fendes Etioas) , bz. mit unser m här-haraer
30 etc., sowie Itcss. (Vilmar) här (Schneide
der Sense), nd. (Dähnert) här in här-
egge (die scharfe Schneide, od. egge) viel-
leicht derselben ]/ ^ar (dirumpere, laedere
etc.) entsprossen, tvozu (cf. Grimm, Wb.,
35 IV, 27 u. H. Leo, pag. 124) goth. hairus,
as. heru, beoru, an. hiörr, ocl. hjörr (i^nsis) ;
griech. kelrö (scheeren etc), kerma (Schnitt)
etc., skr. garu (Waffe) etc. gehört. Möglich
ist es indessen, auch, dass der Stamm bar
40 od. här, Thema hari? (schneidend, scharf
etc.) auf die y kar, schneiden, theilen, .spal-
ten, verletzen etc. (cf. send. u. skr. kar u.
die wohl davon erweiterte Form kart =
zend. karet, schneiden etc.) zurückgeht, wo-
45 bei weiter noch Fick (1 , 4.5) zu verglei-
chen ist, wonach .skr. kar u. Qar auch aus
idg. skar (cf. schäre, schären etc.) entstan-
den sein kann. Vergleicht man indessen
die y aq od. idg. (Fick) ak von egge u.
50 lat. acus etc., .so kann man auch anneh-
men, dass diese zu 9a od. idg. ka (cf. Fi c k,
I, 54 y ka, schärfen, wetzen) umgesetzt ist
u. davon wieder gar od. kar, bz. zend. kar
(cf. zend. aku, Spitze etc. u. Weiteres un-
55 ter egge) weitergebildet wurde.
3. liaren (rauhen, rauh werden od. auf-
springen etc. ?). Wenn im Winter die Haut
der Lippen, Hände etc. nass u. feucht sind
u. in diesem Zustande dem kalten Winde
60 od. Froste ausgesetzt sind u. in Folge dessen
HAREN 40 HARIG
rasch trocTcnet u. spröde wird, so sprinfft hearfest; ah. haust; ?(or?p. haust ; (7rtM. höst;
bekanntlich die Haut leicht auf, wodurch ahd. herbist, herpist; ?«/ff/. herbest. Es ge-
sie einerseits ratih u. rissig de. u. anderer- hört tcoJil mit lat. carpere u. griech. kar-
seits wund u. sehr empfindlich u. schmerz- pös, karpizein etc. zu der ]/ karp (schnei-
haft wird, welchen Zustand wir mit fer-, to- 5 den, sclwercn) , sodass es die Schneide-
od. ter-haren (de hiid is, o(/. de lippen, hande Zeit (des Getreides, Weins etc.), od. die
etc. sunt nii gans fer-, od. to-, tcr-härd) be- Abnehme- u. Brechseit (der Frucht
zeichnen u. wonach man denn fer-, to-haren etc.) bezeichnet, wobei dann anzunehmen ist,
etc. mit V e r- od. zer-rauhen , od. auch dass die aus kar, bz. skar (schneiden etc.,
mit: z e r-spr i n gen, zer-bersten etc. 10 cf. unter 2 baren) erweiterte y karp aus
übersetzen kann. Vergleicht man indessen schneiden die Bedtg. : trennen, s})al-
nhd. lech, lecken u. lechzen (Wei- ten, brechen, abnehmen , pflück en
gand), bz. dass lech (rissig od. anfge- etc. entwickelt hat. Möglicherweise hat in-
borsten, zersprungen, cf. lek etc.) rcohl urspr. dessen herhist etc. direct mit lat. carpere
die Bedtg.: ausgedörrt etc. (durch die 15 etc. nichts zu thun , da die Form anschei-
Sonne od. einen trocknen Wind) hatte, so nend ein verlorenes Vbm. : harben od. har-
ist es icohl zweifellos, dass dieses haron mit bön, ags. liearfan etc. voraussetzt u. zwar
dem mnld. (KU.) haere (urens frigore ven- in der Bedtg.: schneiden, schecren, kahl
tus, nelida aura summam cutem urens aspe- machen etc., toie ja auch herhht die Bedtg.:
ritate quadam), haorcn (frigore aut calore 20 kahl u. leer gemacht haben kann u. dann
niniio torrere vel urere , urentem auram die Jahreszeit bezeichnen würde, tvo die
spirare) derselben y angehört u. ursjrr. die Felder, Bäume etc. kahl u. leer gemacht sind.
Bedtg. : dörre n, troc k n e n, a u sdör ren, harfst-aoliti^ , liarfst-aftig , herbstartig,
austrocknen etc. hatte, tcie ja das von herbstlich, rauh etc.
KU. (unter pag. 211) angeführte: ,,heft idt 25 harfst-dag, Herbsttag; de harfstdagen
so seer alle dage gehaert'" wörtlich mit „hat sunt d'r wer; — Herbstzeit, Herbst; bi
dies so sehr alle Tage gedorrt, od. g e- harfstdag (bei Herbstzeit); — de harfstdag
trocknet" übersetzt tcerden muss. Die- (der Herbst, das Alter, bz. die Zeit, wo man
semnach ist es aber auch wohl sicher, dass hinfällig u. alt wird) kumd al bi hum.
dieses hären weder tnit 1 hären (von Haar 30 harfsteu, herbsten, Herbst werden etc.;
entblössen, bz. schinden, od. tvund machen) 'i fangd au to harfsten.
od. här (als Rauhes), noch mit 2 hären harfst-iiiänd, Herbstmonat,
(womit Dr. Lübben [cf. mnd. Wb. , II, havfst-tlü, Herbstzeit.
207] es identißcirt) verwandt ist, sondern här-god od. här-tug, Schärf zeug zum
zur y kar, kar (brennen etc., cf. Fick, I, 35 Schärfen der Sensen, bestehend aus dem
44) gehört. Vergl. übrigens auch griech. härstapel od. härspit (kleiner Amboss, der in
skellö, skeleö (dörren etc.), tvas möglicher- die Erde festgesteckt loird) u. dem:
weise mit skr. kshära (brennend etc.) etc. här-hamer, Schärfhammer, Hammer, der
zu einer idg. y ska (cf. Fick, I, 241) ge- zum Schärfen (cf. 2 hareu) gebraucht tvird.
hört, wovon eben skar u. lat. cal (von ca- 40 1. liarig, haarig, mit Haaren, Borsten
lere) etc. auch %oieder weiter gebildet sein od. feinen Stacheln besetzt, od. behaftet,
können, xvie hicvou wieder das für skr. borstig, rauh, kratzig etc. (auch ßg.): he is
chard, chardati (anzünden, glänzen), griech. fan daije ferdömd harig uu bitsk.
skard-amussö (blinzeln), an. skarta (glän- 2. liarig ; /. cp heiig, d. i. dunstig, mit
zen), skart (Glanz, Pracht) etc. anzusetzende 45 trocknem od. Iteissem Dunst od. Bauch u.
Tliema skard. Nebel erfüllt; de lücht (Luft) is fan dage
4. hären, haaren, von Haar, hären; 'n so harlg un het, dat man in de ferte hast
hären ki-tte od. gördel, tämse etc. hei niks regt düdelk sen kan un 't net is,
liären. s. ferhären u. heren. as of de bomon un luisen etc. in de lücht
harfst u. (selten) liarst , Herbst , Jahres- 50 drifen of hangen. — Nid. harig ; schwed.
zeit der lieifc n. Ernte. Fig. Alter: de (cf. Bobrik, naut. Wb., .331) härig; dän.
harfst is 'n lefen gast, den de brengd uus haariig. Connex mit 3 hären, bz. dem da-
Gods segen; — de in d' harfst niks updeid, selbst erwähnten mnld. haeren , tvoher sich
mut 's winters up de fingers klüfen; — wen auch das Wort Haar rauch wohl her-
de harfst erst bi 'n rainsk kumd, den is de 55 schreibt, zumal dieses Wort aus fries., ncl.
beste ar' fan 't liifenJ d'r of. — i\"*/. harfst, od. nid. Gegenden stammt. Da nun här od.
harvst; mnd. hervst, hervest ; nid., mnld. hare im nd., bz. mnd. (cf. Seh. u. L., II,
herfst; africs. hcrfst ; nfries. harvst; wfries. 207) (dter auch die Bedtg. „Höhe" hat (die-
hearst; sali, herst; ags. hearfest, od. (IT. ses Wort könnte tcohl, sofern es nicht 7nit
Leo) haerfest, härfest, horfest, herfest; engl. 60 afries. har, her [s. u.J etc. zusammenhängt,
HAR-JASSES 41 HARKEN
mit einem zu 2 hären gehörenden hare in auf den Watten c/efangen ivird u. demnach
der Bedtg. : Schärfe, Schneide, Kamm, Grat, auch loohl von Urzeiten her u. lange vor
Bergspitze etc. identisch sein, zumal ivenn J-'Jntstehiing der Seescliifffahrt schon ein
man vergleicht, dass egge ausser Kante, Hauptnahrungsmittel unserer Küslenhewoh-
Ecke [cf. auch hörn u. hörn] auch die 5 ner bildete, so ist es viel wahrscheinlicher,
Bedtg.: Schneide , Schioert etc., sowie dass häring ein ur-nd. fries. Wort ist u.
die von: G ehir gshamm, B er g spitz e mittelst der Endsglbe ing (cf. h\g, was auch
etc. hatte), so ist es leicht möglich, dass mit ung in Waldung, Holzung etc. identisch
Haar rauch in neuerer Zeit, tvo im nd. u. ivomit auch meklenburgisch mntting [Mut-
die Bedtg.: heisser trockner Dunst 10 ter] zusammengesetzt ist) von har, haer, her
des alten Woi'tes hare od. mnld. haer ver- od. her, her (Heer, Menge, Schaar etc.)
loren gegangen ivar u. man es in Nieder- abgeleitet wurde, sodass haring, hering
Sachsen ivirklich in der Bedtg.: Höhen- urspr. als Collect, für diese in grossen
rauch gebrauchte, im nhd. auch mit Höhe- Mengen od. Schaar en an den Küsten er-
rauch übersetzt tvurde. kläglich ist es \o scheinenden Fische von Hause aus ein Et-
indessen auch, dass die Wörter Haar- ivas bezeichnete, was ein Heer od. Heer-
rauch u. Heerratich beide mit hur, her ähnliches Etwas ist, bz. in Schaar en
od. her (hehr, hoch etc., cf. afries. har, her, zieht u. kömmt. cf. dieserhalb auch H.
hoch etc. unter her od. herr), od. einem da- Leo, Spalte 123, Zeile 23.
von gebildeten Subst. hare, here (Höhe) zu- 20 harke, hark', Harke, Rechen. Sprichw. :
sammengesetzt sind, während das nhd. Höhe- ik wil di wlsen , wat 'n hark' is. — Nd.,
rauch (sofern es nicht blosse Uebersetzung mnd. harke; nid. hark; mnld. harcke, hercke.
des nd., fries. här-rok, herrok ist) auch aus Davon wohl franz. herque (räteau de fer).
älterm mdartl. heige- od. hege-rauch ver- M. Heyne denkt an einen Zusammenhang
derht sein könnte, tvas bekanntlich mit ahd. 25 mit engl, harrow (Egge) , to harrow (eggen;
hei, gehei, geheige (uredo, cauma etc., cf. 6 verheeren, verwüsten, verwirren, üherwälti-
hei ti. dazu mnld. haere [urens frigore ven- gen, einf edlen, unterjochen) , bz. dän. harv
tus etc.] unter 3 hären) zusammenhängt, (Egge), harve (eggen), nfries. (Outzen)
wie ja auch ivirklich das Wort hairauch härwe, (Schütze) harv (Egge), was nach
statt Höherauch od. Höhrauch vor- 30 dem engl, to harrow höchst wahrscheinlich
kommt. Da nun aber neben Haar rauch aus dem ahd. harjon, herjön etc., ags. her-
auch noch die Form Heer rauch in der- jan, hergjan (mit Heeresmacht ziehen, über-
seihen Bedtg. vorkömmt, so ist ivohl anzu- ziehot ; verheeren, plündern etc. , vastare,
nehmen, dass auch dessen erste Sylbe Heer spoliare, praedas agere) hervorging u. wobei
aus mnld. od. mnd. haer od. fries. heer ent- 35 demnach anzunehmen loäre, dass entioeder
stand, zumal auch nhd. Haar im mnld. aus der Bedtg.: (ein Etwas) überziehen
haer, hayr «. im fries. her, heer, hier lautet. od. ziehen über (Etioas hin) die von
har-jasses, s. her-jasses. Egge (als Ding, tvomit man das Feld über-
häring, härink, iiärenk, hänik, hernk zieht) hervorging, od. dass aus verhee-
(Plur. hä.rings,hkrn]is etc.), Hering. Sprichto.: 40 re^i, verwüsten (wenn in alter Zeit ein
he bradt sin häriugs gern hi 'n andermans Heer ein Land überzog u. verwüstete, bz.
für; — sin liäring bradt dar n§t. — Nd. eine Stadt od. ein Dorf überzog u. ver-
hering; mnd. heriuk, harink; nid. haring; brannte, so wurde die Gegend, od. Stätte
mnd. harinck, heriuck; afries. hereng; ags. mit Salz überstreut u. damit eingeeggt od.
haering, hering; engl, lierring; isl. haeringr; 45 auch iimgepflügt, um sie unfruchtbar u. un-
ahd. harinc; mhd. herinc, härinch. Davon: bewohnbar zu machen) etc. die von eggen
ital. aringa; sj)an. arenque; prov. arenc ; (od. zerreissen etc. mit der Egge) hervor-
f r anz. hureng; ival. hering. Die gewöhn- ging. Was nun aber ha.rke, bz. mnld. hercke
liehe Annahme ist, dass dieses WoH aus speciell betrifft, so ist dieses mit (Diez)
lat. hälec, älec, hälex (eiii Salzfisch, od. eine 50 franz. herse, afrcmz. herce , mlat. hercia
Salzlake) entlehnt wurde, od. entstanden ist. (Egge) wohl zweifellos identisch, wovon auch
Da indessen der mit dem collect. Namen ha- franz. herser, rect. hercer (eggen) u. afranz.
ring, haering, hering etc. benannte Fisch den (Dimin.) herceler, nfranz. harceler (einen
Küstenbewohnern der Nordsee jedenfalls viel bis zur Peinigung reizen) nach Diez wei-
früher bekannt war, als sie mit den Römern 55 tergebildet sind. — Afranz. herce betr. , so
in Berührung kamen u. er grade zu den soll dies aus lat. hirpex hervorgegangen
am häufigsten u. in grossen Mengen an sein, was ich dahin gestellt sein lasse.
unsern Kmten vorkommenden Fischen ge- hfirke, härtje, Härchen; dat Bchald gm
hört, bz. besonders im Frühjahr stets harke.
massenhaft in den aggen genannten Reusen 60 harken, harken, rechen, ziehen, bz. mit
HARKEN HAHKJEN 42 HARM
der Harke durch- od. über ziehen, hz. ebnen, das aus dem Flachs gerupfte od. g c-
od. zusamiueiiziehen etc.; hö harkd dat all' zupfte Etwas sein tvürde. Dass wahr-
bi 'naniler; — du niust dat bcdde örst har- scheiid. auch )ihd. Luft = goth. luftus (cf.
keil Uli de kliiten göd fin niaken ; — he 1 \\\c\i{) aus Xwiei entstand u. zu einem Vbm.
harkd de tun nt; — he haikd de bladen in 5 lufan, greifen, fassen, rauben, entfernen,
en hüi) tosanieii. nehmen, frei machen, Eaum machen (ist
linrkon, hiwkj^n (obs.). horchen, lausclien, Luft = freier Raum, cf. die Eedens-
horen , gehorchen etc. — Africs. harkia, tirt: mache mir Luft) etc. gehört, ist loohl
harkj.i , horkia, herkja; ufries. harckjen, zweifellos u. Weiteres darüber unter 1 \ucht
lierckjen; nfrie.'^. harke; satl., wa )i g. hai-kje; 10 zu vergleichen.
ags. heorc-jan , hercnjan, hyrciiaii: engl. Hai'lo, Marl, Hai'i'el, die Harle, ein klei-
hearcen; nd., mnd. borken; mnhl. barcken, ner Flass, loovon das llarlingcrland od. (cf.
horcken ; ahd. hürechan, hürcchcn ; md. hur- T>r. Friedlaen d er, Ostfries. Urkundcnb.,
cheii. Zu huren, bz. ahd. hürjan etc. u. png. 15, Kr. 23 vom 22. März 1237) terra
z^rar con einem Stamm heorc , hyrc, bz. 15 Herlingia seinen Namen hat. Derselbe
hcöri^;, h.vric, heörech, der mit ags. hyrig, strömte früher (cf. Arcnds, Erdbeschr.
ufries. heroch, herech, herec etc , mhd. hoe- von Ostfries- u. Harlingerland., pag. 488
rec, nhd. hörig tirspr. identisch war, so- seq.) ^oahrscheinl. (aus dem Brokzeteler-Meer
ihis.t ahd. hürech-an tvörtl. soiu'el heisst cds kommend) durch einen bis Wittmund rei-
hörig sein, bz. hören. 20 chenden Meerbusen (gleichfalls Harle ge-
harker. Einer der harkt, od. rechent. nannt), zwischen den Inseln Spiekerooge u.
li;ii'-kh'n, haarklein; ik kan d! dat net Wangcrooge hindurch ins Meer, ivie ja auch
all' so härklen fertellen. noch jetzt der zwischen diesen Inseln hin-
hilr-klöfe, Haar- Scheitel, Stelle, loo das durchßiessende Strom den Namen Harle od.
Haar gescheitelt wird. 25 Harrel trägt. Der Flussname selbst kömmt,
\uiv-klofer, n) Haarschneider ; — h)Haar- soviel ich tvei.'^s, in alten Urkunden nicht
Spalter: fig. Wortklauber; he is so 'n reg- vor u. da nun die Wangerooger (cf. Eh-
ten harkiut'cr. rentraut, I, 370 u. JI, (>!)) denselben
liarl, haiTCl, Faser, Flachsfaser, einzelne Heddel nennen, so ist es fraglich, ob der
Faser von Flachs; de harlen od. liarrels 30 Name Harle od. Harro], Harl , bz. Herle,
tan "t flas. — Nd. harl; mnd. (Seh. u. L.) Herrel , Herl aus Haddd , Heddel entstand,
harl, harle, herle, harrel (ein Haar von od. timgekehrt das wang. Heddel aus älterm
Flachs od. Hanf, ein einfacher Fesen); Herrel. Zu der Wahrscheinlichkeit od. Mög-
engl. harl (Flachs-, od. Hanffaden, die fa- lichkeit der Entstehung von Harl, Herl, bz.
serige Substanz). Obschon ttuin bei diesem 35 Harrel etc. aus Haddel etc. vergl. unser
Wort wohl an eine Identität mit nhd. harre, harr' aus hadde (hatte = nid. had),
Härle, Härlein (Härchen) denken könnte, scharre, scharr' aus %chü.([A.Q (Schatten) etc.,
so hat es damit doch nichts gemein, sondern bz. die Contract. von weder, wedder (wie-
es ist vielmehr aus ahd. harlufa, harlifa, der u. Wetter) zu wer, — snder zu sür
harlefa, bz. harluf, harliiph (licium, fiuiis) rrr- 40 etc , während bei der Entstehung von Hed-
stümmelt a demnach (,'o)ii})os. von har, bz. del aus Herle, Herl, od. Herrel angenommen
haru (Flachs, cf. 2 här) u. lufa, Inf, luph, tverden müsste, dass Herl zuerst zu Herdel
leas vielleicht mit mhd. lupfen (in die Höhe (cf. kerdel [Seh. u. L., I, 460] = kerl,
heben, od. ziehen, rupfen, reissen, lüpfen) karl u. andere Einsrhiebungen eines „d")
zusammenhängt u. wo denn lufa, luph die 15 u. dieses dann zu Heddel geworden sei, tvie
Bedtg.: Hebung, Hub, od. Zug etc. haben z. B. wang. seddeiije aus sernje, Z;.^. serrnje
könnte u. harlufa das aus dem Flachs (cf. unter liarnen) entstand.
gelupfte, od. gezogene n. gerupfte Harm, ml. Name, gekürzt aus Hermann.
Etwas uärc. Oder muss man für dieses Duron: tcbl. Dimin. od. Koseform Harmke
lufa etc. ei7i verlornes Vbm. lufan (reissen, 50 n. Gescldn. Harms, Harmens.
wegreissen, bz. rauben, ivegnchmcii etc. od. Iiariu , Harm, Leid, Schmerz, Verdruss,
raufen) = urspr. rufan (cf ruf, ruifen, ru- IJctrübniss, Kummer, Gram etc. ; fan liarra
fen etc. u. lat. rup, rump von rnptor u. un Icuninier umkamen. — Nd. barm; myid.
rumpo, — bz. skr. lopa, Ijoeh, liiss, Spalte barm, borm; afries. hcrm (Harm, Schmerz) ;
etc. u. md. luf. Loch, Itiss, Spalte, Abgrund, 55 nfries. hiirm (bekümmert, verdri esslich, trübe
Höhle) annehmen, wonach denn lata, soirohl gestimmt); mnld. , bz. fries. (KU.) herm,
die Bedtg.: Riss etc. cds auch die von: barm (tristis, lugens, dolens) ; (fs. barm (Leid
einmaliges Reissen u. Zupfen {cf. etc.) u. barm (leidig, schmerzlich, Kummer
ruf = Rupf od. Zupf etc.) haben könnte bringoid; schlimm), ^///.s. bearm (Kränkung,
u. demnach har-, od. baru-lufa auch, wieder CO Beleidigung, Schaden); engl, barm (Leid,
HÄRMEN
43
HARPE HARP
Nachtheü etc.) ; an. liarmr (Betrühniss, Kum-
mer etc.) ; norw., sclnved. härm (Harm, Gram
etc.) ; dän. hcarm (gram, unwillUj etc.), härme
(Harm, Gram etc.); alul. härm (coiitumelia,
calumuia, jurgium ; injuria). Ob es zn ]/ ^ram,
(sich anstrengen, abmühen, quälen etc.) gehört,
sodass die Grdhdtg.: Anstrengung, Mühe,
Qual etc. ist? Oder gehört es mit kslnv.
scramü (Scham, d. h. ursjn'. wohl: BotJi-
werden, Erröthen etc.) , lit. sarmata («lecle-
cus), slav. sramiti (sich schämen) zur y (•ä.r,
^ri, od. cri (glühen, glänzen, roth ivcrden,
erröthen) ?
härmen, härmen, Harm, Leid u. Gram
etc. machen u. thim, od. haben u. leiden ;
dat harmde hum ; — he harmd sük ; — in
Harm sein, betrübt u. traurig sein, Idagen
etc.; härmen uu karmen. — Nd. (Dähnert)
härmen ; mnld. hermen (Leid u. Schmerz etc.
[Jemandem] machen od. zufügen, nocere,
obesse) ; ags. hearmjan (Harm machen, pla-
gen etc.), engl, härm (beschädigen, verletzen,
Leid zufügen etc.) ; an. harma (betrüben
etc.); dän. härme (sich härmen); ahd. här-
men (in Leid sein, sielt härmen) u. harm-
jan, harman ; md. hermen, hermiu (beschim-
pfen, plagen, quälen, ve.viren). cf. (Diez,
II, 331), afranz. hargue (Verdriesslichleit),
hergue (verdriesslich) ; lothr. haregne (Ha-
der, Zwist) ; nfranz. hargueux (zänJcisch),
norm, harigueux (störrisch), afranz. hargner
(hadern, zanken); pic. hargner (höhnen,
verhöhnen), hergner (sich beklagen) etc. loe-
gen ihres theilweisen Zusammenhangs mit
härm.
här-miitse (Haar-Mütze), Perücke, Haar-
tour; fader, du hest din härmüts' nog net up.
liaruas, hariiask, Harnisch, I'anzerhemd.
— Afries. (haruask), harnasch ; lofrics. liar-
nasck; nZd harnas; mnd. harnasch, harnisrh,
harnsch, harns, hernesch ; isl. hardne^!kia ;
mhd. harnas, harnasch, harnesch, haraisch,
hernisch; engl, harness. Aus afranz. har-
nas, od. mit diesem u. (Diez, I, 33), ital.
aruese ; span., port., prov. arnes ; franz. har-
nois, harnais (Rüstung, Geschirr) von kymr.
haiarn; abret. hoiarn; ir. iaran (Eisen), wo-
bei es möglich ist, dass zuerst das engl, har-
ness aus kymr. haiarnaez (Eisengeräthe)
entstand u. hieraus in die andern Sprachen
überging. Das kymr. haiarn (für aiarn) etc.
ist wie an. iärn (Eisen) etc. desselben Ur-
sprungs wie unser her.
Häro, Häre, ml. Name. Davon Geschln.
Hären, Häringa, Harringa. cf. Dr. Fried-
laender, Ostfries. Urk. - Buch, pag. 19,
Nr. 26, vom Jahre 1255 die Geschln.: Ha-
ren, Harenga, soivie in Nr. 171 (vom Jahre
1400) den Namen Häro, ivovon Hero viel-
hicht eine Ablautform ist, icenn diesem
nicht zunächst das afries. her od. her 0iehr,
hoch etc., cf. her od. herr) zu Grunde liegt,
woneben indessen auch die afries. Form
har (hoch) vorkommt u. wo denn Haro loohl
5 von diesem har gebildet sein wird.
liai'pe, liarp, Harfe. — Wfries. harpe,
herpe; vld. harp; nd. harpe; mnd. harpe,
herpe; ags. hcarpe; engl, harp; an. harpa;
dän. harpe; ahd. harphä, liarfä, haraphä;
10 mhd. harphe, harpfe, lierpfe, liärpf; md.
harpe. Davon: ital. arpa; span., port.,
prov. harpe (Harfe); prov. arpar ; afranz.
harper ; ital. arpeggiare (Harfe spielen), wie
desgl. nach Diez (s. I, 33) auch neup.
15 arpa; span., prov. harpe (Kralle, Haken);
span., port., prov. arpar; nfranz. harper
(packen, anhaken, zerreissen) ; ital. arpicare,
inerpicare (klettern) ; franz. harpin (Haken),
se harpigner n. se harpailler (sich raufen);
20 ital. arpignone (grosser Haken), arpione
(TJiürangel) ; span. arpon; jjo?-<. arpao ;/jvi>(^.
harpon (Harpune), harpeau (Enterhaken)
etc., ivobei Diez annimmt, dass die haken-
ähnliche Gestalt der Harfe Veranlassung
25 zu der Bedtg.: Kralle, Haken gegeben hat.
Vergl. dagegen M.Heyne (Grimm, TI^.
IV, 474), welcher der Ansicht ist, cZass harpe
in der Bedtg.: Klaue, Haken sich blos
damit gemischt hat n. mit lat. liarpe (sichel-
30 förmiges od. krummes, hakenförmigesSchivert),
harpago (Haken, räuberischer Mensch) zu-
sammenhängt, wobei jedoch zu bemerken ist,
dass lat. harpe loohl entlehnt od. identisch
ist mit griech. arpe (Sichel) u. harpago, har-
35 pax mit griech. arpe (Eaubvogel) , arpäzo
(raube), arpäge (Haken) zusammenhängt,
welche letzteren Wörter (cf. Gurtius,pag.
264) mit lat. rapio, rumpo etc., bz. imserm
rofeu etc. zur ]/ rap, rup, rump etc. ge-
40 hfjren sollen, loährend arpe (Sichel) von
Curtius (s. daselbst) mit lat. sarpo u.
carpo, bz. unserm scharp (s. das. u. unter
schrabben, schräfe etc.) einer ]/ sarp od.
skarp zugelegt werden. Was nun aber spe-
45 ciell dasgerm. harpa (Harfe) betrifft (wo-
von denn auch lat. harpa [Harfe] entlehnt
sein muss), so leitet Fick (II, 269) dieses
mit lat. crabro, crepare; griech. skeraphos,
skcrbolos (schmähend, scheltend etc.) etc.;
50 kslav. skripati (strepere) u. ahd. hröpan (ru-
fen, cf. ropeu) etc. von einer ]/ skarp, skarb
(sonare) ab, ivobei man indessen in die sehr
grosse Versuchung kömmt (vergl. dieserhalb
lat. fragor u. frango, bz. an. braka, 2»'««-
55 .sein, krachen etc. u. brikan , brechen, reis-
sen etc., soivie an. brestr, Gekrache etc. u.
ahd. brestan, bersten, reissen etc. unter bar-
sten), um anzunehmen, dass alle von Fick
aufgeführten Wurzeln kar, kar, skar urspr.
GO Schallwurzeln waren, die aus der Grd-
HARPEIS
44
HARS
bedtg. : sonare , od. rauschen , hinnen , don-
nern, krachen etc. wieder die Bedtgn. : bre-
chen, bersten, spalten, hauen, schlagen (zu-
recht hauen, verfertigen etc., cf. y tak, taksh
unter düssol etc. u. Fiele, I,ü:a>)- schneiden,
schecren , scharren, kratzen (cf. krahben u.
schrabben etc.) «. viele sonstige Bedtgn. ent-
wickelte u. dass die secundären od. tertiären
Wurzeln kart, kard, skart, skanl, skarp,
skarb etc. od. krat etc. nur blosse Weiter-
bildungen von skar od. kar (cf. Fick we-
gen der M'urzeln kar, kar, skar in I, pag.
41, 57, 2-3S seq., sowie an andern Stellen)
sind. Zu harpe, bz. harp, ahd. harpha ist
noch zu bemerken, dass harp im nid. ausser
Ha rfe auch die Bedtg. „Sieb" hat u. ahd.
harphä auch Benennung eines „Gerüstes
zur peinlichen Bestrafung" ist.
liarpeis od. liarpeus, harpfis, gekochtes
u. geschäumtes Harz, gcwöhnlic/i mit etwas
Schwefel gemischt, damit es etwas heller ti.
glänzender wird. — Nd. (B r. Wb.) baar-
peus; idd. harpuis ; )nnd. harpois; schwed.
harpös od. (Bobrik) harpOset; dän. har-
pix. Es tcird für gewöhnlich gebraucht, um
Masten, Stangen, Baaen u. andere Holz-
thede des obern Schiffes damit zu bestrei-
chen, um sie vor der Fäuhiiss zu bewahren.
Im Sommer u. in heissen Gegenden Jedoch
werden auch die kalfaterten Nähte des Schif-
fes mit einem Gemenge von harpeus u. zwei
Uieilen Pech bestrichen, iveil harpeus härter
ist als Pech. Die Entstehung u. eigentliche
Bedtg. dieses Wortes betr., so ist die Vor-
sylbe har loohl aus hars (Ilar.;) gekürzt, toie
auch harpeus im engl. u. in andern Spra-
chen einfach mit resin , bz. resiiia bezeich-
net tcird. Den zweiten Thcil pcus, puis,
pois etc. betr., so entstammt dieser wohl dem
franz. puiser (schöpfen), wonach denn liar-
peus wohl soviel als Schöpf h ar z od. g e-
schöpftes u. geschäumtes Harz ist.
Das franz. puiser, prov. pozar (schöpfen)
stammt mit ital. pozzo, ical. putz, sptan.
pozo, prov. potz, franz. puits (Brunnen, cf.
pütte) u. nhd. Pfütze von lat. puteus,
während unser püssc (Wassereimer, od.
Schöpfeimer, bz. Gefäss zu Flüssigkeiten,
wie z. B. auch für Thccr) = nd. putse,
nid. puts, schwed. jiytts, dän. pöes wohl vom
franz. puiser abzuleiten ist, wie desgl. auch
unser püssen (schöpfen).
här-pin (Haar-Pein, Haar-Weh), Katzen-
jammer.
liär-pluH, Werg od. gezujiftes Tau zum
Kidfatrrn der Schiffe. — Nd. (Bobrik,
naut. Wb.) liarplüs; nid. harphiis. Die Vor-
sglbe här od. har ist wohl ursjjr. aus liare
gekürzt n. conncv od. ident. mit här od.
hare (Flechse, Sehncnbündel, Sehnenstrang),
als Weiterbildung von har (Flachs), cf. 2
här. Die zweite Sglbe plus gehört zu plü-
sen, zupfen etc.
harre." harr', a) hatte; — b) hätte; s.
5 hebbcu. Sprichw.: harr'-ik \\n hebb'-ik sunt
brörs west (hätte-ich u. hab'-tch sind Brü-
der gewesen). Davon Plural:
1. harren, a) hatten; — b) hätten.
2. liarreii. aushalten od. halten, dauern,
10 ausdauern, bleiben etc.; he kan hir wol har-
ren, bz. ütharren. Da dieses Wort mit har-
den in der zweiten Bedtg. begrifflich so
nahe zusammenfällt, so scheint es fast (auch
hadde wurde ert^t zu harde u. dann zu harre)
15 daj'aus assimilirt zu sein. Das nd. (Br.
Wb., Däh)t ert) hsLYcea Jiat dieselbe Bedtg.
wie unser harren, welches übrigens auch mit
mnld. (KU.) harren (haerere, commorari,
durare) identisch sein kann, wie desgl. auch
20 7nit dem mhd. harren (warten, ausdauern),
icoraus das nhd. Jt a r r e n hervorging. Da
nun KU. zu harren den Z u!<atz sciwi macht,
so ist es seJtr leicht möglich, dass das an-
scheinend spät u. nur vereinzelt erschei-
25 nende mhd. harren aus dem and., fries. har-
ren ins Hochdeutsclie überging u. dieses
selbst aus harden assimilirt wurde, da es zu
hard (cf. durus u. durare) jedenfalls begriff-
lich eben so nahe u. ivohl noch näher liegt,
30 wie zu hars (stark etc.), od. nhd. harsch,
womit es nach il/. Heyne (cf. Grimm'-
sches Wb. unter harren) connex sein soll,
indem er der Ansicht i'st, dass es aus ülterm
harsen entstand.
35 hars, .s/rt;7i;, sehr etc. ; dat kumd d'r hars
up an; — dat stekd so hars net; — dat
schälde so hars-föl (sehr-, ^nächtig-, unge-
mein-viel) net. — Wie swit od. swith (stark,
sehr etc) mit nhd. (ge-)schw i n d, bz. mhd.
40 swinde (kräftig, stark, heftig, rasch etc.) zu-
sammenhänf/t, so icird auch hars mit hard
u. ahd. hrad, hrat (rasch etc.), horsk (alacer,
ccler, pronitus), rask, rosk, resche (rasch
etc., cf. rad, rat u. ras od. rask), sowie wei-
45 tcr mit griech. kärta etc. (cf. hard) wohl
einer u. derselben ]/ angehören. Wegen
ahd. horsk etc. vergl. indessen Fick (III,
60), der dieses Wort mit nhd. lioss (afries.
hars, hors etc., cf. hors) u. lat. curro zur
50 ]/ skr. car (gehen) stellt.
Fraglich bleibt es, ob das nhd. harsch
(crustatus, rigidus, durus, wovon harschen
in verharschen), sowie mnd. (Seh. u.
L.) harsch (asper etc.); schott. (Jamie-
55 son) hars, harsk ; engl, harsh; aengl. harske,
haske; dän. harsk; schwed. härsk (auch die
Bedtg.: ranzig, galstrig, bitter etc. kann
sich aus stark ergeben, wie loir von sol-
cher Butter ja auch sagen: so smekd stark,
60 od. hed 'n starken [bz. scharpen, schrannen
HAUS HASS
45
HARTEN-AS
etc.] smäk) u. noriv. harsk in harsk-log ^
liardsleg (Itart, streng etc.) etc. identisch ist
u. demnacJi nhd. harsch rt«<s hars ((/. biirs
= Bursch) entstand, tvie M. Heyne (s.
G r i m m, Wo. unter harre n) anzunehmen
scheint. Oder ist das erst so spät erschei-
nende nhd. harsch, soivie vielleicht auch
das engl, harsh u. schott. harsk etc. mit isk
= nhd. isch von einem Stamm har (rauh,
scharf etc. od. hart, dürr, trocken etc.) wei-
tergebildet, der mit 1 , 2 od. 3 hären , hz.
den darunter erwähnten altern Verben zu-
sammenhängt, loozu die verschiedenen Be-
dtgn. von harsch, bz. engl, harsh etc. auch
sehr gut stimmen '^ — Zu dem unter H hä-
ren (cf. auch har lg) erwähnten mnld. hae-
reu, bz. mnd. hären (scharf sein etc., von
der Luft, od. vom scharf u. trocken wehen-
den Ostwind) gehört ivahrscheinlich ivenig-
stens auch mnd. (Seh. u. L.) hart, harje
(scharf anhaltender trockner Ostwind).
liars, hass, Harz (resina). — Nid. hars ;
mnld. hars, hers, harts «. hcrst, harst ; mnd.
(Seh. u. L.) hart, hars, has; ahd., mhd.
harz (bi turnen, Harz) mit den Weiterbil-
dungen: harzol,harzel('Pec/i),harzuh, harzoh,
harzoch (Harz, Pech).
Es ist der aus den Bäumen fliessende,
quellende od. hervorbrechende Saft
(Feuchtigkeit, Nasses etc.) u. stellt Fi c k (1, 47)
dieses Wo7-t daher zu kard, netzen, ausbrechen.
harsen, Gehirn; fig. (nur im Plur.) auch
statt: Kopf, Verstand, Denkvermögen, Ge-
danke, Sinn etc. ; 't f äld hum in de harsens ;
— dat is mi noit in de harsens kamen, dat
ik dat ferseilen wul'. — Nid. hersen; mnld.
herssen. Ist unser brägen tcirklich als
weiche breiartige Masse zufassen,
so würde mnld. herssen od. hersen (vergl.
auch Grütze in der Bedtg. Gehirn etc.)
leicht mit mnld., mnd. herse ; ahd. hirsc
(Hirse, milium) connex sein können, zumal
wenn man erwägt (cf. mnd. herse bei Seh.
u. L.), dass dieses Wort auch mit „Reis"'
übersetzt tvird u. auch das mhd. hirse niclit
allein die betr. Pflanze u. Frucht, sondern
auch die daraus bereitete breiige Speise
bezeichnet. Oder darf man es mit an. hjarsi,
hiassi (Haupt, Grdform hersan?) u. weiter
dem (ahd. ?, cf. 0. Scha d e) harsenier, her-
senier (Kopjfbedeckung unter dem Helm) zu
einem Thema harsan = idg. (Fick, I, 58)
karsan od. karasan (cf. skr. girshan, Haupt)
stellen cds Weiterbildung von karsa, karas
(cf. skr. qiraiS, Hau2}t; griech. köise, Schläfe
etc.)?
här-spit od. aMc/tliär-stapel, zum Schürf-
zeug gehörender kleiner Amboss, worauf die
Sensen gedengelt, bz. geschärft (cf. 2 hären)
werden.
1. hart, s. hard.
2. hart, Herz; fig. Math etc., Gemüth,
Sinn, Denkungsart. liedensart . u. Sprichw.:
wen du nn 't hart wer host un kumst mi
5 wer in min hi'is, den kuinst du rüggels to
de dür üt; — sin hart (od. mud) sakd hum
in de bencn (od. hasen, bükse) ; — d'r sitt
gen göd hart in hum ; — lie freide sük so,
(lat hum 't hart iu 't llf d'r faii lachde; —
10 wen de buk lul is, is 't hart bilde, od. hed
't begereud hartje rüst; — siu hart ligd
hum up de tung' ; — he dragt hum in sin
hart; — he hed wat up 't hart; — 't hart
drükt hum, od. is hum swär ; — wat net
15 fan harten kumd, geid net to harten ; — dat
snidt hum iu 't hart ; — dat hart trilld hum ;
— in 't hart (hnierste) fan de hörn; — ik
heb' hum 'n klam an 't hart gefen (ich habe
ihn stark gerührt) ; — 't hart wil sin kla-
20 ger (Jemanden dem man klagt) hebben; —
he mäkd iit sin hart giii mördkül; — mund
wat sprekst du? hart wat denkst du? — Nd.,
nid. hart; mnd. harte, herte; mnld. hert,
herte; afries. hirte. herte; wfries. lierte; as.
25 herta, herte; ags. heorte, hiorte; engl. hea.rt;
schott. hart, heart; an., nono. hjarta, hjerta;
schwed. hjerta, hjarta; dän. hjerte; goth.
hairto; ahd. herza; mhd. herza, herz; lat.
cor (cord, cordis) ; griech. ker (kerd) u. kar-
30 dia, kradl'a ; air. cride ; Iit. szirdis ; kslav.
scriidice ; ze7ul. zarezdan u. zaredhaya ; j^'^i's.,
npers., buchar., bal. kurd; arm. girt; südoss.
zarda; dig. zerde; tag. zärda; skr. hyd,
hrdaya u. härdi. Zweifelhaft, ob Grdform:
35 karda, od. skarda, kharda. Die Grdbdtg.
ist ivohl: Schlagendes , Klopjfendes, Pulsi-
rendes, Stossendes etc., od. Hüpfendes, Spjrin-
gendes, sich Auf- u. Nieder-beioegendes etc.
3. hart, Hirsch. — Nd. hart ; mnd. harte,
40 herte; nid. hert; mnld. hert, herte, hirt;
wfries. hert; nfries. (Outzen) hjört, hert;
as. (hirut, hirt) ; ags. heorot, heort ; engl.
hart ; an. hjörtr, bjartar, Plur. hirtir ; norw.,
schwed., dän. hjort ; goth. (hairuts) ; ahd.
45 hiruz, hirz; mhd. hirz, hirze. Die Stamm-
form heruta, hairuta etc. bezeichnet wohl
ein gehörntes Etwas, sodass dieses Wort
ebenso loie cambr. carw , lat. cervus (Hirsch)
mit griech. keras (Hörn, Geweih), keraös
50 (gehörnt), zend. qi-va, (Hörn, Nagel) etc.,
bz. lat. cornu (cf. hörn w. auch hörn) zu
einer y gehört.
hart-blöd, Herzblut.
hart-brekend, hart-bräkend, herzbrechend.
55 hart-bak, hartc-buk, Hirschbock; hartje-
buk, kleiner Hirschbock.
1. hartelk, s. hardelik etc.
2. hartelk, s. 2 hartlik.
\ia,rUn-a,H, Herz- Ass; harten-Luretc, Hers-
GO bauer etc.
HÄRTEKS-BLIDE 46 HASE HAS^
hait(Mis-lili(lo, herceusfroh. weshuUi denn auch Fick es für möglich
iiartiMi>^-?:ö(l, herzensgut. hält, dass ^atja/ür ?asa, hz. idg-ka^a. steht,
1. Iiarijc. a) Herzchen ; fig. I.iehUng etc.; wtts indessen auch sehr fraglich ist, zumal
— b) Saugeentil einer Puinj'e. da es eine entsprechende |' auch für diese
2. hartje, /deiner junger Hirsch, Ilirch- 5 Form (d. h. der Bedtg. nach) nicht gieht.
lein. Ifält man sich alter lediglich an das gerin.
härtjp, Härchen. hasa (vergl, auch wegen lci)us als der Lichte
hai'tis;, a) herzig (nur in Compos. als od. Graue von der griech. y lainp, glän-
göilhartig etc.); — b) herzhaft, tapfer etc. zen etc. bei G. Curtius, 360), so liegt die
hait-kloppen, Herzklopfen. 10 Vermuthung sehr nahe, dass es mit ahd.
Iiart-kiilc. Hcrzgrulic. hasaii, luisauo (politus, vonustus) ; at/s. hasii,
1. Iiai't-lik; /. 7. liardelik etc. lieasu (glänzoid, grau, gelblich grau, grau-
2. Iiart-lik, liartolk, herzlich etc.; bart- braun); an. hoss, hu^svAu (aschbraun, licht-
lik larhpii etc. gi'C'O; Z"^- cäiius, cdt : casnus (iveiss, licht-
liartoi;. n. liortog. 15 grau), osk. casnar (<ler Alte, od. Graue,
luwi-s'i'V, h'AVls'iv, Herzweh, Herzleid etc. ; Greise, Greis), soivie niögliclterweise auch
sin kindcr heblieii bum al föl hartsör mäkil ; mit ags. här; engl, hoar (grau); an. bärr,
— be is fall harts;lr stürfen. hiir (grau, grauhaarig), haera. (graues Haar)
hart-sla^, a) Herzschlag ; — b) Herz, etc. zusammenhängt n. demnach der Hase
LutKie u. Leber, bz. Alles was zum Vertrieb 20 nrspr. ebenso wie der litis (cf. ulke u.
des Blutes dient. — Fngl. bartslet. unter ollen) u. viele andere Thiere nach der
harts-tocht (Herzenszug , Zug des Her- Farbe seiner Haare benannt wurde. Für
zens), Neigung, Leidenschaft etc.; lie lett hasa, hasu etc u. lat. CdSnus etc. loäre dann
sük fall shi bartstocbti'ii undorkrigen. (wie für Icjms, leporis [cf. auch liiupidiis u.
här-tug, s. bargöd. 25 liparis, sowie lit. Icpsiia, Flamme, sowie
här-wal, s. horwal. griech. lämpö, lampter, Jampä.s etc.] eine y
liäi'-was, od. palliar, Haarwachs, bz. die lap, lamp, glänzen, scheinen , brennoi, flam-
weissgelblichen , lederartigen Flechsen od. men etc.) für hase eine y kas (glänzen
Sehnenbündel (Muskel - Stränge etc.) im etc., cf. Grass mann ivegen caks aus kas
Fleisch, welche afries. waldawaxe u. wang. 30 etc.) anzusetzen, wie man bei baso als den
waliwax genannt werden. Wegen des ersten Ljichten od. Gra uen, bz. Lichtgrauen
Theils bar (was nicht mit 1 bar [criiiis] od. glänz end Grauen vielleicht auch an
identisch ist) vergl. 2 bar. Wegen was den Zusammenhang des uralten Hasenna-
vergl. was in gewas, wasdöui, wassen, da men L.ampe (oh urs2)r. nd., weil er im
dieses Wort wohl dieselbe Bedtg. toie gewas 35 Beineke Fuchs so heisst?) mit griech.
(Geicächs, Gebilde etc.) hat u. demnach bar- lampö (leuchten, glänzen) denken könnte,
was soviel loie Flechsen- G ew ächs ist, tvomit auch sehr gut das goth., as. lamb;
bz. ein Etwas bezeichnet, ivas tvie eine ahd. lanib, lamp; mhd. lamp (Lamm) con-
Flechse od. Strang gewachsen od. ein nex sein kann, da es sehr wohl möglich ist,
Flechsen- Gebilde ist. 40 dass auch dieses seinen Namen von der
1. hase, lius', a) /fase (lepus). Sprichiv.: weissen od. blanken, hellen, reinen
dar man 't am mindsten ferwacbt, spriiigd Farbe seines Vliesses hat. Vergl. dieser-
de hase iit de gracbt ; — b) das zarte Stück halb auch lat. agnus, kslav. agne (Lamm)
Muskeljleisch zwischen Bippen u. Nieren, zu skr. agni (Feuer, Feuergott) , lat. ignis,
bz. unter dem sog. dünnen Mürbebraten, 45 lit. ugnis, kslav. ogui (Feuer); skr. aiigära,
welches man hier rtwc/t papen-hörn nennt u. lit. anglis, kslav. agH (Kohle), welche letz-
ein ganz vorzügliches Beefsteak liefert. — teren Wörter Fick mit griech. 'ägamai, äga-
Nd., mnd. baso; 7dd. haas ; mnld. baose, nös, kgA'pÄö u. skr. akiu (Salbe ; lichte Farbe,
hase; wang. (Ehr entr aut, I, 370) bäze ; Strahl) etc. etc. zur y ag, ang (salben, be-
wfries. (Japi.v) haeze; ahd. baso; mhd. 50 streichen, glänzend od. blank machen etc.),
hase, has; ags. hara ; engl, bare; an. heri ; bz. skr. anj (salben, .schmücken, verlier rli-
isl. heri; norw. hare u. (provinziell) hara, chen) stellt, während er dagegen (ob mit
haera ; schwed., dän. hare. Davon: franz. Becht??) lat. agnus etc. mit kslav. azno,
hase (Weibchen des Hasen) ti. norm, (von skr. ajina (Vliess) unter y ag, bz. skr. aj
an. heri) heri (Hase). Fick (u. auch An- 55 (treiben etc., cf. lat. ago) aufführt,
dere) vergleichen dieses Wort mit apreuss. Wegen base als Läufer, Benner etc.
sasis, skr. ^a«,-a (Hase), was vielcrseits von vergl. auch noch unter 2 hast am Schlüsse.
einer y gag (springen) abgeleitet wird, die aber 2. hase, häs", Strumpf, Beinbedeckung od.
gar nicht existirt u. nur von den Gramma- Beinkleid, bz. ein Etwas, was man über od.
tikern für i.aga ersonnen zu sein scheint, 60 um das Bein zieht od. womit man das Bein
HASEN- HAS-BAND
47
HASKE-TID
bekleidet u. hedecht; he hed 'n pär hasen
fan hundefellen makon laten ; — wullcn ha-
sen ; — Sprichio. : de möd (od. dat hart)
sakd hum iu de hasen, od. büksen; — od.
auch: he lett de möd iu de hasen sakkeu ;
— Nd. hase (Strumpf); mnd. hose, hase
(Beinkleid; auch caliga, caligula) ; nid. hoos
(Strumpf); mnld. (KU.) hose (caliga, ocrea,
theca coriact'a; ivfries. (Hindelupeii) lioos;
tvaiig. (Ehrentraut, I, 373) hiize; vfries.
(Outzen) hase, hose; mdfries. hasse
(Strumpf) ; ags. hose (wohl nur in hose-bend,
Strumpfband) ; engl, hose (Beinkleid, Hosen;
Strumpf ; Schlauch an Feuerspritzen ; Hülse;
Büchse; Schlund, Hals, Kehle etc.) ; an. hosa ;
isl. hosa (caliga; Strumpf); norw. hosa u.
(mdaHl.) hoso, husu ; dän. hose (Strumpf);
ahd. hosä ; mhd. hose (Beinbekleidung, Hose
od. Strumpf. Vergl. nhd. Hose (Bein-
kleid) II. Wasser-, Sand-, Wind -Hose.
Davon: ital. iiosa ; aspan. huesa; aport.
osa ; afranz. hose ; kgmr. hos ; mlat. hosa,
osa (Beinbekleidung, Gamasche); franz.
houseau (dasselbe); ital. usatto (Stiefel).
Fick (II, 325) vergleicht dieses Wort mit
kslav. kosulja (indusium) zu kslav. kosi, kosa,
bz. einem Thema kasa (Korb), ivozu er auch
lat. quälum, quasillum stellt. Liegt es in-
dessen nicht näher, dieses Wort mit skr.
kosha (Behälter, Gehäuse; speciell: Fass,
Kufe; Eimer, Gefäss, Kasten, Truhe ; Schatz,
Knospe; Schale, Hülse etc., cf. ags. pisan-
hosa = Erbsen-Hülse, bei Outzen unter
hase), hz. dem goth. huzd (Hort, Schutz;
Schatz etc.) u. lat. cust (in custos), sowie
weiter von einer für hüs (Haus etc., cf. hüs
u. hüske) u. lat. cura, curare etc. cmzu-
setzenden y kus (germ. hus) abzuleiten, wozu
auch an. hauss (Schädel, od. Behälter des
Gehirns) u. Anderes (cf. Fick, I, 51) ge-
hört, da, diesem Worte doch wohl ebenso
wie schö (Schuh) eine y mit der Bedtg.:
decken, bedecken, verhüllen, bergen, sichern,
hüten etc., bz. fassen, halten, in sich fassen,
umschliessen etc. zu Grunde liegt, zu der
auch lat. cura etc. gehört. Vergl. auch
kause u. dazu, dass auch hase, hose wahr-
scheinl. von jeher die Bedtg.: Gefäss, Be-
hälter , Eimer etc. , bz. Hohlgefäss od. ein
Etwas, was ein Anderes einfasst u. um-
schliesst (wie z. B. auch ein Schädel, od.
Kopf etc. , cf. kop , kopke) etc. hatte (wie
an. hauss u. skr. kosha etc.), sowie ferner
auch ose, osen, welch Letzteres seine Bedtg.
schöpfen eboiso von ose (Gefäss etc.) er-
hielt, wie püsseu von püsse (cf. unter har-
peis), pütten von pütte etc. u. wie ose an-
scheinend dasselbe Wort ist, loie hose.
hasen-, häs-baiid, Strumpfband.
liäse-, häs-bäseii, sehr eilig u. hastig um-
herlaufen u. rennen, überaus eilig u. ge-
schäftig thun etc. ; he häs-bäsd herum, as
of lie 't all' beriten uu ofmaken mut , wat
d'r droks to dun is; — du brükst net so
5 hils-biisen, du best tid genug. — Nd. (Br.
Wb., Schätze etc) häse])esen, häsebesen,
hastbassen, haspassen, bz. hesebesen , hissc-
bissen , heesbesen; nid. hassebassen. häs,
häse etc. ioird wohl aus älterm haeste, haste,
10 (hastig etc., cf. hast, bald etc.) entstanden sein,
während bäsen, besen mit basen u. bisen ver-
wandt sein wird, worüber Weiteres unter bäsig.
häse-, hSs-biisig, s. unter bäsig.
hase-blöme, haseblome, Hauhechel (ononis
15 spiaosa).
hase-hakke, liäs-Iiak, lähmende Geschwulst
auf der Beugesehne des Hinterbeins der
Pferde. — Nid. hazen-hak.
hasel-uöte, s. häsnöte.
20 haseu-breidstet', Strumpfstrickerin.
liasen-drager, Einer der mit Strümpfen
hausirt.
\iaHeii-fi\h\k,westfälischer Strumjjfhändler.
hasoii-t'iis , der kugelrunde Staubpilz, od.
25 Bovist, auch püster genannt. Möglich, dass
der Volksglaube annahm, dass dieser Staub-
pilz (cf. 2 fis) von Hasen stammt. Oder ist
dieses hasen mit dem unter 1 hase erwähn-
ten ahd. hasen identisch, tceil der Bocist
30 glänz end hellg r a u ist ?
hasen-mund, Hasenmund, gespaltene Ober-
lippe.
hasen-pad, Hasenpfad ; he kos (wählte) 't
hasenpad.
35 hase-wind, ein plötzlich u. unerwartet
kommender heftiger Windstoss ; sünderbar
wast, dar is güster morgen under Nörderne
mit 'n mal bi still wer so 'n wind längs gän,
dat alle schäpcn up de sid laggen. Och!
40 dat is 'n hase wind west. — Wang. (Ehren-
traut, I, 370) häze-wiu (Windstoss). Im
nid. u. mnld. ist haze-wind od. hase-wind
soviel als: WindJtund, od. canis lepora-
rius, canis venaticus, vertagus.
45 häsk, hasenfarbig, licht- od. mattgrau,
greis, ohne Ausdruck, matt; dat göd od. de
lücht sügt so häsk üt; — dat is so 'u häs-
ken klör. Vergl. unter 1 hase das ahd.
hasan etc. , ivomit es tvohl eher connex ist
50 als mit hase. Die F'orm hask ist wohl aus
haesik = haesich (graulich, od. grauig,
greisig, lichtgrauig etc., cf. ags. haesu, hasu ;
ahd. hasan) contrahirt.
haske, Häschen.
55 häske-tid, alte graue Zeit, vergangene od.
Olimszeit, Vorzeit, Jugendzeit etc.; iu de
olde häsketiden (in den alten längstvergan-
genen grauen Zeiten) do sag 't iu de weit
gans anders üt as nu; — he fertellde uns
60 altid fau de olde häsketiden; — dat sunt
HAS-XOETE HASELNOETE
48
HAST
fertellsels üt siu biiskctiilen. — Wohl soviel
als Zeit, wo Hase noch Häschen war
u. so = Jucfcndzeit. Oder steckt in diesem
häske auch das acfs. hasu (t/rau etc., cf. häsk) V
häs-nÜte, haselndte (Flur, häsnoton), IIa-
selnus.'<. — Xld. hazelnoot; /((/. baasol-, lias-
sel-nöte. J)as Wort hasel , ahd. basal, ha-
sala; an. hasl ; a(/s. liiisel, hiisl scheint mit
dem unter 1 hase erwähnten ahd. hasau u.
ags. hasu etc. verwandt, wo)iach wohl au-
zunehmen ist, dass diese Staude (hz. dieser
Baum) nach der hellgrauen Farbe ihrer
Binde u. Frucht so benannt ist, ähnlich
wie die Birke ihren Namen wahrscheinl.
von der weissen Binde trägt. Vergl. dieser-
halh auih Hasel- Eiche etc. u. den Fisch-
namcn H a s e l. Ha ssel, wobei auch wohl
anzunehmen ist, dass diesen Wörterii gleich-
falls die von der y has = skr. kas (cf.
unter 1 hase) ausgehende Bedtg. : glänzend,
hell, weiss, licht etc. zu Grunde liegt u.
demnach hasal ebenso wie liasan etc. urspr.
die Bcdtg. : glänzend, hell etc. hatte.
hHH\)e\, Haspcl, Winde, Garnwinde, Dreh-
rad, od. ein drehbares u. sich drehendes
Etwas, womit od. worauf man Etwas tvin-
det; gif mi de haspel (od. gärnhaspel) her,
ik wil dat gärn fan de spül haspeln. Sprichw.:
dat pasd as de haspel up de kOlpot. — Nd.,
mnd. , nhl. haspel; mnld. (KU.) haspel
(rhombiis, girgillus etc.) ; ahd. haspil ; inhd.
haspel (Haspel, Winde etc.) ; schwed. haspel.
Wohl aus haspila gekürzt als Weiterbildung
von ahd. haspa; mhd. haspe (Haspe, J'hiir-
haken , od. Haken, Klammer etc.); mhd.
haspe (Haspel, Garmcindc) ; nd., mnd. hespe,
haspe; nid. hespe (Haspe, Thürangcl) ; loang.
(E hre n trau t, I, 3 70) häsp (Krampe) ;
mnld. (KU.) haspe (rhombus, girgillus, ala-
brum) ; an., isl. hespa (fil)uJa; spira, girgil-
lus); schwed. haspe (Thiirriegcl; Haspe,
Hespe an einer Thür , tvomit die Thiir in
die Angeln eingehängt wird; Haspe an einer
Salzpfanne); dün. haspe (Haspcl, Weife);
nfries. , bz. nordbidl. (0 utzen, s. unter
reel) heesp, heespe (Haspel); engl, hasp
(Schlicsshaken, Krampe, Bieget etc. ; Has-
2)el). Da ahd. haspe \i. an. hespe fast das-
selbe besagt icic unser gaspe u. dies loahr-
scheinl. aus gapse (cf. auch Wespe aus
wepse) versetzt ist, so ist es auch sehr denk-
bar, dass auch haspe aus hapse versetzt ist
u. im ags. häps, bz. häpsa, hapsa (Haspe,
Kettet, Spange, clustella) die unversetzte u.
richtigere Form erhcdien blieb, die meines
Erachtens (cf. gaps von gapen) mit nhd.
h aben u. heben (cf. hcbben, heffen u.
auch höp, Haufe), sowie wohl auch büft
(Hüfte, cf. mnld. [KU.] hespe = perna,
petasü) zu der allgemeinen germ. y hap od.
haf (hifan, haf, bufun) = lat. cap (greifen,
fassen [fesseln, binden, heften], nehmen, hal-
ten, heben etc.) gehört u. wonach hapsa (ver-
setzt haspa) dann ein: greifendes, fassendes,
5 haltendes, hebendes etc. Etwas bezeichnete,
dem formell u. begrifflich auch das lat.
capsa entspricht. Ob nun aber das Wort
haspa u. haspel r(7s Winde ein Zug ding
od. Hebezeug, od. ein Etwas, ivas ein
10 Anderes greift, fasst, zieht, an- u. auf-
zieht bedeutete, lasse ich dahin gestellt sein,
da die Jetzigen ausei)tandcrgchendcit Ik'dtgn.
von Haspe u. Haspel doch jedenfalls aus
einer u. derselben Grdbdtg. hervorgingen.
1.5 huspelii, haspeln, winden, ziehen, reissen,
sich eilig u. schnell bewegen, sich abreissen
u. abmühe)!, inülisam arbeiten etc. ; garii has-
peln, bz. oü-, up-haspeln ; — he haspeld (od.
ritt, arbcidt etc.) sük hast of, um mit luini to
20 gliktjr tid klär to wordeu ; — he haspekl
(windet od. zerrt, reisst etc.) sük d'r in fast ;
— he haspeld 't all' dür 'nand{r (er zerrt
od. zieht, reisst, mischt etc. Alles durch-
einander); — he haspeld d'r altul tegen an
2.5 (er arbeitet immer dagegen an , — sträubt
sich stets dagegen, — bezeigt sich stets tci-
derspenstig etc.), wen he mit sal ; — he hed
sük d'r wer üt liaspeld (herausgchaspelt od.
herausgewunden, herausgearbeitet etc., bz.
30 daraus befreit); — flg.: schnell reden; he
haspeld dat man all' so herüt, wen he wat
fertclld; — überhaupt: reden, sprechen, ver-
handeln ; se hebben dat all' mit 'nander of-
haspeld (verabredet, abgehandelt u. durch-
35 gesprochen etc.) ; — wat heb' ji dar wer mit
'nander to ferhaspeln (zu bespirechen od. zu
verabreden u. zu verhandeln).
liass, s. hars (resina).
hässlik, hässelk, liesselk, hässlich; he
40 sucht man hösselk üt. — Es wird oft in
der Bcdtg. : ungemein, sehr etc. cds Verstär--
kung gebraucht, ivie z. B. hasselk möi (sehr
schön) ; — hässelk mal (sehr schlecht, sehr
hässlich etc.); — hässelk düster etc. Es ist
45 das aus dem nhd. übernommene hässlich
= ahd. bazlili etc., cf. hätlik.
hus-.sokke, das untere Ende des Strum-
pfes (s. 2 hase) , soweit derselbe den Fuss
bekleidet; he löpd, od. geid up bässokkenj
50 (er läuft, od. geht ohne weitere Fassbeklei-
dung auf blossen Strümpfen, bz. er gehi
leise, schleicht etc.). cf. sokke.
1. Ilast, hastig, eilig, rasch, bald, näcÄ-j
stens, beinahe, fast etc. ; wat to hast ge-
55 scbüdt, Word seiden göd ; — du must net so|
hast lopen ; — kuni hast insen wer ; — il
kau 't liäst net dun ; — dat regend hast
gans net; — dat perd hügd so na de hafer,j
dat 't hast net ofwachten kan, dat de haferl
CO in de krübbe dän word. — Afries. hast,!
tlAST 40 HAl:
haest ; nid. haast ; mnld. haest (festinus) ; nd. seiner Bedtg. nach vollständig in der Luft
hASt (eilends, bcdd) ; mnd. (Seh. u. L.) haste, hängt u. ich dafür lieher (d. h. für heist,
beste, heyste (Adj. hastig, übereilt, erregt, haest u. für unser his etc) ein verlornes
aufbrausend, zornig etc.), — liaste, liaestc, hisan (se movere, ire, currere etc.) ansetzen
haiste (Adv. hastig, schnell); ags. liaost (vio- 5 möchte, ivozuja auch liase (lepus) gut stimmt,
lentus) ; an., isl. liastr (trux, immitis) ; ahd. sofern man annimmt, dass die Grdbdtg. die-
heist od. heisti (vehemens, violentus). Vergl. ses Wortes: Läufer, lienner etc. ist.
weiter: Wegen hast etc. vo7i einer y has, kas, bz.
2. hast, Hast, Eile, Eifer, Aufregung, his, kis (se movere, ire, currere etc.) cf.
Uebereilung etc. ; wat hest du für hast (od. 10 auch drift, driftig etc. von drifen.
drift etc.), dat du al wer fürt wilt? — wat hasten, hasten, eilen, rennen, (sich) an-
man in liäst un drift deid, word seiden göd ; strengen, beeilen, sputen etc. ; he schal net
— lie kwam so in hast, dat he hei uet wus', hasten, al wen 't ök brannd ; — dat hästd
wat he sä'; — he de od. sä' dat in hast; hei net so; — he kau d'r hei nich tegen
— Sprichw.: alle hast is gm spöd. — Afries. 15 hasten; — he hastd sük gewaldig, um mit
hast, haest ; ufries. haeste ; nid. haast ; mnld. to kamen ; — du must di wat hasten, dat
haeste (festinatio, festiaautia, properatio) ; nd. du klär wordst ; — he aferhästd sük. —
hast; mnd. hast (Eile, Eifer, Aufregung, Nid. haasten ; midd. haesten (festinare, ce-
Zorn); an., isl. hastr (Eile etc.). Die deut- lerare, accelerare, contendere, maturare, ci-
schen Wörter: Hast, hastig, hasten 20 tare, properare); nd. hasten; tmid. (Seh. u.
etc. sind Entlehnungen aus nd., frics. hast L.) hasten (eilen; [sich] beeilen; treiben,
etc., wie desgl. auch (Dtez, II, 5) ital. antreiben) ; mhd. hasten; isl. hasta (festi-
astio etc. u. (II, 331) hate etc. daher stam- nare, properare).
men. M. Heyne (s. Grimm, Wb. tinter hastig, hastig, eilig etc.; Sptrichio.: al to
Hast) scheint ahd. heist od. haist nicht 25 hastig is kwäd. — ^/nes. hastelik it. hastig,
mit afries. haest etc. für identisch zu hal- hastich, bs. haestich ; satl. hasticli ; nd. hastig ;
ten, da indessen, die lex Alam. (cf. 0. nid. haastig (eilig etc.) ; mnd. hastich (hastig,
Schade unter heist) die Formel haisterä eilig, zornig), c/. i-sL hastaiiegr (repentinus),
handi, Var. heistärä , aistärä u. alaheisterä hastarlega (subito, repente) ti. hüstugr (auste-
hantl (manu violenta) gewähren u. diese mit 30 rus, saevus) ; — ferner: ahd. (heistig), da-
afries. (v. Bichthofen) huesier hand cor- von: heistigo (vehementer, violenter).
respondirt, auch ferner die mnd. Quellen hastigen, liehCiaÜgeii, beeilen etc. ; he mut
(cf. Seh. u. L., bz. oben unter 1 hast) ne- sük wat hastigen, wen he mit wil.
ben haste die Formen: heste, heyste, haiste hat, Hass , Groll, Zorn, feindliche Ge-
aufweisen, so ist es ioohl zweifellos, dass 35 sinnung, Abscheu etc. ; he barstd nog fan
afries. hast, haest; ags. haest etc. u. ahd. hat un nid; — ik hebb' 'n hat up hum ; —
heist od. haist identische Wörter sind. Den ik hebb' d'r 'n hat tegen, um kwäd to dön ;
Ursprung von heist, haest etc. betreffend, — de hat hörd in de düfel sin sak to bli-
so wird es von verschiedenen Seiten (cf. fen, man net in de weit umme to gän ; —
z. B. 0. Schade unter heist u. Fiele, 40 de de arg stekd un de hat plägd, is 'n arm-
III, 56) verglichen zu goth. haifsts (Streif, saltg minsk. — Afries. hat, haet; wfries.
Streitsucht, Zank, Kampf), an., isl. heipt haet; nd., mnd., nid. hat; mnld. haet; as.
(odium vaticanum) etc. u. tveiter zu zend. heti; ags. hete; engl, hate; an. hatr; norw.,
qii (bohre)i, stechen etc.), gaepa (Schlag), scJiwed. hat; dän. had; alid. , mhd. haz ;
was jedenfalls formell n. begrifflich sehr 45 goth. hatis. — Fick stellt es mit ags. hen-
zweifelhaft ist, iveshalb denn auch H. Leo tan (jagen, treiben, hetzen, cf. auch ahd.
(pag. 118 seq.) dafür lieher ein Stammvhm. hazjan, hezzan =: nhd. hetz en),\iVin\.ü, (Jä-
liesan (festinare) von ]/ has = skr. kas (ire) ger), soivie lat. cadere «. cedere zur y kad =
aufstellt, toozu er auch an. hestr (Pferd) u. skr. qad (gehen, iveggehen, entfernen, fallen;
oberd. häsn , heiss stellt (cf. Ins) u. wozu 50 caus. gehen machen, treiben etc.) ; zend. ^ad
auch unser hisel vielleicht gehören könnte, (kommen; gelioi, verlassen, fallen), tvährend
zumal zu einer y has = kas besser ein Bopj) es mit griech. kedos (Sorge, Kum-
Stammvbm. hisan, has, husun , bz. zu einer mer, Betrübniss), k^dö (besorgt maclien etc.)
ablautenden ]/ his , kis besser ein Stamm- zur y kad , kand (commoveri , perturbari,
vbm. hisan , has , hüsun als hesan stimmt, 55 terreri) stellt. Vergleicht man übrigens,
was L. Et t m üller (pag. 459) übrigens dass die Wörter : gram, grim, grul etc. tvahr-
mit: giguere, formare, ornare, tegere erklärt scheinl. einer y mit der Bedtg.: tönen,
u. wovon er ausser hara (cf. 1 hase) auch rauschen, sausen, brau seil etc., bz.
haer (crinis, cf. 1 här) ableitet, wonach denn lärmen, toben, schreien etc. angehören, so
auch das präsumirte ags. hesan toenigstens 60 könnte man für hat u. baten auch die y
Boorukaat Koolman. Wörterbucli. II. 4
fiATBAR 50 HAUE:^
kad, kam! (vocare, clamare, flerc) ,-(/ Grunde Getreide, Gras, Früchten, Bäumen etc. in
legen, die Jedenfalls, wie auch skr. katli, der Bedtg.: Ernte, od. auch in der Bedtg.
kattli (laudare, extollere, gloriari etc.), kath des Einhauens, od. Schneidens von einem
(dicere, loqui, meraorare, narraie) = idg. Braten od. des Einhauens u. Einbeissens
(Ficht kat {toben, lärmen, Geräusch ma- 5 ins Essen, icie ja die Bedensart: „he sitt
chen. prahlen, rühmen, schelten etc., cf. dazu in de fülle haue" sowohl die Bedtg. hat,
auch galm etc. von der y ghar) wohl nur dass Er (od. der betr. Jemand) eine rolle
eine Schallwurcel mit der Grdbdtg.: sonare u. reiche Ernte machen kann, hz. so
ist, wobei man indes.'ien auch wieder auf situirt ist, dass er hauen u. schneiden
die Vermuthung kömmt, dass nicht allein 10 kann, wo u. was er icill, sondern auch, dass
die Bedtgn.: commoveri, perturbari etc. der Er ein gutes Stück Fleisch, od. eine volle
obigen} kAil begriffliche Fortbildungen der Schüssel vor sich hat u. davon hauen
y kad (sonare, bz. clamare etc.) sind, ,son- u. schneiden, bz. darin einhauen
dem dass auch die y (Grassmann, u. hineinbei ssen kann nach Belieben,
Fi ck) i;Ad,iiAd (prangen od. praJilcn mit, sicli 15 icoraus sicJi dotn von selbst die iveitere
auszeichnen' durch etc.) eine Xebenform da- Bedtg.: Er sitzt im Vollen, — lebt im Ueber-
von ist, od. doch auch als tirspr. Schall- ßuss etc. (cf. en od. emand de in de fülle
Wurzel betrachtet werden muss. hau' sitt, de kau wol lachen; — od. he hed
hat bar, .n\ ädebar. altid uu fan Jungs up an in de fülle hau'
hate-lik, hutlik. Iiatelk, hassend, voll 20 säten uu wet hei uet fan darfeu) von selbst
Ilass ti. Groll, feindselig ; so um zu Jtassen, ergicbt. — Nid. houw; mnld. liouwe, houw,
hassenswürdig.iadelnswerth, verabscheuungs- hauwe (incisura, incisio, incisus, sectura,
würdiq , abscheulich , gemein, schlecht etc.; Sectio, caesura; caesio , lignorum caesura;
hö is iiatelk fan gemöd ; — dat is 'n hatel- vulnus) ; nd. (JD ähn er t etc.) hau (Hieb;
ken säk, od. sträk (Streich). — Nid. hate- 25 Bevier wo Holz geschlagen wird); 7nnd.
lijk; mnd. hätlik; as. hetelik, hetilik (infen- houw (dasselbe), cf. hei (Heu) u. s. Wei-
sus, furiosus) ; ahd. hazlih; mhd. hazlich, teres unter hauen,
häzlich, hezlich, liezzelich (voll Hass, feind- hau-blok, Hau-, Hack-Block.
selig; verhasst; hässlich). hau-dä^en, Haudegen; auch fig.
1. baten, hassen, grollen, feindselig ge- 30 haue. Haue, Hacke. — ^/u?. houwil, howä;
si/mt sein, verabscheuen etc., ik hat' hum mhd. houwe. Davon: franz. houe, hoyau
fan Wagens sin gedrag legen mi ; — he ha- (dasselbe).
tede (od. hätde) dat as de dod. Sprichw.: hauen (haue, hau', — hauest, hau'st, —
baten deid seiden baten. — Nid., nd. haten ; haued, hau'd etc. — hü, höst, hö, höen ; —
afries. hatia, od. hatja; wfries. haetjen; 35 hauen), hauen, schlagen, klopfen, hacken,
wang. haetje; as. hatän, hatöu, hetean, het- kappoi, .schneiden, mähen etc.: ik sclial d'r
ten ; ags. hatjan; engl, hate; an., norw., wol iusen manken hauen mutten; — he hö
schwed. hata; dän. hade; goth. hatan, hat- hum de kop of; — wel haud dar au de
Jan; ahd. hazzen, hazzsen, hazen , hazzön, dör? — he haud 't all' kört un klen ; —
hazöD ; mhd. hazzen (odisse , aemulari , ze- 40 holt hauen ; — dat körn is rip genug un ik
lare). cf. ferhaten wegen dessen merkwür- wil 't d'r mau ofliauen latcn; — he liaud
diger Anwendung in der Volkssprache. (beisst) d'r fan middag dügtig in (z. B. ins
2. baten. Hassen ; 't haten hed al mennig Fleisch, od. die sonst. Speisen) ; — he haud
minsk 'u sturen död ferörsäkd. d'r fan middag dügtig wat in (schlägt tüch-
hater, Hasser, Einer der hasset 45 tig icas hinein, — isst tüchtig). Bedensart.:
batsk, von Hass beseelt u. Hass tragend, dat is nog hauen, nog staken ; — se hauen
hassend , anhaltend grollend, feindselig ge- sük as arme joden. — Nd. (Br. Wb., Däh-
sinnt etc.; he is al sin läfend hätsk fan ärd nert etc.) hauen, haujeu, hangen, hawen;
west; — 't is 'n Ükligen hatskeu kerel. — mnd. houwen, howen, hoggen ; «/(/. houwen;
Ahd. hazzec, hezzec. 50 mnld. houwen, hauwcn; afries. hawa, howa;
ban. Hau, Schlag, Hieb etc.; he gef hum nfries. houv.en; nfries. hauen, houwen; as.
'u hau, dat he net wuss' war he blef; — hauwan, liawan; (f^rs. heävan; engl.hew; an.
he de d'r 'n dügtigen hau (Hieb od. Biss liöggva ; norw. hogga; schwed. hugga; dän.
etc.) in od. üt ; — he hed d'r 'n goden hau hugge; ahd. houwau, hauwan; mhd. houwen.
(Bissen, Stück etc.) üt dän; — he hed 'n 55 Mit lit. kova (Kampf, Schlacht, Streit);
hau (Hieb, od. Wunde, Spalt, Schmiss etc.) kslav. kovij, kujiji, kovati (hauen) etc. von
in 't gesigt kragen, war he wol altid 'n när' einer y ku od. kii , die im Skr. allerdings
fan hold; — Blur. haue, a) Haue, Hiebe nur in der Bedtg.: sonare, gemere etc., bz.
etc.; he hed haue had od. kragen; — b) einen Ton, Laut, od. ein Geräusch etc.
das Hauen, bz. Abhauen, Schneiden etc. von 60 verursachen u. hören lassen, belegt ist, in-
Hauer
51
HEBBEN
dessen hieraus (cf. dafen, diifcn, duffen etc.,
od. klappen, klaps, kloppen etc.) auch leicht
die Bedtg. : Stoss, Schlag etc. , hz. schlagen
etc. entwickeln konnte. Oder gehört es mit
lat. cos; lit. skutu (scheeren) ; skr. ksliura
(Scheerinesser) etc. zu einer y sku aus ska?
— Vergl. dicscrhalb Fick (I, 236) u. (I,
235) ska (secare), bz. skan, ska (tödten, ver-
letzen) etc.
hauer, Hauer; a) eine Person die haut;
holt-, fles-hauer etc. ; — b) ein Werkzeug
zum Hauen; — c) Fang- od. Hauzahn eines
Ebers ; de hauers ütbräken ; — d) ein Eber.
liauere, Hauerei., Schlägerei, Keilerei etc.
hauk, s. hök.
Hanke, whl. Name. Jedenfalls eine Kose-
form od. ein Diminutiv. Aber ivovon ?
Iiaa-pipe, eine Röhre von Eisen od. Stahl,
womit man Löcher in Leder, Blei etc. schlägt.
haawel, eine Spitzhacke od. Karst, ivomit
man hartes steiniges Erdreich aufhaut. Auch
eine Moor-Hacke. — Nid. houweel ; mnld.
(KU.) houweel (pastinum, marra, irpex ; bi-
pennis; runcina , sarculum) , woneben auch
noch ein von KU. mit hauweel übersetztes,
jedoch mit bipalium erklärtes hafteel vor-
kömmt; mfläm. houweel (Grabeisen, sarclet,
sarcloir).
Lave, haven, haver etc., s. hafe etc.
havere, s. hafere.
hawel, s. awel.
he (das „e" lautend wie in essen, je-
doch stärker betont). Es ist eine Art Stoss-
seufzer od. ein Ausruf, loie zur Erleich-
terung, der sehr häufig gehört loird, wenn
Jemandem Etwas Beschiverde u. Last macht,
od. ein Jemand von Etwas bescliioert wird,
od. auch, wenn ein Etwas ungewöhnlich stark
auftritt, z, B. : he ! wat deid mi dat sär ; —
he ! wat word mi dat stur ; — he ! wat bün
ik dik; — he! wat weid dat etc. cf. Grimm,
Wb. unter he tt. das folgende:
he. Ein Zuruf, gerichtet an Jemanden,
den man zum Halten bewegen, bz. sprechen
od. worauf aufmerksam machen will, z. B. :
he! du dar! hör' insen ; — he! du! kik dar
ins hen; — he! kanst du net hören? — he!
kinder! wäst net so lud etc. cf. Grimm,
Wb. unter he u. s. 2 ha, desgl. auch hei,
he etc. daselbst u. s. 1 ho.
he od. he, er ; bezeichnet auch das männl.
Geschlecht, wie se das iveibl. ; he is hir ; —
wil he mt dat wol äfen don? — he (Er,
od. Der, — Der da, dieser od. jener Mensch
da etc.) hed dat däu; — 't is 'n he un gin
se (es ist eine Person od. ein Wesen männl.
u. nicht weibl. Geschlechts), cf. hör (ihr)
= afries. hiri, — hum (ihm) = afries. him
u. et od. het (das, dieses) = afries. hit. —
Nd. he; davon: Dimin. (Schütze) heeken
(Erchen, kleiner Er), tvie seeken (Siechen,
kleine Sie) von se ; mnd. he ; nid. hij ; mnld.
hy ; afries. hi; ivfries. hy; satl. hi ; as. he,
hi; ags. he od. he ; engl, he; an. hanu; dän.,
5 norw., schwed. han; goth. his, nur in himma,
hina, hita, als Dat., Acc. u. Neutr. von his
= hi, ivie neben an. hann auch an. hinn,
hin, hit od. inn, in, it (jener, der da, dieser
etc.) von hi weitergebildet sind. Wegen he,
10 hi vergl. P'i c k, II, 60, ivonach es mit griech.
kei in 'ekei, keithen etc., — lat. ci in ce, eis,
citra etc. identisch ist, soivie weiter G. Cur-
t i u s, p)ag. 460, der griech. 'ekei etc. zu dem
Pronom. interr. ka (cf. Fick , I, 32 seq.)
15 stellt. Weiter vergl. noch Bopp (vergl.
Gramm., II, 214) wegen hi = ki.
hebbe-ding, ein Ding was entweder seiner
Zerbrechlichkeit halber od. aus sonstigen
Gründen (z. B. weil es plump ist, od. sonst
20 die richtige Form nicht hat u. überhaupt
seinem Zweck nicht entspricht) unbrauchbar ;
smit' de hebbedinger doch weg, se dögen to
niks un stän uns aferal in de wäge.
Dieses Wort was im B r. Wb. mit „un-
25 förmliches Thier od. Ding in seiner Art"
u. von Stbg. mit „schwaches zu seinem
Zweck untaugliches Ding'''' erklärt wird, ist
wörtl. = Hab e- Ding u. bezeichnet blos
ein Ding od. Etwas was man behält, weil
30 man es einmal hat, wie es ja bekanntlich
in alten Familien gäng u. gebe ist, dass
man eine Menge aii u. für sich unbrauch-
bare Sachen von Jahr zu Jahr aufhebt,
weil man sich nicht davon trennen kann u.
35 weil man sie einmal hat. hebbedinger sind
daher im Allgemeinen unnütze u. unbrauch-
bare Gegenstände , die man entiveder blos
aufhebt, weil man sie hat, od. die man blos
des Habe 71 s u. Besitze ns u. nicht des
40 Gebrauchs u. Bedarfs loegen hat.
1. hebbeii (hebbe, heb', hef; best, hefst
[aus hebbest] ; hed, heft [aus hebbed] ; heb-
ben ; — harr' [aus hadde, ivas auch noch
einzeln gebraucht wird] , harrst, harr', har-
45 ren [auch Conj.J ; — Partie, had [gehabt];
— Partie, präs. hebbend) , haben , besitzen,
halten, erhalten, bekommen etc. ; (sich) haben
od. benehmen etc.; Hülfszeitwort nicht al-
lein für haben , sondern auch für sein,
50 in welcher Bedtg. es übrigens auch selbst-
ständig gebraucht wird ; ik heb' di, ich habe
(od. halte, fasste, griff etc.) Dich; — harr'
(hätte) 'k dl, den wul' 'k dl; — heb' ji dat
(od. contrah. hei 't) al? — dar is net mer
55 fan to hebben; — se hebben 't mit 'nander,
sie haben (od. halten) es mit einander , bz.
haben ein Liebesverhältniss mit einander;
— wo best du di dar mit had? — he hed
sük dar je wuuderlik had ; — du must di
60 därna hebben, dat du dar mit ütkumst; —
4*
HEBBEN
h2
HECHT
se hebbeii hiim dügti^ had , sie haben ihn
tüchtitj gehabt (od. gerupft , geplündert etc ,
z. B. beim Spiel); — hö harr' d'r al wost,
er icar schon dagewesen ; — heb' ji (ml. lioi)
't hir Ok? seid Ihr hier auch':' — Spriehir.:
hebbeu geiil atVr kritron; — hebbeii is heb-
ben, mau kngoii is 'n kiinst ; — wat du best,
dat hold fast ! wat du hebbeu schast, dat
wetst du not, of du 't krigst; — wat 'k heb',
dat heb' 'k! wat 'k krig, dat stoid noch to
terwachten. cf. anhebbeu, behebben, inheb-
ben, uniliebben etc. — Africs. hebba, habba ;
sntl. hebba, od. (Ehrentraut, I, 271)
hiibbe; ivfries. liabbon ; nid., mnld., nd.,
mnd. hebbeu; as. liabbiau (od. habbjan),
liabbe.ui, habbiea (od. habbjen), hobbien (od.
hebbjan), hebbeau ; ags. habban ; engl, liave ;
an. hat'a; }torw. liava; dän. havo; schtced.
hafva; gut/t. haban; ahd. haben, hapeu, haban,
haban, habou, habiu; uihd. haben, hän; amd.
havaii, havüa ; md. liaven. Von einer gerni.
y hab, haf (greifen, fassen, nehmen, rau-
ben etc.: halten, festhalten, fest machen, hef-
ten, fesseln, binden etc., cf. hecht etc.), tra-
gen, heben (cf. heffen etc.) etc. = idg. kap,
kamp, woron lat. capio, capukis, capto etc. ;
gricch. kaptö {schnappen, cf. happ, happeu),
köpe (Handhabe, Griff) etc.; arm. kapern
(fesseln, binden) kapeal (gebunden), kapaukh
(Bande); lett. kampju, kaaipt (fassen, grei-
fen). Ob das lat. habere auch dieser y an-
gehört, ist zweifelhaft. Vergleicht man in-
dessen skr. hrd (Herz) , bz. dass auch hier
schon „h" für urs2)r. „k" steht, so wäre es
auch denkbar, dass das lat. habere gleich-
falls dieser ]/' angehört. Oder ist es ein
latinisirtes aus dem Germanischen entlehn-
tes Fremdwort, ivie manche andere lat.
Wörter'^ — Wegen hebbeu«. he&ea scheint
es mir übrigens richtiger, dass man für
sümmtliche zur y hat', bz. kap gehörenden
Wörter ein germ. Stammcbm. hifan , haf,
hufun (greifen, packen, nehmen; — halten
heben etc.) mit der Nebenform huf = kup
(cf. lat. cupere etc.) aufstellt, zumal da auch
hup «. liöp, hop etc. etc. auf dieselbe Grd-
bdtg. zurückgehen.
2. hebbeu, Haben; he is mür fau 't heb-
ben as fau 't gilfen to liiis.
hebbor. Haber, Besitzer etc. ; wel is de
hebber dr fan V — cf. inlicbber, regthebber etc.
hebbe-r('f:t, Haberecht, Rechthaber, bz.
ein Mensch der rechthaberisch ist u. glaubt,
dass er immer recht hat ; daher: Eigensinn,
Steif köpf etc. ; lie is so 'u regten hobborogt,
war liei ni-t mit to proteu is. — Nid. hcbbc-
regt ; nd. hebljfreclit.
hebbc-re/jtsk, rechthaberisch, eigensinnig,
steif knjißg etc. ; 't is 'n hcliberegtskcn kerel.
hebbig (habig), a) greifig ., habsüchtig.
gierig etc.; he is mi fols to liebblg, as dat
ik gern wat mit hum to döu lieb'. — b)
greifig, od. leicht u. bequem zu haben od.
zu fassen, zu bekommen etc : dat is 'n heb-
5 big ding; — c) haftend, anhaftend, klebend,
klebrig, schmierig, sdunutcig etc.; dat swin-
slagtfu uu blüdwustmaken is 'u hebbig wark.
iiebbiglioid, Habsuclit, Gierigkeit etc.; sin
hcbbigheid wet gen grensen.
10 hebbsk, liebsk, habsüchtig etc.; 'n hebbs-
kern kerel as hum gifd 't uet.
Hebe, wbl. Name; D/;h/?j. Hebeke, Hebke,
Hepke.
he-blok, s. liej-blok.
15 1. hecht, haltend, nicht reissend, bündig,
fest, .stark, dauerliaft etc.; dat is hecht (fest
u. stark, od. bündig etc.) mäkd; — dat is
'n liecht ferband, od. 'n hechten kram etc.
— Nid. liecht; wfries. hefte, heclit. Ob-
20 schon dieses Wort mit 2 echt (cf. auch ach-
tig) in der zweiten Bedtg. synongm ist, so
wird es doch mit 2 hecht , bz. hechten u.
ferner mit haft (in schadhaft, d. h. Scha-
den )i abend, od. mit Schaden behaftet,
25 od. verbunden etc.) eines Ursprungs u. gleich-
falls aus heft, bz. haft entstanden sein, was
wohl urspr. mit habt in gehabt = ahd.
hapt (od. lautlich richtiger haft) identisch
war, indessen auch dem lat. capt äjcaptus,
30 capto, captivus etc. entspricht, cf. iveiter :
2. heeht, seltener hel't, a) Heft, Griff,
Handhabe etc.; hecht fau 't mest, od. de
beitel etc. ; — b) Haft; lie sitt in liecht. —
j\7(/. hecht; mnld. hecht, heft (mauubrium,
35 capuhis; fibula) ». haclite (apprehensio, com-
prehensio, viacula, uexus ; captivitas, carcer) ;
nd. hecht (Heft; Heftpflaster; Haft): mnd.
hechte (Heft, Handgriff; Heftung der Wun-
den) u. hechte, hefte, hachto (Haft, Gefäng-
40 niss) ; ahd. hefti; mhd. hefte, heft (Heft,
Griff' eines Messers etc.) u. ferner: ahd.,
mhd. liaft; amd. hapt (Vorrichtung zum
Festhalten, Fes.'<el , Haken, Knoten, Fest-
haltnng), mhd. haft (Haft etc.), idul. haft,
45 hapht, mlid. haft (gehalten,, gebunden, ge-
fangen, behaftet mit, verbunden zu), ahd.
haft (captivus), ahd. haftä, mhd. hafte (con-
nexio) ; goth. hafts (behaftet); as. haft
(viuctus); hafta (vinculum, captivitas); ags.
50 haeft (dasselbe) u. hilft (gebunden, gefesselt
etc.); afries. hefte, heft (Haft); an. hapt
(Fcisel) ; isl. hefti (Heft , mauubrium etc.) ;
hapt, haft (Fessel etc.) ; schwed. hafte (Heft) ;
dän. hefte, haefte (dasselbe). — cf. hechten.
55 3. hecht, in folgenden Redensarten , als:
a) „he hed , od. sleid gen hecht d'r up",
welche simd. u. ivörtl. wohl soviel heisst
als: ,,er haf, od. schlägt kein Heft, od.
keinen Griff (capulus) (hi drauf" (aus Nach-
60 lässig keit, od. absichtlich) ; Jedoch fig. von
HECHTEN 53 HEDE
Jemandem gebraucht loird, der ein betr. voriv. heffa (schlnigen, binden; halten, au f-
Etioas unbemerkt u. unbeachtet , bz. n n- hallen, festhalten, hemmen, hindern etc.) ;
gefasst, od. unaufyefasst lüsst; ^o<A. hattjan (sich anheften, sich anhängen).,
b) „he hetl d'r so 'n hecht up", wo lieclit ahd. heftaii, het'ton ; mhd. heften O'cf estigen;
sich ivohl auf die Haft u. Fesselung, 5 binden, fesseln, heften; in Haft ticJtmen);
od. das Haften, Fesseln ii. Kleben amd. heptjan, lioptan (binden); «/«(/. haften;
des Auges (auf ein betr. Etwas) bezieht, in- mhd. hatten (befestigt sein, festhangen, haf-
dem diese Itedensart von Jemand gehraucht ten). Alles vom Stamm haft, hapt = lat.
wird, der sein Auge starr worauf heftet, capt in captus etc., der aber nicht von die-
od. jixirt u. das betr. Etwas nicht aus den 10 sem lautverschoben ist, sondern direct sich
Augen lässt, iveil er ein .starkes Verlangen aus habau, liapan , rect. hafan (haben , hal-
nach dessen Besitz hat. Da aber hecht = ten, bz. greifen , fassen , nehmen , erfassen,
Haft tvörtl. das Gefesselt- u. Gebun- festhalten, od. behalten, besitzen, haben etc.)
den- Sein an u. für sich ausdrückt, so ergab u. mit dem Partie, haefd, haeft, haft,
kann man diese Redensart auch mit „Er 15 hapt (gehabt, gehalten, gegriffen, gefasst,
hatte da so ein Gefess eltsein auf" gefangen, gebunden etc., cf. haftjan u. haf-
übersetzen, wie Ja: he hed (od. harr') d'r tön etc. = gefasst-, gefangen-, fest etc. ma-
so 'n hecht up (z. B. um dat to hebben, od. chen, heften, od. machen dass etivas fasst
um mit to gän) auch mit: he was d'r so up etc. od. auch: gefasst u. gegriffen sein [von
fersäten, od. up ferpikd (cerpecht, verklebt 20 Einem Etwas] , gefangen u. gefesselt sein,
etc.) wieder gegeben werden kann u. wir nicht fortkönnen, haften etc.) von haban,
hecht in der Redensart: hapau, hafan etc. (cf. hebben ?f. lieffen) iden-
c) „he was d'r so hecht up'' (z. B. um tisch ist, bz. sich hieraus ergab, wie capt-us
dat to liebben, od. um mit to gän) auch in aus capio. Dass aber haft, hapt aus hafit, ha-
derselben Bedtg. wie fersäten od. ferpikd r/e- 25 T^it (cf.nhd. ]i ab et, d.h. nähmet, griffet, hal-
brauchen u. hecht sich in beiden Redens- tet etc., od. [ich habe bereits] genommen u. ge-
arten gerade auf den haftenden, nacJihalti- griffen, gefasst etc.) u. capt in captus (cf. cap-
gen, festen, ausdauernden, bz. nicJd los las- tus sura) aus capit contrahirt ist, ist toohl
senden Sinn des betr. Er bezieht. zweifellos u. ebenso., dass auch lat. caput (==
hechten (hechte, hechtst, heclitd etc.; — 30 uns. h6fd) wrspr. als ein Gefäss u. B e-
hechtede, hechtde etc.; — hechtd; — hech- hält er (d. h. als Gefäss des Gehirns =
tend), a) heften, befestigen, fesseln, binden, Schädel, cf. kop, kopke etc.) gedacht ist u.
nieten, nageln etc.; man kan d'r gen ög up wahrschcinl. formell u. begrifflich nicht von
hechten (heften, fixiren etc.); — lie hechtd capit od. capet = hafit, hafet (greifet, fasst
(heftet, befestigt, klebt etc.) dat mit klister 35 etc.) verschieden ist, weil es eben nur ein
(od. mit 'n spiker etc.) an de wand; — dat Etivas was fasst., bz. ein Fass-Ding
is mit draden an 'nander heclitd ; ^ — he bezeichnet.
hechtd (schlägt, nagelt etc.) d'r 'n spiker in Wegen der Form hacht, hecht aus haft,
etc. ; — b) haften , festsitzen, kleben etc. ; heft vergl. kracht, sacht für kraft etc. u.
dat wil d'r net up hechten ; — dat hechtd 40 das auch tvohl aus capt, caft entstandene
an 'nander fast. Für hechten sub a) kömmt air. cacht (servus, /. q. captus).
einzeln auch die Form heften, so^vie für hed, od. lief, hat. Contrahirt ans hebbad,
hechten sub b) auch haften n. zwar na- hclibath (h(d)et) von hebben, bz. afries. hebba.
mentlich in der Bedtg. : bürgen, einstehen hed, s. heid.
etc. vor. — Nid. hechten ; mnld. hechten, 45 lieda, od. heda (InterJ.) heda. Compos.
heften, hachten (figere, pangcre, alligare von he od. he (s. d.) u. da.
etc.) u. hachten, hechten (apprehendere, ca- Ileddo, Hedde, ml. Name. Geschln. Hed-
pere, vinctum detinere) ; nd. hechten (hef- den u. Heddinga. Vergl. Förstemann
ten); mnd. hechten, heften (heften; haftet}), hinter hath.
hachten (haften; in Haft nehmen, verhaf- 50 Iiede, die groben Hanf- u. Flachsfasern,
ten), haften (gebunden u. befestigt sein) ; welche durch das Hecheln ausser der schäfe
afries. hehn. (ließen, binden, fesseln) ; ivfries. (die abg eschabten harten Basttheilchen
heften, hechten; nfries. hechte (dasselbe); = Ab schab sei od. Schab - Th eile)
wang. haftje (haften); as. heftjan (heften), von den feineren Fasern ab- od. ausge-
haftön (haften); ags. haeftan od. häftan (7te/- 55 schieden werden u. meist zu grobem Tau
ten, fest machen etc.), haeftjan, häftan (Jtaf- versponnen, od. auch als Werg zum Stopfen
ten, verhaften) ; an. \\(ii\.-A,\\(i\)i-A [\inc\XQ a\Q..); gebraucJit werden. — Afries. hede; wfries.
isl. hefta (impedire, compedire, reprimere, hiede; nfries. hede, heed; nd. (Br. Wb.)
intricAve); dän. hefte, haehe (Jieften, haften) ; hede, heden, heen; mnd. hede, heide; nid.
schwed. häfta (heften; fassen, haften etc.); 60 (provinciell) hede; mnld. hede (stupa od.
HEDEN
54
HEFFEN HEFEN
Btuppa , Werp). Dieses Wort ist seiner
Grdbdtg. u. Form tmch r« Schede (Scheide),
scht'ilea i scheiden, trennen etc.) zu verglei-
chen u. geht icohrscheinl. als Abgeschie-
denes od. Abfall tnit ba>/r. haid ( Un-
rat h, Abfidl etc., cf. Seh melier, II, 151)
auf eine aus skid (cf. scheden) entstandene
y kid (spalten, iheilen, schneiden, trennen,
scheiden etc., cf. lat. caedo, de-, in-cido etc.)
:= germ. liid ;urilck, die vielleicht auch für
heid auf::ustellen ist u. der skr. ]/ cit ent-
spricht (worüber das Weitere unter lieid),
indessen dann schn-crlich für lat. caedo etc.
passt, dessen „d" Ja der Lautverschiebung
nach auch nicht zu liöde stimmt.
1. lieden od. lu'deii, Ausruf der Verwun-
derung etc. = Herr ; licden ! min tld (Herr!
meine Zeit); — lieden! liedeu ! wat .slim.
Auch nid., wenigstens mdarti, cf. van Dale.
2. lieden od. hedcn (holt. Grenze), heute,
cf. 1 liüde u. hüdig.
hede-wel, ein ,,wel'' zum Verspinnen der
hede, bz. zum Spinnen u. Drehen des aus
der liede gefertigten groben Taues.
heen. s. hejeu.
1. lief. Heben; s. uphef etc.
2. hef, See, Meer, od. eigentlich nur der-
jenige Theil des Meeres, der sich zwischen
der Küste u. den Inseln befindet, od. als
Watten-Meer die Küste des Festlandes loie
ein Gürtel umfasst u. einschliesst, indem be-
kanntlich der ausserhalb der Inseln liegende
Theil des Meeres, od. die offene See nie-
mals hef, sondern im Gegensatz zu diesem
stets sc genannt tvird. 't hef bullerd, od.
brulld, räsd etc. heisst es, ivenn 7na)i an der
Küste zuweilen 4 — 5 Meilen ins Land hinein
das Toben der Brandung hört, loas nament-
lich dann am lautesten vernommen ivird,
wenn nach einem Sturm der Wind sich legt
u. nach Norden umgeht. Sprichw. : tidge-
nug (Einer der bei der Mahnung zur Eile
stets das Wort ^tidgenug" im Munde führt
u. deshalb selbst „tidgenug" heisst) is in 't
hef blefen. — Afries. hef (See, namentlich
die das Festland begrenzende, ivie es ja im
afries. Büstringer Landrecht § 1 heisst:
and hi dika skolde, witliir tliene salta se
and withir tliet wilde hef); nfries. (Outzen)
häf, haft', häft, heef, hef; tvang. haf; nd.
haf od. hafF; mnd haf; ostpreuss. haah (das
die Kü.ste begrenzende u. u. umschliessende
Meer, bz. das Meer zwischen der festen
Küste u. einer davor liegenden langhinge-
streckten Landzunge) ; ags. heaf (See, Meer);
an., schwed. haf; norw., dän. liav (Meer,
Ocean) ; mhd. hap; md. liab (Hafen; Meer,
Haff). Die Bedtg. dieses Wortes ist: Hal-
tendes, Fassendes, Bergendes, Sicherndes
etc., bz. Gürtendes, Umgürtendes , Ein- u.
Umfassendes, Umschliessendes etc., od. Et-
icas, was ein anderes Etwas (Schiffe, od.
Festland) wie ein Band u. Gürtel umfasst,
einfasst, einschliesst, umschliesst etc. :=^Fass-
5 Ding etc. u. gehört mit hafen , hebben,
hechten, helfen, hof etc. zur y haf, bz. kap
(greifen, fassen, halten, tragen, heben etc.).
Vergl. dieserhalb auch „okeanos" als der
die ganze Erde umßiesscnde , bz. sie wie
10 eine Schlange umfassende u. umgürtende
Wcltstrom.
hef-böm, Hebebaum.
liefe, liäfe, Heber, zweischenkeliges Bohr
zum Heben von Flü.ssigkeiten vermittelst des
15 Luftdrucks, um sie von einem Fass in das
Andere fiiessoi zu machen.
hefel, hüfel (Flur, hefels etc.), a) starker
Faden an den schachten (den Kammhölzern
der Weber), zum lieben der sog. Kette;
20 — b) Hebel; wi mutten wol äfen de häfel
(od. hefbom) ansetten, um dat to ligten. cf.
2 hSfel.
heifen, hefen, häfen (heffe, häfe, hefe,
heif etc. ; — heffest, lieffst etc., — heffet,
25 hefft etc. — hof, höfst etc. ; — hafen), he-
ben, d. h. greifen, fassen, nehmen (Geld
heben), bz. ein Etwas zuerst fassen , od.
nehmen (cf. unten die Compos.) u. dann in
die Höhe bewegen; ik höf (od. nara) hum
30 up uu drog hum weg; — dat is wer hafen
(gehoben, od. weggenommen xi. beseitigt, bz.
geborgen, gesichert u. gerettet). Dieses Vbm.
■ ist stark im Schwinden begriff'en u. wird
am häufigsten durch tillen u. boren, sowie
35 mitunter auch durch risen ersetzt. — Afries.
heva (hof; heven, geheven); loang. (Ehren-
traut, I, 42) luv (sich heben); nd., mnd.
heven (hov); nid. lieffen (hief, geheven);
mnld. heffen, heven; as. hebbjan, hei^jan
40 (höbh, hob, höf, huobh, liuob, huof) ; ags. heb-
ban (hof; hafen, häfen); engl, heave; «n. hefja
(höf); norw. lievja; dän. haeve; schwed.
häfva ; goth. hafjan (hof) ; ahd. hefjan, hef-
fan, heffen, hepfan, hevan; jnhd. hefen, he-
45 ven, heben (heben, aufheben, erheben etc.).
Vergl. die Compos. : anheffeu (anheben, bz.
anfangen etc.), oflieff'en ((d/heben, abneh-
men etc.), upheffen (aufheben, aufgrei-
fen, aufnehmen etc.), fcrheffen, aferhef-
50 fen etc. Die Formen gehen sämmtlich auf
urspr. hafjan, hafja zurück u. ist die y haf
dieselbe wie von hebben , hechten etc., bz.
lat. capio, captus etc., sodass hafjan urspr.
nichts weiter hicss als: Fassen, Grei-
bb fen etc., od. Fass, Griff etc. thun u.
machen (nach Eticas) ivoraus sich denn
iceitcr die Bedtg. : nehmen, wegnehmen, auf-
nehmen, aufheben, bz. heben etc. weiter ent-
wickelte. Die von Fick beliebte Ableitung
CO von y kamp (zittern, od. unduliren, sich
HEFIG 55 HEI
wellenförmig bewegen, sicJi auf u. nieder hSL\,hcyh,hovi,he\, sowie ferner im Gri7n7n''
bewegen, od. Impfen, springen, bz. [Grass- sehen Wb.
mann] sich rasch bewegen, od. sich Irin u. 2. hei, ]iabt ihr; contrah. aus liebt, heft
her bewegen ti. schwingen), ivovon skr. kapT (gekürzt lief , hew', lie') -f~j1; hei 't al liad?
(Affe) u. nach Fick auch griech. kämptö 5 — Sehr oft wird jedoch diesem „hei" trotz-
(sich beugen , krümmen) u. kampe (Krüm- dem schon ji (ihr) darin enthalten ist, doch
immg, Bug), sowie karape (Spannraupe, die noch ji wieder nachgefügt u. statt „hei' 't
sich durch Zusammenkrümmung fortschneUt) Iiad", — „hei' ji 't had" gefragt,
etc. stammen sollen, i)asst für hafjau ivohl 3. hei, s. heu.
schwerlich so gut, wie die von ]/ kap (fas- 10 4. hei, s. heje.
sen etc.), zu der skr. kapi (Aff'e) übrigens 5. hei, s. haie.
auch ebensogut gehören kann, wie zu kamp G. hei, heisser, trockner,nebelartiger Dunst,
(zittern, bz. sich sclineU bewegen), weil der der sielt, bei anhaltend heissem, irocknem u.
Affe nicht allein behende, sondern auch windstillem Wetter durch die Hitze erzeugt
ein schlimmer Räuber u. Dieb ist, der 15 u. die Luft in den „kimmeü^ unklar n. un-
den Früchten etc. sehr nachstellt u. also durchsichtig macht, sowie auch eine Art
auch als Räuber od. Nehmer, Weg- Fata morgSLua, od. Luftspiegelung verursacht ;
nehmer, behender Greifer etc. auf- d'r is to föl hei in de lücht, od. de lücht is to
gefasst sein kann, bz. auch deshalb kapi heiig (trocken-dunstig), um mit de fer-kiker
od. Greif- u. Fassthier, Fassioe- 20 regt genau to sen; — wen d'r so föl hei in
sen etc. genannt sein kcinn , weil er de lücht is, den is 't net as of de husen un
sich mit Händen, Füssen u. Schwanz bomen in de lücht drifen. — Mnd. (Seh.
an Alles anhängt u. an Allein Fass n. u. L.) hei; aJtd. hei, öfters gehei, geheie,
Haft findet. geheige, Hitze (uredo, cauma) ; mhd. heien
hefig od. hefig, häfig, schwer, stark, 25 (brennen); ahd. arheigen , erheien (urere,
gewaltig, heftig, auffahrend, böse, zornig, aestuare), ferheien (durch Hitze ausgetrock-
aufbrausend etc.; 'n hefigen stürm orZ. fröst, net sein). Davon: oberd., mdartl. (Sc hm.,
kolde etc.; — 'n hefig gefecht; — du must II, 127) gchai, trockner nebelartiger Dunst
net glik so häfig worden. — Nid. hevig in der Atmosphäre bei heisser Sommerzeit,
(stark, heftig, geivaltig , ungestüm, auff\ih- 30 auch Hai-Dampf, Hainebel, Hai-
rend, zornig etc.); mnld. hevigh; nd. (Br. rauch (nach 0. Schade) verderbt: Heer-
Wb.) hevig (gross, heftig, sehr); mnd. he- rauch, Höhenrauch , (s. unter 2 harig)
vich ; as. hebhig, hebig; ags. hefig (gewich- genannt. AdJ. gehai, kai, gehaiig, gehaigig,
tig, schwer, bcschioerlich etc.) ; engl, heavy geliaiwig , kaierig , gehedig (von solchem
(schwer,^ drückend, beschwerlich, lästig); 35 Dunste erfüllt od. überzogen); hess. (Vil-
ahd. hebig, hepig, hevTg, hevec; mhd. hebec mar, 157) hei, heie, beige, hege (trocken,
(geivichtig ; ivichtig ; beschtoerlich ; ausge- dürr, der Feuchtigkeit u. des Wassers er-
zeichnet). Dieses von hef, beb u. Tg (Zu- mangelnd); heiung (Dürre, Wasser-, od.
stand, Sein etc.) gebildete Wort gehört zu Regen-Mangel) ; meklenb. (cf. Seh. u. D.
heffen (heben) u. bezeichnete urspr. einen 40 unter hei) hei-, heu-, heid-blicken, heid-
Heb e-Zust and, bz. ein Sein od. eine hXnckQw; holst. (Schütz e)\\p\({-\vic\\iGn (Wet-
Eig ensch aft ivo, od. durch die ein He- terleuchten , Lufterscheinung ähnlich dem
ben (von Etwas) eintrat u. ein Heben Blitze, doch ohne Donner) u. mflüm. heyen
(Aufheben, in die Höhe beivegen u. richten (dasselbe). Vergl.bei Fick (I, 59)2'ki(bren-
etc.) verursacht wurde u. da nun ein heb i- 45 nen , dörren) , wozu er ausser hei etc.
ges od. hebendes Etwas schwer sein auch goth. hais, Genit. haizis (Fackel) «.
muss, um ein Etivas zu heben u. in die skr. cya (gerinnen, frieren, erstarren) stellt.
Höhe zu schnellen, bz. ein Etwas od. ein Fraglich ist es übrigens, ob für bei, bz.
Mensch etc., was od. der die Heb e- Eigen- goth. hais nicht besser die}/ skr. cA (sehen,
Schaft hat schwer u. stark etc. ist, so 50 bz. scheinen, glänzen, ßammen etc., cf.
erklärt sich hieraus leicht, wie das Wort Grassmann, 445 seq. u. weiter unser
hef lg die obigen Bedtgn. erhielt. blik, blik, büken, blikken etc.) passt, die
hefigheid, häfigheid, Heftigkeit etc. — wahrscheinl. nebst skr. kbya (schauen, od.
Nid. hevigheid. scheinen etc.) aus der für schin, schinen etc.
hege, hegen etc., s. häge, hägen etc. 55 u. auch ^oohl für lat. scio etc. vorauszu-
hegge, s. 1 häge. setzenden allgemeinen idg.yüd (scheinen etc.)
hegge-spilen, s. hägespilen. entstand, zumal auch die für beid od. heit
1. hei od. he, eine Interjcction der Freude u. heiter anzusetzende germ. y hid od. hith
od. des Jubels; hei-juchei od. juchhei, cf. = skr. cit (ob Denominativ vom Partie,
die Interjection he u. ahd. Interj.: hei, hey, 60 hita von hi, wie phull von phuUa aus phal?)
IIEJ
56
HEIDE
eine Kncciterunfi von ci ist it. <iuch das
tut. hei in heiblickoii (tccttcrleitchtoi). suicie
lias ahil. hei (ureilo etc.), nihd. heien (bren-
nen) etc. wollt jedenfalls besser .-« ci {bli-
cfcen, sehen etc., b:. blit.:en, flammen, leuch-
ten, scheinen etc.) stimmt, als ::u skr. (,ya
(gerinnen, frieren), wovon es doch sehr frag-
lich bleibt, ob man dafür eine y ki mit der
Bedtg.: dörren, brennen etc. aufstellen darf.
Zu ahd. hei, bz. erheien; mhd. heien (urere)
u. goth. liais (Fackel), bz. lieid, lieiter etc.
vergl. auch griech. kalö (brennen), att. käö
(brennen), kaüma (Brand) etc.; lit. kaistii
(bin heiss), kaiträ (Hitze) u. an., isl. hyr
(Feuer), sowie liyn- od. liyr (heiter, froh,
fröhlich etc., cf. dän. ghul, blid), tcas nach
bilde ». ghul zu urthcilen auch auf die
Grdbdtg. : glänzen zurückgeht.
lii'j. ,s'. hejo.
h t'J ' - b;i s . Bam m-Meister.
htM-lM'ssem, .s\ heidebessem.
licj'-blok, ein Block zum hejen od. Bam-
iiien, Bammblock.
Iicid, heit, Endung vieler Subst. als: egen-
heid, pudhuid, böslieid, düllicid, ewtgheid
etc., od. egeulieit etc. mit dem I'lur. heiden
od. heiteu. — Africs. liOde, hed, heid ; nid.
heid (Blur. hedeii) ; mnid. heyd; nd. heid,
heit, keit; miid. heit; )ihd. heit, keit etc.
Dieses Wort war früher ein selbstständigcs
Wort u. i.'it eins mit: ahd. heit, hait, heid;
mhd. heit; as. lied, heth (persona, sexus,
ordo, gradiis, bz. Bang, Stand, We.scn, Be-
schaffenheit, Art u. Weise) ; goth. haidus
(Art u. Weise); as. hed (Stand, Würde);
ags. häd (wie im hochd.) ; an. lieidr (honor,
diguitas). Was die Grdbdtg. dieses Wortes
betrifft, so scheint es, als ob dieselbe ursjrr. :
Schein, Gl am etc. od. Schein- u.
Glanz -Zust a n d war, bz. dass dem viel-
leicht für heid etc. anzusetzenden Thema
heidu, heitu, lieithu, od. lieitliä etc. ein ä
od. 1, ü (Etwas) abfiel u. es von Hause aus
ein Etwas bezeichnete , tvas Schein u.
Glanz hatte u. von sich gab n, dadurch
in den Gesichtskreis kam u. erkennbar (od.
gesehe» ii. erkannt etc.) u-urdc, bz. als ein
gegenstündliches u. sichtbares Etwas in die
Er sc hei mm g trat. Da n un aber Alles,
was scheint u. glänzt Jedem, der dar-
nach .sieht, eine Erscheinung ist od.
ihm das Aussehen u. die Wesenheit
(sein Sein etc.), Besch äff enh e i t, bz. die
Art u. Weise desselben kund macht, .so
ist es vollständig begreiflich , dass aus der
Grdbdtg. : Schein, Gl a n z od. L ich t
(ah das was von Jemandem ausgeht u. ihn
sichtbar u. als Seiendes erkennbar macht)
sich auf^ser Ansehn, Würde, Ehre etc., od.
Art u. Wci.ic wie Etwas aussieht n. sicht-
bar wird, auch die von sichtbares u. in die
Erscheinung tretendes Etwas (gleichgültig
ob Sache, l^ing, Wesen od. Fersönlichkeit)
ergehen musste. Was die y betrifft, so ist
5 dafür wohl germ. lud od. hith, hz. idg. kit
od. skit anzusetzen , die auch der skr. y
cit (glänzen, scheinen, erscheinen etc., cf.
unter G hei), sowie ketü, od. ketu (Helle,
Licht, Strahl, Leuchte, Tuickcl, Flamme;
10 Erscheinung etc.), ciXvix (glänzend, strahlend,
hell; ausgezeichnet, herrlieh [ilhistris]; hell,
laut, klar etc.) etc. etc. zu Grunde liegt,
cf. auch heid-rubiutje u. heiter.
1. heide, od. liaide, a) Jlaide, Haidefeld,
15 od. dürres, sandiges, unfruchtbares, tinbc-
bautes , wild u. toüst liegendes, meist mit
Haidekraut bewachsenes Land; ebenes, un-
bebautes u. unfruchtbares Land; 't is enier
lieide, so wid as man sügt; — b) Huide,
20 Haidekraut. Compos. : besseniheide, böiier-
heide, lieideblümo, mürheide etc. Sprichw.
zu a) : gifd de heide erst für her, den büst
du hör her. — Xd., mnd., idd. heide; mnId.
hoyde; ahd. heida (Haidekraut) ; mhd. lieide
25 (ebenes unbebautes wildbewachsenes Land);
goth. liaithi (ager, campns, unbestelltes Feld) ;
ags. haedli ; engl, heatli (wie oben). Wie
goth. haitlii zeigt, bezeichnet dieses Wort
ursur. im Allgemeinen Mos „Feld'', bz. ein
30 unbestelltes u. freies Feld, wo nichts
wächst lt. ivohnt u. tcas nicht besiedelt ist
u. wird es meistens zu skr. ksetra od. kshe-
tra (Grund, Grundbesitz; Feld, Acker; Ge-
gend, Land) verglichen, was zur ]/ ksi od.
35 ksbi (sitzen, wohnen, sich aufhalten wo etc.)
gehören soll, wonach denn ksetra urspr.
wohl als (von Menschen u. Thicren) be-
wohntes Etwas aufgefasst sein muss,
tvas allerdings zu der allgemeinen Bedtg.
40 des germ. heide nicht stimmt, worüber noch
Weiteres unter lieiil-rubiiitje am Schlüsse
verglichen icerden mag.
2. heide, öfterer lieiden, Heide, Nicht-
christ; he is iiog 'ii lieide. Sehr oft wird
45 damit auch ein armer, trostloser, bedrück-
ter, von der Gnade verstossener Mensch
(he klägd as 'n heiden) ti. weiter auch ein
uncultirirter, ivildcr, roher, tvüster, bz. ein
struppiger, ungekämnder u. schmutziger Ge-
50 seile, sowie ferner ein Zigeuner bezeichnet
(he geid so to ker as 'n heiden; — he sügt
d'r üt [ist struppig u. schmutzig etc.] as 'n
heiden; — de heidens [od. taters] sunt d'r),
ivie ja bekanntlich das Subst. heide od. hei-
55 den (Heide, od. Xicht-Christ) aus dem Adj.
ahd. lieidau etc. (von der Haide, zur Huide
gehörig, bz. agrestis, pagauus etc., cf. bei-
den) hervorging u. urspr, blos einen (Haide-
od. Feldbeioohncr, bz. einen Menschen
60 von der Haide od. dem Jjande, einen
HEIDE 57 HEID- HEIT-RUBINTJE
Hauer od. Nichtstädter etc. hvzeich- hz. ein Waclceln der Haut anlcomwen sollte,
nete u. sonach nach der den Kirchenvätern wie dies bek(tnntlich auch heim Schauder-
von Moni aus eigener Anschauung als ein od. Schüttelfrost der Fall ist.
bäurischer , ungebildeter, roher. Beide Redensarten sind daher tvoJil nrspr.
ungesitteter Mensch (liomo agrestis et 5 fries. od. ofries. Ursprungs u. von. hier aus
paganus, bz. iiou uibaiuis) aufgefasst u. dann tveiter nach Deutschland vorgedran-
dann weiter zur Bezeichnung eines Nicht- gen, sofern nicht etwa in andern Gegenden
Christen verwandt wurde. die Zusammenstellung von lieide u. weide
3. lieide, Haut. Dieses nur in den. lle- neben den unsrigen in der Bedtg. von Haut
densart.: „ik wil dl hauen, dat di de beide 10 u. Gcioeide wirklich im Sinn von Hai de
wakkeld" ; — ^he spejd beide un geweide" (od. Wald, Holzung etc., s. unter licid-
ist ganz zweifellos identisch mit afries. htide, rubiiitje am Schlüsse) u. Weide (pascua)
hed; nfries. heed; sali, hed; wang. (Ehren- schon von früherer Zeit her gebräuchlich
traut, I, 351 u. 370) baid (lü fret 'er 't icar u. dann später die abweichenden Se-
mit baid un her up; — hi spied liaid uu 15 dtgn. dieser lautlich gleichen Wörter in den
waid to 't lief ut); ags. b j'd ; engl, lüde verschiedenen Bedensarten sich in der An-
(Haut, cf. büd), wobei ich wegen des Vocal- wendung derselben blos vermischt u. im
Wechsels sowohl auf nid. beden = liuiden Laufe der Zeit verdunkelt haben,
(heute = ahd. liiuti) als auch auf den nid. beide-besseni, heibessem, Haidebesen, Be-
Plur. beden = lieiden von beid (hcit, keit, cf. 20 sen von Haidekraut, od. Erica vulgaris,
beid = rt/nes. bed etc.), a/s awcA auf den ahd. hcide-blöiiie, Haideblume.
Plur. biuti von büt (Haut) venveise. In heide-kn'id, Haidekraut.
dieser Meinung iverde ich auch dadurch beiden, a) (Subst.) s. 2 beide; — h) (Adv.)
nicht beirrt, dass die Redensart: dat de heidenmässig, unvernünftig, fürchterlich, höl-
beide wakkeld sehr verbreitet (cf. Korrespon- 25 lisch etc. ; man hed dar 'n beiden bült drokte
denzblatt des Vereins für nd. Sprachfor- un spcktakel mit ; — he licd 'n beiden bült
schung, No. 9 vom Febr., pag. 67 seq. u. geld; — ik wurd' so beiden dül, dat ik bura
No. 12, vom Mai 1877, pag. DO) ist u. so- wol giik en au de ören gäfen niugt harr' ;
wohl in dieser, cds auch in der gleichfalls — 't was 'n beiden allarm. — Slit afries.
im nd. bekannten Zusammenstellung von 30 (AdJ.) hetbin, betben, liethon, beiden ; as.
beide «. weide, bz. bei «. wei (cf. bei liedin ; ags. baedheu; an. beidhinii ; mnd.
Schütze: he deit bei u. wei ut, sowie beiden; ahd. heidan, heidin, beiden, hcidhan,
ferner bei Dähnert u. im B r. Wb.) das beitbin; mhd. beiden (gentilis, etbnicus, /tc/c?-
Wort lieide im Br, Wb. mit 1 beide in der nisch, niclitcltr istlich, besonders muhameda-
Bedtg.: Haide-Land , od. Haide - Feld u. 35 nisch, saracenisch , orientalisch, bz. urspr.
weide mit weide (pascua) identificirt ivird, agrestis); Subst. ahd. heidan etc.; nid. bei-
zumal da auch Schütze die Redensart: den; wfries. beydin (Heide, Nichtchrist, bz.
he deit hei uu wei ut auch durch: „er hat urspr. paganus) zu 1 beide, cf. unter 2 beide.
einen starken DurcJifaU" erklärt u. wir mit : beiden-döiii, Heidenthum.
„he spejd beide un geweide^* besagen icol- 40 \\%\A^\\-\{\\)iL., Heidenvolk, heidnisches Volk;
len, dass er Alles ausspeit, vxis er in sich Zigeuner.
hat. bz. Jemand sich in der Weise heftig lieiden-pak, gemeines heidnisches Back
u. anhcdtend erbricht, dass er nach Ent- od. Volk, Zigeuner etc.
leerung des Magens von Speisen auch noch lieide-snukke, lieidsnnkke, Haide-Schaf.
häutige Bestandtheile speit, bz. Alles von. 45 Die beidesnukken sind viel kleiner als die
sich giebt, icas nur irgendwie aus seinem Schafe von der Marsch. — Nd. beidsnulcke
Innern herausbrechen kann, toie dies z. B. u. bei Frisch beidsnake.
beim Gallenfieber od. ähnlichen mit heftigem heidi, a) Ausruf der Lust u. des Jubels;
Erbrechen verbundenen Krankheiten der heidi, lieidi, beidallala; — b) fort, verloren,
Fall ist. Die Redensart : „Jemanden hauen, 50 zum Teufel etc.; 't is all' heidi; — lat 't
dass ihm die Heide icackelt" stammt aber all' beidi gan; — be is heidi gän. Wohl
ent^veder daher, dass in früheren Zeiten die blos erweitertes hei (cf. 1 bei) , wie auch
Verbrecher etc. oft derartig gegeisselt u. mit ivohl heidideldei entweder erweitertes heidi
Ruthen geschlagen wurden, dass die Haut in der Bedtg. sub a) od. von bei u. didel-
auf dem Rücken sich von dem Fleische 55 dei zusammengesetzt ist.
löste u. theils lose u. ivackelig sass, theils lieid-, lieit-i'iibintje, Blut- od. Roth-Hänf-
in Fetzen herunterhing, od. dass diese Re- ling (cannabina linota). rubiutje ist Dimin.
densart blos eine Androhung so fürchter- von rubin, wie der Hänfling wohl wegen
licher Schlüge sein sollte, dass dem Betref- seiner Ruhm - ähnlichen Färbung auch
f enden vor Angst ein Beben od. Zittern, CO sonst (cf. Brehm, Thierleben HI, 141) ge-
HEID- HEIT-RUBI^^TJE
58
HEJEN HEEN
nnnnt wird, während der Vorsrßbe heid od.
lieit wohl Bedtg. Glanz (cf.heix. etc. h. lieiter)
:h Grunde liegt , sodass heid- od. hcit-ru-
bintje soviel icie Gla n z - Hä n fl i n g lieisst,
h:. heid etc. sich auf den Glanz seiner
rothen Farbe bezieht. Dass )iiin aber die
ahd. heitperi, heidperi u. nhd. Heidel-
beere genannten glänzend schwarzen n.
rothen Beeren der verschiedenen Yacciniiim-
Arten ihren Namen daher haben sollen,
dass sie in od. auf der Hai de wachsen,
scheint mir auch sehr fraglich, da es auch
ebensogut denkbar i.^it, dass heitperi ursjyr.
die Bedtg. Glanz-Beere hatte, wie ja
auch lieit (rf. heid) in der ursj^'. Bedtg.:
Glanz od. Schein etc. (der von Etwas
ausgeht u. es sichtbar macld) u. der abge-
leiteten von: Ansehen, Würde etc. auch
im ahd. heithaft (d. h. glanzhaft, od. mit
Glanz, An s e Jt e n u. Wii rde behaftet,
— Glanz u. Ansehen etc. habend u.
besitzend) steckt u. dieses Wort nur des-
halb auf den geistlichen Stand bezogen, bz.
der geistliche od. Priesterstand nur deshalb
heithaft genannt wurde, weil er mit Glanz,
Ansehn u. Würde etc. behaftet war, bz.
der „heithafte" od. der dem. Stande der Geist-
lichkeit angehiirende 3Iann für „illustre"
galt. cf. dieserhalb auch unter heid am
Schlüsse das skr. citrä, xconach man auch
einen germ. Sta7ntn heid, heit od. heith, bz.
ein heithi (glänzend etc.) u. heithi (Glanz
etc.) von der y hid, hit, hith = skr. cit
(glänzen etc.) ableiten kann, der doch je-
denfalls auch dem ahd. heitar (cf. heiter)
zu Grunde liegt, ebenso wie dem. Worte heid.
Vergleicht man nun aber weiter das ahd.
16h, Holz, Gehölz, Wald etc. (cf. Förste-
rn an n , II, 947 u. Arnold, Ansiedlun-
gen etc., pag. 117) = lat. lucus etc. im Zu-
sammenhange mit ahd. lohjau (lohen, flam-
men etc.) u. lat. lücere etc. (cf. leien, löjen,
lücht etc.) zu Id. laukas (das Freie, od.
die freie, offene unbesicdelte Gegend etc., bz.
Feld, Acker rtc. u. dass vnr mit Wald
auch oft den Begriff des Freien u. Un-
eing e liegten, od. des ivild u. frei
wachsenden und somit auch Unbe-
schränkten (wald u. wild [cf. wilde n«cÄ
in derselben Bedtg. wie HaidrJ sind ja
angeblich connex, da wald das toild- u.
freiwachsende bezeichnen soll) verbin-
den, so ist es auch leicht möglich, dass das
Wort heide = goth. haithi (Ifaide, od. hin-
bestelltes, od. unbebautes m. unbewohntes od.
freies Feld u. Ebene etc., cf. 1 heide) gar
nichts mit skr. kshötra (Grundbesitz; Feld
etc.) u. der ]/ kshi (sitzen etc., cf. 1 heide)
zu thun hat, sondern als freie, unbe-
baute, unbewohnte , leere u. öde
Fläche etc., ebenso wie heid etc. u. heiter
zur y cit = idg. kid (scheinen, glänzen etc.)
gehört, zumal da heide in den norddeut-
schen Sprachen nicht allein eine offene,
5 freie, unbebaute u. öde Gegend, bz. ein freies
Feld etc. bezeichnet, so)ider)i auch die Be-
dtg.: W(dd, Gehölz (Ulcus, sylva, saltus)
hatte, bz. {cf. Grimm Wb., IV, 798 sub
3) einen gr ossen, wilden, mit Tan-
10 gel- od. schwarzem Holze beioach-
senen Wald bezeichnete u. man sonach
von Hause aus u. urs2}r. mit „heide" ledig-
lich ein frei u. offen liegendes (cf. bar,
bar, bloss, nackt, leer, frei, offen, sichtbar
15 etc. von der y bhas, scheinen, glänzen etc.),
od. überhaupt ein freies, offenes, über-
sichtliches, bz. ein freies unbe-
schr ä nktes u. w i Id es Etwas bezeich-
net hat u. dieses Wort ebenso wie heid, hei-
20 ter etc. ein Abkömmling der y cit (schei-
nen, leuchten, sichtbar sein, frei, offen u.
unbedeckt liegen etc.) ist, zu welcher Grd-
bdtg. die goth. Bedtg. campus od. unbe-
stelltes u. freies Feld etc. (cf. unter
25 1 heide) sowohl, als auch die schon alte nd.
von Wald etc. od. lucus, bz. freies, unbe-
schränktes, offenes Einlas, od. überhaupt
das Freie (cf. skr. loka, heller freier Ort,
freier unbeschränkter Raum etc.) jedcnfcdls
30 sehr gut u. icohl besser stimmt als die von
skr. kshetra von der ]/ kshi (sitzen, wohnen
etc.), zumcd da die Haide loohl schwerlich
jemals ein sehr verlockender WoJinsits war
ti. jedenfalls urspr. wohl ein von frei um-
35 hers c h iv e ife n d e n Nomadenhorden, nicht
aber von sesshaften Ackerbauern bevöl-
kertes Feld gewesen ist.
heien, .s\ hi-jen.
Heie, Hei', ml. Name; s. Ilayo.
40 heje, hej', hei', a) Schlag, Stoss , Auf-
pirall etc., z. B. eines schiveren Schlägels,
od. eines Bammblocks etc.; du must d'r uog
iuseu "n dügtitren hej' up dun, of 't net nog
wat sakktMi wil; — mit f'U hej' sat 't fast;
45 — b) ein schicerer Schlägel, ein Bamm-
block, od. auch das ganze Rammgestell incl.
des Schlägels od. Rammblocks ; gif ml de
hej' inson her uii lat mi de päl iuson eu up
de kop gäfen , of hr den net in de grund
50 geid ; — se sunt mit de hej au de färd, um
de palen in de grund to hejen. — Afries.
hei (Schlag, Hau) ; nid. hei (Ramme); mnld.
(KU.) heye (fistuca; pilum ruidum) ; nhd.
Grimm, Wb., JF, 813, bz. 770 etc.) heie,
55 hege, hage (Schlägel) ; mhd. heie, hei ; bai/r.
hai (dasselbe); Schweiz, huja (Ramme), ne-
ben den Verben : huja n. heija (rammen).
Ausserdem auch (ni.) heier, haiier, haier,
hoyer (trnsorium). Vergl. weiter:
60 hejoii, heen, heien, rammen, flauen,
HEJEN HEEN 59 HEIKE HEIK'
schlagen, stossen etc. ; he hejd de palen in (fcn, ohschon es mir scheint , dass hayr.
de grund; — de grund mut erst htgd wor- (Seh vi., II, 128) haien, h:u, haier, hoyor
den (gerammt, hz. mit eingerammten Pfäh- (trusorium, fistiica) u. gehai (Weg od.
len verschen u. fundavientirt werden), er 't Cagung von eingeranuiden Pfählen) auch wohl
fundaraent legd worden kan; — he hejde 5 zu hauen gehören könnte, zu welchem luV
(hejete, rammte, bz. stiess, schlug etc.) de Jen u. heje jedenfalls begrifflich doch bes-
päl so fast, dat gm tein perde hum d'r wör ser stimmt als zu heien (vexiren), od. wie
üttrekken künden. — Nid. heijen; mnld. Diez meint zu mnld. hijgheü.
heijen , hijen (fistucare, fistuca adigere; heien, s. heuen.
subagitare) ; mfläm. heyen, hyen (dasselbe). 10 heifeltje, lieiifeltje, heifelke (Dimin. von
Vergl. dazu (s. Grimm, Wb., IV, 813 un- nhd. Haufe, bz. dem Stamm Häufet von
ter 2 heien) schwäb. heien, huien, hegen, häufeln), Häufchen, kleiner Haufe; wi wil-
neben geheien u. keien (schlagen, loerfen) ; len de knikkers up heifeltjes setten un se
tirol. heien u. geheien u. keien (werfen, fal- mit de törnscheter umsmiten ; — (fig.) ein
len lassen); hess. (Vilmar) heien, geheien, 15 Idcines Menschenkind; 't is man so 'u hei-
geheigen (plagen, vexiren, ärgern etc., bz. f'eltje.^
urspr. : schlagen, hauen). Was zunächst hßiiö? *'• 6 hei.
unser hejen , ' bz. nid. heijen (rammen etc.) heike, lieik', haike, hoike u. auch hokke,
betrifft, so ist dies wohl von heje, hej' (Stoss, hok', Mantel, Ueberwurf, Begenkleid, Schä-
Schlag; Schlägel, Bamme etc.) loeitergebil- 20 fermantel ; Redensart: de heiken up beide
det , wie desgl. auch wohl nhd. heien schulders dragen; — de heik' na de wind
(schlagen), während es mir scheint , dass hangen; — Cowpos. wind-heike; (fig.) Wind-
die oberd. Verba: heien, huien, hegen (schla- beutel. — Afries. hokka u. lioythia (rect.
gen, weifen), bz. hess. heien (vexiren) u. hoykia oc7. hoychia, lioichia) ; nd. (Schütze,
mnld. hijen (molestare, vexare) , mnd. (S c h. 25 I) ä h n e r t, S c h a m b a c h etc.) heuke, hoike,
u. L.) beigen, higen, hieu (zerren, höhnen heike, hocke; mnd. (S eh. u. L.) hoike, heike,
etc.) nicht von dem Subst. heie, sondern aus büke, hoke; nid. huik; 7nnld.huycku. hocke;
älterer Quelle stammen. Vergleicht man engl. hake. Daran (Die z, II, 335) : af ranz,
nun aber die unter heje erwähnte Form: hoche (langes Gewand), während Diefen-
hege, bz. dass so sehr oft der Stamm hage, 30 bach das mdartl. franz. huque u. sächs.
hege zu hai, hei contrahirt wird, sotvie fer- büke zu kgmr. hug stellt. Es gehört mit
ner, dass unser hikkeu neben: schlucken, hök, büke, hokke, buken (= nid. buiken,
schluchzen, bz. krampfhaft hörbar weinen, nhd. hocken) etc. zur )/ kuk, bz. skr.
od. aufstossen (cf. snikkon, snukken, snuk- kug, kung, od. kuc, kunc, wovon kuksli, kuks
kern u. snuk-up = engl, bick-up) auch die 35 (cf. taksh, taks aus tak, tag u. bbaksh aus
Bedtg.: stossen, schlagen etc. hat, so wäre bhag) eine Weiterbildung ist u. welche nach
es auch wohl möglich, dass fries., nid. he- Fick eine Ablautform von kak (cf. I, 3G)
Jen, heijen, hijen (stossen, schlagen etc.) aus sein soll, die er auch für h^ge (Umzäunung,
mnld. hijghen (anbelare, bippacare, animam Hecke etc , cf. unter hage, bäge, hagen, hä-
celeriter ducere etc. , cf. higen) entstehen 40 gen etc. u. auch unter hake) , bz. ahd. bag
konnte, loovon (cf. higen in der Bedtg.: hef- ansetzt u. wobei ich wegen des auslautenden
tig verlangen u trachten, od. streben nach) g u. k, bz. des inlautenden g u. k auch
Diez (II, 334) afranz. hie (Gewalt, Nach- auf bugen, buk, bukken etc. verweise. Ver-
druck), engl, hie (Eile etc.) ableitet u. wo- gleicht man nun aber bei Grassmann y
mit er auch ags. bige, hyge (Eifer, od. ei- 45 kug (umschliessen, umfassen), köga (Fass,
gentlich: mens, animus etc., da es mit afries. Kufe, Behälter, Kasten etc.), köstha (Ein-
hei; ahd. bugu, Sinn, Geist; Andenken; getceide, Wanst), kaksi (Bauch etc.), bz. bei
aflfectus, Freude; goth. hugs etc. identisch Bopp die Wurzehi kuk (capere, sumere),
ist ti. mit böge etc. zu bugen gehört) für kuc (impedire, includere, conjungere; iu-
verwandt hält u. tvovon er meint, dass da- 50 flexum esse), kuc (curvare, inflectere), sowie
von auch nfranz. hie (Ramme), hier (ram- die Wörter: kuca (mama), kuks'i (venter,
men) abstammen könnte. Wahrscheinlicher Uterus) etc., bz. bei Benf ey : kuk (to take),
scheint es mir jedoch, dass unser heje, hej', kuksbi (tbe belly; cavity; caveru; bay etc.),
hei (Schlag, Stoss; Schlägel, Ramme) u. he- kuj (to be crooked etc.) kuch, kurich (to
Jen etc. vom afries. hei (Schlag etc.) ab- 55 straiten ; to bend ; to crisp ; to souud high ;
stammt, was ebenso tvie unser bei, heu (Heu) to be crooked etc.) etc. u. bei Justi: cuf;ra
zu hauen gehört, tvährend die obigen nhd., (Winkel, Ecke etc. = nnserni hök), kushi
bz. oberd. Formen heien, huien, hegen (schla- (Bauch, Höhle) etc., so scheint es mir, als
gen etc.) ivohl mit mnld. hijen (molestare) ob für die Wurzeln kak, kuk zunächst die
aus einer u. derselben Quelle stanDuen mö- 60 Bedtg.: gr eifeii , fassen, nehmen,
HEIKEL
60
HEIL-BUT
halten etc. als urspr. atuiowlimcn sei it.
(lass .''ich hieraus die ro)i : binden, svhlics-
sen, ein- u. umschlie.'^scn (sichern, schUI::en,
bergen etc.), von allen Seiten durch einen
Kreis od. Hing, W(dl etc. umgehen, u. so
auch die von: rundlich od. mit einer Krüm-
mung, einem Bogen, Gcirölbe etc. ein- u.
umfassen etc. entwickelt hat, wobei daini
hieraus weder auch die von : biegen u.
krümmen etc., sowie ans: rundlich erhaben
etc. auch die von: Anhöhe, Hügel etc., od.
der liegriff: erhaben , hoch etc. entstand,
wie auch Fick das ahd. Loh (cf. hög)
d.uu ,vfW//.
heikel; /. q. 4 häkel.
Heiko, od. Haiko, ml. Name. Gei^chln.
Ik'ikrii, llcikcus, Iltikena, b~. llaikcn, Hay-
ki'ii etc. Wohl Koseform von ilayo, Ilrio,
Heip. Vergl. indessen Förstemanu un-
ter Hall.
hci-krasjp, zornig, ivild, wüthcnd, aufge-
regt, ausser sich etc.; liö was gaiis lieikräsje
im hol not to tüssen. — Xach dem Br. n d.
Wb. (II, 613) bezeichnet lieikrasie od. hei-
kraasje ein jauchzendes Lärmen a.
auch einen lustigen ausgelassenen
Menschen u. soll es von der Interj. der
Freude hei (s. 1 lioi) u. kuraasje (Courage)
zusammengesetzt sein. Vergl. indessen auch
afries. hei = ags. higc , liyge ; ahd. liugu
(mens, animiis; affoctus etc., s. unter hejen)
u. zu krasie etc. auch mnd. kraecz (Wider-
rede, od. Geschrei'^ in „siiiuler kraecz und
weddeircden", was nach Seh. u. L. [II,
.'iö'Jj mit kratz [Kratz, von kratzen] iden-
tisch sein .soll, mir indessen eher mit Krächz
in Ge k r ä c h z e, bz. k r ächz c n [ags. crä-
cetten etc ] connex zu sein scheint), od. auch
mnd. krät (Schrei) kraten, kratelon (schreien,
krähen, wiehern), was sich wohl von ahd.
cliräjan (krähen, cf. krcien) ableitet u. wo-
nach denn lieikrasie od. lieikräsje (mag nun
liei die Interj. hei, od. wie afries. hei aus
hige entstanden sein) nicht = fr eudige
od. laute Co u r a g e, sondern = fr e u-
diges u. lautes od. an i mir t es Ge-
schrei sein würde.
hei' knräsje, hei* krasje, gewähnlichcr
fragender u. herausfordernder Zuruf eines
streitsüchtigen od. zornigen JMcnsclicn an
die gegnerische Barth ei n. ivörtl.: habt
ihr Courage; hei' krasje? den kfimd
man her, den wilKn wi insen sön, wel bäs
Word.
licil, Heil, Gesundheit, Wohl, Wohlsein,
Glück, Segen, Frlösung, Bettung etc.; heil
dl, dat du dat net däii hest; — he drunk
up sin heil ; — f'oi heil im glük , od. segeii
in 't neje jär; — Iie si'>cht sin heil l»i (iod,
od. in de tiücht; — ik se gi-n heil mür für
luiin ; -- dat is diu heil, dat du kamst; —
wen du nii iiet hürou wilt, den must du sül-
feu diu heil fersüken ; — as he ferlägeu
was, do kwani he, um sin heil hi nii to fer-
5 söken ; — he lied sin heil bi hör feisöcht,
man 't wul hum bi hör iiet lükkea un he
hed sük blüt 'n pAr blaue schiuien häld. —
Nd., mnd. heil; nid. heil; )«/(/</. lieyl ; ahd.,
mhd. heil (Gesundheit ; Glück; Bettung) n.
10 ahd. hedi, liaili, ludi; amhd. heile; as. hell
(sanitas, salus; salvatin). Fs bezeichnet den
heil- od. gesund- Zustand , bz. den Zu-
stand od. das Sein von heil od. ges u n d
(d. h. ganz, unverletzt, unverivundet u. un-
15 versehrt, nicht caput etc.) etc. u. ist heil das
substantivirte Adj. heil (cf. hei) , tvährend
heili mit don Suffix i in der Bedtg. : Sein
od. Zustand etc., ebenso wie heilig, heil-
sam, bz. heisam u. lielen etc. davon loei-
20 tcrgebildet sind. Wie salus bezeichnete
daher auch heil urspr. nur einen körper-
lich od. sinnl. unverletzten Zustand u. da
sowohl salig (selig), als die Fndung sal
in Trübsal, Schicksal etc., bz. selig in
25 trübselig, loeinselig etc. mit sal in salus, sal-
vus etc. identisch ist, so erklärt sich hieraus
auch, weshalb das Wo7-t salig od. selig
(sei es für sich allein, od. als Fndung, bz.
als Suffix) dieselbe (rrdbdtg. hat ivie hei-
30 lig (cf. auch hillig, hilg), obschon wir die-
ses Letztere allerdings nicht in derselben
Bedtg. wie selig in trübselig, weiiiseUg
etc. gebrauchen, bz. als Suffix den Stämmen
in ähnlicher Weise anhängen, wie selig.
35 Weiteres vergl. unter hei, helen etc.
heilaiul, Heiland (Christus), Frlöscr, Fr-
retter, Freiiiiachcr von Sünde u. Schuld;
och du min lefe heilaiul, ferbarme di afer
uns ; — de lefe heilaud mag jo 't wer se-
40 genon ; — wat hod de lefe heiland net all'
f()r uns dän. — Ahd. heilant, helant; mhd.
lu'ilant, lu'ilent: as. heljand, hrleand, h("'land;
ags. haeland, helend ; haelynd. heilant etc.
= salvator ist das substaidioirte Bartic.
45 präs. von heilan, bz. helen in der abstracten
Bedtg. salvare. Die Gothcn dagegen über-
setzen in gleicher Weise das griech. söter
(Better, Befreier, bz. Christus) mit nasjands,
dem Bartic. ^j;v/.s. von nasjaii (retten) =
50 ahd. nerjan (heilen etc.), was vom Bräter.
nas von nisan = ahd. nüsaii in ganisan (ge-
nesen etc.) weitergebildet ist.
heil-biit, Heilbutt (pleuronectus, liippo-
glossus). — Mßäm. heyl-, helbot ; nid lioil-
55 bot; nd. (B r.' Wb.) hcilbutto; dän. liellc-
but, auch holletlynder u. norw. hellefisk ge-
nannt; engl, liallibut, haliliut. Bezieht sich
die Vorsglbe auf hrl (heil, ganz etc.), bz.
engl, hail, hale in der Bedtg. „stark", so-
GO dass er ivegen seiner Grösse (er ist der
ÄElLlG
61
HEISTERN
grösstc u. schioerste von allen Butten) der
ganze (heile) od. starke (vergl. unter
hei a«c/i die Redensart: lie is 'u lu'len [gan-
zen, tüchtigen, derben, starken] kerel, od.
't is wat lu'ls) Butt genannt lourdei' Oder 5
ist heil, bz. hail, hei, lial identisch mit dein.,
schwed. hal (glatt, schlüpfrig), an. hall;
mnld. hei (dasselbe) , was bekanntlich mit
ahd. häli, häle; mhd. haele, häl (verhohlen,
verborgen; heimlich schleifend u. schlüpfend ; 10
schlüpfrig, glatt) zu hehlen (s. unter hal)
gehört u. ivonach denn der Heilbutt sei-
nen Namen daher haben konnte, dass er
nicht rauh, od, nicht steinigt (wie der
Steinbutt) ist? 15
heilig (saiictus), heilig, selig etc., bz. un-
verletzlich, unverbrüchlich, fest etc. ; de hei-
lige gest; — 't heilige laiul; — de heilige
schritt ; — he kan iiich heilig worden ; —
diu Word raut di heilig wäsen ; — ik kau 20
dl heilig fer&äkern, dat dat war is. — Nd.
heilig; nid. heilig; afries. helech, helich,
heilich, helch, hilch (cf. hillig, hilg); nfries.
hallig, hellig, hillig; sr(i/. hillig; a/uZ. heilag,
heilac, helac, heileg, heilig ; mhd. heilec, hei- 25
lic ; md. hillig ; as. helag , einzeln auch :
heleg, bälag, halog; ags. häleg, liälig. In
diesem Worte hat sich die sinnl. Bedtg. des
Stammwortes heil (cf. hei) loohl am meisten
verwischt. 30
lieiligdöin, Heiligthum; in 't heiligdöm
gän ; — dat mut di 'n heiligdöm wäsen.
heilige, Heilige; de lefe heiligen mögen
uns helpen ; — he hörd to de heiligen.
heiligheid, Heiligkeit. 35
heillös, heillos, gottlos, fürchterlich etc.;
dat is 'n heillosen kerel ; — dat geid d'r
heillos her ; — he gung heillös to ker ; — 'n
heillosen wind.
heimät, Heimath. Zu 1 hem. 40
heim-söken, hemsölteii, heimsuchen, zu
Hause suchen od. besuchen; he hed hum
heimsöcht. — Zu 2 hem = ahd. heimi;
afries. hem.
hein, Hof? — od. Ansiedlang, Verbleib- 45
Stätte, Wohnung etc. ? — od. Hain = ge-
hegtes Gehölz, Gehege etc.? — in den lie-
densart. : d'r steid gen hi'is of hein ; — d'r is
gen hüs of hein to sen, tvofür wir auch sa-
gen: d'r steid gen hüs of hof. Da hof be- 50
kanntlich die Bedtg : eingeliegtes, eingefrie-
digtes, umschlossenes Etwas hat, od. auch
einen timschliessenden King bezeichnet (cf.
appel-hof, Apfelgarten, — hof um de man
etc.), so ist es mir fraglich , ob hein wie 55
nhd. Hain ein Contract. «;o?i hageu, hegen
= md. hagin , mhd. hagen u. demnach mit
hein od. hegen e in den Orts- u. Bachnamen
heinbah, hegenebahe (cf. bei Förstemann)
u. hein im mnd. hein-holt = hege-holt (cf. 60
bei Seh. u. L. unter hege-holt) identisch
ist, bz. mit dem folgenden Vbm. heinen zum
Stamm hag (cf. 1 häge etc.) gehört, od. viel-
leicht eine Nebenform von heim , bz. hem
ist, wofür KU. sein mnld. heyn hält. Ver-
gleicht man indessen, dass mnld. haeghe,
bz. mnd. hage, hege (s. unter 1 häge) ne-
ben sepes etc. auch die Bedtg. domus od.
Wohnung (cf. auch unter gärden u. tun)
]uit, so schei)it es mir , dass sowohl unser
hein als das mnld. heyn (sepes, septum etc.)
ti. mfläm. heyn (Hof, Hof statte , bz. closture
autour les niaisons , bois ou champs) trotz
der dort erfahrenen Identificirung mit heym
(Heim) mit nhd. Hain od. Hein von
Hause aus identisch u. wie dieses aus ha-
gan, bz. hagene , hogene (cf. auch afries.
heyl = hagel, — ueil ^ nagel etc.) con-
trahirt sind u. dass neben diesem richti-
gen heyn im mnld. u. mfläm. auch die
Form heyin für heyn vorkam, wie bekannt-
lich auch das „m" in kim (Keim) , kimen
(keimen etc., cf. kiiien) u. in ahd. scimo
(Schein etc.) für urspr. „n" steht.
Hein, ml. Name (Hein Weers). Geschln.
Heine, Heinen. Wegen dieses Namens als
Verstümmehmg von Heinrich (cf. Heini u.
Heink), bz. auch wegen Hein in der Bedtg.
„Tod" (friind hein) vergl. Grimm, Wb.,
u)iter Hein u. Weiteres unter heunekled.
heinen, zäunen, ein- od. befriedigen, bz.
mit einem hein, od. häge (Zaun, Hecke) um-
geben u. einschliessen od. gürten; umhei-
nen (umzäunen, umschliessen , umgürten,
umfriedigen etc.) — Nid. heineu ; mnd. he-
genen, heinen etc., cf. hägen.
Ueini, Koseform von Heinrich.
Heink, ml. Name u. zwar Contract. aus
Heinrich, bz. Heinrik, Heurik, cf. Hinnerk.
1. heister, s. bester, bester.
2. heister, od. hester, ein böses zänki-
sches Weib, Xantippe. Es berüJtrt sich be-
grifflich sehr nahe mit häkster, bz. äkster
(Elster) im flg. Sinn u. wird demnach auch
toohl mit mnd. heister, hegester (cf. Seh.
u. L.) identisch sein. Möglicherweise je-
doch kann es auch loie das folgende hei-
stern zu haest, haist, heist (erregt, aufbrau-
send, hitzig, zornig etc.) gehören ; cf. 1 hast.
heistei'n ; i. q. beistern, feisteru etc. —
Mit wfries. (Jap ix) heysterjen (jagen, trei-
ben, antreiben, fort- , aus- etc.; sehr hastig
u. eilig sein, rennen etc.) n. auclt wohl mit
dem nid. heistern in ontlieistern (aus dem
Concept kommen od. bringen, sich od. Je-
manden entsetzen, verstören [ontheistert en
ontroert, entsetzt u. verstört etc., cf. ferbi-
stern, ferbisterd], quälen, plagen, martern,
verwüsten, berauben etc.) ivohl von haest,
heist (hastig erregt etc., cf. 1 hast), bz, ein
HEIT
62
HEKSE HEKS
Freq. von hacsten (fostinaro etc.). </. auch
>uL (Er. ^yh.) hoister-beister (über J Iah u.
Kopf, in Eile), heistcr-bcisteru (in unor-
dentlicher Eile etwas thun o'l. über hin
fahren). 5
lu'it, .>-■. hoid.
licitt', Vater. — Mofries. (Cad. Mül-
ler) hoite; afrien. heitlia etc., cf. Weiteres
unter 1 h. 2 atte, wonach heite icohl für
cito, b-. ette, üte steht. 10
lleite, llcit, »//. Name. Geschln. Ileits.
— Wie der Xanie Atto, Atte mit atte, ette
(Vater), so auch wohl dieser mit heite conne.i\
heiter, heiter, fröhlich, lustig etc. ; dat
geid d'r heiter her; — dat sägt d'r lieiter 15
(lusti(f, schiin etc. u. sowie niöjo auch oft
in s a r k a s tische r Weise gebraucht) üt.
Dieses Wort = ahd. heitar, lieiter; whd.
heiter; as. hedar; ags. hädor; an. heidhr;
mßäin., mnld. heyder ist Weiterbildung von 20
lu'id, heit (cf. heid) in der Bedtg. : Schein,
Glanz etc., bz. mit diesem der ]/ clt od.
skit (glänzen etc.) entsjjrosscn.
lieitern, heiter, fröhlich u. lustig tnachen ;
dat heiterd hum iiog wer wat up. 25
hek, Hecli-, Einfriedigung od. Zaun von
Latten od. Flanken , Verschluss , Schlag-
baum, Gitter, Gitterwand, Gitterpfurtc etc.;
du iiiust dat hek digt dün ; — d'r inut 'n
hek um to mäkd worden , dat de deren d'r 30
UL't ütlOpoii kihicn; — du miist de hekken
für un agter in de wagen setten ; — Re-
densart: afer hek kamen = at'er stur ka-
men (durch Xachlässigkeit verloren gehen
u. umkommen) ; d'r dürd niks at'er liek ka- 35
men; — Sprichw.: wen 't hek fan de dam
is, den löpen de sc]iai)en aferal. — Avch
der SpiCjCl od. eigentlich der obere, üusserste
Hintertheil eines Schiffes vom Heckbalken
bis zum Heckbord ivird liek genannt. — 40
J^[it häge u. nhd. Hecke zu hag, cf. 1 häge.
hek-balke (Nautik), der Hauptqucrbalken,
tcelcher am obern l'heil des Achterstevens
die beiden Hauptthtile des Achterschiffs
scheidet, nämlich den iintern, od. den ei- 45
gentlichen Spiegel u. den obern od. das
Heck.
hek-bord, der Bord, od. Band des Hecks
Oll. oberer, äusscrster Hintertheil eines Schiffs.
hekel. hekeln etc., s. häkel etc. 50
hckse, heks, He.re, Zauberin, böses, über-
all Verderben u. Unheil anrichtendes Weib,
böse Sieben etc., od. auch (namentlich auf
junge Mädchen angewandt) : eine sehr kluge,
scharfe, gewandte, behende Person ; dat is 55
'ii heks, od. töfcrske; — d'r lied gewis 'n
heks wat an dat kind dän, dat dat net greien
of di'jen wil; — 't is so 'n regten olden
heks (od. satan etc.) tan 'n wif; — de lütje
heks de krigt eo herum, er man 't wet, 60
Sprichw.: wen de si'unv schind un 't rägent,
den bakken de lieksen pannkök , od. den is
in de heUe hogtid , — od. ivie der Wan-
gerooger sagt : won de sun schint un 't riut,
den is d'r lielgedi (hilgedag, Festtag etc.) in
de liil ; — steid de karii not Stil un 't iiet
schitlen un bottern wil, den hebben de liek-
sen de band in 't spil; — tüsken de Ry-
suminer un de Wirdummer toren hebben de
heksen 'n line schüren. — Ahd. hagazussa,
liagazissa, hagazus, contrahirt u. gekürzt:
häzisa, häzissa, hazessa, häzus, liäzes, häz-
1ms; mhd. hegxse, hexse, liecse, hacche,
hacke u. hächel ; ags. hiigtesse , hegtisse,
hägesse, hägtes, hägtis, liäges ; engl, hag ;
mnld., nid., nd. etc. heckse od. hexe ; wfries.
hickse od. hixse. Ueber die Entstehung u.
Erklärung dieses Wortes (cf. Grimm,
Mi/th. 992, der auch eine mnld. Form:
hagetisse, haghedisse aufführt, — H. Leo,
ags. Glossar, 5S0 unter hägesse etc.) sind
die Ansichten verschieden u. weit auseinan-
der gehend. Wenn es indessen richtig ist,
dass neben ahd. haga-zussa, -zissa, -zessa «,
ags. hägtesse etc. auch ein mnld. hagetisse
bestand u. diesemnach auch ein as. haga-
tessa etc. angenommen werden muss, so ist
es wohl zweifellos, dass der erste Theil haga,
häg mit ahd. hag, ags. häg etc., Hag, Ein-
hegung, Umzäunung ; dichtes Gebüsch; ein-
gezäunter Wald, Bark; eingezäuntes Feld
od. Grundstück, Weide etc. (cf. a?id. haga-
stalt ; ags. hagu-, häg-steald ; as. haga-stald
= Besitzer eines kleinen umzäunten Grund-
stücks, mercenarius, Tagelöhner, Knecht etc.,
bz. Hintersasse , Köthner etc., der auf ein
hag gestellt od. gesetzt loar vom eigent-
lichen Grundbesitzer od. (irundherrn u. des-
halb diesem dafür auch dienen u. fröhnen
musste, daneben als Knecht u. Unfreier
auch wohl ledig blieb u. Hagestolz [die-
ses Wort ist nämlich urspr. dasselbe] war)
zusammenhängt, wie auch M. Heyne (cf.
Grimm, Wb., unter Hexe) atinimmt. Den
zweiten Theil, bz. das Suffix zussa, zissa,
zessa, bz. tesse, tisse betr., so hält etc. Heyne
es verwandt mit ags. tesu, teosu (damnum,
interitus, contentio, praejudicium), was mit
ags. taesan (vellicare), taesel (dipsacus), taes
(afflictio) , tesvian (in Nachtheil bringen,
schädigen, verderben), bz. ahd. zeisan (vel-
licare, zausen, zupfen, rupfen, reissen), zei-
sala (Distel, Carduus, vergl. nhd. Karde,
Kardätsche), nhd. Zeisel in Z eiscl-Bär
(Zottel-Bär) etc., bz. unser m tas, tasse, tast
(zascriges, faseriges Etwas) ii. nhd. Zaser
(Faser), zasern (fasern), sowie weiter mit
nhd. zausen u. unserm tüsen (zausen,
reissen, zupfen etc.) tust (Zotte, Büschel,
z. B. Haar, Traube, Aepfel etc., cf. das
HEKSEN 63 IIEL
alte nhd. Zasel = Blüthenkätzchen, lang- heksen - spej' , die speichelartige Abson-
gcstielte Traube mit tvenig Beeren, od. Blü- derung der Aphrophora spumaria, aucJi. ku-
then «. Frucht. Traube), tiisterig (zottig, kiik-sprj (Kuluksspi'ichd) genannt,
ivild, loirr ; sti'<rmiseh, unruhig, selir bewegt lieksere, Hexerei, Zauberei etc.; däi- is
etc.), tiisen (ivirbeln, atilrmoi, brause u , bz. 5 gcwis lieksere bi in 't spil.
unruhig u. sehr bewegt sein , od. heftig be- hei, heil, ganz etc. ; ilat gat (Loch, Spalt,
ivegen etc.) etc. u. auch wohl alul. zessa Biss, Wunde etc.) is wer hei (heil, ganz,
(aestus maris), ziissön (brausen, sich brau- geschlossen, dicht etc.); — 't glas ful up de
send bewegen), zussa (lodix, stragulum, bz. gruiid un biet' dog hei; — 't göd is all' hei
ein rauhes, saseriges, zottiges, haariges, tvol- 10 bläfen uu d'r is niks fan stükkeu (kaput)
liges Etwas, od. urspr. ein zottiges Fell, g^n ; — he is sund un hei (heil, unverletzt
Bärenfell etc.) etc. zu einem germ. Stammvbm. etc.) wer kamen; — he is d'r nog net äfen
tisan, tas, tusun (davon: tasan, bz. ags. te- mit de hele hiid fan kamen; — d'r is gen
san, alul. zesan, neben goth. [teisan] u. [tai- ea helen stä' (Stelle) an de ganse rok mer
San], bz. mit Uebergang von „s" in „r" auch 15 to finden; — de hele (gcuize, totale) appel
wohl: ahd. zeran; as. teran; goth. tairan is ferröttd; — 't hele geselskup kwam to
[spalten, reissen, auseinander gehen , auflö- ben ; — he hed 'n helen budel (eine ganze,
sen, zerstören, zerreissen etc.] u. mhd. ze- od. grosse Menge) geld nalaten ; — wen ik
reu [zehren, schwinden etc., cf. 1 tären, te- dat hüs net hei allen bewanen kan, den wil
ren] etc.) gehört. Zu der dafür anzusetzenden 20 ik 't ök net hüreu ; — de hele büdel ia an
gei-m. y tas vergl. skr. dasyu (hostis etc., de dönner gän; — ^t y/ord Ml (ganz, vollstän-
Feind, feindlicher Dämon, Verderber, Ver- dig etc.) dül un mal in de weit ; — hei möi
wüster , Quälgeist etc. , od. a ruffian thief (vorzüglich od. sehr schön) ; — dat kumd
etc.) däsä (Unhold, Barbar etc.), bz. die y d'r hei genau up an; — dat kumd mi d"r
das (verschmachten; verschmachten machen, 25 hei un dal (ganz u. gar) net up an; — -hei
erschöpfen, entkräften, ermüden, schwinden sachtjes (ganz, od. sehr sachte) ; — d'r is
«. sterben, od. wegzehren etc. machen) u. hei gen (gar kein) minsk west; — ik hebb'
das (anfeinden, od. laedere, ferire), die 't hei net sen. cf. 1 u. 2 gehel. — Nd.,
Bopp auch mit daiis, daüs (mordere, bz. mnd., nid., mnld., afries., wfries., satl., as.
beissen, spalten, schneiden etc., cf. y bhid 30 heel, bz. hei; nfries. hiel (totus, integer,
unter biten) vergleicht, wobei man indessen sanus) ; as. hei; ags. häl; engl, hail; an.
auch annehmen kann, dass die y daüs, das heill, od. heil; norw. heil; schwed. hei; dän.
urspr. die Bedtg. : glänzen, scheinen, flam- heel; ahd. hfil, hail; mhd. heil; gotJi. hails
men, brennen, dörren, sengen u. so ausdör- (dasselbe). Dieses Wort, dessen sinnl. Be-
ren, austrocknen, dürsten, verschmachten, 35 dtg. doch gewiss die von ganz od. unge-
umkommen, sterben etc. (cf. dörst, dörsten) trennt, in sich eins u. geschlossen etc. ist
hatte u. dass sich auch die Bedtg. : erleuch- u. hierin mit ganz (cf. 1 gans) u. mit sa-
ten u. weise, od. sehend machen, lehren, un- lus, salvus, soUus , bz. dem Stam)n sal von
terrichten etc. der y daiis, dans , das (cf. salig etc. loohl zweifellos zusammentrifft,
auch skr. dasmä, glänzend, herrlich, loun- 40 wird gewöhnlich mit griech. kalös (schön);
derbar etc. bei Grass mann etc. u. bei s/cr. kalya (praeparatus; sanus; diluculum, or-
Fick, I, 103 y das, dans, der neben skr. tus lucis etc.) von einer begriff Holt nicht
daiusas, Bath, Weisheit etc. unter andern festgestellten y kar, kal abgeleitet. Ver-
auch goth. tass, geordnet etc. u. ahd. zeseni gleicht man indessen die Vocale der sämmt-
ununterbrochen, gerade Linie etc. dazu stellt 45 liehen germ. Formen dieses Wortes zu de-
u. wonach denn auch ahd. zeso, gerade, nen von heid, het, hem etc., so scheint es
recht, dexter etc. dieser y angehört) hie- doch sehr fraglich , ob hei , heil etc. mit
von herleitet, wie es ja überhaupt klar ist, griech. kalös etc. zu derselben ]/ kar , kal
dass dem obigen ags. iesü^bz. dessen Stamm- (urspr. vielleicht: brennen, flammen, glän-
vbm. tijsan soioohl als auch dem ahd. zessa 50 zen, scheinen etc. u. so auch: glänzend,
etc. etc. formell dieselbe y zu Grunde herrlich u. schön od. gut u. wohl sein?, cf.
liegen muss u. sich aus einem germ. Stamm- lat. caleo etc.) gehört u. man dafür nicht
vbm. tisan, tas, tusun auch alle obigen germ. besser eine vielleicht aus ki erweiterte y kir
Wörter formell ableiten lassen. (urspr. möglicherweise ski, bz. skr. gi od.
heksen, hexen, zaubern, Hexen- od. Zau- 55 skhi, ci, erweitert skir etc.) ansetzen muss.
herkünste treiben etc.; he kan heksen; — Was nun mich betrifft, so glaube ich diese
lat is net, as wen 't d'r hen heksd is. — in skhi od. gi (halten, bleiben, tvohnen, ru-
Afries. hexna, hoxna (behexen). hen etc., od. urspr. wohl: greifen, fassen,
heksen-mester, Hexenmeister, Zauberer, haben, halten, haften, kleben etc., cf. habito
Zauberkünstler. 60 von habeo u. auch y rip, lip, greifen, fassen,
HEL
64
fiEL
haften etc. von ripere ii. lifen in blitou, blci-
bea etc.) zu finden, wovon unter andern
auch (juth. hciva m. heims (cf. hilk u. hOin)
stammen sollen u. zu deren Bedty : halten,
bleiben, dauern etc., bz. nicht vergehen etc.
(cf. haltend, fest, dauerhaft, hart u. dicht
etc.) auch skr. ?ila (saxum, petra, lapis)
stimmt u. tcovon die } ^il (Aehren lesen,
sammeln etc., bz. diese greif en, fassen, auf-
greifen, aufnehmen etc.) icohl ein De-
nom. sein kann, sofern man annimmt, dass
Vila die Bedtg. : Haltendes, Haftendes, Blei-
bendes etc. od. fassend, /laltend , dauernd
etc. hatte. Da nun aber u\thrscheinl. auch
für Haupt u. Kopf, bz. ahd. hirni (Ge-
hirn, od Gehirnschädel) die Grdbdtg.: Ge-
fäss, Behälter, od. Fassendes etc.
(cf. h8fd, kop) anzunehmen ist, so loürde
hiezu auch skr. ^ira, ?iras (Haupt, Kopf)
stimmen, tcobei es indessen wahrscheinl. ist,
dass 91 aus älterem ^a entstand ii dass hei,
liail urspr. die Bedtg.: haltend, dauernd,
fest (u. so: dicht, fest, gesund, stark, ganz
etc.) hatte, od. dass sich aus: greifen, fas-
sen, halten, haften etc. die Bedtg.: heften,
binden , schliessen etc. entwickelte u. hei
hieraus ebenso wie g a n 2 (cf. 1 gans in sei-
tier Witrzel- Verwcoidtschaft mit lut. pre-
hendo) ■<!ei)ie Bedtg.: totiis, integer etc. er-
hielt. Wegen der Ableitung des Wortes hei,
heil von einer ]/ mit der Bedtg. : greifen,
fa.'<sen, halten etc. u. der Bedtg : Behälter,
Gefä.'<s, od, Fas.-<cndes etc. von hirni (Hirn,
Gehirn) u. ?ira, (;iras (Kopf) vergl. auch
afries. hcli, hele, heila, hui (Gehirn, Schä-
del : Kopf) ; nfries. (0 utzen) , hcl, heli
(Gehirn); an., isl. h;'ili (cerebmm) , heil-
iind (Schädel- Wunde, Schädel-Bruch, — Ver-
letzung) ; norw. heile (Hirn, Gehirn).
1. hei, od. helle, hell', hell, bz. hallend,
tönend, klingend, durchdringend, scharf;
klar, licht, heiter etc.; 'n hilleii klaug; —
'u hellen ^temni; — 't wil net hol worden;
— 'n hellen lücht. Gebräuchlicher ist übri-
gens heller, holder (s. d). — Nd. (Br. Wb.)
hell fsonorus; lucidus, clarus) ; mnd. hei
(clanis, lucidus etc.) ». hei (argulus, sono-
rus etc.) ; ahd. hol (in gihöi , unliöl , missa-
hel), tönend, laut; glänzend u. helli /» ga-
helli. Mit ahd. heihui, hölleii; mhd. hellen
(ertönen, hallen etc , cf. 1 hälen) u. nhd.
Hall (Schall etc), hallen zu ahd. halün
(rufen etc. od. Ton machen etc.), od. besser
mit diesem zu der unter halen erwähnten
y kal.
2. hei, od. helle, hell' (Plur. hellen),
a) Hölle. Redensart, u. Sprichw : he mäkd
lium de hei het; — he häld 't für de hcl
(Hölle, od. Ort wo man Etwas birgt u.
versteckt':') weg; — h6 schal in de hei
braunen, dat he swart word; — de de düfel
to friinde hcd, kau ligt in de hei kamen ;
— b) Loch, Höhlung, Vertiefung, Sjxdt,
Graben, Wasserleitung etc.; dat wator hipd
5 in de hell' längs; — de stads-helleu mutten
bi strafe fan 10 groscheu binnen 14 dagon
rein mäkd un üthemmeld worden; — do hei
achter miu tun steid net under de schau; —
c) der untere, in der Hegel fensterlose u.
10 dunkle Baum in den JlaJd- u. Pelde-Müh-
len , der als Brrgeraum für allerhand Sa-
chen zum Mühle nbetriebc dient; sett de sak-
ken man erst under in de hol hen, dat sc
mau erst bürgen worden; uaderhand küuen
15 wi se den uptrekken un ua baten brengcn;
— d) der dunkle Bautn unter dem Werk-
tische der Schneider (Hölle der Schneider),
worin die beim Zuschneiden abfallenden
Tuchrcstc geworfen werden ; is 't geweten
20 fau de suider wat wid, den hed he ligt 6k
'n goden hol , wiir he sin juugens 'n büks
of 'n west üt maken kau ; — e) der dunkle
Raum vorne im Schiff, wo allerlei Tauwerk
u. sonstige Sachen aufbewahrt werden, cf.
25 Bobrik; — t) das Aschen loch u)iter dem
Herde zum Bergen der Asche, cf. helhäke.
Zu der Bedtg. sub c), d) vergl. auch hille.
— Afries hille, helle (Hölle); wfries. helle
(Hölle); nfries. (0 utzen) hei, helle, hille
30 (Hölle) u. hei, helle (liefe niedrige Stelle,
Höhlang, Vertiefung) ; s<dl. hille, od. (cf.
(Ehr en traut, I, 100) helle; wang. (Eh-
rentraut, 1, 371) hil ; helg. hei; as liel
u. helja, hellea, hella, hell (Hölle); mnd.
35 helle (Hölle; Flatz hinter dem Ofen); nid.
hei (Hölle; Bergeort von angeJtaltenen Gü-
tern u. Schiffen ; Kasten für alte od. un-
brauchbare Schrift etc.); ninld. hei, helle;
ags. hei, hele, helle, hyle (Hölle); engl hell
■10 (Hölle; Schneiders-Hölle; Kerker, Hunde-
loch etc); an. hei (die Todesgöttin ; Todten-
reich od. Reich der He l, Unterwelt, Hölle) ;
norw., schwed. hei; ahil. holla; mJid. helle;
goth. halja (Hölle, Unterwelt). Die Grd-
45 bdtg. dieses Wortes ist Bergende, Heh-
lende, bz. Bergeort etc. u. gehört dieses
Wort zu helan (hcltlen, bergen etc., cf. 2
hälen), icovon auch ahd., as. haWa; ags. \iea\;
engl, hall; an hüll etc. (Halle, Saal, Vor-
50 .saci/, Haus, Zelt etc.) in der Bedtg. „Schutz-
ort" od. urspr. wohl ,.Rau>a zum Bergen",
3. hei, od. helle, Hügel, Anhöhe, Erha-
ltung etc.; dat land sitt fnl hellen un dellen
(Hügel u 'l'häler, od Höhen u. Vertief un-
55 gen); — dat geid afer hei un del. — Wang.
(Ehrentraut, I, 370) hol (Hügel, Düne);
mnld. (KU) hil, hille (collis). Vergl. mnld.
(KU) hol, helle (altus, excellens) u. bei
Fick (III, 7(J) hinter hal (treiben, heben)
60 das Thema hella /är an. hjaler, hjalli (Berg-
I
HELA HOLA 65 HELD
Strasse), norw. hjall, lijell (in verschiedenen niscli von Jemandem gesagt, der sehr furcht-
Bedtgn., cf. Iv. Aasen, xcohei man ühri- saui ist u. gleich das Hasenpanier ergreift),
gens, da an. lijalli «wc/t die Bedtg.: Berg- — Nid. held; mnd. helt, held ; as. helith,
Terrasse, od. Terrasse, Ahhang etc. liclidh, helid; fl?H/ta'. hellt, helid, helet ; mhd.
hat, an eine Verwandtschaft mith^Wen, nei- 5 helt; ags. hiiledh, heledh (Held, Matin, jun-
gen etc. denken kann); ags. hyll, hill; engl. ger Mann). Es tvird sehr oft (cf. Grimm,
hi\l (Hügel), — hallu, /«/• gofh. halliis (Fels) Wb., unter Held, sowie Weigand etc.)
die mit: lit. kilnus (hoch, erhaben), kalnas im passiven Sinn von helaa (hehlen, ber-
(Berg), keliu, kelti (heben), isz-keltas (excel- gen, verhallen etc.) abgeleitet u. so erklärt,
sus); lat. excello, excellens, celsus , excelsus 10 dass es einen Mann od. Krieger bedeutet
etc. etc. von einer u. derselben y abstam- der (durch eine Biistung) verhüllt od.
men. Zu diesem hei vergl. hess. (Vilmar, bedeckt u. geschützt ist u. dass somit
163) helle, hell, tvas meines Erachtens auch helith urspr. einen g eborg enen , ver-
die Bedtg. Höhe, Anhöhe etc. hat, so- hüllten, bedeckten u. geschützten
dass die Bergnamen: 0\ie\]e,Stevahe\le, Burg- 15 Mann u. so einen gerüsteten Krieger
helle etc. = Ohöh.e, Stern höhe, Burg- bezeichnet habe. Da indessen auch von äl-
höhe etc. sind u. auch Hellweg hier u. in testen Zeiten her dieses Wort ausschliess-
sonstigen gebirgigen Gegenden Deutschlands lieh einen kühnen, tapf ern u. furcht-
nicht einen Todtemoeg, od. Weg zur\\Q\\Q losen 3Iann bezeichnete, bz. einen Jemand,
in der Bedtg. Hölle od. Schattenreich, 20 od. ein Wesen etc. der od. was deckt,
sondern einen Höhemoeg, Weg über die schützt u. verthei digt od. Berge,
Anhöhen u. Berge bedeutet, während das Schutz u. Sicherheit giebt, so glaube
an. helveg (cf. Grimm, Myth,, 762 u. Holtz- ich eher, dass man dieses Wort im activen
mann, Myth., 85, S7, 115, 186) dagegen den Sinn nehmen muss u. dass es daher entive-
Weg zur Hei (die bergende Todesgöttin) be- 25 der aus der dritten Person Präs. helith, hä-
zeichnet. Dies stimmt auch dazu, dass in ledh von helan ('= [er, od. es] birgt, deckt,
Westfalen so viele Heerwege den Namen schützt, sichert) substantivirt ist u. sonach
Hellweg führen, xveil diese über die Hö- den Er bezeichnet, der birgt u. schützt,
hen gingen u. durchaus keine Todtenwege oder es ist vielleicht wie j8gd (= as. ju-
waren u. also dieses Wort, soweit es in dem 30 guth ; ags. geögodh ; ahd. jugund , jugent),
nordwestlichen Deutschland vorkömmt iveder d8gd (= afries. duged ; ags. dugudh , du-
mit helle (Hölle, od. Unterwelt) noch (icie geth ; an. dygdh ; ahd. tugid, tuged, tugund,
V Um ar meint) mit \\q\\ (hell, licht, klar etc.) tugiud etc.) etc., sowie icohl auch: as. he-
etwas zu schaffen hat, noch auch mit hellen, lith ; ags. häledh ; an. huliz, hulins, bz. hu-
heldeii (sich neigen etc., cf. 2 hellen), ivovon 35 lit; ahd. helöt, helaut in helith-, häledh-,
Adelung den Namen Hellweg ableitet. \i\\\'\z-,\iG\Qi-,\\it\Ani-\xe\m. (bergender, decken-
Vergl. dieserhalb auch bei Seh. u. L, das der,schützender, unsichtbar machender Helm)
mnd. hei-, helle-, hilewech, wo es auch für von Hause aus ein Contractum des Partie,
unstatthaft erklärt ivird, dass dieses Wort mit preis, heland, helind, heleud (hehlend, ber-
dem nod-, od. doden-weg identificirt wird, 40 gend, schützend etc) von helan, was tvie
da es eben nur die grosse allgemeine hei\3ind substantivirt wurde u. demnach einen
Heerstrasse bezeichnet, die ja bekannt- Jemand bezeichnete, der barg, deckte u.
lieh früher überall mir auf den Höhenzügen schützte etc., wie ja ein richtiger Held
der Berge u. Thäler (in den norddeutschen u. Manu dies thut. — Vergleicht man
Ebenen auf den Sandrücken zwischen den Moo- 45 übrigens das Subst.: ags. häle; an. halr;
ren u. Sümpfen, tangen genannt) sich hinzog. goth. hals (Mann., vir), so könnte man auch
helä, hohl, Ausruf mit der Bedtg.: halt annehmen, dass ags. häledh urspr. die Be-
u. auch als Warnungsruf od. als Buf, um dtg. : mannhaft etc. halte u. mittelst des
Aufmerksamkeit zu erregen gebraucht ; holä! Suffixes „edh" etc. von häle etc. abgeleitet
hold lasen, mi is wat wegfalleu ; — helä! 50 wäre, wo es dann urspr. einen Mannhaf-
(od. holä!) fall' net; — holä! dar was 'k tenu. Tapferen, bz. einen Held im wah-
itold fallen. — Vergl. ivfries. (Jap ix) ren Sinne des Wortes bezeichnethabemvürde.
hilla; nfries. (Outzen) hilla, hille u. nhd. Nach Fick (III, 69) gehört übrigens auch
holla; franz. holä; ital. oVdetc.u. Weiteres häle, halr, hals (Mann) ebenso tvie häledh
unter eala u. 1 ho etc. 55 (bergend, schützend etc.) ti. häledh (Held)
hel-bär, heilbar. zu helan , hal (bergen , schützen etc.) u.
held, Held, kühner tapfrer Mann, od. scheint demyiach auch häle, da es ivohl vom
überhaupt: Kerl, Mann, bz. vir. — he is 'n Präter. hal (barg, schützte) gebildet ist, urspr.
gausen held; — dat is jo 'n held; de dürd einen Berg er od. Schütz er, Beschüt-
d'r wäsen; — ^t is 'n held in 't feld (iro- 60 zer etc. bezeichnet zu haben.
J. ten Doonikaat Koolman. Wörterbuch. II. 5
HELDEN-DAD
66
HEL-HOLT
lielden-däd, UeUlenthat.
helden-död. lleMcntod.
heldeu-stiik. Hehlenstück, Heldenthat.
1. helder. .s. hellor (sonorus, clarus).
2. helder, '></. heller, das dem 3Ieere ent- 5
stiegene, bz. durch Anschlammtinu des Schlieks
entstandene Aussendcicltsland, od. das Var-
land vor den Seedeichen der Küste, der i<n-
eingedeichte Seeanwuchs. Dieses Aiissen-
deichsland ist nach der Seeseite hin mit 10
Meersenf u. andern Salzpflanzen, weiterhin
auf den höher liegenden Theilen jedoch fast
ausschliesslich mit kweller, od. kwelder (Gly-
ceria maritima u. Glyc. distans) dicht beioach-
sen u. wird zum Beweiden u. Heumachen 15
benutzt, da der kweller od. das auf dem
lii'ldcr wachsende Gras ein sehr vorzügliches
Futter liefert. — dar lif?d iiog 'u diigtigen hel-
der für de dik, de bold rip is, um iiulikd
to worden ; — de köjen löpen up de heller 20
to weiden. — Nid. (provinz. od. mdartl.) hel-
der, dasselbe, aber auch der schon einge-
deichte Seeanwuchs , wovon der Seeort „de
Helder" (Stadt auf der äussersten Spitze
von Nordholland u. vor nicht langer Zeit 25
noch ein kleines Fischerdorf) seinen Namen
hat. Von Jemandem der in dieser Stadt
wohnt heisst es deshalb auch nicht: hij wooud
in Helder, sondern: hij woond op den Helder.
Wahrscheinlich gehört dieses Wort zu 30
hellen od. helden (neigen, schräg abhängen
etc.) , weil dieses Vorland am Fusse des
Deiches am höchsten liegt u. sich nach der
See hin immer mehr abdacht, hz. nach der-
selben hin schräg abhängt u. immer niedri- 35
ger wird, wie ich denn auch glaube, dass
das afries. halde, helde, hilde, was Wiarda
(afries. Wb., pag. 169) mit Dossir u n g des
Deiches übersetzt, gleichfalls zu diesem Vbm.
gehört u. mit nhd. Halde begrifflich iden- 40
tisch ist. Vergleicht man nämlich die betr.
Stellen in den alten westerlauwerschen Ge-
setzen, wo es heisst (v. Richthof e n afries.
Gesetze, pag. 416, zweite Spalte, Zeile 7
u. 0, bz. pag. 417, zweite Spalte, Zeile 1), 45
dass die hilde dreiundsechzig, bz. achtund-
funfzig Fuss breit sein soll , so glaube ich
sicher, dass hier hilde od. helde mit Dos-
sirung übersetzt werden muss u. eines-
theils etwas Anderes bezeichnet als die 50
B ä r m e, od. B er m e (cf. 2 barm) genannte
Sohle des Deiches, anderntheils aber auch
ein ganz anderes Wort ist, als afries. halde,
helde, hiKle, hielde (Fessel, Verschluss, Ge-
wahrsam etc., cf. V. Richthof en , 804 u. 55
Hettcma, 237, 240, 259 u. dazu 260, ^vo
Letzterer hilde auch mit helling, bz. decli-
vitas at^K'Tis wiedcrgicht), was ja ebenso wie
unser lüld, hilt (Griff , Handhabe etc.) zu
halda (halten etc., cf. holden) gehört. 60
helder-, heller-gras, das auf dem helder
od. Vorlande des Deichs wachsende Gras
u. dasselbe wie kweller od. -kweller-gras.
Es wird auch guller-gras genannt , welcher
Name wahrscheinl. mit 1 gul (weich, mild,
bz. freigebig etc.) zusammenhängt, tceil eben
dieses auf dem helder wachsende Gras
einerseits viel tv ei eher u. milder (es hat
keine harten Stengel u. ist wie milde od.
sanfte Wolle anzufassen) ist, als das auf
den Wiesen gewachsene u. andererseits auch
sehrfreigebig icächst, bz. einem sehr üp-
pigen, kräftigen, milden 2t. freigebigen Bo-
den e)d wächst.
1. helen, n. 1 hälen.
2. helen, .v. 2 hälen.
helen, heilen, heil ti. gesund, bz. ganz ge-
schlossen u. dicht machen, od. ioerden, sich
schliessen etc.; he held dat; — dat gat od.
de rät (Bi.s.s), wunde etc. wil net helen ; —
dat held (scJiliesst etc.) sük fan sülfst ; —
dat held ligt wer to. Redensart: dat sal
wol wer helen, er du grötmoder wordst. —
Afries. heia; sali. (Hettema) heila, (Eh-
rentraut, II, 207) hälje; nid. heelen ;
mnld. heylen, heelen; nd. heelen; mnd. he-
len, heilen ; as. heljan, lieljen, helean ; ags.
haelan, hölan; oigl. lieal ; ahd. heilan, hei-
len ; mhd. heilen ; goth. hailjan (sanare ; sal-
vare). Zu hei.
heler, Comparativ von hei ; heier as dat
güd (od. de appels etc.) kan d'r dog niks
wesen. Superl. helste ; ik hebb' de helsten
(die am ivenigsten kaputten, bz. die am we-
nigsten gelitten haben) d'r üt söcht.
hellte", helft, Hälfte.
1. helgeii, ,s'. helling.
2. lielgeil, mühen, quälen, schwer arbei-
ten, schleppen, ziehen etc. ; he was kant of-
helgd (vollständig abgemattet u. erschöpft) ;
— he helgd sük reinweg dod ; — he helgde
sük of, um mit to kamen ; — h6 helgd dat
mit alle kracht na bäfen. — Mnd. (Seh. u.
L.) helgen. Wie 1 beigen von hellingen,
so ist dieses von helligen contrahirt, was
von hellig weitergebildet ist. cf. 2 hellig.
helgen-bäs, der Meister od. Aufseher auf
den Schiffswerften od. helgen, hellingen.
hel-liake, helhük', Schürhaketi zum Ein-
äschern (inraken) des Feuers, od. auch zum
Reinigen u. Ausnehmen der heissen Asche
aus dem untern Feuerraum od. Aschen-
loche (cf. 2 hei, sub f) der Brenn- u. Dampf-
kessel. — krig' de helhäk' her un rit' de aske
d'r under weg; — fig. ein böses, zänkisches,
herrschsüchtiges Weib, Höllendrache etc.;
't is 'n helhäk' fan wif.
hel-holt (Ganzholz, bz. ganz u. gar od.
vollständig Holz), hölzerner, steifer, unbe-
holfener Mensch.
HELLE
67
HELLING
helle, .S-. liel.
1. hellen, liell werden u. machen. — 't hell'd
up ; — he hell'd lium dat up. (/. 1 liel etc.
2. hellen (assimilirt aus heldeii, s. unten)
hängen, Hang u. Neigung liaben , neigen,
sich neigen, überhängen, eine schräge, ab-
schüssige, schiefe Ebene bilden etc. ; he helld
d'r na heu (neigt dazu hin, hat Hang, Nei-
gung u. Trieb etc. danach, od. dazu) , um
to stälcn un to rofeu ; — 't helld d'r ua to
(es hängt, od. neigt sich dahin) ; — de mür
helld afer; — dat schip helld (das Schiff
hängt über od. liegt auf der Seite etc.); —
dat land helld na de se to of ; — de grund
helld to stark. — Wang. (Ehr entraut,
II, 69) hei; nfries. helde; nid., nd. hellen;
mnld. heldeu (iuclinare, acclinare, procliuare,
reclinare, propendere, vergere) ; mnd. helden,
hellen ; as. hcldjan ; ags. heldan, hyldan ;
engl, hild ; an., norw. halla; dän. haelde ;
ahd. (haldjan), heldan ; mlul. helden (neigen,
auf die Neige bringen, od. machen, dass
etwas geneigt ist) u. ahd. lialdön (abhängig
u. geneigt sein, sich neigen, vergere). Mit
ahd. halda, 7nhd. halde (Halde, Abhang);
ags. held; an. hallr; dän. haeld (dasselbe)
u. auch wohl isl. hallr; norw. hall (Fels,
Stein); schwed. hall (Klippe, FelsenstücJc,
besonders da, wo es oben auf dem Fels-
rücken allmiilig abschüssig wird; steinerne
Platte) etc. zu ahd. hald ; ags. heald ; afries.
hald; an. hallr (vorwärts geneigt, geneigt
[zu] ; abhängig, abschüssig etc.). Wegen
der verschiedenen Ableitung von hald etc.
cf. Fick (III, 71), der es mit hals etc.
von einer y hal , kal (percellere , recellere,
be. brechen, schlagen ; biegen) ableitet, wah-
rend H. Leo (Ags. Gloss. Seite 251) es mit
healdan (halten etc., cf. holden) verwandt
glaubt u. M. Heyne (cf. Grimm, Wb.
unter Halde) es mit griech. klitos etc. u. lat.
cHvus, bz. ahd. hlinä (Lehne), hlinan (leh-
nen, cf. löueu etc.) von einer u. derselben y
ableitet. Zu hlinan (lehnen) cf. y (Grass-
mann) gri, bz. ^ar (etwas woran lehnen,
od. zu Etwas hinrichten etc.), ivoraus sich
die ßedtg.: gerichtet u. geneigt ivohin, bz.
die von: hängoid tvohin , überhängend etc.
von selbst ergiebt, soivie weiter aucli die von:
(sieh, od. ein Anderes) stützen looran u.
ivorauf od. einem Etwas Stütze u. Halt ge-
ben etc., wie denn auch ved. Qaraua (stützend,
haltend, schützend etc.) ivohl von dieser ]/
Vri, ^ar abzideiten ist u. dann auch hald
leicht dazu gehören kann, ivie aucli hold
(geneigt etc.) u. Huld t«o/iZ ^it heldan (sich
neigen ivohin etc.) gehört. Die Grdbdtg.
von ^ar, gri scheint übrigens bewegen od.
richten (wohin) zu sein u. da nun diese
Bedtg. (cf. y pat, fliegen, bz. sich beivegen ;
fliegen machen, schleudern, werfen etc.) leicht
in die von: werfen wohin, od. hinwer-
fen etc. übergehen konnte, so ist es wohl
zweifellos, dass q&r, gri (werfen hin, hin-
5 tverfen, zerbrechen etc.) dieselbe y ist, wie
gar, (;ri (etivas tvoran lehnen, od. richten
ivohin etc.).
1. heller, helder, hell, bz. sonorus, cla-
rus etc. ; 'n hellem klang ; — 'n heilem
10 stemm' (eine helle, klingende, sonore Stimme) ;
— heller lachen; — he lacht hum heller
(laut schallend u. tönend, bz. heiter, lustig,
fröhlich) wat üt; — he kreg heller (laut
klingend, od. dass es schallt) wat för de
15 ners (den Hintersten) ; — he hüe (hauete,
hieb etc.) d'r heller up ; — bi heller lechteu
dag ; — 't wil hei net heller worden ; — 'u
heilem (helle, lichte etc.) klör ; — 't is 'u
hellem lücht; — dat für brand heller; — 'n
20 heller (helles, reines etc.) gesigt; — 't is
heller dül (rein od. vollständig toll) ; — de
wind weid d'r heller (tüchtig , bz. die Luft
rein fegend etc.) in. — Nid. helder ; nd.
heller. Zu 1 hei.
25 2. heller, s. 2 helder.
3. heller, Heller, kleinste Kupfermünze;
bi heller un peunink. — Mhd. hallaere, hal-
ler, häller, heller. Mit Auslassung des Wor-
tes Pfenning statt „haier phenning", bz.
30 mlat. (denarius) h a 1 1 e n s i s, d. h. zu Schioä-
bisch- Hall geprägt.
liellern, hell, klar u. heiter werden od.
machen ; dat wer hellerd up ; — 't hellerd
dör ; — he hellerd sük up ; — du must di
35 nog erst wat uphellern (dich reinigen, käm-
men, scJimücken, bz. licht od. schön Meiden,
putzen etc.).
I. hellig, klingend, stimmend etc.; cf.
enhollig.
40 2. hellig, müde, abgespannt etc., bz.
hu)igrig u. durstig; ik bin heilig un m8j.
— Wang. (Ehr ent r a u t, I, 94 etc.) hellig
(durstig) ; mnd., nd. heilich, hellig ; nid.
hellig ; mnld. helligh (lassus , fatigatus , agi-
'15 latus) ; mhd. hellig (dasselbe) ; md. hellig
(sehr durstig, lechzend) ; Schweiz, hellig, bal-
lig (kraftlos, lechzend) ; elsäss. hellig (leer
im Magen); Schwab, ballig, hellig, höllig
(lechzend, matt); bayr. hellig (müde, abge-
50 mattet) ; fränk. hellig (matt) , an der Eifel
ballig (trocken im Halse); hess. (Vilmar,
163) beleb, helk (welk, dürr, schlecht ge-
nährt, matt von Hitze u. Durst). Es ist
identiscli mit dem tmter halster erwäh)den
55 nd. ballig (dürr, trocken) u. von hal, bael,
hei (trocken etc., cf. halster) loeitergebildet.
helligen , nur in behelligen (behelligen)
u. wohl von 2 hellig tveitergebildet. cf.
beigen.
60 helling, Schiff swerfte. Vom Plur hel-
5*
HELM
08
HELFEN
lingcn (was auch in der Bedtg. „Schtffs-
icerfte'' gehrättchlich ist, weil gewöhnlich
mehrere schräg liegende Gerüste für Schiffe
auf einer u. derselben Werfte sind) ist un-
ser Collect, lielijou (Schiß's werfte) contrahirt,
con dem deshalh auch kein Plural gebildet
tcird. — Nid. lielliiig ( Ueberhängcn , Nei-
gen, Abhang, Halde, liöschung, ablaufende
Brustwehr; Werfte, Stapel; Neigung, Ge-
neigtheit [sinnl. u. bildl.J , Trieb etc.); nd.
(Br. Wb.) heilige, aus hellunge (schräge
Bichtung einer Tonne, bz. Abhang) u. bei-
gen (kleine hölzerne schräg liegende Läufe
vom Ufer ins Wasser, wo die auszubessern-
den Schiß'e hinaufgezogen u. abgelassen icer-
den) ; mnd. hellink, lielliiige, helge (Schiffs-
werfte) = heldinge (Neigung etc.) von bei-
den, .s\ 2 hellen.
1. heim, auch helmet, holmt, das starke,
schilfartige u. langhalmige Dünengras (ely-
nuis aveuariiis, ariuido aveimria) , womit die
alten Dünen bewachsen sind u. die kahlen
Dünen u. Ufer der Inseln bepflanzt werden,
um dem Verstäuben des losoi Sandes vor-
zubeugen, bz. die Bildung neuer Dünen durch
Auffangen des Sandes zu fördern. — Wang.
hellem ; nid. beim. Nebenform zu halm, bz.
7nit diesem desselben Ursprungs.
2. heim, Helm, a) schützende Kopfbe-
deckung der Krieger; — b) der helmartige
Aufsatz auf der Destillirblase ; — c) das
Häutchen um den Kopf, welcJies neugeborne
Kinder u. Junge zuweilen mit auf die Welt
bringen u. ein Tlieil derjenigen Haut ist,
worin sie im Mutterleibe eingeschlossen wa-
ren u. was nach dem Volksglauben dem
betr. Kinde Glück u. Wohlstand bringt,
weshalb denn die auch in Holland (cf. auch
Ho Itzmann , Mylh. 201) gebräuchliche
Bedcnsart : „bc is mit 'n beim geboren" (cf.
engl, „be is boru witb a caul" u. Weiteres
in der Zeitschr. für Kthnol. etc. von B a-
stia)i u. Hartman n, IV, 186 seq.) von
solchen Menschen gebraucht xvird, die ohne
ihr besonderes Zuthun viel Glück in ihren
Unternehmungen haben. — Afries. , nid.,
nd., engl., as., ogs. heim; mnld., mnd. beim,
helmet; an. hjälmr; norw., dän., schwed.
bjelni; ahd., mhd. beim, belme; goth. bilms,
od. bilm.
Dieses Wort, ivclches im ags. auch die
Bedtg.: diadema, Corona, velamen «. im engl,
auch (provinz.) die von : „Schuppen" u.
,,auf einer Bergspitze lagernde Wolke, welche
dieselbe verhüllt" (wegen beim = linder s.
3 heim) hat u. tcovon ital. , aspan. elmo ;
nspan. yeimo ; prov. elm ; franz. beanme
(Decke); abgel. : span., x>ort. alniet; afranz.
healmet ; franz. armet (Pickelhaube) ent-
lehnt sind, gehört zu belan (hehlen, bergen,
schützen, decken, schirmen etc.), bz. mit die-
sem zu der y bal (l)ergen , verbergen , be-
decken, schützen etc.), cf. 2 bälen.
3. heim, Puder, Steuerruder, Steuer, bz.
5 das icomit man das Schiff u. auch das Pu-
der lenki u. regiert; daher auch (auf klei-
neren Schiffen) : die Puderpinne. — de beim
(od. 't rör, stur) fan 't scbip : — de beim
(od. 't stur) tan 't rur. — Nid. beim (bet
10 roer, bet stuur , cf. Bobrik, naut. Wb.);
engl, beim (Puder, Steuer, Steuerruder);
wang. (E h r e n t r a u t, I, 371) bellem (in
btMlem-bolt, Puderholz, Pudersiange , bz.
Steuerhoh, Holz od. Stange zum Steuerii) ;
15 an. bjälm. Ks gehört wohl auch wie 2 beim
zu belan, bz. der // bal, toeil das Steuer-
ruder die Hut u. der Schutz des Schiffes
ist, bz. es schirmt, schützt u. bewahrt, wenn
es auf dem Meere treibt, cf. indessen un-
20 ter 2 balm auch das ahd. halm ; mnd.,
mnld. beim (manubrium) n. balmo (Lenk-
seil), womit bolin (ds Ha It e n d es, od. Len-
kend es auch conncx sein kann.
lleliiier, ml. Name. Gcscidn. Helmers.
25 Wohl = ahd. Heilmar, od. Ilelimar, doch
ist auch Ableitung von 2 od. 3 beim (cf.
Körstema)in hinter Helm) möglich.
holiiier, ein seitlich von der allgemeinen
Ileerstrasse (die sich auf dem Pande der
80 Jiohen Geest zwischen der Marsch, bz. den
Ilammrichen [cf. bamrik] u. dem Moore
hinzieht) in die Marsch, od. das Moor
hineingehender Landweg , mitunter pleona-
stisch auch belmerwcg genannt. — Nd. (Br.
35 Wb.) behner; innd. (Seh. u. L.) bclmen-
dero, belmcdcr, balmdor, belmede, belmerde,
helmer.
helpeii (belp', — belpst, — helpd etc.; —
bulp, bulpst etc.; — [is, od. bed] bulpen),
40 helfen, retten, beistehen, nützen, dienen, för-
derlich sein, fördern etc. ; bolp' ! belp' ! se
willen mi wat dOn ; — be bulp bum üt 't
water, anders was be ferdriinken ; — hö
helpt mi üt de nöd ; — ik wil dl helpen ;
45 gä mau drist d'r up lös ; — dat kau mi niks
belpen, wen 'k bum d'r um frage ; — schre-
ien helpd (od. bald etc.) net ; de büks mut
cf ; — bc bulp bum wider; — be bulp bum
in de slöt; — Sprichiv. : help di sülfou, den
50 helpd di God. — Afries. helj)a, bilpa, bulpa;
satl. belpa; tvang. bilp; ivfries. (Japi.r)
helpjen, bolpjen, bolpen ; nd., nid. belpen;
as. belpan; ags. belpan ; engl, belp; an.
bjalpa; norw., schwed. hjelpa; dän. lijelpe;
bö goth. bilpan; ahd. belfan, belpban ; mM.
helfen, belven. Mit lit. szelpiu, szMpti (hel-
fen) zu einer y kalp, karp = skr. kalp ;
zend. karep (sich fügen, richtig sein, pas-
sen, dienen etc.). Vergleicht man dazu skr.
60 kalpa (gleich, ähnlich, gestaltet ti. gebildet
HEL-SAM 69 HEM
wie etc.); zcnä. kerejjta ((jebüdct, gestaltet, dat dat gat Itold wer held; — dat is helsäm
geformt etc.) zn unser in lik; zend. kelirp twebak (Zwieback der nicht leicht kcqjut
(Körper, Fleisch, hz. leibliche Gestalt u. geht, nicht bröckelt, od. nicht bröckelig ist) ;
Form etc.) = kerefs in kerefs-gar (fleisch- — heisame stenkaleii (heile, ganze od. dichte,
fressend); hzv. \iarp; pars, keret; arm. kQrp; 5 feste, nicht leicht bröckelnde Steinkohlen);
lat. corp-us (dasselbe) zu nnscrm Jike, bz. — dat is lium helsäm (heilsam, gesund,
dass unser lik auch die Bedtg.: gerade, dienlich etc.).
eben, schlicht etc. sowohl, als recht ti. lielsen ; i. q. halseu. Nur in be-helsen,
richtig, bz. g eordnet, ausgeglicheti, befassen, in sicJi fassen, umschliessen etc.;
geschlichtet etc. hat u. demnach die 10 dat behelsd nßt föl.
Bedtg. richtig sein, passen etc. der y hel-sibbe; i. q. fulsibbe; s. unter sibbe.
kalp, karp wohl auf der siniü. Bedtg.: g e- helsk, höllisch, teuflich, verdamint, fiirch-
r ade, eben, s ch licht etc. od. eigentlich : terlich etc. — 't weid d'r helsk in ; — 'n hels-
behauen u. glatt sein etc. beruht, so ist ken stürm; — 'n helsken ti' watcr; — 't is
es klar, dass diese y karp nicht von karp 15 'n helsken (od. ferdomdeu, dönnersen etc.)
(sehlagen, hauen, spalten, schneiden, be- satan ; — helsk (höllisch, fürchterlich, an-
hauen, zurechthauen etc. u. so bilden, for- gemein etc.) gröt od. dül, stark, mui etc. ; —
men, bz. glatt, eben u. richtig machen etc.) 'n helsken bült geld ; — he is d'r helsk (od.
rticht verschieden ist u. beide ebenso wie y ferdomd etc.) up fersäten; — 't fe etc. was
kart (hauen, behauen, beschneiden, zuschnei- 20 helsk grapsk, od. dür; — ik hebb' 'a hels-
den, formen) blosse Weiterbildungen der ]/ ken dörst od. huuger etc. ; — dat perd is
kar (schlagen, hauen, schneiden, scheeren mi fSls to helsk (ungeberdig , wild, hitzig
etc., cf. auch ]/ skar voyi scheeren, — etc.). — Afries., nid., nd., mnd. heisch;
skarp von scharf, scharfen , — skrap mhd. hellisch, heisch. Zu 2 hei, suh a).
von unserm schräfe = kräfe od. karfe etc.) 25 heiter, .s. halter.
sind, deren Bedtg.: machen, loirken etc. liel uii dal, ganz u. gar etc.; cf. dal.
od. einrichten, gerade u. recht machen, ord- 1. hem, Heim, Haus, Wohnung, Wohn-
nen etc. ebenso wie bei tak u. taksh aus sitz etc. ; he sitt up sin egen hem ; — d'r
der von: schlagen, hauen, spalten, schnei- is gen hüs of hem. — Afries. hem; wfries.
den etc., bz. behauen, behobeln, beschneiden, 30 (Jap ix) hiem ; nid. heim; 7nnld. heym; nd.
zur echtschneiden etc. entstand. Wenn nun heem; mnd. hem, heim; ns. hem; ags.hkm;
aber tveiter Fick das lat. culpa (Schuld, engl, home; an. heimr; norw. heim u. auch
hz. Veranlassung eines Schadens) auch zu heem, hiim; schwed. hem; dän. hjem; ahd.,
der y karp (Joelfen) stellt, so kann ich ihm mhd. heim u. ahd. heima; 7nhd. heime; goth.
darin nicht beipflichten. Vergleicht man 35 haims. Es ist mittelst des Suffixes ma (cf.
nämlich, dass die Wörter: sollen u. arm, främ etc.) von einer deutschen y hi
Schuld beide von skilan, skal, skulun (Platz nehmen u. greifen, od. Wurzel fas-
(schlagen, hauen, verwunden, tödtcn etc.) sen [wo], halten [wo] , bleiben, ruhen, ver-
stammen, bz. dass sollen (cf. schal, schö- iveilen, ivohnen) iveitergebildet = idg. ki,
len) weiter nicläs heisst als: (Jemanden) 40 bz. ski; skr. kshi; zend. (Justi) kshi, shi,
geschlagen, verivundet od. g et ö dt et ski (ivohnen, sich nieder lassen u. ansie-
haben u. deshalb zur Zahlung des Wehr- dein, sich setzen od. besetzen wo etc.), die
geldes, bz. zum Ersatz od. zur Busse ver- aus ski, ska (greifen, fassen, halten, neh-
pflichtet sein — i«. Schuld buchstäblich men, in Besitz nehmen, sich zu eigen ma-
soviel heisst als: er schlug od. verwun- 45 chen, hörig machest, beherrschen, Gewalt u.
dete u. ist deshalb strafbar, bz. zur Busse Macht haben über, besitzen etc., cf. setzen
verpflichtet, so ist es klar, dass auch das = Stelle od. Stätte geben etc. aus sitzen
lat. culpa nicht von der ]/ karp (helfen), = ruhen, od. halten loo, bz. besetzen
sondern von der ]/ karp (schlagen, spal- aus besitzen u. habitare aus habeo) her-
ten , schneiden, verwunden etc.) abzulei- 50 vorging u. wovon ausser skia, bz. skr. ska
ten ist. (ruhen, ivcilen) u. lat. quie (in quies, quie-
hel-säm, heilsam, d. h. mit dem was hei scere, qiiietus) u. skr. ci (nehmen, aufneh-
besagt verbunden u. vereinigt etc.; dat gat men u. wo hinlegen, Stätte geben, schichten,
schal wol bold wer digt gän, he hed nog al ordnen etc., cf. bei Grassmann der Form
'n helsamen hüd (eine heilende, ganz loer- 55 wegen unter 2 ci die Verwandtschaft mit
deyide , gesundende Haut, bz. eine Haut, kliya u. y ski, scheinen) auch wohl zend.,
die leicht od. bald hei od. ganz u. dicht skr. gi, bz. qik (liegen, ruhen, weilen, hai-
wird, od. gut heilt u. gesundet) ; — ik wil ten wo) sich herleiten. Ob nun aber goth.
dl 'n helsamen salfe (heilende, die Wunde haims, bz. hem, heim bei77i Vergleich von
schliessende od. gesundende Salbe) gäfen, 60 harsen zu idg. karsan, skr. garshan etc. od.
HEM HEIM 70 IIEMMEL
hund, hurn etc. von einer y mit anlauten- lieinds-inane , Hcnuhärnipl. — in blote
ilem k, hz. skr., zend. q, rjricch. k, tat. c hcnidsmauen för de dur sitten, dat is nii
etc. 'nicht fieaaer mit (/riech, köme (Dorf),^ so gen irrl)riik mör as in min kinderjaren.
lit. kvmAS, kä'xma'i ((hi.'iScUie) zur y ki, /;,-. ^i heiuelik, henilik , licinolk, heimlich, in
(ruhen, weilen etc.) zu .^teilen u. nicht 5 geheimer od. vertraulicher Weise, verstohlc-
mit skr. kshönia (sicherer, behaglicher Ort, ner Weise.
od. Sitz, Wuhnsitz; Friede; Hast, Ruhe hemclikheid, henilikheid , hemelkheid,
etc.) von khsi, bz. ski abzuleiten ist (cf. Heimlichkeit.
darüber auch G. Cu rt i u s, pag. 145) lasse lieinke, Heimchen, Grille, Cicade ; hns-,
ich dahin gestellt sein. Wegen afries. ham, 10 gras-hemke ; — ßg, kleines schwaches We-
hem cf. 1 u. 2 ham. sen ; 'n liemke fan 'n wicht. Redoisart. u.
2. lieni, heim, heim, nach od. zu Hause; Sjn-ichw. : nakcnd as 'n hemke; — he singd
liem gän, hem kamen etc. — Hs ist gleich as 'n hemke (ironisch). — Nid. heimpje ;
afries. heme u. hem, bz. ahd. heime von 1 ninld. heymken, hecmkon, hcymelken ; mnd.
hem, wird Jedoch nur selten mehr gehurt. 15 heimeke, liemeke. Anscheinend Dimin. von
cf. heimsüken, liemclik etc. ahd. heimo; mhd. heimc (dasselbe), doch
henid (Flur, hemden), Hemd, Kleid, was nach 31. Heyne (cf. Grimm, Wb., unter
man zunächst auf dem Leibe trägt, od. über- Heimchen) mit »r/. liiemk, oberd. heymdi
haujit : Kleid, Gewand, faltiges Gewand etc., aus heimlich, heimamnch, was aus muclieim,
cf. die Composita. — he sitt in 't blotc hemd; 20 hz. ahd. müh-hoimö, mftcliheiino (Heimchen)
— Redensart, ti. Sjirichto.: he h4t sük 't umgesetzt ist. Das ahd. hcimo bezeichnete
hemd fan 't Iif stälen ; — 't hemd trilld hnm urspr. wohl blos die Hansgrille u. ist dem-
für de ners; — se fragd en 't hemd fan de nach lieim-o wohl von heim (Haus) weiter-
närs; — 't hemd is en nader as de rok. gebddet in der Bedtg.: Haus-Wesen, Haus-
Conijws. : aferhomd, körhemd, undcrhemd, 25 Geschöpf.
hemdkled, hemdrok, hemdslip, hemdsmaue 1. heniiuel, öfter auch himmel, Himmel;
etc. — Afries. hamethc, liemethe, hamede; (personif.) Gott. — de sterons an d' himmel
wfries. liimd, himhd; satl. harnend; wang. blinken so schön; — in de hemmel kamen;
(Ehr e n trau t, I, 370) hämmin; tid., nid. — de lefe hemmel mag 't weten, war 't ble-
hcmd ; mnd. hemde, hemmote, himedo; mnld. 30 fen is; — de lete hemmel segene jo 't wer,
hemde; ahd. homidi, hemithi ; mhd. heraede, wat ji an mi arme blöt guds dun. Sprichw.:
liemde. Was die Form betrifft, so ist tvohl wen de hemmel falld, den krigt de erde 'n
anzunehmen, dass es ans dem Präter. ha- regenmantel; — wen de himmel falld, den
meth, hemith (bedeckt, verhüllt, bekleidet, od. liggen wi d'r all' nnder; — se smet 'n gat
decket, deckt) von einem dem goth. liaraon 35 in de hemmel. — Afries. himnl , hiniel ;
(decken, bedecken, verhüllen, einhüllen, be- tvfries. himel, hymmel ; nfries. hemmo]; satl.
kleiden etc.) entspjrechendcn Vbm. ham-6n, hemel ; wang. hemmel; nd. hemmel; nhl.
hem-6n mit dem Suffix e od. i, i (Etwas hemol ; as. himil; ahd. himil, himel; mhd.
etc.) abgeleitet wurde u. demnach ein Etwas himel, himmel (indiimentnin ; coehim, aether;
bedeutet, ivas deckt, bedeckt od. verhüllt, 40 laqueare, lacnnar; Thronhimmel, Baldachin),
schützt, ein- u. umschliesst od. einhegt u. — Au. himinn, himins ; isl. hirain (coelnm;
einfriedigt etc., loie Ja auch a.s. hjmo ; ahd. laqneare); goth. himins (coelum). Davon:
hämo ; mhd. harne ; ags. hama, homa, ham ; ahd. himilizi, himilezi, himelze ; mhd. hi-
afries. hama, homa ((jicwand , Kleid, Um- melze, himilz, himelz (Zimmerdecke , Zelt-
hüllung, Hülle, Haut, Balg etc., cf. lichäm) 45 decke); mnld. henielte, ghehemelte (convexi-
zu hamön, od. mit diesem zu einem voraus- tas, palatum). Es bezeichnet ein Etwas,
zusetzenden Wurzel- Vbm. : hinian, ham, hu- ioas ein Anderes wölbend überdeckt, od. ein-
mnn (umfassen, umschlicssen etc.) gehört, u. umschliesst, bz. ein Gewölbe, Decke, Dach
über dessen Ursprung u. Wurzel das Wei- etc. u. gehört mit goth. hamön , (did. hämo
tere unter 1 u. 2 ham zu vergleichen ist. 50 etc. (cf. hemd) u. zend. kamar (krumm, ge-
hemd-kled, das der Leiche, bz. einem Ge- tvölbt) , kamara (Gürtel; Gewölbe), griech.
storbenen über das gewöhnliche Hemd ge- kamära (Gewölbe; Schlafgcmach, Himmel-
zogene weite u. faltige Tndtenkleid. bctt etc.) ; lat. camera etc. zu der unter 1
hemd-linnen, feineres Leinen, wovon man ham erwähnten ]/ kam.
Hemde macht. 55 2 hcniniel, blank, rein, reinlich, sauber,
hemd-rok, Unterjacke, od. Brusttuch, tvel- glatt, nett etc. — hemmele glasen, Straten, hu-
chrs unmittelbar über das Hemd angezogen sen etc.; — dat siigt dar in hüs all' so liem-
ivird. mel un schön nt , dat man wol brei fan de
hemd-slip, Hemdzipfel, Zipfel an einem däi ilten kann un 't all' gliinmd un spegeld
Mannshemde. GO wat d'r is; — 't is so 'n hemmel wif, dat
HEMMEL
71
HEMMELEN HEMMELN
mau sük freid, wen man hör ankikd ; — 't is
hir air hemmel un schön un d'r is narg(!iids
gen stofje to finden ; — dat wicht goid mt
hing net hemmel genug mit 't iiten um ; —
de meid mut hemmeler worden, wen se hlr
blifen wil. — Wfries. (J apix) himmel u.
(Vrije Fries, I, 174) hemel ; wang.
(Ehren traut, I, 94 ii. 371) hemmelk od.
hemmel (in hemmelkeit). Weiteres s. unter
2 hemraelen u. dem folgenden :
3. hemmel , Reinigung , hs. die Rein-,
Blank- u. Sauhermachung in ihrem ganzen
Umfange, soweit dies durch Waschen, Ab-
reiben, Bohnen, Kämmen, Bürsten etc. ge-
schieht od. geschehen kann. — dat kiud hed
fan Jungs up au sin hemmel un fleje (Rei-
nigung u. Pflege etc., cf. 2 fleje) net had,
darum wil 't ök net regt dejen ; — dar word
gen hemmel un fleje an dän.
1. hemmelen, hemmein, himmeln, sum
Himmel erheben, in den Himmel befördern,
sterben inachen, ins Grab bringen; nament-
lich von Aerzten, die Unglück in ihrer
Praxis haben u. viele ihrer Patienten durch
den Tod verlieren. — de dokter hemmeld
menuig hen; — he hed hum hen hemmeld.
2. hemmeleu, liemmein, reinigen, sauber
u. rein machen, bohnen, ivaschen, reiben,
bürsten, kämmen, od. putzen, schneiden etc.,
hz. sich od. ein Etwas so machen, dass man
(od. es) in jeder Hinsicht sauber, rein, nett
u. ordentlich, od. gebührend u. wie die Ord-
nung u. Sitte es erheischt, aussieht. — jung' !
gä heu un hemmel' di erst, er du bi de disk
kumst; — de rok is so fül, dat he erst ör-
dendlik hemmeld (od. ofTaemmeld) worden
mut, er du hum wer antrekken kanst; —
de däle uphemmeln (den Schmutz mittelst
eines nassen Tuches etc. von der Diele auf-
nehmen, die Diele reinigen) ; — dat der mut
wat of- od. ferhemmeld worden, dat d'r wat
bäter grei in kumd ; — hemmel' din schö
wat up de matt' of, er du in de stuf kumst;
— dat hüs mut erst dügtig üthemmeld wor-
den, er wi d'r intrekken könen; — de bal-
ken, bomen etc. mutten ofhemmeld (abge-
bohnt, abgeputzt, mit einem scharfen Instru-
ment abgekratzt etc.) worden; — de böm
mut üthemmeld (ausgeputzt, ausgeschnitten
etc.) worden; — sin bärd hemmein (seinen
Bart zustutzen u. schneiden, bz. so machen,
dass er nicht mehr so wild u. unordentlich
aussieht) ; — (subst.) wi süut fan dage an
't hemraeln. — Wfries. (Jap ix) himmeljen,
hemeljen od. (Vrije Fries, I, 174) he-
melen; nid., provinziell (in Gelder l and)
hemelen, (Groningen) hemmelen (reini-
gen, schoon maken etc.). Wohl mit mnld.
(KU.) hemelen (componere, concinnare, or-
nare) ; mfläm. hemelen (orner et parer) ideti-
tisch, zumal wenn man unsere Zusammen-
stellung (s. 2 hemmel) „hemmel un fleje"
vergleicht u. dabei erwägt, dass unser fleje
zu flejen (componere, ornare etc.) gehört.
5 Das Adj. 1 hemmel, himmel, hemel hatte
urspr. vielleicht die Bedtg. : geschichtet, zu-
sammengelegt, geordnet etc., od. die von:
zurecht gemacht, fertig, bereitet, geputzt, ge-
schmückt, geziert, schmuck, blank , paratus,
10 ornatus etc. Da nun aber diese Wörter
mit 1 hemmel (Himmel) , bz. 1 hemmelen
(himmeln) schwerlich verwandt sind, so halte
ich dafür, dass der Stamm hemmel od. he-
mel von Hause aus mit ahd. hamal (ver-
15 stümmelt, gestutzt, verschnitten etc., cf. 1 u.
2 hamel) u. hemmelen od. hemelen, xofries.
hemeljen etc. mit afries. hemelja, homelja
(debilitare), ahd. hamalön (verstümmeln, stut-
zen, verschneiden, abhauen, abschneiden) =
20 7ihd. ha mm ein (castriren , verschneiden
etc., s. unter 2 hamel) identisch ist, weil
sich atis: gestutzt, zugestutzt, verschnitten
etc., bz. stutzen, zustutzen, verschneiden, be-
schneiden, einkürzen etc. (man vergl. : Haare,
25 Bart, Hecken, Bäume etc. schneiden, od. be-
schneiden, stutzen, einstutzen etc., bz. Je-
manden zustutzen etc. u. nhd. Stutzer =
Zieraffe etc. , od. Jemand der seine Haare
u. Bart stutzt, zustutzt, beschneidet etc.)
30 leicht die Bedtg. : zierlich, schmuck, sauber,
glatt etc. (vergl. auch die trop. Bedtg. von
beschäfd \mter beschäfen), bz. die von : säu-
bern, reinigen, ausreinigen etc. entwickeln
konnte u. auch putzen (Licht putzen,
35 Bäume ausputzen etc.) =: schneiden, od.
stutzen ist, bz. wir den Raseur auch ja
putser nennen. Vergleicht num nun loeiter,
dass ahd. hamal (verstümmelt etc.) , hama-
lön etc., bz. afries. hemelja (verstümmeln
40 etc.), sowie auch an. hamla, norw. hemla
(verstümmeln; hemmen etc.), bz. unser ha-
mel, homel sämmtlich Weiterbildungen von
ahd. ham (verstümmelt, defect, gestutzt etc.)
sind u. das dän. pyat (Putz ; Spitze), Y^ynte
45 (putzen, schmücken, reinigen) mit luiserm
pünt (Punkt, Stich ; Spitze), pünten (stechen ;
sjjitzen, zuspitzen, zuschneiden) , ötpünten
(ausstechen etc.) von lat. punctum, pungere
abstammt, so scheint es, als ob das sonst
50 überall fehlende norw. (Iv. Aasen) hema
(putzen, rein machen etc. = dän. pynte,
pudse, gjöre reen), hema (Reinlichkeit, Ord-
nung etc. = dän. reenlighed, orden, pyn-
teligt udseende) auch mit ahd. hamal etc.
55 u. an. hamla etc. auf ahd. ham (verstüm-
melt, gestutzt etc.) zurückgeht, obsclwn es
auch möglich ist, dass diese M'^örter, sowie
norw. hama (putzen, schmücken = dän.
pynte, pudse) mit hama (kleiden, verhüllen,
60 vermummen, bedecken) zu ham (Haut, Kleid,
HEMMELIG IIEMMLIG 72 IIEN
Balg etc., cf. hemd ». x. unter 1 ham) _c/e- «h. Iiampr; »o/vc.rfä». hanip; sc/tifCfZ. hampa;
hören, icohci es denn aber auch xcieder eben- ahd. hanaf, hanof, hamif, lianif, hanef; mhä.
sowohl denkbar wäre, da.-^i auch unser hom- hanef, haut'; /«^ cannabis; r/r/ec/;. kdiinabis;
mol (sauber etc.), hcnimcln {säubern, reini- Ut. kanapos; j>r('».s>-. knapios; Islav. ko-
gen etc.) sofern sie von Hause aus die Be- 5 noplja; bühm. konope: jjohi. konop : lett.
dtg.: ornatus, oinaro hatten, mit mnld. kanjepes. Ob mit Jat. c&una. (Schilf, liohr
(KU.) lionielen (compoacre, oniare) «. he- etc.) n. vielleicht dem skr. kanapa i Lanze
meleii (velare, tcgere, celare) entweder von etc., sofern dies urspr. ein Bamb m -, od.
hemel (Himmel, /c Decke, cf. 1 hemmel) sonst. Rohr, bz. Bohr-, od. Schilfgnvächs
od. mit hemd u. hämo, ham (Kleid, Haut, 10 war) u. kanabha (Fliege, summendes In-
Decke) u. goth. liamon (bedecken, kleiden) sect) etc. zur y kan (rauschen etc.) ? Vergl.
vom Stavimrbni. himan, liam (tegore, velare dicscrhalb unter 2 hän.
etc.) abgeleitet sind. hcinpoii. henpen, hänfen, von Hanf; hem-
hcmmcli;:. lieiimilifi;, licmmel^, reinlich peu linnen.
etc. Zu 2 hemmel. 15 ]ioiil])-liillink, Hänfling (fringilla canna-
heniniolsk. honimels, liiininels, /(/Hi»i/j'.sr/j; biiia); (ßg.) kleines, zartes Wesen; — 't is
hemmel.sk raui: — "t is fan dage 'n hem- man so 'n hemplünink fan wicht,
mels wer thimmli'<ches Wetter). — Nid. he- hoinp-iilje, Hanföl.
melsch; afries. himulisk, himelesk, hiraelsch; liemp-Siul, Hanfsamen,
wfries. hymraelsch ; nd., iiind. hemraels, 20 heil, ////(, wohin, in der Bichtung, nach
liomels. einem bestimmten Orte hin etc.; von der
henimen, hemmen, hi)iderH , in der Be- Stelle, vorwärts, iveg, fort, vergangen, ver-
wegung zurückhalten, lähmen etc. — wel kan flössen, vorbei, verloren etc. — hen lopen ud.
't hemmen; — he hemd mi (er lähmt u. faren; — dat ligt na 't Osten hen; — du
hindert mich) in mm dun. — Afries. herama, 25 must hum dar hen wisen; — gä hen un häl'
hammen; schivcd. haemma; dän. haemme; twebak ; — he is al wat hen (schon ziem-
mhd. hemmen. Wie an. hamla (Jiemmen, lieh weit vorgerückt im Alter); — dat rekd
hindern; verstümmeln) mit ahd. hamalon net hen; — 't geid d'r göd heu od. längs;
von haml, bz. hamal (verstümmelt) u. lam- — he löpd d'r nog so stak heu, as 'n korel
men, lemraern, belemmern von lam, so ist 30 up sni lifs-heste; — 't geid all' hen un wer,
hemmen von ahd. ham (verstümmelt, ver- od. hen un werden, heu un her; — dar geid
krüppelt etc., cf. 1 ii. 2 hamel) weitergebil- 't heu mit mester Marks, do brogden se hum
det u. heisst hemmen daher eigentlich soviel na 't karkhof; — wetst du net, dat de tul
als: verstümmelt, verkrüppelt inachen, lahm hen geid; — wat heu is, is heu; — hen is
machen u. so lähmen, hindern etc., tvie auch 35 siu kracht; — siu gcld un göd is all' hen.
die Zusammenstellung von afries. hammcth — Nd., mnd. heu; nid. heen; mnld. hin,
jeftha hxmmuth (gelähmt, cf. lammd t-on lam- hen; ags. hiua; alid. hiua; mhd. hiue, hin.
men), od. chimmed jeftha lemed dies bcstä- Davon weitergebildet: ahd. hinana, hinan,
tigt. Wegen der Ableitung dieses Wortes hinnän; inhd. liinueu, hinue; «s. hinana, hi-
von mhd. harne, ham (Fangnetz, od. Angel- 40 uan, Innen; ags. hinaue, heonane, heonau,
haken, Hamen) vergl. Weigand. Das heonun, heonon ; lofries. hinua; mnld., nid.
nid. hammcw (zurücklialten, bz. zurückrufen henen ; mnd. heune, hinue, (von) hinnen.
u. stehen machen) dagegen loird mit mnld. Fs ist wie „her" von dem Demonslrativ-
(Kil.) hemmen, hummou (niutire, emutire, Stamm, bz. Pronominal-Stamm. hi (cf. he
simplicem edere vocem) von der Interj. hem, 45 od. he) loeitergebddet u. drückt eine Be-
hum, bz. dem Schallstamm hem, ham, him wegung von dem Sprechenden, od. nach
(cf. himeu u. hummel u. bei Fick, III, einem Fntf ernter en , od. richtiger wohl des
65 unter ham) abgeleitet, wobei es auch betr. „Er" (sei dies nun eine Person, od.
denkbar ist, dass das mhd. u. nhd. hemmen ein sonstiges Etwas, wie z. B. ein Stein,
sich mit dem nid. hemmen (hem! hem! ru- 50 Wagen, od. Thier etc.) nach irgend einer
fen, um Jemand zum Stehen zu bringen u. Bichtung hin aus, toelche Bewegung an-
ihn aufzuhalten) gemischt hat. scheinend durch das Suffix na ausgedrückt
heiiip, henp, lienncp, Hanf. — Sprichw.: wird, ivelches wahrscheinl. mit der Vernei-
bi henp S| ar de plog net un \n üah (Flachs) nungs- Partikel na (cf. nä u. net) u. mit
net de eide (Egge) ; — hemp schämd Buk 55 der negirenden Partikel an (cf. un) iden-
net, um up de mcsfold (Misthaufen) to was- tisch ist, iveil beide eine Bewegung, bz. ein
sen ; — henp un ncttels (Nesseln) wassen 't bewegen u. gehen von ivo weg, ein entfer-
Icfst uj) 'n fetten grund; — hemp is täjer nen etc. (ebenso toie ,,u-eg") au.sdrücken u.
as Alis. — Nd. hemp, hemiei); mnd. henuep; von Hause aus wohl Bewegungs- Wurzeln
nW. henuep, hennip; «(/.s. hilnep; engl, hemp; 60 sind, wonach denn hi-ua soviel bedeuten
HEND HENDE
73
HENNE-KLED
würde als: Er (Person, Bing, Etwas, hz.
Seiendes, Wesen etc.) gehen, sich entfernen^
od. Er iveg u. fort etc. Von den Compo-
sitis mit „hen" loerden nachstehend mir
einige wenige aufgeführt.
liend, hende, bei Hause, nahe, od. dicht
hei, in der Nähe etc. — der is hend nog trend
(weder bei Hause, od. nahe bei, in der
Nähe etc., noch entfernt, in der Entfer-
nung, weit herum etc.) wat to sen ; — fan
hende im fan ferren tosamen kamen. —
Afries. hend, heynd, heind; ivfries. (Japix)
heyn ; nid. hende, heinde (dat raakd er op
heinde nog verre op toe) ; mnld. (KU.) hende
(prope, vicinus). Es gehört wohl zu einem
Vbm. henen, heinen (cf. mnd. heinen, sub 1
bei Seh. u. L.) = hemen, heimen (wohnen,
Heim haben) u. bezeichnet dann das, wo
man heind, od. wohnt, od. es ist von hein
= heim (Haus) weitergebildet , loie es ja
auch möglich ist, dass das „d" blos wie bei
kerdel (Kerl) od. gardeu (Garn) etc. (cf.
Seh. u. L., I, 469) eingeschoben ist ti. heinde,
bz. heimde für heime (weder h e i m e od. zu
u. bei Hause, daheim etc. noch ferne) steht.
hen-däl, hendäl, hinunter, 7iach unten,
nieder loärts. — Wang. (Ehrentraut, I,
94) hendille.
head-ferdig, s. haudferdig.
hen-dÖD, hinthun; hingeben.
hen-fägen, hinfegen. — he hed dat d'r hen-
1; — he od. de wind fägd d'r hen, dat
't so 'n ärd hed; — he hed hum en (eine
geharnischte Epistel, einen groben Brief
etc.) henfägd, de lie net för de spegel stekd.
lien-fürder, hinförder, förderhin, in Zu-
kunft. 0. L. B. heuforder.
hen-fören, hinführen ; hinfahren.
heil-toren, hinführo, in Zukunft etc.; dat
raut hentoreu net wer geschedeu.
henge , heiig', Angel, od. eigentlich das
mit einem Auge, od. einer Ocse versehene
u. an Thür u. Eenster etc. befestigte Eisen,
womit man Thüren u. Fenster etc. einhängt,
damit sie drehen können. — Mnd. henge ;
mnld. henghe (cardo, ansa, hamus).
heDgsel, Henkel. Nebenform zu hangsei.
— Mhd. hengel, Henkel; Thürangel.
lien-hemmeln, s. 1 hemmein.
hen-in, hinein. — heningän (Ji'^ncin gehen) ;
heninbären (hinein bohren) etc. etc.
hen-kamen, hinkommen. — he schal wol
henkamen; — he is al 'n göd ende henkameu,
hingekommen , od. vorioärts gelangt , vorge-
rückt etc. , sowohl im Raum als in der Zeit;
daher auch: bejahrt; he is al 'n henkamen
(bejahrter, ziemlich alter) minsk.
hen-kamen, Hinkommen, Hingelangen etc.
— wi mutten man up 'n göd henkamen sen.
hen-könen, hinkönnen. — he schal d'r wol
henkönen (Jiin od. hindurch können) ; — he
schal d'r wol mit henkönen (ausreichen, sein
Genüge haben etc.) ; — he kan d'r mit hen
(hat sein Genüge, hat Geld u. Gut genug,
5 ist alt genug) ; — he kan d'r wol hen (er ist
schon so alt, dass er füglich von der Bühne
des Lebens abtreten, sie verlassen, bz. ster-
ben könnte) ; — 't kan d'r so wol hen (es
ist so genug damit).
10 hen-läg, nach dem was „lag" od. niedrig
ist hin, hinunter etc. — 't geid al henläg.
henne, kenn', Henne. Sprichw. : he is
net so lank Stil , as 'n henn' 'n körrel up-
pikd ; — he is so dün as 'n henn' ; — 't
15 ei wil kloker wesen as de henn'; — he löpd
to trippeln , as 'n henn' de leggen wil ; —
't henntje wul leggen, — 't dürst 't net Seg-
gen, — kikd agter jo! — kikd för jo! —
't lose henntje bedrügd jo! — Es ist das
20 Femin. von hän u. = ahd. haninna, hen-
niua, henna, heinna; mhd. henne, als Wei-
terbildung von ahd. hanin, henin.
henne-bee, hennebeje, hennbeje, henne-
hei, hennbei, hennbee (Plur. hennebeen,
25 hennebejen , henbejen , henbeen , hcnben),
hentjebee, hentjebeje, hentjebei (Plur. hentje-
bejen, -been), Himbeere. — Nid. hindbei,
hinnebei, henoebei , hennebezie; mnld. hin-
nenbesie; ags. hindberie; engl, hindberry;
30 ahd. hintperi ; mhd. hindbere , d. h. Beere
der Hindin, od. Hirschkuh = ahd. hintä,
ivas mit band zum Vbm.: goth. hinthan
(greifen, fassen, fangen, erbeuten, erjagen
etc.) gehören soll.
35 henne-kled, Todtenkleid, Leichenkleid. —
Nid. (v. JDale) hennekleed, mdartl. (Pro-
vinz Drenthe) hunnenklet; mnd. (Seh. u.
Ij.) henen-, henne-klet; md. (cf. Stbg,) heu-
nenkleid, od. (cf. A. Holtzmann, Myth.,
40 pag. 170) hünen-, heineu-, hennen-kleed ; alt-
nfries. (Outzen) hunneclede. henne etc. ist
dasselbe Wort tvie in Hünen- Grab (u.
nicht identisch mit dem in den fries. Ge-
setzen aus hlen entstellten hen in henbedde
45 = hlenbedde, Lehnbett, Krankenbett etc.,
cf. V. Richthofen, pag. 206, Zeile 12 u.
28., 29. in Spalte 1 u. 3) , ivovoti es doch
sehr fraglich ist, ob es urspr. die Bedtg.:
Riesen- Grab hatte u. nicht auch dieses
50 Wort lediglich u. buchstäblich mit Todten-
Grab zu übersetzen ist, da in deyiselhen nie-
mals Riesen- od. sog. Hünen- Leichen ge-
funden ivurden u. es nach Holtzmann
(cf. die obige Stelle) auch noch fraglich ist,
55 ob das Wort Hain od. Hein als Name
des Todes loirklich mit dem Namen Hein
(s. d.) identisch ist, sondern nicht vielmehr
ein blos im Volksmunde erhaltenes u. mit
heune, hüne etc. «7s Todter identisches
60 Wort war. Ist dieses richtig, so könnte es
RENN IG
74
HER
als Tod, Verwesung , Leiche etc. mit skr.
knü, kuiiyatc (stinkenj , kuiui (Wange) ku-
napa (Leichnam) etc. zur (Fick, I, 51) \
kun, knü (stinken, verwesen) gehören, wozu
möglicherweise (vencesen, sterben etc ) auch
isl. liiun (torpor, Erstarrung, Tod?) zu stel-
len ist. Weiteres s. unter liüiie.
heniiig, mittelmässig gross u. stark, halb-
erwachsen etc. — 'n heiinifien hüai, bulle, osse
etc. ; — ik was nog man so 'u heiinlg wicht
od. so 'n hennijjen jung tan 14 of 15 jareu,
as min fadir stürf. — Wang.(Ehr entraut,
1, ii4) hentJg.
hensa, s. hensen.
hen- scheden, hinscheiden, verscheiden^
sterben. — he is honschedt. Auch stibst. ; bi
sin heuscheden bint (od. sunt, sind) d'r gen
tränen fergaten.
honsen, d. i. Jemand unter geioit^sen theils
lächerlichen, theils sogar gesundheitsschäd-
lichen u. gewöhnlich mit einem Trinkgelage
verbundenen Gebräuchen in eine Gesellschaft
aufnehmen, od. auch auf Scliiffen Jeman-
den taufen, wenn er zum ersten Mcde die
Linie passirt, icobei gewöhnlich ein Alt-
Matrose sich als Neptun verkleidet u. die
Taufe, bz. das Begiessen mit Seewasser an
dem Neuling vollzieht, der obendrein noch
ein gewisses Stück Geld zum Vertrinken
zahlen u. selbst einen grossen Becher leeren
muss. — Nd., mnd. hausen, hensen ; nudd.
bansen, hensen. Jemanden in die Hanse
(s. unter hans) , od. eine gescJdossene Ge-
nossenschaft, Gilde etc. (ds Hanse od. So-
cius aufnehmen, Um zum Hansen machen.
Wie bekannt herrschte diese Sitte auch bei
den von Gl. Störtebeker u. G ödeke
Michael angeführten Victualienbrüdern, die
früher auf der Nordsee ihr Unwesen trie-
ben u. von mehreren ostfries. u. groninger-
ländischen Häuptlingen geschützt wurden u.
Zuflucht in deren Häfen (so Gl. Störte-
beker bei dem Häuptling tenBroke von
Brokmerland in Marienhafe , wohin von
der Leg aus das sog. Störtebekers Tief führte,
was auch noch Jetzt in die Leg, bz. das
Norder Fahrwa.sser ausmündet) fanden.
Desgleichen ist es auch geschichtlich bekannt,
dass der Becher, der von einem Neuling
bei seiner Aufnahme in die Genossenschaft
der Victualienbrüder davon seihst iiensa ge-
nannt wurde u. Gl. Störtebeker selbst auch
seinen Namen davon haben soll, dass er den
Inhalt eines grossen silbernen Bethers, der
auch hensa hiess, in einem Zuge hinunter
stürzen konnte, worin ihm nur ein Edel-
mann in Groningen gleich kam u. iroher
denn dieser Becher auch die Inschrift führte:
„Ik Joncker Sissinga van Groiiinga, drouk
dees hensa, in een flensa, door niyn kraga
in myn maga", 7vie solches von Wiarda
(ostfries. Geschichte, I, 37 J) erivähnt ist.
hen-sigt , Hinsicht. — in de hensigt best
du regt.
5 hent, erweitert lienter ? — Dieses nur in
der Bedens((rt: 't geid all' hent un twent,
od, henter un twenter, bz. hent afer twent,
— henter afer twenter, — henter di twenter
gebräuchliche Wort scheint mir ebenso wie
10 das afries. hent od. hentio (cf. v. Richt-
hofen, der es mit „?>/s" übersetzt) aus
hento (s. d.) gekürzt, da: „'t geid all' hent
un twent" soviel besagt, dass Alles hin u.
her, od. bis loohin u. wieder zurück geht,
15 bz. sich in einer schwingenden, schtoanken-
den «. unsicheren Bewegung befindet tcie
z. B. hei einem Wagen, od. Schiff etc., wo-
bei denn auch leicltt die Ladung etc. idter
einander hinstürzt u. Alles in Verwirrung
20 geräth , wovon es aber heisst, dass Alles
hent afer twent od. henter afer twenter
geht.
lientje , Dimin. von henne. — häntje un
hentje.
25 hento, hinzu, zu hin, bis zu, bis zu hin,
bis hinan, bis; — hentogilfeu, hentodön; —
fan hir hento Emden ; — hento de slots-
kante steid 't all' ful wuter; — hento 'n
örtje heato hed he rai erlik betäld; — dat
30 is dar hento; — of du 't deist of uet, dat
is (od. steid) dar hento.
hen-trekkcn, hinziehen, d. h. sich od. ein
Anderes bewegen woliin.
1. her, od. her, her, von wo weg, zurück
35 etc. — hen un her (zurück zum Ausgangs-
punkt) is glike wid; — he kiimd d'r her;
— kum her ! — gel 1 her ! — fan olds
her; — wo geid d'r her bl jo? — dat hed
d'r mal her gän; — he is d'r her (er ist
40 fertig, bz. zu Ende damit) ; — 't is d'r all'
her ; — dat kunid d'r allen fan her, dat du
net uppasd best. — Nid. her (her, zurück,
ivieder, wiederum etc., cf. her-schcppen, her-
vormen etc.) ; ahd. hera ; mhd. here, her u.
45 ahd. hara, bar. Mit hen u. hir derselben
Abstammung.
2. her, od. her, herrlich, froh, freudig
etc. — he was d'r so her (od. hild, bilde etc.)
mit, dat he bei net wus', wo bog he für
50 freide springen schul". — Nd. (Dr. Wb.)
beer, here (lieb, angenehm , froh). Es ist
dasselbe Wort wie nhd. hehr = ahd. her,
lieri, here; mhd. here (hehr, herrlich, er-
haben, vornehm ; stolz ; froh, freudig) ; mnd.
55 here; mnld., nid. beer (in lieerlijk); afries.
her (fraglich, cf. v. lii c h thofe n u. s.
unter herskuj) am Schlüsse); as , ags. her
(hehr, vornehm etc.); an. här (hoch, erha-
ben etc.). — Wie skr. kila zu ki, so könnte
60 es vielleicht zur ]/ kshi (herrschen, mächtig
HER 75 HERD
sein etc.) gehören. Oder yehört es zur y machen, wirken, thun etc. der y kar ebenso
kir (Jemandes rühmend (jcdenken , preisen, wie bei taksh auf die Grdbdtg. : schlagen,
rühmen etc.), einer Ahlautform von kar hauen, behauen, schneiden etc. zurückgeht,
(tönen, schreien, rufen, prahlen, rüfimen Iier-bür (Herr-Bauer), ein Bauer, od.
etc.) ? Oder ist an eine Verwandtschajt mit 5 Landwirth der seiner Gebm-t u. Lebenstel-
goth. hais (s. unter 6 hei), bz. den Zusam- hing nach nicht dem eigentlichen Bauern-
menhang mit den Wurzeln qi od. gir, gri stände angehört, auf seinem Landgut ein
aus kar, car, cra, cnveitert ^rä, ^ri (bren- vornehmes u. herrschaftliches Leben führt
nen, flammen, dörren, kochen etc.) zu den- n. sich tim die Ackerwirthschaft wenig be-
ken, womit auch wohl zend. ^ri (schön sein, 10 kümmert, sondern zur Betreibung derselben
glänzen etc.), ^rira = skr. qrila, (schön) etc. einen „bomester" hält, roeshalb denn auch
zusammenhängt ? ein solcher lier-biir beim echten ostfries.
3. her, od. her, u. liere, Herr, Gebieter, Gott Bauer nicht gross in Achtung u. Ansehen
etc. — min her is net to hiis ; — de lefe her steht.
segene jo 't wer; — here! min tid; — here! 15 herd, od. herd, Herd; a) Grund u. Bo-
here! help uns; — Sprichw.: so de her, so den, Scholle, Landgut, Bauernhof, Wolm-
de knecht ; — strenge heren regeren net statte, Wohnung. — he beböed sin egen lierd ;
lank ; — mit grote heren is kwäd kassen — he wand up sin egen herd ; — he wil
(karsen, Kirschen) e.toa , se smtten en mit sin herd (od. stä', pläts) ferköpen laten ; —
de stenen ; — grote heren krömen, brengen 20 Sprichw. : egen herd is gold werd ; — b)
de lütjen to 't römen ; — heren gebod durd Stelle od. Stätte ivorauf das Feuer ange-
dre dage uu 'n schoftid; — heren brefen legt wird, Feuerherd. — se sitten mit 'n ander
sunt lelk to lesen. — Afries. liera, her ; bi (od. um) de herd un fertellen sük wat ;
tcfries. heare, beere ; nfries. hiere, hier, her ; — böte für up de herd an. Compos. : für-
nld. heer; mnld. beere, beer; nd. beer, her; 25 herd (Feuerherd, Feuerstelle od. L^euerstätte
nind. here, her; as. herro, hera; a^s. herra, = fürstä') ; — herd-stii' ; — herd-iser etc.
hearra; ahd. herro u. hero; mlid. herre, — Afries. hirth, herth, herd; wfries. hird ;
liijrre, herr, her u. here. Es ist zusammen- wang. hirt; satl. (Ehrentraut , 1, 190) hed
gezogen aus dem Comparatiß : ahd., as. he- (statt herd, cf. ben = bern unter ha.rn) ; nid.
roro von ahd., as. etc. her (hehr, erhaben, 30 haard, haart, heerd, beert ; /»uW. herd, heerd,
vornehm etc.); s. 2 her. haerd; nd. heerd; mnd. hert, herd; ags.
4. her, od. her, Heer, Schaar , Menge, heordh; engl, hearth ; ahd. herd M. honla;
Kriegsheer etc. — d'r kwara gans her bi mhd. hert (Erdreich, Erde, Boden; Boden
'n ander; — 't ganse her is ferslagen. — als Feuerstätte , Herd). Fick (III, 66)
Afries. here, hiri ». heir; ivfries. heev, heiv ; 35 nimmt an, dass focus (von y hha, bhä,
satl. her; nid., mnld. heer, heir, her; as. sclieinen, leuchten, flammen etc. ?) die urspr.
heri; ags. here; an. herr; schwed. h'a,r; clän. Bedtg. von herd sei u. stellt es demnach zu
haer; ahd. hari, heri; mhd. here, her; goth. einer germ. ]/ bar (brennen, heizen), die
harjis (versammelte Volksmenge , Schaar, wohl = lat. cal (in calor, calefacio etc.),
Volk; Heer; überwältigende Menge). Fick 40 bz. skr. gra, gar, /%. kar, kar (cf. I, 44)
(III, 65 u. I, 45) stellt es mit jjrcu.ss. kuvja ist. Da es indessen wahrscheinlicher
(Heer ; Krieg) ; kslav. kara (Streit) ; skr. ist, dass herd ur.'ipr. die Bedtg. : solum, od.
kära (Mord); gära (Verderben) ; griech. ka- Grund, Boden (od. Erde, Er dre i ch etc.
rös, kera etc. zur y gar, kar, bz. skar, ver- als Fundament von Allem, wie Ja auch der
derben, vernichten. Vergleicht man in- 45 Name der Göttin Hertha mit diesem
dessen, dass das Wort schär (Schaar, Menge Worte zusammenhängt), Stelle, Stätte (als
etc.) ebenso tvie Pflug- Schar u. Sehe er e dasjenige, worauf Etwas ruht, sitzt, ivohnt,
zu scheeren, bz. mit diesem zu der y lagert, bz. als dasjenige was ein Anderes
skar (schlagen, spalten, theilen, schneiden, hält, trägt u. ihm als Sitz etc. od. als Un-
ver wunden, tödten etc., bz. scheeren, kahl 50 terlage dient) etc. hatte u. auch ja ein Herd
machen, entblössen) gehört, so ist es zwei- (als Feuerherd) nur das ist, worauf das
feil OS, dass auch ahd. hari etc. (Schaar, Feuer liegt u. ruht, bz. was ihm als Unter-
Heer, Abtheilung etc.) zu der y kar, skar läge dient u. es trägt u. hält etc. u. dcr-
in der Bedtg.: spalten, schneiden, theilen selbe als solcher mit dem Grdbegr. bren-
etc. gehört u. dass die Bedtgn. : Krieg, 55 nen nichts zu schaffen hat, so liegt es icohl
Streit, Zwist, Verderben etc. der obigen näher, um auch für dieses Wort eine y
Wm'ter, bz. die von: verderben, vernichten, (od. ein Thema) aufzustellen, welche (od.
zerschlagen, ruiniren, verh,ecren etc. sich welches) dieselbe sinnl. Grdbdtg. hat, tvie
auch von .selbst aus dieser y ergeben, wie die ]/ od. das Thema von solum. Ver-
andererseits ja auch die Bedtg. : fertigen, 60 gleicht man mm aber solum (wovon nhd.
HERDE
76
HERDER HEDER
Sohle, hz. unser säle) in seinem Zusam-
menhang mit ahd. sal, od. s;ila (Haus, Woh-
nung, Saal), goth. saljan (halten, bleiben,
od. wohnen u. sich aufhalten wo, sitzen od.
ruhen wo etc.) ; lat. soliuni (Sitz , Stuhl,
Thron), kslav. selo (Grund, Wohnung etc.);
griech. si'\m-A (Getiifel, Verdeck, Ruderbank);
as, sclmo, ags. scalma (Lager, Bett, Bett-
stelle, Gerüst etc., cf. bed-selni) etc. etc. zu
einer y sal, sar = zend. liar (greifen, fas-
sen, halten, erhalten, unterhalten, stützen,
schützen, hüten etc. , hz. erhalten , ernähren
etc.) gehört, sowie weiter, dass die ]/ dhar
neben tenere, ferre, gerere, dctiiiere, susten-
tare, scrvaro etc. auch die von putare od.:
hallen dafür, dafürhalten, glauben, meinen,
denken etc. hat, so könnte tvohl zivischen
hord als Haltendes, Stützendes etc. u. skr.
^rat od. gräth (der IJndlaut könnte nach
Grassma7in auch t, d, od. dh sein), Ver-
trauen, Glauben etc. ti. lat. credo etc. ein
Zusammenhang stidtfinden, ivcnji man nicht
überhaupt annehmen will, dass die ]/ crath
(cf. bei Grassm a n n, der aber cräth hin-
zu.^tellt) in ihrer Bedtg.: trennen, lösen etc.
eine Weiterbildung der y i;a.T, rir, ^ra, ^ri,
(zertrennen etc.) i.'it u. sich aus: trennen,
lösen, frei machen , ablassen von etc. dann
weiter die Bedtgn.: nachlassen, sich legen,
ruhen etc., soivie ferner die von: ruhen in,
sich beruhigen u. ergeben worin, Vertrauen
u. Glauben haben zu etc., tvährend herd od.
herd-a als das worauf Etwas ruht od. liegt
etc. von ^rath od. grat in der Bedtg. „ru-
hen'^ weitergebildet sein, od. auch unmittel-
bar von der y (;ar, ^ri (einem Etwas Halt
u. Stütze geben, etwas woran lehnen u.
stützen, od. legen tcoran n. ivorauf , liegen
u. ruhen machen etc.; sich lehnen, stützen
u. halten an Etwas etc., wovon (;rat = Ver-
trauen etc., als das sinnl. sich lehnen
woran, sich stützen worauf etc. tcohl wei-
tergebildet ist, locnn es nicht eben aus dem
Partie, yarta, ^rita gekürzt tourde, bz. ein
Denomin. davon ist), bz. dessen Partie. II,
Qrita (wovon icohl das Verbale (;rit ein De-
nom. ist), lehnend, stützend, ruhend etc. etc.
abgeleitet toerden könnte!
herde, od. herde, Heerde, Rudel, Haufe
etc.; 'n ganse hcrde scliapcn. — iVW. lierde;
as. (hcrda) ; ags. heordh, herd, hird ; engl.
hord ; an. lijürdli, lijardhar; schwed., dän.
hjord ; nfries. (Outzcn) jaarne, lijaanie;
süddän. hjard ; goth. hairde; ahd. licrta;
mhd. lii rte, lii-rt. Davon : afranz. herde ;
pic. herdc; altwall, hierdal (Rudel, Wild,
Heerde). Zunächst ist wohl skr. (;ardlia od.
<;ärdha (Schaar, Trupp) zu vergleichen, jvas
als Adj. die Bedtg. : stark, kühn, mächtig
etc. ti. als Subst. auch die von: Held u.
Heerführer, od. Anführer der Schaar etc
hat u. womit denn in dieser Bedtg. auch
das mnd. liorde (Hirte, s. unter hcrdor)
stimmt. Dieses ^-ardha od. ^ärdha wird von
5 Grassin an n etc. mit (jardhas (kühn u.
stark ; JSIacht , Stärke ; Schaar, Heer) von
cardh (sich keck, kühn u. stark erweisen;
subst. der Trotzende, der kecke Feind) ab-
geleitet, tvührend Fick (I, 48) auch zend.
10 karedha, bz. (Jnsti) khiurcdhA (Schaar) zu
^ardha, ^ardhas «. hiezu aus.'^er Heerde
u. Hirte auch zend. (^^avedha (Art, Gat-
tung, od. icie icir sagen „slag"), griech. kör-
thus (Erhebung, Haufe) ; lit. kerdius , bz.
15 kerdjus (Hirt); kslav. creda (Heerde) ver-
gleicht. Hält man hiezu nun weiter: ahd.
licrta; kslav. crGdA; russ. cerado (vices, Wech-
sel) etc., so scheint es mir, dass alle obigen
Formen auf eine Grdform skardha od. skar-
20 dhä. (cf. bei Fi c k, I, 41 seq. u. an sonst.
Stellen die vielen verschiedenen Anlaute =
urspr. sk od. k ?<. hei Grass mann atisser
skr ^= kr auch kfdhu , verkürzt, verstüm-
melt etc., wovon er glaubt, dass es für skrdhu,
25 bz. skardhu steht u. wobei er «;// skrdhoyu,
kärglich etc. verweist, dabei aber glaubt,
dass dieses Wort sich zunächst an ein nicht
nachiveishares Subst. skrdhas , bz. skardhas
lehnt) zurückgehen u. dass dieses 'Thema
30 mit der ]/ dha od. dha (cf. credo aus cret-da,
bz. crat-dha, od. crath-dlia = Glauben u.
Vertrauen setzen worauf, od. geben Einem)
von skar (bz. kar, khar, car, gar, skhar),
schlagen, hauen, spalten, schneiden, schee-
35 ren, schinden etc.; scJiciden, trennen, ent-
fernen etc.; behauen, formen, bilden, ge-
stalten, machen, toirken, schaffen etc. toeiter-
gebildet ivurde. Dass nun aber aus den so
verschiedenen Bedtgn. der ]/ skar alle ohi-
40 gen Bedtgn. des Themas skardha od. kar-
dha leicht entstehen konnten (z. B. frech,
kühn, gewaltthälig etc., od. Held etc. aus:
schlagen, fechten, verwunden etc. ; — Schaar,
Abtheilung etc. aus: schneiden, scheeren etc.,
45 cf. 4 her; — viccs vielleicht aus: scheiden,
trennen, entfernen, entweichen, tvcichen etc.
wie ja Wechsel auch mit tvcichen zusam-
menhängt, od. vielleicht aus : schlagen, käm-
pfen, erschlagen, bezwingen, besiegen etc.,
50 wie auch ja vices mit vinco, victor etc., so-
ivie mit goth. veihaii, kämpfen etc. u. ahd.
wehsal, Wechsel etc., wihhan, iveichen etc.
formell zu einer y gehört) ist klar, obschon
CS schwerlich mit Sicherheit nachzuweisen
55 ist, von ivelchcr ersten Auffassung die alten
Sprachbildner dabei ausgegangen sind.
lierdcr, heder, iiiidPr, ilirte. — schäp-her-
der od. scliäpheder, Schafhirte. — Afries.
herdore; zcfries. herder; mnd. herder; nid.,
60 mnld. herder, harder; an. hirdhir; ahd.
HERDJE HERDTJE
77
HERSKÜP HERSCHUP
hertäre, hirtere ; mhd. hertaere, herter. WoJil
direct von herde (Heerde) , od. Weiterbil-
dung von US. hirdi, herdi; ags. hirde, liierde,
heorde, hiordc, hyrde; e)igl. herd; mnd.,
tnnld. herde ; goth. hairdeis ; ahd. birti, hirte ; 5
mhd. hirte, hirt; md. harte (Hirte), ivoriiher
das Weitere unter herde.
herdje, herdtje (Dimin. von herd), klei-
nes eisernes Gestell, welches auf die Herd-
platte über das Aschenloch (rakdobbe) ge- 10
stellt ivird, um das Feuer darin anzulegen.
— Nid. haardje (kleiner Herd).
lierd-plate, Herdplatte.
Lerd-stä' herdstäe, Herdstätte, Herdstelle,
d. i. Hof stelle, Bauerngut, Herd. — he wil 15
sin herdstä' ferköpeii laten. — Afries. hirth-
stidi, hertlistcde, herdsted (Wohnstätte, Haus-
stelle, Hof stelle , laris domus) ; nid. haard-
stede ; ahd. hertstat (Herdstätte, Herd).
herelk, s. herlik. 20
lieren, s. beheren etc. u. ferbären etc.
lieren-perd (Herren- od. Gottes-Pferd),
Libelle, Wasserjungfer.
lier-gods-bestje (Herr- Gotts-Thierchen),
Sonnenkäfer. 25
lier-gods-blüd; i. q. Gods-blöd, s. un-
ter blöd.
bering, s. häring.
her-jasses, ber-jeses etc., .s. jasses.
her-kamen, herkommen ; hergekommen. — 30
wilt du wat herkamen ; — he is dV her-
kamen; — dar is he nich bi herkamen, da
ist er (seinem Herkommen, bz. seiner Ge-
hurt u. Abstammung nach) Glicht bei herge-
kommen, d. h. er ist es bei seinen Eltern 35
als Kind besser gewohnt gewesen.
her-kamen, Herkommen, Herkunft, Ge-
hurt etc. — fan mm herkamen word fau dage
uiks ; — fan sin herkamen is lie 'n bu-
rensSn. 40
her-knnist, Herkunft, Abstammung, Ge-
hurt. — fan herkumst is he 'n hollander ; —
Wiederkunft, Wieder- od. Zurückkommen;
up sin herkumst könen wi net töten od.
wagten. 45
her-lik, lierlik, li^relk, herrlich, glanz-
voll, prächtig etc. — dat sügt herlik üt; —
he läfd herlik un in freid^n; — herlik wer
(lierrliches Wetter) ; — dat smekd herlik ;
— 'n herelk stük flesk. Zu 2 her mit Be- 50
Ziehung auf 3 her.
herlikbeid, herlikheid, berelkheid, Herr-
lichkeit, grosse Freude, Glanz, Pracht etc. ;
herrschaftliches od. adliges Gebiet. — dat was
jo 'n herlikheid, as se mi saggeu ; — dat is 55
dar jo 'u herlikheid in hüs; — de herlik-
heid Lütshörg.
Herman, ml. Name, gekürzt Harm, dessen
„a" sich übrigens auch aus der alten Form
Hariman, Ilarman erhalten haben kann. Ob 60
jedoch der Name Herman ein Compos. von
liari, heri (cf. 4 her) u. man ist, ist sehr
ztveifelhaft, namentlich beim Vergleich des
Namens des Cheruskerfürsten Hermann od.
Arminius, da dieser auch mit aryaman, air-
raiiie, bz. Irmin etc. (s. unter ilre) connex
od. identisch sein kann.
llero, Here, Herre, ml. Name. Geschln.
Heren, Herren. Wohl auch wie 3 her mit
2 her connex, bz. wie dieses aus dem Com-
par. berero contrahirt u. substantivirt.
bers, bersk, b^rske, berscb, hesk u.
(Oberledingen) ge)*k, Gersch, Girsch, Geis-
fuss (aegopodium). — Dithm. heers; bre-
misch (cf. Br. Wb. unter heers) geerseln;
holst, jörs.
bersk, bersk, herrisch, tvie ein Herr u.
Gebieter, befehlshaberisch, dickthuig etc. — hö
tred so regt bersk up; — 't is so 'n regten
herskeu kerel. — Nid. heersch ; mhd. herisk,
herish, berscb.
bersken, bersken, herrschen. — h6 wil al-
tid afer 'n ander bersken. — Nid. heerschen ;
ahd. herisön, heresön, herresön ; mhd. her-
sen; später berschen, herrschen.
herskup, berschup od. herskap etc., Herr-
schaft; a) hochstehende Person, od. Person
die ihrem Stande nach Herr ist, bz. Herr
titulirt wird. — min lefe herskup, dat könd ji
wol dön, man mit unse lütje Itie is dat 'n an-
der ding ; — 't is so 'n regten herskup ; —
he löpd uet, as so 'u herskup ; — b) Herr
u. Frau, gegenüber der Dienerschaft. — unse
herskup is uet to hüs ; — c) Oberhoheit,
liegiment, Regierung, Oberbefehl etc. — under
sin herskup. — 3Ind. herschop ; nid. heer-
schap ; ahd. herscaft, herscaf ; mhd. herschaft,
Herrenwürde, Herrenstand , Herren-Macht,
od. eigentlich : hehrer, hoher, erhabener, stol-
zer, vornehmer Stand, hehre etc. Würde od.
Beschaffenheit, Art u. Weise (cf. skup =
ahd. scaft (ds das was geschaffen ist u. be-
steht, bz. ein Sein hat etc.), daher auch:
Hoheit, Herrlichkeit; Stolz, Hochmuth, od.
stolzes Sein; Herrenbesitz; Herrschaft; ma-
gistratus; Herr u. Frau gegenüber der Die-
nerschaft. Verschieden von diesem mit ahd.
her (cf. 2 her) zusammengesetzten Worte ist
das ahd. heri-scaft, beriscaf; mhd. hers-
capht, berschaft u. as. beriscepi, heriscipi,
was als Compos. von heri (Heer, Schaar,
bz. Kriegsheer, cf. 4 her) u. scaft od. scepi
den Stand od. das Sein, Wesen u. Bestehen,
bz. das Dasein u. Vorhandensein eines Hee-
res (od. dessen ivas heri bedeutet) bezeichnet
u. daher loörtl. soviel als Heer-Stand
(Kriegerstand, Militär etc.), od. auch Heer-
wesen u. zugleich auch das Bestehen u.
Geschaff'ensein eines Heeres od. einer
Schaar (eines heri ivas in Wirklichkeit
HERTOG HARTOG
78
hes
da ist od. eine seiende Menge) besagt, wie
es denn auch einestheils mit: militia, Krie-
geischaft etc. «. andererseits mit: Heer-
schaar u. Volksmenge etc. (als daseiendes
u. sichtbares Heer od. vorhandene Menge)
überset::t wird u. im an. herskapr auch die
Bedtg.: Kriegsart, KriegsfUhrung etc. hat.
Das afries. herskipi betr., so übersetzt v.
Richthof e n es mit Herrschaft im
Sinn von iniperiiini, indem er es für ein
Compos. von her (hehr, hoch, erhaben etc.)
u. scepi Itält u. mit ahd. hOrscat" idcntificirt.
Vergleicht man indessen die betr. Stellen in
den Büstringer Gesetzen a) pag. 122, Zeile
2-5 seq. ICO es heisst: „ac skilu wi use lond
wera luith egge and mith orde etc. with
(wider, gegen) thene stapa heim and with
theno rada skeld , and with thet uuriuchte
herskipi (also Neutr. wie as. heriscepi)" —
u. b) pag. 539, 3 seq., wo steht: „umbe etc.
thet wi him (ihm, d. h. dem Könige Karl)
etc. riuchtere herskipi bikande; tha letho-
gade hi (er, der König Karl) us fon etc.
tha deniska kininge etc. and fon allere un-
riuchtere herskipi", so scheint es mir, dass
unter „thet uuriuchte hcrscipi" (wogegen sie
mit Schwert u. Degen ihr Land bewahren,
schützen u. vertheidigen sollen) etc. das un-
gerechte, od. Unrecht u. Böses ausübende
Heer, od. die Kr ieg s schaar der Nor-
mannen (bz. die feindlichen Scliaaren u.
u. Horden im Allgemeinen) zu verstehen ist
ti. dass in der folgenden Stelle wuhrscheinl.
nur von der Herrschaft od. Imperium die
Bede ist.
hei'to^, hartog, Herzog. — Afries. her-
toga, hertiga ; as. heritogo ; ags. herrtoga ;
an. hertogi; ahd. herizogo, herizoho, hore-
zogo ; mhd. herzöge, Heerführer, Herzog, dux.
Iicr-ut, heraus; hinaus. — he smet hum
to 't hüs heriit.
lien'lt-bandisen, heraus-, od. hinausjagen.
herüt-bannen , herausbannen, herau.'ibe-
fchlen (durch einen Befehl, od. drohende
Worte), heraustreiben; liinausbannen , hin-
au.ibefi'hlen, loegbannen, vertreiben etc. — ik
wil st^n, of ik dar net nog wat (z. B. Geld,
od. Geldeswerth von einem Schuldner) herrtt-
bannen kau ; — ik heb' hum tu 't hus lu rüt-
band.
hprfit-;2;äfen, herausgeben.
Iipriit-sniiten, hinauswerfen.
bcs (selten ; meistens hesterig) , heiser,
raucus. — Nid. heosch; mnld. heesch; mjläm.
hecs, heesch ; wang. hus, hoes ; mnd. hesch,
heak, heisch; as. hes; ags. bäs; oigl. hoarse;
Schott, hess ; an. häss ; isl. häs ; norw. haas ;
dan. haes; schwed. hes; ahd. heis; mhd.
heis u. heiser, haiser (heiser, raucus ; schwach,
mangelhaft). — Die Ableitung von der y käs
(husten, cf. host etc.) ist abzuweisen, denn,
es erfordert wie 6 hei, heid, beide eine y
mit dem Vocal „i" u. ka)in demnach, falls
goth. hais wirklich mit G hei zur y (;i, bz.
5 ki (brennen, dörren etc.) gehört, formell so-
loohl hiezu , als auch beim Vergleich von
heid, beide etc. od. anderen Wörtern mit
anlautendem „h" zu einer j/ ki, ski, erwei-
tert (^is od. kis, kis, skis, bz. skr. ki, ski,
10 kshi, khi, ci, ^i etc. erweitert kis etc. gehö-
ren. Fraglich bleibt es aber, ob man, wie
bei lat. ravis, ravus , raucus von der y ru
(tönen, rauschen, knarren etc. , bz. ein u)i-
organisches Geräusch u. Getöse machen)
15 ajinehmen inuss, dass auch hes einer Schall-
wurzel (vergl. dieserhalb skr. bös unter his)
entstammt, die auch die Bedtg. : kratzen,
rauh macJien etc. (vergl. unter guaucn das
griech. chuauö) entwickeln konnte, od. ob
20 man beim Vergleich des ahd., mhd. heis,
heiser (s. oben) anzunehmen hat, dass hes od.
heis urspr. die Bedtg. : schivach, matt etc.
hatte u. dieses Wort sich auf die schwache,
matte, krankhafte, gebrechliche, mangelhafte
25 Stimme bezog, wie Ja bekaiudlich ein 3Iensc]i
der heiser ist, nur eine matte, schwache etc.
Stimme hat, i« welchem Fall dann die ]/
kshi (vernichten ; hinschwinden, abnehmen
etc.) anzusetzen ist, od. auch ^i (zerschmet-
30 tert am Boden liegen, todt sein, hinsinken,
liegen etc.), od. auch qish (zurückbleiben;
zurücklassen , ablassoi etc., bz. hinsinken,
ermatten, ruhig liegen u. werden etc.), die
mit ^'ish (ferire, laedere, occidere etc. , cf.
35 Bopp) u. kau (stechen, schneiden, vernicJt-
ten) , kas, kis (schlagen, stechen, verwun-
den etc.) wohl auf ]/ ka, ki od. kä,
ki (schärfen, wetzen, spitz und stechend
machen etc., cf. Fick, I, 54 ii. da.'ielbst
40 M«iey kisdha, kisdhara, (stachligt [bz. bor-
stig, rauh, starrend etc. , wie der Bart
od. die Granne etc. , bz. ein Igel etc.], auch
toegen bester) zurückgehen. Dass man übri-
gens, sofern man den Zusammenhang mit y
45 V^is, kas (stechen, bz. verwunden, ritzen, rauh
machen etc.) ablehnt, beim Vergleich des
formell mit heis übereinstimmenden goth. hais
von der y ki (brennen, dörren, bz. heiss
ioerden, dürr, trocken u. durstig werden, er-
50 müden, ermatten, erschlaffoi etc., cf. 6 hei
u. unter dörst, dürsten, tvomit die y ki, bz.
(;i, am Boden liegen, bz. Jiinsinken etc. auch
tcohl identisch sein kann) auch daran den-
ken kann, dass heis od. heiser urspr. blos
55 die Bedtg. : heiss od. trocken, dürr etc. hatte,
zumal man bei der Heiserkeit (als aus Er-
kältung [od. eigentlich aus Verhitzung, bz.
dass man vorher heiss ivar] entspringend)
nicht allei)i oft fieberhaft u. heiss ist, son-
GO dem auch an Trockenheit u. Dürre im
ttESEL
79
HET-BREISK HETBREUSK
Halse leidet u. hierdurch auch die Stimme
nicht allein matt, sondern auch heiser u.
rauh klingt.
Zum Schluss sei noch bemerlt, dass M.
Heyne (cf. Grimm, Wb., unter heisch
= heiser, rauh von Stimme) an eine Ver-
wandtschaft mit skr. kesara (Mähne, Haar),
lat. caesaries (als das rauhe od. starrende
etc.) denkt, was von Fick (I, 51) mit skr.
ke^a, kesa ; lit. kasä (Haar) ; lit. kasa etc.
(cf. unter 1 här ain Schlüsse) zu einer Ab-
lautform kis der y kas (kratzen, stechen,
jucken etc.) gestellt wird, ivährend er zu y
käs (husten) bemerkt, dass solche auch viel-
leicht mit kas (kratzen) zusammenhängen mag.
Hesel, weitläufig gebautes Kirchdorf im
Stickhaiiser - Amt an der Poststrasse von
Aurich nach Leer, bz. nach Oldenburg, be-
züglich dessen nach Kern u. Willms (cf.
pag. 7) der Volksmund singt: wet ji wol,
war Hesel ligt? — Hesel ligd ia 't runde;
— Hesel is dat supers loog, dar siipt dat
folk as hunde. Es ist tvahrscheinl. iden-
tisch mit dem in der Urkunde von 988 (cf.
ostfries. Urk.-Buch von Dr. Fr ie dl a en-
der Nr. 3) zusammen mit Ripesholt
(jetzt Reepsholt) genannten H a s a 1 i u g e,
sowie entweder mit dem in der Urkunde 48
genannten H a r s 1 a od. H a s s e 1 1, od. mit
dem daselbst genannten Holse, sowie zweifel-
los mit dem in dem Werdener Heberegister
(Index bonorum etc. monast. Werdensis, von
Dr. Crecelius) öfter genannten Hasla,
zumal pag. 22 neben Hasla auch Tim-
b e r 1 a e (Timmel) , H o 1 a ii 1 a e (Hollen)
M. Filii sni (Filsum) etc. genannt wird,
tvobei wegen der Form Holse, bz. Hosle
statt H a s 1 e auch auf das in der Urkunde
No. 48 von 1319 mit dein jetzigen Jem-
gum identischen Gommegum, bz. Gemme-
gum, Jeminghem veriviesen tvird , icas
im Werdener Heberegister als Giminghem
(cf. pag. 22, wo auch G e r z h e m [J a r-
sum], Borzhem [Borsum] ?<. Petting-
hem [Petkum, od. Petjum, Petjem]
enoühnt werden) vorkömmt.
Hester, weibl. Name = Esther.
hester; i. q. 2 heister.
hester, bester, heister, ein junger Baum
od. Strauch, Baum-Pflänzling. — Nd. hee-
ster, eester, heister (Strauch; auch Pflänz-
ling von Eichen u. Buchen) ; mnld. eester,
ester, heester, hester (frutex, talea, arbuscu-
lum); mfläm. eester, ester, heester (Schoss,
Schössling, Pflänzling) u. eester, heester
(Obstgarten, poraarium) ; nd. (Br. Wb.)
hester; mnd. heister, hester; mhd. heister
(junger Eichen- od. Buchenbaum; Knüt-
tel); Hess. (Vilmar) heister (junger Wald-
baum, namentlich jedoch nur Buche). Fick
(J, 54) vergleicht es zu zend. (jizhdra, c/\zh-
dara (stachlig, Stachel tragend); griech.
kl'sthos, kfstharos, bz. ki'stos (straucharti-
ges Gewächs mit rosenrothen Blüthen, Cist-
5 röschen, Pflanze mit Stacheln besetzt, lat.
cistt.ios, Staude), als Verwandte von kis, lj:as
(schlagen, stechen, bohren etc). Dass übri-
gens das griech. kis, kios (Kornwurm, Holz-
wurm, als stechende, bohrende ITiiere), wenn
10 nicht direct mit der y kis (stechen), so doch
wie diese mit ka, ki (schärfen, cf. unter
hes) , zusammenhängt, scheint wohl fast
sicher, doch ist es auch möglich, dass es zur
y kslii (vernichten, verderben, zu Grunde
15 richten etc.) gehört, weil diese Thiere Korn
u. Holz vernichten u. verderben. Wegen
ka, ki (schärfest, wetzen) sei übrigens noch
bemerkt, dass dies durch Reiben od. Strei-
chen (über Etwas hin) geschieht u. da nun
20 schaben od. reiben synonym ist, so ist
ka, ki auch von ska, ski, erweitert skäv
(cf. Schafen), bz. ska, sku (cf. Fick, I,
236) nicht zu trennen, wie auch skr. kshi
= ski (cf. Fick, I, 236) ist.
25 hesterig, hestei'g, hestrig, heiser. — Nid.
hecsterig. Zu hes.
hesterigheid, hestergheid, hestrigheid,
Heiserkeit.
bet, s. hed.
30 bet, et, gewöhnlich 't, es. — Nid. het;
afries. hit. Neutr. von he = afries hit.
bet (flect. heter, hetstej, heiss, sehr warm,
brennend, erhitzt, hitzig, leidenschaftlich, bz.
entbrannt auf, od. leidenscliaftlich worauf
35 versessen, heftig, stark etc. — de sünne schiud
so het; — dat is 'n heten dag; — ik büa
so het ; — dat hei is het (heiss, erhitzt etc.) ;
— dat äten is nog to het; — 'u het fer-
laugen hebbon wärnä; — he is d'r so het
40 up, z. B. up de besit fan dat wicht od. dat
hüs etc. ; — 'n heton stri J striden ; — 'u
hetern (heftigere) kolde as fan dage hebbeu
wi nog net had. — Sprichw. : he blast liet
un koid üt enen niuud ; — d'r is giii für so
45 het, of 't water kan 't ütdön. — Afries.,
rdd., nd., as. het; m)id. het u. höt, hoit;
ags. hat; engl, hot; an. heitr; norw. heit;
schwed. het; dän. hed u. heed ; ahd., mhd.
heiz. Die dafür anzusetzende germ. y hit
50 ist in derselben Weise von hi = idg.
ki od. ki, ski, skr. ei (der y von 6 hei)
weitergebildet, wie skr. cit (scheinen, er-
scheifien , sichtbar werden , erglänzen etc.,
bz. blicken, sehen etc. , cf. Gr assman n)
55 von ci, bz. ki, ski, od. skid, skad (cf. helen
am Schlüsse) von ska, ski.
bet-breisk, betbreusk, heissgährig, heiss-
brühig, bz. durch innerliche Gährung (cf.
breien, breucn ti. breierig etc.) heiss od. er-
60 hitzt.
HET-DRULE HITDRULE
80
HETTE HITTE
het-drulp, hitdrule, Hitzbeule, Hitzblatter.
lieteu. hcisstii, rufen, nennen, benennen,
Namen geben ; (jerufen od. genannt iccr-
den ; sagen, befehlen ; \w bed hiim 'n scliö-
jer heteu ; — he heil sin kind Peter heten;
— he hetd sük Jan; — lie het Peter; —
dat het sük (heisst od. nennt sich, hz. kann
genannt werden) iusen 'ii niüjeii dag t'aii dage;
— dat liet sük, wen 'k wil; — he hed im 't
legen beten (a. er hat mir gesagt, da-'^s ich
löge; — b. er hat mir gesagt od. befohlen,
da.-<s ich lügen solle) ; — wel bed di dat lie-
ten, dat du dat dOa dürst, od. dat du drü-
ben gän schult? — ik beb' dt dat net be-
ten ; — be beide (betede) buni (er hiess
ihm, rief ihm zu, sagte od. befahl ihm) an
sin wark to gän. cf. ferbeten. — Africs.
heta; wang. (Ehrentraut, I, 37) bait ;
satl. heta; tcfries. hielten; nfries. biete;
nid., nd. beleu ; as. betau ; ags. batan ; an.
heita; norw. heita; schwed. heta; goth. bai-
tan ; ahd. heizan, baizsan, beizen ; mhd. bei-
zen; amd. beitan. Auch hiefür ist eine
germ y bit anzusetzen, die wie die y hit
von bei wohl auch aus bi = idg. ki od.
ki, ski erweitert sein wird u. eine idg. Form
kid od. kid, skid voraussetzt. Erwägt man
tiun aber, dass alle ^V'örter mit der Bedtg.:
rufen, od. sprechen etc. auch Schallwurzeln,
bz. Wurzeln mit der Bedtg. : rauschen , tö-
nen, einen Schall verursachen od. hören
lassen etc. zurückgehen, sowie dass dieser
Schall durch: hauen, schlagen, spalten, reis-
seii, bersten, brechen etc., od. wie: knistern,
prasseln u. sonstige Töne (man vergl. nur
das Singen vom Theewasser, bz. das Tönen
u. Bauschen einer Gasflamme n. die un-
mittelbare Verwandtschaft der Wörter: fra-
gor u. frango ; — an. braka, pra,sseln, kra-
chen etc. u. brika, brechen, reisseii etc., —
brestr, Gekrach etc. u. bresta, bersten, reis-
sen, spalten etc., — ahd. sing;in, singen, tö-
nen, klingen, auswendig sagen , hersagen,
einen singenden knisternilen Ton verarsaclien
etc. u. san^jan, seugan, tnadien dass etwas
singt od. knistert, Brand stiften, sengen etc.,
sowie auch die verschiedenen M'arzeln ghar
H. gar mit ihren Ablautformen ghir u. gir,
— gbur !/. gur elc. unter galui, gold u.
gar) auch durch brennen u. flammen etc.
entsteht, so glaube ich nicht fehl zu gehen,
wenn ich eine nahe Beziehung zwischen die-
ser germ. y hit m. de)i idg. Wurzeln skad,
skid (reissen, springen, spalten, brechen,
beissen, kauen etc.), bz. deren Grdformen
Bka, ski (die hauptsächlich im Germanischen
.■<o stark im Anlaut vertreten sind, tcährcnd
sie im Sanskr. u. Zend. sehr häufig das an-
lautende „s" abwerfen od. sonst modificirt
sind) annehme u. eben glaube, dass aus:
schlagen , spalten , brechen , bersten , reissen
etc. sich die Bedtg. : Geräusch machen, od.
rauschoi, tönen, schallen etc. u. hieraus ne-
ben: sengen, brennen etc. ivicdcr die von:
5 schreien, rufen etc. entwickelt hat u. icobci
ich zur Prüfung dieser Ansicht eine T't?/-
gleichung der vielen von einer Basis ska
ausgehende Themata bei Fick (I, 230 bis
244) empfehlen möchte, wozu zunächst er-
10 wähnt sei , dass er pag. 241 vo)t der Basis
ska, ein 'Thema skad, skand nicht allein für
lat. candere etc., sondern auch für an. lieitr,
bz. unser het aufstellt, wofür dieses indessen
formell nicht 2)asst, weil het ebenso wie he-
15 ten ein Thema kid od. skid voraussetzt.
hetje, kleine od. kurze Weile, Weilchen,
kurze Zeit der Buhe od. des Aufenthalts,
kleine Pause, Augenblick, kurze Unter-
brechung in der Zeit, Zeit- Intervall etc. —
20 't is all (stets, immer) um 't hetje, dat be iu-
sen iifen bi ml inkikd ; — 't is upstüuds rein
dül, dat 't all um 't hetje brand. — Nid.
(provinz., z. B. in Groningen u. Gelder-
land) hetje, bot je. Es ist ein Dimin. von
25 einem obs. bet, wie setje (kleine Weile) von
Set (Weile etc.). Wie nun aber Weile
(als Zeitlang od. Dauer der Zeit nach) =
Ruhe- Zustand (von io eilen, od. bleiben
u. ruhen xvo) ist, od. ein Etwas, bz. einen
30 Zustand bezeichnet , tco die Zeit weilt u.
ruht u. dasselbe Wort ist wie an. bviia
(Buhestätte, Lager, Bett, od. Weil- u. Buhe-
Stelle), ferner unser set (als Weile, od.
Zeitdauer etc.) auch mit an. setr (Sitz,
35 Aufenthalt, Verweilung wo, Niederlassu)ig,
Untergang, od. Zustand ivo sich Etwas )iie-
derliLsst u. setzt, bz. zur Buhe brgicbt) u.
auch in fast allen sonstigen Bedtgn. mit dem
engl, set stimmt, bz. auch mit nhd. Satz
40 identisch ist, so glaube ich, dass der Stamm
bet, bot (von hetje, botje) aus ülterm bat
od. bat (cf. set = Satz; — bed = bad,
bat; — of = af etc. ?<. Weiteres unter bot)
entstand u. dass dieses eben die Bedtg.:
45 Weile, od, Zeit u. Zustand wo etwas ruht
etc. hatte. Vergleicht man nun das an.
hätta (ordnen, einrichten, bestellen, bz. stel-
len, setzen, zusammensetzen, schichten, legen,
auf einander legen, Lage u. Srhicht machen ;
50 Schicht- od. Buhezeit, Pause etc. [cf. scboft
etc.] machen, sich zur Buhe begeben , bz. i
Lage od. Sitz, Niederlassung [cf. oben set,
bz. an. setr] nehmen, od. machen), so könnte
unser hetje als Zeit od. Zustand wo Et-
55 was tveilt u. ruht, bz. Pause od. Schicht
macht etc. wohl damit conne.c sein. cf. un-
ter bot.
bette, bitte, Hitze. — J/ri&s. bete, bette ;
wfries. liiette; nfries. biet; satl. hatte; nid.
GO bette, bitte; mnld. beyte, bitte; nd., mnd.
HEÜ HOl
81
HIGEN
hette, bitte; as. het; ags. hat; engl, heat;
alt. liiti; scJnocd. lieta, lietta; noi'iv. hite u.
auch Iiote, lieta, liaota, liaata, liottaa; däii.
hode; ahd. hoizi, liaizi, liaizo it. liizzöa, liizza,
hitza, liiza; vihd. h'v/.ze, liitze. Die Form ot
gehören theils zu höt, theils sind sie wohl
direct von der für het uufgestcUten germ.
y hit mit ,,a" ivcitergebildet.
heu, hoi, hei, hai, Heu. Spridnv. beim
Regemvetter tcährend der Heu-Ernte: fer-
darft dat hou, den wast de kul. — Africs.
ha, hai, he; ivang., satl. hö; nfrics. hau;
wfries. hae, hea; nltl. \\ooi:, ninld. hoy, hoiiw,
houwe, liauw ; nd. (D ähncrt , Br. Wh.
etc.) heuj, höji", hüye, hau; mnd. hoi, hoig,
houwe, liaw, hau; as. houwe; ags. heg, liig;
engl, hay; an. hey; noriv. höy; scliiocd.,
dän. liö; ahd. hawi, hewi, houwe, hau; mhtl.
houwe, höuwe, howe, hou, liöu, heu; goth.
liavi. Zu hauen als das Ge- od. Abge-
hauene.
heu-, hei-bSn, Heuhoden.
heu-, hei-boi'g, ein Äljdach zum Bergen
des Heus.
heu-, hei-hülte, Heuhaufen.
heuel-, heiel-tid, Heuzeit, Heuerntezeit.
— Afries. hätid.
heuen, heien, Heu machen, bz. das ge-
schnittene Gras in der betr. Weise bear-
beiten, damit es trocknet u. zu Heu wird.
Auch subst. : 't was in 't heuen, es tvar in
der Heumache- od. Heuernte-Zeit.
liea-, liei-krodde, Grassamen, od. eigent-
lich die krodde (s. d.) vom Heu.
hib, od. richtiger hipe, hip, grosses star-
kes Gartenmesser mit gekrümmter Spitze,
welches namentlich zum Ausputzen u. Be-
schneiden der Bäume u. Gesträuche ge-
braucht ivird. — Nid. (Weiland) heej) ;
mnld. heepe (falx arhorea, — putatoria, sil-
vatica) ; mnd. hepc, hep, heppe, heipe, hiepe ;
ahd. liappä, heppa, habbä ; vihd. hepe ; nhd.
Hippe u. mdartl. häpe, hepe, heppe, hep-
perl, heben (Sichel, krummes Gartenmesser,
krummes Handbeil). Davon (Diez, II,
329) : franz. happe (Halbkreis von Eisen,
Krampe), liapper (greifen, packen etc.), welch
Letzteres jedoch loahrscheinlicher aus liap-
pen hervorging u. dann von happe zu schei-
den ist. Dass übrigens ahd. happä als
Schneide- Werkzeug mit kappen zu der y kap
od. skap (hauen, schneiden etc., cf. Fick,
I, 2-38) gehört, ist ivohl ztveifellos.
hibbel, auch hipsel, alberne, närrische,
läppische Person ; — 't is 'n hibbel (od. hip-
sel) fan 'u wicht ; — so 'n hibbel (od. hip-
sel) as dat wicht, heb' 'k min läfond nog net
sen; — du malle hibbel, od. hipsel (du Thö-
rin, du alberne ditmme Gans). — cf. nd.
(Br. Wb.) Hibbel (als Frauenname ti,. auch
Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II.
als Schimpfname in der Bedtg. Thor in,
od. alberne tändelnde Person) ; mnd. Ilehel,
bz. liebele, ivus wohl ein Dimin. von liebe
(cf. Ilcbe etc.) ist u. als solches leicht iit
5 den Begriff des Kleinlichen u. Tänilelnden,
bz. einer tändelnden u. albernen Person
übergehen konnte. Vergleicht man indessen
weiter nd. (Br. Wb.) hevein, hebeln (tän-
deln, in Kleinigkeiten genau sein u. Alles
10 pedantisch od. tvie ein Hypochonder behan-
deln, soivie weiter nd. (Br. Wb.) hibberu,
od. hibbeln (Kleinigkeiten tadeln, immer
Etivas zu erinnern haben , wofür tvir den
Ausdruck „hik-hakken" gebrauchen), hibbe-
15 rer, hilibertaske etc. u. weiter bei Schütze
hcebeln etc., sowie bei ihm u. Dähne rt
auch hibbeln u. dazu wieder unser hipsel,
so scheint es mir, dass sich diese Wörter
einestheils mit dem Zeitwort heften, bz. nd.
20 heven (heben, sich erheben u. aufspringen) u.
andererseits auch mit nd. (Br. Wb.) hippen
(Jiüjjfen, micare, saltare etc., cf. die Ablaut-
form: hupsen, hopsen, bz. unser huppeln,
huppel u. nhd. Hopser etc.) vermischt
25 haben.
Hibbo, Hibbe, ml. Name. Geschln. Hib-
ben. cf. För Stern a n n , pag. 660.
Hidde, s. Hiddo.
hidde, s. hide.
30 hidden; i. q. hak-hörn od. hak-horntje =
Fersen-Horn etc., d. h. ein aus Hörn ge-
fertigtes Geräth , tvelches man hinter die
Ferse in den Schuh steckt u. hält, damit
die Ferse od. Hacke daran niedergleitet u.
35 man auf diese Weise leichter mit dem Fuss
in den Schith hineingelaiigt. — hidden steht
toohl für hidden-i, od. hidden-ding etc., da
es für die hidden od. Fersen (cf. hide
etc.) bestimmt ist.
40 Hiddo, Hidde, ml. Name; Geschln. Hid-
den. cf. Heddo u. bei För st e mann den
Stamm H i d.
liide, od. hide, hidde, Ferse; — en up de
hidden sitten, Jemanden verfolgen. — Ob
45 dieses sonst überall fehlende Wort aus hilde
u. ilieses mit eingeschobenem, „d" aus hile
entstand?
lügen, liörbar u. schwer athmen, keuchen
etc. ; — he htgd un püst fan nod. — Nid. hij-
50 gen (keuchen, schnauben etc.) ; mnld. hijghen
(anhclare, hippacare, aniraam celeriter du-
cere) ; nd. (Schambach) hieben u. hiche-
pachen, cf. hachpachen ; mnd. hieben, higeu ;
nhd. heicken. Zunächst sei erivähnt, dass
55 heichen (cf. Grimm, Wb. IV, 795) mit
heuchen u. hauchen, sowie auch mit keicheu,
keuchen, hauchen, mhd. kCichen (cf. küchen)
von Hause aus für identisch erklärt ivird
u. dass Diez (II, 334) das afranz. hie
60 (Gewalt, Nachdruck) von nid. hijgen (s.
IHK
82
HILDE HILLE
unter liejou) u. dieses mit ags. lüge, hyge
(Eifer); enijl. hie [eilen etc.) von einem mit
tinserm higon identischen Vom. higim ab-
leitet, rcelches im a/;s. jedoch nicJit existirt.
Zunächst sei nun aher crwälmt , dass alle 5
diese Wörter wohl auf eine onomatopöische
Schaltwurcel zuriirkfjehen u. dass allen obi-
gen Verben ein (rrdvbm. liigaii, hag. luiguu,
bz. hichan, hach etc. — n. kichaii, kach,
kuchun zu Grunde liegen muss, da sich 10
hieraus nur allein neboi h eich en u. hau-
chen etc., bz. k eichen u. keuchen etc.
auch unser hach in hachpacheu u. icang.
haclije (keuchen), sowie das formell von lü-
gen nicht zu trennende hugon u. hügcn er- 15
klären las.'ien. Sodann sei erwähnt, dass
tat. aninuis u. goth. anaii (athmen, hauchen)
etc. mit skr. an, anati (athmen, weiten, bla-
sen; schnappen, lechzen etc.) auf die Schall-
wurzel a, an (die nur ein unbestimmtes Ge- 20
rausch , bz. ein Rauschen , Säuseln etc. od.
einen Hauchlaut etc. nachahmt) zurückge-
hen u. dass sich hieraus also auch nicht
allein die formelle, sondern auch die be-
griffliche Verwandtschaft von ags. lüge od. 25
hyge; as. hiigi ; africs. hei (mens, aninüis) ;
as. huggjan ; ags. hicgan, hycgan; goth. hug-
jan (denken etc.), bz. unserm hugen (denken
an, si)tnen auf, trachten u. verlangen nach)
«. hSgen (denken, gedenken, sich erinnern, 30
sich freuen etc.) mit higen «. nhd. h eichen
u. hauchen ergiebt. Da )iu)i aber einer-
seits k eiche n, keuche n , k a u c h e n (cf.
küchen) u. andererseits auch mnd. gichen
(cf. mnd. gischen u. hischen etc. bei Seh. 35
M. L. u. daselb.st unter hieben etc. , sowie
bei mir unter gigel) nicht .von higen, bz.
highen, lüchen zu trennen sind, ferner auch
Fick die Wörter Hohn u. höhnen (cf.
hon) mit lat. cachinnus etc. u. griech. kag- 40
cha3 (Lacher) etc. , bz. skr. kakk, kakh,
kakkhati (lachen) zu einer y kak (lachen)
stellt u. diese auch wieder unserm g'ichcln
u. nhd. kichern etc., sowie zweifelsohne
auch dem mnd. higen, heigen (höhnen, zum 45
Besten haben, auslachen etc.) zu Grunde
liegt, ferner dazu auch ivieder unser schak-
kern (laut lachen) m. nhd. schäkern be-
grifflich u. lautlich sehr nahe stimmen, so
glaube ich, dfiss man allen diesen Wörtern 50
eine idg. Schallwurzel skak (gekürzt aus
skaka, als eine Hettuplicatio)i von ska, .n".
unter beten) zu (rrundc legen muss, aus der
sich beim Vergleich der von Fick unter 1
u. 2 skak (T, :.'30 seq.) aufgeführten For- 55
men auch die obigen Wörter sowoJtl for-
mell als begrifflich ableiten lassen.
Ink. Ahlaufforin von 1 hak u. sgnani/m
mit liik, pik, tik, kik etc.
Ink-liak, Zänker, streitsüchtiger Mensch OO
der auf Jeden einhackt. — Mit gehikbak
(Gehackc, Gezanke etc.) u. nd. (Dähne rt)
iükkhakk (gemeines Volk, Gesindel) etc. zu
bakken etc.
hik-hakken, wiederholt od. andauernd
hacken, beisscn, hauen etc.; fig. mit schar-
fen Worten streiten, zanken, keifen; se bik-
kakUen up 'nauder lös, as 'n pär bäntjes;
— wat bell' ji alticl mit 'nander to bikhak-
ken. — Nd. (Dann eil) bickhackcii. cf.
bikkrn, kikken, kikkakken etc.
hik-liakkere, wiederholtes od. anhallendes
Gehacke u. Gezanke etc.
lükkon, mit einem scharfen od. spitzen
Etwas auf ein anderes Etwas stossen u.
schlagen, bz. überhaujjt: hacken, hauen,
schlagen, .ttossen, aufstossen etc., od. auch
als Ablautform von bakken m. als lautmalen-
des Wort durch einen Stoss etc. einen kick-
senden 'Ton hervorbringen, in welchem an-
slcdt des Vocals „a" der Laut ,,i" hörbar
tcird. wie in bikken, pikkeii, tikken, kikken,
kinkon etc., iceshalb denn hikkcn auch als
lautmalendes Wort das stossweise erfolgende
Schluchzen bezeichnet, wofür wir sonst die
Wörter: snikken, siükkera, snükkern od.
snukkorn, snukup (cf. nid. bik, mnld. hick
[siiigultus, convul.-io ventriculi] = [D i e z,
II, 335], afranz. hoquet; wall, bikett; bret.
hak, hik ; engl, hiccoiigb, bickup etc. u. nid.
bikken, mnld. hicken, hicksen [singultire]
etc.) gebrauchen. Daher: bikken - bikken-
sündag (der zweite Ostertag , wo die Kna-
ben mit den Eiern bikken od. Einer auf
das Ei eines Andern pickt u. schlägt , um
es kaput zu schlagen); — 't is up 't bikken
(es ist aufs Schlagen, od. Stossen etc., bz.
so, od. soioeit, dass der Schlag od. Stoss etc.
erfolgt), welche Redensart dann aber zveiter
in der Bedtg.: es ist uinniltelbar bevorste-
hend etc., od. in der von: es ist gleich mit
der Geduld zu Ende, od. soweit , dass ich
gleich dreinschlage etc., gebraucht wird, ivie
z. B. 't is up 't bikken, dat br kamd, od.
dat 't sleid, — dat de dönner sük hören
lett etc. ; — • 't was up 't bikken, dat ik hum
hl de ören kreg, od. hum eii up de kop gä-
icn harr' etc. ; — ik heb' di je segd, dat 't
up 't bikken was un dat du nu prügel kregst,
wen du 't wer di'-st de. — Xd. (Dähnert,
Br. Wb. etc.) bikken; mnd. lückon (mit dem
Schnabel hacken, auf Jemanden loshacken,
ihn scharf tadeln etc.) ; nid. bikken ; mnld.
bickeii, hicksen (singultire etc.), s. oben. Die
y ist übrigens dieselbe wie von bakken «.
auch wohl identisch (nämlich kak od. skak
etc.) mit der von kikken, kinken etc.
lülil. s-. 2 bikb\
1. lülde, s. hille.
2. liilde, hillo, Iiild, liill, froh, freudig
HILDE HILLE
83
HILGENHOLT
erregt, voller Freude etc.; unruhig, r/eschäf-
tig, eilig etc. ; — he was d'r so hilde (froh,
Isolier Freude etc., hz. so gestimmt, dass er
sich dessen freute, darüber jubelte u. viel
Lärm u. Aufhebens davon machte) mit, od.
afer (z. B. mit der, od. über die Geburt eines
Sohnes) dat he liel ntH wuss', wo hög he wol
für freide springen schull'; — he is gans
hild mit sin brtid ; - dat is so 'u hill' wark
mit liör beiden, dat se gewis nog insen man
un frö worden ; — he hed 't so hill, dat he
't hei net wagten kan, dat man mit hnm
prötd ; — dat is fan dago 'n hillen (unruJii-
ger, geschäftiger, od. heisser, anstrengender,
mühevoller, beschioerlicher) dag west ; — dat
is 'n hill (beschwerliches, anstrengendes,
viele Arbeit etc. erforderndes , bz. nöthiges,
eiliges) wark, wat he dar nnder de banden
hed. — Auch als Subst. : he mäkd d'r so 'n
hilde (so viel Aufhebens etc., od. drokto,
Spektakel etc.) fan; — he hed allid so 'u
hilde mit sin kinder, dat he 't hei hast net
wagten kan, dat he anders wat deid. —
Nfries., dithm. hilde, liill; nd. (Br. Wb.,
Dähnert etc.) hild; mnd. hWde, hiUe wird
au schliesslich mit : geschäftig, eilig, bz. eif-
rig, rasch, geschäftig etc. übersetzt. Wenn
man indessen zu den obigen u. im Br. Wb.
etc. vorkommenden Redensarten auch noch
einzelne von Seh. u. L. angezogene Be-
legstellen vergleicht (z. B. also de strit uppe
dem hildesten was etc. ; — de vor sick hefft
wat hyldes, den süth nie hastygen yagen etc.),
so scheint doch sicherlich diesem Worte eine
andere Bedtg. zu Grunde zu liegen, tooraus
sich die von geschäftig etc. ergab, od. dass
möglicherweise sich zwei urspr. verschiedene
Wörter mit einander gemischt haben, die
übrigens beide auf dasselbe Stammvbm. zu-
rüclcgehen. Ist es nun aber richtig (cf. H.
Leo, 244) dass as., ags. hild; an. hildr;
ahd. hiltja (Kampf, Streit etc. , cf. dieser-
halb ahd., as. winnan, toben, lärmen, schreien,
heulen; kämpfen, streiten, sich abmühen u.
abarbeiten, sich anstrengen etc.) zu liellan
(tönen, hallen, klingen, rauschen, bz. ein Ge-
räusch machen , unruhig sein ; sich rasch
bewegen , eilen , bz. sich mühen u. anstren-
gen etc.) u. mit diesem zur ]/ hal , bz. kal
(sonare etc., cf. halen, 1 hei u. 1 heller u.
tvegen der sonstigen Bedtg n. auch galra etc.
von y ghar) gehört (Fick stellt es freilich
mit halda, geneigt etc. zu einer ]/ hal, bre-
<chen, schlagen etc., ob indessen mit Becht?),
so lassen sich davon sowohl die Bedtgn. :
laut, jubelnd , fröhlich, heiter , froh , voller
Freude etc. , als auch die von : laut , lär-
mend, unruhig, geschäftig etc., bz. eilig etc.
für hilde ohne Weiteres ableiten, während
man andererseits auch annehmen kann, dass
ein Adj. od. Adv. hildi , woüi auch nicht
in der Bedtg. : froh, heiter etc. (die ich lie-
ber wie in 1 heller direct von hellan ablei-
ten möchte), so doch in der von: beschwer-
5 lieh etc. od. laut, lärmend, unruhig, geschäf-
tig, eilig etc. auch vom Subst. hild (Kampf,
Streit etc.) entstand, indem ja hieraus auch
die Bedtgn. : mit Kamptf, Anstrengung u.
Mühe verbunden, beschwerlich, mi'ihsam
10 etc. sowohl, als auch die von: streitend, lär-
mend , laut , geschäftig etc. leicht hervor-
gehen konnten.
liile, hil, Ferse (calx) etc. = 2 hakke u.
hide; he sitt hum up de hilen as de düfel ;
15 — up de hilen lopen (auf den Hacken, od.
Absätzen gehen). — Afries. heia, heila ; nfries.
(Outzen) häjel, häjel (hägel, heile, häile) ;
wang. (Ehr e )i traut , I, 371) hil; ags.
hei; engl, heel; nid. hiel ; mnld. hiele; an.
20 haell ; norw., dän. hael. Beim Vergleich
der contrahirten Formen von 1 hagel u.
nagel etc. könnte dieses Wort auch leicht
ein Contract. von hagal, liaegal, bz. einem
vom Thema hag, hah weiter gebildeten ha-
25 gila, hahila sein, wie denn Fick (III, 59)
es auch unter hanha, hanhila zu hag (cin-
gere) stellt. Da indessen ein Contract. aus
hagila, hahila, bz. hanhila durchaus nicht
erwiesen ist, so könnte dieses Wort bei dem
30 dafür angenommenen Grdvocal „a" auch mit
lat. calx zur ]/ kal (schlagen, stossen,
stampfen etc., s. unter 2 hakke) gehören,
wie auch H. Leo (pag. 43, Zeile 11) es mit
lit. kulnis (Ferse) u. calx zusammenstellt.
35 hilen, auf den Fersen od. Hacken (hi-
len, cüs Hintertheil des Fusses) gehen, rück-
über gehen ; — he hild (er geht auf den Fer-
sen od. Absätzen u. nicht auf dem ganzen
Ftiss , bz. auf dem Vordertheil desselben);
40 daher auch: nach hinten über hängen u.
liegen, z. B. von Schiffen, die mit dem Hin-
tertheil tiefer liegen , cds mit dem Vorder-
theil ; — dat schip hild, od. hild agter afer. —
Nid. hielen etc., cf. Bobrik, naut. Wb.
45 unter Hiel, hielen.
hilg, heilig; s. hillig.
liilge , Heilige. Sprichw. : Allerhilgen !
stigt de winter up de wilgen. — cf. rum-
melhilgen.
50 hilge-dag, hilgdag, heiliger Tag; kirchli-
cher Feiertag ; winachten (od. karstid), ostern
un pinkstern, dat sunt de böge hilgdagen.
1. hilgen , Plur. von hilge. — Afries.
heliga, s. bei v. B i c h thofen.
55 2. hilgen, s. hilken.
Hilgen-hfir, eine Ortschaft in der Nähe
von Hage u. Berum, s. unter Baltrum.
hilgen-göd, Heiligen-, od. Kirchen-Gut.
hilgen-holt, Gehölz tvas zum Unterhcdt
60 der kirchlichen Gebäude dient.
6*
HILGENLAND
S4
niLK HILLIK
Hilsenland, Helgdand. Davon der (wohl
(tltr) Volk>:iciiii : 't haiigcl ia de kaut, as 't
hik'enland : — grün is 't laiul , röd is de
kant , wit is 't Strand ; dat sunt de farfeii
t'aii 't lIilj,'tMiland.
liilptMi-uian. Kinhenrorstelier. — Afries.
lielgeua-mon ; </. bei r. Uichthofen un-
ter heliga.
llil^Pii-ridP, Hils(MU'i(lei'-sil. Ortschaft
an der Kiistr, ron wo aus man bei der
Ebbe :u Watjen nach Xorderne;/ fährt.
Weiteren eraehe unter IJaltnuu.
Ililk, hillik, eheliche Verbindung , Ver-
nuihlunij, Heirath : — wen he de stü' krigt,
dar kau \u' 'n bilk up d(Mi ; — hv lied 'n
godeu liilk däu. — Mofrioi. (Cad. Mül-
ler) liililcke, liilcke; nid. hijlik; mnld. hy-
lick, hielick; nd. hillik; mnd. Iiilirh, hillik;
hesa. hileli; ahd. liileih; mhd. hileioli , iea<i
ein Compos. ron hi, b.:. ahd. hiwi, higi (Ehe)
u. leili, leich ; ndid. loich (Spiel, {lespieltc
Melodie, S))iel zum Tanz u. (resang, Ge-
xang) ^ golh. laiks (Tanz); an. Icikr (Spiel,
UnterhaÜung, Saitenspiel) ; vorw. leik (Spiel,
Tanz etc.); schwed. lek; dän. leg (Spiel
etc.); ags. I;"ic (ludus, cerfauien, praeda, do-
mim, sacriticinm, hostia) etc. i.-it k. demnach
urspr. wörtl. : Khe-Spiel, — Tanz, — (resang,
od. Ehe-Lustbarkeit, Ehe-Festlichkeit (cf.
horhtid) etc. bedeutet. — Ahd. leih ; goth.
laiks etc. gehört mit mhd. leichen (aufspjrin-
gen etc.; mit Jemandem sein Spiel treiben
etc.) : goth. laikau (springen, hüpfen, tanzen,
frohlocken etc.) : ags. läcan (springen, flie-
gen, schwimmen, icogen, flackern) ; an. leika
(ludere) etc. nach Fick (I, 195 u. III,
3.59 seq.) zu einer idg. y rig = skr. rej,
rejati (hüpfen, beben, zittern etc.; bz. [cf.
G rassmann] erschüttern, in Bewegung ver-
setzen, erregen ; sich zitternd bewegen, sich
hin u. her od. auf u. nieder bewegen etc.)
u. stammt nach Fick nhd. leicht (cf.
licht Oll. ligt) auch von mhd. leicheu, bz.
goth. laikan.
Die erste Si/lbe hi , bz. das ahd. hiwi,
higi (was auch in Heirath = ahd. Inrät
fd. h. rät, od. Zurüstuug zur Ehe, Ehebe-
reitung etc., cf. rädj steckt) betr., so gehört
dies zu ahd. hiwau, lii.jan , hian ; )nhd. hi-
wen, hijfn, hien; as. hiwjau /» gi-hiwjan
(hrirathen, woher auch wohl nid. hu wen,
heirathen etc. u. huwelijk , neben hijlick,
trotz Kilian, der diese Wörter von hou-
WPU = houden [halten, cf. holdou] ableitet),
welches selbst wieder von einem 'Thema hiwa
= goth. heiva (Haus od. Wohnung , Nie-
derlassung, Hauswesen, Hausstand, bz. Fa-
milie etc.) in heiva-frauja (Hausherr, nd.
Herr des Hauses, bz. des Hausstandes,
der Familie etc.) mittelst der Endung jan
(machen etc.) tceiter gebildet ist u. dem-
)iach wohl urspr. entweder die Bedtg.: ein
Haus, eine Niederlassung etc., bz. einen
Hausstand od. eine Familie machen u. grün-
5 den etc. hatte, od. wahrscheinlicher noch die
ron: Gemeinschaft od. Hund maclien (mit
Jemandem), sicli vergesellschaften u. vereini-
gen od. zusammenthun, um ein gemeinschaft-
liches (ranze od. eine Genossenscitaft u. Ver-
10 einigung (sei es einen Staat, eine Gemeinde,
eine Familie od. eine Ehe) zu bilden, da
das lautlich mit civ in tat. civis, civicus, civi-
tas etc., i^owie mit civ in skr. (;iva (s. un-
ten sab h) stimmende germ. hiv nicht allein
15 nach dem obigen, sondern auch nach den
nachfolgenden Wörtern zu urtheiloi trohl
dieselbe Bedtg. hat v:ie die J/ bhad, bhaud
von hate, hateu etc. od. auch wie die germ.
y gad von gade, gadeu u. güd etc. Vergl.
20 dieserhalb zundchst:
a) ahd. hiwo, hio ; mhd. hiwe, hije, hige,
hie (Gatte, Hausgenosse, Knecfit) , Plur.
hiün, hum, hiweu, lueu (Gatten , Mann u.
Frau, weibl. u. mxinnliche Dienstboten =
2.'5 Verbundene od. Angehörige etc.); mnd.
(Seh. u. L.) hie, hige, licie (Knecht, Höri-
ger), higeniau (Mann, der Knecht od. Höri-
ger ist) ; Plur. hyeu (Laien); ags. hivan
(familiäres, domestici) ; engl, hive (Bicnen-
30 stock, Bienenschwarm, Schwärm, Gesell-
schaft), to hive (sicJi zu.'iammen gesellen, zu-
sauDnen Jtausen etc.); afries. (I luv. von hiu
od. hiw, Inwe) hiuua, hiona, hina (beide
Ehegatten; Gesinde, Hausgenosse)!) u. hi-
35 gen in sinhigen = ags. sinhivan ; as. siiilii-
wun, sinhiun etc. (conjugcs); a)L hjön, hji'in
(Eheleute, Hausleute, Familie etc.) etc., so-
icie ahd. hlwä, hiä; mhd. hiwe, liije, hige,
hie; as. hiwä ((rattin): — ahd. hiwiski, ht-
40 wisgi, hiwischi, higisgi, hiiske, hiesce; amhd.
hiwiske (Familie, Geschlecht, Hausgesinde,
Haushaltung) ; afries. hiskthe; nfries. hiske;
as. hiwisci ; ags. hivisce; an. hyski (Familie)
n. icohl auch mnd. (cf. Seh. u. Ij. tmter
45 hie etc ) higesche, Plur. higeschen (familiae
inaucipiorum) ; — an. lij' (od. hi, d. i. hjü)
in hy-vig (Tödtung eines Hausgenossen od.
Familiengliedes), hy-byli (Hausstand, Haus-
wesen, Haus u. häusliche J£inrichtung etc.)
50 etc. ti. ferner:
b) ,s/iT. civa (prosper, fansfus, secundus;
Sahst.: felicitas, prosperitas; auch Name des
Gottes Civa od. Siva), tcoher skr. raiva
(was Bezug hat zu g i v a ; ein Verehrer voth
55 ^. i v a) ; qcvA (Glück, Glückseligkeit, Heil,
Freude etc., cf. Ben feg), wonach y ^ev
(to worship) wohl ein Denom. von (;eva ist,
da Ben feg dies auch mit: Hail, honiage,
an e.xclamation or salutation addressed to
no the deities iviedergiebt. Sodann vergl.
HILK HILLIK
85
HILT
c) 2H s/iT. «;iva, (.eva (ivas Fick mit:
traut, freundlich, fjiitif/ [cf. god ron gaden
u. auch bäte, baten, bäler etc.] übersetzt)
noch zend. (Justi) (;evi (passlich, dien-
lich, nützlich etc., cf. gadelik u. dazu ags.
sael, Si\], se\ [gute, lassende, glückliche Zeit;
Glück, Heil, Wohlsein etc.], sei, sael [gut,
tücJitig , passeud etc.] u. saelaii [binden,
schliessen, fest machen, fesseln], somie tihd.
selig = unserm salig) -u. kslac. sivil in
po-sivü (benignus) u.
d) zu ahd. hlwä (Gattiu) auch lett. sewa
(Weib).
Vergleicht man nun aber wedde (Wette,
d. h. Vertrag, Pact etc.) von goth. vidan
(binden) u. nhd. Pacht in der Bedtg.:
Miethe, Heuer etc. aus pactum von pango,
bz. y pag (binden, fesseln etc.) , so scheint
auch ags. hjT (Heuer, Pacht, Miethe etc.,
cf. hur) u. liyrjan ; 7nd. huren (heuern, pach-
ten, miethen etc.), bz. dessen Thema hj'ra
od. hiu-ra (cf. oben an. hy =: hiu) dersel-
ben y loie die oben erwähnten Wörter an-
zugehören u. dann auch (cf. Fick, III, 7G)
wohl mit Recht das Thema hiura, hiurja =
hiw-ra für:
e) an. h5'rr (glücklich, froh, munter etc.),
hyrast (froh werden) ; isl. hyr (laetus, mitis ;
tepidus), hyra (benignitas ; calor), liyri (gra-
tificare, Dienste beweisen, zu Willen sein;
calefacere, ivärmen, od. behaglich u. ange-
nehm machen etc., cf. bann hyriz vid th'ad
^= 60 laetatur , od. det behaget hann over-
maade vel), hj'dega (benigne), hyrlegr (be-
nignus) etc. (cf. dazu auch bei Aasen norw.
hyr 1 — 3, soivie 1 u. 2 hyra, unter tcelch
Letzterem er auch eine Form lijura u. kjura
anführt); ags. hiore, heöre, hyre, Iure ; ahd.
hiuri, bz. mhd. gehiure, gehiur (familiaris,
vertraut, heimlich, nicht nnheimlich, ge-
heuer, sicher, lieblich, angenehm, behaglich
etc.), mhd. gehiuren (behaglich, glücklich u.
selig etc., od. gelten er machen, beseligen,
beglücken etc.); as. hiuri in. unhiuri (u7i-
sicher , unheimlich, unbehaglich, un- od.
nicht geheuer); mnd. (Seh. u. L.) hure
(lieblich, angenehm, froh etc.) etc. von dersel-
ben germ. ]/ hiv abgeleitet werden zu müssen.
A7im. Beim Vergleich von isl. hyra, od.
hj'ri (gratificare, bz. Wohlthaten n. Dienste
beweisen, zu Willen sein, od. [Jem.] die-
nen etc.) sei bemerkt, dass wir hur sowohl
in der Bedtg.: Dienst, als auch in der
Bedtg. : Sold, Miethe, Pacht etc. gebrauchen
u. dass man dieses Wort sonach cinestheils
in der Bedtg. „Dienst'''' u. anderntheils in
der von: „Grntification" od. „Vergütung" u.
„Lohn" für Dienste auch unmittelbar von
hyra ableiten kann. — Ferner sei noch zu
der Bedtg.: warm u. Wärme von an.,
isl. hyrr od. hyr u. hyra bemerkt, dass diese
wahrscheinl. aus der von: sicher etc., od.'
a )i g c n e h m u. bcliagl i ch hervorging.
Hilkc, u-hl. Name. Wald Dimin. von
5 Ililie od. Ililla, Ililda.
liilken, liil^pn. heirathen , ehelichen. —
Sdtl. hilkje; mnd. hiligen, hilliken, büken;
)dd. hijlijken; mhd. hih'ichen. Zu hilk.
liille, liilde, liill', abgelegener u. dunkler,
10 mit losen Brettern od. Stangen belegter
Baum über den Ställen unter dem sc/iräg
cd)fallenden Seitendach einer Scheune. Der-
selbe tüird oft zum Bergen der Futtervor-
räthe (Heu u. Stroh), meist aber ziem Auf-
15 heben von augenblicklich nicht gebrauchten
u. zurückgestellten Sachen gebraucht. Auch
zieht sich das Gesinde mitunter bei Tage da-
hin zurück, um daselbst zu ruhen od. Kurz-
weil zu treiben, ivoher die Redensart: „'n
20 dag up de hill' sitten" auch wohl fig. einen
geschäftslosen u. verlornen Tag bezeichnet.
— Nd. hille, bilde; m)id. bilde, hille, beide;
nfries. hill ; nid. (Geldern) hild ; mnld. (KU.)
bilde. Dieses Wort gehört zu 2 bellen, hel-
25 den (eine schräge, abschüssige Fläche bil-
den, schräg ab- od. überhängen etc.) u. Jtatte
urspi'. die Bedtg.: Pferderaufe, ivegen
der schräg ablaufenden , bz. schräg über-
hängenden Riegel u. Form. Weil nun aber
30 die Raufe (clathrum) auch zugleich ein
Futterhehalter ist u. darin den Pferden
Heu u. Stroh u. Gras vorgeworfen ivird,
so ging diese Bedtg. weiter in die (cf. KU.)
vorc: pabulatorium, promptuarium , foenile,
35 bz. in die von: Aufbeivahrungsort con Heu
u. Stroh etc., sowie ferner (als Heu- u.
Strohlager ; od. weil die lullen abgelegen u.
dunkel sind) in die von: dormitorium über,
cf. auch (Aasen) norw. hjell.
40 llillertl, Ilillei'k, s. Hillrich.
liillig, s. bilg u. heilig.
hillik, s. hilk.
liilliks - lorwärden , Heiraths - Cautelen,
Ehepacten etc., cf. förwärde. — Nid. bu-
45 welijks-voorwaarden.
Hillmei', od. Hilinei*, ml. Name. Geschln.
Hilhners. cf. Helmer, od. auch die Stämme
Hail u. Iliid etc. bei F ör ste miinn.
HilUich, Hilliik, Hillerk, llillerd, ml.
50 Name. Geschln. Hillricbs, liillerks, Hillers,
Hillern. cf. die Stämme Hail u. Hild etc.
bei F ör stemann.
hilf, Heft, Griff etc. ; — hilt tan de spä', 't
mest etc. Sprichio.: d'r sitt gen gud hilt
55 up de spä', fig. angewandt auf Jemand der
faul im graben ist u. den Spaten nicht fleissig
gebraucht. — Nid. (provinz., cf. van Dale)
hilt; mnld. hüte, hielte; mnd. hüte; ags. hilt,
bylt; engl, hilt; an. hjalt, hjült; ahd. belzä ;
60 mhd. heize (Schwertgriff' , Heft). Davon
IIIMA 86 HINDEREN
(Dies, II, 2ö) : span. dsa u. afrav::. holt, liinip-lianipere, Stiimpori, Pfuscherei etc.,
heux (Scliirertgrifft , cnlieldir (mit ciiicin bs. st iinijicrhiiftes, gebrechliches, vuingelhaftes
Schicerti/riß' verse/tc»)- Xtich Fiele {III, Gcthuc od. Werl: etc., ah Bezeichnung von Ah
72) mit hals u. 2 liellen etc., soioic ufries., lern, was schlecht u. stümperhaft geht u. id;
as. lialt (lahm) zur selben ]' hal, bz. kal. 5 — 't is all' emer liimphampeiv. — Nd. hirap-
llima, od. Ilinii; u-hl. Xame. Dimin. hamperije.
Himke. cf. den Stamm Ilaiiii, bz. unter lliiidcr, lie- od. Yerhinderting. Abhaltung,
diesem das Fem. llvhmx (urspr. [nach h\\fd, Hinderniss, Belästigung, Last, Beschwerde
s. unter hilk] icohl Heiiiiä) bei Forste- t'^c. ;— wen du geu liinder liest, den kam fan
mann iconach dieser Name wohl urspr. 10 middag wat her; — dat kan grn hinder für
im Gegensatz zu Hainio (als Haus-Herr, od. di wäscn, um dat to don ; — ik hebb' gen
J/rt«/i, dem das Heim gehört etc., bz. Sohn hinder tan "t äten, bz. fan min mage od.
u. Kind des Heims) die Bedtg.: Heim-Frau, fan dat spcktakel etc.; — ik hebb' so 'u liin-
od. Frau u. ITc/ft, weibliche Fcrson (Toch- der an 't üge; — ik fill luugends gen hin-
ter) des Heimes u. Hauses etc. gehabt ha- 15 der of last. — <S}j;-/c/i!ü.; kiiider raaken hinder,
ben l-an)i. d. h. a) Kinder machen u. verursacJicn Be-
him-boi'stig, asthmatisch, an Athcmnoth hinderung u. Abhaltung, bz. machen, dass
u. Fngbrüstigkeit leidend etc.; cf. himeu u. man zurück- u. abgehalten wird, z. B. vom
borstig, bz. ämborstig. Ausgehen od. von Lustbarkeiten etc. — w.
hinien, pfeifend od. mit krankhaftem Ge- 20 b) sie machen Last u. Beschwerde etc. etc. ;
rausch athmen wie beim Asthma, od. wie — t'ol' kinder, föl liinder. — Nd., mnd.,
engbrüstige, schicindsüchtige, an Athcmnoth nid., mnld., afries. hinder (impedimentum,
leidende Leute thun , ächzen, keuchen etc.; obstaculum, remora, damnum) ; isl. liindran ;
he himd so, as of hc hei gen lücht krigen norw., schiced., dän. hinder (dasselbe). Fs
kan ; — de borst himd huni so, dat lie 't 25 ist entweder aus dem Prä2)us. : ahd. hintiu-,
wol nich lauk mür maken schal. — Nid. hindar, hintir, hindir, hinter, hinder; mhd.
hijmen ; mnld. himmen, himen (suspirare, hinter, hinder; gofh. hindar; ags. hinder
anhelare) ; nd., mnd. himen, keuchend, pfci- (hinter), od. aus dem daraus comparativisch
fend, laut athmen. Onoinatopöisch wie higen. iveiter gebildeten Adj. : ahd. hintaro, hintiro,
Himke. <. Hinia. 30 hindere; mhd. hioder (hintere ; Subst. : mhd.
liiininol. >. 1 hemmel. hinder = Hintere, podcx , cf. nhd. After
hiiup-hanip. Gebrechlicher, Stümper, Hin- unter 2 achter); di/r/es. hindera etc. substan-
kender, Humplcr ; gebrechliches, stünqicr- tivirt, wie das Subst. heil aus heil ft/. hei).
haftes Ftwas; — 'n himphamp tau 'n kerel, Das ahd. hintar etc. (wovon auch hindern
od. fau 'n ding. — Nd. (Schütze, Br. 35 ii. wonach die eiste Annahme wohl die wahr-
Wb. etc.) himphamp (derartiges, tcas ge- scheinlichste ist) betr., so />/ dieses mit nhd.
brechlich, unvollkommen, stümperhaft u. un- hinten = ahd. hintana; mhd. hiudene,
zweckmässig ist, od. gemacht ist). binden; goth. hindana (hinten, jenseits) ; as.
himp-hainpen, hinken, humpeln, stossend bi hindan (a tirgo, post) ; ags. hindan von
u. stockend gehen, gebrechlich , stümperhaft 40 dem Adv. hina etc. (cf. hcn) weitergebildet,
u. schlecht gehen etc., von Menschen, Thieren, wie achter t'O» apa u. da nun heu = nhd.
M^agen, Geschäften etc. ; — he himphanipd hin auch die Bedtg.: weg, fort, getrennt
d'r hen ; — dat himphanipd d'r so wat hen. von, bz. die von: vergangen, od. zurück-
— I\Iit humpeln u. engl, liimii, himple (hin- liegend etc. hat, so erklärt sich leicht, wes-
ken, lahm gehen); schalt, hamp (to stutter), 45 halb durch hindar, hintar u. hintana etc.
sowie auch icohl goth. hamfs (s. »/i<er liampe das zurückliegende , bz. dasjenige, was hin
etc.) wohl von einer u. derselben ]/, obschon u. vergangen ist, bezeichnet wird,
man auch annehmen kann, dass die germ.y hinderoil , hindern, ab- od. zurückhalten,
himp, bz. idg. kamp ('s. «»<<■/• hampel) urspr. aufhalten, hemmen, iMSt, Beschwerde,
blos die Bedtg.: &eTno\ere, vAcWhirc etc.) hatte, 50 Schmerz, Aerger etc. machen etc.; — de dik
wie ja himi^-hAmYicn ((ds liedujil. von y hhwp) hiuderd dat water, dat 't net afer 't land
eigentlich blas ein Bewegen hinu. her, bz. von löpd; — dat blök hinderde huni in 't lopen;
einer Seite zur andern bezeichnet, zvoraus — de mage hinderd ml al lank, sodat ik
sicfi denn weiter die von: unsicher, sclucan- hast hi-I gen äten mer mag; — de kiise is
kend, schlecht u. gebrechlich gehen, bz. die 55 hol un hindord mi bi 't äten ; — dat ene
von: hinken, lahmen, humpeln etc. weiter ög hinderd mi so, dat ik mit 't ander 6k
fortgebildet hat. Hält man diese Bedtg. hast net sen kan ; — dat hinderd (verdriesst,
fest, so dürfte auch an. od. isl. hampa (ma- ärgert, schmerzt etc.) mi so, dat de junge
nibus volvere, terere) wohl ebensogut als un- net ördendlik lerd un fördtkumd, dat ik d'r
ser hampeln d((mit connex sein. 60 's nagts mitunder hast hrl net fan slapen
ätl
HINDERK 87 HINGST
kan. — Africs. hinderja; arjs. lüiiilarjan; »um sich nun aber die Form an, so muss
aJid. (lintarjan), liiiitiren, liiiitraii, hiiulcren; man heim Vcrfjlcich von ahd. furist (Fürst)
mhd. lindern; )dd., nd. liiiulercn, hindern. von fiiri, für (vor, voran etc.) univiUkilrUch
Zu ahd hintar etc. (hinter, .lurilck etc., cf. denken, dass auch liciigist, bz. dessen Thema
liinder) *. loörtl. soviel (ds h inte r od. z u- 5 liangista, hagista ein superl. Siibst. ist, tvas
rück michen, hz. machen od. bewirken, von einem tStammrbm. haga od. hagi, hag,
dass Etuns hinter bleibt. heg (nasal, luvng, lieng) weitergebildet tvurde.
Hindert, s. Hinrich. Vergleicht man niDi aber, dass das Pferd
hinderlfv, hinderlich, hemmend, störend, einerseits vor allen andern Hausthieren sehr
beschwerlich, lästig, ärgerlich etc. 10 klug, geschickt u. anstellig etc., andererseits
llillgstj Beugst, ml. ungeschnittenes l'ferd. aber auch für die Menschen (namentlich in
Sprichw.: Irög hingst, trüg rün ! t'rög hän, cüter Zeit noch mehr als j^tzt) sehr passend,
frog kapim ! — yl/Wes. hängst, liengst, hingst, od. passlich, nützlich, dienlich, branchbar
hanxt, liinxt; ivfries. liynst; ivang. liingst; etc. ist u. Jedem behagt, od. angenehm u.
srti/. hängst, längst; «/r«es. hingst; nd hingst; 15 recht ist u. ferner auch ein sehr gefügiges,
mnd. hingest hinxt, hengest; nid. hengst; zahmes, sanftes u. mildes Wesen hat, bz.
ags. hengest; an. hesfr ; norw., dän. liest; vorzugsweise ein Thier ist, woran man sein
schwed. ]iÄst ; ahd. heugist, heingist, hengest; Behagen, seine Freude etc. hat, od. toas Be-
mhd. hengest, hengst; ö/räH^. chengisto. Es hagen u. Annehmlichkeit etc. schafft, so
hatte urspr. die allgemeine Bedtg. Pferd 20 setze ich für hangista od. hagista ein Ety-
(Hengst u. Stute, sowie auch Wallach) u. mon haga, hagi od. hag an, was mit an.
hat sich erst spät zu dem heutigen Begriff hagr, hög (geschickt, klug, dexter, sollers,
verengert, tvie anch noch Cad. BI aller SiVtiücio&u^ etc.), hixgr (das, was Einem j^asst,
dieses Wort mit Pferd übersetzt. Daneben bz. der Vortheil, Nutzen, Geivinn etc.), haga
findet sich nun noch auf Wangerooge 25 (accommodare, ordinäre), högr (mitis, placi-
das Wort (Ehrentraut, 11,1) hinkel in dus, facilis); ags. hagjan (passend u. ge-
derBedtg.Pferd, tvas indessen unvertvandt schickt sein, convcniren etc.), hög (geschickt,
scheint , falls es nicht etwa aus einem Di- klug etc.) ; ahd. hagan (angenehm , od. be-
min. hinxtele, hinkstle entstand, was wenig- haglich u. passend sein, recht sein, behagen)
stens ebensogut möglich ist, als die Contract. 30 etc., bz. unserm hagen (angenehm sein, Ver-
dcs nord. hest, hast aus hengist, wovon es gnügen maciien, freuen, b eh ag e n etc.) etc.
mir übrigens noch sehr zweifelhaft scheint, zur ]/ hag (passen, genehm u. recht sein,
ob dies überhaupt mit hengist venvandt ist, behagen etc.) gehört u. demnach eine ähn-
zumal man bei an. hestr, schwed. hast ja liehe Bedtg. tvie an. hagr, bz. eine zu hag
auch ebensogut an einen Zusammenhang mit 35 u. hagan stimmende Bedtg. gehabt haben
an. hastr, ags. haest, mnd. haste , heste, muss u. zweifellos cds Adj. od. Adv. auch
heyste etc., ahd. heist (rasch, eilig, heftig den andern germ. Sprachen eigen war. Als
etc.) denken kann, was sowohl formell als Supjerl. dieses hagi, od. eines mit an. hagr
begrifflich für heslr als Pferd in der Bedtg. identischen hag (bequem, geschickt, recht,
„Ren 71 er" sehr gut cds Etgmon (cf. die- AO passend, dienlich, nützlich etc , bz. geschickt,
serhalb hors u. auch 31 ax Jahns, Boss klug etc.) würde min hagista als S übst, sehr
u. Reiter, I, 14 seq.) passt, loorüber Wei- wohl von den unvüchsigen u. einfachen
teres unter 2 hast zu vergleichen ist. Was Sprachbildnern zur Benennung des Pferdes
nun aber loeiter das Wort hengist betrifft, gebraucht sein können, da alle die in hag
so stellt Fick dessen Thema hangista zu 45 liegenden Bcdtgn. ganz besonders u. vor-
hag, bz. idg. kak (cingere), indem er es zu zugsiveise für dies edle, fromme u. nützliche
(cf. III, 5'J) lit. kinkan , kinkyti (Pferde Liebling sthicr der Menschen zutreffen u.
gürten, anschirren) vergleicht u. das Pferd dieses von den einfachen Naturvölkern noch
(cf. 1, 36 etc.) als das Gegürtete, Ge- viel lebhafter empfunden loard, als von den
schirrte, od. Ang e spannt e etc. deutet. 50 Gebildeten der Jetztzeit.
Da hiebei nun aber das Suffix ista, esta. Zum Schlüsse ivegen dieses jedenfalls
bz. ist, est unerklärt bleibt u. hengist schon sehr alten Wortes noch die Frage,
auch ein ausschliesslich deutsches Wort ist ob das Wort hengist etwa hen-gist u. nicht
(Andere denken auch an einen Zusammen- heng-ist zu theilen u. die erste Sylbe han,
hang mit slav. kun', lit. kuinas, Pferd, wo- 55 hen, hein (cf. die ahd. Form heingist) viel-
bei indessen die zweite Hälfte gista auch leicht ein Gontractum von hagan, hegan ist,
vollständig unerklärt bleibt), so halte ich soivie ob die Endung gist od. gista sich von
dafür, dass es auch nur aus dem Deutschen einer ]/ ji, erweitert jish (cf. zend. ji =
erklärt tverden kann u. ihm lediglich ein skr, ji aus gi, gvi «. zwar 1) ji, loben; —
deutsches Etymon zu Grunde liegt. Sieht 60 2) ji, überivältigen, erobern etc. ; — u. 3) ji,
IIINGSTEN 88 IIISEL
verlange)), liebo), h)-ii))stig sei)i etc., — so- Hendrik, ^fsr/J». Hendriks. Die ostc^iiUie
)cie 1 u. 2 jish u. jisti etc. hei Justi) hin, hen , liein ka))n sowohl aus hajan als
ableite)) läs.-t. Be-iiglicli lian, hen, liein aus aus lieini (Vf. hcin) oitstandc» sein. Vo-rß.
liagan, hegan u-ih-de daun zu er)cäf/e)) sei», die St<i)ni)ie hagan u. haim hei Törsie-
ob dies mit hag u. hagan ('ei)if)-iedigen, he- 5 m a « n u. daselbst auch Ilnganrih luto- ric.
gen etc.) cu)- ]' hag, Ik. kak (cingere etc., — Ein e^se))fester, kräftige)-, kongcsundcr
s. ehe))), od. zur ]' hag rou behagen u. Mrtisrh irirdhicr „''n\^[[ev\\W\m)i'YY genannt.
an. hagr (s. obct)), od. gar )nit lat. cachin- hl|)ke, Hiipochondric, Mdanclolie , Gril-
nai i etc. z)ir y kak (lachen, wiehern , hin- lenJcranlheit etc. ; — lie hed 't hipke. Zuri-
nire etc.) zusa)n)nenhängt. 10 fellos aus IL/pochondrie rerstü))v)ielt.
hiiigsten, beschälen od. decken lassen. — liipsol ; i. q. hihbel.
Satl. (Ehrentraut, II, 207) liingstje liir, hier, an dieser Stelle; hieher etc.;
(brünstig sein, .<<pirlen etc., von der Stute). 't is liir; — knmm' hir. — Afries. , satl.
hingst -hol'dliii^ (obs., ('ad. Mülle)-) hir; tvfrics. hier; goth., an., cgs. her; as.
Hittincister. Wü)-tl. ,,Pferde-lIäuptling", rf. 15 lier, liir; ahd. liiar, liier, hia, Le ; »»/jr/. hier,
hingst u. das engl, capitaiu of horse. Mit her u. hen dcr.'iclben Abstannnnng.
hin<;st-l'Ulio , ein als Hengst verschnitte- bis, Pferd; mei.'^t I)inii)i. 'iisko (Pferd-
ues Pferd. chen) ; — 'n lütjet liiske; — da irr: his-fäl od.
hingst-wed, das Laub .schie)-lingsartiger hüs-fal (Pferd. Fohlen, l'üllen) ; ivang.
Pflanzen, welches zmn sog. lirfulpad (in 20 (Ehrentraut, II, 1) hOsfuIle (Füllen).
Aurich) gebraucht 2ri)-d. Vergl. bei M. Jahns (Btss u. Heiter, I,
hink, lah)n, krüpi)el , hinkend: dat prrd If seq.) unter liess auch btgr. lieiss, heiss-
is hink; 't hed gewis 'n spiker in de föt. lein etc. u. wfäl. hysz in der Bedtg.: Fül-
hinken. hi)tken, lalwien, gebrcchlicJi gelten len, der allerdings vieles nicht ZusavDuoi-
(auch flg.), a)tf einem P\isse sich hüpfend 25 gehörige unter hess a))fi:hrt , indessoi doch
u. springend fo)-tbcicegen etc. — Nd., nid., auch der Ansicht ist, dass diese W<»-ter
)nnd. hinken (dasselbe, ))ind. auch: sich zu- mit hess u. an. hestr (s. )inter hingst) wohl
rückziehen etc.); innld. hincken (claudicare, mit hiist od. licht zusanDnengehören, bz. dem-
nutare, vacillare gressii, titubare) ; wfries. selben Sta)n)nvb)n. angehören u. ivohl auf
hinckjen ; ahd. hinchan, hinkan, hinchen; 30 die Bedtg.: gehen, laufen, rennen, eiloi etc.
)tihd. hinken; cf. skr. khaiij , od. khang, zurückgehen können, worüber Weiteres nn-
khag (liinken). Da ein Hinkender von einer ter 2 hast u. hisel zu vergleiche)i ist. —
Seite i)i die andere fällt , hz. sich hin und Sieht mati sich idirigcns skr. hesin (equus)
her beicegt u. schicankt etc. , so ist die ]/ an, bz. dass dies niit hesa (hinnitus) , ku)-d.
khanj od. khang von khag (agitare, com- 35 hise, tviehe)-t (cf. auch Pott, II, zweite
movere, bz. freq. bewegen, schütteln, durch- Abth., :}!)8 seq ) vo)i der ]/ lies (hinnire,
einander rühroi u. nnschoi etc., cf. bei od. iiho-haupt einen ScJiall verursachen, od.
Benfeg khaj = to churn, bez. to move to ein Geräusch machen, einen imartikuJirtoi
and fro) nicht verschieden. Nach griech. To)i hören lassen etc. u. so auch: bridlen,
skäzo (kinke)t) u. an. skakkr (schief od. 40 schreien od. toben etc., cf. hesa-kratu [mäch-
hinkend), skaka (schwingen, bz. hin und tig bridlend etc.] bei G)-ass)nann) abstanimt,
her bovegen u. schlagen) etc. ist dafür wobei den)i allerdings eine Laut coschiebimg
wahrscheinl. eine idg. }/ skag anzusetzen, nicht Statt gefunden hätte, od. das skr. hes
die auch icohl unsc)-)n Schaken , schakeln, selbst für khcs od. kes (cjf. lird für krd od.
schok, schukeln etc. (s. d.) zu Grunde liegt, 45 klird) stehen )nüsste, so kan)i auch his da-
weil aus: hin u. her bovegoi, schwingen etc. mit connex sein.
a)ich die Bedtgn. : schlagen, stos.^e)i etc., bez. 1. hiscl od. hisel, Einne, Pille, Einnsaal
verrücken, von der Stelle bovegoi, e)it- od. Wasserlauf auf dem Straiide , pleon.
führen etc. etc. hervorgehen. auch hiselrille genannt. — Wang. (Ehren-
hiiiko-pink. ]iink!ej)ink. liiiikopank, ein 50 traut, I, H70) heizel. Wie Tx'inne, rin-
Hinkotder , od. auch ein Wankender , ein nen u. re)i)ien zu der y ar (sich bewe-
de))i Concurs u. Fall Naher etc. — Nid. gen vor, gehen, laufen, sich o-heben, trei-
hinkepink ; )nnld. hinckepinck, hinckepoot hen etc.), so gehört auch dieses Wort wohl
(daudus, loripes) ; hinckepincken (claudicare, 7nit his u. hast (s. t;nter 2 hast) zu einon
uniro i)ede salfare). 55 u. demselben Staminvbin. hisan (se movere,
liinrich. llinrik, llindrirli. llinrikus. Hin- ire, currerc).
riks. lllndrikiis. Iliniierk, Hindcrk (ml. 2. hisel od. liisel (Borkum) Beif, pruina
Name), Heinrich. Geschln. Ilinrichs, od. eigentlich der gefrorene Niederschlag u.
Ilindrirhs, llinaerks, Ilinderks, llinners, Begen, der sich an den Ziveigeti der Bäume
Hüners, Hiunerssen, Hünerssen. — Nid. GO (de hörnen hint [od. sunt] füll hisel) fest-
HISELN
HOD
seist u. mit einer Eisrinde urnffieht. Vergl.
unter 2 giseln das mnld. (KU.) hijsel,
vifläm. liyselo (ffelicidium, pluvia glaciata vel
glacialis) u. weiter das vind. (Seh. n. L.)
hiselen (eisregnen, glatteisen, pruiiiare), ivo-
nach es wohl mit mnd. giessel identisch sein,
könnte. Da indessen africs. ]iacht = acht,
soioie unser heite tvohl = eito, etle, äte ist
u. überhaupt ein „li" oft vor vocalischen
Anlaut tritt, so kann auch KU. Hecht ha-
ben, wenn er hijsel als für ijsel stehend
annimmt u. demnach mit ijselen, hijselen
(pluere minutam glaciem, sive pruinam gla-
cialem) , nebst ijscl (stiria glacialis), ijsen
(glaciare, gelare) zu ijs (Eis, cf. is) stellt.
hiseln (Borkum), glaiteisen, Eisregnen
etc. = giseln ; s. unter 2 hisel.
lüsel-rille, s. 1 hisel.
liisen od. liisen , hissen, ziehen, reissen,
in die Höhe ziehen, winden od. heben etc.;
— de perde hisen god an ; — hise datt au wat
starker an ; — he hisde dat up de wagen
od. hön (Boden) ; — his' hum up ; — körn
od. seils (Segel) etc. uphiscn. — Nd. hie-
sen, hissen; nid. hijschen, früher hijsen od.
hijzen ; an., bz. isl. hisa (funibus attollere);
norw., schtved. hissa; rfä«. hcise; engl, hoise
od. hoist; schott. heis, heys hceze (to lift
op). Davon: ital. issare ; span., port. izar;
franz hisser (in die Höhe ziehen). Wohl
mit 2 hast, his, hisel etc. zu einer germ. ]/
his, die aus der allgemeinen Bedtg.: bcioe-
gen (cf. rennen etc. xi. risen von y ar, ri) auch
die von: zielten od. heben etc. entwickelte.
his-fäl, hiske, s. his.
Hiske, ivbl. Name. Wohl Dimin. vom
alten hiwa (Gattin, Frau od. Magd), da
dies nach hiwo (s. unter hilk) zu urtheilen,
auch die letztere Bedtg. gehabt haben miiss
u. überhaupt nur eine Person, die zum
Hause gehörte, bezeichnete.
hissen, hitsen, hetzen, in Hitze od. Zorn
u. Eifer bringen, reizen, aufstacheln etc.;
he hissd (od. hitsd) hum up ; — he hissde
hör tegon 'n ander an ; — sid)st. ; kanst du
dat hissen net laten un raust du uog mer
unfräden stichteo ? — Nd. hissen ; mnd. his-
sen, hitsen, hessen; nid. hitson ; mnld. his-
schen, hitschen, hetsen etc., alles von ahd.
(hazjan, hezzan) hezzen; tnhd. hetzen u. dies
von ahd. haz, cf. hat.
histörjc, Historie, Geschichte, Geschichts-
buch; — dat, od. he is de düpte fan de
historje; — ik bin in d' histörje kamen,
d. h. in die Schidklasse, worin das biblische
Historienbuch gelesen ivird.
hitse, hits, Hitze. Es ivird namentlich
auch in der Bedtg. : feuriger od. röthlicher
Ausschlag, Entzündung, sowie in der von:
Zorn, Eifer etc. gebraucht.
1. hitsf^n, Ä. hissen.
2. Iiitscn, heizen ; — iuhitscn, einheizen.
— Alid. (heizjan) heizen, heiss machen.
liitsig, hitzig, rosig, entzündet; zornig,
5 eifrig etc.
bitte, s. hctte.
1. Iio od. ho, Ruf inn Halt zu machen u.
sich vorzusehen, bz. Halt zu gebieten ; — ho !
fair net; — ho! perd, wilt d' stän; — ho!
10 mantje, so geid dat net; — ik segg' di fan
liö! — Nid. ho (dasselbe). Davon, bz. von
franz. ho auch nid. oho, nhd. ohö, sotcic
das mit la zusammengesetzte höht ?f. nhd.
ho IIa. Vergl. aucJi he u. hdä, sowie Wei-
15 teres unter eala.
2. lio od. lio u. auch wo od. wo (Frage-
zvort), wie, auf welche Weise etc. ; — ho is dat
gelegen, od. mit di ? — ho gröt is dat land ;
— • ho so? wat wilt du dar mit seggen? —
20 ho denn, a) wie dann ; — b) wie denn? od.
wie? — Nid. hoe; afries. hü, ho; wfrics.
hö ; nfries. ho; as. hwö; «(/s. hvu, hü; ahd.
hweo, weo, wea, wio , wia, wieo, wie n.
wuo; mJul. wie; amd. hwö; md. we; goth.
25 hvaiva, uh(s (cf. Ernst Schulze) aus hve
u. aiva zusammengesetzt ist.
Iiobbe, ein köpf-, Höcker-, od. hügelartig
aus dem Wasser hervorragendes od. auf
demselben schtvimmendes Stück lockerer, moo-
30 riger mit Sumpf gras be- u. durchwachsener
Erde. — Dasselbe loie höfel u. hubbel.
lioch-, llOgtid, Hochzeit od. Vermählungs-
fest etc. Sprichiv. : na hogtid gan un fad-
der stau un kindelber gefen, hed mennig biir
35 fan d' pläts of drefen. — Afries. hachtid,
haochtid ; satl. hagtid ; wfries. hoagtid ; nid.
hoogtijd ; mnld. hoghe- , hooghtyd; as. hö-
get'id; ags. heähtid; ahd. hohgezit, höchge-
zit, höchzit. Es Jieisst wörtlich : hohe, er-
40 habene Zeit u. lourden unter Hochzeit
früher überall ii. auch hier (cf. v. Richt-
hofen, ajries. Wb. , sowie Kern u.
Will ms, pag. 106, sub Nr. lÜOO : Gode
yfft di olin frohlyke Paaskhochtyde) alle
45 hohen iveltlicheu u. kirchlichen Feste ver-
standen, loie denn auch noch, jetzt in Hol-
land, dies Wort nur in diesem Sinn ge-
bräuchlich ist u. für Hochzeit im moder-
nen Sinn das Wort bruiloft (cf. brüloft) ge-
50 braucht ivird. Das von Ki l. neben hoogh-
tyd angeführte u. von ihm fälschlich (cf.
auch Stbg.) damit identificirte heughtyd
ist mit unserm högetid identisch u. dort
Weiteres zu vergleichen.
55 hud, Hut, Kopfbedeckung, od. das, ivomit
man den Kojif bedeckt, schützt u. schirmt;
— dar mut man de hod für ofsetten, z. B. vor
einem Mann, den man hochschätzt, od. auch
ror Allem, ivas Einem Respekt einflösst u.
60 was Ehrbezeigung verdient, ivie denn auch
HO-DANIG 90 HOEDEN
ein früherer hies. Amtiiiniin (jetzt Amts- höddclko. liödtlsol. Iiodfije. liödjo, kapsel-
hduptman») von iinseriii Düiit/crhditfcn zu färniiiicr Sclint^-Ih'ckd auf r/cifcn, Strick-
!>uffcn iijleyte, dass man thtcor, seiner bc- nadeln de.; leinener od. lederner Ueherzit(j
sonderen (riite wegen , den Hut ziehen zum Schutz für wunde Finger. Zu luulen,
müsse. — Afries., itfrics., stitl., nd., ngs., 5 hz. hod, (/. liüdje.
engl, höd ; nid. liood ; nhd. liuot, Ji6t, liuat; liüdc, Hut, ühhat, Schutz, Gewahrsam
mhd. luiot (Hut, Midzc, Kopfhedeckung un- etc.: — wils up diu liödo ; — du must dat in
ter dem Helm, Helvi, Drckel, l'iherdeektDig diu liödo iirmeii; — dat stüid uiulor sin
eines Zeltes). Mit hödc, liüde zu IkkIcii, hz. höde. — Afries. höde, liüde n. hodriio, hii-
desselben Ur^^prungs. Xcbcn höd kömmt 10 dono ; )dd. lioede; nd., mnd. liode, linde;
anih )Hich eiti afries. hat; ags. liät od. alid. liuota ; mhd. huote. Mit bilde zu dem
hact; engl, hat; nfries. hat, halt; a)i. hattr, folgenden:
hOttr, liotta; norw., schwcd. liatt; dän. liat höden (höde, hödst od. hödst, liodt od.
in der Bedtg. Hut (iiikuis) vor, womit viel- hödt etc.; — hödde, höddst, höddt etc.; —
leicht auch mhd. haeze, liäz; bagr. häsz, 15 bin od. heb' hödt; — hödend), hüten, n-ah-
liaz (Hock, Kleid, Kleidung) als Bedecken- reu, behüten, bewahren, schützen, beaufsich-
des u. Schützendes idodisch ist, da liaeze tigen, in Acht od. Obacht nehmen u. haben
leicht aus hezze od. haze , bz. dem für hat etc. ; — höd' di, dat dn dat net wer deist ; —
anzusetzenden Thema hata cntstehoi konnte schapen höden ; — he mnt 't hns höden (a.
(/. auch das von liilt weitcrgcbildete ags. hil- 20 das Haus hüten u. bewahren od. bewachen
tcn die Bedtg.: Anzug, Kleidung etc. Iiat etc.; — b) zu Hause sitzen u. bleiben, z.B.
u. das Vbm. hättjan (cum cute dctrahere) wegen Krankheit). — Nd. höden ; 7nnd. ho-
von hat weitergebildet ist. Da nun aber den, huden ; idd. hoeden ; mnld. hoeden;
hod seiner Form nach (cf. flöd am Schlüsse, hneden; ((fries. liuda, htida, hz. liudia, hudja;
sowie güd, fögen etc. etc.) ein Substantiv. 25 wfries. lioedjen ; as. huodjan , büdjiin , liuo-
Priiter. von einem Stammvbm. hadan od. dan ; ags. hedan; a}id. huotaii, huoten, luia-
hadhan ist, bz. auf eine }' had, hadh' od. ten, hueten ; mhd. huoten, hüeten ; md. hu-
hath zurückgeht u. auch liat bei dem steten ten. Es ist zweifellos mit hod (mag man
Wechsel von auslautendem ,,d", „t", „th", dies nun als B ed eckendes od. Schilt-
„db" leicht aus halb od. hadh, had entste- 30 zendes, bz. als Decke od. Schutz,
hen konnte, so dürfte diese germ. y had Schirm etc. neJimen) eines Ursprungs,
vielleicht mit der y skad von scliadde (Sehat- weil die Bedtgn. : tegere, cavere, tueri, cu-
ten) identisch , bz. mit diesem aus der für stodire etc. gegenseitig (cf. lu'id etc. u. ags.
so viele Wörter (cf. hiid, biis etc., sowie hydan, bergen, schützen, bewahren etc. u.
schau, schö, schude, schür etc.) anzusetzenden 35 byd, Rhede od. Hafen etc. von y sku, wo-
y ska, sku {decken, bedecken, bergen, ver- von auch schau, schauen, schö, schul, schür,
hidlen , schiUzen, schirmen etc.) erweitert schüre, schude etc. k. ahd. scuwo [Schat-
scin, obschon es auch möglich ist, dass aus tcn] de., sowie die ]/ var, von waren etc.)
ska sowohl skad als skat (cf. z. B. skr. cat stets in einander übergehen. Bezüglich der
aus idg. skat, verhüllen, bedecken, verber- 40 y sei noch bemerkt, dass M. Hegne (cf.
gen, verstecken, hüten, bewahren etc. für Grimm, Wb. IV,V.)7S) Hut, hüten zu
liadai;, huod etc. u. skr. chad, bz. idg. skad, skr. chad, hz. skad (cf. schadde) stellt, iväh-
od. skadb, bedecken etc. für hat) durch ta, rend H. Leo ags. büd (od. wie er schreibt
da, dha erweitert tcurden. cf. Weiteres un- „hod'') mit bodnia (Wolke, cf. wulke u. wulle,
ter höden. 45 Wolle), sowie byd (Haut) nebst hydan it.
Zu höd sei noch bemerkt, dass die alten hedan, .sowie beodo (uinbraculum) etc. zu
Friesen einen auf eine Stange gesteckten einem Stammvbm. heüdan (tectum esse), bz.
Hut aucli als Wahrzeichen aufpjhuiztm u. skr. kad, kam], kund (tueri, servare) stellt
als Feldzeichen gebrauchten u. der Hut- u. auch goth. betlijo (Kammer) u. a)i. he-
od. Bannerträger davon iiudcn! genannt 50 ilbinu (Beizrock) etc. damit für connex hält,
wurde, — sowie ferner, dass hod hei uns, was schiocriich Alles richtig ist, da büd
hz. hord im nid. auch ein Steinkohlen-Mass (Haut) zu einer germ. y liud, — hod da-
ist, icelches 0 hies. Tonnen von plm. 300 gegen nach meiner Meinung (cf. höd) von
Jfu)id enthält, rcobci ich indessen zugleich einem Stamnivhm. hadan od. hatban, bz. zu
auf mnd. (Seh. u. L.) bot, bunt n. hude, 55 einer germ. y had, idg. skad od. vielleicht
bz. lioedo (s. daselbst unter liüt suh 4) ver- skath, od. skat = skr. cat {die übrigens
weise. von Grassmann mit: sich verstecken, sich
lio-daiii^, wie lieschaffen, wie gestaltet, hinivegthun de. übersetzt wird, toährend
wie etc.: — bodaniw js dat? — dat is düs-, F ick sie mit: bergen, verstecken etc. loieder-
od. süs-, od. sodanig. cf. 2 ho u. danig. GO giebt) gehört, wobei noch erwähnt sei, das8
HOEDER HUEDER
91
HOF
10
15
Ficli (111, 61) für ags. hoadlior (recopta-
ciilum), (joth. liethjo, sowie für alid. liiiota
(Hut) eine gcnn. ]/ hatli (bergen) außlellt
u. diene zu gricch. kotule (Höhlung, Hu/t l es),
kötulos (Näpfchen, Scitälchen etc., cf. koi),
kopke n. tat. cavus, caveo etc. u. unser kau
u. schau etc.); lat. castinus, castillus, hz.
skr. cat (bergen etc.) vergleicht, wä/ircnd er
gerade umgekehrt afries. hat; an. hattr
(Hut, s. unter höd) etc. zu tat. cassis, bz.
idg. skad (bedecken, cf. III, 60) vergleicht.
liöder, liiider, Hüter, Bewahrer, Beauf-
sichtiger etc. ; — Eedeusart. : 't hüs is 'n hö-
der werd; — na 'u hüder kurod 'n rüder.
liOdje, hötje, Hütchen. Dimin. von höd.
hol' (de, dat) , Hof, eingefriedigter u. ge-
schlossener Baum, Garten, ländliche Be-
sitzung od. Wohnung, Gehöfte etc.. Alles toie
im Hochdeutschen. Häher: karkhof, appelhof
(Apfelgarten), hof um 't hüs, binnenhof, hof 20
um de man etc.; — lie jagd hum fan hüs
un hof; — he hed gen hüs of hof; — d'r
is gen hüs of hof to sen ; — au de hof fan
de könig gän ; — 't hof fan spanje ; — 't
gerigtshof etc. ; — Sprichw. : fan 'n gröt hof 25
geid föl of; — 'n hof um de man, dat kau
uog gän, man 'n hof um de sünn' dar schreien
frö un kinder um. — Afries. hof (auch ge-
tveihter Hof, bz. Tempel, ivovon die 4 hoven
od. Kirchen in Brökmcrland, ctls: Maria-
howe [Jetzt Mai'jeuhafe, Meienhafe, Marjen-
hove = Marienhafe], Utengrahowe [jetzt
Engerhafe, Engerhove] , Victorisliowe [jetzt
Victor hur] u. Lambertushowe [frühere
Lambertus - Kirch e zu Aurich] be-
nannt sind); nd., nid., as., ags., an., ahd.,
vihd. hof; tvfries. hoaf; nfries. hof, höf,
haaf elc. ; schoit. hoif, hoff, hove, houff, hufe.
I)ie urspr. Bedtg. is: eingefriedigtes od.
begrenztes, von einem andern Etwas (Wcdl, 40
Bing, flauer, Hecke etc.) umgebenes u. um-
schlossenes Etwas, tvoraus sich edle sonsti-
gen Bedtgn. (cf. unter gärden, 2 harn etc.)
von selbst ergaben. Dass es daher mit griech.
kepos (Garten) (u. möglicherweise auch mit 45
lat. Campus, sofern dies urspr. ein einge-
friedigtes Stück Land u. nicht blos das
flache Feld, od. die Ebene etc. bezeichnete)
einer y kap angehört, ist wohl zweifellos.
Wahrscheiidich ist dies nun aber dieselbe y 50
wie von ]iebben etc., da, sich aus: greifen,
fassen, fahen, festhalten die Bedtgn. : festen,
fesseln, binden, gürten, schliessen etc., bz.
umgreifen, umfassen, umschliessen etc. od.
he- u. einfassen etc. von selbst ergeben u. 55
Hof ja nichts anderes bezeichnet, als einen
von einem Etwas um-, be- od. eingefassten
Baum.
höf (Plur. hüfen) , Huf, od. der Horn-
sclmh, ivelcher die tveichen Tlieile des Fasses 60
30
35
vieler Thiere schützend umfasst u. umschliesst.
— Afries., satl,, ags., nd. liöf; nid. hoef;
as. höf, huof; engl, hoof; a n. hoÜr ; scliwed.
hof; (Hin. hov; ahd., mhd. huof. Die Ver-
gh'ichung mit aslav. kopato (uiiguhi) ab-
weisend (iceil der lange Vocal nicht
stimmt u. dies dircct von kop = y kap
[fassen etc.] tveitergebildet zu sein scheint),
halle ich dafür, dass es ebenso loie höf,
hob, huob in an. höf (Mass, Mass - halten,
Besonnoilieit) ; norw. hov ; schwed. hof; ags.
höf (modus, medium, bz. das tvas sich ge-
ziemt, od. Jemcuidem geziemt, gebührt u.
zukommt etc.) ; goth. hob in gahöbains (conti-
nentia, Selbstbeherrschung , Entludtsamkeit,
od. das Musshalten, sich in Schranken hal-
ten etc., cf. tinter höfen a7n Schlüsse des
Weitern); as. höfa; aJid. huoba, huopa,
höba; mhd. huoba; nhd. Hufe (ein ge-
loisses Mass Land, bez. ein durch Gräben,
Hecken, Wälle etc. eingefasstes, umschlosse-
nes u. abgegrenztes Stück Feld) aus dem
Präter. huob bez. huof der von der y haf =
idg. kap (greifen, fassoi, nehmen, fahen,
halten, tragen, heben etc. , d. h. festhalten
u. tragen, dass Etioas nicht fällt, od. Einem
etwas Halt u. Stütze geben, indem man ein
Eticas setzt od. hebt toorauf) stammenden
Verba: haban, hapan etc. od. hafjan (cf.
hebben u. heffen, wobei zu bemerken ist,
dass der Lautverschiebung des lat. od. idg.
„p" nach, das Vbm. haban eigentlich hafan
lauten müsste) hervorging u. dass dem-
nach höf (ungula) als urspr. Substantiv.
Bräter. von haban, hafan (haben, bz. greifen,
fassen, halten, tragen, heben etc.), bz. von
hafjan (Griff-, od. Fass thun, greifen, halten,
heben, herausgreifen u. heben, nehmen, aiif-
nclimen etc., cf. lieffen) ivohl dasjenige be-
zeichnet, tvas grifft hielt u.fasste, od. trug etc.
(also: ein Greifendes, Fassendes, Haltendes,
Tragendes etc., bz. ein Etwas, tvas fasst od.
befasst u. in sich befasst od. umschliesst etc.
u. so auch als Hornscltuh des Fusses diesen
schützt etc., od. auch das, tvas den Fuss
hält, trägt ti. stützt etc.), tvobei man bei der
Bedtg. : Klaue, Huf von ungula zunächst
an ein greifendes u. haltendes Etwas denken
kann, falls man nicht etwa von der Bedtg. :
heben, erheben, atif heben etc. ausgehen
u. so höf als das deuten toill, worauf sich
das Thier erhebt u. aufspringt etc.,
loelcJie Deutung für höf auch ja zulässig
ist. Dass das „f' in höf wegen der Iden-
tificirung mit „b" od. „p" in den sonstigen,
derselben y entstammenden Wörtern keinen
Anstoss geben kann, darüber vergl. auch die
unter 1 tt. 2 bedarf «. l u. 2 bedarfen an-
geführten, M^örter.
Zum Schluss sei übrigens noch bemerkt,
IIO-FARD IIOFARDIG 92 IIOEFEL
dass Fick a) tmitcr hüf (Huf) mit zcml. nh^nlclten, wie Fick (er stellt [TU, 62]
(;afa (Iloni, Huf): skr. ^aplia (Huf); hU. luibodii unter hafja, \\öi [heben] auf, ohne
ganiba etc. aus einer idy. Grdform kapa hesiimmt c« sagoi , oli dies, hz. (joth. liau-
ableitet, ohne indessen der }' zu (jedenken l>ith dazu (/ehört u. ob er Haupt als ein
u. h) das nltd. Hufe mit lat. campus u. ü Etwas deutet, tvas sich über ein Anderes
(jriech. kcpos (einciehecftes Land etc.) zu erhebt ete.) dies anscheinend thut. Bezüg-
einer y kanip (hicfjen, krümmen) stellt, zu lieh des lat. Caput u. a(/s. hcafod etc. ist
deren Ahhiutform kuji auch unser 3 liop ge- wohl anzunehmen, dass dies mit ags. liea-
hört u. wozu auch liöf (cf. 2 li6p am iola, liafola, od. licatVIa; griech. kepliale
Schlussr) be.'^ser stimmt als zu skr. ^apha. 1** (T^'>iif); skr. kapala (.S'cAd/f, Scherbe, Schä-
liri-fäi'd, liölärdi^, .s. höiffrinl otc. drl, craiiium) zur y ki\p (fassen, greifen,
liöf-lilad. Inirkoblad i I'lur. Iiöfhladon) Huf- nehmen, halten, heben, tragen, cf. hebbcn,
l'hitt, bz. Uußultivh (TiissilaLTO jiotasitcs oft". liochtcn, licftou etc.) gehört, da die urspr.
et Tuss. Fart'ara). Bcdtg. von cajjut , bz. ka])äla u-ohl zweifel-
lii)fd , liöfd Uli. lioft I I'lur. lififilon, hnf- 15 los die von: Gefäss, Behält er etc., bz.
teil), ;\) Haupt, Caput (auch ßg. als Ifau]>t Fassendes ete. (u. so auch Hohlgefüss
od. Oberhaupt, bz. der an der Spitze .'itcht r/c, </. kop, kopke etc.) w<. M^egen hcaiod, od.
u. der Erste u. Oberste i.'^t, od. auch als lieäfod u. baubith etc. vergl. ((uch Cr. Cur-
Oherstes n. Spitze etc.): — förbjTfd, — ach- tius (pag. 1-iS) u. H. Leo (pag. 578) u.
terhnfd; - faniilieiihßfd, — be is 't höfd 20 Andere.
liir in hi'is; — 't hAfd tan de stad, — lie hol'il-feil, s. unter hßfd.
stoid an "t liöfd od. hAfd fan de reuerung ; hoCdliii^, Hiiujitling. — Afries. hnveding,
MUU'v'i] (Hau jil fehler) etc.: — b) eüie Ufer- liavilinü;, haiidini^ u. liavedling, havdling;
hefestigu)ig vo)i Steinen, Holz, od. Jieisig nfrics. ludiling od. büvding (Führer, An-
('^(j/jrr ; stenlirifd, balkonbilfd, risbßfd), ?t'e/cÄe 2ö führer, IIäiij>tling , JMagnat, Besitzer einer
kopfitrtig aus dem Wasser hervorragt, bz. Burg u. adligen Herrschaft, bz. Benennung
halbicreisförmig v<n-springt a. in das Wn.<i- eines frics. Adligen); «/(. liüfdingi (princeps,
ser (älinlich wie eine Buhve od. slenge, iiiagnas). JJie fries. Hdujitlinge gingen zum
jedoch in der Hegel höher ii. kürzer) hinein- Thcil aus den alten Priestern u. J{ichtern
ragt, um das Ufer, od. l^esondcrs gefähr- 30 od. Asoga's (cf. äsoga), zum TItril aber auch
dete Stellen zu schützen. — Afries. liäved (wie der ganze frics. Adel) aus dem Stande
frec^ ha ved ?) havd, häfd, häd; ?o/r />?.<?. haed, der freien Grundbesitzer, od. den Besitzern
haa, hoot ; nfries. band, bond, liocd ; 7V(tng. von alten u. sog. adlig freien Grundstücken
haud; mofries. (('ad. M ü 1 1 er) hAudo; nid. hervor, die., allmälig reich u. mächtig ge-
hnofd ; nd. hiifd, liöved, liovt; iinid. hovet, 3') tcorden , sich weder an die Beschlüsse der
höft, hoeft, hoved; as. liübid, hnbbid ; ags. Upstallsbornibclion Vcrsa)nmlungen, noch an
heafod; engl, liead ; an. hötiidh od. luifut; die Anordnungen a. Befehle der vom Volke
norw. hövud ; dä)i. liiivod; sclured. hufvud ; erwählten Biclder kehrten, od. auch oft von
goth. baubith; ahil. houl)it, baul)it , boupit, den andern freien Bauern freiwillig zu
haupit, liOpit, boubot, boibet; )nhd. hnubet; 10 Häuptlingen u. Schutzherren erkoren wur-
md. liübct, liouvet. .It/s. hiafod u. an. hö- den, loie dies aus der im frics. Archiv von
fudli = bafudh od. bafa(W</. a». liöfn, haf- Ehren traut (I, ol'i) angeführten Stelle
iiar, Hafen) u. vielleicht auch afries. \\av9{\ licrvorgcld, dir folgcndcrmas^^en lautet: iim
("i. oben) entspricht genau dem lat. caiuit, wäh- (bimsiilven Jbaro (nändich 13')5) is Edo Wim-
rend in den andern Formen das urspr. „a" 45 kcMin (Häuptling von Wittmund) van deu
in den Umlaut „an" od. „ou" überging, da Itichtoron der Uustriiig, Oistring und Wau-
cs doch .schwerlich geht, um diese deutschen g''i'S, nomptiik van llillort van Laureiis,
Wörter für die Bezeichnung des Hauptes Tanno Ibon tho Sambdl, M(Ster Olrick tho
od. Kopfes von einander zu trennen u. aus Kniplmson, Jungo IIe(blo tho Wclens etc.
verschiedenen Ouellen , bz. von vrrscliiede- 50 erwclet und angcnluinu'U mit synen Naka-
nen Wurzeln (dizulciten. Sind indessen die iiioling(! flio ein Capitein und Ilovct de lande
Formen : goth. baubith etc. u. ags. lieafod und luidc vortbostacn und tho rogcron, Wente
etc. von einander zu trennen., so ist es je- de Richter, wcreu dos aniptcs inoode und
denfalls richtiger, um die Stämme: Jiaub, avd'dratich, unime der gemeinte ungchorsam-
lioul) etc. mit dem von Haub in Haube 53 heit willen, dat neuumt geboir geven woldfl'
(cf. hüfe) von demselben Stannnvbm., bz. noch in krich noch im frede.
derselben y abzuleiten, ids sie mit höf, bz. lli^Cd-pin, Haiijd-. od. Kopfschmerzen,
a.t. bufa; ahd. hnoba etc. (s. unter höf) aus hofd-sakc, liöt'dsakc, Haujdsache.
hafan, baban, od. hafjan (cf. bebben u. hef- 1. höt'el, Hügel, Anhöhe, Erhöhung, Er-
ica), bz. dessen I'räter. huof, huob, hüf etc. 00 hebung, Höcker etc. ; — höfels un bargen be-
HOEFEL ^ 93 IIOEFEN
jägnen sük net, man wol minsken ; — de usus) ; mnd. beliof (dasselbe) ; ags. I)eh6f
höfels sligten. — Nd. (Dühnert) liövel ; (Incvnm etc.); etujl.hvhooi' (Vortheä, Ntitzen),
mnd. Lovel; nhl. heuvel; mahl, hovel, liou- hohovc (l'ortheil, Interesse, Bequemlichkeit) ;
vel ; mild, luihel, hühel, huvel ; as. huvel. ((frics. hiliöf, Ix'liöf (hehufsani , hehülflich,
Wohl zweifellos mit dem folgenden \\M{i\ zu 5 dienlich, nützlich, iiotliwendicj etc.) etc. von
heben (hob etc.), cf. heften. einem Stamm: liöt", lioef, huof, ln'if, hüb etc.,
2. hüfel, od. liöfel, Hebel, Hebebaum etc., der mit an., ags. liöf (Mass etc.) k. goth.
s. hefel sab b). hüb (i)i gahöl)ains, s. unter liof), sowie auch
3. höfel, Hobel, Geräth zum Schlichten mit dem l'rütcr. liof, huob, nhd. hob von
od. Wegschaffen von Unebenheiten u. Hau- 10 hafjan, hcfjau (heben, nehmen, fassen etc.,
higl'citen. — Nd. hövel; mnd. ]\ovo\; mnlil. cf. heffen), od. auch ev. mit dem urspr,
hovel, hoevel ; mhd. hovol, linbel ; md. liu- Präter. hnob, liuop etc. von luiban, hapan,
bei; an., bz. isl. liefill; norw. hovel, hyvel; rect. bafau (hcdjen etc., cf. hebb(Mi u. s. un~
dün. hövel, hövl ; schioed.\\i){we[. Auch die- ter liuf) identisch ist, soivic aucJt mit huob
ses Wort gehört zu heften (heben), jedoch 15 in ahd. bi-huobida (prae^umtio) etc. Da
nicht in cler Bedtg.: hoch macJien, od. sich nun aber das Brüter, von heften im nid.
erheben, steigen etc., .sondern in der von: hief lautet, so erldärt sich hieraus auch
greifen, nehmen, auf- od. wegnehmen, wohl ags. hefe in behefe, bz. dessen Iden-
entfernen etc. u. bezeichnet es buchstäblich tität u. Synonymität mit afries. behöf (s.
ein Nehm-Ding, od. ein Etwas, loomit 20 oben). Was nun aber speciell hvtien = ags.
man Etwas entfernt u. beseitigt. höfjan etc. betrifft, so leite ich dies von höf
höfeln, hobeln; of-, weg-, bchöfcln ; — in ags. behöf, engl, behoof (lucrum, bz. Ge-
dat niut behöfeld worden. ici)ni, Nutzen, Vortheil etc.), bz. höf in
höfen, müssen, nöthig haben, brauchen, afries. beliöf = nhd. behuf etc. ab, was
nöthig od. erforderlich sein, bz. so sein, 25 als urspr. Bräter. von haban , hafan , bz.
dass ein Mass, eine Noth, od. ein Bedürf- hafjan (haben, besitzen etc. , od. heben , er-
niss etc. vorliegt utn Etwas zu thun ; ~ höfst heben [z. B. Geld, Zoll], greifen, fassen,
du nog net na de schöl? — ik hftf net drin- nehmen, halten, behalten, in Besitz nehmen,
ken, ik hebb' gen dörst; — ik höf gen äten erwerben, gewinnen etc.) dasjenige bezeich-
hebben; — he bfifde dar je uet hen to gan, 30 net, was man schon hat u. besitzt (cdso die
he kun d' närs je in hüs holden ; — dat Hahe u. der Besitz), od. griff, fasste, nahm,
h8fd net, dat de dam mäkd word. Sprichw. hielt, behielt, erivarb, gewann etc., sodass
(einem appetitlosen habituellen Säufer iro- höf als Subst. zunächst die Bedtg.: Habe
nisch als Entschuldigungsgrund in den Mund u. Besitz, bz. die von lucrum, ocl. Nutzen
gelegt): war 'n drüp sitt, dar bOfd gen kör- 35 u. Vortheil etc. hatte, od. als Adv. in Be-
rel to Sitten, cf. behöfen, wanhöfen etc. zug auf andere Gegenstände dasjenige be-
— Nid. hoeven, behoeven ; nd. (Br. Wb.) zeichnet tvas nützlich, vorthcilhaft, dienlich,
höven, behöven; m»fZ. hoven, behoven; a/>v>.5. passUch , zweckentsprrechend u. brauchbar
hövja, bihövja; wfries. hoaven , hoavjen ; loar, woraus sich, denn für höfjan etc. ») die
ags. höfian od. höfjan in bihöfian (egere, 40 Bedtgn.: in Besitz nehmen, od. an sich
dpcere etc., bedürfen, brauchen, nöthig ha- nehmen u. gebrauclien etc., od. die von:
ben; nöthig, dienlich, nützlich, passlich, ge- Nutzen haben u. machen (wovon für sich),
ziemend u. erforderlich sein; sich geziemen, benutzen, gebrauchen, verbrauchen , verzeh-
IMssen etc.); engl, hoove, in behoove (ge- ren, bedürfen, nijthig hcdjen (cf. 1 n. 2 be-
biihren, sich geziemen u. schicken, sich, pas- 45 darfen) etc. — u. b) die von : Geicinn,
sen; nothwendig sein etc.); dän. (be)höve; Nutzen u. Vortheil Jiaben (wovon), od. nütz-
schwed. (be)höfva; hochd. (Grimm, Wli. lieh, dienlich u. vorthcilhaft sein, nützen,
I, 1343) be-huben (egere, opus habere) u. dienen, passen (für) , (sich) passen, gezie-
behufen (indigere) etc. Mit nhd. Behuf men u. schicken, bz. passend, geziemend, ge-
(Bedarf, Bedürfniss etc. , bz. das, was man 50 bührend u. notlnvendig od. erforderlich u.
gebraucht od. ivas einem passt u. dienlich nöthig sein etc. von selbst ergeben. Was
' ist), bell, uf (zum Zweck , zum Gebrauch, nun aber weiter das ags., an. höf (Mass,
I bz. der Passlichkeit u. DienlicJikeit hcdber Masshalten, EntJialtsamkeit) u. goth. gahö-
etc.) ; mhd. behuof (Geschäft, Gewerbe; Be- bains (s. unter höf) betrifft, so stammen
darf, Bedürfniss) ; nid. behoef u. behoefte 55 diese Wörter von liaban, hafan, haben, hal-
(Bedürfniss, od. Bedarf, Gebrauch, Nutzen ten etc., (refl.) sich haben od. gehaben, u.
etc., cf. behßfte), behoeftig (= behöftig, be- benehmen etc., od. (refl.) sich lialtcn u. nicht
dürftig etc.), behoeve (ten behoeve , zum gehen lassen, sich enthalten (Eines). Als
Nutzen, zum Dienste, zum Gebrauch etc.); iveiter hieher gehörige Wörter seien noch
^ mnld. behoef (egestas, necessitas, indigentia, 60 angeführt: schiocd.hof (Gebühr, Zukömmniss,
HOF-ISER HOFISDER
94
HOEGE
Bedarf, Behuf etc.; geziemendes u. gehiihr-
liches Verhalten u. Benehmen, Mässiguni/,
j\J(isshiilten etc., cf. an. höf etc. unter liOt),
hotVa (Gebühr, das gehörige Mas,'^, der An-
stand, das icas Eiiiem geziemt, gebiilirt u.
zukommt); hüfvas (gebüliren, geziemen etc.);
hurtig igelmhrend, geziemend, a)iständig, )iett,
höflich etc.), hüfsa (geziemend , nett u. gut,
od. ■'tauber u. ordentlich machen, [Jeman-
den] gc!iittet u. artig machen etc.) ; — norw.
hov (Abpa.'isung, passende Zubereitung ; das
3Ia.-<shalten etc., cf. unter hüf), hova (ab-
})a.ssen, jjassend u. geziemend machen etc.),
höva (abpassen , das Bassende u. Bichtige
treffen, treß'en, richtig zusammenfallen ?<.
treffen, zu einander ^Jf/swc» u. stimmen, har-
moniren etc.), höv (passend, treffend, stim-
mend etc.) ; höve (Treff', Zufall) etc. aus
welchem Allen klar hercorgeht, dass das an.,
ags. büf (Mass, i\Iassh(dtrn) mit dem Stamm
hof, hüf, hat' in behof, bz. mJid. behuof etc.
H. in hötjan, bL'höfjan, bz. höt'ea, nhd. be-
kleben, behufen etc. identisch ist u. hof
(Mass, Masshalten) = Zukömmniss, Ge-
bühr, gebührendes u. geziemendes Betragen
etc. (cf. dieserhalb auch hören [tragen od.
greifen, fassen, heben etc.] von heran [tra-
gen etc.] u. gehören [sielt zutragen, ereig-
nen; Jemandem zukommen u. gebühr c n]
zu liabaii, hafau, hiiob, huof, hof u. zu höf
[Mass, Gebühr, bz. das Gebühroide u. Ge-
ziemende] u. höfjan, l)fliöfjin etc.) ist, bz.
zu hahan, hafun (greifen, fassen, nehmen,
haben, hiüten, tragen, heben etc. etc.) gehört.
liöt'-iscr. ht'ifisdor, Hufeisen.
liül'-napcl, Hufnagel.
hof-singer, Grasmücke, d. i. Hof- od.
(Jartrn-Sanger.
Jlöf-smid, Huf Schmidt.
bog (Jlect. höger, högste) , lioch , erJutben
etc.; — bog un lag; — dat land ligd liüg un
dröge; — 'n bögen hOni, törn; — dat is nii
to liög (das ist mir zu hoch u. erhaben etc.,
bz. zu gelehrt etc.) ; — böge lue (holte,
hochstehende, vornehme Leute): — be wil
to liüg henüt; — bog faa ärd (hoch von
Art, bz. erhaben, rorneJim , stolz etc. von
Art u. We.^en) ; — h6 steitl liüg in achtung
un ansen : — bog uu giütsk düii (hoch, er-
liaben, stolz, vortieJuii ii. gross etc. tliun) ;
— hö dfinkt sük to hüg un klük; — hüge
prisen (hohe, theure Preise) ; — dat i)rüd is
hüg an pris ; — dar gcid 'n hügen wise up
(da gellt eine holte Weise, od. Melodie auf,
was flg. auch von Kiicas gesagt wird, ivas
hoch u. theuer zu stehen kötnmt u. viel Geld
kostet) ; — bog un dfir l)Oswüren ; — dat
Word büg!i tid , dat du na de schul kumst ;
— b("' bed 't hügnödig ; — dat sunt böge
(hohe, od. ^tn gewöhnliche, theure etc.) od.
hüghcnde tiden ; — dat geid d'r fan afend
hüg (hoch , festlich , freudig etc. od. ver-
schivetiderisch etc.) her; — höger up ; —
fan hüger luind (ron hoher, bz. höherer, od.
5 mächtiger obrigkeitlicher Hand) is nii dat
anbefälen ; — 't is up 't högste {Höchste,
jieusserste etc.); — do bögen (Hohen, Vor-
itehmen. Oberen etc.) willen 't all' to seggen
liehben un an sük riten. — Besondere lie-
10 densarten: sük up 't hüge piird setton (sich
Andern gegenüber erheben, sie von oben
herab od. rcrilchtlich ansehot u. behandeln
etc., z. B. lic sett sük glik up 't böge perd,
wen 'u ander wat segt of deitl ; — du brükst
15 dl net gl'ik up 't hüge perd sotten un an-
dere lue niinachton etc.); — wi hebbcn 't
hüg un lüg mit 'n ander had , od. beprütd,
forhandeld ; — 't böge wörd (das hohe, od.
theure, schtvere, schioer wiegende Wort, bz.
20 das Geständniss, od. Schuldbckcnntniss) niiit
d'r berät. — Africs. häch, hag, bz. bog ;
Compar. hagera, bägra; Superl. hägost, hfi-
gist, liüglst; (t/n'es. hat'g, heag, herg ; nfries.
(Outze n) hugh ; S(dl. bäg ; wang. hoch ;
2") nd., nid. boog; mnd. ho, buch, böge; innUl.
ho, boo, hoogb ; as. büb ; ags. beäh, boä,
beb; Compar. lieähra, hearra, hörra, byrra;
Superl. heöbsta, böhsta, b}iista; engl, higb
u. früher (nach KU.) higo, beyge; ahd.
30 hüb, baob, hü; mhd. hüb, buch, liö ; goth.
hauhs; a/i. här, hä, hätt; norw. bog; schived.
liüg; dän. büj. Wohl zur y kuc (curvaro,
intlcctere, bz. biegen, krümmett, wölben, etc.),
tcozu es locnigstens Fick (III, 70) mit lit.
35 kankas (Heule), kaukar (Anhöhe) stellt, cf.
auch bokko, hök, buk, buken etc.
liog-beiid, hoch gebeint, mit, od. auf ho-
lten Füssen, hochbeinig etc., fig. auch stolz
etc., od. theuer, wo Alles hoch (im Preise)
40 steht u. rar ist; — 't stoid so bügböiid; — dat
(Irr is so bügbönd; — hv lupd so bügbönd;
— dat sunt u|)stünds sülke liügbende tideii,
dat olle wark bod um sük d'r dür to tilän.
hö^'-drafeiid. (sinnl. u. fig.) hochtrabend.
45 liÖg*', Sinn, Wille, Wollen, Wunsch, Hoff-
nung, Lust, Behagen, Vergitügen, Freude
etc. ; — dat goid so rogt na <i\n böge (das geht
so recht nach seinem Sinn, bz. so wie er es
will, wünscht u. hofft, od. so wie u. dass es
50 ihm Vergnügen u. Freude ntacht) ; — all'
wat hv schall un mut, dat dcid he mit tä-
gensiii, man all' wat hö wil, dat (h'id hr mit
liOge (cum animo) un möge; — ik mns' dar
güster afoiul tagen min böge (od. tilgiii niiii
55 sin , — tagen 't sin etc.) un möge drinkon :
— liö bed so regt sin böge an de kindcr.
Nd. böge; mhd. böge, böge, hege, bage; nl'l.
liengb ; mnld. hoiiglif', hoglie (mens, sensiis,
intellectns; consolatio; spes; dolectatio, vo-
GO Inptas, laotiti.i) ; afrirs. bei (cf. der Form
HOEGEDAG
d5
IIOEGEN
werfen: heia, höhen; heia, hegen; hoia, />cm-
gen etc.); ahd. huf^u, iiukii; mhd. liu;j;i',
hüge; md. hoge (Sinn, Geist, Andoiki'n ;
atfectus, Freude); goth. hugs (= gricch.
noüs) ; as. hugi ; ags. liyge, hige (animiis,
mens, Denkart, Sinn, Hers, Mutli) ; an.
luigi (Sinn , Gedanke) u. hugr (Sinn , Ab-
sicht, muthiger Sinn, Mnth) ; norm, hug,
mich hog, hang, hau (Sinn, Gedanke; Lust,
Verlangen , Begehren etc.) , hugge (Freude,
Trost etc.), hugs (Sinn, Besinnen, Nachden-
ken, Gedächtniss, Erinnerung) ; schioed. liog,
hug (tüie norw. hug) ; dän. hu (Sinn , Be-
lieben, Wille). Vcrgl. Weiteres unter hü-
gen u. hugen. — Zu lioge sei zum Schluss
noch bemerkt, dass nind. hoge etc. (cf. Seh.
u. L.), nd. (cf. Schütze, II, 14UJ hüge
mich die Bedtg. : Lustbarkeit, Festlichkeit,
Fest u. loang. (Ehr entraut, I, 372) hBg
die von: Hochzeit = Freudenzeit, od. Fest-
lichkeit, Festtag etc. haben u. ferner: dass
dän. hygge (Sorgfalt, Schutz), hygge (be-
loahren, beschützen), hygglig (heimlich, ru-
hig, sicher) ; schwed. hygga (sich wozu hal-
ten u. an Jemand anschmiegen, seinen ScJiutz
suchen, od. Trost suchen bei Jemand), hygg-
lig (angenehm, niedlich, nett, behaglich, ge-
fällig, vertraulich etc. , bz. wo man gerne
ist), mit an. hyggligr (sinnig, nett, verstän-
dig, cf. högelik), hygginn (verständig etc.),
hyggja (Verstand, Einsicht etc.) etc. auch
mit högo etc. (jedoch in der Bedtg. S i n n)
connex sind n. ihre verschiedenen Bcdtgn.
aus der von: sinnen, denken (denken
woran, achten worauf, sorgen wofür, Etioas
in Obacht nehmen etc.), überlegen etc.
von hyggja u. huga (cf. högen ii. hugeu)
entfalteten.
h8ge-dag, a) Gedenk-, Erinnerungs-Tag ;
— b) Freuden-, Fest- Tag. — Engl, hoke-,
hock-day. Zu högen, bz. högo, cf. höge-tid.
högelik, högelk , erfreulich, angenehm,
vergnügt, heiter, froh etc.; — dat is 'n höge-
liken sake; dar kan mau sük regt afer freien ;
— högelk un t'ergnögd bi 'n ander sitten. —
Nid. heugelijk; ninld. heughelyk; mnd. hö-
gelik (jucundus, hilaris) ; ahd. hugelih ; mhd.
hügelich (erfreulich) ; schwed. h} gglig (an-
genehm etc.) etc., cf. Weiteres unter böge.
llSgcn, a) denken, erinnerlich sein etc.;
— dat mag rat net högen (od. denken), dat is
al to lank her; — dat bögd mi net raer;
— b) Lust, Freude u. Vergnügen haben
an, freuen, Freude u. Vergnügen, machen,
angenehm sein etc.; — dat liilgde hum so, dat
he net wus', wo he sük für blidskup wol l'i-
ren schul' ; — dat schal hum högen , wen
he dat hörd, dat sin dogter in de kram ka-
men un he grötfader worden is; — he högd
sük föl mer afer sin kindskinder, as afer sTn
egen kiiider; — wat büst du bliksem für 'n
undogd (Taugenichts), dat du di afer 'n an-
dermans unglük bögst; — dat is 'n hoghö-
gende (hochfreudige , od. hoch erfreuliche,
5 sehr angenehme u. viele Freude erweckende)
büskiip (Botschaft), di du mi brogd (ge-
bracht) best. — cf. gebogen (Gedächtnis.'^),
— ferhugen (erfreuen) etc. u. hugen (sin-
nen etc.), soivie nd. bögen; mnd. bogen; nid.
10 heugeu; mnld. heuglien, hoghen (mominisse
etc. ; sperare ; laetari, gaudere etc.) ; afries.
bugja (denken, gedenken, sich erinnern)
wfries. buwgjen ; tifries. huvfggje (dasselbe) ;
as. buggjan ; ags. hycgan, bicgan u. hogjan
15 (denken, nachdenken, sinnen u. denken auf,
beabsichtigen, gedenken, hoffen) ; an. hyggja
(denken, aufpassen , Acht geben, betrachten,
beobachten, denken an, bedenken, ersinnen,
aussinnen, besinnen etc.) u. huga (überle-
20 gen, erwägen, bedenken, ersinnen), sowie
hugga (erfreuen, trösten); norw. hyggja,
huga u. hugga (wie an.); schwed. liugas
(Lust haben zu etc.), hugna (Freude ma-
chen etc.), bugsa (erdenken etc.) etc., s. nn-
25 ter böge ; goth. hugjan ; ahd. hukkan, hucken,
bucgen, huggen, hugen, bogen; viJnl. hngeü,
hügen ; nid. bogen (denken, meinen; geden-
ken, sinnen ; seinen Sinn richten tvorauf,
trachten wonach, bz. Lust u. Neigung ha-
30 ben, gelüsten, verlangen, begehren).
Was dies Vbm. betrifft, so ist es seiner
Form nach tvohl von hugs, bz. hug, hog
(Sinn etc., cf. unter böge) durch jan abge-
leitet, ivährend dieses selbst, bz. dessen
35 Thema huga (Sinn, Verstand, Einsicht etc.,
vergl. : er hat keinen Sinn dafür, sieht od.
bemerkt es niclit, hat keine Einsicht, bz. es
ist in n. bei ihm nicht hell, od. es scheint
u. sieht nicht bei ihm liinein, es ist dunkel
40 in, für u. bei ihm, er bemerkt u. erkennt
nichts etc.) wahrscheinl. zur idg. y kuk od.
skuk =: skr., zend. quc (brennen, flammen,
glänzen, hell sein n. machen, leuchten, se-
hen u. erkenne)i machen etc.) gehört, wovon
45 ze)id. guka (was als Adj. die Bedtg. : glän-
zend, leuchtend , hell u. sichtbar machend
etc. u. als S übst, die von : Erleuchtung, Er-
hellung, Licht u. Sehkraft etc., sowie [von
deren (rrdbdtg. : brennoi, flammen etc. aiis-
50 gehend] auch die von : Nadel, od. Stechendes
etc. [cf. Brennnessel, od. urtica, als mit
Stacheln beivehrtes u. so stechendes u. bren-
nendes Etwas etc.] hat, sowie ferner das
synonyme skr., ved. ^.uci u. (}ukra, sowie
55 goka, 'Was neben: Licht, Flamme etc. auch
noch die Bedtg. : Leiden, Schmerz, Beküm-
merniss etc. hat, loie desgl. auch schon eine
y cuc von Bopp etc. mit der Bedtg.: do-
lere, moerere, lugere aufgeführt wird, wobei
60 dan}i wohl anzunehmen ist, dass die Bedtg. :
HOGEN HOEGEN 96 IIOK
schmerzen etc. att^ brennen (vf. ahd. höglik, hö^lik, liogelk, hö^^elk, höcli-
eitar = nhd. Eiter von eit [ignis, rogiis] u. lieh; stol::, rontehm etc.; — hö h^A sük d'r
Weiteres unter attor) hervorging, während höggi'lk afi-r fi iwiiiidcrd, od. freid etc. ; —
die Bedt;).: Sinn od. Verstand, Einsicht In- diiukd sük so hogolk; — ht*' word mi
etc. von biiga (s. unter Loge), als wahr- 5 fuls to lui.iri;olk im sti)lt.
nehmendes Etwas wohl aus der von: hö^liklieid, liii^^plkhoid : i. q. höglicid.
flläncen, hell sein u. machen, erhellen (es liöij-lllitd. llochinuth. Stolz etc.; — hogniöd
erhellt daraus) sichtbar u. sehen machen, zu kuiml tiir de fal.
Gesicht u. zur Wahrnehmung bringen etc. liri^-inödi^, hocInniUhig.
od. aus der subst. Bedtg.: Licht, Klarheit 10 li«n:-nödi^, hochnüthig.
u. so: Erken)itniss od. Mittel, Sinn, Ver- h(»;:;-rii^d , niit einem holwn liücl'cn od.
mögen etc. um Etwas zu erkennen u. ein- einem Buckel versehen, bz. den ]\ücken hoch
zusehen (es geht ihm ein lÄcht auf ^^ es gehoben tragend etc.; — In"- is wat hogriigd :
wird ihm erllürlich, verständlich etc., er — högriigdo ptTde; — hc löpd so högrügd.
sieJit es ein etc.) hervorging, wo dann viel- 15 Iiö^slo, höclistc; Hüchstc.
leiiht aus (ilanz etc. (cf. bilde, glad etc.) liö.ijsti'i'it, x. unter sclu'innoiors.
auch die Bedtg.: Freude etc. hervorging, litt^te, liiiilfte, Höhe, Anhöhe, Erhebung,
die Ja auch das ahd. hiign fr/, böge) schon Hügel etc.; — sakkcn in de högte trekken ; —
hatte. up de liogtc fau de bargen ; — bc is up de
ho«;en, liö^en, höhen, hoch machen etc.; 20 bögte; — dat büs bed tl' luigte nog net; —
— ui)bogon, ferhogcn etc. dat steid up 'n liögte; — de liögten in 't
lio-^enjiliid, wie od. auf welche Weise ge- hwu] matten wi insen ofgrafen laten. — Nid.
)iannt od. gesagt u. geheissen, i)i aller Weise, booute; nd. bögte; mnd. bogede, bocbte;
ilurcliaus etc.; — d'r is bügenA,md gen niinsk ahd. böbida, böliitlia etc.; goth. banbitlia.
west; — d'r is hogen:und niks to sen. — 20 ho-lio, od. liö-ho, ilas redupl. ho (s. 1 bo);
Nid. boegenaanid. — bobo! so geid dat net.
hö^er, //ö/ur; — dat miit of liuger, of liiger, hoike, lioik, .s\ lieike.
en fan l)oiden ; — nn! wen 't den net ho- ho-jänen. Iio-jiippeii, vor Hunger, Lange-
ger of liiger kan, den man to, den mut 't iveile od. Schlaf rigkeit gähnen; — wat sittst
gän as "t kan. 30 du dar al to bojänen un to gajjen V wen du
liö^er-baiid , a) rechterhand, nach rechts mfij un slaprig l)üst, den gä to hedde. Da-
hin etc. ; — liügcrhand up gän ; — bogerhands von wird (od. wurde früher) der Jüngsle
dtwiken (nach rechts hin ausweichen) ; — Beisitzer eines Gerichts scherzhaft ein lio-
h) höhere od. mächtigere Hand, Gottes Hand, jän genannt. — Nd., mnd., nid., mnld. bo-
Schicksal, Obrigkeit etc.; — wat fan högei'liand 35 Janen, was ivoJil für büg-janeu (den Mund
kumd, dar mut man sük under bügen ; — Jioch u. weit aufsperren, cf. jänen u. jap-
't is hum fan bügerliand andän, a) es ist pen) steht.
Htm von höherer Hand, bz. (rott, Sehickscd liü-jäiisk. gälinisch, zum (räJmen geneigt
angethan ; — b) es ist ihm von Obrigkeit etc.; — ik word' so hojäiisk, (hvt ik gewis
wegen kund gethan , od. befohlen u. auf- 40 'n stük äten liel)ben mut.
gelegt. Iiok, s. liuk.
hö^er-uj» , Jiöher Jiinauf, weiter hinauf hok, a) Spitze (LMndspitzc, Ljundzunge),
etc.; — lie wand bügorup; — du must de Ecke, Winkel, Bichtung, Gegend etc., cf.
strate högerup gän. egge, börn, Ord etc ; — d' liök fan liOgum (die
llof:e-ti<I, Ereudeuzeit, Erntezeit etc. — 45 in die Oster-Ems hineinragende Ljundspil-r
]\lnld. (KU.) lienglie-, hogiietijd. beim frühern Logum, einer vorzeitig in dir
hu^-fälMl, hufärd, Hoffart, Stolz, Dünkel knimhörn, od. krnndiük [die Bewohner von
etc. ; — lie stinkd fan bögfärd ; -- (f. Hollen. krunibürn sagen krumhauk od. kiunibonk
— Nd. (Dähnert etc.) boogford; mnld. u. heissen daher auch krunibauksters od.
boogbvaerdye; ahd. böbfart ; 7nhd. böclitart, 50 krumbürners] belcgoten, durch die Sturm-
höfart (Stolz, Vraiht; Hoffart, Vebermuth). jhttheu verschlungenen Ortschaft) ; — de
lio^C-fiiiMli;?, liö^jferdi;?, liöfärdi^, luff'är- büken fan 't liolt d'r ofstäken ; — de wind
tig, stolz, übermüt/iig etc. — ..V(/. boogfür- woid i'it de süder buk; — dat durp ligd lui
dig; nid. boovaardig; mnld. lioogbvaerdigb, de audere bök (Seite, Gegend etc.) ben ; —
lioovaerdigb; «Af/. böbfi-rtig; w(/tr/. böcbfertic. 55 wen du de strate lik üt geistun den um de
liii^KPlk- s. büglik. hök dreist, den must du in 't darde liüs
luiglioid , /fochheit, Vornehmheit, Stolz, gän; — be steid up de bök un kikd na
hohes vornehmes .ftolzes We.^en ; — be wet für beide kanten üt; ■ — boksten (Eck.stein, cf-
bögbeid n»"'t, wo he sük tiren sal ; — he hörnHint) ; — de büken fan de strate ; — si
barst fau bögbeid. GO knind nrt in de büken un bürns (von Haus-
HOKEL 97 IIOEKER
frauen, Dienstmädchen etc., die nicht in die ken ein in ecJcern de s Wesen bezeichnet,
Ecken u. Winkel der Wohnungen kommen od. mit buken (hocken) etc. zu der tmter
ii. nicht Alles gehörig nachsehen u. reini- hok etc. erwähnten y kuc (biegen, krüm-
gen) ; — he sitt in de hok bi 't für to sla- men, ivölben etc.), loie auch Boc k mit b o-
pen ; — smit ^t in d' bök; — b) Angel, 5 cken, bücken (cf. buk, bukken etc.) u.
Thürangel, Fischangel , besonders die grosse biegen ivohl zur ]/ bhug (biegen etc.)
Schellfischangel; — hengen un büken fan gehört.
de döre; — 't es up de buken stäken. — liOker, Höker, Kleinhändler. — Nd. (Br.
Nid., mnld., hoek (angulus, hamus) ; nd. Wb., Bahn er t etc.) hükcv tLhokev (Einer,
(Br. Wb.) huuk; mnd. buk, buk (angulus); 10 der allerhand Essioaaren, besonders fette
wang. (Ehren traut, I, 370) bauk (An- Waaren, Speck etc., Salz, Getreide etc. im
gel). Wohl ztoeifcllos mit schwed. buk Kleinen verkauft); mnd. (Sch.u.L.) hake,
(Bucht); zend. (Justi) kugra (Winkel, baker (Kleinhändler mit Lebensmitteln u.
Ecke)., lit. kaukas (Beule) etc., sowie buk, dergl., als Butter, Käse, Speck, Schmier,
huke, buken u. vihd. bouc; an. baugr (Hü- 15 Seife etc.) u. boke, boken , boker (Klein-
gel), nhd. Höcker etc. zu der bereits un- händler, Krämer, penesticus); mnld. (KU.)
ter beike u. bog (s. am Schlüsse) erwähnten hoccker , huecker , hucker (caupo , propola,
y kuc (biegen, krümmen, ivölben etc., cf. institor) ; engl, buckster u. (cf. KU.) früher
auch hake, hak), wobei ich toegen des Ab- auch: lioukester (Höker, Kleinhändler) ;
lautes „k" u. „g" in diesen Wörtern auf 20 schwed. hökere ; dän. höker; tihd., bz. vid-
die Wörter bügen u. bukken verweise. artl. u. älter hochd. (cf. Grimm, Wb. IV)
Bern. Wie die Volksnamen: Hessen bocke, bocke, boke, bock, böko, höker, bocker,
u. Chatten bekanntlich identisch sind , so hucker, hecker, hockler ; mhd. hucke (Klein-
würde zu diesem bök, liuk, bauk nicht al- händler, Krämer, besonders Einer, der mit
lein formell, sondern auch begrifflich der 25 Esswaaren, als Eier, Butter, Käse u. son-
Name des fries. Volksstammes der C h a u c i stigen Esswaaren handelt) etc.
od. C h a u k e n stimmen, weil dieses Wort Wenn man die obigen Formen, nämlich
sehr gut die Bedtg.: Spitze od. Anhöhe, nd. häker u. höker, soioie neben nhd. hocker,
bz. Landspitzen- od. Landzungen- bucker auch becker u. mnd. hake u. boke
Bewohner gehabt haben kann, ivie ivir 30 vergleicht, so scheint es fast , als ob diesen
auch jetzt die Beioohner von krumhök zweierlei Stämme, nämlich hake ofi haka «.
od. kr umhörn ja auch krumhoks ter s boke od. hoka, buka, gekürzt hak u. bök
etc. (s. oben) nennen u. dann auch zu erwä- od. hok, buk zu Grunde liegen , wie denn
gen ist, dass egge (= nhd. Ecke) nicht auch im Br. Wb. häker -yon hake of?. hake
allein die Bedtg. : Spitze, Schärfe etc., son- 35 (Haken) abgeleitet ivird (als das, woran die
dem auch die von: Kante, liatid etc. u. Waaren zum Verkauf vor dem Ijaden aus-
hök ebenso icie örd auch die Bedtg. : Ge- gehängt loerden) u. andererseits hocke, höcko
gend, Landstrich etc. hat, sodass man das (cf. unter hocke im Grimm'' sehen Wb.)
WortQ\idM.Q,i nicht allein mit Landspitzen- als von nhd. hocken (cf. buken) abstam-
od. Halbinsel- Leute, sondern auch mit 40 mend angesehen u. so gedeutet loird, dass
Rand- od. Uferleute, bz. Leute, die bocke ein Etwas od. Wesen, Person etc.
eine „bauk" genannte Gegend bewohnten, bezeichnet, das etc. sich allerlei Waaren
od. überhaupt auf einem bauk sesshaft loa- aufhockt u. sie auf dem gekrümmten Bü-
ren (cf. wurthsaten , wovon der Name des cken herumträgt u. feilbietet, toie ein Tröd-
Landes Wursten), übersetzen kann. 45 ler dies thut. Vergleicht man indessen,
hokel, s. 1 häkel. dass die Höker ausschliesslich Leute sind,
höken, junge Ziege, Zicklein, Böcklein. die nicht hausirend herumgehen, son-
— Mofries. (Cad. Müller) höhken; nd. dem einen festen Stand u. blos einen klei-
höke ; mnd. hoken, buken, bz. hoyken, hou- noi Laden haben, so ist bei dem Vergleich
ken (Böcklein, od. Bock von Ziegen u. Scha- 50 der M^örter : kramer, kreraer, bz. nhd. Kr ä-
fen). Entioeder mit skr. kokdi (Wolf), kuk- mer von kram in der Bedtg. Bude od.
, kubha (Fasan), kukkuväc (Art Antilope) urspr. ivohl Zelt (cf. kram), soivie nid.
, etc. von der aus ku (sonare, od. ein unar- winkelier (Krämer od. Kleinhändler) von
i ticulirtes Getön u. Geschrei machen, schreien winke! (Winkel, Ecke, bz. Kramladen etc.,
1 etc.) durch Beduplic. u. Kürzung vou kuku 55 c/. winkcl) loohl eher anzunehmen, dass\\o\<.Q,
entstandenen y kuc (einen durchdringenden boker, höker, huke, buker in der Bedtg.
. Ton von sich geben), bz. der davon erweich- Krämer od. Kleinhändler (bz. nid.
1 ten y kug (tönen, piepen, winseln etc. , cf. winkelier) von bök ii. buk (Ecke, Winkel,
Fick, I, 49, 50), sodass dieser Name sich kleiner Verschlag, kleiner Baum, abge-
auf das Meckern bezieht u. hoken, hu- GO pferchter Stall, kleines Gelass etc., cf. buk
J. ton BoOTukaat Koolmau. "Würterbuch. II, 7
nOEKERN
98
HOLD
V. hük) weitcrgchihlet ist u. hlos eine Per-
son hezekhnet , die in einem hok (Winkel,
Ecke) od. huk (kleiner Baum etc.) Waaren
feil hält n. verkauft. Wa.-< nun aber weiter
rfrtN nd. lüikel u. nhd. mdartl. hokcl, hz. 5
mnd. hake (Kleinhändler , h:. Person, die
mit gesalzenen Waaren, als Fischen, He-
ring, Speck etc. handelt) betrifft, so ist da-
für ((/•* Ausgang wohl das mnld. (KU.)
hack (salsamcntarius , salarius) anzusetzen, 10
ivas indessoi selbst wieder mit mnld. (K i l.)
hack (ncgotiator mercis vilioris) identisch
ist u. mit hak (Gehacktes, Zerkleinertes, klei-
nes Zeug, Kleingut etc., od. Geringes) zu
hakkeil gehört, iveil dies aus haka od. haki 15
gekürzte Wort urs^ir. hlos eine Person (Et-
tcas, Wesen etc.) bezeichnete, welche hackt
od. zerkleinert n. zertheilt etc. , bz. ivelche
mit hak (mit Stücken , Brocken, Abfällen
etc., od, mit Hackfleisch, als met, hütspot 20
etc., od. überhaupt mit kleinem Zeug u. ge-
ringen, icetihlosen u. billigen Dingen, cf. 1
hak sub b) handelt.
hökern, hOkern, den Höker od. Klein-
händler machen, mit geringen Waaren han- 25
dein, in Kleinigkeiten od. kleinen Parthiccn
verkaufen etc. ; — he hökerd wat herum ; —
se hukeril dat wer iit; — lio liökerd d'r mit
herum ; — he ferhökerd sin göd.
1. hokke; /. q. heike, hoike. 30
2. liokke. Iiokk", ein (auf gerichteter) Hcmfe
von Korngarben, od. Torf etc. ; — 't kurn
etc. steid in hokken. — Nd. hokke; mnd.
hocke, hake ; 7ihd. (mdartl.) hock , hocke,
Imcke (Haufe von Getreide, Heu etc. auf 35
dem Felde). Die allgemeine Bcdtg. ist
„Haufe" (cumiilus) u. gehört es demnach
mit nhd. Höcker u. Hügel, bz. deren
Stämme liock n. liug, soioie mit hog, hok,
hük etc. u. auch huken (hocken) zur y kiic 40
(biegen, krümmen, ivölbcn, sich bogenförmig
od. rundlich gestalten etc.).
hokke-iiiolen, liokniolen , Mantel-Mühle,
Mühle mit einem Mantel, od. einer Beklei-
dung von Holz od. Bohr etc. , cf. 1 hokke 45
= iieike.
liokkeii, Getreide od. Torf etc. zum Trock-
nen in hokken od. Haufen setzen, tvobei die
Garben schräg gegen einander gestellt, die
Torfsoden aber einzeln aufeinander gelegt 50
11. geschichtet werden; — dat körn is hokk'd;
— de türf mut nödig hokk'd od. uphokk'd
worden.
hokkor, ein Jemand, der das Iiokkon thul.
hok-mulen, .s. hokkemölen. 55
1. hol, hohl; — all' wat liol is, is 6k lös
(leer), man all' wat hol is, hed ök 'n rand,
of is tan 'n wand of 'n hüll' umgiifen, as 't
holle fan 'n ei fan de Schill'; — dat hiis is
keller-hol, d. h. das Haus hat, soweit es 60
reicht, einen Keller, od. hohlen von 3Iauern
u. Gewölben umgebenen u. eingefassten
Baum ; — de appel is hol (der Apfel ist
hohl, d. h. er besteht nur aus der äusseren
Schale, die einen hohlen od. leeren Baum
umfas.-it u. um.'^chliesst ; — 'n hollon bom ;
— de grund is hol im lös (von trocknem
lockeren Erdreich, in das man bei jedem
Schritt tief einsinkt); — dat holt is hol
(concav) iitstäken; — du miist dat nog 'n
bitjo holler (concarer od. tiefer) ütschafen ;
— he sügt so holügd (liohläugig) üt; — dat
water, bz. de se steid so hol (wenn die See
stürmisch bewegt ist u. tiefe Wellenthäler
hat) ; — dat schip ligd up hol water (auf
unruhigem Wasser); — de wind weid so
hol (icic aus einer Höhle od. einer tiefen
Schlucht kommend); — he hed so 'n hollen
stimm; — dat klingd so hol, wen he siugd.
Die Bedensart: „dat geid hir hol (stürmisch,
laut, lustig) her" (z. B. bei einem Gelage
etc.) ist entlehnt von der hohlstehende n,
starkwogenden , stürmisch bewegten See. —
Kid., nd., afries., ags., ahd., mhd. hol; an.
holr. Es gehört mit 2 hol «. fcrhalen (ver-
hohlen, verborgen etc.) zu helan (cf. 2 häleu)
u. bezeichnet eine Beschaffenheit von Etwas,
was höhlenartig tief ist, tvie eine helle, bz.
dessen Itincres ganz od. theilweise durch
eine Hülle umgeben u. verdeckt ist, wie
ein hol.
2. hol, Höhhing, Vertiefung, Loch, Höhle
etc. ; — he ful in 'n hol : — hir 'n hol nn dar
'n dol ; — dat land sitt ful hollen nn dol-
len ; — 't hol fan de band od. de föt ; —
in de holen (od. hollen) fan de bargen ; —
de holen (O. L. B. png. loS), die Schor)i-
steine, od. BauchJiöhlen , Baueltlödier. —
Afries., nid., mnd., ags., ahd., an. hol (ca-
verna, sj)elunca, Höhle, Loch, Oeffnung) u.
ahd. holi; an. bolä; engl, hole {Höhlung,
Höhle, Ijoch , schlechte Wohnung etc., cf,
gat) ; mhd. hüle (Höhle). Davon: afranz.
beule (Bordell), houlier, holier (Besucher
desselben), holerie (unkeusches Wesen) u.
nfranz. hulote (Höhle eines Th irres).
holä, Halt; — holä! dat geid so net;
— holä ! fal net ; s. 1 ho.
1. hold, geneigt, zugeneigt, hold, gewogen, ,
günstig etc.; — he is mi gans net hold ; — dat i
wer (Wetter) wil uns hei net hold wesen.
— Afries. hold, houd; nid. lioud; mnld.
hold, huld, houd; mnd. holde, holt; as.,
ahd. hold; mhd. holt (geneigt, günstig, gnä-
dig, ergeben): ags. hold (dasselbe u. auch:,
a)igcnehm, lieb); an. liollr (ergeben, treu);,
golh. hnltbs (gnädig). Davon: afries. holda,
bouda (Freund, Geliebter ; Blutsfreund, Ver-
wandter); ahd. holdo; mhd. holde (Freund,
Geliebter; Dienstmann, Lehnsmann; ahd.
HOLD 99 HOLKEN
auch geü'ms) ; ahd. holdii:, »ihd. hoUe (Fremi- kan di 't net fiUon ; — hold 't miil (liaJts
diu); ahd. Holdä (eine Göttin, cf. Grimm, Maul, halt es verschlossen, schweig) ; — hold
Mi/th., 344 seq.) etc. Es gehört mit afries. ui) to singen (höre auf zu singen) ; — du
helde, hulde; nid. liulde; mnd. liulde; as. miist hum god in 't uge holden; — hold'
huldi; ahd. huldi, huldhi; mhd. hulde; mhd. 5 diu oge d'r up. — Afries. halda ; hild, hal-
holAe (Geneigtheit, Wohlwollen, Freundlich- den; tofries. (Jap ix) hiiden; satl.^ halda;
Tceit, Huld; freundliche Erlauhniss; Erge- loang. (Ehr entr aut, 1,37) 'h.()\,\n\,\i\\(ii\;
henheit, Treue); ags. hylde, hyldo (Huld, nid. houden, hield etc.; nd. holden, hellen,
wovon nhd. huldigen) etc. u. nhd. Halde holen; mnd. holden; as. haldan, held etc.;
etc. zu ahd. haldjan, heldan (neigen etc.), 10 ags. healdan, heöld etc.; engl, hold; an.
s. unter 2 hellen. halda, holt etc.; schwcd. hälla; dän. holde;
2. hold, Halt, Festigkeit, Bestand, Dauer ahd. haltan, haldan; mhd. halten, halden
etc.; — dat hed gin hold mei"; — wi mutten (halten, in Stand halten, erhalten, bewahren,
d'r mer hold an gefcn; — dat göd is to mör festhalten etc.); goth. haldan (halten, hewah-
(nütrhe), dar sitt gm hold in; — in God 15 reu, hüten, weiden). — Formell u. begrijf-
schal man sin hold hebben un söken. Com- lieh Hesse es sich leicht von skr. (Grass-
pos, iuhold (Inhalt), \)C\\o\\\. (Behalt) etc. — mann) Qardh (sich keck, kühn, stark er-
Afries. hald {in iuliald, Inhalt); nid. houd (in loeisen, hz. keck etc. u. stark sein), bz. ^ardha
in-, be-houd); »(7irf. holtj halt, bz. holdt, hold (stark etc.; Schaar, Heer, Heerde etc., cf.
(Halt, Hinterhalt, Versteck, Befestigung ; 20 herde), ^.ardlias {dasselbe u. auch Macht,
das Halten, Abhalten; der Inhalt) etc., cf. Stärke etc.), (jardhia (stark, fest) etc. ab-
holden, leiten, weil sich hieraus die Bedtgn. : stark,
holden, hollen (ik holde, helle, holl, — fest u. haltend sein, od. die Eigenschaft
du holdest, hollest, holist, — he holdod, hol- haben um zu halten u. zu schützen etc. so-
led, holld, hold etc.; — ik hnW od. [seltener] 25 ivohl, als auch die von: Heerde haben u.
hol, — du hüllst etc.; — heb od. büu hol- besitzen, Vieh halten u. weiden etc. (falls
den, od. hollen), halten, greifen, fassen, haf- pascere die urspr. Bedtg. von goth. haldan
ten, festhalten, kleben, sitzen etc.; behaltoi, ist) von selbst u. ganz imgesucht ergeben.
an sich halten; beioahren, erhalten; wofür holder, holler, beholder, Halter, Schi^'-
halten, meinen, dünken etc. ; richten etc. ; — 30 mer, Schützer, Behalter, Erhalter etc., bz.
holl' hum, anders löpd he weg; — de spiker, Einer der Etwas hält etc. — Sprichw. : de
od. nagel kan dat net holden, (halten, od. holler kumd de erste drunk to.
tragen, bz. festhalten); — dat papir wil an hold-fasl, holfast, Haltfest, d.) Mensch der
de wand net hollen (halten, festhalten, bz. fcstliält u. nicht so leicht Etwas los u. fah-
fasscn, sitzen, kleben etc. od. sitzen etc. blei- 35 reu lässt; — - 't is jo 'n holfast; — b) Eisen-
ben) ; — dat fat hold (fasst, befasst, enthält klammer, Krampe od. Haken zur Befestigung
etc.) dre anker; — dat bök hold huuderd od. zum Festhalten von Pfählen etc.; — d'r
bladen; — dat tau is fast genug, um de last mut 'n goden holfast in slän worden, de hum
to holden un to dragen; — he hold (liält hold. — Sprichw. zu ü) : he is fan kniphusen
oder trägt etc.) sük regt lik; — de stender 40 un holiast, d. h. er ist ein Geizhals.
hold (hält, trägt, stützt etc.) de b5n, bz. de hol-fast, s. holdfast.
mür; — 'n daler hold 30 stüfer; — piirde holke, hölke (Dimin. von 2 hol), kleine
od. fe holden; — he kan hum 't wol holden Höhlung od. Vertiefung, kleines Loch, kleine
\ (er kann es ihm wohl halten, ist ihm wohl Höhle, kleines Versteck etc. ; — holkes un dol-
gewachsen etc.); — he kun' sük net hollen 45 kes, od. holkes un dölkes; — he hed dar 'n
für lachen; — he hed dat geld hollen; — holke under de trapp'.
hold dl fast, dat du net fällst; — dat band 1. holkan od. ]\\i\ken, hold machen, höhlen,
wil net holden ; — dat god, od. flesk etc. hold etc. ; — he holked dat ut ; — ■ de appel is
sük net (hält sich nicht, dauert nicht aus, gans üthölked. — Nd. hölkeu ; mnd. holken ;
hat keinen Bestand, vergeht bald etc.) ; — 50 schwed. holka.
' he hold sin kinder god ; — he hold perde ; 2. holken, versteckt od. heimlich thun, ein
' — he hold sük up ; — de wind hold sük verstecktes, heimliches, hehlerisches, diebisclies
•altid in 't westen; — he hold dat in de unredlicJies V er ständniss mit Jemandem un-
höchte, of lik üt, bz. na 't Osten hen (er terhalten, sich heimlich ti. flüsternd bereden
hält, od. richtet das in die Höhe, od. gerade 55 etc. ; — • wat hei ji dar wer mit 'n ander to hol-
aus, bz. nach Osten hin); — he kan niks ken un to tolken. — Nd. (Br. W B.) hol-
bi sük holden un mut 't altid all' ütplappern ken. — Dieses Wort hängt zweifellos (cf.
wat he wet; — wat holst du d'r fan, is dat holker) mit holke (kleine Holde, kleines Ver-
rocht of net; — wen du di al links holst steck etc.) zusammen u. kann urspr. wohl
dich immer links Imltst u. wendest etc.), den 60 die Bedtg.: Versteck haben u. halten, bz. in
i
HOLKER
100
HOLT
einem VersteJc od. einer Diehshühic tvoJmen
ete. (u. so: den Hehler spielen u. machen,
Hehlerei treiben, rerstecl't it. Jicinilich thun
etc.) f/chaht haben, cf. tolkon.
Iioiker, ein Diebsliehler od. Betreiber von
unredlichen u. das l.icht scheuenden Ge-
werben etc.; — wen de holkors lui tolkcrs bi
'n audor sunt, den bröou sc not fol gOds to-
rcgt; — holkers un tolkevs (unredliches Ge-
sindel). — Xd. (Jir. WB.) holker.
hol-kibd, liolkifd, hohlwangig, od. eigent-
lich hohlkieferig, in Folge des Anxgehcns
der Zähne in den Kiefern, od. kibben.
Holland, Holland od. das Königreich der
Niederlande. Eigentlich bezieht ><ich der
Name nur auf die beiden Provinzen Nord-
u. Süd-Holland. Das Sprichwort: „nu is
Holland in nöd" ivird allgemein auf alle
Verlegenheiten (bz. wo man sich nicht zu
rathen u. zu helfen iveiss) angewendet. Den
Namen Holland betr., so soll er (cf. W.
Arnold, Wanderungen deutscher Stämme
pag. 506) aus holtland (d. i. Waldland)
entstanden sein.
Holländer, Holländer, Niederländer. —
Sprrichw.: hö gcid d'r dör, as 'n Holländer;
— de Holländers sunt kwud ßöse, schlimm,
schlau), pass' iip, wen du mit liür to dun best.
liolland>ik, holländisch. — Sprichw.: dat
geid up sin hollandsk; bold undcr, bolil bufen.
1. liollcn, s. holden.
2. liollen, holden, höhlen, hohl machen,
vertiefen etc.; — hoU' dat nog "n bitjed mi'T
iit. — Ags. holjan ; ahd. liolOn ; nid. hellen;
m)dd. holen.
Hollen, ein Icleines, armseliges Kirchdorf
im Amt Stickhausen, wovon es ]tcis-'<t: Hollen
mut nog fan höfärd undergän, sä' de päp,
as d'r al wer 'n bür mit neje holsken in de
karke kwam.
1. Iioller, s. holder.
2. holler, hohler etc.; s. 1 hol.
holloi't, Jlalt, Feierabend etc.; — m mat-
ten hollert makea. Zu holden.
hoUiglieit, Höhlung, Vertiefung, Ein-
senkxntg etc.; — d'r is so 'u bolligheid in de
miir; — iu de holliVheid fan 't land.
hol-ö^d, hohläugig; — he sügt so holugd üt.
Ii0l-l)i|»0 (Hohlpfeife), Schachtelhalm, equi-
setum ; — dur stän to fol holpipen in 't land,
as dat dat 'n godcn gruud wc^en kan.
Iiolskc ((/. /. hoU-scho, cf. hanskc), Holz-
schuh.
holster, Holfter, a) ledernes Futteral zum
Einstecken der Pistolen (pistolcn-holster) ; —
b) lederne Umhüllung der Zagstränge zum
Schutz der Pferde gegen das Wundreibeti ;
— c) Bauchhöhle, Wanst, Magen etc. ; — he
kan 't air in sin holster bargen ; — d) gros.scs
iveites Maid; — wen he sin holster apen deid,
den mut man bang worden, dat he en up-
frett; — e) (rrossmaul, Grobmaul, od. grobe,
grobmäulige unmanierliche Person; — *n hol-
ster fan 'n wif. — Nd., nid. holster (Futte-
5 ral, lleisesack, Ranzen) ; golli. hulistr (Hülle,
Decke, Schleier) ; ahd. hülst (eine Art Decke) ;
an. hulstr (Futteral) ; ags. heolstor, heolstor
(tenebrae, latebra, antrnm, caverna). 3[it
ahd. hulid, hulith (velamentum) etc. zu hüllen.
10 — Aus ahd. hülst ent>itand mit Einschicbung
eines „f" für „s" das spätere halft u. huli-
ter, bz. nhd. Holfter.
holt, Holz als Stoff od. Material; Wald;
Sarg; — 'n schap fan ekeu holt; — de köl-
15 rabi is in 'l holt schateu (der Kohlrabi ist
i)is Holz geschossen, d. h. holzig od. hart
geworden); — he is so mager as 'n slük
holt ; — he is in 't holt gän ; — nastens
worden d'r gode eken un büken in 't Be-
20 ruiner holt ferköfd, dar must du um den-
ken, dat wi d'r wat fan krigon; — he is güster
stürfen an kumd fau afend in 't holt; —
he is in 'n swart fräfen eken holt, mit sül-
fer beslagen , begrafen; — de dodehoUen
25 (Todtcn-Särge) worden iit nodholten (Noth-
hölzer, d. i. eichene Bretter von bestimm-
ter, zu den Särgen passender Länge u.
Breite) makd. — Afries., sath, nd., as.,
ags., engl., an., norw. holt; nfries. hoalt,
30 hout ; nid. hont ; ahd., mhd. holz.
Es lüird von Fick (III, 72) u. Andern
(cf. Grimm, Wh. IV, 1763) mit kslav.
klada (Balken, Block, HoU) zur ]/ hal, bz.
kal (cf. 2 hellen u. hilt), schlagen, brechen,
35 biegen etc. gestellt, indem sie annehmen,
dass holt urspjr. das im Walde geschla-
gene u. gefällte zum Brennen u. Bauen
dienende Etwas bezeichnete. Da indessen
das Wort holt möglicherweise scJion so ur-
40 (dt ist, dass es schon vor der Zeit entstand,
ehe die Menschen Werkzeuge hatten, um
Bäume zu schlagen u. zufallen, so kann
damit urspr. auch alles das hezeicltnctsein,\
loas durch Windbruch im Walde brach ti.i
45 niederstürzte , also sowohl die vom Winde
gebrochenen u. gefällten Bäume, als auch
die davon uhgehrocliencn Zweige n. lieisrr.
tvo dann das ^Vort holt ursjjr. lediglich lUc
Bedtg.: Bruch gehabt hätte, woraus sidi
50 dann leicht beim Vergleich von 1 briik die
Bedtg.: Gebüsch u. Wald (welche (an-
scheinend die älteste ist, cf. W. Arnnlil.
Wanderungen etc., pag. 506) leicht rut-
wickeln konnte (d. h. locnn Wald ivirkli<l:
55 mit wild u. nicht etwa mit walten cmi
nee ist), da bei einem Windbruch der Br ml
(od. das gestürzte Holz) sämmtlich wlh
durcheinander u. übereinander liegt. J!'
züglich des Wortes holt (dessen „t", bz. „//
GO aus älterem „d" entstand u. wovon es auci
HOLTE
101
HON
[lar nicht sicher ist, äass es mit dem so
vereinzelt stehenden Icslav. khwla üherhaupt
vcncandt ist) sei indessen noch erivähnt,
dass II. Leo es mit ags. hold (Leichnam,
od. eigentlich das die Knochen bedeckende
u. schützende Fleisch, od. die äusserliche
Hülle if. Bedeclciimi des Körpers etc., cf.
hama in lilihama [LeicJinamJ u. skr. pala
[caro ; stramoii] von y pal [servare, tiieri],
als Weiterbildung von y pa, pi [greifen,
fassen, hcdten, sichern, schlitzen etc.], hz.
pä, pi [idem u. auch: herrschen, regieren,
walten, Macht haben etc.], cf. pa [regens],
päti [rex dominus] u. pitar etc.) = au. hold
(Fleisch); norm, hold (dasselbe n. auch
Häute) zu ht'lau (celare etc., cf. 2 hälen)
stellt u. holt in der Bedtg. „Wald" als das
V er hehlende, Versteckende, bz. das
Verborgene u. Dunkle od. das Be-
deckende u. Schützende von helan
ableitet. Hält man indessen diese Bedtg.
fest, so wäre zu holt auch ved. chardis
(Schutz, Schirm etc.) zu erwägen.
holte, Höhlung, Vertiefung etc. — Nid.,
mnld. holte.
holten, hölzern, von Holz; — 'n holten
däle; -- (fig.) steif, ungelenk; — he steid
dar so holten hen ; — he lr)pd so holten.
holterig, holterg, holzig, holzfaserig etc. ;
— de kölrabi word holterg. — IStld. houterig.
holtje, Hölzchen, Stäbchen etc. Das
Sprichw.: „na sunt 't holtjes an den sunt
't smoltjes" hat im Allgemeinen die Bedtg. :
,Jetzt sind sie hart u. ungeniessbar u. nach-
her sind sie loeich u. schmelzend" u. ward
urspr., da smoltje (Diinin. von smolt, Schmalz)
nach dem Br. Wb. auch eine Art kleiner
Schmalzbirnen bezeichnet, wohl auf die erst
■unreifen u. harten u. später butter-
weichen u. schmelzenden Früchte
dieser Birnsorte bezogen, od. es tvurden die
kleinen loilden Holzbirnen im Gegensatz zu
smoltjes auch holtjes genannt. — Nid. houtje.
holt-mager, so mager it. dürr toie Holz.
— Wang. holtmoger.
holt-stek, holtvvinkel, Holzgeschäft, Holz-
handlung.
homeie, Hoheitszeichen, od. eigentlich der
äusserste mit den Landes- u. Hoheits-Zei-
chen versehene Schlag- od. Zollbaum, der
die Grenze gegen das Nachbarland ab-
vchliesst. — Nd. (Br. Wb.) hameine, ha-
raeide, homeine; mnd. (Seh. u. L.) ha-
raoide, homeide, hogemeide, hameie, homeine ;
mnld. harameye, hameyde, hammenboom (re-
pagulum, obex, vectis etc.); mhd. hamit, bz.
hamita.
homel, s. 1 hamel.
honi-ende, s. hamende.
1. hon, Huhn. Im Singular fast obs. u.
nur im Plural hüner allgemein gchräuch-
lich, lüonebcn auch honer u. honder vor-
kömmt. — Redensart, u. Sprichio.: he geid mit
de höner to rik; — kloke hüaer leggen hör
5 cier 6k wol in de netteis; — bi gebrek fan
höner nimd de bür uk mit kreien förlof; —
wen man „sjü" segd, den mend man de hö-
ner air ; — höner hebl)en man 'n lütjen kop,
se slapen hold üt; — achterna kakeln de
10 höner ; — de höner leggen dör de krop un
de kujen melken dör de hals. — Nd., mnd.
hun ; nid. hoen ; as. hun ; ahd. liuon, huan,
hon ; mhd. hiion. — Der Form nach ist es
das substantivirte Präler. eines obs. Vbms.
15 hanan (singen od. krähen) , worüber Wei-
teres unter 1 hän.
2. hon, Hohn, Spott, Schmach, Kränkung,
Verachtung etc. ; — dat is hon , wen he so
sprekd ; — schal dat hon wesen, of is dat
20 din ernst? — he hed mi hon andän ; — mit
hon up en dal kiken. — Nd., mnd. hon;
nid., mnld. hoon (frans, fallacia, probrum,
dedocns, infamia, indignatio , injuria, ira) ;
wfries. huyn , huyne ; ahd. höna (Hohn,
25 Spott). Dass es auch afries. lebte, geht aus
afries. häna, bz. höna od. hena (a. Kläger,
d. i. Gehöhnter, Gekränkter, Verletzter, Be-
schimpfter etc.; — b. Verklagter, d. i. Höh-
ner od. Schimpfer, Kränker etc., cf. 0. L. B.,
30 jJrt^. 673, hoene u. mnd. hone) u. henan
(höhnen , cf. honen) hervor , es sei denn,
dass diese Wörter Ableitungen des Subst.
höna, bz. des goth. hauns; cts. heän (niedrig,
verachtet etc.), bz. ags. heäne, hyne; (did.
35 liöni; mhd. hone, hoene (verachtet, in Nie-
drigkeit, Schmach u. Schande lebend, durch
Schmähung an der Ehre kränkend, un-
freundlich, zornig, hochfahrend, übermüthig,
böse) sind, wovon auch (od. von hönjan etc. ?,
40 cf. honen) ahd. hönida (Schmach, Schande,
Uebermuth, hochfahroides, verletzendes We-
sen) ; as. hönda (Schmach, Schimpf) ; afries.
hänethe, hende (Verletzung, Kränkung ; An-
klage loegen dessen) ; lofries. hoente (Betrug)
45 etc. Was mm ahd. höna, bz. goth. hauns
etc. betrifft, so stellt Fick (II, 327) sie
mit lett. kaunas (Schande, Schmach, Hohn;
Scham) u. kslav. kyja, kyt (uicto) zu einer
y ku (erniedrigen), die mit der für hauen
50 von ihm angesetzten y ku sehr gut iden-
tisch sein kann, da sich aus hauen, bz.
schlagen, erschlagen, verletzen, tödten etc.,
od. niederschlagen, zu Boden schlagen, fäl-
len etc. sehr leicht die Bedtg. : erniedrigen
55 etc., cds auch die von: verletzen, verwunden
etc. in der s i n n l. Bedtg. , toie im afries.
hena (cf. honen) u. (trop.) die von: krän-
ken etc. entwickeln konnte. Da indessen
toeder im Skr. noch sonst eine y ku in die-
60 sen Bedtgn. belegt ist u. auch die von
HONEN HOENEN
102
HOP
//. Leo (pag. 45G) für ags. lieüuau ange-
setzte y kun (oorrngari etc.) sich in dieser
Bedtg. weder findet, noch begrifflich son-
derlich dazu stimmt, so halte ich eher
dafür, dass die für liOua u. htt. kaunas
anzusetzende y huu od. kun entweder mit
der aus kii (souarc, gemere, bz. ein unarticu-
lirtes Geräusch mucfien u. so auch: schreien,
heulen, lärmen, toben, schelten, schmähen
etc.) erweiterten y kun (sonare) identisch
ist (cf. bei Fick, 1, 33 y kak, lachen,
wiehern, wozu er ausser lat. cachinnari etc.
auch ahd. huoh; mhd. liuoch , Hohn, S2)ott
etc., huohön; mhd. liuoheu, verspotten, ver-
lachen, verhöhnen etc. stellt, wonach liuoli ein
rräter. von einem altern Vbm. halian ist,
während kak ebenso wie kuk [cf. Fick, I,
40 seq.] aus einer redupl. Form kaka der
Schallwurzel ka, ablautend ki , ku hervor-
ging, zu denen auch unsere Interjcctionen
od. Ausrufe: ha, ho etc., redupl. haha, hihi,
hoho etc. gehören, welche Ja zum Thcil auch
Lach- od. Spott-Bufe [cf. 2 ha u. 1 ho, so-
icie halia etc. u. das onomatop.: lia-ha-ha-
ha, — hi-hi-hi-hi] sind u. woraus auch die
alten Frage- Fronomen od. Interrogativa :
ka, ki, ku = lat. qua, qui, quo, — germ.
hwa, hwi, hwu etc. zweifellos hervorgingen),
od. dass das Thema: hauna od. kauna aus
einer von ska, sku erweiterten y schau, skun
(ef. schaden etc., sowie schinden, schände,
sehenden , schund u. auch nhd. h u n z e n,
aushunzen , verhunz en zu böhm. hun-
tovati, cerhunzen etc., huntowati, schlachten,
erschlagen, tödten etc., — sowie Weiteres
unter hauen am Schlüsse, bz. die dort an-
geführten Stelloi bei Fick) hervorging.
liunen. honeii, lieiien, höhnen, verhöhnen,
spotten, lachen etc. ; — he liönde hum; — he
hfuid m\ iit. — Africs. hena (höhnen, ver-
letzen, verwunden, schädigen etc.); tvfries.
luiyiijeu; nid., mnd. honen; »(/. liüncn; ags.
hönan, hynau; ahd. liönjan, hönan, honen;
mhd. hoenen. Zu 2 hün.
liiiner, Flur, von 1 hon.
liöucr-huk. llühnerstedl.
liöuci'-iii'rs, llüliner- Arsch. Fedcnsart:
he is nJit so nesgirig as 'n höneruers (wer
sich den ansieht, versteht sie).
hönei'-i'ik, Stange, auf welcher die Hüh-
ner des Xdchts sitzen.
höiike, hdnko. Hühnchen.
liuiike-bec; /. q. lienncbi'e.
hünni;:;, Honig. Redensart. : dat is hön-
nig für hum (flg., das iM ihm etwas sehr
Angenehmes u. Liebliches) ; — dat smekd
as hOnuig (von besonders leckeren Gerich-
trn) ; — cn hönnig um de muud striken
(Jemandem schmeicheln, bz. Süssigkeitrn sa-
gen etc.). — iV'rf. honnig; mnd. hounich; nid.
houig; afries. huuig; wfries. huyuig; nfries.
höuniug, liouuiug; satl. huning; wang. hu-
nig ; as. houeg , lianeg ; ags. hunig ; engl.
honey; an. hunaug; norw. huniug; dän. hou-
5 ning; schwed. houing, hilning; ahd. honag,
houuk, honek, honang; mhd. honec, houic,
honich. — Fs ist eine ähnliche Wortbildung
wie köyig u. müsste die Grdform demnach
kau-aka sein. Fick (III, 78) vergleicht
10 den Stamm kan od. das 'Thema kana zu
skr. kauij, tvas ausser tenuis, exilis, parvus
auch die Bedtg.: granum hat u. meint, dass
honanga (Honig) eigentlich körnig od.
körniges Ftwas bedeute, während ich
15 eher glauben möchte, dass honauga mit skr.
käuaka (aurura, d. i. Glänzendes, Goldiges,
Goldgelbes, bz. ein Etwas W((s glänzt u.
blinkt, od. blank ist) identisch sei u. der
Honig ursjir. wegen seiner goldigen u.
20 goldgelben Farbe mit diesem Namen
belegt ist, bz. als glänzendes u. g ol d i-
ges Etwas aufgefasst wurde. Da indes-n'n
die y kan 7iicht allein die Bedtg.: glän-
zen, sondern auch die von: lieben, be-
25 g ehren etc. (Grassmann übersetzt sie
auch mit: befriedigt sein, freudig sein, er-
freut sein; etwas sich gef edlen lassen, Ge-
f edlen finden an Etwas, sich dessen er-
freuen; Jemandem gefallen etc.) lud, so ist
30 es auch möglich, dass der Honig von den Al-
ten als ein liebliches u. begehrcnswerthes, od.
erfreuliches u. angenehmes Etwas aufge-
fasst wurde, zumal da der Honig loegen
seines lieblichen u. süssen Geschmackes von
35 Thier u. Mensch sehr gesucht ist u. Ja ein
Land, wo 3Iilch u. Honig fliesst, für ein
besonders glückliches u. gesegnetes Land ejcdt.
Dass diese Deutungen des Wortes houauga
(d. h. entweder die von : glänzendes , goldi-
40 ges Etioas, od. die von: liebliches, süsses,
mildes, angenehmes , erfreuendes u. begeh-
rensicerthes Etwas) Jedenfedls viel zutreffen-
der sind, als die von kör ni ges Etwas, ist
doch gewiss u. dürfte dies wohl von Nic-
45 mcindem bestritten iverden.
hönni^-koke. Honigkuchen.
höiiiiij;-sot, honigsüss (auch flg.); — he
kan so höunigsot dön.
hilnsk, höhnisch; — 'u hönskcn täl; —
50 'u hfinsken kerel.
hön-sprake, hönsprjik, Hohnsprache, höh-
nische, kränkende Bede etc.; — dat is hou-
spräk fan hum etc.
lldot. ml. Name. Geschln. Hoots u. H6-
55 tiug, IliUing. Vergl. bei Förstemann i
(7()'i) die Namen: Ilotbert, Hotgilda, Hot- •
niliu, Hotrad, Hotting, Hotto , welche er zu
aud shilt. cf. itbrigens hot. j
1. h(»|t, s. hapc.
60 2. liüj), auch hopel, Beif, Bing, Band etc.
IIOP
103
HOP
von Eisen od. Holz, hz. halhirten Weiden,
die um die Fässer geschlcu/en tvcrdcn; — is-
dern of holten liopen (od. banden , ringen
etc.) um 'n fat slan ; — tlrif de hup nog
wat au, dat he faster shitt; — he hed ^u 5
hidiing hopcn od. hopels (Weideureifc , hz.
Fassreife, Tonncnhändcr) fau Holland un-
derwägs. — Nid. hoep (Fingerri)ig , lieif
ohne eingelegte Steine; Holz reif um ein-
Fass, in letzterer Bcdtg. auch hoepel) ; mnld. 10
hoep, hoepe, hoepel (orbis, circnlus, annu-
lus; chxulus sive viuciilum dolii); africs. hup
(lieif, Ba)id, hz. der das Land lüie ein
Hing umgehende, einschliessende u. schützende
Deich, der ivegen seiner Bedeutsamlceit für 15
das Land u. seiner Kostbarkeit toegen aucli
„the gcldene hüp" hiess , wofür mnd. „de
gülden wall un bandt" steht) ; nfries. (0 n t-
zen) höp (Beif, Tonnenreif) ; engl, hoop
(Beif, Bing, Bügel etc.). — Fs ist ein von 20
3 hüp verschiedenes Wort u. würde sich
leicht aus dem Bräter. hüp, hz. hob, höf,
huop etc. von haban, hapan (hahen, fassen,
halten etc., cf. hebbcn u. höf) herleiten las-
sen, tveil der Beif etc. dasjenige ist, loas 25
ein Etwas zusammenhält , bz. ein- u. nm-
fasst etc. II. ja auch 1 hafen, haft etc. da-
her stammt. Man kann nhrigens bei höp
auch an die Bedtg.: biegen, krümmen, rund-
lich gebogen sein, sich loölben etc. denken 30
(cf. ahd. pouc «. pouga, ags. bcäh [Bing
etc.] von piokan etc., cf. bugen), ivo es als-
dann mit 3 höp von derselben ]/ abzuleiten
wäre, ZU' der Fick auch nhd. Hufe stellt
u. zu welcher auch nhd. Huf (cf. höf am 35
Schlüsse) lautlich hesser stimmt cds zu skr.
gapha etc., zumal man bei Huf in der
Bedtg. Klaue auch an die Bedtg.: krüm-
men, biegen etc. denken kann, eine Bedtg.,
die anch jedenfalls dem zend. ^afa (Hörn, 40
Huf) zu Grunde liegt , was wohl jedenfalls
mit skr. cjapha zur y kap, kamp (cf. griech.
kamptö, biegen, krümmen etc.) gehört. Die-
selbe Bedtg. : krümmen, biegen, sich krüm-
mend od. rundlich u. gebogen ausweiten, od. 45
in gebogener Linie sich um Etwas herum-
ziehen etc. liegt auch ivohl dem schott. , bz.
Orkn. hope (schmale Bucht); isl. hop (re-
cessus maris) ; an. hopa (zurückweichen, bz.
ausbiegen etc.) etc. zu Grunde, eine Bedtg. 50
die anscheinend auch dem ags. höp (s. un-
ter hapen, hopen u. bei Seh. u. L. unter
1 höp) zu Grunde liegt.
3. liöp, Häuf, Haufen; loeitergebildet :
höpe, Haufe u. hüpeu, hupen, Haufen (so- 55
ivohl Sing, cds auch Flur, von höp , höpe) ;
— 't ligd all' up en höp ; — wi hebben de
budel in dre höpen deld ; — Bcdensart: he
terd fan de grote höp od. bült etc. (er zehrt
schon von dem Vermögensstock, greift schon 60
sein Vermögen an, lebt nicht mehr hlos von
den Bevenücn, ivofür wir auch die Bcdois-
art gehrauchen: he terd fau de böge böm) ;
— tu hup kamen (zusammen kommen) ; — to
höp gäfen (zusammen gehen); — to höp lö-
])Cn (zusammen laufe > t) ; — to höp stän
(zusammen stehen); — to höp neien (zu-
sammoi nähen); — to höp brengen etc.;
— de grote höp (od. höpe) wet net bäter ;
— - dar stän 'n hei höpen (ein ganzer Haufe,
eine ganze Menge etc.) rainsken bi 'n an-
der; — 'n holen höpen minsken wassen fan
dage in de stad ; — de rügen hed 'n höpen
(od. hupen) water anbrogd; — d'r is fau 't
jär 'n höpen bült (eine ganze Menge, bz.
ungemein viel) körn wussen; — he hed 'n
höpen bült kinder. — Compos. stenhöp, erd-
höp etc. etc. — Afries. häp ; lofries. heap ;
nfries. hüp ; as. höp ; ags. heäp ; engl, heap ;
nd. hoop; mnd. höp, hope, hoppe, hupe;
nid., mnld. hoop (cumnlus , accrvus , agger,
congeries, strues ; agmen, caterva, multitudo,
congregatio, globus) ; ahd. houf, häuf; mhd.
houf u. ahd. hüfo, huffo; mhd. hüfe, häuf;
an. höpr; schvied., norw. hop; dän. hob
(Haufe, 3Ienge etc.). Mit kslav. kupü; lit.
kaupas u. küpu (Haufe) ; zend. kaofa (Berg ;
Höcker des Kameeis); apers. kaufa; hzv.
köf (Berg, Erhöhung, Höcker, Buckel); osset.
kupb (Hügel) etc., sowie griech. küphos (ge-
bogen, gekrümmt etc.), küphos (Krümmung,
Bucht, Buckel) etc. etc. von einer y kup
(biegen, ivölben, krümmen, od. iirspr. ivolil
sonare, wobei sich einerseits aus To n, G e-
räusch, od. Schall machen etc. die Be-
dtg.: reden, sprechen (cf. Bopp, Gloss.
88, zweite Spcdte) etc., od. singen, klagen,
heulen, jammern etc. (cf. goth. hiufan; as.
hiovan ; ahd. hiufan, hiuban, hiupan ; ags.
heäfau, heöfan, klagen , jammern etc.), an-
dererseits aus rauschen die von: sausen,,
brausen, .stürmen, aufbrausen, zornig iver-
den, iüüthen, toben (cf. bei Bopp, pag. 88,
erste Spalte J/ kup [ii'asci], zu der er auch
unser hape, hope stellt, .sowie lat. cupio),
aufwallen, brodeln, kochen, aufkochen, sich
heftig u. stark bewegen, quellen-, hervorbre-
chen, aufsteigen , sich erheben, eine rund-
liche Erhebung bilden (cf. ahd. hiufila.
Backe, loeibliche Brust etc.); — huf; goth.
hups ; ags. hyp ; nid. hupe, Hüfte, .sich
krümmen u. xvijlben etc. u. endlich aus:
sich erheben u. auf steig en etc. auch
die von: scheinen, glänzen (cf. Bopp, obige
Stelle u. Weiteres bei Fick u. Andern) u.
noch viele andere Bedtgn. entwickelt haben,
wie z. B. die von : springen , aufspringen,
hupfen etc., da auch die Stämme hop, hup
(cf. die nachfolgenden Wörter dieses Stam-
mes) sich von dieser y herleiten.
HOP 104 HÖRE HÖR
1. liop. Dieaes Wort drüclit eine hüp- fau hopen-stük uüt so gröt im stark as de,
fende od. auf- u. niedergehende Beweijung, de dar näst steid. — Es ist wohl aus liöp
od. eigentlich wohl nur eine einmalige u. (Häuf, Haufe) u. un, b^. uud -|- stük ^m-
ziemlith rasche Bewegung ron unten nach sammengesetzt, sodass: .,fau hopen-stük'* so-
oben, bz. eine Erhebung u. eine steigende 5 viel besagt als von: Haufe u. Stück.
Bewegung, od. ein sich Erheben u. Aufsprin- hO|»pelil, liuppeln, schaulceln, bz. freq.
gen etc. aus u. ixt dies der Stamm, bz. nebst hi'ipfot, od. sich auf u. nieder bewegen, cf.
hup (aus urspr. kup, sich auf u. niederbe- liüppen.
icegen, od. aufwallen, aufsteigen etc., s. un- \io\)ye\-, od. \m\)\)c\-i)eTa, Schaukel-Pferd;
ter 2 liöji am Schlüsse) die ]/ von 2 liop, 10 — he sitt up 't huppeljierd uu ridt ua
hoppeln, huppehi, huppen etc. Dieses hop spanjeu.
lebt nur in dem Kinderliede: „hop nun perd liO|)pen, hoppen, mit Hopfen versehen, bz.
ua de nUilen to, anders niks as hafer im kochen u. würzen; — dat her is net stark
strö, hafer un strö un kaf-kaf-kaf, den lOpd genug liopd.
nun perdje in draf-draf-draf", welches Vater 15 liopperi^, liopperg ; i. q. hoppig.
u. Mutter singen , icenn sie ihr Söhnchen lioppig, a) hopfig, mit Hopfen gewürzt
auf dem Knie ausreden, bz. hüpfen lassen. etc.; — dat ber smekd net hoppig genug;
2. Iiop, auch hoppen, Hopfen; — de göd — b) locker, schwammig u. trocken wie
her wil maken, dürd hoj) un molt net ter- Hopfen, als Fehler bei Bäben, Kohlrabe,
saken , un wil he d'r 'n kroms solt in ka- 20 Moorrühoi etc., die zu stark aufgetrieben
ken, mag huni 't uog beter smaken. — Nid., sind u. zu lange gestanden hidten u. in
engl, hop; mnld., mnd. hoppe; nd. hoppen; Folge dessen inwendig im Fleisch schwam-
ahd. hopho, hopt'o; mhd. hophe, hopfo. Der mig u. saftlos geworden sind; — wen de kül-
Namc dieser Pflanze ist wie mnld. hoppe rabi erst hoppig worden is, den dögd se net
(Wicdc-Ifojjf) , bz. ahd. hoöa, hophii, hoppo; 25 mer töm äten.
7/i/tf/. hopho etc. in witu-hotlä etc. ; <(». veidi- 1. hop-sak, Hopfensack von grobem lo-
hoppa; nid. weedhoppe (dasselbe u. soviel ckern Leinen; — hopsakken sunt god to
als Waid- od. J agd-Hüpfer) von 1 hop felis.
loeitergebildet u. bezeichnet ein sich er- 2. hop-sak od. hiip-sak ? — Sprichw. :
Jlebendes, aufsteigendes, klimmen- 30 mit list brengd mau 'n ei in 'n hop-, od.
des, kletterndes Etwas, ivobei man in- hup-sak.
dessen nicht tvie bei hoppe in weedhoppe hör, Jiär, Dreck, Schlamm, Graben- od.
an ein wirkliches auf spring <tn u. hüp- Gruben-Erde etc.; — de hör up de wal snii-
fen, sondern nur an die im Stamm hop ten un afer 't land brengen lateu. — Africs.
liegende Bedtg. der Erhebung u. steigenden 35 hör, höre, horre; nd. (Br. Wb.) haar, hör,
Bewegung, bz. die Bewegung von u n- lioor; m)id. hör, har; as. horo, horu; ags.
ten nach oben hin denken darf, wie horu, horh; ahd. horo; mhd. hör (Sumpf-
diese auch un.'^crmkWm-ai) (Name des E2)heus boden, Schlamm, Schmutz, Dreck, Koth).
u. anderer Schlingpflanzen) zu Grunde liegt. hör, Ör, ihr, ihm, sie (auch possessiv),
hopel. Beif, Fassreif; s. 2 hop. 40 Dativ des Sing. u. Accus, des Sing. u. Plur.
hu|ieln, mit einem hopel od. Beif spielen, von he (er) ; — ik heb' hör (ihr, ihnen)
bz. ihn vermittelst eines Stocks (indem man segd, dat se kamen mut, bz. rautten; — ik
entweder den Beif fortwährend damit an heb' hör net frägd ; — wen ji hör mit bren-
der Hinterseite schlägt , od. den Stock in gen willen, den is, od. sunt se uns wilka-
einen vermittelst Bänder mitten drin be- 45 men ; — to hör (Ih)ien) gesegd , dat is 'n
festigten Bing steckt) ra.sch forttreiben ; — 18geu ; — dat hörd hör (das gehört ihr, od.
känid jungens, lät' w' hengän un tagen 'n ihnen, bz. dieser Person, od. diesen Per-
ander hoj)cln. — Nid. hocpclen. sonen). — Afries. hiri; icfries. her, har;
1. hoppn od. höpen, s. hapen «. 1 hop. nid. haar etc.
2. Iiopcu od. höpen, s. 2 u. 3 hop. 50 hördelko. s-. 2 hörntje.
3. ho|»en o'/. liöjion, /iÄ!(/en; ^ — he hopd 't hör-döni. Hurerei, Ehebruch etc.; — hör-
ene up 't andere ; — he höpd tosameu, wat dum drifen. — Afries. hördom ; nid. hoerdom
he man kan; — he höixl geld up geld; — etc. Zu afries. hör, s. unter höre.
de 'n geweten hcd as 'n felsken hase un de höre, hör, Hure. Sprichw.: sc stinkd
armen uu verlägene lue schind un fild, war 55 as 'n höre; — horen-seggen is half gelagen
he man kan un durd, kan sin geld un göd (gelogen); — büst du hör of def; liest du
wol hopen un fennirdern. Zu 3 höp. geld, man hed di lef; — junge hören, olde
hopen-stük od. Iiöpen-stük, Masse, In- biidosüsters ; — hören un böten spriikcn al-
hult, l'mfang etc.; — he (od. dat der) is tid fan hör ärc ; — hören un schelms sunt
mi to gröt fan hopen-stiik ; — de osse is 00 ligte fracht ; — darum gen hör goschullen.
HÖRE HÖR
105
HOEREN
wen 't kind man götl is; — de mit woten
'n hör ninitl is 'n schelm, of word en; —
de uäring wil hebbeu , mut mennig hör jüf-
fer uömon ; — he lett sük föriit betalen, as
de hören dat dön ; — dat is hören-insUig un
höreu-schergärn ; — 'n apenbaren hör is
nümmer so süm, as 'u hemelken ; — ik bün
de erste uig im ok de leste nig, dat is aller
hören tröst un feruutschüldigung ; — hören
uu defen sunt gen fründe fan de dag ; —
de sük mit hören befätd, mut geld weten ;
— de weteudlik 'n hör tröed (heirathet),
mut sük mit 'n hör ferdragen un dürd not
klagen ; — menuig hör is bilter as 'u dwatje,
wen se fiks is, achtd se up 't ditje un datje.
— Nd. hoor; mnd. höre, horre; 7ihl. hoer;
mnld. hoere; ags., acngl. höre; engl, whore;
an. höra ; noriv., schwed. hora ; dün. höre ;
alid. huorrä , huarra , huora, ; mhd. huore.
Mit afries., an. hör; alid. huor, huar, hör
(aasserehelicher Beischlaf, Ehehruch, Un-
zucht, Hurerei); gotth. hörs; an. hörr ; isl.
hör (Hurer, Ehebrecher, Buhler) ivohl ent-
standen aus dem Präter. hör, huor eines
verlornen Vbms. haran, ivas möglicherweise
die Bedtg. : fliessen , strömen , giessen , od.
FlüssigJceit ausgiessen it. ausströmen, pissen
etc. hatte u. auch das Stammvhm. von nhd.
Harn (aus harana, harna?) war, tvohei den
huor sich zunächst auf das Ergiessen, hz.
den schon geschehenen Erguss, od. Ausfluss
des männl. Samens (daher huor, hör sowohl
Hure r als E r guss- Per so n etc. , als
auch Unzucht etc., als Erguss-Sache,
loobei man auch zugleich noch an Sodomi-
terei denken könnte) bezogen haben inüsste,
ganz wie auch griech. moichös (Ehebrecher)
mit mingere (cf. migen) zur ]/ mih gehört
u. auf der Bedtg. : semen eiFundere beruht.
Man kann aber auch (cf. dieserhalb 1 här,
hase, 1 bar, boren ic. nhd. Beere = ahd.
peri etc., goth. basi von y bhaksh) davon
ausgehen, dass entweder ein älteres Vbm.
hasan in haran , od. ein davon stammendes
Präter. hos, huos in hör etc. überging, wel-
ches Vbm. urspr. die Bedtg. : reiben, scha-
ben , kratzen , stechen , jucken etc. hatte u.
mit 1 här etc., sowie vielleicht auch mit
ahd. hasan (politus) hasanön (polire) zu der-
selben y kas gehörte, wozu Fick (cf. 1,49)
auch griech. kässa (für kas-ja) , kasälbe,
, kasaüra , kasöris (Hure) ; skr. kacchura
(krätzig, unkeusch) etc. stellt, während er
: dagegen goth. hörs ; ahd. huora etc. zu lat.
cärus u. skr. cäru (lieb, lieblich, angenehm
etc.) etc. vergleicht u, dafür, bz. für lit.
kahrs (lecker, lüstern) , kahre (Leckerheit
etc.) , kahriba (Begierde , Gelüste) ; kslav.
kurüva (Hure) ein Thema käru (lüstern;
Subst. Hurer) aufstellt u. dies (cf. II, 314
seq.) von einer y kä (suchen, begehren) ab-
leitet, ivelche er I, 34 unter ka (cf. skr.
kam, kan u. can) aufführt u. wonach denn
goth. hörs urspr. einen begehrlichen, lüster-
5 neu Menschen bezeichnet u. afries. hör; ahd.
huor etc. die Bedtg. Lüsternheit etc. gehabt
haben müsste. Da mm aber ahd. huora
(Hure) jedenfalls mit huorön (huren) von
huor (Unzucht, Buhlerei etc.) weitergebildet
10 ist u. demnach mit kslav. kurüva nicht ein
u. dasselbe Wort sein kann, ferner auch
hör, huor (cf. log, fogen, fögen etc.) seiner
Form nach ein Präter. von einem Wort
haran od. hasan ist, so halte ich es für
15 wahrscheinlicher, dass es nicht mit kära, bz.
der y kä verwandt ist, sondern ebenso tcie
1 här u. griech. kassa etc. (s. oben) zur y
kas (kratzen, jucken etc.) gehört.
1. hören od. hrtren, huren; — he hörd
20 aferal herum ; — hören un snören. — Afries.
höra; nd. hören; nid. hoeren ; a/uZ. huorön,
huarön; mhd. huoren etc. Zu afries. hör;
ahd. huor (Unzucht, Hurerei etc.), s. unter
höre.
25 2. hören, s. hörn.
3. hören, s. hörnen.
liören, hören; a) den Sinn des Gehörs
haben, einen Laut (Schall, Ton, Buf etc.)
vernehmen , bz. mit dem Ohr aufnehmen,
30 auffangen, auffassen etc. , indem die Schall-
toellen das Trommelfell treffen u. in Schwin-
gungen versetzen, die sich iveiter nach dem
Gehirn fortpflanzen u. diesem Kunde geben ;
— he is döf, he kan net hören ; — he hed
35 hum ropen od. singen hören, bz. hörd; —
he hörd 't donnern (er hört es donnern,
vernimmt, dass es donnert etc.); — ik heb'
hörd (vernommen), dat du fröger 'u net wast
un uu schind 't, as of du fan 'n net 'n et
40 worden büst ; — nu hörd insen , wo he fan
sük präld; — hörst du 't dat 't sleid; —
Sprichw.: de net hören (hören, gehorchen
etc.) wil, de mut fölen ; — de fader un mo-
der net hörd, mut 't kalfsfel hören; — b)
45 gehören, angehören, eigen sein, zukommen,
gebühren, passen ; zu Hause gehören, wohn-
haft u. sesshaft sein etc. ; — dat hüs hörd mi ;
— dar mag hum wol de darde del fan hö-
ren; — dat hörd hum half mit an od. to;
50 — wat dl d'r fan hörd (eigen ist, zukömmt,
gebührt etc.), dat schast du ök hebbeu; —
he hörd to min familie ; — dat hörd (ge-
bührt, passt, .schickt) sük net, dat du aferal
de handje-förmeier bist; — dat hörd sük
55 net för junge lue, dat se sük aferal in de
förgrund stellen; — du hörst in de ach-
terste bank; — du hörst hir net hen ; —
he hörd in Emden to hüs ; — dat hörd un-
der sin bewind etc. — Afries. hera, höra
60 (rect. hörja) ; satl. hera ; wfries. hcarren ;
HOEREN 106 HÖRN HÖREN
nd. hörcu; »uuJ. hören; nid. lioorcn ; as. rc», vernehmen, merken etc.) zu einer aus
hörjau, hörcan, liürreou; ags. hyraii, lu'-ran; skii, skav durch Aphäresis entstandenen y
hierau ; ciifil. liear; «». heyra; tionc. liüyra; kii, kav gehört, die möglicherweise ebenso-
schiced. böra; dän. höre: ahd. hürran, liür- wohl unserm hüs als liiul ii. schiide, schau,
reu, hörau, hören ; amhd., amd. hören; mhd. 5 schauen, sdiiir etc., sowie lat. caveo etc.
hoereu; goth. liausjan, hausjon. — Es ist etc. (cf. Fick, II, Gl n. 271 u. 1,213) zu
von einem Stamtn liaus mit jau weitergehil- Grunde liegt u. looriiber unter hüs, hüd,
det, der formell mit an. haus (Schädel, d. i. scliau, schür etc. etc. das Weitere zu ver-
Gehäusc, Behidter, Gefäss , bz. fassendes, gleichen ist.
haltendes od. umfassendes u. umschliessen- 10 lioreii-buk (llurcnhock) , Hurcr, Person,
des iYiffl.v), Ictt. käuss (Napf, Schale) etc. die viel huret: — du bist 'n regton horen-
stimmt, welche Wörter von Fick (cf. I, buk (auch als Schimpfwort).
51 V. III, 79 etc. etc.) nebst skr. ko^a, liorcn-kiiid, Hurenkind, Bastard.
kosba (Behälter etc.) n. hüs (Haus), sowie lioren-kram, Hurenkram, Hurenwirth-
lat. curia zu einer y kus gestellt sind, die 15 schaß etc.
tcohl mit skr. kus, kubh (amplecti) identisch lioi'erder, Hurcr, Buhler.
ist u. da nun der Stamm haus, bz. dessen horero. Hurerei, Buhlerci etc.
Thema hausa von hausjan urspr. vielleicht horereii , huren, die Hurenhäuser besu-
den Sinn des Gehörs od. blos das Ohr (als chen, das Hurenhandwerk treiben etc.
das, was die Schallwellen , od. den Schall 20 lioi'erster, Hurcr in, Buhlerin.
aufnimmt n. auß'asst, od. in sich aufnimmt liril'-hüs. Hurenhaus. Sprichw.: de d'r
u. beschliesst etc.) bezeichnete , so wäre es cn l'öt in 't hörhüs sottd, scttd de andere
sehr leicht möglich, dass hausa als hörender in 't gasthüs (Armenhaus).
od. vernehmender Sinn, od. als Ohr von liörig, gehörig, liörsdui, gehorsam, hörig,
Hause aus mit an. hauss (Schädel, Hirn- 25 gehörig; hörsam, leicht zu hören ti. zu ver-
schale, od. Gefäss, Behälter) identisch ist nehmen.
u. überhaupt nur ein Etivas bezeichnete, liOr-klnd; i. q. horenkind.
tcas den Schall aufnimmt u. (sei es als Ge- lioi'ii, hören, Hörn; — sin horns ütstekeu ;
hör, bz. Gehör- Organ u. den Ton auffas- — Me sett hum de hörns in de sid (auch
Sender, vernehmender u. auffangender Sinn ^0 fig. im Sinn von: ihn stacheln ti. antreiben,
od. als Ohr) .'somit tirspr. blos ein Gefäss, od. auch im Simi von: ihm scharf entge-
eine Schale, od. einen Behälter (gleichviel gentreten etc.); — de bull' nimd iium up
ob schalenförmig, rundlich hohl, od. tricli- de hörns; — en liörns upsotten (auch ßg.) ;
terförmig tiefj bezeichnet hat u. somit hören — man mut not to fOl up de hörns nemou ;
von Hause aus soviel bedeutet als Gefäss od. 35 — hö mut sin hörns nog erst wat oflopeu,
Ohr haben, bz. das fassende u. aufneh- ör lie mak word; — hö hlasd od. stödt iu
mende Organ besitzen, was hören od. auf- 't liorn. — Nd., nid. lioorn, hören; afries.,
nehmen macht. Vergleicht man übrijCns as., ags., an., dän., schwcd. hörn: afries.
gotli. auso, ahd. öv'd etc. (Ohr; Oehr; Ilen- auch hoorn; ivfrics.hoarn; wang. liön ; satl.
kel, Griff etc.) als mit lat. audire ; kslao. 40 liöden ; helg. lu'irn; nfries. hörn; ahd. horu,
umö (Sinn, Verstand); skr. avi (achtend, horiu, lioren ; ?«/*(/. horu ; goth. ]nmn\ (meist
beachtend, sehend, merkend, hörend etc., bz. gekrümmte, spitze Hervorragung od. Aus-
beachten, bemerken, hören etc.) etc. zur y wuchs von harter Masse am Kopfe vieler
av (sich sättigen, erfreuen, gern haben; he- Thiere; harte hornartige Masse od. Bil-
achten , aufmerken, merken u. hören auf 45 düng; vorragende Spitze, Land- od. Berg-
Etwas; begünstigen, helfen) gehörend u. spitze, Promontorium; Mondsichel, krum-
aus avas, od. avis hervorgegangen (die aus mes Blasinstrument etc.). Mit lat. cornu;
u od. ü entstandene y av hatte übrigens ir., kgmr. corn ; cambr. qorn; galat.V^ktnoxi
von Hause aus die Bedtg.: bewegen [sich, (Hörn), sowie griech. keras (Hörn); zend.
od. ein Anderes], die aus der Bedtg. : sich 50 (;rva (Nagel, Hörn) ; npers. rurnü (dasselbe)
betcegen vor, gehen u. kommen zu, erreichen, wahrscheinlich zur y rar, (,Mr (rumpcre, di-
erlangen etc., die von: greifen, fassen, neh- v\.\m\)Cve,([\\^T'm<iQvc, bz. verletzen, verwunden,
men, vernehmen, merken, sehen, hören etc., niedermachen, zerbrechen etc.), zu welcher
sowie die von: zu sich nehmen, essen, trin- auch tvohl skr. ^ara, garu (Waffe, Pfed,
ken, sich sättigen etc.; greifen nach Etwas, 55 Donnerkeil), (;aravya (Pfeil), ^aräru (Zer-
verlangen, begehren, gern haben, lieben etc., störer, Verderber); griech. keraunös (Don-
sotvie weiter auch die von: halten, tragen, nerkril) etc. gehören ti. wonach denn das
schützen, fördern etc. entwickelte) , .so kann Wort Hörn ttrspr. ivohl als ein vcr-
man auch annehmen, dass der Stamm hnus, letzendes, verivundcndes Etwas, bz.
bz. hausjan (hören) mit griech. a-koiiö (hö- 60 als eine spitze, scharfe, stechende Stossioaffe
HOERN
107
HOERST HORST
der Thiere zum Niedermachen u. Vernich-
ten des Gegners aufgefas^t ist.
hörn, Spitze, Ecke, Winkel, Landspitze,
Promontorium; Strecke, Bichtung, Gegend
etc. ; — de liürns fan de tafel ; — sett dl
in de hörn ; — he wand in de hörn fan de
dii<; — in de hörn fan 't für (Herdecke) ;
— 't hus ligt in de westerhörn ; — wen wi
nog 'n hörn (Strecke, hz. Ausweitung in
den Baum hinaus) wider gän , den kamen
wi bi dat andere hiis tohanden; — he wand
in de krumhöru (cf. krumhuk unter hök); —
he snidt hiim d'r 'n dügtigcn hörn (Ecke, hz.
Stück) of. ; — Afries. herne, hörne ; lofries.
(Jap) ix) herne harn; vfries. heern, hürn,
hjaarn, jaan; %cang. hen (statt liern); nid.
hörn; mnJd. hören; nd. hörn; mnd. horue;
ags. hyrne; an., nono. hyrna; dän. hjörne;
schwed. hörn. — Dies Wort ist entweder
von Hause aus identisch mit, od. ei)ie Ab-
lautform von hörn, tcie dies aus an. hyrndhr
(gehörnt) hervorgeht. Vergl. indessen franz.
carne (Winkel, Ecke); afrans. carne (Thür-
angel = uns. hök) u. mnld. hören (anguhis),
lüas Diez (II, 238) von cardo ableitet, wo-
bei indessen auch ivieder zu erwägen ist,
ob dies afranz. Wort nicht mit galat. kär-
non (Hörn, bz. Spitze etc., cf. unter hörn)
zusammenhängt u. mit cardo formell nichts
gemein hat.
liörn-llaser , Hornbläser ; hier bis vor
Kurzem Name der Nachtwächter , weil sie
ein grosses gekrümmtes messingenes Hörn
trugen, auf zvelchem sie durch einen Stoss,
od. mehrmalige Stösse in dasselbe die Stun-
denzahl laut verkündeten; — 't is tid to
bedde! de hörnblaser kumd.
hoi'ud od. hörend, gehörnt, mit einem
Hörn od. mit Hörnern, bz. Spitzen etc. ver-
sehen ; — dat der is nich hörnd ; — hörnde
dinger etc. — cf. ahd. hornaht, horuoht (cor-
nutus) M. hörnen (Hörn, od. Hörner haben;
mit Hörnern versehen sein etc.).
hörnen, hören , von Hörn, hörnern etc. ;
— 'n hören kwildop; — 'n hören spitse etc.
hörnetje, hörntje, hördelke, Homiss. —
Nd. hörnt, hornke, hork, hormk, holmk;
mnd. hörnte, hornente, hörnetje; nid. hor-
zel ; mnld. hörnte, horusel, horsel ; ags. hyr-
net; engl, hörnet; ahd. hornuz, liornoz, hor-
naz; mhd. hornuz, horniz, huruiz, hurnuz,
harniz, harnliz. Da das ahd. horno-bero
neben Hör nträg er auch die Bedtg. cra-
bro od. Homiss hat, so loird hörnet od.
hornuz etc. auch oft von hörn abgeleitet u.
Hörn i s s als ein gehörntes Wesen ge-
deutet, icegen der starken, hornähnlichen
Fühler od. Fresszangen. Möglicherweise
indessen hängt dieses Wort nicht mit hörn,
sondern mit ahd. hären, heren (clamare), od.
besser noch mit tinserm luirren, hurreln (sur-
ren, sumsen, sausen, rauschen etc.) zusam-
men, wie Bremse mit brimmau (cf. brum-
men) u. Hummel mit Jiummen (sumsen).
5 hörn-llint, Eckstein. Fig. od. iron. ein
alter Vcnvandter des Hauses, der schon
Jahre lang den warmen Eckplatz, bz. den
Ehrenplatz in der Ecke des Herdes inne
hat u. denselben unbeweglich beJuuqjict, ohne
10 denselben einem Andern zu überlassen u.
abzutreten.
hörn-loper, Gratsparren, od. Walmspar-
ren, bz. das Sparrholz (jüffer), welches am
Schciinendach das schräge Hinterende drei-
15 eckförmig abschlicsst u. den Winkel des
„spers" bildet.
hörn - schef , schief eckig , schief winklich,
kein richtiges Quadrat od. Viereck bildend;
— dat hüs is hörnschef böed ; — de disk is
20 wat hörnschef.
liörn-schun, schiefeckig etc. ; auch übereck,
diagoncd; — hörnschün afer de disk.
liörn-tand, Eckzahn.
hörntje (Dimin. conlwvn), kleine Ecke etc.
25 liörntje, hörnte (Dimin. von hörn), Hörn-
chen, Hörnchen, kleines halbmondförmiges
Gebäck od. Weissbrödchen, kleines Hörn etc.
liörntje, s. hörnetje.
hors, s. ros.
30 hörsk, hurisch, hurerisch; — 'n hörsken
kerel.
hörst, hörst, höst, Horst; a) Gebüsch,
Gestrüpp etc. ; — b) eine (früher ivohl mit
Gebüsch etc. bewachsene) sandige Anhöhe,
35 bz. ein hochgelegenes Stück Grünland, z. B.
bei Norden etc. ; — dat ligd up de hörst ; —
he wand up de hörst; — de köjen weiden
up de hörst. — Dcüier die Ortsnamen : Sand-
hörst, Horsten etc. etc. — Nd. (D ä h n e r t)
40 hörst (ein buschigtes Stück Land mit Mo-
rast umgeben, ein erhöhter Ort im Walde) ;
mnd. hörst, hurst, host (niedriges Gestrüpp ;
Kriippielbusch; das zu einem Busch zusam-
mengeioachsene Gras an der Seite eines
45 Sumpfes; ein wilder tvüster Ort, Bruch,
Bruchland, bz. mit Gestrüpp etc. bewachse-
nes Land) ; nd.-hess. (Vilmar) host (Staude,
Stengel); nd.-götting. (Schamb ach) host
(Busch, Büschel; Gebüsch, Gehölz; eine he-
50 loachsene kleine Erhöhung im Sumpfe; Trupp,
Haufe); ahd., mhd. hurst, hörst (Gebüsch,
Gesträuch, Busch); ags. (H. Leo, 505, 10)
hyrst ; engl, hurst (Wäldchen, bewachsener
Hügel) ; Schweiz, hurst (Strauch), hürst (Ge-
55 büsch, Dickicht). Es ist ivohl (cf. z. B.
bariien = branneu , sowie ahd. hros, ros,
ors ; as. hros, hors ; ags. hors = nhd. Boss
etc.) zweifellos identisch mit an., isl. hriöstr
(aspretum, glabretum, bz. eine unebene, un-
60 fruchtbare, ivilde Stätte) , tvomit auch viel-
I
nORWAL HARWAL
108
HOT
leicht der Name des fries. Gaues Rüst rin-
gen od. Hr inst r i (cf. E h r e n trän t, TI,
26S in der Note) cusamvienJiäntjt. Die (rrd-
hedtg. des Wortes hurst od. hriust , liriost,
liriöst betr., so tvird (cf. w;ild von wild) da-
mit nrs2)r. wohl nnr eine n-ildc, iviiste, nn-
fruchtbare, bs. nncnltivirte, blos mit Gcstrilpp
beicachscnc Gegend bezeichnet sein, wobei
man selbstredend soivohl an ein hartes u.
trockncs, dürres, n)ifrnchtbares etc., als auch
an ein rauhes, loi'des, wüstes, unebenes, zer-
klüftetes Erdreich denken kann u. da nun
sowohl für luirst als für liriust, bz. die
Verba: luirsan od. hriusan eine ^ hurs, 0(/.
lirus angesetzt werden muss , so stelle ich
borst etc. zu der von Fick I, 53 aufge-
stellten y krus (rauh, hart sein; stosscn,
stechen) u. verweise wegen hyrst aucJi noch
auf das von L. Ettmüller, pag. 50 i da-
für aufgestellte lircostan, sowie xcciter da-
selbst n»/ lireösiiu, sowie pag. 473 auf hyrst-
stau (friuere) unter gleichzeitiger Verweisung
auf IL Leo (cf. pag. 3G'J seq.) hreösan u.
(pag. 5'J5j hyrst u. hyrstau od. hyrstan.
liorwal, liiirwal, Drcckwcdl (cf lior), od.
die zu einem Wall aufgeschichtete schlam-
mige Erde, welche beim Reinigoi eines Gra-
bens etc. auf die Kante desselben geworfen
u. später über das Land gebracht wird, weil
dieselbe in der Regel einen guten Dünger
abgiebt; — de liorwal mut rrst dürfresen uii
förjürs afer 't Jand brogd worden.
hospes. Wirth, Hauswirth. Dieses lat.
Wort (wovon Hospiz, Hospital u. auch
S2)ital = nd. spittel) ist hier i)i den nie-
dern Volkskreisen sehr gebräuchlich u. wird
nur von einem Hauswirth, nie aber von
einem öffentlichen Gastwirth gebraucld; —
min hospes is not to liiis; — wen mm lios-
pes 't man lidon wil, den etc. ~ Mit kslav.
go&podi (Herr) aus idg. ghas-puti (d. i.
Speise- od. Brod-Herr) von y ghas, essen,
cf. gast u. pati = goth. fadi, Herr, cf.
fader.
liöst, Husten; — de höst kwäld nii so;
— bi junge lue dürd de höst not lauger as
8 dage sitten. — Nd. hoost; mnd. liöste;
nid. lioest; satl. host; wang. host; ags. hvüsta;
engl, (mdartl.) wlioost; Schweiz, wustou ; an.
hösti; schwed. hosta; dän. hosten; ahd. lux-
osto, huasto; mhd. huoste. Mit (Fick, 1,
49) lit. kosu, kosti (Husten) ; lett. käset (Ha-
sten); kslav. kasili (Husten); skr. käsa (das-
selbe) zu käs, käsati (husten), welches icahr-
scheinlich aus der Schall- od. lautmalenden
y ku (cf. skr. ku, tönen, seufzen) -4_ as
(sein) zusammengesetzt u. zu käs contrahirl
ist, sodass käs urspr. soviel heisst als „laut
sein". Möglich ist es indessen auch, dass
die Schallwurzel iai, kva blos durch „s" wei-
tergebildet ist u. sonach käs für kvas steht,
wozu die germ. u. sonst. Formen (cf. z. B.
bei Fick, II, 74 kvaso, Korb zu kslav.
kosi, kosa u. dass das formell u. begrifflich
5 auch ivohl mit ku, kva, kvas als onomat.
Wurzeln verwandte griech. koäx, lat. coaxo,
qua.xo, quacken) Jedenfalls besser stimmen.
I)ass skr. käs aus einer Schcülwurzel her-
vorging, bz. ein 2'on-malendes Wort ist, da-
10 für spricht auch zend. tut; (husten), lat. tus-
sis etc., icas Fick (I, V5) zu skr. tus, to-
sati {tönen) stellt.
Iiösten, husten; — he hostd un kuücht
altid.
15 liüster-kökje, ein kleiner Kuchen, bz. ein
Bonbon zur Stillung des Hustens.
hot? — Vergl. die Redensart: ene fau
jo niut hot holden (einer von Euch muss
Sta)id hallen, bz. still stehen, bleiben, zur
20 Stelle bleiben, darf sich nicht entfernen etc.)
uu to hüs blifen ; — de mut man wol hot
holden (dem muss man wohl Stand halten) ;
— he wil nich hot holden (er will nicht
Stand halten, bz. Glicht herhalten, sich nicht
25 ruhig verhalten etc.) , dat ik hum 't d'r üt
iiämeii kan. — Desgl. ferner die Alliteration
,.hot un pot" in der Redensart: 't is all' en
iiot un en pot, welche meist im wegwerfen-
den. Tone von Menschen gleichen Schlages
30 gebraucht icird u. soviel besagt, dass der
Eine ebensogut, od. ehensoschlecht wie der
Ändere. — Was nun das letztere hot in
der Zusammenstellung mit pot (Topf , Ge-
fäss etc.) betrifft, so kann es wohl mit dem
35 deutschen hotte, hutto (Gefäss, ^velches man
auf dem Rücken trägt , bz. hölzernes Ge-
fäss, Butte, hölzerner Tragkorb etc.); mnld.
hoiiQ; franz. hotte (corbis dossuaria) ; nhd.
hotze (Wiege) etc. identisch sein, doch ist
40 es auch möglich, dass es blos die Bedtg. :
Masse, dicke Masse, Niederschlag, Satz,
Bodensatz etc., od. Mischmasch, Gemenge,
(rcinüse etc. (cf. z. B. 't is all' en hütspot,
od. en pot-nat etc., bz. engl, hotch-potch, od.
45 hodge-podge) Jiat u. mit nid. hot ; nd., mnd.
liotte (grronnene Milch, käsigter Thcil der
Milch etc.) eins ist, was wohl ebenso loie
nd.-hess. hotte in „Schwing- Hotten^' (wol-
lige od. flockige Flachsabfälle) mit hottcüi
50 (schwi)igen, hin u. her bewegen, schaukeln
etc., cf. liotjen) zusammenhängt. — Das erste
hot indessen betr., so vergl. unter hetje das
an. hätta (Schicht od. Pause machen, die
Arbeit einstellen n. Stillstand derselben cin-
55 treten lassen. Halt machen etc.), weil in hot
auch die Bedtg. des Haltens loo, bz. des
Stillstehens loo, od. des Verweilens
u. Bleibens etc. liegt , wobei ich wegen
bot aus hat a)i unser of aus af (ab) erin-
60 nere. Vergleicht man übrigens das mit an.
HOETELE
109
HOTJE HUTJE
hätta (einrichten, bestellen; Schicht machen
etc.) connexc hättr (Art, Weise, Beschaffen-
heit, Character etc.), so könnte auch das
zweite hot in liot un pot als Bezeichnung
von Menschen eines Sclilages , hz. gleicher
Art u. gleichen CJtaraJders etc. tool gleicli-
falls hiemit identisch u. nur ivegen des Reims,
bz. tvegen der Alliteration mit pot zusam-
mengestellt sein.
liötele , a) geringe werthlose Kleinigkeit,
Weniges etc. ; — gif ini 'n hötele faii ; —
b) Lumperei, faide schlechte Geschichte,
Pfuscherei etc.; — mit de höteleen must du
nii fan de hals blifen ; — mit sükke liöte-
leeu brnkst du mi nOt kamen; — wat liest
du mi dar nu wer för höteleen mäkd ; —
't is altid so 'n hötele (Pfuscherei, od.
schlechte faule verworrene Wirthschaft, Trö-
delwirtschaft etc.) bi hum west uu he is
iiüit wider kamen. — Es ist 7vahrscheinl.
dasselbe Wort ivie nJul. Hudelei, cf. hö-
telkräm u. das folgende :
liötelen, höteln, sich ohne Erfolg u. nutz-
los mit kleinlichen od. lumpigen Sachen be-
schäftigen, seine Zeit mit Lumpereien ver-
bringen, trödeln, niedere, schlechte u. pfu-
scherhafte Arbeit machen, Sachen verpfu-
schen u. verderben, sich venoickeln u. ver-
loirren in Etwas etc. ; — he deid niks as
höteln un krigt sin läfend nilcs toregt; —
he liötold d'r wat mit herum un kumd d'r
niks mit wider; — wat liest du dar nu wer
toregt höteld ? — he höteld un dröteld net
so laiik, bit dat d; tid hen is; — ■ de budel
is ferhöteld; — he höteld sük d'r in fast.
— Nid. hoetelen (pfuschen, hudeln); vinld.
hoetelen (inartificialiter sc gerere, ignaviter
aliquid agere; frivola agere, sordida agere;
— cauponari, ox rebus vilissimis quaestum
captare) ; mfläm. hoetelen (belistrer, fatrouil-
1er, faire quelque chose leutemant, comme
'n ayant point de hafte; — faire profit et
gaigncr de chosos viles et de petit pris).
Bezüglich dieses anscheinend von einan
Vbm. : hoetcn stammenden Frequentcdivums
ist ma)i allerdings nicht sicher, ob der Stamm
hol, hoet bei dem betr. Vocal- Wechsel n.
dem zvecJiselnden Auslaut t, d, dh, th in
den nd., fries. Wörtern (cf. hOd , höden,
bögen, hören etc., sowie baut, geten etc.) mit
hud in nhd. hudeln identiscJt u. demnach
höteln od. nid. hoetelen loirklich dasselbe
Wort wie lind ein ist, od. einem nhd. hu-
zeln entspyriclit. Vergleicht man indessen
H u del u. hudeln im G r i m m ' sehen
Wb., sowie die zu hoetelen gehörenden mnld.
Wörter : hoeteler (homo iners, operarius iners,
ineptus in arte quam exercet; homo nihili,
inanis sordidus, levis, nequam, scurra; —
caupo sordidus), hoetelwerk, hoetelrije (opus
frivolum, frivola, ineptiae, turpis quaestus,
sordidum hierum) etc. so scJieint es zweifel-
los, dass der Stamm hoetel von hoetelen mit
nhd. Hu del u. mJid. huder in huder-wat
5 (Liimpenkleid od. zerlumptes Kleid) %oirk-
lich identisch ist u. demnach auch hoetel
urspr. die Bedtg. : Lumpe , Fetzen , Lappe
etc. hatte. Da nu)i aber huder zweifellos
wieder mit hader, bz. ahd. liadarä; mhd.
10 hader, hadel (Lumpen, Lappen; später auch
Streit = nhd. Hader) verwandt u. des-
selben Ursprungs ist, so muss mhd. huder
ivohl für huoder stehen und diese Form
aus älterem hadar in ähnlicher Weise her-
15 vorgegangen sein, toie ahd. muotar 2i. unser
moder, nid. moeder aus älterm. matar od.
mätar. Vergleicht man nwn -weiter, dass
Fick (III, 61) ags. headhor (receptaculum),
goth. hetlijö (Kammer) mit cüid. huota u.
20 )nhd. hüeten (cf. hud, höden) zu einer germ.
y hath (bergen) = skr. cat (bergen, ver-
stecken, bz. bedecken, verhüllen etc.) stellt,
so ist auch mhd. huder, nJid. Hu del u.
hudeln mit ahd. hadarä gleichfcdls zu skr.
25 kantha (Flicken- od. Lappenkleid), lat. cento
(ivas aus cdlerlei Flicken u. Lappen zu-
sammengesetzt ist, Flickwerk, Lumpenwerk
etc.) ; griech. kentrön (dasselbe) zu stellen
u. kann das mit mnld. hoeteler identische
30 mnd. huteler demnach auch nicht mit nhd.
h ü t e n verioandt sein, ivozu Dr. L übbe n
(cf. huteler bei Seh. u. L.) es anscheinend
stellt. Denn dass diese beiden Wörter wirk-
lich identisch sind, geht schon daraus her-
35 vor, dass beide auch durch soeteler, bz. su-
teler (Sudler) erklärt tverden u. dass sie
mit nhd. hüten, bz. unserm höden unver-
wandt sind, sowie daraus, dass sie bei einer
Ableitung von höden, bz. ahd. liuotan, mnld.
40 hoeden dann gerade umgekehrt im nd. hu-
deln «. im nhd. hutein lauten müssten.
höteike, höttelke, kleiner Lappen um
einen xounden Finger, bz. ein von Flicken
u. Lappen genähter Fingerling, der über
45 einen lounden Finger zum Schutz gezogen
loird. — Es scheint mir von höddelke inso-
fern verschieden, dass es nicht mit die-
sem zu höd IC. höden, sondern mit engl.
liottle (Fingerling) zu dem Stammwort hö-
50 tel von hölelea (s. d.), bz. dem mnld. hoe-
tel = nhd. Hu del in der Bedtg.: Lappen,
Flicken etc. gehört, bz. ein Dimin. davon ist.
hötel - krtim , lumpigter , nichtsnutziger,
iverthloser Kram, Pfuscherarbeit, nichts-
55 nutzige, faule Sache etc.; — dat is all' hö-
telkräm, wat nargends to to briiken is; —
mit de höielkram wil 'k niks to don hebbeu.
höteln, s. hötelen.
hotje, hutjo, hurtje, eine kleine Fracht
GO od. Quantität Torf, od, sonstiger Dinge, die
IIOTJEDRAF
110
HüBBEL
man wohl auf einmal in einem Tragl'orh
auf dem Buchen fortschaffen kann, bz. ein
kleiner M'acjen roll Torf, %cie sie die sog.
morhäntjcs in ihroi kleinen u. engen, sarg-
ähnliclten Wagen zur Stadt bringen; — ■ 't
is je man so 'a hotje, wat hr dar up de wa-
gen hcd ; — ik lu-li' 'n liotje türf, od. 'n
hotje hei (Heu) kot'd. — Wohl zweifellos
Dimin. i'on nhd. Hotte (Tragkorb, liücken-
korb, bz. Behälter etc.), s. unter hot. Uebri-
gens fuhrt f api.r unter hottjen (cf. liotjcn)
auch ein liot i)i der Jiedtg.: Wagen auf,
ironach dann hotje auch ein kleiner Wa-
gen sein kann.
hütje-draf od. hiUjo-di-af, hurtjc-di-aC,
Schaukeltrab ; — hO ridt in 'n hotje-draf;
s. (bis folgende:
Ilotjoii, hiitjon. liui'tjcii, schwingen, schüt-
teln, schaukeln, in schaukelnder , bz. auf-
u. niedersteigender Bewegung reiten «. ge-
hen, od. fahren, hin u. her bewegen, von
einer Stelle auf die andere legen etc.; —
he hotjed dat hen un wer, bz. all' dör 'n
ander; — he hotjed up un dal; — he hot-
jed d'r hen; — hü hotjed d'r wat mit herum;
— he hutjed od. huitjcd (fährt lang.sam
schaukelnd, bz. in langsamem Trab) wer na
hiis ben. — Vergl. ntd. hotsen, hutsen (stos-
sen, schütteln, bz. auf u. nieder, od. hin u.
her fuhren), ivovon Diez (II, 335) das
franz. hocher (schütteln etc.) ableitet u. wo-
i'on auch engl, hotch (schütteln, hinken,
Inunpeln , sich sprungweise bcivegen etc.),
hotclu'l (ungeschickt u. stolperig gehen, hin-
ken etc.) stammen. Ferner vergl. auch un-
ser hütscln u. irfries. hottjen (tvetzen, schär-
fen, schleifen etc., od. eigentlich nach Ja-
pi.x hin u. her bewegen n. ziehen). Ver-
gleicht man nun im Gr im m^ sehen Wh.:
unter Hotte weiter: Schweiz., bern. hottel
(Kutsche, Wiege), hottern (schütteln, rütteln
etc.), schwäb. liottern, hotschein, liotsciicn
(zittern) etc., so ist loohl zweifellos, dass al-
len diesen Wörtern ein Stamm hot mit der
Bedtg. : Stoss od. Vorwärtsbewegung etc. zu
Grunde liegt, woraus sich fi\r hotten die
Bedtg.: stossen , rütteln, schütteln, hin u.
her bewegen, schaukeln, schwingen etc. von
selbst ergiebt u. wobei man für hotte //; der
Bedtg.: corhis dossuaria (s. unter hot) auch
annehmen kann, da.'<s es ebenso ivie hotzc
(Wiege) urspr. die Bedtg. : Schwing-Bing,
od. „Etwas, ivas man durch einen Schwung
auf den Rücken schwingt u. hebt", hatte, ivie
auch dem nid., nd., nhd. holte (geronnene
Milch) u. hotten (gerinnen, durch schütteln
u. schaukeln sich scheiden etc.) jedenfalls
die Bedtg.: Stoss, Erschütterung, bz. stossen,
schüttern, schütteln etc. zu Grunde liegt.
Was nun aber den Stamm hot selbst be-
trifft, so dürfte dieser wohl mit dem Rufe
hot, womit man die Pferde vorwärts treibt,
von Hanse aus identisch sein, wie Ja auch
wir hot in dem Kinderreime: hot, hot, mm
5 perd na de mölen to in der Bedtg.: vor-
wärts gchrauchcn u. er auch sonst ebenso
wie hü (cf. hotperd ?<. hüperd) in derselben
Bedtg. gebräuchlich ist u. somit ein Trei-
ben an, od. V o r w ä r tstreibe n bezeich-
10 nct, xooraus sich auch die Bedtg.: stossen,
od. Stoss (als Vorwärtsbewegung) leicht ent-
wickeln konnte. Vergl. dicserJudb nhd. hot-
ten (ds Fuhrmannswort in der Bedtg.:
treiben, antreiben, forttreiben etc., soivie
15 weiter in der von: corwärts kommen u. ge-
hen, gelingen, glücken, die hotten auch im
nid. u. mnld. (cf. KU.) hat, sowie weiter
isl., bz. an. liott (equisouum clamor), liotta
(equisonum clamare) etc. Formell wird nun
20 aber hot als Ruf od. Zuruf zur y kand,
kad (vocare, clamare etc.) stimmen, die hier-
aus beim Vergleich mit hot u. hotten auch
wohl die Bedtg.: commoveri, perturhari, ter-
reri etc. entwickeln konnte, toonach doni
25 die für haten angesetzte y hat =: skr. kad
von Hause aus mit kad (vocare etc.) iden-
tisch sein würde. Vergl. dieserhalb unter
hop (aas als Zuruf dieselbe Bedtg. hat wie
hot, z. B. in hop, hop, min perd =: hot,
30 hot, min perd) den loahrscheinlichen Zu-
sammenhang mit y kup u. darüber Wei-
teres unter 3 hup, ivie sich auch allerlei
Bedtgn. aus der Grdbdtg. sonare entwickel-
ten ti. wonach man auch annehmen muss,
35 dass die für schwed. hot; an. hot (Drohung,
Drohworte); an. livata (vorwärts treiben),
livät (Änreizung etc.); ahd. hwaz (scharf,
heftig); nhd. wetzen (schärfen etc.) anzu-
setzende y kud, bz. skr. cud, cvad ; germ.
40 hvat, ebenso wie germ. hvath; skr. kvath (sie-
den, kochen, bz. aufbrausen, brodeln etc., cf.
3 hüp am Schlüsse) mit y kad (sonare etc.)
von Hause aus auch identisch ist, od. dass
der Stamm hot (cf. auch wfrics. hottjen (wct-
45 ze}i, schärfen) urspr. mit kud, bz. cud u. germ.
hvat od. hut (antreiben, erregen, schärfen etc.,
cf. Fick, III, !H seq.) identisch ivar.
liöting, .S-. unter Iloot.
hot -perd, hotperdje, hotjcpfrd (Kin-
50 derspr.), Pferd, Pferdchen, Reitpferd etc.,
Pferd zum Tndien u. Reiten etc. ; — he iicd
'n lütjed hotperdje krcgen.
hoväi'd, iKtverdig, s. hOgfärd etc.
Iiovd, .s. liAfd etc.
55 hilvol, s. iiufel.
Iiövou, s. höfen.
llii, Ausruf zum Antreiben der Pferde.
hultltd, rnebenheit, Höcker, Erhöhung
etc. ; — 't is all' fiil hublx'ls un knnl)l)els. —
GO Mlil. hol)heI; inhd. hubel etc.; .s. unter 1 höfel.
HUBBELEN HUBBELN
111
HUEFE HUFE
liul)l)elen, hiibbeln, ahwecJiseJiid auf ii.
nieder steigen, sich loellenfönnig erheben u.
bewegen etc.; — dat huhhekl uii hulibeld all'
up un dal. — Nid. liobbelen. Es gehört zu
hiibbel, bs. höfel, berührt sich selbstredend
aber auch mit huppen, luippcln, hoppeln etc.,
weil die Wurzeln hup, hub, huf u. haj),
hab etc. = idg. kap n. kup von Hanse aus
identisch sind.
hubbelig, hnbbclg, uneben, höckerig, wel-
lenförmig, abwechselnd hoch u. niedrig etc.
— Nid. hobbelig.
hiibei'i":, hiibeni etc., s. liüforn, hüfeng etc.
buchten, liucliteni od. hugtern, sehnlich
verlangen, hoffen, ivarten etc.; — he sitt al
to huchtern un to wachten. — Zu hugen
(sinnen, denken an, trachten nach, verlan-
gen etc.).
lliul (Flur, huden). Haut, Fell, Balg; —
Redensart. : he trekd hum de hiul afer de
ören ; — d'r is gen hixd of slüt in de rok ;
— elk mut sin egen hüd to markt dragen ;
— he sitt in gen gesunden hüd (er ist nicht
gesund) ; — he sitt in gen goden hüd (er
taugt nicht, hz. ihm ist nicht zu trauen).
— Afries. hüd (neben hed, hede, cf. 3 beide) ;
nd. hüd; mnd. hüd, hüt; nid. huid; mnld.
huyd ; ahd., mhd. hüt; as. hüd; ags. hyd;
an. hüd. 3Iit lat. cutis; griech. skütos
(Haut) u. lat. scutum (Schild) etc. , sowie
mit unserm schude, schul, schür etc. zu der
y sku, bedecken, verhüllen, timhüllen, um-
scldiessen etc.
hüd, hüt, heute.
1. bilde, heute ; — hüden-dags (heut zu Tage,
cf. nid. hedendaagsch). — Afries. hiude,
hioda, hyoda; wfries. joed, joe; mnld. he-
den, huyden, huyd; mnd. hudene, huden,
hude ; as. hiudu; ahd. hiutu, hiuto, hiuta;
vthd. hiute ; md. hüte. Contrahirt aus afries.
hiudega; as. hudigu, hodigo; ags. heodaeg;
ahd. (hiü-tagü), an diesem Tage. cf. 2 heden.
2. hiido, Gewahrsam, Versteck, heimlicher,
verborgener Ort, Höhle etc. ; — he hed gud
wat in de büde (er ist tüchtig begütert, hat
sich gut loas zusaminengespart etc.); — ik
heb' 'n hüde up de perdebön in 't hei mäkd,
war ik min appels in upbarg un ferstäke.
cf. iramen-hüde, Honigwabe. — Mit höde
zu höden.
hiidel, Kloss, Mehlkloss. — Sprichio.:
ende göd, alles god, morgen äten wi hüdels;
— he is wüpsig, as Berend Heykes sin hüdels.
hiiden, hüten etc.; s. höden.
bilden, häuten.
hüder, Hüter; s. höder.
hiiderig, hfiderg-, hautreich, viele Häute
habend, mit Häuten durchzogen etc.; — dat
is^ so 'u hüderg stük flesk , dat de düfel 't
biten kan.
huderik, huderk, liüderk (auch rüderik,
rüderk), Gundelrebe, Erd-Epheu (Glocoma
hederacea, od. Hedera terrostris). — Nd.
(Schütz e) huderich , (DäJtnert) huder
5 u. (bei Lübeck) hederik. Im nhd. heisst
sie auch Hederich u. ist das Wort loohl
von lat. Iledera weitergebildet.
budi;^, häutig; dün-, dik-hüdig etc.
liiidi^, heutig; hüdigen dags. cf. 1 hüde.
10 bfidje, bfitje, Häutchen, kleine od. dünne
feine Haut, Fellchen, dünne Schede etc.
hildjen, liiltjen, a) die Häutchen od. dün-
nen Felle abziehen, dünn schälen, die obere
Haut (od. Binde, Ueberzug, Kruste etc.)
15 dünn abnehmen etc.; — du niust dat för-
sichtig liüdjen; — he hudjed dat dün of;
— b) den bereits im vorigen Herbst uinge-
Xifiügten Acker im Frühjahr dünn u. leicht
pflügen, u. eggen u. so die Kruste od. obere
20 Haut lockern; — dat land brükd man blot
hüdjed worden un den küu' j'i 't körn d'r so
in seien.
hüfe, büfe, a) Haube; — se is under de
hüfe kamen ; — Dimin. hüfeke, hüt'ke ; — he
25 ritt hör 't hüfke fan de kop; — b) Bienen-
korb; — c) Decke, Schuf ztuch od. Umhül-
lung eines Tuch-Ballens; — d) Behältniss
od. Facli,, bz. ein Beutel, ivorin man sein
Geld od. seine Schätze aufbewahrt ; — he hed
30 wat in de hüfe (er hat tvas zurückgelegt, ist
wohlhabend etc.). — JMofries. (Wiarda,
pag. 201) huve ; nfrics. huw, höw ; nd. huve,
huwe; mnd. huve; nid. huif; mnld. huyve ;
ags. hüfe; an. hüfa; norw. huva; schwed.
35 hufva ; dän. hue ; schott. how ; ahd. hübä ;
mhd. hübe (Mütze, Haube, Mitra). Davon
afranz. liuvet (Mitra). Es ist sehr zwei-
felhaft, zu loelcher y dieses Wort gehört,
bz. mit ivelchen Wörtern der (Uteren Spra-
40 chen es verwandt ist. Vergleicht man in-
dessen, dass unser hüferen, idd. huiveren
im mnld. in den Formen huyveren u. kuy-
veren belegt ist, so scheint es fast zweifel-
los, dass auch hüfe mit küfe (cf. küfeke,
45 küfke, Häubchen), bz. nid. huif mit )dd.
kuif, mnld. koyffe «. so tveiter mit dem ital.
cuffia, scuffia; sjjan. cofia; franz. coiffe etc.
(Diez, I, 149) immittelbar zusammenhängt,
dessoi Herkunft gleichfalls zweifelhaft scheint,
50 trotzdem Diez es von ahd. kuppa, kupha
(Mitra, Kojjfbeäcckung) u. dies aus Icd. cuppa
(Gefäss, Becher, Behälter) ableitet, tvonach
übrigens Fiek cdid. hüba auch mit Recht
mit skr. ka-kubh (Kuppe, Gipfel), kumba
55 (weiblicher Kopfpmtz, Kopf etc.); griech.
kuphe, kube, kümbe (Kopf) zu einem idg.
kumbha, kubha (Kuppe, Haube) stellt, zu
dem auch dann skr. kumbha (Topf, Krug,
Urne); zend. khumbha (Topf); griech. küm-
60 büs (Gefäss, Becher, Behälter etc., cf. nhd,
IIFEFEN 112 IIUKELN
Humpen u. unser kiinime) , kübas (Urne Iiu<jeii , hü^en, sinne», denken, hoffen,
etc.) (fehüren müssen. Uehn'fjens ist uuch Fick sclimer^lich verlanffcn , .<<ehnsüchtig worauf
(cf. III, 7S) tcef/in altfl. hnhii -weif elhaft, (hl mtrten etc.; — wat sittst du to liugen?
er es auch für möglich hält, dass es su einrr — lu' sitt to hugeii im to hapeu; — dat
germ. ] luif, hup = skr. kup (cf. hop u. 5 pörd hügd na de liafer; — ik heb' al
unter 3 hC^\^] gehört, u-ozu er auch lat. cupio l;xnk säten to hugon, dat du kwarast. —
u. cunibiTO .■itellt. Sollte indes.'ien nicht auch Afries. hugja (denken , erinnerlich sein);
hiitV mit hiid, schade u. lat. cavea, caveo, icang. hügje (hoffen) etc.; s. Weiteres unter
b:. unserm kau, schau etc. etc. zu der ]/ bogen.
sku, skav (bedecken, verhüllen etc.) gehören, 10 buk. hok, Loch, kleine elende Wohnung,
zumal da es sehr leicht möglich ist, da.'<s kleiner abgesperrter dunkler Raum od. Ver-
das „f" in ahd. hiifi aus ältcrm w, hz. v schlag, Koben, Stall etc. ; — se wauen dar
hervorging, anstatt aus «;•>;/>/•. p od. bh '? in so 'n liitjet huk; — 't is man so 'n lüt-
hiifen. a) hüllen, mit einer hüte (s. hüfe jet luik tan 'n hüs; — dar bi de sid is nog
sub (?) od. einem Schntztuch umgeben u. 15 so 'n huk, dar kan 't wol liggeu : — de kin-
dariu einpacken; — hüfe dat hxken in; — der slapen all' bi" 'n ander iu en huk; —
du must dat god bätcr inhüfeu; — b) sam- de dOf sitt iu 't huk; — swm-, hunde-, hö-
sammcln, si>a>en, zusammenbringen etc.; — ner-, enter-huk etc. — Nid. hok; m nid. hock
he hüfd dügtig wat bi 'n ander. (ovile, septum, cors, cavea); ivang. (Ehren-
hiileren. hüborcn, hiifeni, hüberu, beben, 20 traut, I, 370) hek (Schaf stall) etc. — Wohl
zittern, sclmudern. frösteln etc.; — he hü- mit buken, hök etc. zu der unter bog ?<. hök
ferd fan kolde; — lu"' hüferd d"r für, um erwähnten ]/ kuc (biegen, krümmen, wölben
dat to dön : — he hüferd (bebt, sclirickt etc.) etc.), sodass es ursjtr. eine Höhlung od. Ver-
d'r für torüg. — Nid. huivercn; mnld. huy- tiefung, Einbiegu)ig etc., bz. einen Winkel,
veren, kuyvi-reii. Beide letzten Formen setzen 25 od. eine Ecke etc. bedeutete,
eine ]/ skup od. skubh (bewegen vor, od. wo- buk, Zäpfchen im Habe ; — de buk is
hin) voraus, die auch unserm schufen, schuf- mi swullen, od. schaten , das Zäpfchen ist
fohl etc. zu (irundc liegt, weil schüfen (seh ie- vtir geschwollen, od. geschossen ii. dadurch
ben) doch )iiehts Anderes besagt, als sich, verlängert u. gesunken; — de buk ligten,
od. ein Anderes bewegen irgend wohin. Da 30 das Zäpfchen heben, — fig. Jemanden be-
nun aber jeder liuck u. Stoss entweder trügen u. ihn rein ausziehen. — Nfries.
eine Bewegung ist u. macht, so ist für hü- huk, hück; ivang. buch; nid. luiig; mnld.
Irren (sich frequent. bewegen) ein urspr. buj'cli, huyg; norw., dän. huk; süddän.
hnfan, bz. skufan, skubhan anzusetzen, was (Outzen) huug; nd. (Schütze, Br. Wb.)
von der y skubh = skr. ksbubh (bewegen, 35 huuk ; mnd. buk. Es ist jedenfalls mit bök
schicenken, zittern etc., bz. stossen, .schüttern, (Ecke, Spitze etc.) u. büke , buken einerlei
.schütteln) abgeleitet ist. Vergl. dieserhalb Ursprungs, da es entweder die Bedtg.: Spitze^
Fick, 1, 335 unter skubh das Weitere, Spitzes etc., od. Ausbiegung, rundliche Ef'
u-elche y auch tvohl unserm scliul)ben u. habenheit. Beule, Höcker etc. hat. Im
nicht allein unserm schüfen, scliuti'cln etc. 40 Grimm'' scheu Wb. wird das gleiehbedeu-
zu Grunde liegt. tende Hauch, bz. beuch, buch zu sät. kä-
luiforig. liüierg:, hiiber^, hüfri^ etc , be- kud, käkuda (Mundhöhle , Gaumen) kaka-
herig, zitterig, frostig, schauerlich, schaurig laka {Kehlkopf, Schildknurpel) verglichen,
etc.; — ik bün so liüferg, 't is nüt as of ik bz. als diesem entsprechend angegeben, was
de kolde afor 't lilfend heb'. — Nid. hui- 45 mir jedoch sehr fraglich zu sein scheint.
verig. huke, liük", liuiko. die kauernde Stellung,
liürerin^, Iiüferen, Schauderti , Zittern, das Niederhocken od. Niedersitzen mit zu-
Beben etc.; — d'r geid mi so 'n hüferen sammengebogenen K)iieen u. gekrümmtem \
afer 't liifeiul. Bücken ; — In'- sitt up de huke, er sitzt in '
hülke. N. unter hüfe. 50 kauernder Stellung etc. — Nd. huuk, hurk;
hilft, hilft, Hüfte (coxa). — Wang. huft; nid. liuik, hurk; nfries. buk; f/ri». hug etc., '
mnd. liuf; )dd. hupe, huppe, lieupe, beu]); (/. bukon.
ags. byp, liype; oigl. hip; (^i. buppr; norw. hllkeln, ei)i surrendes, dem Tone „hu-'
hupp; ahd., mhd. huf; goth. liups. — Es hu-hu** entsprechendes Gcräuseli machen mit- '\
liegt diesem Worte entweder die Bedtg. : 55 telst des sog. hukel-, od. runimel-pots, eines '
Einbiegung, Vertiefung, Höhle etc., od. Er- Hörn od. sonstigen Gefässes, welches mit
höhung, Vorragung etc. zu Grunde, die sich einer Blase, worin ein Biet od. Bohr bc-
beidc aus dem Begriff des rundlichen festigt ist, id)crzogen tvird, an dem man
ergehen. Wegeu der |/ vergl. unter 3 höp mit angefeuchteten Fingern od. Händen auf-
«. bei Fick, II J, 77. CO «. niederstreicht u. dadurch einen surrenden
IIÜKEL-POT 113 HUELLE HÜELL'
Ton erzeugt, den wir eben mit hukelu he- hele nagt mit 't kiud sitten must to hukke-
zeichnen, loährend in Hindelopen (West- forsseii ; 't wul hei uii dal net slapen. —
friesl.) dafür das Wort goefjen (gespr. gut- Die Entstehung u. Zusammenstellung dieses
Jen) gebräuchlich ist. Es ist ein schallnach- Wortes betr. , so glaube ich , dass es von
ahmendes freq. Vbm. m. gehört mit mhd. 5 einem früheren Rufe „hukkel fors" iceiter
hiiclien (hauchen etc., cf. Grimm, Wb.) u. gebildet ist u. dieses soviel heisst, als „schau-
mnd. (Seh. %i. L.) hük, huck (Eule) etc. zu kele stark", da hukke od. hukkel jedenfalls
der aus ku (cf. Fick I, 49 seq.) erioeiter- mit hukkeln connex sein dürfte,
ten y kuk od. kug. hukkeln, sich auf- u. nieder steigend, od.
liQkel-pot, od. ruiuilielpot, der Topf, bz. 10 schaukelnd bewegen, hinkend gehen, sich
das Gefäss od. Hörn, toomit die Knaben langsam im wiegenden Gange fortbewegen
am St. Martins - Abend bei den Häusern etc.; — he hukkeld d'r so wat hen. Freq.
herumgehen u. indem sie damit hukeln, dazu von 1 hukken, bz. huken.
folgendes Lied singen: hukelpot wil 'n örtje 1. hukken, s. huken, bz. dal-, up-huk-
hebben, dürd 't net seggen; hei! um t'er fif 15 ken etc.
sesse, geid 't up 't allerbeste; 't schipke 2. hukken od. liokken, in einen Ver-
fan Onken, lett sin seilke stinken, hed sin schlag od. kleinen Stall (s. huk) bringen u.
seil wol in den top, gäfd mi 'n Örtje in sperren; — de höner mutten hukd, bz. in-,
d' rumraelpot. Die Juden haben 'n Ochs od. uphukd worden.
geschlacht't, haben' s Fleisch in's Salz ge- 20 liuk-sak, Brei aus gestampften Kartoffeln
bracht; de hüd was fet, dat flesk was ma- mit Mehl.
ger, dar wassen d' Juden trürig afer. — hnle, liül', kleine Anhöhe od. Erdhügel,
Oder auch (statt „Die Juden" etc.): hir Erdhaufe etc.; grosser Erdklumpen, grosse
wand de rike man, de uns wol wat gäfen Erdscholle etc. cf. nd. (Br. Wb.) huU, bz.
kan, föl kan he gäfen, lank sal he läfen un 25 grashuU (erhöhter Hasen; Grasbüschel, der
kumd he den to starfen , sal he de himmel über die Umgebimg vorragt etc.), wovon
arfen. ■* Frisch glaubt, dass es aus nhd. Hügel
buken, hukken, hurken, hocken, kauern, contrahirt sei, tvonach denn hule od. hüP in-
sich zusammen biegen u. krümmen, bz. mit dessen ivohl eher ein Contract. von hufel
zusammengebogenen Knieen u. gekrümmtem 30 od. huvel (cf. 1 höfel) ist.
Bücken sitzen etc. ; — he hukede dal , dat hulen od. lullen, heulen, laut schreien od.
se hum net sen schulden ; — däl-huken, od. weinen, bz. dumpf tönen u. rauschen, sau-
dälhukken, niederhocken. — Nid. liukken, sen, brausen etc. ; — he sitt to hulen ; —
hurken, hokken, huiken ; mnld. hucken; nd., dat geid d'r hen, dat 't hüld un brumd; —
mnd. huken; isl. hoka, hüka; schwed., norio. 35 de wind hüld in de schörstein, bz. dör de
huka; dän. huge; schott. huke; hess. (Vil- lücht etc. — Mit nd. hulen; nhd. heulen,
mar) buchen; bayr. (Seh melier) hocken, bz. älterem hewlen, hiielen u. »n/td hiuweln,
hucken. Mit lieike etc. u. hok, huk, hük hiulen von ahd. hiuwela, hüwela; mhd. hiu-
sur y kuc (biegen, krümmen etc.). wel, hüwel (Eule), welches selbst wohl wie-
hukje, huktje, kleiner Koben, kleiner 40 der eine Weiterbildung, bz. ein Dimin. von
Winkel, kleine Ecke etc.; — he sitt in 't ahd. hüwo, hüo ; 7nhd. hüwe (Eule, Uhu)
huktje. Dimin. von huk. ist. hüwo selbst gehört ivohl zu der unter
hukke-t'Oi'SSeu , hukkefossen, mit einem hukeln (s. am Schlüsse) erwähnten y ku
Stuhl, auf dem man sitzt, in der Weise (schreien, heulen, bz. ein unartikulirtes Ge-
schaukeln, dass man einmal dessen Vor- 45 rausch machen, od. unartikulirt tönen etc.).
derfüsse u. dann loieder dessen Hinterfüssc Vergl. auch (Diez, II, 837) afranz. hu,
so heftig auf die Diele aufschlagen lässt, bz. liuer (schreien), huard (Schreier), huette
dass der Stoss den Körper der darccuf sitzen- (Eule) etc.
den Person ziemlich stark erschüttert u. diese hulen-trop, Brummkreisel, hohler Kreisel
Erschütterung ein von ihr in den Armen 50 mit einem Loch, wodurch beim Kreisen ein
gehaltenes kleines Kind einigermassen be- dumpf heulender od. surrender Ton entsteht,
täubt, um solches in ähnlicher Weise wie huler od. hüler, a) Heuler, Schreier etc.;
durch Wiegen in den Schlaf zu lullen. Die- — b) Singschwan,
ses sog. hukkeforssen war hier früher sehr hülke, s. hülleke.
allgemein u. wurde bei unruhigen u. heftig 55 1. hülle, hüll', a) Haube, namentlich eine
schreienden Kindern besonders in dem Fall einfache, wie sie die Dienstboten u. Weiber
(als letztes Mittel sie in den Schlaf zu brin- auf dem Lande tragen ; — sett' dog lefer 'n
gen) angewandt, loenn dies iveder durch hüll' up un löp 's morgens net altid so mit
Wiegen , noch auf sonstige Weise bemerk- de rüge kop herum ; — se is under de hüll'
stelligt werden konnte; — 'k hebb' hast de 60 kamen; — b) (jig).) Kopf , Schädel od.
Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II. g
HÜELLE HUELL' 114 HUND
Wanst etc.; he hed de hüll' ful (er ist he- humpel, hiimpel, hümmel, iV/^ö/ii*»!;, ^u-
soß'cn); — c) (desgl.) Sinn etc. ; he hed wat höhe, Höcker etc. — cf. emjl. liump (Höcker,
in de hiiir, mau wat 't is, dut segd he jo Ihtckel).
net. — Xd. liuUe, hülle; mnd., mnid.hwWQ; humpelen, huinitolii; gebrechlich gehen,
ahd. hullä; mhd. hülle, hüUe (velameu, Kopf- 5 hinken etc.; — dat humpeld d'r so wat lieu ;
tuch der Frauen). Zu hüllen, od. mit die- — he mut humpeln. — cf. himp-hampen u.
sem u. holstt I --« n/j(?. helau etc., (/. 2 hälen. bei Weigand nhd. humpeln, humpen, bz.
2. hülle. Iiiiir, auvh liülte, kleiner Hit- unser humpen u. humpe.
gel, Erhöhung etc.; — dat land ligd in hül- humpelcr, liuinplcr, Hinkender, Gebrech-
leu , b;. in hülten uu büken. Wohl iden- 10 licher etc. — Xld. hompelaar.
tisch mit hule. cf. indessen auch engl, hili ; hunipcu, schneiden, hauen, kürzen, stutzen,
ags. hyll od. hill (eollis) ; an., isl. liiaHr, verstümmeln etc. — 3Inld. hompen. cf. un-
liiall etc. unter ';> hell. tcr hampe das goth. hamfs u. loeiter (bei
hülleko. hülkc, eine kleine Haube. Di- Weigand) unter humpen u. dazu unser
min. von 1 hülle. 15 humpeln.
Iiiilleii, hüllen, decken, bergen, wickeln, huud, Hund. Auch Schimpfwort, lie-
schleiern etc.; — he hüld lium god in; — dcnsart u. Sprichw.: de 'u hund smiten wil,
he ferhüld dat. — Xld., muld. hüllen; ahd. kan ligt 'u sten (od. knüppel) finden; — 'n
huljati, linlhui, hallen; mhd. liüllen; goth. siegten hund, de sui her t'errad; — de luind
huljan ; as. hulljau. Mit gleichbedeutendem 20 in de pot finden {nach beendigter Mahlzeit
(ifries. hella, hiella, liala (in hihella etc.) u. kommen); — l)hvfii'nde liunden biten uet; —
1 liülh' etc. zu ahd. helan, cf. 2 hälen. de hund de sl()])d, bitt nüms; — war eu
liiillH', hülp, Hilfe od. Hülfe, liath. Aus- hund an pisd, dar pissen se alle an; ^ — wen
weg, Rettung etc. ; — mit üods hülp ; — ik twe hiinden sük um 'n bunk striden , löpd
wet gen hülp etc. — Nid. liulp ; nd. hülp; 25 de darde d'r mit weg; — „dat is je 'u huud
mnd., mtdd. huipe u. helpe; afries. lielpe; fan perd," sä' de junge, do red he up 'u
wfries. holpe ; as. helpa, lielpe, hulpi ; ags. hatte; — he is gans up de hund kamen (er
h'lpe ; engl, help ; an. hialp ; dün. hjälp ; ist in seinen Verhältnissen ganz zurilckge-
alid. hill'a, hilpha, helfa, lielpha, belpfa ». kommen, bz. vollständig verarmt); — eu up
(einzeln) luilfa; mhd. hilfe, lii-lfe; md. hülfe. 30 de hund helpen (Jemanden dazu verhelfen,
Zu helpcii. dass er verarmt od. verdirbt etc.); — 't
hiilit-sel, Hosenträger. schal hum bekamen as de huud 't grasfrä-
hiilse, Hülse (ilex aquifolium). — Nd., ten; — he is d'r up ferstiferd, as de hund
m)td. hülse, hüls; nid. hülst; ahd. hulis, up de dode kO; ~ he is bdcend, as de bunte
hüls (ruscus, myrtus silvcstris, Mäusedorn, 35 hund; — he schudeld 't of, as 'n pudelhuud ;
Stechpalme, Walddistel). Davon franz. — wen de hund weg is , gän de scliapen
honlx, lioux etc, cf. Diez, II, 337. aferal; ~ wen de hund drumd, den is 't fan
hiilsel, Hülle, bz. ein Et^vas, jvorin man brod; — 't half hürd de huiul half; — dat
ein anderes Etwas hüllt. kumd In de hunden hör wünsken uet to pas,
liülte, .s. 2 hülle. 40 dat de kalfer starfen; — he hed mi net mal
liultor, holler; — he kwam liulter-pulter, 'n hund to bade stürd ; — he hed sin egen
od. hulter di pulter hl de trap heruuder. cf. will', as de hund, wen he in de pütte sitt ;
lialtei-. — jungens un liundc gan lik dör de weit;
liuiii, ihm, ihn ; — „dat was hum," sä' — twalf buren uu en inuul sunt dartein rä-
At-öm, do harr' he 'n rött' bi d' Stert. — 45 kels; — wen 't up is, shin de liunde sük um
Afries. him ; nid. hem ; ags. hym ; engl, him de bunken ; — se läfen mit 'naiuler, as hund
etc. Zu he (er.). un hatte; — d'r sunt mer bunte hunden as
hiuiiiiiol, Hummel. — Nhl. honimel ; ahd. ön; — dar kreid gen hund of hau na; —
huinbal. Zu liummen — nid. hommcn (hum- de knüppel ligd bi de hund; — dat fet drift
meii, humsrn, sumsen), cf. mos-imme. 50 bafen, al is 't ök man fan 'n doden hund;
liummer, liuinber, Hummer, ein grosser — hunde un ädellue makcn gen dür agter
Seekrebs. — jV/r/., «(/. hunimer ; «». humarr ; sük to; — de 'n hund largt, mut de bat för-
dän., schiecd. hnmmer; norw. hummar. Mit lef nämen; — de sük für 'n hund ferhürd,
dem gleichbedeutenden b(t.cämn\ixvusu.griech. mut knaken frätcn ; — kumd man afer d'
kämaros zur ]/ kam (krümmen, wöWen). 55 hund, kumd man ök afer de stert; — dar
Iiiimpc. liunil», Tlieit, Stück etc., od. Ecke; gifd 't mer hunde as bunken; — d'r lopd
— hr liLil (Fr 'n goden hump of bäten ; — gen huud söfcn jär dül , of he word cndclk
snid hum man 'n dügtigcn hump of; — Nid. schaten; — he is net as 'n hund, de nt de
honip; 7nnld. (KU.) hompe (pars abscissa kette kumd; — 'n olden hund is kwäd blaf-
otc). cf. humpeu u. hampe. GO feu leren ; — 't is 'n gemeueu huud fau 'n
HUND
115
HUENE HUEN'
kerel; — du swmhund, wilt du wol maken,
dat du fürt kumst? — cf. rOdhuud. — Nd.
hund; yild. lioud ; afries. hiiiid, liond; satt.
hund; wang. hmi; ivfrien. huyfa; nfrtes. hün;
as., ags. huud; engl, höuud ; scJiott. hund;
an. hundr; norw., scluoed., dän.\\\\i\i\.:, ahd.
liunt, hund; mhd. hunt; gotJi. hurids. — Es
wird geivöhnlich mit dem gleichbedeutenden
skr. qvan, gun u. ^uni ; zend. ciiui ; griech.
kuöii (Genit. kunös) ; tat. cauis etc. zusam-
men gehalten, bz. mit diesem von der y ^ü,
Qva, bz. Qun, gvan (schwellen, sich ausdeh-
nen, dick u. stark werden, zunehmen, ivach-
sen, gedeihen etc., cf. Fick, I, 59 u. III,
78, sowie Grassmann, pag. 1409) abge-
leitet, indem Fick annimmt, dass das Thema
hunda von hun = skr. quü, qva,n durch das
Suffix da erweitert ist. Vergleicht man
indessen das Thema hunda von hundei'd,
bz. dass dessen „d" od. „t" auch einem
urspr. „t" entspricht, sowie dass das germ.
hund ganz allein für sich steht , so könnte
man leicht zu der Ansicht kommen, dass
beim Vergleich des goth. hunda (hundert) =
lat. centum, griech. katon (in 'ekatou), skr.
Qata, zend. gata, 2^a>'s. cat, kurd. qad, cambr.
caut etc. auch germ. hunda (Hund) aus einer
idg. Grdform kata, kanta, od. kata, kauta
hervorging, die ausser den obigen Wörtern
auch dem goth. handus, sowie dem unter
hand (cf. dieses) erwähnten goth. hinthan
(capere) etc. zu Grunde liegt u. deren y kat
od. kat entweder eine blosse Weiterbildung
einer aus ak od. ak umgesetzten y ka od.
ka ist, od. als Denominativ von zu ka, kan,
hs. ka etc. gehörendem kata etc. angeschen
i werden muss. Wegen ka od. ka (schärfen,
wetzen, erregen etc.) aus ak od. ak vergl.
\ lat. cätus zu acus etc. (cf. agge, egge etc.)
] u. Alles was Fick (I, 4 u. II, 4 etc.) un-
! ter ak, bz. ak anführt, soioie dass die Be-
dtgn. : schürfen u. erregen, bz. scharf, spitz
etc. aus der Grdbdtg.: bewegen, od. ge-
hen hervorging u. dass sich hierccus auch
die Bedtgn. : kommen zu, erreichen, greifen,
fassen, nehmen, zu sich nehmen, essen (cf.
' zend. a§ in der Bedtg. : erreichen, erlangen
etc. u. essen etc.), sowie weiter aus : be tv e-
gen vor, dringen vor etc. auch die
von: scharf, spitz, bz. vorragend etc. ent-
wickelten, ivobei es dann auch ivohl gestat-
tet ist , für die germ. (u. soiveit auch an-
dere idg. Formen damit connex sind) Wör-
! ter: haud, handa, hinthan etc. (s. unter hund)
jl u. hunda (Hund), hunda (Hundert) eine aus
ka od. ka = urspr. ak od. ak entstandene
y kat od. kat (mit der Nebenform : kath,
kad etc., cf. Fick, I, 56) aufzustellen, die
j eben aus der Grdbdtg.: bewegen (sich od.
' ein Anderes) auch die Bedtg. : erreichen,
greifen etc. u. dann weiter auch die von:
fangen, fest halten u. fest machen, fesseln,
binden, vereinigen etc. entivickelte , wonach
dann Hund als der Greifer od. Fan-
5 g er etc. u. hunda (Hundert) als urspr. eine
Vereinigung u. Masse, Menge, Viel-
heit etc. aufgefasst sein könnte, wie dies
bereits unter liand (s. am Schlüsse) ausge-
führt tvorden ist, ivobei zu dieser Bedtg,
10 von hund (als Greifer etc.) auch lat. catus,
catulus etc. zu vergleichen sind.
liunde-biten, Ilundebeissen ; — Redensart :
dat geid um, as 't hundebiten.
hunde-blöme , a) Hunds- Camille ; — b)
15 Löwenzahn, sonst (Norden u. Umgegend)
auch perdeblöme genannt.
liunderd, a) hundert; — b) Hundert. — Be-
densart: de büdel in 't hunderd jagen (die
Wirthschaft od. Geschichte etc. ins Wilde
20 jagen, die Einigkeit stören , Zwietracht u.
Verwirrung hervorrufen etc.). — Afries.
hundred , liunderd , hondert ; as. hunderod
etc. Wegen der Weiterbildung von goth.
hund ; ahd. hunt ; as. huud (centum) vergl.
25 Grimm, Wb. unter Hundert. Wegen
hund, bz. hunda = centum etc. s. unter
hund u. hand.
Imndje, Hündchen.
Imndje-draf, kurzer Trab, Trab nach Art
30 kleiner Hunde.
liundjeii, a) kurz traben, traben nach Art
kleiner Hunde; — b) schwimmen loie ein
Hund.
lumds-tunge, od. liundetunge, lanzettblätt-
35 riger Wegerich.
hiine, heue, kenne (Todter, Leiche?), cf.
henuekled u. hünenbedde.
hiine, hün', grosser starker Mensch, Biese
etc. ; — 't is 'n hün' fan 'n kerel. — Mnd.
40 hune (dasselbe); nd. hiine; ahd. hiin ; mhd.
hiune ; md. hüue (dasselbe u. auch : Hunne,
Ungar). — Wie bereits unter henneklöd er-
XV ahnt , ist es sehr fraglich, icelche Bedtg.
dieses Wort urspjr. hatte, bz. ob nicht (von
45 y kun, verwesen etc. ausgehend) die Bedtg. :
Leiche, od. Gestorbener , Todter
etc. die urspr. war u. dass dann später (von
der Vorstellung des Biesenhaften der
Hünen-Gräber u. des Schreckens etc.
50 den die unter Attila in Europa einfallen-
den Hunnen-Schaaren verbreiteten, ausge-
hend) bei der lautlichen Aehnlichkeit von
hiune od. hün, hiine mit hunne (dem
Volksnamen der Hunnen) das anscheinend
55 schon ältere hiune u. norddeutsche heune,
hene (cf. beden = goth. biudan von y bhud)
sich nicht blos lautlich, sondern auch be-
grifflich damit identificirt hat. Vergleicht
man übrigens den Umstand, dass die haupt-
60 sächlich in Norddeutschland od. Nieder-
8*
nUENE HUEN'
116
HUNK
deutschland vorkommenden H ü n en- Gr ä-
ber im Ganzen zu der Anzahl der Gestor-
benen verhält nissmässi;] selten vorkommen,
bz. dass es Jedenfalls nur Personen van be-
sonderem Ansehen «. sehr hervorrajender
Stellung gewesen sind, die in einem Hil-
nengrabe bestattet sind u. für die man es
der Mühe icerth erachtet hat, ihnen ein
sog. Hünenbett od. Hünengrab (d. h. ei-
nen turaulus mit inwendig aufgerichteten
Stein - (Quadern u. darüber aufgeschütteter
Erde) )nühsam zu erricliten, so muss man
fast annehmen, dass es nur die Könige
od. Geschlechts- Aeltesten, bz. Stammväter
des Geschlechts, od. Jedenfalls doch nur die
Hau.fherren u. Familienväter ivaren, welche
in solchen Hünenbetten begraben sind. Ist
dies nun aber richtig, so würde möglicher-
weise das Wort liiune , hüne in hüuenbed
mit ahd. hiwo, hio (Gatte, Plur. hiixn etc.,
s. unter hilk) conne.r sein können u. ein
huucn-bed od. hiinen-graf urspr. u. zunächst
ein (rrab des G attc n od. Ma nnes u.
Familienvaters bezeichnet haben, zu-
mal ma)i auch annehmen kann, dass von
hiüu = an. lijön, lijiin (Familie) auch ein
hiiiiio, od. hiune mit der Bedtg.: Familien-
Person (bz. Hausherr od. GescMechtsvater
etc.) weitergebildet ist u. dann später dieses
hiune mit dem formell nahezu stimmenden
liune od. hunne (Hunne od. Ungar) ver-
wirrt wurde. Da nun aber ferner die Grä-
ber der hiunen od. Gatten u. Familien-
rat er sich Jedenfalls durch ihre Grösse
vor denen der Frauen u. des Gesindes (bz.
der Hörigen u. grossen Ma.'^se des Volks)
ausgezeichnet haben, so war es auch leicht
möglich, dass die Hünen grab er (als
urspr. Gatten- od. Hausherrngräber) auch
bei der Nachicelt wieder die Vorstellung
erweckte, als ob daselbst Biesen begraben
seien u. dass hievon das Wort hüne selbst
wieder die Bedtg. li iese erhielt, zumal Ja
auch früher die Ansicht im Volke allgemein
verbreitet war, dass vordem ein riesen-
haftes Geschlecht die Erde bewohnt habe
u. auch die zum Theil aus grossen u. mäch-
tigen Steinen errichteten Hünengräber selbst
auf ein grosses u. .starkes Geschlecht als Er-
bauer derselben liinzuweiscn schienen.
Zum Schlu.'ise sei zu liünebod, bz. nid.
Imnnebed noch die Frage aufgcicorfen, ob
dieses Wort auch mit mnd. hunne, honne ;
ahd. liunno (centenarius, d. i. Vorsteher einer
Hundertschaft, von ahd. hunt etc. in
der Bedtg.: hundert, s. tinter hund) con-
ne.c sein kann u. ein hunnebed ursjyr. das
Bett od. Grab eines liunno, od. centurio, bz.
eines Hauptmanns, Befehlshabers, od. Rich-
ters u. angesehenen Mannes bezeichnet habe,
wobei es ja auch möglich ist, dass der Volks-
name der Hu n n e n sich später auch hie-
mit wieder begrifflich verwirrt hat, nament-
lich in Bezug auf die Hünenbetten.
5 hiinen-bed od. hlinen^raft, Hünengrab.
— Xld. (provinziell, z. B. Groningen, Drenthe
etc.) hunnebed ; 6'. unter hüne u. hennekled.
Uunger, Hunger, heftiges Verlangen od.
Begierde, bz. Bedürfniss nach Speise. —
10 Redensart, u. Sprichw. : he hed hunger as
'n wulf; — hunger mükd raue boneu s6t.
— Xd. luinger; nid. honger; africs. luinger,
honger ; wfries. honger ; as. liungar, hunger ;
ags. hungor, liungur, hunger; engl, schwed.,
15 dän. hunger; an. hungr; ahd. hungar, hun-
kar, huncar, hunger; mhd. luinger; goth.
huhrus, statt hugr-us (cf. tintcr hungern das
goth. huggrjau u. ferner goth. mäht = magt
von magan), ivas ich als ausschliessliches
20 germ. Wort lieber direct von goth hugjan,
bs. ahd. huggan, hugan etc. ; as. huggjan
etc. in der Bedtg.: verlangen, begehren etc.
(cf. bogen M. hugen) ableite, als dass ich es
mit Fick (cf. III, 78) zu der mit kuk
25 (krümmen etc., cf. I, .36) identischen y kunc
(zusammenziehen etc) stelle.
hungeren, hungern, hungern, heftiges Ver-
langen od. Bedürfniss nach Speise haben,
schmachten etc. — Nd. hungern ; nid. hon-
30 gern; afries. hungera, &^. hungerja; ivfries.
hongerjen ; as. hungrjan; ags. hyngran, hin-
gran ; engl, hunger; an., norw. hangra; dän.
hungre; ahd. (hungarjan), hungiren, hunge-
ren, hungerön ; mhd. hungern ; goth. huggr-
35 Jan. Auch das nid. houkeren , bunkeren
(was dieselbe Bedtg. hat, wie unser buchten,
huchtern n. hugen) ist wohl von hunger,
bz. ahd. hunkar abgeleitet u. sotuit mit hun-
gern von Hause aus identisch.
40 hnngerig, hnngerg, hungrig.
hunger-lider , Hungerleider, armseliger,
elender Mensch etc.
hunk, a) Ecke, Winkel, heimliche, ver-
borgene Ecke, sicherer Aufenthalt, Frei-
45 .Stätte, Asgl etc., z. B. bei manchen Kinder-
spielen als krigerspolen, kn'ipafersid etc., wo
derjenige, welcher icieder in hunk ist, von
dem betr. kriger od. Greifer nicht mehr ge-
fasst werden darf u. frei ist; — b) Stelle,
50 Stätte, Platz etc., od. Haus etc. ; he wil net
fan hunk; — he geid bold tan hunk. — Im
nid. bedeutet honk sowohl eine Stelle od.
Ecke, von wo man ausgeht, als auch die
Stelle od. das Ziel u. ausser. "ite Ende, wohin
55 man zu kommen trachtet, bz. das Asyl, ico-
hin ma7i flüchtet etc., u. wird es daselbst
auch in der Bedtg. : Ruheplatz , Haus etc.
gebraucht, wie denn auch Jap ix das tofries.
honcke, honck mit: Haus, feste Verbleib-
60 Stätte, Stätte wo man sich sammelt od. wo-
HÜNK-SMITEN
117
HURTJE-DRAF
I
hin man flüchtet, Zuflucht, Schutzort, siche-
rer Verbleib etc. übersetst. Vcrr/leicht man
nun diese sämmtlichcn Bedlgn. , so liegt es
sehr nahe, um bunk, lionk als eine Neben-
form von buk, liok (Stall, Stätte, Koben
etc. od. Winkel, Ecke etc., wo man Etwas
sicher stellt) anzusehen, zumal da dieses
Wort mnld. u. mnd. fehlt u. also wohl neue-
ren Ursprungs ist.
hank-siiiiten, s. unter kci.
hünsken , durch sanfte freudige od. Icla-
gende Töne seine Freude od. sein Verlan-
gen äussern, loie dies von Hunden, Pferden
etc. durch leises Bellen n. Winseln od. wie-
hern etc. geschieht ; — de liund (bz. dat i^erd)
hünsked al, wen he (bz. 't) rai mau hörd.
— Nd. (Br. Wb.) liienskea; wang. hüuskje.
hup. Ausruf mit der Bedtg. : auf, empor
etc., z. B. wenn man ein Ki)id od. eine
Last etc. in die Höhe hebt u. ivorauf setzt.
cf. hop und huppeln, huppen etc., sowie
jup etc.
hupen, häufen; — hüpd, od. hupt, ge-
häuft; s. hop, hopen.
hii-perd, hüperdje ; i. q. hotperd.
hüpken, Dimin. von huppen; — he hüp-
ked d'r hen.
huppeln, hoppeln, hüppeln, Freq. von:
huppen, Juipfen, springen, sich in die Höhe
erheben etc.; — he hüpp'd d'r up. — Ägs.
hoppan ; mhd. hupfen, huppen, huppen, hop-
fen, hoppen. Von einer germ. y hup, huf
= idg. kup, cf. 3 hop etc. u. Fiele, III, 77.
hup-sa, Hopsa. Interject. loie hup.
hül'-bur, Pachtbauer, Bauer der einen
Platz auf eine bestimmte Anzahl Jahre ge-
gen Zahlung einer bestimmten Summe ge-
pachtet hat. — Sprichw. : 'n hurbür Sünder
geld, is 'n def an 't feld.
hurdel, s. hurrel.
hiire, liür, Heuer, Pacht, Pachtgeld,
Miethe, Miethlohn; Dienst etc.; — land in
hur od. to hur ütdön; — he mut dar 'n
dügtigen hur betalen; — de pläts deid per
dimd 17 riksdaler hur; — he hed 'n goden
hür kragen (d. h. a) er hat eine gute Pacht
od. Miethe bekommen, — u. b) er hat einen
guten Dienst bekommen) ; — he is in d'
hür gän. — Wenn Jemand in die Ehe geht,
so wird von ihm scherzhaft gesagt: he is
in de lange hür gän. — Nid. huur ; mnld.
huere ; mnd. hure ; afries. here ; wfries. hiere ;
satl. hire ; ags. hyi- ; engl, hire ; norw., schwed.
hyra; dän. hyre. 0. Schade stellt dieses
Wort (cf. md. huren) mit an. hyrr (warm
etc.) zusammen, ohne sich indessen auf
die begriffliche Verivandtschaft von hüre
u. hyrr einzulassen u. verweise ich dieser-
halb auf das unter hilk (s. daselbst sub d)
Gesagte. Vergl. auch H. Leo (594) unter
hyr die Bezugnahme auf an. hyra, od. hj'ri
(gratificare), weil man hüre od. ags. hyr etc.
aucli so deuteyi kann, dass es urspr. blos
die Bedtg.: gratificatio Jiatte.
5 liiiren, heuern, pachten, miethen etc.; —
'ii pläts od. folk hüren ; — he hed de pläts
W(!r inhürd ; — he hed sük bi 'n andern in-
hürd. — Nd. huren; mnld. hueren; nid.
liuren; afries. hera; ags. hyrian; engl.
10 hire ete.
hurke; i. q. büke.
hür-plats, Pacht-Platz, Pachtgut, Platz
od. Hof, der verpachtet ist.
hurra, hurrä, hurrah. Die von hur, od.
15 hurr (s. unter hurrel am Schlüsse) weiter-
gebildete Interj. = schwed. hurra.
hurrel, hurdel , Windsbraut , sausender
Windstoss, Wirbelwind; kurzdauernder Lärm
u. Zank etc. ; — d'r kwam mit 'u mal so 'a
20 hurrel up, dat man hast gen stau holden
kun' ; — 't was man so 'n hurrel, de tüsken
hör ütbrök; 't kwara bold wer toregt; —
he kreg so ^n lütjen hurrel (zorniges Auf-
brausen, bz. einen kleinen Zorn-Anfall) in
25 de kop. — Nid. borrel (Stoss, Puff; klei-
ner Zank etc.). Der Stamm hur od. hurr
ist ein lautmalendes Wort, ivelches zunächst
ein dumpf hallendes Geräusch od. einen
dumpif schwirrenden, surrenden Ton, bz. ein
30 surrendes u. schwirrendes Geräusch bezeich-
net, dann aber auch, tveil dieser Ton durch
rasche Bewegung der Luft, eiligen Flug
eines Pfeils, od. rasches Auffliegen von Vö-
geln (z. B. von Bebhühnern) etc. entsteht,
35 loeiter in die Bedtg. des wilden Eennens u.
der eiligen Bewegung, bz. des Stürmens etc.
übergeht. — Zu diesem Stamm hur u. hurr
gehören demnach: mhd., nhd. hurren (sich
rasch, bz. sausend u. schwirrend bewegen) ;
40 nhd. hurri (Zusammenstoss ; Zank, Streit)
u. hurlen etc. (cf. Grimm, Wb.), wobei
es nicht ausgeschlossen ist, dass selbst auch
in „Horniss" der Stamm bor, hur steckt
u. dieses Thier (ähnlich ivie Hummel von
45 hummen (humsen, summen, sumsen) seinen
Namen von diesem lautmalenden Stamm
hur od. hurre hat, worüber unter börnetje
das Weitere zu vergleichen ist. Zu hur, od.
hurr , wovon auch engl, hurly (Tumult etc.)
50 u. Schott, burl (the act of scolding) ; schwed.
hurra (schwirren; Hurrah rufen), hurra
(Freudengeschrei, cf. hurra) etc. cf. (Bopp,
Gloss. comp.) die f kur (sonare).
hurreln, hurdeln, brausen, sausen, wir-
bt» beln, in iviederholten kurzen Stössen stark
wehen etc. ; — de wind faugd an to hurreln.
— Engl, burl (strudeln, loirbeln, heulen).
hurrel-wind, ein brausender Windstoss,
eine Windsbraut.
60 hurtje-draf, ein kurzer, schneller Trab,
HURT JEN 118 HUSKE HUESKE
bz. eine stossweise erfolgende Fortbetcegung. Bobrik, naut. Wb.) huising; mnd. husinge,
Vergl. das folgende : husinch. — Zu hisen = nid. hijzen (ziehen
hurtjen, sich m-^ch stoss- od. S2)ri(ngiceisc etc.) stimmen die Formen nicht n. kann es
bewegen, in einem kurzen schnellen Trab deshalb dazu nicht gehören, wohl aber zu
gehen od. reiten ::. fahren; — he hurtjed 5 einem Stamm hiis od. hi'ise , wobei indes-
d'r hen. — Dasselbe wie liotjen, indessen scn a)i eine Fortbildung von hüs (Haus)
damit rcohl unverwa)idt, da es eher mit engl. schwerlich zu denken ist. Eher scheint es
hurtle, stossen etc. (ron hurt, stossen, ver- mir möglich, dass es ein urspr. von Schif-
letzen etc.); 7nhd. liurt, hurte (stossendes fern u. Fischern gebrauchtes u. gebildetes
Losrennen) , hurten (stossend losrennen, 10 Wort ist, iceil es nur bei den seefahrenden
stossen) ; nid. hört (kurzer Stoss) , horten Völkern der Nordsecküste vorkömmt. Sollte
(stossen); mnd. liurte (Sto.ss, Anprall), hur- daher hüsing od. husiuge etc. nicht urspr.
ten (stossen) verwandt zu sein scheint u. diejenige dicke u. starke Leine bezeichnet
tcohl ein Freq. od. Iterat. von Letzterem ist. haben, ivomit die huscn od. Ha u s en (=
Von hurt ist auch icohl nhd. hurtig wei- 15 (did. hüso; mhd. hüso [der Fisch acipenser
tergebildet. Von \\WTt, >>:. kelt.,kgmr.\\\svCi\\ huso]; mnld. liuys [antacacus, csox etc.);
(Stos.y , hyrdhu , liyrdliio (blossen) entstand mnd. huson [cchymus]; norw. hysa [gadus
(Diez, I, 4.34), ital. urfare; prov. urtar; ae.Lrlcfinus] etc.) gefangen wurden, zumal da
franz. heuvter; afranz. hüTtcr (stossen); ital. diese „husen'' genannten Fische gross u.
urto; franz. heurt (Stoss) etc. 20 schwer sind u. also auch ein starke Leine
hüs, Haus. — Redensart, u. Sprichw. : erforderten ?
wen man wat fan hum hcbben wil , den is hiisen, hausen; — a) Haus od. Wohnung
he sin läfend uet to hi'is; — schone husen haben, wohnen, sich aufhalten etc.; — b)
ferdenen gen geld; — 'n lu'is ful doLCters is unrthschaften etc. ; — c) Haus machen, bauen
'n keller ful sür ber; — 't is 'n diihnaiiswark, 25 etc. — Compos.: ierhiisen, die Wohnung od.
wen man gen bas in sin egen hüs is ; — den Wohnort wecJiseln , verziehen etc. ; —
wat deid man mit 'n hüs, wen man gen wif umhüsen, umzielicn etc.
hed; — he is aferal to lu'is; — he is dar hfisen-blase, Hausenblase, d. i. Leim aus
ni't in to hüs; — he hed 'n infal as 'n old der Luftblase der Hausen u. anderer ver-
liüs; — wel kau für 'n unglük, wen 't hüs 30 icandten Fischarten. Wegen „Hausen'' s.
ful is. — Africs., as., ags., ahd., mhd., an. Weito-es unter hüsel.
hüs: irfries. huwz ; nfries. hüss ; )td., dän. hüsen-büsen-saterdag, Je;- .Sow^o/^c/kZ iw
hnus; idd. huis; engl, house; norw., schived., Ostern, als der Tag, tco es im Hause sehr
Schott, hus. — F ick (IJI, 70) vergleicht es eilig, unruhig u. stürmisch hergeht, toeil an
zu skr. kosha (Behälter etc.), deren richtige 35 diesem Tage an Haus u. Hof die letzte
Form kofa indessen eine y kiu; (umschlics- Hand gelegt wird, damit am Osterfeste alles
sen, umfassen etc.) voraussetzt , die strenge rein u. blank ist. — Fs ist aus hüsen in
genommen zu liüs nicht stimmt. Da in- der Bedtg.: „wirthschaften" u. h\i?,cn in der
dessen die y ku^- (cf. Benfeg) auch in von: stürmen, eilen etc. u. saterdag (Sonn-
der Form kus vorkömmt, so würde luis hiebst 40 cdjend) zusammengesetzt,
an. hauss (Schädel) etc. hiezu stimmen u. hüs hüs-festing, hfisfesten, Obdach, Wohnung,
demnach ursjtr. ein ein- u. umschl ies- Unterkunft etc. — Nid. huisvesting.
send es Etwas bedeuten. Möglich ist es liüs-gorrid. Hunsgcräth, Mobiliar,
indessen auch, dass das Thema luisa od. hüsliold. IlaushaU.
hüsa mit hüd zur y sku (bedecken, um- 45 hi'ishüldcii, hi'ishollon, haushalten, rcirth-
scliliessen etc.) gehört. schaften etc.; — lir Cersteid net to hüshol-
lius-bakkpn, hausbacken ; — n) zu Hause den; — mit de minsk is gen hüsholdeu mit
od. selbst gebacken; — hüsl)akken l)röd; — (mit dem Menschen ist kein Haus zu hal-
b) gewöhnlich, (dltäglich, philisterhaft , tri- ten, bz. nicht mit zusammen zu wohnen u.
vial etc. ; — 'n büsbakkeu kerel. 50 zu toirthschaften, od. nicht gemeinschaftlich
hus-bnnjer, Einer, der das Haus hüten, zu verkehren u. umzitgelicn).
bz. dnheiiii bleiben viuss , icenn die andern hüsholder, hushollei', Haushalter, Wirth-
Hausgcnossen ausgehen u. sich ein Vergnü- schafter etc.
gen miK hen. hi'isholdorskc. Iiftshollerskc, Haushälterin,
hi'is-diir, Hnustliür. 55 Wirlhsckafterin.
hiisol. hiisoliii, liiiseln, busling, dicker, hüsh(»l(ling, liüsholdcn , Haushaltung,
starker Bindfaden , dünnes festes Seil od. Wirlhsi hnft.
Tau, dünne Leine. — Nfries. hüsing, hüs- liüs-lmlt (llausholz) , hölzerner Todten-
ling; .y////. hysom; r/rj«. Iiy-sing, liy>sing; norw. sarg. — Auch bei ('ad. Müller.
hyssing; engl, housing, houseline ; nid. (rf. 60 liiiskc. hüske, huskeii, liüsjc, hüsje, a)
HUS-LAGE 119 HUEVE HUEVEREN
Häuschen, od. kleines Haus; — 'n lütjet — he hütseid d'r al mit horum; — ho hüt-
hüske, od. hüsje ; — Compos. mai-hüske, sohl mi to föl um od. herum (er Meibt nicht
raaihusje, (Laub-, Garten-Häuschen. , Gar- ruhig sitzen, — setzt sicJi zu viel u. zu oft
ienlaube. — Sprichw.: elk hfisken hed sin von einer Stelle auf die andere, — bz. wech-
krüsken; — 'n hüskeu klen uii dat allc'n ; 5 seit zu oft seinen Wohnort od. sein Geschäft,
— b) Abtritt, Abort, auch gemak, od. beste — loirft sich bald auf dieses, bald wieder
kamer genannt; — he sitt up 't hüske to auf jenes Geschüft etc.); — he hütseld all'
brillen; — c) Kernhaus des Obstes; — de ögenblik um; — de meid hütseid im to föl
appel hed so 'n grot hüske; — d) Futteral; (wechselt den Dienst zu oft, bz. hält nir-
cf. brilhuske = Brillen- Futteral; — e) Tute, 10 f/cnds lange aus etc.), sülke wichter kan 'k
od. Dilte; — 'n hüske mit rosinen; — he in min lu'isholding net bruken. cf. umhüt-
deid dat in 'n papiren hüske; — f) der sein. — Nid. liutselen. Freri. von liutscn,
Raum zioischen den auseinander gehaltenen hotsen, cf. hotten, hotjen.
Knieen, wenn man sitzt, bz. der Schooss 2. hütseln (Subst.) , ein Spiel um Geld,
einer niederhockenden Mutter, wohin kleine 15 loobei die von zwei Theilnehmern zusam-
Kinder sich flüchten u. bergen ; — wel kumd mengelegten Münzen von einem derselben
erst in min hüske? zwischen den beiden aufeinander geschlos-
hüs-lage, Abgabe, die auf einem Hause senen Händen längere Zeit geschüttelt (hüt-
liegt. cf. Umlage. seid) u. dann rasch in die Höhe geworfen
hus-lök, Hauslauch (serapervivum tecto- 20 werden. Diejenigen der auf die Erde fal-
rum, od. sedum majus). lenden Münzen, tvelche mit dem Wappen
hfisnian (Plur. hüslüe) ein dem mittleren od. dem Bildniss nach oben liegen, ge-
Bauernstande (ein Bauer auf einem pläts hören dem hütseler od. Schütteier, loährend
od. Hof in der Marsch wird nie hüsman, die mit der Schrift nach oben gekehrten dem
sondern stets einfach biir genannt) ange- 25 anderen Mitspneler zufallen,
hörender Hofbesitzer, od. Besitzer eines mit- hiitspot, a) ein Gemenge verschiedener
teigrossen Bauernhofes, namentlich auf der kleiner Fleischstücke, bz. die Fleischabfälle
Geest. — Sprichiv. : pantje warm ! pautje der geschlachteten Thiere, welcJie zusammen
warm ! mäkd meunig hüsman arm. in einen Topf geioorfen u. darin eingesalzen
Der Plur. hüsKie (Hausleute) hat übrigens 30 werden; .— wi hebben nog wat hütspot in
auch die Bedtg. „Hausgenossen", cf. auch de keller stän, dar kanst du to tan middag
warfsman. wat fan in de röfen kaken; — b) ein Ge-
hfismans-beslag, das Wirthschafts- luven- misch od. eine Sammlung verschiedener Ge-
tar eines hüsmans. genstände, die keinen grossen Werth haben,
hua-rdi, Hausrath, Hausge7-äth. — S2}rich- 35 bz. ein Mischmasch von Sachen; — he hed
wort : 'n kwad wif is 't slegste stük hüsräd de ganse hütspot för 'n bitjo geld köfd ; —
wat ömand hebben kan. dar best du de ganse hütspot. — Nid. huts-
hiit, s. hütte. pot; engl, hotchpotch , hodgepodge, hogge-
liiiting, Eothschtoänzchen (sylvia phoeni- pot. cf. bot in der Zusammenstellung mit pot.
curus). — Nd. (Dann eil) hütik, hüting. 40 MtU,h\it(masc.), Hütte, kleines, geringes,
hutje, Imtjedraf; i. q. hotje, hotjedraf. ärmliches Haus, bedeckter Schutzort etc.; —
1. hütje, kleine Hütte. Dimin. von hütte. he wand dar in so 'n lütjen hütte; — he
2. hütje. Dieses in der Zusammenstel- böed sük 'n groten hüt ; — 't sunt all' emer
hing mit mütje gebrauchte Wort ist loahr- hütten, de up 't mör bi de swarte weg stän.
scheinlich identisch mit 1 hütje, da unter 45 Compos. erd-, stro-hütte etc. — Ahd. hutta ;
„hütje un mütje", od. „hüfje mit mütje** das mhd. hutte, hütte; nd. hütt; nid. hut; mnld.
ganze Hauswesen , bz. der ganze Haus- hutte ; engl, hut ; norm., schiocd. hytta ; dän.
stand, od. auch dasselbe, loofür der Deutsche hytte; franz. hutte; span. huta — Das ahd.
den Ausdruck „Kind u. Kegel" gehraucht, hutta (loas später ins nd., nord. etc. ein-
verstanden wird, wie z. B. in der Redens- 50 drang) loird vielfach mit hüd, hüs etc. von
art: se trekken mit hütje un mütje weg; — der y sku (decken, bedecken etc.) abgeleitet,
he jagd hütje mit mütje to de dör herüt etc. während Fick (III, 7S) es zu skr. kuti
— Im loang. sagt man statt dessen: hütti (Hütte, Halle, Schuppen), kuti (Hütte), ku-
mit mütti u. auch nd. (Dähnert etc.) u. tira (niedere Hütte), kuteva (Hidte) etc. ver-
mnd. (Seh. u. L.) ivird hüt un müt, bz. 55 gleicht, ivelche Wörter mit skr. kuti (Krüm-
haite MW mutiQ in derselben Bedtg. gebraucht. mung , Biegung, Wölbung etc.) loohl (cf.
1. hiitselii, schaukelnd hin u. her bewe- kamer u. unter kate) zu. der ]/ kut, kötati
gen, schütteln, hin u. her werfen, von einer (sich krümmen etc.) gehören. i' . ■u.
Stelle auf die andere bringen, die Stelle liiive, hüveren, liUvern, liiiyei'ig- >etc., s.
(Sitz, Wohnung, Dienst etc.) ivechseln etc.; 60 hüfe, hüfereu etc. ,^.iji '\'.w ;..;
120 IDEE
I
(der Vocal).
Die Wörter, welche mit dem Vocal „i" etc. hervorgegangen u. gehört das Wort idel
anfangen, trenne ich deshalb von den mit mit ahd. cit (rogus, ignis), eitar (Gift etc.,
dem Halbvocal od. Consonantcn J" hegin- cf. atter) etc. «. griech. aithö (brennen)
nenden, iceil da.'f ^" sehr häufig aus ursj^r. zur }' idh, iudh, brennen, glänzen, schei-
«g" (cf. jicht = Gicht, — jid = gat, — 5 ucn etc.
jegen = gogeu etc. etc.) erweicht ist. Dass ider, jeder; ideren, Jedermann. — Nid.
aber tiament'ich die mit langem „i" begin- ieder; afries. eider, aidor, äthor, äder, eidar;
nenden Wörter oft auch mit einem J" aus- wfrics. yder; engl, either; ags. aegdher.
gesprochen werden, hat darin seinen Grund, Mhd. ieder, ider; contrahirt aus mhd. iwe-
iceil in diesem Fall das lange „i" aus zwei 10 der, icweder = ahd. eohwedar, coweder,
urspr. verschiedenen Vocalen entstand u. zu ioweder. Das ags. aegdher indessen aus
einem meist gedehnten „[''-Laut contrahirt, aeghweder u. das afries. eider etc. atcs aie-
od. dass das „i" vor einem andern Conso- hwcdcr, cf. v. liichthofen, afries. Wb.,700.
nannten zu J"* tcurde , wie aus den nach- Das ags. aeghweder ist wohl Zusammen-
stehenden Wörtern das Weitere zu ersehen 15 Setzung aus ao -j- ge -|- hweder u. scheint
ist H. auch unter ^j" verglichen werden mag. demnach das afries. aiehweder für ü -|- ge
Dass übrigens auch der Vocal „i", eben- -f- hweder zu stehen, tvo a, ac mit ahd.
sowohl wie die andern Vocale , ein sehr eo, io = nhd. je (= e in emaud) identisch
schwankender Laut ist u. immer icar , ist u. das ge im ags. eagehweder die Vorsetz-
ghichfalls aus den unter diesem Buchstaben 20 partikcl ge ist, die auch im nhd. je glich
aufgeführten Wörtern ersichtlich, sowie auch (= ahd. eogalih, cf. elk) steckt,
aus ihn Wörtern, icorin derselbe als Inlaut Das Wort Jeder ist daher identisch
erscheint. mit j ewe der. Was je, bz. ahd. eo, io
Iho. Ibe. Ilibe, ml. Name. Davon Geschln. etc. ist, ist unter 7 Ji, ('maiul u. 2 et zu er-
Ibon, Ihben u. Ibeling, icelch Letzterer in- 25 sehen. Das ahd. hwedar = goth. hvathar
dessen auch als ml. Name vorkömmt. (nhd. weder) loird zwar als Frage-Prono-
Derselbe ist wahrscheinlich mit Ebo nahe men in der Bcdtg. : toer von beiden, od. von
verwandt, sowie dieser mit Abbo etc. u. ge- zweien etc. gebraucht. Da indessen nhd.
hören desgl. auch vielleicht die Namen: toer (cf. wel) nur die Bedtg.: einer, eine
Ippo, Jibbo, Jabbo etc. dazu. 30 unbestimmte Person, irgend Jemand etc.
cf. bei För Stern ann unter II), der (d'r is wel west = es ist Jemand da gewe-
auch eine Verwandtschaft dieses Stammes sen) hat, so heisst hweder eigentlich soviel
mit dem Stainm p] b ((. Ab für möglich hält. als: einer von zweien u. da eo, io die
icht, ichts, jichts, ichtens, ihts etc., ir- Bedtg.: je, immer, eicig, dauernd, ununter-
gend, irgends, irgend tcas, etwas etc.; s. ets. 35 brocken, in einem fort, stetig, stets etc. hat,
iddelk, .s. eddelk. so bedeutet eo-hweder soviel als: immer od.
Ide, ml. Name. Wohl gleich Edo; s. d. stetig einer von zweien. Insofern als nu)i
u unter Ibo ivrgen des Vocalwechsels. cf. aber in der Bede „dass einer von zweien
auch Förstemann unter Id, wozu auch immer etwas thut od. gethan haben kann"
Idsc ('s. d.) gehört u. wonach beide Namen 40 auch die Voraussetzung liegt, dass alle
der y idli, glänzen etc. entstammen können. beide (od. jeder von ihnen) inimer u.
iiIpI,^ eitel, leer, nichts als, blos etc.; — zugleich etwas thun, so bildete sich aus
dat is ulel sfrö, das ist leeres Stroh, bz. je od. immer einer von zweien (=
nichts (ds Stroh; — dat sunt al man idele ahd. eo-hwedar u. nhd. jeder) der Begriff
worden, war 'k iiiks up gute; — 'n idel ge- 45 von: alle beide, jeder von beiden,
spgge (i'in eitles od. leeres, unniäzcs Ge- jeder von allen, Jedermann, alle
rede); — he word so v\v\ (eitel, dünkelhtft, od. Jeder ohne Unter schied, einer
/inß'ärtig, prunksüehtig etc.). — Davon : t'ev- so gut als der andere etc. aus. cf.
idelii (vereiteln, zu nichte machen etc.); — auch lat. uter, was sowohl: loer von b e i-
\y\y\\uni\ ( Fitelkeit, bz. Leerheit, Nichtigkeit). 50 den etc., als auch beide ohne Aus-
Form: afries. idel, idle; »nid., nd. idel; nähme etc. bedeutet,
wfries., nid. ijdel; as. idal, idil ; ags. idel; Da h = urspr. k, c (cf. z. B. lat. coniii,
ahd. ital. idal ; mhd. itel. griech. keras = nhd. Hörn) u. auch lat.
Der Begriff leer, frei von, blos etc. q oil. qu (in qua ^ aind. ka) aus urspr. k
ist aus rein, lauter, klar, glänzend 55 entstand, so ist ahd. hw (bz. hu) = lat. qu
IDJE IT JE 121 IG
u. = ainä. k. Das aliä. liwe-dar (aus hwa- (regsam, strebsam, fleissig etc.) erklärt wer-
dar = goth. hvathar) entspricht demnach den zu müssen u. (da goth. ith [aber, tvenn
einem lat. quatar od. quatarus = aind. ka- etc.] u. id [zurück, re] = lat. it [in iterum]
taras, loas eine Comparativbildung von ka u. = ags. ed [cf. etmal u. eddelk] u. an.
(== lat. qua, goth. hva) ist, wie bei Bopp 5 idh ist) mit goth. ithan (gehen, sich bewe-
(cf. Gramm. II, pag. 24, 31 u. 203, nebst gen etc.) u. wohl auch mit goth. iMia, (Präter.
dem über ka im vorhergehenden Faragra- von j?aggan, gehen) verwandt zu nein u. zu
phen 385 Gesagten) weiter verglichen wer- der )/ at (cf. itan, es.se«, vo7i y ad), gehen,
den kann u. wobei noch zu bemerken ist, betvegen etc. zu gehören. Da nun aber in
dass auch lat. uter (cf. Fick, II, 77) loahr- 10 Eifer derselbe Grdbegriff der Bewegung,
scheinlich für cuter, bz. quter, quater steht des Begens u. Strebcns, bz. der Er-
u. demnach mit ahd. hwedar etc. gleichen regung. Auf r egtcng (= innerliches Be-
Ursprungs ist. toegtsein) etc. zu Tage tritt, so halte
Idje, Itje, tvbl. Name. Dimin. von Ida. ich dafür, dass diesem Worte auch eine
Idse, Itse, od. Idze, ml. Name. Gcschln. 15 Betvegungs- od. T hat ig keits -Wurzel
Idsen, Itzeu u. Idsiuga, Idzinga. (cf. dieserhalb lat. ago von }/ ag, bewegen.
Dem alten Geschlecht der „Idzinga" ge- treiben etc.) zu Grunde liegen muss. Diese
hörte früher Norden u. Norderland u. nah- y könnte nun aind, ap (bewegen vor, kom-
men einzelne Mitglieder desselben auch schon men zu, erlangen, erreichen etc., treffen, p>as-
an den Kreuzzügen Theil. Es starb 1439 20 sen etc.) od. äp = zend. ap sein, die auch
mit Hyma Idzinga, welche eine Tochter des dem goth. ibns, afries. ivin, iven (für ifin)
letzten Häuptlings von Norden (Eberhard u. ahd. eban (cf. äfen) zu Grunde liegen
Idzinga) ivar, aus. ivird, indem Äug. Fick (vergl. Wb., zweite
Dass Idse od. Itze eine Verstümmelung Aufl., pag. 340) dafür eine Grdform apina
von Edzard ist, ivie Stbg. bemerkt, kann 25 ansetzt, wobei das urspr. „p" regelrecht in
ich nicht einräumen, da der Geschlechtsname „f'' (cf. fader von y pa) übergehen musste.
Idzinga auf ein hohes Alter des Namens Auch das aind. ap (Wasser = bewegtes,
Idze od. Idzo hinweist u. neben Edzardsna loogendes , strömendes, fliessendes etc.) u.
(Geschln. von Edzard) in der ältesten ostfries. ap-as u. lat. opus (Arbeit, Verrichtung, Thä-
Geschichte vorkömmt. 30 tigkeit), nebst lat. opus (nöthig, geschickt,
Die Form Idse, bz. Idso scheint eher aus dienlich, passend etc.) u. griech. epö, epomai
Idiso entsprungen u. zum Stamm Idis (fe- (beschäftigt sein [womit u. um etwas] , be-
mina, virgo) zu gehören (cf. Forst ein an n sorgen, behandeln etc.; folgen, mitgehen,
unter Idis), der mit idel zur y idh, indh, nachgehen, verfolgen, ergreifen etc.) etc. ge-
brennen, glänzen etc. gehört, wonach Idso 35 hören zu derselben y ap (f. fügt sich dem-
(Idiso) die Bedtg. : „Glänzender" hat. nach das mit dem Suffix er vom Stamm if
Wegen Idis, bz. ags. ides (Frau) cf. ags. gebildete Wort ifer od. ifer sowohl etymolo-
Glossar von Bouterwek u. H. Leo. gisch als begrifflich sehr gut zu dieser y ap.
ifer, Eifer, Eile, Ucbereilung, Erregung, Dass das Wort ifer erst so spät in der
Leidenschaft, Zorn, Hitze etc. ; — he sitt 40 Schriftsprache auftaucht, beweist nichts ge-
ful ifer = ful für ; — he kwam so in ifer, gen diese Ableitung, da es jedenfalls schon
as he hörde, dat se sin bröer unrecht dön vorher mdartl. gelebt haben muss, bevor es
wulden, dat etc. ; — he hed dat in ifer segt in Schriften vorkommen konnte u. weil mög-
un dän; — d'r is gen ifer (od. furtgang) licherweise diejenigen Handschriften der Vor-
b! hum. 45 seit auch sehr leicht verloren gegangen seilt
Nach Grimm tauchte ifer, eifer (aemu- können, worin es schriftlich niedergelegt war.
latio ; zelus) erst im 15. Jahrhundert in Ober- ifern, eifern, eilen, streben, sich bemühen,
deutschland auf (wie desgl. auch mnd. ive- streiten etc., bz. eifrig u. thätig sein, erregt
ren), wovon unser nd. ifer ; nid. ijver; schwed. sein u. werden etc. ; — sük beifern ; — sük
ifver; dän. iver entlehnt sein soll. Woher 50 ferifern (sich ereifern u. aufregen, in Zorn
es gekommen, lässt auch Grimm unerklärt, gerathen etc.) ; — he iferd d'r tilgen , er
lüie desgl. auch Fick. Seine Verwandt- eifert (strebt u. spricht heftig) dagegen etc.;
Schaft mit an. idhja u. dem ahd. eit (cf. — he iferd för siu fründ, er eifert (streitet
atter u. idel) liegt doch wohl zu fern, trotz- lebhaft u. heftig etc., bz. bezeugt ein grosses
dem Grimm dafür plaidirt. Auch scheint 55 Interesse etc.) für seinen Freund. — Nid.
mir das an. idhja (Beschäftigung, Arbeit, ijveren; mnd. iveren.
Mühe etc.) u. idlina (arbeiten etc.) etc. ebenso ifi'ig, ifei'g? e^/V•^^, strebsam, thätig, fleissig
wie das Wort wiiinan ^ ahd. winnan (mü- eilig, erregt, heftig, zornig etc.
hen, .streben, arbeiten, kämpfen etc) aus der ig, ig, Endung vieler Adject. u. Adverb.
Grdbegr.: bewegen, regen, streben etc. 60 (als z. B. von ewig, enig, weinig, gidsig,
IG 122 IK
godig, modlg etc., icie bei Adelung n. ning, hz. chuninga (König) = sät. jan-a-ka
Andern das Weitere zu ersehen), die im könnte demnach übersetzt werden: Ge-
ahd. H. uihd. it. eersiehiedenen andern germ. schlecht-zu-gehörend, bz. gehörend-
Spraehen in der Form ag, eg, ig, ing, ac, z n- G e seh l echt n. Stamm = Stnm-
ec, ic, ine, oh, ich (cf. ahd. cinag, einac; 5 mcs-An g ehör iger, Geschleehts-Ver-
mhd. eincc, einic, cininc; as. onag; ags. wandt er ete., od. auch so, dass das G e-
aeneg, aenig; afries. onicli, onig = einig; schlecht u. der Stamm zu ihm gehört
— ahd. üwig, ewig; mhd. ewig, ewic; afries. u. von ihm ausging etc.
cwch, ewig; as. ewich = ewig: — ahd. I»g^j '"'• ^^nme. Geschln. Iggcn u. Ig-
muotig; mhd. niuotic , nmotec; as. mödag, 10 gcna.
müdpg, mödig; goth. imulags; ags. müdig = WahrscheinlicJi mit Iko (cf. die Namen
vtuthig ete.) u. wahrscheinl. auch noch in Iko, Igo, Icbo, Ihho, Ihcho, Yge etc. bei
andern Formen vorhiimmt u. ebenso wie die Forste mann unter ic) desselben Ur-
Endung ig, ing, eng etc. (in künig od. kij- Sprungs u. vielleicht auch mit dem Geschln.
nink [= ahd. cliiining, cuning, kuuiiic, cliu- 15 Eggen, die sämmtlich ebenso ivie Agge u.
nincb, kunig, kiiuic; amhd. chunich; mhd. der ahd. Name Egge, Ecke (Name eines
künic, kunec ; ags. cyning; afries. kining, J\/es'e«, der von Dietrich von Bern erschla-
kinig, keneng, keneg; an. konungr etc.], gen wurde) n. der ags. Name Ecg-laf
boyiing, beninga, beiienga etc.), bz. ang, ing, (Vater des Ili'inferdh) etc. mit egge (Hand,
uug — auc, iuc, unc etc. eine Ang ehör ig- 20 Kante, Schneide, Schärfe, Spitze, Schwert-
keit u. Vertvandtschaft — ein Ha- schneide, Bergspitze etc. = spitzes, vor-
ben u. Bes it z en, bz. des Eigenseins, stehendes, vor- od. aufragendes Etwas) =
od. der Eigenheit u. Beschaff enheit afries. eg, ig, ags. ecg etc. verwandt sein
ete. ausdrückt u. tcahrschcinl. auch dasselbe dürften.
Wort ist, tcie ang, iiig etc. selbst, cf. ing. 25 i^s, igts ; i. q. iebts ti. cts.
Wie bei Bopp (s. Gramm. III, 422) zu ik, ich. — Afries. ik; as. ic; ags. ic; an.
ersehen ist, glaubt derselbe ig, ing etc. in ek; goth. ik; ahd. ih, ich; mhd. ich; lat.
köuig als aus aka (a-ka) entstanden ansehen ego; griech. egö ; zend. azem; skr. aliam etc.,
zu müssen, während ich (cf. unter ang, eng denen sämmtlich ein urspr.ngh'Am (cf. Bopp,
etc.) diese Endungen lieber auf die y ak, 30 Gramm., 1, Vorrede, XIX u. daselbst in
ank (=: akb, ali, anli etc.) zurückführe, da § 23) zu Grunde liegt, während das franz.
sich die in ang, ing etc., bz. ag, ig etc. lie- je u. übcrhauiJt die rom. Formen (cf.Diez,
gende Bedtg. der Angehörigkeit u. des 1,240 unter io) aus dem lat. ego entstanden.
Eigenseins etc. ebenso wie bei egen Da das ra nach Bopp (s. Gramm., II,
(eigen, angehörig etc.) ohne alle Schwierig- 35 101) Endung u. tvahrscheinl. aus ma ge-
keit von der y ak (bewegen u. dringen vor, kürzt ist, loic unser m in bessern, bossem etc.
gehen u. kommen zu, erreichen, erlangen, u. ferner dieses ma in der Wortbildung die
ergreifen, in Besitz kommen von Etwas, sich erste Person bildet, sowie auch der Stamm
aneignen, nehmen, fassen, halten, erhalten, von lat. mens u. tinserm mi, min etc. ist,
bekommen, behalten, haben etc.) ableiten 40 so nehme ich für aham etc. eine Grdform
lassen. agliama ((n. Indem nun aber das erste „a"
cf. auch unter isk, isk u. weiter: air. ic, der Pronomiiudstamm „a" (cf. Fick, I,
icp (= ine, anc) kommen (zu), gelangen pag. 1) der ersten I'erson, also das Ich
(wozu u. wohin), erreichen, erlangen etc., selbst schon bezeichnet ti. aucli die Endung ma.
die wohl mit ak (beicegen vor, dringen vor 45 auf die eigene Person od. das Ich sich be-
u. ein etc.) u. skr., zend. ac (beivegen vor, zieht, so ist in dem aus a -}- gha -f- ma zu-
kommen zu, erreichen etc.) identisch ist. sammengesetzten Worte aham der Begriff der
Ist übrigens ig, iiig als Kürzung von iga, eigenen Person anscheinend zweimal enthal-
inga aus aka entstanden, so erklärt sich der ten od. dem Begriffe nach reduplicirt, wo-
darin liegende Begriff' der Angehörig- 50 durch vielleicht urspr. toie bei vielen sonsti-
keit, der Verbindung, des Ilaftens gen Wurzelreduplicationen der schon in „a"
od. des Verbundenseins toomit ete. liegende Begriff blos verstärkt od. noch deut-
auch aus aka, ioeil dies von a (= von, ab, lieber gemacht werden sollte.
zu etc., cf 4 u. 5 a) ic. ka = lat. qua, quo Was nun aber das mittelste Wort gha
etc. zusammengesetzt ist u. somit (weil ka 55 betrifft, so ist dies eine Verstärkungsparti-
= quo eine V erbindun g s- Partikel kel wie unser ge ^'h gcbalsk, gedö etc. (cf.
ist, cf. un = und u. 6k = auch) die Bc- Fick, I, 7S) = ahd. ga, ka (cf. Schade,
dtg. des Verbundenseins n. der An- ahd. Wb., 155 unter ga), ge, ke, gi, ki etc.
gehör ig keit, bz. der Absta m m u n g etc. , die man richtiger loohl eine V e r-
wovon etc. sich auch hieraus ergiebt. chu- HO mehr ungs- , od. (zwischen zwei Wörter
IK 123 IK
gestellt) eine V er hin dun g ft - Partikel nen- tiglceit in die zu aichenden Gewichte u.
nen sollte, ganz wie das aind. ka = lat. Masse hineinstösst od. schlägt od. hinein-
quc u. das lat. co, com, cum etc. (cf. Fiele, hrcnrit ; — ik-kamcr, AichJcammer ; — ik-
I, 32 unter ka) , die man mit nhd. und, amt, Aich-Amt = a) die Aich-Jichörde u.
auch, zu, mit, nehst, sammt etc. über- 5 b) die Aich - Wahrnehmung (dat ikamt is
setzt. Diescmnach bedeutet das ganze Wort liura updragen) ; — ikcr, Aicher, die Aich-
aghama nun eigentlich soviel als: ich mit Person; — ikmester, Aichmcistcr etc.; —
ich — ich — f- ich od. ich u. ich zu- \k\?i(\.QY,das Aich-Eisen, der Aichstcmpel etc.
sammen, wodurch vielleicht angedeutet wer- Was nun das Wort ik betrifft, so halte
den sollte, dass aham das wahrhafte, 10 ich dafür, dass es ein Etwas bezeichnet,
toirk liehe u. alleinige Ich=^ meine was man einem Gewicht, Mass etc. inhaf-
Selbstper son par excellenco, od. Ich tirt, eins chlägt, einprägt od. zu ei-
ganz allein u. ausschliesslich, Ich gen macht u. giebt, ebenso wie dies bei
selbst etc. sei. Dieser Vorgang lässt sich den alten Marken an den Häusern, od. son-
meiner Ansicht nach auch sehr gut durch 15 stigem Eigenthum auch der Fall loar u.
die Annahme erklären u. rechtfertigen, dass dass in Wirklichkeit das Wort ik mit dem
in dem Pronomial-Stamm, „a" überhaupt nur mark (Merk) u. mal (Zeichen etc.) seiner
der Begriff von einer unbestimmten Person- Bedeutung nach ganz gleich ist, loährend es
lichkeit (bz. eines Seienden, od. Etwas andererseits in Abstammung u. Grdhegriff
etc., cf. wicht) lag, od. dass derselbe iirspr. 20 (als Haftendes , Haltendes etc.) viel-
nur die Bedtg.: Person, Wesen etc. leicht mit ek zusammenfällt. Diesemnach
(gleichviel welches) überhaupt hatte, was eben scheint mir nun trotz Grimm' s Beden-
dadurch bestätigt zu werden scheint, dass ken das ahd. eihhöa , eicliun ; mhd. eichen
von diesem „a" (cf. Fick, Ferd. Justi {= a) in Eig enthum übergeben, zu-
u. Andere) auch noch andere Pronomina 25 sprechen, zueignen, in Besitz neh-
gebildet icerden, wie z. B. zcnd. aem u. skr. m en u. geben etc. u. b) Getcichte u. Masse
ayam etc. (cf. Ferd. Justi etc. u. Bopp, von Obrigkeit loegen eichen, bz. aichen)
Gramm. II, 109 seq.) u. dass auch ayam ganz dasselbe Wort wie unser iken u. nid.
durch Einschiebung der Verbindungs-Par- ijken, tvenn man dieses in der einfachen
tikel „y" zwischen a u. am (also a-y-am) 30 sinnl. Bedtg.: merken, mit einem Merk
gebildet lourde. od. einer Marke ver sehen, kennzeich-
Diesemnach würde nun a-gha-ma or?. das nen, signiren etc. u. das Subst. ik od.
mit „a" als Person, Wesen etc., durch ike in der Bedtg.: Merk-Ding, Zeiche n-
gha = CO etc. verbundene mA eben meine Ding (sowohl als Geräth als auch als Sig-
Person od. das Ich bezeichnen, tvie ja 35 tium, womit man Etwas merkt u. zeichnet)
ma nicht allein Stamm des pers. Fron, mi, etc. nimmt. Vergleicht man nämlich die
sondern auch des Possess. min ist. alte liechtsgeioohnheit, dass eben durch das
ik, das Aich- Zeichen, bz. das einge- Einhauen der persönlichen Marke in das
stochene, eingeschlagene od. auch (in hol- anzutretende Eigenthum die Uebergabe u.
zernen Geräthen) eingebrannte Mal od. Zei- 40 Besitznahme desselben geschah u. später
chen, loomit obrigkeitlich beglaubigt wird, durch das Unterfügen derselben unter den
da,ss ein Gewicht, Mass od. Fass genau so betr. Kaufcontract statt der Namens-Unter-
schtcer u. gross ist, wie es dem Gesetze nach schrift etc., so erhellt leicht, dass mit diesem
sein soll; — de ikmester let 't ik d'r up merken, bz. dem Eitthauen, Einstechen,
slän (od. brannen) , as he de mät namäten 45 Eingraben etc. der persönlichen Marke, bz.
un rigtig funden harr'; — ik biu twifelacli- mit ahd. eihhön etc. sich von selbst die obi-
tig, of de mat wol richtig is; man kan d'r gen Bedtgn. der Uebergabe u. des in Be-
wenigstens hei gen ik mer up sen. — Nid. sitznehmens eines Etwas verbinden musste,
ijk (dasselbe); mnld. iccke forf. jecste), ycke, während andererseits das aichen od. nie r-
hycke ; tul, mnd. ike (vasis mensura et capa- 50 ken u. s t e mp e l n der Gewichte u. Masse
citas, mensura capacitatis et ponderis justi ; von Obrigkeits tvegen mit dem officiellen
Signum sive nota justae mcnsurae). — • Vbm. : Stempel geschah u. nur als Beweis dienen
Iken (nd., mnd. iken ; nid. ijken ; mnld. iecken, sollte, dass das betr. Mass u. Gewicht etc.
ycken, hycken ; hess. eichen, eichten, ichten ; mit dem gesetzt. Mass u. Gewicht verglichen
p)omm. ikken ; Schweiz, icha, ichta etc.) eichen 55 u. damit übereinstimmend gefunden sei. ^ So-
od. aichen, d. h. ein verificirtes Gewicht od. viel ich weiss, versteht man hier unter iken
3Iass mit dem ik od. Ai ch zeichen versehen, auch niemals etwas anderes, als dass der
was eben durch stechen, stossen, schlagen obrigkeitliche Stempel dem betr. Gewicht,
od. einbrennen in der Weise geschieht, dass Mass od. Fass etc. nach geschehener Ver-
man den Aichstempel zum Zeichen der Bich- 60 gleichung u. richtigem Befund eingeprägt
m
124
ILEN
od. eingebrannt wird u. ist es noch Nie-
mandem eingefallen, das Xachwiegcn «.
Nachmessen selbst mit dem Worte iken rw
bezeichnen. Ist iken übrigens = steclicn,
stossen, so könnte es vielleicht mit jOkel
((•/. dieses) u. mit iigel (Jgel) u. äkol zur y
ak, vordringen, vorstossen, eindringen etc.
gehören.
Mit Jken = ahd. eihhön , bz. Ikd = (ge)
a i c h t in der liedtg. : g e merk t, in a r k i r t,
mit einem Mal od. Zeichen etc. verschen
etc. scheint mir auch unmittelbar verwandt:
das an. cikdli, eykdh, oikdh od. eikt, tcas
einen Zeitraum von 3 Stunden bezeichnet,
od. tvahrscheiidicher eine blosse Marke
(od. ein blosses Merkzeichen) tvar, wodurch
die Zeit von einem Mittag zum andern in
8 gleiche Zeiträume (ülinlich rcie bei uns in
24 Stunden) von 3 Stunden eingetheilt wurde.
Denn wie aus einer Abhandlung von Finn
M a g n ussc n über die Eintlteilung des Ta-
ges bei den alten Scandinaviern (cf. die
Uebersetzung desselben in der Zeitschr. : de
vrije Fries, Leeuicarden lS4:i, II, 58 seq.)
hervorgeht, geschah die Eintheilung des Ta-
ges, bz. der Zeit derselben urs2)r. in der
Weise, dass man eben wie bei einer Son-
nenuhr den auffallenden Schatten eines er-
habenen u. spitzen Gegenstandes beobachtete,
u. nach Verlauf von 3 Stunden ein 3Ierk-
2 eichen (Einschnitt, Funkt, Strich etc.)
machte, icclches dafjsmark (Tagesmerke) ge-
nannt wurde und tcoraus hervorzugehen
scheint, dass es eben die oiktr (od. Mar-
ken-Einschnitte etc. auf einem Brett
od. Stein) tcaren, loodurch der 24-stündige
Tag in 8 gleiche Theile zerlegt wurde.
Nehmen wir nun iken in der Bedtg.:
merken u. vergleichen wir unter mark u.
marken, dass dessen Grdbdtg. wahrscheinl.
neh m e n, gre if en, halte n, f a s s e n etc.,
bz. haften etc. ist, so erklärt sich auch
das mit ahd. nihhön verwandte ahd. ureichi
(proprium, qiialitas, substantia) «7s Eigen-
thum, bz. als das Erfasste u. aus Et-
was heraus Geno m m ene etc. sowohl,
abi auch in der Bedtg.: Eigenschaft,
als das, loas einem Etwas anhaftet
u, eigen ist. cf. unter jichtea loegen ur-
eichi etc.
In Form u. Grdbegriff (nämlich hal-
ten etc) stimmt zum Stamm ik am besten
ek = ahd. cili, eich etc.; «h. eik; nfries. ik
etc. u. ist dort das Weitere zu vergleichen.
Zum Grdbegriff: steche n, präge n, s t o s-
s c )i etc. vergl. indessen das im Folgenden
erwähnte lat. ico.
Zum Schluss noch die Frage, wie sich
der Name des Hirsches . . eiktliyruir (rf.
G ri m m , Mgth., 778) zu dem obigen an.
eikt, eikdh etc. verhält u. ob darin nicht
das Wort: an. hyruir (Ilürner) steckt, too
denn eikt vielleicht die Bedtg.: Stoss,
St i c h etc. od. Zacke , Sj; / tze (= Ste-
5 chendes, Scharfes etc.), bz. zackig,
ästig etc. hat. Da 7iun aber merken,
bz. mit einer Marke, einem Zeiche n od.
31 al etc. versehen auch = prägen,
c i n p r ä g en, e i tist o s s e n, e i nste c h e n
10 etc. ist, so kann man übrigens aucJi anneh-
men, dass dem Verb, iken die sinnl. Be-
dtg. : stechen, stossen, schlage n,
hauen etc. zu Grunde liegt u. dass dem-
nach ikeu u. dits entsprechende ahd. eihhön
1.5 u. an. eikt etc. mit dem lat. ico, ici, ictum
etc. (cf. Fott, Wurzelwb., III, 138) un-
mittelbar verwandt ist, worauf auch mnd.
(Seh. u. L.) ike (a. spitzes Instrument,
Lanze ; — b) Instrument, womit man die Ge-
20 fasse sticht u. ihren Inhalt misst [cf. peilen
etc.] od. nach ihrem Inhalt bestimmt) hin-
zudeuten scheint. Zu ico, ictum etc. u. mnd.
ike cf. (Fick, II, 31) griech. aikmo (Spiess),
wonach ]/ ik wohl Ablautform von ak (ef.
25 griech. akö u. lat. acus etc.) ist.
ikel, ikkel, unsauberes , schmutziges, ge-
meines Weibsbild, Ilure, gemeine Vettel etc.
Wohl dasselbe wie nikkel u. dort das
Weitere zu vergleichen.
30 iken, aichen; s. unter ik.
ik-kumer, Aich-Kammer, Aich-Baum.
ik-niester, Aich-Meister.
Iko, IkP, ml. Name. Geschln. Iken u.
Ikena. Davon tvuhl tveibl. Name: Ikke,
35 statt Ikka, Ika.
Wegen Iko etc. s. unter Igge, Eiko, Inka
etc. «. cf. bei Förstcmann unter ic die
Namen : Ico, Ige, I k k i a etc.
1. ilc, il (I'lnr. ilen), Igelkolbe; sparga-
40 nium.
Es ist das contrahirte nhd. Igel in der
Bedtg.: stach ligtes Etwas u. ist sie
von der stachligten Frucht so benannt.
Von diesem il od. ihl kömmt angeblich
45 der Name des Klosters Ihlow (d. h. ihl-owc
:= Igelkolben -Aue, tveil in der sumpfi-
gen u. wasserreichen Gegend viele \len wuch-
sen; cf. Sund ermann, ostfries. Sagen,
16) her.
50 Wegen igel s. unter ägcl m. cf. holst.
Idioticon von Schütze, II, 190 das Wort
lilo.
2. ile, il, Eile. — Ahd. IIa; mhd. ile
(Eile, Eifer); nid. ijl ; (/. unter 2 ilcn.
55 1. ilen. Flur, von 1 ile.
2. ilen, eilen, schnell gehen, eifrig vor-
tvürts streben etc. — Ahd. ilan, ilen, illan;
mhd. ilon; as. iljan; nid. ijlon.
Dass die Wörter ilc u. ileu auf die Grd-
60 bdtg.: bewegen, regen (sich regen u.
IL-GAT
125
IN
thätig sein, sich befleissigen etc.), gehen
(vor , wohin etc.), vorioärt s strebe n etc.
zurückgehen , ist ziveifellos u. möchte, bei
dem steten Wechsel von „r" u. „1", dafür
die y ir als Nebenform von ar (beioe g e n,_
gehen etc.) anzusetzen (cf. Fott, Wur-
zelwb. II, 3 seq. u. 77 etc.) sein. Dazu:
il-gat, (Eil-Loch) Flug-Loch im Bienen-
körbe etc. ; — (scherzh.) After.
i-16f, ei-löf, li-lüf, Epheu. — Mnd. iw-
löf, ifflöf. jE".*." ist zusammengesetzt aus \ =
iwi etc. u. lüf u. hat die Bedtg.: immer-
grünes, ausdauerndes Laub, wie un-
ter epha weiter zu vergleichen ist.
ilt I i. q. alt.
im od. imnie, Imme, Honigbiene ; — he
stekd as 'n im ; — he is f ileinig as 'n im ;
— he is flüg as 'n im.
Mit nid. ijm ; geldr. imme ; mnld. imme ;
mnd. imme etc. (Honigbiene) u. nhd. Imme
etc. aus ahd. impi, mhd. imbe (Biene, Bie-
nenstock, Bienenschwarm, Bienenstand) ent-
standen, wie emmer = nhd. Eimer aus
eim-, bz. ein-par.
Es bleibt fraglich, ob der ziveite Theil des
Compositums impi, nämlich pi, ebenso ivie
pi in pior, bior (Bier = Trinken, Getränk,
Nahrung etc.) mit pi im lat. api-s identisch
ist ti. zur y pa, pi (trinken, schlürfen etc.,
wozu auch lat. bibo etc.) gehört (daher auch
skr. ma(ihu-i)a = wörtl. Honigtrinker
als Name der Biene; cf. Pott, Wurzclwb.
I, 192) u. so das ahd. impi loörtl. Ein-
tri n ker, E i n schlürf er etc. bedeutet, od.
ob der Stamm pi, bi (wovon auch ahd. pia,
biä ; 7nhd. bie ; nid. bij, bije ; ags. beö ; engl.
bee; an. by; dän. bi etc. nebst ahd. plan,
bian u. mhd. bin ti, ahd. pini, bini, pine;
mhd. bine = nJid. Biene) mit ahd. pim,
bim (= nhd. bin, d. h. [ich] lebe, ivohne
etc.) u. ags. beön (seitt, wohtien, leben, sess-
haft sein etc.), sotvie ferner mit höen (bauen,
hervorbringen, erzeugen = sein u. leben
machen), bur (Wohmmg, Haus, Dorf etc.)
zur y bü, bhü gehört.
Was mich betrifft, so halte ich das Eistere
für das Wahrscheinlichste, ivährend Grimm
die letzte Ansicht vertritt u. die Biene als
die Bauende deutet. Nach Fi c k (I, 156)
soll übrigens das ahd. piä, biä etc. zu der
unter ban, bannen erwähnten ]/ bha, bhan
(sonare etc.) gehören und demnach urspr.
die Summende (cf. hummel etc.) bezeich-
nen.
im-borst, s. inborst.
Imel, ml. Name. Geschln. Imels. — Da
die Tochter Karls des Grossen statt Emma
auch Imma genannt wird u. Emma zur y
am (Ijewegen, regen, thätig sein etc.) gehört
(cf. Emma, Emo «. emsig) , so dürfte Imel
auch eine Nebenform von Amcl sein, zumal
auch unser inge := nhd. Anger ist.
imel, imer, Brocken, Körnchen, Geringes,
Geringstes etc. ; — he wil mi gön imel faii
5 gäfen; — ho is so 'n gitserd, dat he gen
imel misten kan; — d'r is gen imel in de
schöttel bläfen. Dimin :
imelke. Nebenform von 3 emer.
Imke, wbl. Name statt Irameke. Dimin.
10 von Imme.
imke, Bienchen, kleine Biene. Dimin.
von im, bz. imme.
imker, Bienenvater, Bienenpfleger, Bie-
nenzüchter. — Auch geldr. imker.
15 im-körf, Bienenkorb.
1. imme, s. im.
2. Imme, Immo, ml. Name. Geschln. Im-
men. Mit vorschlagendem „j" auch : Jimme,
Jimmo, Jimmen.
20 Wohl mit Emo u. Emmo (cf. Imel) connex.
immen-hüde (harrl.), eine aiisgeleerte Ho-
nigioabe. Wörtl. : ein Biene ti -Behälter
od. Versteck u. Aufenthaltsort für
Bienen u. wohl so zu verstehen, dass es
25 diejenige von Honig entleerte Wabe ist,
worin die Bienen den Winter über verbor-
gen gelebt u. welche sie nach u. nach, be-
huf ihres Unterhalts , von Honig entleert
haben.
30 immen-küke, imkok (Bienen-Kuchen), Ho-
nigwabe.
immer, jümmer, immer, allezeit, jederzeit
etc.; — immer un ewig. — Nid. immer; ahd.
eomer, iomer, iamer ; mhd. iemer, imer, im-
35 mer (immer, für immer, irgend einmal).
Davon :
immers, jiimmers, irgendwie; — wen 'k
jümmers kan, den wil 'k dat dön.
Das ahd. eomer ist Zusammensetzung von
40 eo, io = nhd. je (s. unter 7 ä m. 2 emer)
u. mer (mehr, häufiger etc.) u. dient Letzte-
res wohl nur zur Verstärkung des schon in
eo, io etc. (= je, immer) liegenden Grdbe-
griffs, zumal das ahd. mer auch (zeitl.) die
45 Bedtg.: fortan u. das entsprccheyide goth.
maiza die Bedtg. : älter = von länger er
Zeitdaue r etc. hat.
impost, Eingangssteuer, Eingangszoll ; —
up de stenkalen ligd gen impost; — dat göd
50 deid gen impost.
Mit franz. impöt (Auflage, Tribut etc.)
von lat. impositus, impostus.
im-schul , immenscliül , Bienen-Schauer,
Bienenstand, cf. schul.
55 in, in, ein, hinein, inwendig, innen, bin-
nen; umgeben u. umschlossen von etwas,
zwischen etc.; — in hüs, in- od. zu Hause;
— ingän, ein-, hinein- gehen; — ingäfen,
ein- od. hin ein- geben; — kämd in,
60 kommt herein = binnen; — dat schip
IN- AKNEN 126 IN D' STAE' IN STAE'
kumd in, das Schiff kommt ein od. bin- aufstacheln, anfeuern etc. sum Streite, cf.
)tan; — dat fald iu de arten, das fällt in böten.
od. zwischen die Erbsen; — dat hart sitt in-l)ötoi*, Einheizer ; Aufwiegler.
iu de borst; — raidden in de bOm sitt 'n in-brök, Einbruch.
hol; — he sitt d'r middon iu (= mankeu 5 in-budel , Mobiliar, bz. das, was an be-
od. tüskcn elc.) ; — he geid mit gewald up weglichen Sachen sich im Hause befindet
de feaud in, er geht mit Gewalt auf den = ingod; — he wil sin hele inl)üdei fer-
Feind ein od. zu, los = gegen den kopou latou. — Nid. inboedel, imboedi'l, im-
Feind. — Ahd. in (in, ein, hinein); ahd., boel; m)dd. (KU.) inboel; afries. iubodel ;
mhd., goth. in (in, an, auf, zu, bei, gegen) 10 mnd. imbül. cf. büdel.
u. inu (hinein); ags. in (in, an, auf fu. des- ili-biitpii, eintauschen, einwechseln.
halb auch durch ou = nhd. an vertrete)ij ; in-dachti^, eingedenk.
ein, herein, hinein); afries. in (in, zu, in-il&^cw, cinrufen, vorladen, zum Gericht
hinein); tcfries. ijn; tdd. in; engl, in (in, tagen.
an, auf, bei, aus, nach, unter, zu etc ; ein, 15 in-delon. eintheilcn.
herein, darin etc.); an. i (in), inn (ein, ill-dolfen, eingraben, hineingraben.
hinein). ill-deiiK indem, währenddem, inzwischen,
Dass auch dem Worte in ebenso ivie au mittlerweile etc.; — lie kwam indem.
eine ursjjr. Bewegungswurzel zu Grunde In-deiiimern, einschlummern,
liegt, ist schon dort gesagt u. auch wegen 20 in d" liand fallen, besser ausfallen, bz.
der wecliselnden Form von an, in, uu da- besser kommen, als man enoartet hat; —
selbst ilas Weitere zu vergleichen. Da die dat gmvigt fau de kö is mi nog wat iu d'
Form in indessen sehr constani in unsern haud fallen. Gegensatz von : ilt d' band
Sprachen erscheint u. auch das lat. iu schwer- fallen.
lieh davon verschieden ist, so leite ich in 25 in-dik, innerer Deich, Binnendeich,
direct von der aus „i" (bewegen, gehen etc.) in-iikcu, eindeichen, einjioldern, mit einem
erweiterten y in ab, worüber das Weitere Deich umgeben.
bei Pott (Wurzelwb. I, 657 u. II, zweite in-disig (cf.dhig), bis ins Innerste hinein
Abth., Li) zu vergleichen ist. — bz. durch u. durch (od. ungemein, stark,
in-arnen, einwurzeln, eingreifen etc.; — 30 sehr etc.? cf. iublide) störrisch, unfreund-
dat kwäde is al to diige bi hum inarnd; s. lieh etc., z. B. vom Wetter, vom menschli-
1 arnen. chen Gemüth etc.; — 't is so regt indisig
in-bären . einbohren, hineinbohren, ein- kold; — he hed so 'n regten indisigen na-
dringen, hineindringen etc.; — he bärd d'r tür; — 't is 'n indisigen kerel.
man so uiiferhulgon up in. 35 in d' niot' gan, entgegen gehen.
in-bilden, einbilden, vorstellen etc. in d' niöt kamen, entgegen kommen, be-
in-bildniig, inbildin«:;, inbilden, Einbil- gegnen^
düng etc. — Sprichw. : inbilden is sliinmer in-dökcn, eindrücken, durch Druck (z. B.
as de dardedägsche kolde. mit dem Finger) eine Vertiefung (dök) in
in-blnden, einbindoi, einknoten etc.; — 40 etwas machen, durch Druck einbiegen ii.
(fio) f^^i '«s Gedächtniss einprägen, ein- vertiefen. Furtic. indaken, eingedrückt, ein-
schärfen etc. gebogen etc. cf. dazu 0. L. li., pag. 727 u.
in-blide , sehr (od. ungemein , stark etc.) 731 indaekcn.
froh u. heiter. — jN7(7. inblijde. cf. mnld. in-dön, einthun, einheimsen, einbringen,
in in der Bedtg.: valde. 45 einlegen, hineinlegen etc.; — kCirn indüu;
in-bilren, einnehmen, einheben etc.; — he — gcld in de biil döu etc.; — ins Gedächt-
hed liunderd gülden inbörd. niss hineinlegen, erinnern, einprägen, er-
in-borst, iniburst, inbo.st, Denkungsart, mahnen etc.; — ik heb' hum 't anders nog
Gemüthsart, Gesinnung, Charakter, inneres so dügtig indän, man de sliingel hed 't dog
Wesen, Eigenart, Sinn etc.; — he hed mau 50 wer fergilteu.
"n slfgten inborsf, er hat nur eine schlechte in-drift, Eintrift, Trift od. Fahrweg in
Denkungsart ; — 'n goden inborst dürd man Etwas hinein ; — d'r is g(Mi indrift bi dat hüs.
bi hum wol t'erwachten, wen he wat na sin in-drögen , eintrocknen, vertrocknen, zu-
tader ärden deid. — Nid. inborst. sammenschrumpfen, schwinden etc.; — de
Es ist Compos. von in u. borst (Brust) 55 appels sunt hei iiulrAgd; — de sake indrö-
u. geht auf die innere od. inwendige gen laten, die Sache, bz. einen liechtsa)i-
llrust, bz. das, was der Mensch in der sprach schivinden lassen u. nicht weiter ver-
Brust hat u. hegt. folgen.
in-biiteu, einheizen, einlegen; — du kaust in d' stä', in stä', auf der Stelle, sofort;
in de dunis wul wat inbüten; — anreizen, CO — ik bin in d' stä' wer hir; — an der
IN-DUKEN
127
ING
Statt, anstatt etc.; — in d' Stil' fau lium
kwam sm fader ; — in de stä', an der Stätte,
hs. in dieser Stelle etc.
in-diiken, eintauchen.
in-düsken, sanft einschlafen, langsam u.
unvermerkt entschlafen etc. ; — he is so sagt
indüshed od. weg-düsked.
Ine, s. Ino.
ine, in, Granne, Äehrenspitse ; — de garst
is uet god körud; de inen süiit to lank blä-
fen. Daher : in-korn = G r a n nen- Kor n,
im Gegensatz t;o» knubbekorn, bz. knub be-
garst, 'welch Letztere glatte, dicke, rund-
liche Aehren hat.
Die richtige Form ist ihne u. das „i" eine
Schwächung von „ä" (cf. z. B. inge = An-
ger), sodass ihm die Form ahne, od. voll-
ständig ahana zu Grunde liegt, die wir im
goth. ahana, ahd. agana, nhd. Agen vor-
finden , trotzdem dies die Bedtg. : S}} reu
hat. Denn dass die Grdbdtg. von dem goth.
ahana etc. sp itz, seh a rf, steche n d etc.,
bz. das od. die Spitze etc. ist, geht aus
dem gleichbedeutenden lat. acus hervor, was
mit acus, acer (Spitze — spitz, scharf, ste-
chend etc.) u. auch mit goth. ähs, ahd. ahir,
ehir = Aehre (d. h. Spitze, cf. är) zu der
y ak gehört, cf. Aug. Fiele, Sprachein-
heit der Indogerm. Europa's, 127 wnierakanä.
Inen, s. Ino.
in-en, inein, in einem, unaufhörlich, un-
unterbrochen etc.; — dat geid inen so weg,
od. inen so fürt.
in-eus, ineins, auf einmcd, zugleich etc. ;
— de beide schäpen kwammen inens binnen,
die beiden Schiffe kamen zugleich binnen;
— he was d'r inens wer , er war auf ein-
mal u. ganz unerwartet loieder hier.
in-enten, einimpfen; — pokken inenten,
(Schutz-) JBlattern einimpfen.
in-fal, Einfall, Einsturz etc. ; — dat was
'n infal fan belaug; — dat is 'n infal as 'n
old hüs ; — 't is hir altid so 'n söten infal
west, es ist hier (zu Hause) stets so ein
süsser Einfall gewesen, d. h. es kömmt hier
stets u. gern viel unenvarteter Besuch. —
Auch von unerwartet u. plötzlich einfallen-
den Gedanken u. Ideen; — he hed altid
sük ferrükde infallen.
in-fin, durch u. durch fein (zart, hübsch,
anständig, manierlich, gesittet, fromm;
scharf, eindringend, iveise etc.), sehr fein,
überfein, überklug, spitzfindig etc. ; — dat
god is so regt infin; — dat is so infin
as 'n menisten borstlap; — he kan so regt
infin dön, er kann so recht durch u. durch
fein u. anstündig etc. thun ; — he is net so
infin (spitzfindig etc.) as de düfel. cf. das
nid. in-fraai = durch u. durch schön, sehr
schön etc.
in-loi', Einfuhr.
in-fiircn, einführen.
iu-loren, im voraus; — he is mi infSren
räkd od. kamen.
5 in-fril'en, s. in-wrifen.
ing, Endung vieler Wörter u. Namen,
die vielfach durch eng, ung vertreten wird
u. worüber Weiteres unter ang ^m ersehen
ist. In sehr vielen Fällen wird beim Spre-
10 chen das „g" verschluckt u. nur en gehört.
Vergl. z. B. boyefi statt boying, boyung —
meneii statt meuing, menung (Meinung), he
hed sin menen net segd etc. Vergl. wegen
dieser auch oft mit ig (s. d.) identischen
15 Endung die holländischen, deutschen u. son-
stigen WöHerbücher. Ferner Bopp, Gramm.
III, 422, wo er ing = ig als aus inga, iga
(cf. auch Max Müller, Vorles. II, 555
ivegen ing, ig in könig) gekürzt ansieht u.
20 dies auf eine urspr. Form aka zurückführt.
Was die Endung ka = ga anbetrifft, so
drückt sie ebenso wie unsere Vörsetz- Par-
tikel ge u. das entsprechende lat. que u. co
ein Hinzut h u n, eine V er m ehr ung, bz.
25 eine Verbindung (mit Etwas) u. so auch
eine Angehörigkeit u. ein Eigens ein
u. Besitze 71 (von Etwas), bz. Haben
etc. aus. cf. Benfey, Orient u. Occident,
II, 82 ivegen ka = ga. Wegen ing cf. auch
30 Max Müller, Vorles. II, 13 seq. u. s.
am Schlüsse dieses icegen aka. Nach Gei-
ger (Urspr. der Sprache, 69) ist die En-
dung ung = skr. anc u. soll dieselbe wärts
bedeuten, was doch nur soviel sagen will,
35 (ds „sich bewegen tvohin", bz. kommen
u. gehen zu etc., xoodurch auch ivieder (cf.
unter aug) der Begriff des g esellens, an-
s chli essen s u. verbindens (mit) etc.
entsteht.
40 Dass der Name : Ing, Ingo, Inguio u. auch
unser Inka (cf. Grimm, Myth., 320 u. auch
Förstemann hinter Ingo) sich sehr gut
aus der ]/ ig, ing, bewegen, regen etc. (cf.
Pott, Warzehvb., III, 429 u. daselbst auch
45 inga = beweglich, icunderbar etc. u. = Ge-
berde, Anstellung etc. u. = Kenntniss, Wis-
sen etc. vom Grdbegriff: betvegen vor, ein-
dringen, erkennen, sehen etc., tvie bei der y
ak, Auge, cf. öge) od. von der y ic, ine
50 (cf. air. ic = ine, anc, bewegen, gehen, kom-
men, gelangen, erreichen, erlangen, greifen,
nehmen etc., in Schleicher , Chrestom.,
248 u. bei Aug. Fick in seinem vergl.
Wb., pag. 22 die y ik, bz. ig, zu eigen ha-
55 ben, mächtig sein, Macht u. Gewalt haben
über, herrschen etc. u. pag. 1 die y ak 1, 2
t«. 3, wovon ik eine Nebenform ist u. dazu
skr. pati, Herr, Gebieter etc. von y pa,
fassen, nehmen, greifen, halten etc. etc.) ab-
60 leiten lässt u. die Bedtgn. derselben sehr
INGE
128
INGEWAD INGEWAT
gut zu dem Namen eines Gottes u. Königs
od. VoJks-Ahuhenn etc. j>a-ssen u. Veran-
lassung geben konnten, ist sehr leicht einzu-
sehen.
inge, Anger, grüne Flur, Wiese, Gras-
land. — AhJ. angar; mhd. andrer; nfries.
(0 utze n) eng, inge ; an. eugi ; norw. enge ;
dän. eng; schwed. üng; ags. inge; engl, ing ;
ioallis. inge.
Dass der Name der Angeln, bz. der
von Tacitus erwähnten Aügriy&vii in West-
falen, sowie der Landesnamc Engern damit
zusammenhängt, ist unter Engelland zu ver-
gleichen. Es beweist dies aber auch, dass
die Form angar, angra auch in Nieder-
deutschland vorkam u. der Stamm ang erf<t
später zu eng, ing geschwächt ist. Demnach
i.'it es daher auch höchst icahrscheinlich,
dass ttnser bei Greetsiel liegendes Gut An-
gewiT od, Angerwer in seinem erstoi Theil
das Wort Anger enthält u. dass dies im
Gegensatz zu den sonstigen im Emsgau, bz.
dem allen Ems-Delta vorkommenden vielen
wi'ien (cf. 3 wer als natürlicher od. künst-
licher Hügel, bz. Anhöhe, die Wehr u. Schutz
gegen die Fluthen etc. gewährt, od. gegen
Ueberströmungen gesichert ist) urspr. ein
grüner mit Gras bewachsener Hügel war,
der eben vom alten angar seinen Namen
trägt. Zu bemerken ist hiebei auch noch,
dass nach Grimm die Angern überhaupt
hoch tt. trocken liegen u. cdso den Ge-
goisatz zu unsern gröden, mcden u. ham-
riken, soivie den Marsch- u. Moor -Wie-
sen bilden u. könnte dieser Umstand gerade
zu der Benennung „Angewer" die Vei'an-
lassung gegeben haben.
Das Wort angar stimmt formell mit an.
angr (Bucht) u. lat. ancra-s (convallcs, cf.
Fick, III, 11) u. gehört demnach wahr-
scheinl. mit ags. anga (Spitze) u. angel, an-
ker etc. zur y ac , aric (biegen , krümmen,
icölben etc.), wonach man auch annehmen
kann, dass angar ursjir. die Bedlg.: rund-
liche Erheb u n g od. Wölb u n g (Hü-
gel, Anhöhe, hochgelegene Fläche etc.) hatte,
tcas zu GrivDii's Angabe stimmt, dass die
Angern hoch «. trocken liegen u. somit
in einem Gegensatz zu den Auen stehen.
Beim Vergleich von an. angr m. lat. ancras
könnte man indessen auch annehmen, dass
angar urspr. die Bedtg.: Thal, Thal-
ebene, Niederung (u. so weiter auch
Flachland) hatte u. also im Gegensatz zu
Bergland, Hochland etc. stand, da die
Thäter auch Buchten u. Einschnitte, bz.
concave Flächen zwischen den Bergen sind.
Möglicherweise indessen gehört das Wort
Anger gar nicht zur y ac, aric (biegen
etc.), sondern zu der ]/ a^-, ari^" (gehen, sich
bewegen vor od. wohin, kommen zu, errei-
chen, erlangen, fassen, nehmen zu sich, es-
sen, goiiessen etc.), wie ja auch an. via
(Gras, Weidcjjlatz) ; goth. viuja (Weide,
5 Futter) as., ahd. wunja etc. «. ahd. wunni
(Wiese, Wiesenland) etc. zu ahd. winnan
(sich bewegen, regen, thätig sein, sich mühen
etc., bz. erreichen, erlangen, gewinnen etc.,
cf. winnen) gehört.
10 inpedomsel, ingedomte , a) Eingeweide;
— b) das Hausgcräthe, bz. aller im Hause
od. innerhalb der vier Wände befindlicher
Hausrath. — Nd. (B r. Wb., Schütze)
ingednmt, ingedome, ingedomete, ingedonite,
15 ingedompte, ingedonte; mnd., mnld. (KU.)
ingbedom u. auch: inghcdoe u. ingedoera;
mhd. ingetuonie; md. mgetnme (Eingeweide,
Vermögen, eingebrachtes Gut). — Zu ingc-
dömt, bz. ingedom bemerkt Schütze:
20 a) Hausrath, sammt tvas in Kisten u.
Kasten ist; Eingebrachtes. Auchin-
gedümte göder = eingebrachte Güter;
b) Ei ng eioeidc im Schlachtvieh ;
c) Gefülsel im Gebratenen u. Gebackenen
25 = tvas man hinein thut od. legt;
ferner ad a)
(lib. meni. civ. Hamb. 1402) : „Ing e-
dorne, alse : Kiste , Scheppe , Stole,
Benke, Bedde, Küssen, Decken, Laken,
30 Grape, Kctele, Kannen unde Vate, nichts
uthgenamen grot ot'te kleen.''
Es scheint tvörtl. das (in Etwas, bz. ins
Haus od. die Hauswirthschaft von der
Braut) Ei ng ethanene, Eingelegte,
35 Ein- od. Hinein- Geg eben e (= Mit-
gabe, Mitgift), E i n gebrachte etc. zu be-
deuten (von dön, thun, geben etc., bz. mhd.
ingetuon, hinein thun etc.), zumal auch ahd.
tuom, tom, duam, duom (That, Handlung,
40 Werk, Verhandlung, gerichtliche Verhand-
lung, Gericht, Urtheil etc. =^ goth. doms;
as., agx. dorn etc. (cf. dorn) vom ahd. tuon,
as., ags. dön etc. abst((mmt u. wie desgl.
auch unser dinncWi =: thümlich in eigcn-
45 thümlich, irrthümlich etc. u. dorn =: thum in
Eigenthum, licichthum etc. etc. (cf. dieserhalb
dum etc. u. dun) zu diesem Verbum gehören.
Die Bedlg. E i n g e w ei d e , bz. das, was
i n w e )i d i g i m B a u c h sitzt, ist demnach
50 keine urspr., sondern es hat sich diese erst
später aus dem, loas inwendig im Hause
ist u. so zu sagen von den Wänden um-
schlossen wird (als Inneres, Imo en-
dig es) herausgebildet.
55 ingewad, ingewut, ingowand, ingewant
(dat, das), Eingeweide, bz. die inner n Theile,
als: Herz, Magen, Gekröse, Gedärm, Wanst
etc. des menschlichen u. thierischen Körpers,
bz. eines Körpers überhaupt. Plur. (de) in-
GO gewanden od. ingewautcn, (die) Eingeweide.
INGEWEIDE
12{)
IN-KIK
Auch vom Inwe n d i (j cn od. I n ner n
überhaupt , z. B. in de ingewaiulcn fan de
ürde od. fau 'n hüs. — Nid. iugcwand ; mnd.
ingcwät, ingewant, ingewende (a. Eingeweide;
1). intestina des Hauses, Haiisrath etc.). cf.
das folgende:
ingeweide, Eingeweide; jedoch nur vom
Eingeweide der Tliiere. Zu beiden vergl.
gewand, gewäd etc. tc. geweide, sowie auch
ingedBmsel.
in-gö(l, alles Gut, hz. alles Mobiliar, was
sich im Hause, bz. innerhalb des Hau-
ses befindet = in-biidel ; — he wil sin in-
god (Flur, ingöder) ferkopen laten ; — 't in-
gOd is all' beschrafen, das Mobiliar ist
sämmtlich (vo)i Gerichtswegen) beschrieben.
in-gi'im, Ingrimm, innerer Grimm, inner-
liche Erbitterung, Grimm, der ans Herz
frisst; — he wet sük fan ingrim net to la-
ten. cf. gram u. grim, xowie goth. iugram-
jan, in Zorn setzen, erbittern, erzürnen.
ingrimmig, ingrimstig, ingrimmig, durch
n. durch, bz. sehr u. überaus grimmig, sehr
böse u. bitter, sehr nnfreundlich u. rauh,
innerlich erbittert u. erzürnt, voll Verdruss,
bz. sehr verdriesslich etc.; — he sügt so
ingrimmig iit , dat man hast bang för hum
worden sul ; — so 'n ingrimstigen (unfreund-
lichen u. abstossenden) kerel as dat is, dar
is hei net mit um to gän ; — ingrimstig kold,
ingrimmig, bz. bitter kalt, angreifend kalt;
— dat wer (Wetter) is so ingrimstig (un-
freundlich u. rauh) ; — ik wurd' so ingrim-
stig dül , ich wurde so schrecklich böse, bz.
fürchterlich erzürnt; — he is so ingrimstig
fül etc., er ist so fürchterlich (abscheulich, Ab-
scheu u. Widerwillen erregend) schmutzig etc.
ingrimstig ivird hier auch von der Wäsche
gesagt, tvenn sie nicht w e i s s u. rein, son-
dern etwas dunkel u. trüb -seh m utzig
aussieht, bz. kein helles u. fr eundliches
Ansehen gewährt, wie dies namentlich der
Fall ist, wenn sie im Winter in Folge des
fehlenden Sonnenscheins nicht ordentlich ge-
bleicht ist, od. loe.nn sie überJiaupt nicht
rein u. gut gewaschen tourde; ferner auch
wenn das Zeug so schmutzig ist, dass es
überhaujit kaum wieder rein v. weiss zu
waschen u. zu bleichen ist (dat god [Zeug,
Wäsche] sügt so ingrimstig üt, dat man hast
hei net sen kan, of 't wiisken [gewaschen]
is, of net ; — dat göd hed so 'n ingrimsti-
gen [schmutzig-grau] klör etc.). — Sodann
gebrauchen ivir den Ausdruck „ingrimstig"
auch von einer schmutzig -grauen u.
trüben Hautfarbe, bz. von s elten u. od.
nicld ordentlich gewaschenen Händen
(Ohren, Gesicht etc.), worin sich der Schmutz
so recht fest gefressen hat, sodass sie kaum
rein zu waschen sind (din hande [bz. ge-
J. ten üoornkaat Koolman, Wörterbuch. II.
sieht etc.] sen so ingrimstig üt etc.) , alles
liedtgn., die vom Begriff: trübe, unfrcund-
l i c h, a b s t o s s e n d etc. ausgehen.
in-li.ilig, inlialsk, habsüchtig, hegehrlich,
5 gierig, geizig, -unverschämt etc.; — 't is so
'n inhälsken kerel, dat he sm folk hast gh\
äten günnen is. Zu inhalen = einholen, an
u. zu sicJi holen.
in-liam, Einbucht, Einschnitt, ins Land
10 hinein gehende Bucht des Meeres. — Auch
lud. inham. (/. 3 ham.
in-liok, eine nach innen, hz. in Etwas
hinein gehende Ecke, bz. Winkel; — Ge-
gensatz von Cithok = nach aussen vorsprin-
15 gcnde Ecke.
iu-ho](l, Inhalt.
in-liol(len, einhalten.
in-liolten, Inncn-Hölzer, inivendig sitzende
Rippen eines Schiß's, aucli KrummUöher
20 (krum-holten) genannt; — dat schip hed
gode eken inholten ; — fig. auch von den
Rippen, bz. dem Brustkasten des Menschen ;
— d'r Sitten gen gode inholten in hum =
er ist engbrüstig, schwachbrüstig, brustkrank,
25 schivindsüchtig, bz. innerlich ungesund etc.
Inka, wbl. Name. Ob ein ml. Name Inko
noch vorkommt, ist mir unbekannt. — Der
Name ist durch das lobl. „a" vom Stamm
ing, ink, bz. ik etc. (cf. För stemann un-
30 ter ic, Ingo) iveitergebildet , der mit dem
Suffix ing, ig von könink, bz. könig (cf.
ing) identisch sein dürfte, wonach denn auch
der Name Iko zu vergleichen ist.
Nach der unter ing angeführten, im Adj.
35 inga liegenden Bedtg. : beweglich , reg-
s a m etc. u. w u nderba r etc. ist nun der
obige lobl. Name entioeder mit Emma (s. d.)
sgnonym , od. derselbe hatte die Bcdtg. :
Wunderbar e , od. auch (da inga auch
iQ die Bedtg.: Kenntniss, Wissen etc.
hat) Kenntnissreiche, Wissende,
Weise etc. etc., edles Bezeichnungen, die
sehr gut auf die afries.-germ. Mädchen u.
Frauen passen.
45 in-kamen , a) einkommen, eingehen, bin-
nenkommen, hcrcinkouunen; — dat schip,
bz. gold sal morgen inkamen ; — wnl ji wat
inkamen? wollt Ihr etuHis hereinkoinmen?
— h) Einkommen ; — c) eingekommen, ein-
50 gegangen, hin)iengekommen, hereingekommen ;
— dat schip is inkamon etc.
in-kilp, in-kep, Einschnitt, Einkerbung.
in-lijtj)en, inkepen, einhauen, einschnei-
den, einkerben.
55 in-kappen, ein-, bz. hinein-kappcn od.
schlagen etc.
in-kik, kurzer Besuch; — ik kam mau
äfeu up 'n inkik bi di för; — ik wul man
äfen 'n lütjen inkik holden. — Wörtl. : Ein-
60 guck, Inspection, um zu sehen, wie's geht;
IX-KTTvEX 130 IN-LICHTEN
cf. inl{iken. Mau ffiif/t statt dcx^ini auch: in-kuleil. cinfjrahcn, einscharren = in
kik-in, xcic z. B. in der licilcnaart: du iiiust eine Griihc (külo) machen ?/. bringen ; —
in't 11]! 'n ..kikin'", man up 'n „sprckan" kamen. >vi hobben hnm iiiknlij. wir li.tlwn ihn l>e-
in-kikcn. ein-, li-. hincin-ipiclm, nil.riii-, prahrn etc.; — kortiittVls inkülcn, Knrtnf-
bc. hineinsehen ; — k'it mi ifr üfeii inkiken ; (i fein einscharren ((jeffcn den Frost) etc.
— wen "k mörgon wör in d' stad kam, wil in-kiimst, Kinkommcn , Hereinkommen,
'k äfon bi dl iiikikon, leenn ich morgen wie- J'Jinknnft etc.; — bi sin inkumst ; — be heil
der cur Stailt komme, will ich ehen bei dir ßl inknmsteu (Einki'infte).
einsehen, b~. vorsprechen. ill-küpoii, etwas in einen Bottich (Kufe)
inkiksk, einyuckisch ^^ frei u. offen, 10 machen od. setzen,
unrerdcckt etc. od. ^— wo man leicht hinein- in-kuponi, Ilcringe, Pökelfleisch n. son-
sehen u. alles beobachten n. erspähen kann, stige cingr^ialrcne Lrbensmiltel beJinf einer
tceil alles frei n. offen od. unrerdcckt ist; längeren Dauer u. Haltbar icit durch einen
— do fonstors sunt so inkiksk, dat, man 't Böttcher (knpor) od. Fassbin/lcr in Fässer
fan dp strät nt 't all" sön kan, wat d'r in biis 15 cinschliessen n. ei)ibi)iden lassen.
förgfid; — do tun is, b:. ligd so inkiksk, iii-laden, einladen (zum Fest etc.; ins
dat etc., der Garten ist — bz. liegt so frei Schiß' die Waaren).
V. (ffen (ef. spöi), dass etc. ill-la^JO, Einlage.
in-kipi»(Mi, einschneiden, cinkürzen, ein- in-laii|2;<Mi, einlangen, liineinlangen , ver-
hauen, einkerben etc. 20 abreichen etc.
ill-kliil^en , ein-klingen , anklingen, ein- ill-l;U, Finla.'^s.
schellen etc.; — d'r is inkliuigen, es ist ge- in-latcn, ein-, hinein-lassen etc.
schellt. in-l('(l nd. inldf. die Füllung des Feder-
in-kliiij;«Mi. iii-klinkon u. auch Itcklin- bclts (Federn u. Daunen). — Nd.(Br.Wh.)
^on . eiiitrncknen . einschrumpfen , kleiner 25 inlid, das innere Bett, worin sich die Dau-
werden , zusammenschrumpfen , schirinden ; neu befinden u. welches in den äussern
— wen do stönon drütcon un brand worden, Uebcrzug eingeleitet od. ei n gelassen
den klinkon so nog diigtig in; — dat liolt wird; (Schütze) uilede, das innere lederne
is to dägor inklungon; — dat dikko kind Polster eines Kissens, tvelchcs in den Ueber-
srhal nog wo! boklingon. cf. 2 klingen. 30 zug gesteckt wird; pomm. (Dähnert) in-
in-klinkoii , a) s. inklingon; — b) ein- lidd, das innere Bett, worüber ein Ueber-
scltlagen. einnieten, Niete hineinschlagoi ; zug von besserm Zeug gezogen wird; im
— c) (die l'hür) in die kliiiko schlagen, südl. Hannover (Scham back) inlät =
einkli)iken: — do dür was man inklinkd un a) der Einlass; — b) etwas Fing cleg-
nöt sfliuteld. cf. klinke «. klinken. 35 tcs; — c) Jedes Stück Inbett, welches mit
in-krin;on, einkriegen, einholen, erreichen, Federn gestopft ist, im Gegensidz zu dem
hineinholen , einheimsen , hinein bekfunmen Uebcrzug, worin es eingelassen wird,
etc.; — ik kan linm not inkrigen, ich kann Die letzte Form „\u\iiV' gehört zu Ma-len,
ihn nicht einliolen; — ik barr' bum bold ein-, bz. hineinlassen u. ist es das in den
wör inkrägen, ich hätte ihn bald (bz. bei- dO Uebcrzug Eingelassene. Die andern
nahe) wieder eingeholt; — ik liöb' min bnt Formen „inled, inlid" etc. indessen kommen
g«*id inkrägon, ich habe, mein Getreide gut icohl von inlödon -^ alt: inlldan, ein-, bz.
eingeheimsct; — ik beb min roggo d'r tan hineinleitcn, nach innen leiten u. führen.
d' barfst möi bi drOgn wer inkrägen, ich Zu erwähnen ist indessen auch das nid.
habe meinen Koggen diesen Herbst schön 45 leide —- logdc, legode (legte, legete) —- nd.
bei trocknem Wetter in die Erde bekam- ledo (cf. bei Schütze unter lede), ivofür
mcn ; — 't is so nat, dat man bäst hol gön ivij- kurzweg auch lä' u. lö' (u. die Nieder-
körn in 't land inkrigen kan; — ik was so länder lei) sagen (ik lä' dat weg, ich legte
mili, dat 'k 't büs hast hol not wör inkrigen das weg) , sodass die Form inlede auch
kun, ich war so müde, dass ich das Haus 50 mit (das) Eingelegte übersetzt loerden
fast gar nicht leieder erreichen konnte — könnte.
wofür wir auch sagen: ik was so mBi un in-lp^, Einlage, das ein- od. hineingelegte
of, dat 'k büs hast net wer halen (holen) kun. Geld, der Schoss; — he hed siu iiileg not
in-krimpen , einschrumpfen, sich zusam- botäld. — Nid. inleg.
menziehen etc. 55 in-le^^oii, einlegen, hineinlegen, einsargen.
in-kroj»]»cn, in sük kroppcn , einfressen, in-le^f^cn, Einlegen, Einsargen; — de
einschlucken, hinunterschlucken, in steh f res- hole familie is to 't inloggen n8gd.
sen, in sich verheissen od. bei sich verdauen in-licliten, klar, deutlich, erkennbar v.
etc.; — bö raut ful ferdröt un arger inkrop- rerständlich machen, Licht u. Klarheit in
pen. cf. kroppon. GO eine Sache bringen, aufklären etc.; — de
INLICIITUNG INLICIITING 131 IN-PENNIGD
sakc mut rrst nog bäter inlicht worden, cf. (hinnen , hinein etc. , kämd binnen) verr/li-
inlüchton. c/ien toerden ma(j , da ivir dieses atich als
inllclitiiii^, inlichtiii^, inlichteri , Änf- Subst. mit der Bedtg.: Heim, Gemach,
Tclärung etc.; -- hi' lied nii nog i^rn inlicli- Wohnung etc. gehrauchen, ivovon wir sa-
ten gät'en, er hat mir noch keine Auf Idärung 5 gen: kämd in min binnen — ik gung in
gegehen. min binnen = ich ging in mein Haus, hz.
in-ligger, EinNeger. SpecieU: ein zeit- Heim, Gemach etc. AeJmlich hat auch das
tveiliger Mitheivohner eines Hauses od. einer md. Snhst. inno die Bedtg.: Innigkeit
Stube, der entweder gar keine od. doch nur od. eigentlich innerliches Wesen u.Sein,
eine geringe Miethentschädignng zahlt. 10 Inwendigkeit etc., ohschon es von mhd.
in-löj), a) Einlauf, Zuspruch, Besuch etc.; inne (innen, inwendig) u. inne (innig, im
— dar is altul so föl inlop in 't hiis; — mhd. mnckeit, Innigkeit) nichtver.ichieden ist.
b) Eingang etc.; — de inlop is bi de std Zu Ino sei übrigens noch bemerkt, dass
fan 't bns, der Eingang ist an der Seite nach Strackerj an (jeverl. Bersonenna-
des Hauses. 15 wen, pag. IG) dieser Name soivohl loic auch
In-lopeii, a) einlaufen, hinnen laufen etc.; Enno aus älterem Agino (contrah. Aino)
— b) eingelaufen ; — c) einholen, erreichen entstanden sein soll.
etc.; — ik schal hnm wol bold wer inlopen ; in-ögsteii, einernten; s. unter ogst.
— ik kun 't hiis hast net nier inlopen, ich in-paliiien, ein- od. hineinziehen, an sich
konnte das Haus fast nicht mehr erreichen; 20 ziehen u. reissen, einholen etc.; — 'n tau
— d) eingeholt, erreicht etc.; — ik harr' inpalmen, ein Tau einholen; --be palmd 't
(hatte) hum al gau wer inlopen ; — e) ein-, all' in, er zieht Alles ein u. zu sicii. hin, rafft
bz. hineinlaufen, einrennen, etc.; — he is d'r u. reisst alles an sich.
inlopen (z. B. ins Haus od. Wasser etc.); in-paseu, mit den Füssen eintreten od.
— 't hüs inlopen, das Haus einrennen, 25 einstampfen etc.
hz. einstürzen, umtverfen, erstürmen etc.; — in-pennd, eingezapft, eingesteckt, verrie-
f) ein-, hz. hineingelaufen, eingerannt, ein- gelt etc.; — de balken mntten inpennd wor-
gestürzt etc.; — se hebben 't hus (de dör, de den; — de dör is inpennd, die Thür ist ver-
mür etc.) inlopen, sie haben das Haus (die riegelt, hz. durch einen Zajtfen (pen) rer-
Thür, die Mauer etc.) eingerannt. 30 schlössen, cf. pen u. pennen u. inpennigd.
in-lös, auch iiilössiiig', inlössefi, Einlass in-pennen , a) einzapfen, Holz, durch
etc.; — ik kun gen inlös od. inliissoii krl- Zaj)fen (pen) mit einander verbinden (tra-
gen, ich konnte keinen Einlass bekommen bem injungere) u. zusammenschlicssen, indem
= ich ko)inte nicht frei (offen, ungehin- die Zapfen (pennen) des einen Stücks in das
dert) hinein. Zu lös = los, frei, offen 35 andere eingelassen iverden, um beide Stücke
etc., cf. lössing = Entlastung, Entleerung, mit einander zu ferpennen (verzapfen) u. so
Befreiung etc. u. = Oeff'nung. zu verbinden; — b) einen Zapfen (pen) in
iii-middels, inmittelst, inzwischen, mittler- etwas hinein- od. vor etioas stecken u. so
weile, währenddein etc.; — ho kwam inmid- verschliessen u. verriegeln ; — c) einschlies-
dels hir. 40 sen, heschliessen , eindämmen, umschliessen,
in-möbels, das innere, hz. im Hause he- einfriedigen; '— land inpennen, Land ein-
findliche Mobiliar, die Haus-Möbel ; s. in- friedigen.
bilde!, ingöd etc. in-pennigd, a) eingedämmt (vom Lande,
Ino, Ine od. Ilino, ml. Name. Dimin. hz. einem Grundstück); ringsum' von einem
(ml. u. whl.) Inke, Ihnke; Gcschln. Inen, 45 Damm od. einer Erhöhung umgehen u. so
Ihnen, Ihnken. Wenn ich nicht irre, auch: nicht auf Ab Wässerung liegend, loeil
kommt auch ein whl. Ina vor. cf. Forste- es rings umher höher als in der Mitte u. so
mann unter In, wo er ags. Ine u. nhd. .abgeschlossen ist u. nicht abwassern kann;
Ihn(e) zum ags. inn (doraus) legt, sowie auch — dat is 'n inpennigd stük land ; — dat
den Namen Inno. Ino bedeutet demnach 50 land ligt so inpennigd, dat 't hei not ofwa-
Hausherr od. Insasse, In- Mann tcrn kan; — h) verschlossen, dicht, undurch-
etc., da das ags. inn entioeder ebenso ivic lassend, steif u. hart; — de erde is inpen-
das an. inn (ein, hinein) u. goth. inn (cf. nigd, die Erde ist dicht u. undurcldassend
innana, innan; inngaggan, ein-, hineingehen = nicht locker u. lose; — dat is hir so 'n
etc.) eine von in (in, ein, hinein) erweiterte 55 ferdomden inpennigden grund, dat man se
Form u. als Subst. mit der Bedgt.: Inne- hast mit de spä f/S[/)a<e?!^ net lös bräken kan.
res (inn hat auch die Bedtg. Gemach), In- — ad a) ist zu bemerken, dass man ein Stück
wetidiges etc. gefasst, od. eine Kürzung Land, ivas niedriger liegt als die Umgebung
von inni = ahd., goth. inna (innen, inwen- oft absichtlich eindämmt (inpennd, s. inpen-
dig, hinnen, im Innern) ist, loomit binnen GO nen) u. inpennigd hält, damit das von der
9*
IN-POLDERN 132 INSEL
höher hegenden Umgehung nhflicssende Was- 2. in-sago, Einschen, Einsicht, Untcrsu-
srr nicht über dasselbe hinfliesst n. es nicht chung etc.; — dfir mut avi inson 'n insriüo
unter Wasser setzt, u. ist in diesem Fall na holden, of de köphrrf wol wiulJelk (statt
gewöhnlich eine Wasscrschöjifmiihle dulci würdelk, wirklich) so liult , as liö uns dat
angebracht, um bei anhaltend rcgnigtem 5 setrt lied ; — dar fan dat ])ük hob' ik iiog
Wetter das betr. Grundstück trocken halten gen insage namcn, von dem Ihiche da habe
zu können. ich noch keine Einsicht genommen = ich
in-poldoni, Aussendciclisland mit einem habe mir den Inhalt desselben noch nicht
Deich umgeben u. so zu ei)icm ■po\der machen. angesehen. Zu sen, sehen; cf. sag, sah n.
in-potoii. einsetzen, einpjlanzen etc. 10 saggen, sahen.
in-|irtMitoii, eindrücken, einprägen etc. iii-sato, Einsassc, Eingesessener.
iii-|>r(i|)|)eii. ein, bz. hineinpfropfen. iu-scliikkolk, /»//.w??i, /o/^sv/)?;, verträglich
in-radcn, sich versehen u. versorgen (mit etc.; — 't is 'n rogt inscliikkolk kiiul. Zu
Etwas) , cinthun , einlegen , einscldiessen, schikkcn = fügen.
hineinthun etc. u. zwar: a) Vorrath (na- 15 in-si'Iidstern, cinschustcrn, einsetzen, zu-
mentlich Lebensmittel od. das, vas zum Un- setzen, verlieren etc. ; — ilc heb' niin ganse
terhalt dient) einthun u. aufspeichern (körn büdol d"r lii inschösterd.
etc. inraden , sich versehen mit Korn, bz. in-scliiineii, einblasen, eingeben; — kwäd
Korn einthun) und b) Geld (in Etwas inschünen, Jiöses eingeben, zum Bösen an-
mit) hineinthun od. einlegen, wie dies z. B. 20 treiben n. verleiten; — hO. liod nii dat iu-
hei einer Wette od. einem Wettstreit sehr schund, dat ik nun moderappcls onuksoii siiT.
häufig geschieht, indem der Wettende od. insel fi'/itr. insels), Insel. — il///f/. insele,
die den Wettstreit cntrirenden Bersonen insel, isele. Aus lat. insnla , wovon auch
herumfragen, ob Jemand mit inraden u. sei- ital. isola u. franz. Sie.
neu Thcil an der betr. Wettsumme im Fall 25 Wenn Bott (s. Wurzelwb. I, 8Sj) das
des Verlustis mit einschicssen loill; — ■ wen lat. insula erst als in-salo C= im Meere, bz.
d'r wel mit mi inraden wil , den wil ik de im Wasser) deutet, so ist es wohl zweifel-
wedde ingän; um 't allön to stän, darto is los, dass dieses salo uicht dircct von griech.
nn de bedrag to bog. cf. raden u. namcnt- salos (^^ Schicenken, Wogen) hergeleitet wer-
lich auch räd in seiner sinnl. Bedtg. 30 den kann, obgleich allerdings das griech.
in-rakon, a) ein-, bz. hineinziehen, ein- salos u. saleiö wurzelhaft mit dem lat. sal
scharren etc., namentlich das Feuer in od. (cf. solt etc.) sowohl, als auch mit unserm
unter Asche, damit die glühenden Kohlen sol (s. d.) u. dem deutschen Sole (in Salz-
nicht ausgehen od. völlig ausbrennen. Dies Sole = Salzwasser) u. dem lat. in-siilsns
geschieht namentlich des Abends, um den 35 (ungesalzen) k. unserm sülte (Sülze) n. so
folgenden Morgen gleich Feuer zu haben ferner auch wohl mit sula im Worte iiisuki
n. ist idjcrhaupt nur beim Torfbrennen an- verwandt ist ii. zu einer J/ sar (bewegen,
loendhar; — du kanst 't für man iiirakcn; wogen, fliessen etc.; beivegen, gehen, laufen
't is taihn (10) i'ir, un börgertid to bcdde to etc.; bewegen, ivchen , hin u. Jier bewegen
gän ; — b) hineintreffen, hincingcrathcn, 40 od. schwingen, schwenken, schlagen etc. etc.)
hineinkommen etc.; — ik was d'r hast in- = sri «. = sal, sli etc. (cf. Ben feg, Skr.
räkd, ich loäre da beinahe hineingeralhcn, Dict. unter sar, sal, sri) gehört, wovon auch
bz. hincingeffdlen; — ik rük d'r midden in, das skr. sara ( Wasser, Teich, See, Sedz etc.
ich traf da mitten drin od. hinein. etc., cf. Ben feg. Skr. Biet. 1022 u. dazu
ins, iiison, eins, einmal, mal, bz. einst, 45 1038 auch noch sAra = srid n. mehrere
einstmals etc.; — ik kwam ins fan Grün- andere Wörter von derselben J/, soioie ferner
gen etc., ich kam einmal (bz. uud) von Gro- Bott, Wurzehob. II, 658 seq.) sich ableitet,
ningen etc.; — kum ins (od. insen) her, Dass nun Bott (s. Wwzelwb., II, (id?) spä-
komm mal her; — wen kumst du nu insen tcr einen unmittelbaren Zusammenhang mit
bi mi, loann kömmst du nun mal zu mir; 50 dem griech. s?l\os verwirft, würde richtig sein,
— 7n(d, einmal, doppelt; — ins so fT)l — doch kann ich ihm niclit darin beipßiclden,
so gröt — sowid; — nog ins sogröt etc., «oc/t wenn er einen Zusammenhang von sula mit
'n mal so gross. Nebenform von Ons =: afries. dem Vbm. esse {}/ as) vermuthet, trotzdem
enes u. ensen etc.; s. bei v. liichthofen. su im lat. sum u. sunt (cf. sunt) allerdings
in-säd, Einsaat. 55 mit esse von einer u. derselben }/ sta)nmt u.
1. in-sage, Ein-Sage, Einspruch, Einrede Bott auch sul in Consul u. consulo etc. zu
etc.; — insage don, Einspruch erheben; — dieser y zu .^teilen scheint. Ich mcincs-
ik wil d'r gm insage up maken, ich will keine thcils halte nämlich den ZusammcnJtang von
Einrede dagegen machen, cf. gesag, Ge- sula in insula mit dem skr. sara, bz. der y
heiss, Befehl etc. ti. npsage. Zu seggen. 00 sar u. unserm sol (^^ a) Kielwasser [^= das
IN-SETTEN
133
IN-WIL IN-WILS
beioegte u. brodelnde Wasf^er etc.] n.
b) der sumpfUjc, feiicMe, tveiche JLifenschliek,
der stell aus dem Salzwasser absondert u.
niederschläfft etc.) u. dem ahd. sol (Sole,
Kothlache, Suvijif) für am nächsten liegend
H. das „u" in insula ebenso wie das „o" in
sol für eine Scliwäclmng aus urspr. „a",
sodass insula tvörtl. ein im Wasser lie-
gendes, bz. vom Wasser umgebenes Et-
loas bedeutet.
in-setten, ein-, hs. lünein-sctscn, einpflan-
ze)i , einlegen, einmachen etc.; — sük war
iusetten ; — 'n stük iusetteii, s. B. ins Kleid;
— bomen iusetten, Bäume einpflanzen ; —
bonea insetten, Bohnen eiiimachen ; — in-
sett'de bouen, eingemachte Bohnen.
iusgelik, iiiSÄlik, insglikeii, desgleichen,
imgleichcn, gleichfalls, ebenso, dasselbe etc. ;
— ik wünsk jo insgelik toi gelük iin sogen
in 't neje jär ; — he is insgliks liir west,
er ist gleichfalls hier geivescn. — Nid. ins-
gelijk, iusgelijks. Die Vorsglbe ins ist zu-
sammengesogen aus iu-des, tvie mhd. ins aus
iu-es u. ist des gleich mit dem Artikel des,
den icir gewöhrüicj^ in der Aussprache zu
„s" verstümmeln.
in-slag, Einschlag = a) eingeschlagene,
od. umgeschlagene Kante od. Saum, Kalte;
— b) die Querfäden beim Geioebe, dessen
Kette schergärn heisst; — c) Math, Anlei-
tung, Anweisung etc.; — ik heb' hum 'n
goden inslag gäfeu; — d) der Anfang des
Schulunterrichts nach beendeter Kerienzeit,
100 die Schüler so zu sagen loieder in Kes-
seln u. Banden geschlagen, bz. dem Unter-
richt u. der Schulzucht unterworfen loer-
den, nachdem sie die Kerien über davon
ent schlag en u. frei loaren. — inslag im
letztern Sinn ist Gegensatz von ütslag (Ent-
schlagung, Kreigcbung, Entlassung etc.), loie
wir von den eingespannten Pferden auch
sagen: „dn kaust de perde man ütslan", bz.
de strengen ütslan" , tvenn dieselben ausge-
spannt werden sollen «. loonach dorn inslag
soviel heisst als: „Einspannnng" u. ütslag:
„Ausspannung" , weshalb die Kinder beim
bevorstehenden Eintritt der Kerien dann
auch freudig singen : inslag ! ütslag ! mor-
gen is de leste dag.
in-slagoii, inslan, ein-, bz. hineinschla-
gen, einhauen, nach innen schlagen etc. ; —
he hed d'r dügtig inslan; — de bliksem
schal d'r inslagen ; — he hed d'r dügtig wat
inslan, z. B. in den Bauch; — • de swet is
hum inslan; — ferner: gerathen, arten, ge-
deihen etc. ; — de juug, — dat körn etc. is
god inslan etc. Vergl. Weiteres luiter slagen.
in-solteii, insoltjeii, einsalzen, einreiben
etc.; — flesk insolten; — \vi willen hum 't
wer insolten, ivir loollen es ihm ivieder ein-
reiben = ihm das loas er uns gethan, ivie-
der vergelten. — Auch einsalzen = in Salz
setzen, um es vor Verderbniss zu betoahren
u. so überhaupt: bewahren, gut auf lieben,
5 sparen, nicht sofort gebrauchen , zurüclde-
gen, behcdten etc.; z. B. beim Kartenspiel,
loenn Jemand eine gute Karte nicht sofort
gebraucht, wenn er Gelegenheit hat, einen Stich
damit zu machen ; — he hed sin as insoltjed.
10 iii-soiien, insunon, eine Sühne in einer
Sache, bz. ztvischen zwei streitenden Par-
theien beioericstelligen , (einen Streit) beile-
gen, sühnen; — de sake is wer insönd, die
Sache ist wieder beigelegt, bz. gesühnt, cf.
15 sön ti. sonen.
iii-sprake, Einsprache, Einrede, Ein-
spruch, Widerspruch etc.
in-spräken, iiispreken, einsprechen, hin-
einsprechen etc.
20 iii-stappen, ein-, bz. hinein-stapfen, hin-'
eintreten etc.
iii-stippen, einstippen, eintunken, eintau-
chen.
in-taiige (Plur. intangen), nach innen
25 gehender Anker von Eisen od. Holz, wo-
durch eine äussere Wand, bz. äusserer Bal-
ken etc. an ein innen fest liegendes Etivas
befestigt u. vernagelt loird. So werden z. B.
die Cayungen u. sonstige Ufer- u. Küsten-
30 befestigungen mit eisernen od. hölzernen in-
tangen versehen, damit sie nicht nach aus-
sen hin ausweichen. Zu tauge = Zange.
iii-teen, intejen, in-tüen, einziehen.
internerd, verschlossen, unbeugsam, trotzig,
35 eigensinnig , stolz, eingebildet, hochmüthig
etc. — „'t is so 'u internerd un stolt ding"
loird von solchen Mädcheii gesagt , tvelche
ihrer Herrschaft keine od. keine ordentliche
Antwort geben u. derselben einen unbeug-
40 Samen Trotz u. Stolz entgegensetzen. Es
ist das mit lat. internus verwandte, bz. dem
deutschen interniren entstammende nhd.
inter nir t.
in-tog, Einzug.
45 in-tunen, einzäunen.
in-Avaneii, einivohnen etc.
in-waner, Einwohner.
in-we\\{[ein,einive7iden,Eimoand machen etc.
in-wendsel, Einwand; — dat sunt all'
50 man inwendsels, das sind alles nur Einwände,
bz. leere Ausflüchte.
in-weniien, eingeivöhnen.
in-wike, eine nach innen, bz. ins Land
od. Moor h i n e i n gegrabene wike od. Ne-
55 ben-Canal, der sich von der Haupi-wlke ab-
zweigt. — Pomm. (Dähnert) iumke, Ein-
bucht, Busen ins Land hinein. — Nid. in-
wijk = inham etc.
iii-wil, iii-Avils, in der Weile, während
GO der Weile od. Zeit, loährcnd dem, inzwischen
IN-WIN^^EN 184 IS
etc.; — iu-wil ik ilat de, währenddem ich Die Grdhdtg. ist: beiocgev, regen (er-
das that; — hö was inwils liir, er icar in- regen, aufregen etc.; bewegt u. erregt sein
zwisclicn hier. cf. wil, Weile, Zeit etc. etc., cf. unter winuen ». waden) u. bewe-
in-winucii. cingewinnen, einholen etc. ; — gen ist = gehen, .^ich erheben etc.,
dat heb' 'k bold wer inwunneu, das habe 5 bz. eine Bewegung von irgend einer Stelle
ich bald wieder cingcwonncn; — ik schal aus nach irgend einer beliebigen Seite hin
liuiii wol bold wer inwiiiuen, ich werde (soll) machen. Diesemnach ist wohl die ]/ ar, bc-
ihn wohl bald wieder einholen ;— ferner wegen, gehen etc. anzusetzen, loovon auch
auch: einwerben, anwerben, einmiethcn etc.; ags. yrnan (in on-yrnan, aufspringen, auf-
— he hed &111 folk up 't neje wer inwiimion, 10 gehen, sich erJicbcn), bz. iniaii (gehen, sich
er hat sein Gesinde aufs neue wieder ein- erheben etc., cf. Pott, Wurzelwb., II, 5
gemiethet, bz. eingeworben, cingedungen etc. seq.) sich ableitet. Als fernere Verwandte
cf. winnen, ütwiniion etc. der y ar, ir etc. si)id unter andern vielen
iii-wrifen. infrifen, einreiben; fig. ver- noch zu vergleichen: zend. ir, sich erheben,
gelten etc.; — dat wil 'k hum insen bi ge- 15 aufgehen etc. u. ir, bewegen, in Bewegung
iägenheid wer inwrifen. setzen (sich od. ein anderes), gehen, machen
iper, Ulme: — tpernbom, Vlmenhaum. etc. (cf. Ferd. Justi,^Handwb. der Zend-
— Xld. ijp, icp; ijpcnboom; mnld. (KU.) sjn:, 56 u. 59) u. skr. ir = v'vav, gehen, be-
ijpcii-, cipou-, jipeii-boom, wo)nit auch das wegen, stossen, schütteln, werfen etc., cf.
'bei KU vorlommende jipelijue (tilia nias) 20 Ben feg, Skr. Biet., 10')). Dass aber auch
wohl im Stamm jip connex ist. Mit franz. Zaf. errare, erro, error, erratus etc., sojr/e (n(.ser;
ypreaii (Diez, II, 139); S2)an. olmo de iro, ir, irre, irr, verkehrt — mal, ferbi-
ipre von ihrer Abstammung aus Ypcru in sterd etc. (tr in do kop; — ik ward gaus
Westjlandern , woher auch unsere Bedens- ir etc.); ire, Irre (ik biiii hei in d' ire =
art : he siigt iit as de dud fan Ypern , die 25 in 't wilde ; — he is in (V ire kamen) ; — iren,
gebraucht wird, wenn Jemand in Folge eines irren = dören, dwalen, walen etc. ; — irig,
Schreckens od. einer Ohnmacht kreide- irrig = mul, dwalsk etc. (irig in de kop
weiss aussieht. = irrsinnig) u. goth. air '/As fZ/TC, erroneus),
iponi, ulmcn, von der Ulme etc. ; — ipern- airzitha (error, Verführung, Irrlhum); airz-
holt, Ulmenholz. — Nid. ijpern; s. iper. 30 jan (irreführen etc.) etc. nebst ahd. irri
Ipiio, Ippe, nü. Name. Geschln. Ippen. (com rechten Wege abgekommen , unsicher,
Wohl mit Ibo, Ebo, Eppo ». Jibbo eines schwankend, verirrt etc. = ferdwäld) u. irre,
Stammes, cf. dicserhalb bei Forst emanii er re (Zorn, Verirrung, Irrthum); irran (in
unter ib, tco er auch den bei Adam v. Brc- Verirrung bringen, irre machen, irren, stö-
men vorkommenden Namen Yppo aufführt. 35 ren etc. = as. irrjau, irrean etc.) etc. etc.
ipske, od. ibsko ; /. q. imelke, spirke (cf. ebensowohl wie das goth. airiis (Bote) etc.
imcl, spir) etc., nämlich: Körnchen, Brock- sich von der ]/ ar, ri, ir ableiten, ist zwei-
chen, Kr um eichen. Geringstes etc. ; — d'r feilos, da die Grdbdtg. dieser Wörter sämmt-
is gen ipske afer bliifen; — he kan gen lieh auf dem Begriff : beweg e n , gehen etc.
ipske misten, er kann nicht das Geringste 40 beruht u. Iren (irren) soviel heisst als: b c-
missen. Es ist ein Dimin. von einem obs. loegen, gehen irgend wohin = zioeck-
Stamm ip, ipe od. !ps, Ipes , der vielleicht los umhergehen u. wandern, ebenso
die Bedtg.: Ettoas u. so als Dimin. die wie auch die y \r neben bewegen, gehen
von: geringes Etioas, kleines Et- etc. die von schütteln, schioi n gen,
IV as etc. halte. Diesemtiach vergleiche ich 45 schioanken = hin- u. herbeioegen
das von Grimm aufgeführte epper, eppes etc. hat tt. das ahd. irri auch mit: schwan-
(ali(iuis, aliquid) für: etwer, etwas, tvo- kend, unsicher etc. übersetzt loird.
nach dann ipcs für ippes od. eppes stehen is, ist, d. h.: hat Sein. Auch nid, is für
würde. ist u. ags. ys, was mit lat. est, griech. esti,
h'P, zornig, heftig, leidenschaftlich erregt, 50 Iit. esti, aslav. jesti, russ. etj, böhm. gcst etc.
aufbrausend; Subst.: Jähzorniger, Brause- aus der Grdform asti entstand u. mit dem
köpf etc.; — he is 'n regten Ire. — Afries. Suffix ti von der y as, sein, exisliren etc.
ire (by ira mode = im Zorne); irst (er- weitergebildet ist. cf.Bopp, vergl. Gramm,
zürnt). — • As. irri; ags. yrre (Aufregung, I, 235 u. II, 376 etc.
Zorn, u. [AdJ.J aufgeregt, tvild, zornig); 55 Wie indessen unser war (wahr = wirk-
yrringa (wild, zornig) u. auch: eorre (ira- lieh, gewiss) auf der Grdbdtg.: seiend,
tus); irsung (iracundia) ; engl, ire (Zorn); existirend. Sein habend etc. beruht
irchü (zornig, wüthend) ; irascihle (zum Zorn u. ebensowohl wie das nhd. tvar u. unser
geneigt, reizbar). — Lat. ira (Zorn, Auf- was (= exisfirtc, lebte, hatte Sein etc.) zum
regung etc.). 00 Vbm. waseu (sein, leben, cxistiren etc.) ge-
IS
135
IVER IVERN
hört, so stanu'.d auch das polii. isty, istiiy,
istuo (= geivixs, wirlclkh, wesentlich etc.)
mit dem ohiycu osti, asti etc. von derselben
y as, ivcgcn welcher hei Vott (Wttrzclwb.
II, zweite Abtii., pag. 2:!S bis 270) das ITtv'- 5
tere verglichen iverden mag.
is, Eis. — Bedensart. : uj) old is früst 't
ligt; — ua Icchtmt'S trocd de fos 't is
uet mer; — up d' lütje niimmers-dag ('=
Nimmer s-Tag), wen de kalfor up 't is dan- 10
seu. — Nid. ijs ; mnld. (KU.) eys, ijs;
ahd., mild, is ; ags. is ; nfries. is ; an. iss
(IHur. isar). Wie Grimm meint, soll es
mit dem Worte Eisen (ferrum ^= Har-
tes od. Glänzendes, cf. iser) ii. ferner 15
mit goth. ais (Erz, Metcdl) u. lat. aes etc.
etc. verwandt sein, worilber Weiteres unter
2 ären zu ersehen ist. Das zend. igi (Eis)
gehört demnach nicht hieher, scheint jedoch
mit jökel = ags. gicel venoandt. cf. jedoch 20
Fiele, I, 30, der es mit zend. i^i von einer
y IS (gleiten) ableitet.
iselk, s. islik.
1. isen, eisen = Eis schlagen u. brechen
etc. ; od. im Eise arbeiten, mit Eis sich be- 25
mühen etc.; — wT sunt fan dage an 't od.
bi 't isen; — wi hebben hum wer lös is'd;
— dat schip lös isen. Auch zu Eis wer-
den, g efrier en etc. in glad-isen ('t lied
glad-isd). 30
2. isen, grausen, schaudern machen, er-
schrecken, Schrecken u. Furcht empfinden
etc. ; — dat is'd mi d'r för. — Ahd. agison,
egison , ekison ; mhd. eisen (erschrecken,
Schrecken u. Schauder empfinden) ; mnld. 35
(KU.) eysen, ijsen (horrere etc.); nid. ijzen;
hess. (Vilmar) eisen; nd. (Br. Wb.) aisen
u. (Schambach) eisen, escn (schaudern
etc.). ^ Zu goth. agis (Furcht etc.). cf. aisk
M. islik, soiüie fresen = fürchten. 40
iser, isder, Eisen; — Bedensart: man
mut 't isder smäden as 't nog het is; —
man kan gen isder mit banden breken; —
be is 'n kerel fan isder un stäl. — Nid.
ijzer. Äs., ahd. isaru ; mhd. isern, iser ; 45
goth. eisarn ; an. isarn ; ags. isern, afries.
isern , iser , isrn , irsen , irscr. Statt an.
isarn auch iarn , wozu nfries. jaarn stimmt.
Daneben ahd. isan, isen ; mhd. isen ; ags.
isen = 7ihd. Eisen, cf. wegen der Grd- 50
bedtg. (als Glänzende s etc.) unter is u.
im Beowidf von 31. Heyne unter Inig., wie
desgl. auch unter harnas.
isig, eisig; — dat is je isig kold; — 'n
isigen lüclit, eine eisige Luft. — Nid. ijsig ; 55
ags. isig ; ahd. isec (eisig, voll Eis).
is-jökel, Eis^- Zapfen. — Mnd. isjokel
(auch iskekel , iskegel) ; ags. (is) gicel, des-
sen g aus j verdichtet ist, od. wie dies mit
j auch in unscrm jökel der Fcdl ist, ein un- 60
organischer Vorschlag vor icel ist. cf die-
srrhalb ags. gif, gyf = urspr. if (cf. engl.
if) = ahd. iba, ubi, oba ; mhd. obe, ob =
afries. cf, jef etc. tinter of (= ob, tcenn,
oder) u. wegen icel od. jökcl s. unter die-
sem Wort das Weitere. Das ags. gicel, bz.
icel steckt auch im engl, icicle ^= icc-icle. cf.
jökel.
isk, isk, mit Aphaeresis sk. Endung =
nhd. isch in Adjectiven u. Substantiven,
lüie z. B. . . schelmsk (schelmisch), gladsk
(glatt, gleitend, glattartig), fretsk (fresssüch-
tig, gefrässig), bigelöfsk (abergläubisch) etc.
— marsk (Marsch = marisk, meerisch,
sumpfig, tvässerig etc.), minsk (Mensch)
etc. etc.
Sie ist = mit cdid. isc, iscb ; as. isc ; ags.
isc ; goth. isk u. isks (cf. ahd. meunisc, men-
uisch ; as. mannisc ; gotJt,. manuisks ; ags.
mennisc = human us, d. h. dem Mensch ge-
nannten denkende n Wesen e n t sp r e-
chend u. angepasst od. an gehörig
u. eigen etc. [als Weiterbildung von:
manna, y man, denken etc.] = menschliche
Person, od. eigentlich = Denkender);
afries. isk (z. B. in agripinisk) ; an. skr statt
iskr (in racnskr = liumanus) etc., dem im
Subst. noch ein a od. o (anscheinend mit
der Bedtg.: Person, Wesen, Geschöpf)
angehängt wurde, was indessen später (cf.
an. menska = humanitas u. afries. man-
uiska, as. mennisco ; cüid. mannisco = mhd.
meuscbe, mensch) loicder abfiel. Nach Ana-
logie von abulg. isku, isky (in mazisku, ma-
zisky = mätndich, — plutisku = fleisch-
lich, — nebesisku = himmlisch) = slavo-
deutsch iska (cf. Schleicher, Com2)., 478);
lit. iszka u. goth. iska (in barniska = kin-
disch); ital. isco H. lat. iscus (dem auch
wohl iscum u. griech. iskos in hibiscum =
griech. ibiscos =: Eibisch, Ibisch [cf. ahd.
iwa, dän. ibe = nhd. Eibe] entsprricht) etc.
scheiid es indessen, als ob auch die En-
dung isc im Adj. mannisc (s. oben) eine
Kürzung von der vollen u. urspr. Form
isca ist, sodass auch hier das ScJduss-Si
ebenso loie im Subst. Mensch (=■ urspr.
manniska) später abfiel.
isk, iskeii, cf. esken, eisken.
isk, isker, cf. 3 csk.
islik, hclk, gräulich, fürchterlich, schreck-
lich, abscheulich etc. ; — dat is je iselk ; —
iselk kold; — iselk slim etc. — Nid. ijsselijk;
mnld. (KU.) eyselick, ijselick; ahd. akislih,
egislih, ekislih ; mhd. egeslich, eislicb ; as.
egislic, eislic, ags. ageslic, cf. aisk.
Itze, Itseii etc., s. unter Idse.
iuj) = jup, up etc., s. unter up.
iver, ivern, s. ifer.
136 JAGD
(der Halbrocal Jot).
j toird deshalb ein Ilalbvocal genannt, 10 Otfried die Formen jo, ja u. scliioed. ja,
^ccil er bald dem Consonanten „g" n. „k" jo, soivie iveiter Fick, III, 243.
(cf. jid, jiclit, jiitrcn, Janen etc. ii. auch im Jabbo, Jabbo u. Jabo, ml. Name; Geschln.
fries. Archiv von Ehrentraut, I, 218) Jubbcn. FjS ist (mit vurschlagendem j, (/.
tt. dann auch wieder dem Vocal „i" ent- unter j, u. den nachfohjenden Wörtern wohl
spricht, tcie dies schon unter dem zu ver- 15 derselbe N'ame toie Abbo, tcährend Sjabbo
gleichenden Vocal „i" bemerkt ist. In vie- wahrscheinlich loicdcr aus Jabbo (mit gc-
len Fällen Jedoch ist er auch blosser Vor- zischtem j) entstand, cf. auch Jibl)0 und
schlag, der indessoi stets der Dehnung od. StrackerJ an (Jeverl. Fersoncnnamen, pag.
der Brechung eines einfachen Vocals in 26, Nr. 72), der es zu f>ab (geben) stellt.
zwei Lauten seinen Urspru)ig verdankt, wie 20 ja-bröer, Ja-Bruder (qiii omnibus assen-
dies z. B. /» jadder, jfikol u. andern Wor- titur) ; daher auch: ein unselbstständiger,
tern der Fall ist u. auch im africs. sehr scJtwacher , loillenloser JMoisch, der keine
häufig geschalt, wegen dessen afries. jelmissc; eigne Meinung hat od. sie nicht zu äussern
(Almosen), jelne (File), jelre (Erle) etc. bei wagt; — 't is m'oI 'n goden kcrel, man 't
V. Kichthofe n im afries. Wb. unter cl- 25 is 'n ollen ja-broor, de gin minsk tagen ka-
misse, eine u. elre etc. verglichen werden men diird. cf. jäcii.
mögen. Wegen Vorschlagung eines j auch Jacht, jat'litern etc., .s. jagt etc.
im sl avischen cf. Pott, Wurzclwb., II, jaddc, jedde u. (cf. scliarre = schaddo,
76 u. ferner wegen j u. y für g in Bd. Schatten) jarre; water-jadde, Ackerspörgcl
III, 54. 30 (spergula arvensis). Derselbe heisst auch
ja, ja, tja, die reine Affirmation od. Be- gärnwindc , uägcnkne etc. Sie hat zwei-
Jahungs- Partikel j a, icobci die zweite Form theilige, vielgegliederte Stengel (daher inigen-
eben tiur das mit grösserem Nachdruck gc- kno) u. quirlständige, fadoiförmige Blätter,
sprochcne einfache ja ist u. die dritte (nüm- woher ivohl der Name: gärnwinde von garn,
lieh tja) mit noch stärkerem Nachdruck u. 35 Garn. Vergleichen tcir jicht = Gicht, jid
vermehrter Ungeduld ausgesprochen tvird, (afries. jeth) = gat etc., so steht jaddo viel-
sodass man ja als den Positiv, ja als Com- leicht für gM\dc, was möglicherweise /»/< gad-
parativ u. tjii als Superlativ bezeichnen der (Gatter, Gitter) zum Vbm. gadon (vcr-
kön)ite, wie z. B. in: ja! ik wil kamen; — einigen, verbinden, verknüpfen, verschlingen,
ja! du liest 't je wol hürd , dat ilc kamen 40 durch, u)n, od. i)i einander scJtlingen, win-
wnl'; — tjä ! kanst du not hoicn? 'k heb' den etc.) gehören könnte, mit dem auch nhd.
dl al twemäl toropon , dat 'k kamen wul' ! Gatte u. gatten (cf. gade) connex ist,
— Auch Subst.: ik lieb' Iiuni 't j a gafeu weil eben diese Pjkotze ein wir r es u. viel-
etc. ver Schill ng ene s Gewächs ist. Verglei-
Als Nebenformen von jd etc. sind auch je 45 chen wir edier jepke, j«3i)ko = wipke, so
u. jo gebräuchlich u. zwar auch mit ver- könnte es auch mit wed (Unkraut etc.) con-
schiedenem Nachdruck (ds je, je w. tje, wo nex sein.
das „e" toie im nhd. Jetzt ausgesprocJien jadder, s. jidder.
wird; z. B. je! 'k wil kamen; — je! wat '^ixt'w, Jähen, Ja sagen, bejahen, zustimmen
lofst du wol? — tje! mrust du den, dat 'k 50 etc.; — he jäed, bz. jä'd altid; — de olde
dat ni't net so göd döii kan, as duV jäbröer deid d' mund not .anders apon, as
M'rgcn jo = ja c/. die liedrnsart: do dat um to jäen. — Das „h" im nhd. bejahen
jo Mich wer; — du must mi dar jO nrt bi /,s'^ unorganisch u. eingeschoben, ivie bei
kamen etc., loo es allerdings nur (ds Be- Grimm unter bejahen zu vergleichen ist.
kräftigungspartikel u. iiicht als reine Affir- 55 Mit dem ahd. jelian (sagen, sprechen, be-
malion gebraucht ist. — Africs. io, bz. je, kennen, he'püien, zustimmen etc., cf. jiditeu
ge ; ags. ia, gea (cf. v. liichtho fcn unter u. bichten) lud ea dircct nichts gemein, da
ie); engl, yea; as. ia, bz. ja; an. ia, bz. dieses anscheinend auf goth. jah zurück-
ja; ahd. ja, ja; goth. jai, ja. Vergl. auch geht, toähroid jäen von}ii weitergcbildcl ist.
Seh melier, II, 202, sowie ferner bei GO ja^'l, od. ja^t, Jagd, Jagen des Wildes
JAGDNET
137
JAGTSK JAGSK
etc. = Verfolgung des Wildes od. sonstiger
Beute, um es zu greifen u. zu erlangen; —
he is up de jagd na fögels, fisken, wild, geld
etc. etc. ; — he is helsk (höllisch) up d' jagd
fersilten. — J.7tfZ. jagid ; jh/j*^?. jaget, jait,jeit;
nid. jagt. Zu jagen; cf. auch jagt etc.
jagdnct, ein langes, die ganze Breite eines
ahzutreihcnden Gewässers (Weiher, Canal,
Tief, Meiner Fluss etc.) einnehmendes Fisch-
netz, in welches die Fische durch IHätschern
im Wasser (mittelst der sog. Pulsstöcke)
hineingetrieben od. gejagt werden.
jagen, Jagen; (jage, jagst [jachst], jagt
[Jacht] etc.; — jog, jögst, jög etc.; — jagt
od. Jacht [gejaget] u. jagt, jagd etc.) ; —
de wulken jagen dor de Uiclit; — de wind
Jacht dat water afer de dik ; — he jög hum
mit de pitsk üt 't hiis ; — dat schip (de wa-
gen, — dat pürd etc.) jagd d'r hxngs, dat 't
so 'n ärd hed; — he is hen, um hasento ja-
gen ; — he jög hum de dägen in 't lif ; —
he jagt 't al dür de käl, wat he ferdend. —
Sprichic: de 'n ander jagen wil, de mut
sülfst löpen. — Nid. jagen (joeg, gejaagd
etc.); ahd. jagön; mhd. jagen (jagen, trei-
ben, schnell bewegen, eilen), cf. auch S c hm el-
ler, II, 265 etc. ivegen der verschiedenen
Formen u. Bedtgn. Vergl. bei Pott, Wur-
zelwb., I, 2S7 die y ya, od. yä (bewegen,
gehen, treiben etc.), Grassmann y yah
(eilen etc.) u. Schleicher com}]., 102 die
y ja, ivelch Letztere eine Nebenform von
ga (gehen etc.) ist, während ya (cf. Ben-
feg, Skr. Dict., 738) von y „i", gehen etc.
entstand. Vergl. auch Fiele, II, 200.
jagen, statt gägeu (gegen). — Nid. jegen,
jegens. Davon:
jägeiicn, gegenen. Nur in be- od. hijä-
geueu, begegnen, behandeln etc.; — he is
mi nich bijägend; — lie bijägend sin folk
mau sk^gt, er behandelt sein Gesinde, bz.
seine Untergebenen nur schlecht. — Nkl. be-
jegenen. Es ist das von ahd. gagan (gegen,
wider etc.) weiter gebildete ahd. gaganjan, ka-
gaunen, gagancn, gagenen, kegineu ; amhd.
gagenen, entgegenkommen, entgegen treten,
begegnen etc. Wegen des Stammioorts jagen
s. unter gägeu.
jagei', ein Ftwas (Person, Wesen, Ge-
schöpf, Ding etc.) loas j a g t, treibt, eilt etc. ;
daher: a) ein schnellsegelndes für die Fil-
fahrt bestimmtes Schiff ; z. B. härings-jager,
ein Schnellschiff, welches die büseu begleitet
u. den ersten Fang der ganzen Ilerings-
flotte rasch an den bestimmten Markt be-
fördert; — b) der Junge, tvelcher die Pferde
vor der trekschüte reitet u. treibt; — c) ein
Segel an der zweiten Verlängerung des Bug-
spriets, dem sog. jagerstok. Dieses Segel
kömmt nach Bobrik nur auf Schmucken,
Kuffen u. Ilukern vor u. vertritt auf
diesen dasjenige Segel, ums auf andern Schif-
fen klüver heisst. Sodann, loird d) eine mit
Eisen beschlagene hölzerne Schaufel auch
5 jager genannt, ivahrscheinlich weil sie zum
Wegschaffen u. Austreiben des UnrcUhs (z. B.
in den Stallungen u. Gossen) gebraucht ivird.
Auch gab es früher eine ostfries. Münze (cf.
0. L. B., 907) die jager hiess.
10 Jäger, Jäger. — Ahd. jagari, jagere ; mhd.
jilgere, jegere, jegcr etc.
jagere, Gejage, Gehaste, Geeile etc.; —
dat is so 'n jagere. Das der Form nach
identische ahd. jagerie hat die Bedtg. : Jä-
15 gerei, Verfolgung etc.
jäger-stOl, Jägerstuhl. — Schcrzh. Ee-
densart: stak de dum in de närs un mak 'n
jägerstöl.
jägner, Gegner, Widerpart. Zu jagen,
20 bz. jägenen.
jagt, Jacht, in verschiedenen Bedtgn. ge-
braucht, als: a) Eilen, schnelles Treiben etc.,
Flucht, Fliegen, Fliehen; — d'r sitt so 'n
Jacht in d' lücht (von den schnellsegelnden
25 Wolken), bz. in 't water (vom Wasser,
wenn es rasch fliesst u. strömt); — he
hed so 'n jagt up 't läfend, er ist so eilig,
eifrig, hitzig etc., brennt vor Eile
u. Eifer etc.; — b) vom br ünstig sein,
30 weil in der Brunstzeit die Thiere sehr
unruhig u. hastig sind u. vielfach umher-
jagen od. birsen, loie z, B. Pferde, Kühe
etc. ; daher jacht auch = Brunst; — he hed
de jacht up 't läfend ; cf. jagtig, jagtsk u.
35 jagtcrn ; — c) von einem Schnellsegler, einem
Jachtschiff; — he hed sük 'n lütjen jacht
buen laten. — Nid. jacht etc.
jagtern, jachtern, jiclitorn, Jochtern,
Jnchtern, j achtern, sich spielend u. neckend
40 u m h er t r eib e n u. jagen, Jagd auf
einander machen, um sich zu haschen u.
fassen, ivild umherrennen etc., toie dies von
Kindern u. namentlich Mädchen, jungen
Leuten beiderlei Geschlechts , jungen Pfer-
45 den u. Binder n in der Weide, od. Thieren
in der Brunstzeit etc. geschieht; — de kin-
der (bz. hunde) jachtern (juchtern etc.) mit
'n ander; — de perde jachtern in 't land
herum; — 't junkfolk jachterd gern mit 'n
50 ander. — Es ist ein Freq. von jagen u. von
jagt weiter gebildet. Daher Subst. : gejach-
ter, gejuchter etc. (de kinder maken so 'n ge-
jachter; — 't is so 'n gojachter dür 't hüs
etc.) u. jachtere = spielendes u. necken-
55 des Jagen, Fliegen u. Hennen. Auch bei
Schütze (holst. Idiot.) u. S c h a m bach (nd.
Wb.) jachtern u. sonst auch (cf. B r. Wb. u.
Dähnert) j achern. Vergl. auch nid. iagten.
Jagtig, Jachtig u.
60 jagtsk, Jagsk, hastig, eilig, hitzig, brün-'
JAGT- od. .TACflT- WEIDE 138 JAMMERN
stig etc., d. h. von dem ,,w»s jagt hesafft" hals (</. jank Jt. jauken) od. hüngl die erste
bese>:senu.erfasstod.eingeii(>»iiiieit etc.; Jacht Silbe yak gar wegen der liedtg. Gier etc.
hallend etc. — (/. die Kndungcn: ig ». isk. od. g icr i g se i n, vcrlangeii,trachten
yd^t- od. jaclit-wpidc . das Absteige- ii. nach etc. mit der y yak cusammen, die (cf.
l-jütree-Ziinmer , od. die allgemeine Gast- 5 P ott, Wiir::chvb., II, -weite Abtii. ölH) eine
Stube eines Wirthshanses , wo:u Jeder ein- Nebenform eon ir ((/. öskcii) ist':" cf. auch
kehrende Gast den freien Zutritt hat. Die- jakke-piis.
scs aus jagt (Eile etc.) u. wi'ide (liabitatio) jakluilscii , heftig u. .■<tarJc nach Etwas
zu.sammcngcsetzte Wort ist eine seltr jias- verlangen u. trachten, heisshitngrig u. gierig
sende Bezeichnung des allgemeinen Gast- 10 sein etc.; — he jakhalsil d'r na.
simmers, indem dies in Wahrheit eine „Eile- jäkjp, Jiuhchcn; s. jak.
Weide'' (Stätte, Ortod.Aufenthalt) jakke-püs ; i. 7. jaklials u. setzt dieses
ist, indem dahinein Alles Jagt u. eilt u. mit piis (Katsc) zusammengesetzte Wort an-
darin nur einen flüchtigen Aufent- scheinend ein mit yAwkcw synonymes u. ident.
halt )iimmt u. nur hurzc Zeit (in der 15 Verb, jakken coraus.
Eile) rastet. jak-slip, Schooss der Jaclce.
Jak, Jacke, ein kurzes Obcrkleid ohne Jakub , Jakii]» , ml. Käme Jacob. —
Schösse od. doch nur mit ganz kurzen Sprichw. : .,wat imit man uOt all' hören,"
Schössen, loährend ein Bock stets lange sä' de dofe Jakub.
Schös.'<e hat. JJas Dimin. jakje od. jaktje 20 iammar, Jammer, drückendes u. behistigcn-
bezeichnet ein kurzes Oberkleid für ivcibl. des Schmerzgefühl, z. B. im Kopf; — ik
Personen u. lourde solches hier früher im harr' (hatte) tan morgen so 'n Jammer; —
Bürger- u. Bauernstande ganz altgemein ge- lautes Wehklagen in Folge grossen Schmer-
tragen, 7cührend es Jetzt immer mehr dem zes u. herben Verlustes; — man hürd dar
kl("'d (dem langen weiblichen Kleide) weicht 25 niks as jammcr un suchten; — ferner auch:
u. fast nur noch vom geringeren Stande zu Herzeleid, Elend, Kummer etc.; — se hed
Hause getrugen icird. — JVW. jak ; ^'////Z. jack ; al f'ul Jammer un elend bclafd; — dat is
scÄurJ. jakka; f/ä/?.jakke ;/;•«;<-?. jaquc; .S7;a». jammcr, das ist Schade, bz. traurig, zu bc-
jaco ; ital. gxüico. — Es soll nach Ducange\s dauern etc. — Nid. Jammer; mnld. Jamer;
Vermuthung (cf. Diez, I, unter Giaco) 30 ahd. Jamar, Jämer, ämar, amer ; mhd. Janicr,
seinen Namen zufiülig von einem Iliiupt- amcr; afries. iamer; ags. geomor, gconier
ling von Beauvais Namens Jaque erhalten (Jammer) n. ahd. Jämar, ämar; as. J;unar,
haben. Da indessoi der Grdbegriff: Decke, giam^iv, jixmor (schmerzlich, leidvoU) ; schwcd.
Bedeckung, Hülle, Schützendes etc. jaemmer (Jammer). Davon:
viel natürlicher als zu Grunde liegoid an- 35 Jammern, jammern, heulen, ivcJtklagen,
zunehmen ist (cf. unser wäd u. gewäd, Ge- kläglich schreien etc. u. zwar gebräuchlich
wand, Kleid etc. von goth. vidan, binden, von JSlensch u. Thier, wie namentlich auch
verbinden, knü2)fen, .stricken etc.), so ist viel- von den Katzen zur Brunstzeit, wie das
leicht da-^ griech-iöge (Schirm, Schutz, Decke, hess. jimmern; — ferner das Subst.: ge-
Hüllc) zu vergleichen, toas mit Jük, bz. tat. 40 Jammer, Geheule, Geklage, anhaltendes kläg-
Jugura u. Jüngere etc. zur y yng (fesseln, liches Geschrei u. Gewinscl etc. von Mensch
binden, verbinden, zusammeidn'nden , ver- u. Thier (ik kan dat gejammer uet langer
einigen etc., cf. Joch = Ges])ann) gehört, in d' uron iitholden), sowie die AdJ.: jammer-
icährend y yug selbst eine Erweiterung von bärtig, beklageiisicerth, ganz erbärmlich etc.
y yu (binden etc., (f. Ben feg, Skr. Diel., 45 (dat sucht dar nu Jammerliartig üt) ti. jam-
7-13) ist. Wegen des Scheltworts schubbe- moritk (Jämmcrliclt).
jak (von schubbeu = reiben, kratzen etc.) Bern. Wenn man die obigen Formen
^=^ Jemand, der die Jacke schubbt od. reibt vergleicht, so scheint es als sicher angenom-
u. scheuert etc. vergl. bei Schütze in men werden zu dürfen, dass das „j" aus
seinem Idiotikon unter Jakk, wo mit die- 50 „i" (wie in J e, J emals. Jemand etc., cf.
Sern Wort ein Scheuer- od. lieib- Pfahl emand etc.) entstand u. dass ia in iamar
(cf. schurpäl) bezeichnet wird. eine Brechung von „ä" in ämar ist. Da
Jak. Selten <ds ml. Name, aber als Ge- nu)i ferner das ahd. ämaron ; mhd. ämcren,
schlechtsname (z. B. Johann Jak) häußgrr ämern (Scclensehmerz emjißnden, sehmerz-
vorkommend. Doch wohl eher von Jacob, 55 lieh verlangen, bz. traurig u. klagend sein
bz. franz. Jaques gekürzt, als aus Johan etc.) u. das an. anira (Jammern, heulen etc.,
verdorben. von Katzen) dieselben Wörter sind, wie das
jak-lials, ein ausgehungerter, gieriger, bei- neuere Jammern, so scheint es mir zweifcl-
telhaf Icr, verkommener u. dabei frecher Wi< hl. haft, ob das „ä" in ahd.. ämar wohl urspr.
Steht jak-hals vielleicht für älteres jank- 00 lang war, zumal beide Wörter anscheinend
JAN 139 JANHAGEL
mit dem an. ama (belästigen, beschwerlich sin slafe is, kumt seiden wer d'r fim; 7- de
sein u. werden, Last, Beschwerde , Druck erst an d' janever fersläfd is, de is mit is-
u. Mühe machen, placjen, drücken u. qua- (lern ketten banden. — iiVt</tsc?; bäten han^d
len etc.) zusammenhämjen u. dieses kein 'n kann', binnen wand 'n man, de liet Jan.
langes „a" hat. Die ]/ von ama etc. ist 5 de frett körn un türf bi fracliteii, suj)d wa-
ani, (f. äniel u. Fick, III, :2U a. I, J'J. ter bi dragten, liäld tan de strat de Mxc, de
Jan, ml. Name. Davon: weibl. Name dfir gän bi gause bopen; mäkd sc fcrgrclld,
Janna u. Dimin. Jantje. Geschln. Jansen, uimd hür liör geld, nn lett se lüi)en.
Janssen, Jenssen. Jan Baihörn; — dat is ferbäterd dör Jan
Es ist die nd. Form des nhd. Johann, 10 Baihörn. Zu dieser Redensart soll ein
wie unser Jans die des nhd. Johannes tim 1550 zu Lübeck lebender Buchdrucker
= griech. Joannes u. ist der Name J 0- dieses Namens Veranlassung gegeben haben,
hann aus dem hebr. Joclianan (d.h. Je- indem er angeblich bei einer neuen Äujlage
hovah schenkt, od. ist gnädig) ent- des A-B-C-Buchs dieses dahin verbesserte,
standen. Wegen Jehovah cf. Braun, Na- 15 dass er dem auf der letzten Blattseite abge-
turgeschiclde der Sage, I, unter Jalio, Jao bildeten Hahn ein Nest mit einem Ei zu-
etc. cf. Jocliem. fügen «. unterfertigen Hess. Ob diese Er-
Der Name „Jan" ist in Ostfriesland sehr Zählung richtig ist, lasse ich dahin gestellt
volksthümlich, denn ausser in den mancher- sein, doch will ich bemerken, dass auch
lei Anecdoten u. Erzählungen von „mal- 20 dem Candidaten u. zeittveiligen Schulmeister
Jan" u. „klök-Jan" („mal Jan" istdernär- Hier onimus J obs (cf.Jobsiade,Cai).28)
rische Johann, der [anscheinend] alles die gleiche Verbesserung desselben zugeschrie-
verkehrt macht u. auf den Kopf stellt , oh- ben ivird u. möglicherweise die Redensart
schon er schliesslich bei jeder Gelegenheit auch schon früher dadurch entstanden sein
den „klök-Jan" [klugen Johann] überlistet 25 kann, dass dem Namen, bz. dem Worte bal-
u. anführt) lebt derselbe in sehr vielen volles- hörn der Begriff des bösen, schlechte n,
thümlichen Redensarten u. Sprichwörtern, schlimmen u. verkehrten etc. von al-
tvie z. B.: dat is net für Jan un alle man ! ten Zeiten her anklebt, ebenso ivie unserm
— he steid as Jan fan feren (ferne); — baldäd, balörig etc. So sieht auch Vil-
he is bold wer bäfen Jan; — al mit der 30 mar in seinem hess. Idiotikon den Namen
tid kumt Jan in 't wams un Gret' in d' „Balhorn" als von bal = ci/t*?. balu (per-
büks, od. (oariirt) : al mit der tid ! dar kön' niciosus, malus) u. hörn gebildet an u. deutet
ji drist up räken, kumt Jan in 't wams un es als böse (schlimme, verkehrte etc.) Spitze,
Gretje in de wäken; — „sligtweg Jan, Winkel, Ecke od. Ort. Dass hörn in-
he sal dog man achter de plög," sä' de bür, 35 dessen auch als Hörn gefasst u. gedeutet
do let he sin jung' düpen; — Jan wil wol, werden kann, ist selbstredend u. vielleicht
man dürd net; — Jan wul sin bür brüdea wahrscheinlicher.
un et net; — dat is anders wat, as: Jan Janen, gähnen, gaffen, das Maul aufsper-
kum in un et wat; — erst anstäkeu! sä' ren etc.; — he stcid to jänen. Daher: hö-
blau-Jan (auch eine volkstJmmliche Figur 40 jänen, gähnen, bz. das Maul tveit u. hoch
■wie „mal- Jan", doclt mehr dem Argen zu- aufrcissen in Folge von Müdigkeit, Hunger
gewandt) as he na d' galg förd worden sul ; u. Schlaf. Sodann hat jänen ebenso wie
— de 't döa kan (sä' mal -Jan) de gäf ' mi gapen die'Bedtg.: das Maul aufsper-
'n sülfern ortje; — dar geid 't heu, „sä' ren wonach, verlangen u. begehren
mal- Jan," do harr' he sin mör (Mutter) iör 45 wonach etc.; — he jänd d'r na, er hat
d'plög; — „dat was nich gans mis," sä Jan, Verlangen u. Gier danach. Auch nd. jä-
as he sin mör 't en ög ütsmäten harr' ; — nen, bejänen (= begapen), hojänen etc. (cf.
„'t is mis," sä Jan; do harr' hum 'n hund Schütze, Br. Wb. etc.); engl.ja.Y/ü; nfries.
in 't holten ben bäten. jäne u. hojanen (cf. Outzen). cf. nid.
janäver, janever, jenäver, Genever, d. h. 50 geeuwen u. ahd. giwen etc.
Destillat von Wachholder = lat. juniperus, Es steht (mit zu j erweichtem g, %vie in
■woraus das ital. ginepro ; span. enebro ; port. jagen etc.) für gänen, gannen = ags. geo-
zimbro (cf. Diez, I, 214:) ; franz. genievre non ; ahd. ginen; mhd. geinen; nhd. gäh-
(Wachholder) u. so ferner das nid. genever, nen etc. u. ist wegen anderer Formen u.
jenever. 55 der ]/ das Weitere unter gannen zu vergleichen.
Dazu die warnenden Sprichwörter : Ja- cf. auch gapen, jäpen, jappen etc. ii. jänup.
ncver ! Janever! wo langer, wo lefer; wo jangst of?. j'ankst; i. 5. jank ; — de jangst
langer, wo mer ; to lest deid he sar ; — Jan- is so gröt, dat he 't snöpen hei net laten kan.
evers (Wortspiel mit dem Namen Jan Evers) Janliagel, od. Jan rap an sin mät, das
magt is gröt ; he is de stärkste Jan ; de erst 60 gemeine Volk, der Föbel etc.
JANHINNERK 140 JAR
Janhinnpi'k ; i. q. 2 maljan. nun aber der Name des die TJiüren u.
jank. Gier, heftiges Verhiiu/eu, Lüstern- Thore (Ein- u. Burch-Gängc) behütenden
heit, Gelüste etc.; — de jank ("o«?. jangst etc.) u. bewachenden Gottes Jamxs mit dem Worte
stcid hum altid na d' jauöver; — he hed so janiia tvoJd loimittelbar ::usammen]iängt u.
'n jank (jaugst) na d' briid etc. cf. das 5 einer u. derselben y cntspross, ist sehr ivahr-
fohlende: scheinlich u. leiten auch Benfey u. An-
jankcn, begieriij sein, heftig verlangen, dcre (cf. Skr. Dict., 7:>S unier ya.) den Na-
litstern sein etc.; — lie jankd na 't ätcn men des Janus von der y ya gehen, ge-
etc. ; — de hiind jankd na sin her. — Auch hcn zu etc. ab, während Bojip Of- GIoss.
subst.: dat janken (Verlangen nach, — Bct- 10 comp., 300) das tat. jauua von dem von der
teln um etc.) im grOmon um 't iiten hed hei ]/ yä u. ana (^= an, in, ^u etc.) gebildeten
geu ende. skr. yana (itio, incessus, ingrossus etc.) ab-
Da die Hunde etc. ihren jank durch heu- leitet, loelches Wort auch bei Ben feg (cf.
Jen u. loinseln bekunden, so hat jaukcn Skr. Dict., 741) u. bei Pott (s. Wurzelwb.,
auch die Bedtg.: zv in sein etc. — Xld. jixn- 15 I, zweite Abth. 96')) weiter verglichen wer-
geleu «. JAwken (begehren, betteln, wimmern, den kann, tco der Letztere auch über den
heulen etc., z. B. om ecn ambt janken) ; jan- Namen Janus spricht. Vergl. auch Fick,
ker (Lüsterer, Wollüstiger etc., daher auch: II, 200.
Vcuusjanker) ; ?h«W. ('/v //.j janckon, jancke- jap, das Aufsperren u. Oeffnen des Mun-
lou (gaunire, vagire, latrare etc.), Jancker 20 des; — he kan gen jap mer don, er kann
(gaunitor, latrator etc.) ; }ifries. janko (win- den Mund (od. das Maul, den Schncüjel)
sein, heulen, wehklagen) ; satl. (Ehren- nicht mehr aufsperren = er ist völlig er-
traut, II, :^0:S) jankje (gierig sein); nd., schöpft, cf. jappcn «, das folgende:
mnd. janken (begierig sein, verlangen, win- Japen, od. japcn ; i. q. gapeu. cf. nid.
sein etc.). Wohl (tls urspr. lautmalendes 2~) jx^i), Seh )iitt (bz.giihnende, klaff ende Wunde)
Wort mit lat. gannire eines Ursprungs, cf. durchs Gesicht.
Fick, II, S4. Vou janken auch (cf. Diez, jappcii, das Maul aufsperren, nach Luft
II, o3!>) wohl das franz jangier (klaffen, schnappen (he ligt to jappen, bz. he kan
klatschen etc.) = rt/nn(i. jangle,jjroi'. jangla not mijr jappen = er liegt in den letzten
etc., sowie das engl, jangle (heulen, belfern, 30 Zügen); das Maul vor Hunger u. Gier weit
kreischen, zanken, hadern; ein unharmoni- aufsperren, gierig nach Speise etc. Verlan-
sches Geräusch machen etc.). gen u. schreien (de junge spräen jappen na
jäiisk, gähnisch, zum Gähnen geneigt etc.; de olden). — Nd. (Dähnert) gappen ; mnd.
s. jiuion u. ho-jänsk. japen, jappen. Zu jäpen etc. , cf. janken.
jan-snutc, Maulaffe. Zu jäucu ; s. jap- 35 Von jappen (gähnen, gaff'en, klaffen etc.)
snute u. gapenbek. das engl, jap; franz. japper; prov. japar
Jäll-up (Gähn-auf) im Bäthscl: grfin un- (kläffen, bellen etc., von Hunden), wie nhd.
ner, blau baten — iär uuner, liir bäten; — kläffen von klaffen = gähnen etc.
mit fer liiren stipstappen nn en holten Jänup. Vergl. zu jäncn (gähnen) u. jappen (schnap-
.lauwärje, od. .laiinewarje, Januar; der -iO pen, das Maul aufsperren etc.) auch das aind.
erste Monat des Jahres. — Sprichw.: dan- jänjabhyätai etc. in Benfey, Orient u. Oc-
sen de müggen in Jannewärje, den word de cidcnt, I, 013.
biir 'n bädeler; — greit dat gras al in d' jappcnl, ein gieriger, betlelhafter , win-
Janncwärje, den wast 't hele jär siegt; — sclndcr Wicht od. Hund etc.; — 't is 'n
warm wer in Jannewarje brengd de bür 'n 15 mbarmlikon japperd fan 'n kerel.
mager jär. i^*- ■> Ja)» - snfite; i. q. jän-snüte. cf.
Das lat. Januarius tvird von Janus ab- Schütze, Idiotikon unter Jap etc.
geleitet (der Jani monsis od. Januarius ivar jiir, Jahr = Zeitabschnitt des Kreislaufs
ihm geheiligt), der als eine altitalische Gott- der Erde um die Sonne, bz. Zeit, innerhalb
heit unter andern auch ein Vorsteher (od. 50 ivelcher die Erde den Lauf tim die Sonne
Wächter) der Himmeisp f orten und der macht. — Afries. jer od. ier; as. ger, iar ;
Strassen- u. Haus- Ei n gänge war. Die ags. gcar, ger; engl, year; n?^Z. jaar; tvfries.
Form Januarius liegt aber noch näher zu jier; nfrics. jer, ir, jir; satl. jir; an. är;
janua (Tliür , Eingang, Zugang, od. Oeff- ahd., mhd. jär; goth.idr; zend.yXre; apers.
nung, Darciigang) u. da nun der Monat 55 yära.
Januar seit N u m a der erste Monat des Jah- Das Wort jär bedeutet so viel als : Lauf,
res ist u.alsi) (dii Eingang des Jahres steht, Gang, Umlauf, Kreislauf (der Sonne, bz.
bz. der Er offner des Jahres ist, so liegt der Erde) u. gehört entweder zur ]/ yä =
es .sc/tr nahe, das Wort Januarius ah eine urspr. „i" (bewegen, gehen etc.), od. nach
Weiterbildung von janua anzusehen. Dass GO dem skr. paräri, paraäri (voriges Jahr) zu
JARIÜ
141
JAUELN JAUERN
urtheilen zu der ]/ ar (betoegen, gehen etc.),
toozn auch das goth. ara, ahd. aro etc. (Ad-
ler), loie unter adler ii. arenrl ::ii vergleichen.
Das griech. öra (Zeit, ZeitahscJutitl etc.)
ivird gleichfalls zu dem send, yärc gchallcn
u. loürde hei der Ableitung von der ]/ ar
(wozu das an. nr [Jcdir] ebenso genau stimmt,
toie das an. ar [Ruder, aratrinii] von ]/ ar)
anzunehmen sein, dass das „a" von y ar
eine Brechung zu ia (cf. dieserhalb jam-
mern = an. amra) erlitt. Vom griech. öra
ivird bekanntlich auch das lat. liora (cf. fir
u. tirlösje) abgeleitet. Als Beleqstellen cf.
Bopp, Gramm. I, 95, — II, 210 u. III,
SO; ferner: Ferd. Justi, Uandb. der
Zendspr., 246, b; — Bopp, Gloss. comp.,
308 unter yä; — Zeitschr. für Völkerpsy-
chologie von Lazarus u. St ei n thal,
III, 322 sub Nr. 17; — Pott, Wurzclwb.,
1, 288 — u. II, 77 sub 361, tvo eine Ent-
stehung der Form yar von der y ar (be-
wegen) als möglich zugelassen wird. cf.
auch unter 2 iir «. loeiter Fiel:, 111,213.
Die urspr. Formen yära u. ära würden
demnach entweder von ]/ ya mit dem Suf-
fix ra, od. von der y ar mit dem Suffix a
weitergebildet sein.
jai'ig, jährig, einjährig ; — dat word mor-
gen jarig, dat min fader aferläden is; —
volljährig, grossjährig ; — lie is jarig wor-
den. — Afries. jerich, jerech etc.
1. jarre, s. jadde.
2. jari'e, s. jir.
jas, Ueberrock, namentlich die dicke Jacke
der Schiffer zum Ueberzichen. — Nid. jas;
Vbm. jassen, einen lieber rock tragen, mit
einem jas bekleidet sein; ferner auch: ha-
sten, j ag en, spielen (auf Karten das
sog. jas /"= Jage- od. Ilasche-Spicl?] -Spiel,
woher auch der Treff -Bube als oberste
Karte den Namen jas hat) etc. — Wang. jask.
Jasper, ml. Name; Geschln. Jiniwra. Ist
kein alter fries. Name u. aus der Fremde
importirt. — cf. nhd. Kasper u. lateini-
sirtes Gaspariis.
I jasses,jesses, jeses, jisses, jusses j/. har-,
I od. liei'-jassos etc. Ein vom. Namen J c-
! sus, bz. von Herr Jesus entlchides Aus-
rufsivort, tcelches zum Ausdruck des Stau-
nens, Schreckens etc., als Hülferuf etc., od.
auch als Beschwörungswort u. selbst zum
Ausdruck der Indignation u. des tiefsten
Absehens sehr (dlgem.ein gebraucht wird,
selbstredend ohne dabei an den Herrn Je-
sus zu denken od. es meistens auch nur
im mindesten zu ahnen, dass es davon od-
lehnt ist. — cf. auch sakkerlot etc.
jaueln, jauern, laut schreien u. jammern,
Idagen, heulen etc., namentlich auch von den
Katzen zur Brunstzeit gebraucht, sowie auch
von dem Heulen u. Winseln der Hunde.
Subst. gejaucl ti. jaucle. — Scdl. jauerje ; nd.
jaulen. Dazu, bz. zu idd. jouvf (Spottgeschrei,
bz. ein langausgeJtolter lauter Schrei zu
5 Schimpf u. Spott, Hohngelächtcr) ; jonwcn
(schreien, durch Schreien verhöhnen etc.);
uitjouwen (ausspotten, aushöhnen, ausschim-
2>fen etc.) etc. vergl. bei Vilmar (im hcss.
Idiotikon) jö, joeleken (vom lofiüd. jölen) u.
10 krajoelcn, soicie das deutsche io in Mordjo,
Feuerjo etc.; sodann das nhd. johlen ti.
nid. joelen (vom lustigen u. tollen Geschrei
eines Trunkenen, bz. = laut schreien u.
jauchzen etc.) u. bei Schm eil er (11,263)
15 unter jo-eln. Zum nid. jouw (s. oben) stimmt
engl, jaw (Schimpf, Spott, S2)ass, Scherz
etc.; schmähen, schimpfen etc.) u. zu unserm
jauela das schtoeiz. jaulen, jauren tc. engl.
yawl (cf. Pott, Wurzelwb. I, zweite Abth.,
20 1253), während das Schweiz, jauscln unserm
jöseln (wehklagen, jammern, winseln etc.)
entspricht. Zu dem Stamm jo, jü etc. (als
lauter, jubelnder Schrei etc. , bz. jiusbruch
der Freude u. des Jubels etc.) gehört auch
25 mhd. jüwen , juwezen (jauchzen) u. nhd.
jauchzen = Schweiz, juchzen, juzen u.
unser juchei, jucheien etc., wa>ig. jugje etc.
u. nid. juichen. Ferner (von j6, jii etc. als
Naturlaut) ivahrscheinl. auch das lat. jubi-
30 Iura u. juijilare etc. zum Stamm jö, jü, cf.
auch unser jü, sjü etc.
Was nun aber iveiter das Vbm. jaueln,
bz. das nid. joelen «. nhd. j ohle n, bz. jö-
len betrifft, so bleibt es zweifelhaft, oh dies
35 flicht mit dem agerm. Ju l, engl, jül, an. jol
(Freudenfest zur Zeit der Sonnenwende im
Mitivinter) zusammenhängt, ivovon auch
Diez (1 , 217) das ital. giulivo; prov.,
afranz. joli (fröhlich etc.) u. das nfranz.
40 joli, sjjrt». juli (artig, hübsch), — Vbm.:
afranz. joliver, jolier (sich freuen, jubeln
etc.) ableitet, wo denn auch das Wort jül
(in Julfest) eine Weiterbildung von Natur-
lauten jö, jü sein könnte, falls es nicht mit
45 unserm wel (=^ Rad, Drehendes) identisch
ist, dessen verschiedene Formen (als z. B.
engl, wheel, ags. hveol [hueol] , nid. wie!
[= uiel, huiel], scdl. wel, jule, jöle, bz. iule,
iwle; an., bz. isl. hvel, hiol etc. [da ein
50 drehendes Bad auch einen h e u lende n,
seh n u r r ende n u. singende n Ton ver-
ursacht]) auch wieder an einen Zusammen-
hang mit dem Stamm von nhd. heulen =
ahd. hiuweln, liiulen etc., nid. liuilen (alt:
55 hwilen), bz. unser Iiülen (s. d.) erinnern u.
sonach die Anncüime gestatten, dass sowohl
nid. joelen als liuilen etc. mä den. obigen
Formen von unserm wel (Bad, Spinnrad
etc.) u. dem Vbm. welen (drehen, toenden
60 etc., cf. das Julfest cds S onn emvende-
JAUKER .TAUCnER 142 JICHTEN JECHTEN
Fest) von Hause aus susammoihänf/oi. niaken wat so wil ; — lätd ji hör tofräden.
Vergl. auch bei Outzen die irr.'^chicdeiir)! — Nid. jij, gij ; afries. i; at/s. ge; as. gi, i.
Formen unttr Jiil. Bopp glaubt, dass die Staininfii/lbc yu (cf.
jaukPi*. janclior, theucr, hoch im Preise ,jo, jn = euch, — Jos, jus = eures) eine
etc.; — ilat is im to jaiiker. — KacJi Sthf/. 5 Erweichung von tu (= du) ist, wie in sei-
ist es Judendeutsch. ner rergl. (rramm(di/i, Bund II, 1J:} zu vcr-
jjiwal, jiiwol, jiiu-ohl ; — Spriclnc: „iii' gleichen, ji ist anscheinend eine ]'erstüm-
iin j.i\v;il" segmn do kniniliörnors all'. vielung von. jis, lir. jus, tcas im gotli. jus
j«', ./" ; — ik kam ji"; .s. ja. erhalten hlieh, währenddessen „a"^ im Deut-
j(m1(Io, Scher', Sj)ass, Schimpf etc. — Da- 10 sehen in „r" id>crging u. so das nhd. ir (bz.
rnn : ji'dilow iinl, Scherz-, Sjuiss-, Schim}if- yr = jir) entstand. Fs .so// aber jns ^^ lit.
Wort etc.; — man miit ok "ii jodtlewünl ior- jus u. zend. ym ferner noch eine Verstiim-
Silin, bz. fenlragcn küiion. — Fs ist ein mir niehing des ved. yiismö sein, dessen „s" ebenso
sonst nirgends rorgckommenes }\^nrt. wie das aus .s/r. ynyäm entwicJcelte zend.
jo^Pn, s. jügeii. 15 ynsem aus der skr. Sgibe sma stammt. Da
jo^jonen, s. jägcnen. nun .s//-. yiismö' =: goth. jus ist u. aus dem
jt'^iKM", s. jägncr. skr. yusmat (ef. linpp, Gloss. comp., 314)
jpl, .<ichräg, spdz u. scharf, bz. winklig das aeol. immes (aus usnios) entstand, so
zulaufend; schräg, schief, quer etc. ; daher: erklärt sich auch afries. iomma, bz. jomma
aferjei , überzwerch, schrägiiber etc. cf. 20 (ihr) u. iomma (euer), wfries. jiemnio (ihr)
poinm., rügisch (Dähnert) jpüe, eine als die dem skr. yusmö entsprechende rol-
schmale Landspitze, tvovon Jella nd als lere Form. Was nun ferner das .skr.
Name der Landspdze von Hiddensee yusmö betrifft, so steht es für älteres yn-sma.
gegen das pommersche Ufer. .lil»bo. ml. Name. Geschln. Jibben. cf.
Jelle, ml. Name. Geschln. Jellen u. Jel- 25 die anscheinend verwandten Formen : Jahbo,
]o!ia. Weiterbildung davon: Jpllrirh, Jell- IIio u. Ippo.
rik, Jell^rk. Fs ist wahrscheinl. (cf. .labhn, j'<'lit, (rieht, Rheuma. — Mhd. gibt (Zu-
Abbo, Jibbo) eine Nebenform von Alle «. ckungen, Krämpfe, Gicht); dän. gigt, jogt;
Elle mit vorschlagendem ,.j", ivie bei afries. sehwed. gickf. Da flöt (FItiss, Ixheuma) von
jelne = eine (Elle) n. jclre =^ elre (Erle). ßO Hötoii (ßie.'tsen, bz. bewegen stammt, so durfte
Da indessen afries. ili (Schwiele) auch in auch das mhd. gibt (Gicht) mit dem mhd.
der Form ie\ vorkommt, so könnte auch eine gibt, giclit (Gang, Bewegung) von Hause
Form llo, Illo (cf. Forste mann unter aus identisch .fein, zumal auch das sehwed.
1 1, wo er einen Zusammenhang mit ihiu, gickt mit dem piräs. gick des Verbums g;\
eilen, rasch sein ii. metchen etc. annimmt) 35 (gehen) zusammen zu hängen scheint,
zu Grunde liegen. jiclltoii, Jccliton, bekennen, gestehen; —
Nach Strack er Jan (Jeverl. Personen- bö wil not jirbtou. — Ahd. jibten; mhd.
namen, 212) ist .Tellricb indes.sen aus Atba- gibtou (aussagen, bekennen; zum Gesläiid-
laricb entstanden, wie Allo, J-lllo, Ello u. iiiss bringen); afries. ]cc.hUi; tvfries. jccht-
Jelle aus Atliilo, Ktbilo. 40 jen ; mnid., mnd. giobten. Daher: afries.
jenli^, locder zu gross u. dick, noch zu l)ijocbta, cf. bichtcn =^ nhd. beichten. Mit
klein u. dünn, sondern dem richtigen, mass- afries. jecbt; mnd. gicbt ((reständniss),
vollen Verhältnisse entsprechend; leicht u. jeclita (geständig) u. dem sjiätern ofries.
zierlich, hübsch, nett, passlieh etc.; — (lat ji«'btig (cf. O. L. It., pag. 1H5 u. 228), bz.
is so 'n jentigen stok, de hü dragt; — 'n 45 altd. jibt; mhd. gibt (Aussage, Geständniss,
jentigcn jung etc. — Nid. joiit (mnhl. hei Bekenntnis.^) ; ahd. jilitig, gibtig; mli.1. gili-
Kil.: gbont, jent), hübseh, zierlich, nett. tic {aussagend, geständig etc.) vom ahd. je-
Aus franz. gont (joly, bien fait, propre) u. bau, gehan, jeheu; mhd. jebcn, gobea ; md.
mit gentil m. lat. geutilis von lat. gcns. Jen (sagen, sprechen, aussagen, erklären, ein-
jt''i)ke, .s. jApke. 50 gestehen, bejahen etc.) = as. geban, goan
ji'ts, Etwas, eine Kleinigkeit. Es ist Ne- (Präs. gibu) ; afries. ia. (Ger. togien; Präs.
benform von ets, jedoch ivie das nid. iets .7. Person ind. iecbt), tvovon Di cz (I, 207)
synonym mit dem aus eowiht contrahirten et. auch das ital. geccliire (in aggecchirsi, sieh
Jetta , ivbl. Name = nhd. Jette. Di- dcmüthigen, sieh iintcrwerfen) ; prov. gequir,
min.: J ettchen. 55 aspan. jaquir (überlassen), acat. ja(iuir (cr-
jeven, od. Jewen, jpworn, jiwwcrn, wci- tauben, zugestehen) n. afranz. gebir (gestc-
nen, icimmern, jammern, ivcinerlich sprcehen hen, .sagen) etc. ableitet.
etc. Wegen des ahd. jehan, womit auch goth.
ji (J'lur.) ihr. — wat wuld ji hu- don ? aikau (dessen ai ebenso wie bei aivs auf
— lätd ji Iiiir mit hör geld un güd dün un HO ur.sjir. „i" wei.st) u. lat. ajcre (cf. Schulze,
JICHTERN
143
JOBENAM JOBENAMELK
goth. Wh., pag. 7) zummmcngeüdll wird,
'ist Weiter CS bei Pott (III, 730) zu ver-
gleichen, W02U ich noch bemerken wöehte,
dass das goth. aikan in der Form mn
besten zu imserm iken = etlid. Gihlion stimmt,
woran auch Pott an der oben erwähiUoi
Stelle denkt u. dieses mit dem goth. aigaii
(cf. egon) verwandt hält.
jichteru, s. jachtorn, hz. jagtoni.
1. jichti^, gichtig,, mit Gicht bcliaflet.
Zu jicht.
2. jichti^ (obs.?), gestündig etc.; s. unter
jichten.
jichts ; /. q. ichts ; .9. hinter icht.
jid, jit od. jith (Plur. jiddon, jitton) ein
kurzer, einspuriger Fahrweg nach dem
Deich hinauf; — dat jid is so utfaren, dat
man d'r hast mit gen för stro nier bi de dik
npfaren diird. — Es ist von Ilausc ans das-
selbe Wort wie das afries. jet, joth n. un-
ser jetziges gat (Loch, Riss, Spalt, Oeffnung,
Durchbrach, enger Gang etc.) u. dort das
Nähere weiter zu vergleichen.
Bestätigt tvird dies:
a) durch das von Cad. Müller ange-
führte jidden für die Löcher im Herde u.
Schornstein, loelche auch stipgaten genannt
wurden u. ivorin angeblich in uralter Zeit
kleine Götterbilder (Herd- Gölter, Laren) ge-
standen haben sollen u.
b) durch das mit nnscrm. brot (Bruch,,
Bruchstücke) unmittelbar verioandte an. braut,
was allgemdn in der Bedtg.: Weg, Fahr-
strasse etc. gebraucht uiurdc, urspr. in-
d^essen die Bedig. : B r u c h, D u r chbrnc h,
Biss, Spalt (fracta, rupta) etc. hatte, wie
auch unser gat (Loch, Riss, Spalt) das
Stammwort von dem nhd. G a s s e ist. cf.
dieserhalb auch das franz. route aus tat. riipta,
ioovon auch unser rött, bz. nhd. Rott, Rotte.
jid od. jidde, ein Ijcindmass, etwa ^.U Die-
matJi. haltend. Vielleicht urs2)r. dasselbe
Wort ivie das vorige u. dann wohl eine n
Thei l, bz. ein Bruchstück (vom Grd-
begriff: brechen, spalten, aus- u. von einan-
der gehen od. machen, reissen etc.) eines
grösseren Jjandcomplexes od. eines Hofes
bedeutend.
jidder, s. jüdder.
jikker, jikkerd, jikkcl, eine kurze Manns-
jacke, ohne Schösse. Es ivird ein Diminu-
tiv von jak (Jacke) sein. Wegen des „i"
vergleiche das folgende :
jikkern. in kurzem, raschem Trabe fah-
ren, bz. jagen. — Nd. jakkern ; nid. jakken.
Es ist ebenso wie jachtern, jichtern etc. ein
Freq. von jagen tt. gebraucht man hier statt
dessen auch das redupdicirte jik-jakken. cf.
auch das hess. jackern (Vilmar) = schnell
reiten u. fahren.
Jinnno, ml. Name. Geschln. .Timmen. — ■
Wohl mit vorschlagendem „j" ans Imme.
Jili, ^"in, od. (nach Stbg.) jilin, ein Tau
zum, Heben, bz. Aufziehen schiverer
5 Lasten; ein schioeres Takel-, od. Hebezeug.
■ — Nid. gijn; nd. gien (cf. Bobrik unter
Ginn); schiccd. gm; dän. gie. Es ist ivohl
connex mit dem engl, gin (Maschine , Ge-
triebe, Triebwerk, Rammgcrüst , Hebcma-
10 schine. Winde, Hebezeug; Schlinge, Strick,
L'cdlstrick, Sprenkel), sowie mit dem engl.
angine (Maschine, Kunstgezcug , Kunstge-
triebe etc.), was sich von ingenium herschreibt.
jip, s. gtp.^
15 jipf^ii, s. gipen.
Jire, jirre, jir a. (seltener) l&.vv^,, Jauche,
Mistlake, Gülle; überhaupt jede .stinkende,
faulige, schmutz igbr au ne Flüssigkeit. — Nid.
gier M. mdartl. (in Groningen) auch: jire,
20 jere ; afries. jere, gere ; satl. jere. Mit engl.
göre (Schnmtz, Koth, Schlamm) ; ags. gor
(fimns, lutum, coenum) ; ahd. gor (Mist) ,
mnd. (Seh. u. L.) gare, göre, gorre; an.
gor (excrementum intestinorum); ')iorw. gjorja,
25 gyrja (Schlamm, Dreck etc.) etc. zum Vbm.
gären (= nhd. gähren ; mhd. geren ; ahd.
jesan, gesan) m. sonach urspr. eine in Ver-
wesung, bz. in Gährung übergegangene
übelriechende Flüssigkeit, bz. Masse
30 bedeutend, tvie ja bekanntlich jede gährende
Masse einen scharfen, stinkenden Geruch
hervorbringt, bz. einen den Geruchssinn affi-
cirenden, riechbaren Dunst erzeugt. Dieser-
halb gehört auch unser göre (nid. genr, älter
35 göre), Dunst, Duft, ivürziger Dunst, bz. das,
was die Nase reizt u. prickelt etc. zweifel-
los ebensowohl zu gären, wie die Wörter:
gest, gas etc., tcorüber auch Pott (II, zweite
Abth., pag. 45.3) unter der J/ yas zu ver-
40 gleichen ist.
jir-dobhe, Jauche-Grube; — jlr-slot, Jauche-
Graben, bz. Abzugsgraben für Jauche n.
fauliges, schmutziges Wasser; — jir-tocht,
jir-tog, Jauche-Abzug, cf. afries. jerenge,
45 Jauche - Abzug, Kloake etc., u. jertocht,
Schlamm-, bz. Jauche-Abzug.
jis; i. q. jichts; — wen 't jis is, wenn
es irgend ist, bz. geht.
jivvern, jiwwern ; i. q. jcwern ; s. jrven.
50 1. jo, od. j»; i. g. ja; — du must mi d'r
jö net bi kamen ; — du must dat jö un j6
net wer dön.
2. jo, od. jö, euch, euer; Jos, eures; —
dat hörd jo, das gehört euch; — jö fadei-,
55 euer Vater; — dat is Jos, das ist eures.
Statt jo ist in einigen Gegenden auch ju
gebräuchlich. — Nid. u (euch), uw (euer),
uws (eures); nid. ü ; mhd. iu; afries. in, ju
(euch) ; iuwe, juwe (euer) ; s. unter ji.
60 jobenäm, jobenanielk , jobenämd, joge-
JOEBKE JEBKE
144
JOK
niiud. jonfini, joiiänul. jonamelk, haupt-
sächlich, ror-itgswci.^c, licsondcrs, vorzüglich;
— dat geldt alle, man jobenäm jo, (Ins gilt
Allen, vor:Hgsicci.<c aber Euch ; — dat kau
ik not langer llden (hz. dulden) , jobonani,
wen dat noch mer fiirkumd ; — jogonänid
sük nu")i göd, besonders solch schönes Zeug.
Wahrscheinlich cun 1. jo = ja u. benämd
etc. = benannt, genannt, gekennzeichnet,
hz. ah ein Besonderes aus dem Allgemeinen
hcreorgehoben = xcas n a m h aft od. n a-
m entlich gemacht ist. Dies geht beson-
ders auch noch daraus hervor, dass ivir
auch sagen : dat is jonamolk jö schuld (d(ts
/."?< haujjtsächlich [besonders , vorzugsweise
etc.] eure Schuld), wo es deutlich für das
deutliche namentlich (was auch in der
Bedtg.: hauptsächlich, besonders etc. ge-
hrnucJit u-inl) .•<telit.
Juliko, Jeltkc. od. Jopke. jepko, Ificfe,
Hagebutte: Hagedorn-Beere : daher: jähke-
appel, od. auch blos jflhkc (rode ji^hkes),
der IJiefen-Apfel : — jepker - dorn, icilde
Hundsrose, bz. Hiefen-Durn. — Die Hage-
dorn -Beere heisst sonst auch bei u)is wibke,
wipke, wifke, woher: liiigewipkc (wörtl. Dom-
Beere, cf. Hage-Butte) u. hatreldürn-wit'ivC
(Hagedorn-Beere). — Die Formen jöbke etc.
u. wihke etc. sind Diminutive von obs. j^Uie,
jebe, jepc, wlbe, wipe etc. v. hängen diese
(cf. der Formwandlungen wegen auch unter
wöl) ebenso wie das nhd. Wiepe u. Hicfe
mit dem ahd. hiiifo, hiafo; mhd. \\\Gic (Dorn-
strauch) = as. hiopo zusammen, wovon ahd.
hiufaltar, hiciihalter, hiefaltra (Hagebutten-
.•^trauch od. Hageltutloibaum) eine Weiter-
bildung (die Endung ter, tar, tra ist = un-
serm tre v. ahd. trin , Baum) ist, sowie
loahrscheinlich auch das ahd. liiufila; mhd.
liiufel , liiifel etc. mit der Bedtg. : Wange,
Backe, tveibl. Brust. — Die Formen jepkc,
jöpkc (jepe-ke) u. namentlich das nid. jöp
(HieJ'e), jopen-appel, Hiefenapfel entstanden
durch Aphaeresis od. Abfall des „h" von
hiopo, icährend wipke, bz. wlpe = (dtes
uipe auch des anlautenden „h" (wie nhd.
wer aus hwer, cf. wel ^= wer) verlustig
ging it. also für liiiipe od. hwipe, Inpo (cf.
ahd. sorga , sworga , suorg i ^^ nhd. Sorge)
= hochdeutsch Hicfe steht.
y.'s bleibt fraglich, ob in dem ahd. liiufo
die Bedtg. : D or n, S tachel, bz. S te ch r n-
d e s, Sp itzcs, Vorragendes etc. (ef. bei
Vilmar das hess. habe, hebe, hiebe, liiepc
= Granne, Dorn etc.) liegt, od. ob es urspr.
nur auf die Butte (in 11 ag e- Butte) od.
Frucht des Dornstrauchs n. der loilden
Böse bezogen tourdc, in welch letzterem Fall
es ebenso wie Butte ein dick es Et was,
hz. einen Klumpen licdeutcn u. mit dem
ahd. lu'ifo (Haufen, Klumpen etc.) == un-
serm hup, Iiopen = ags. heopo, engl, heap,
hep etc. zusammenhängen könnte, worauf
auch ahd. hinfila, hütila (Backe, Wange etc.
5 = dickes, rundes Etwas) zu deuten scheint.
Da indessen ein rundes Etwas auch
eine Erhöhung, ein Gipfel, bz. eine
Vorragung etc. u. auch ein Haufe
dasselbe ist, so könnten die Wörter hiut'o,
10 hiufila u. iiufo sinnlic?i auf die Bedtg. :
hoch, vorragend (u. so auch spitz
etc.), r ti n d, vorstehe n d, d i c k, D i c k e s,
Klumpen etc. zurückgehen n. ist Weiteres
linier höp (Häuf, Haufen etc.) zu vergleichen.
15 .loclioin, .lofoii, ml. Name = Joa ch im,
entstanden aus dem hebräischen Jo-jakim od.
Jeho-jakim, (/. h. Jchov ah od. Gott r i eil-
tet auf. cf. Jan.
jfWle, Jude: — Nid. jood. Schcrzh. Be-
20 densart: „de jod' \<.\ de pot linden od. heb-
ben", für : kei)i Fleisch im Topf finden, od.
haben. — Sprichir. : 't geid huin as de jo-
den ! de fragen altid na 't kündige päd ; —
twe jriden weten wat en bril kost; — „min
25 herren 't geld un ik de slage," sä' de jode;
— „waracbtig," segd de jfkl', den lügt he
am dülsten; — dat kan gen jod' laten, —
Schcrzh. heisst der Teufel auch: de oldc
jode.
30 joden-lifis, dudenhaus. — Sprichw. : he
kumd dar pass, as 'n niutte (Mutlerschwein)
in 't juilenhü«.
jödon-nii^'olhült, auch liitje (lüttik, lütk)
nai^elholt, das dicke Fleich vom Vorder-
35 Schenkel eines Biniles. So genannt, iveil die
Juden das nagelholt vom Jli n ter schenket
nicht essen dürfen, weil der Erzvater Ja-
cob sich im Bingen mit dem Heim die
Hüfte verrenkte.
40 joilen-scholc, Judenschule. — Bedensart :
't geid d'r her, as in 'n jodenschole.
jödou-sele, Judenseele. — Bedensart: he
is ferköfd (od. ferloren), as 'n jridensele.
jodsk, jüdisch, hebräisch ; fremdartig, son-
45 derbar, unverständlich , kauderwälsch ; —
dat sügt nii so jodsk nt; — 't is jo 'n jruls-
ken pro ter.
Jo^d, Jugend ; jugendliches Lebensalter ;
jugendliche, uncrirachsene Menschen; — in
50 nun jTigd; — jogd hed (od. kend) gin dfigd.
— Nid. jeugd; mnld. joechd; ags. geogodh,
giogodh, jiigodh, jiiguth ; engl, yonth ; as.
jngiith, jiigudh; ahd. jiigniid, jiigent «. jun-
gmid, jungend ; mhd. jugent. G oth. jimda,
55 (statt jüliiida, juhiidaV)
Die Stämme geog, jng etc. sind mit Aus-
fall des Nasals „n" aus geong, jung etc.
contrahirt u. ist Weiteres unter j'mik n.
junge zu ersehen.
00 j'dv, Scherz, Kurzweil, Ju.r; Di min.
JOEK
145
JÜ
jokje ; — jokjes drifen , hz. maken. — Mit
nid. jok lt. nhd. Jux aus lat. jocus, tvovoti
joculor, jocularius u. hicvoii iveiter : itul.
giocolaro, giullaro (Gauläer , Spiclmann).
Ferner: ital. giocolatore; afranz. jogloor ;
nfranz. Jongleur von lat. joculator; pic.
jougler von jociilari. Wajoi jocus etc. cf.
Pott, I, zweite Ahth. , paij. 015 u. III,
212, sowie auch Fiele, II, 201.
jSk, Jüchen, prickelnder, stechender
Schmerz, wofür ivir sonst auch bit (Bcis-
sen) gebrauchen ; — ik heb' so 'u jök in de
hüd; — ferner überhaupt: Prickel, Beiz,
Sinnenreiz, Lüsternheit etc. ; — he hcd d'r
so 'n jök ua ; — se hed so 'n jök, sie ist
sehr lüstern (von lüollüstigen, geilen, Frauen-
zimmern). Auch nd. jök ; nid. jeuk. cf.
jöken.
jökol, ein zapfen- od. hegelförmi-
ges, spitz zulaufendes Etwas. Nur in
is-j8kel, Eiszapfen, der im nid. ijskegel, mnd.
iskekel, iskegel genannt wird. Verg. weiter:
hdlp., fries. jokliug (Eisberg, Eiskegel etc.,
Flur, joklingen = die von der Fluth an der
Meeresküste auf gethür inten Eisberge, bz. zu-
sammen geschobenen Eisschollen, die dann
meist schräg gegen einander aufgethürmt
sind); an. jökull, jökulls (Eisberg, Eiske-
gel) ; wang. j ukel (in is-j ukel , Eiszapfen) ;
dithm. Jäkel (in ys-jäkel) ; mnd. jokele; nd.
oekel, is-oekel ("c/. S chütze) ; nfries. (Out-
sen) jöckel u. jögel (Föhr) jael (aifs jaekel
od. jägel contrahirt), während auf den nord-
fries. Halligen ägel ; engl, icle (in ice-icle,
Eis-zax)fen) ; ags. gicel u. auch wohl nd.
hekel (s. Br. Wb.) aus derselben Grdform
(s. unten) entstanden. Weiteres cf. bei Outzen
unter jöckel u. bei v. Bichthofen im
afries. Wb. unter itsil (aus ikil, ivie britsa
aus brika; — tsereke mts kerke etc.), welch
Letzterer dort nicht allein das mnd.-fries.
jöckel, sondern auch das ahd. ecchil, ecchel
etc. (acuale, chalybs) anzieht, was indessen
ivohl unverioandt ist. — jökel, bz. ags. gi-
cel, engl, icel (cf. Pott, II, zweite Abth.,
ptag. 497 unten die Note) ist connex mit
zend. igi; ^jors. jah; npers. yakh; kurd.
yekh; süd.-osset. ikh (Eis, cf. is) u. ferner
mit lit. iza.s (Eisscholle ; Gru)ideis) ; air. aig
(Eis); an. jaki (Eisstück) etc. u. stellt Fiele
(II j, 31) für jökel etc. ein Tliema ikula auf.
ji)ken, jucken, heissen, prickeln, stechen;
Beiz fühlen, begierig u. lüstern sein etc. ; — ■
de pukkel (od. sin rügg') jokt (od. bitt) hum ;
— menmg en krabd sük, war 't hum net
jökd; — de oren jöken hum, die Ohren
jucken ihm — u. auch: er ist lüstern nach
Neuigkeiten. Auch subst. das Jucken,
statt dessen wir auch jökte (ik heb so 'n
jökte afer 't läfen) gebrauchen. — Mnd. jo-
J. ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II.
ken; nid. jeuken, jokcn ; ahd. juchan, juc-
chan, Jüchen, jucken; mhd. jucken.
Da der Grdbegriff: stechen, stacheln,
reizen etc. ist, so könnte e.s- hu'^ jökel viel-
5 leicht connex sein, sofern es als wahrschein-
lich angenommen toerdcn darf, dass der
Stamm juk od. iuk aus urspr. ik od. ik ge-
brochen wurde, loie z. B. vdtd. siuwcn aus
ahd. siwan entstand, cf. dieserhalb auch hei
10 Outzen unter jöckel.
jokje, s. jok.
jop, Joppe, Joppe, Jacke. — Mlid. joppe
u. gippe. Weitere Formen cf. bei Adelung
unter Jope. Nach Diez (cf. I, 21G) mit
15 ital. giubba etc. ii. franz. jupe ans dem arab.
algubbah, algobbah (baumwollenes Unter-
kleid), wovon auch das span. chupa (Jacke,
Weste), ital. cioppa (langes weibl. Oberkleid)
u. das deutsche Schauhe (früher schüba)
20 stammen soll.
jopke, s. jobke.
Jos, eures; s. unter 2 jo.
JÖselii, winseln, wimmern, loehklagen, toei-
nerlich sprechen etc.; — de hund jöseld; —
25 dat kind deid niks as jöselu ; — daher: jö-
sele II. gejösel, Gewinsel, klägliches Geschrei
etc. ; — hold dat gejösel nog net bold up ?
man kau 't je hei net langer in d' ören üt-
holden. cf. jauelu, jötei'n, sjöteru etc. u. bei
30 Pott (I, zweite Abth., 1253) das Schweiz.
jauseln unter 326.
jiJsen, sudeln, manischen, schmieren, be-
sudeln; etwas auf unordentliche u. unrein-
liche Art (z. B. Speisen) bereiten etc.; —
35 de kükske j8sd 't wat toregt, um d'r man gau
of to kamen ; — de kiuder jöseu sük so to,
die Kinder besudeln sich so. Vergl. iveiter :
jösig, jnsig, schmutzig, sudelig, unrein,
schmierig, unordentlich etc. ; — dat sucht
40 hir so jösig ut. — Wenn jösen nicht mit
ahd. gor (Dreck etc., cf. unter jire) von je-
san stammt, so könnte es (mit vorgeschlage-
nem „j", cf. jüdder etc.) eine Nebenform von
Ösen, ösig etc. sein. Da indessen der Be-
ib griff des unordentlichen Machens
etc. auch aus dem des durch e i n an de r
Machens u. Bührens erfolgt u. auch
m an t sehen = du r che i n and e r r ü h-
ren u. mischen ist, so hat es auch viel
50 für sich, dieses Wort mit dem nfries. jaske,
juske — jusk, jask (cf. bei Outz e n) u. unserm
jüchel,! juks etc. auf diel/ yu? y^ig (verbin-
den, zusammen machen u. rühren,mischen etc.)
zurückzuführen, worüber bei Pott (I, zweite
55 Abth. 1233 u. Ill, 579) das Weitere zu ver-
gleichen ist u. wozu auch das skr. jusa, bz.
yusa (Brühe, Suppe etc., cf. juchel u. 1 juks)
gehört.
jötern ; i. q. sjotern u. sjantern.
60 ju ; i. 2- 2 jo = euch.
10
Jü JUE
146
JUEFFER
jü, jü, sju, ksjil. tjü. Iiii, vcrfichicdciic
Interjectioncn zum Japen, Treiben, Vertrei-
ben etc., bz. um zu scheuchen od. verscheu-
chen mit der Bedtg.: xoeg, fort, marsch,
vor 10 ä r t .s etc. : — jü (od. hü, tjü) priil !
vorwärts Pferd; — tjü tos! — de röpil um
ksjü (od. sju) ! mend d' hönor all', d. h. loer
sjü etc. ruft, macht keine Ausnahme, z. B.
im Aufjagen od. Antreiben u. Anspornen
eines ruhenden u. lässigen Arbeiter-Haufens,
XDorunter vielleicht einige ßeissigcrc sich be-
finden, cf. jap etc. M. bei Vilmar (pag.
1S3) jü, 7nhd. schü als Interjection zum Ver-
scheuchen.
jnbbern (Jobbern), wuchern ; — hö juliberd
mit annor nians seid. Das auch ins Deutsche
eingedrungene oigl. Jobber (= Lolinurbeitcr,
Tagelöhner, Handlanger, Marklhclfrr ; Un-
ternehmer im Kleifioi , Mäkler, XVuchcrcr,
woher: stok-jobber ^ Acticn- Händler, Ac-
tien-Krämer od. Wucherer) leitet sich ah von
engl. Job , was eine unbedeutende, niedrige
Lohnarbeit bezeichnet.
jiiclio. jiicliPl, Brühe, Suppe; — jüch iin
hiidels, Gänse- od. Schioeinc-Brilhe mit Klüs-
scn ; — flesk-jüclie, Fleisch-Brühe; — na-
mentlich eine dünne, kraftlose Brühe, schlaffe
wä-ssrige Suppe, od. durch einander gemisch-
tes od. zusammen gemanschtes wässeriges u.
kraftloses Essen, 3Iisch-Masch etc.; — so
'n jüchcl (od. gejücliel, jüchele, jüclielkräm)
mag 'k net. Davon:
jiiclieln, mantschen, mischen, zusammen
rühren, schmieren etc.; — se jücheld gau
wat toregt; — se jücheld 't all dör 'n ander.
— ]\Iit mnd. juche; icang. jüch (Brühe,
Suppe) u. unser m 1 juks, sowie ahd. jussal,
jussol; mhd. jussel (Brühe; spät-lat. juscel-
lum) 11. nhd. Jauche (Brühe etc., Mist-
Jauche = Mist-Brühe) u. skr. jusa, yusa
(Brühe, Suppe) zur ]/ yu, yug (verbinden,
vereinigen, zusammen machen, mischen etc.),
wie unter jösen, jösig zu vergleichen ist u.
wozu auch jük (Joch, Verbindung, Gespann
etc.) gehört, cf. dieserhalb Pott, I, zweite
Abth., pag. 1232 u. 1234.
jiichhoi, jachhe, laute, lärmende Freude,
lauter Freuden-Ausbruch od. Freuden-Tu-
mult, lauter Jubel; — wat hebben so dar
für 'n juchhei; — he mäkd d'r so 'n juchhe
(grosses Aufheben, od. viel lArm u. Ge-
schrei) fau. — juch ist der Stamm von ja-
chen, juchzen (jauchzen, ef. jaueln) u. hei
= 1 hei mit der Bedtg.: hoch, freudig, er-
regt etc. Davon:
Jüchheien, sich laut u. lärmend freuen,
laut singen u. schreien, ein lautes, lärmen-
des, frohes, lustiges u. wüstes Leben führen,
jubeln etc.; — he juchheied wat herum; —
he hed sin geld un god all' ferjuchheid, er
hat sein Geld u. Gut verjubelt, bz. lustig
durchgebracht.
jüchjach ; /. q. jüche.
juchtoni. jiii'htPi'ii, sich schilkenid, Spie-
re Icnd u. neckend u)nherlreiben , sich necken.
Daher: gej achter (von spielenden u. sich
Jagenden u. neckenden Kindern etc.). Es
ist eine Nebenform von jachtern , doch ist
dabei anscheinend bei der Bildung des Wor-
10 tes auch an jüchheien, ?>^. Jüchen etc. gedacht.
jüddor, jidder, jadder. Euter (von Kühen
u. Schafen). — Itäthscl: tüsken twe Schin-
ken steid 'n bül mit för tinken ; wo stram-
mer se stän, wo lefer de wichter därna g;'in.
15 — Ahd. ütar; mhd. ftfer, iuter, wonach un-
ser J" in jüdder etc. ebenso wie das J"
in nhd. Jemand aus „i" (cf. emaiul) ent-
stand u. „iu" eine Brechung aus „ü" ist.
— Mnld. (KU.) üder, nyder, huyder, wder,
20 wr (= ür als Contraction von üder) u. uro,
ore; mnld. uijer, uior (."ytatt \\u\or)\ pomm.
(Dähnert) ueder; ags. üder; engl, ndder;
afries. üder u. wahrsc'heinl. auch aider (cf.
bei V. R icht h of c n , afries. Wb. , unter
25 aiderlam) ; nfries. jüdder, jidder, jader u.
ander; «t/zvcs. jaddcrjaer; Srt^/. jadder; toang.
jedder; nd. (Schambach) gidder; finn.
ütare; griech. oathar; skr. üdluis, bz. üdhar,
üdhan. Ferner: an. jügr, jür; norw. jnvcr;
30 dän. yvcr; schiced. jufwer, jar; lat. aber.
Da das lat. über sowohl der Name für
Euter ist, als auch die Bedtg.: frucht-
bar, er g i ebig, au sg i ebig, ü b e rf 1 ü s-
sig, bz. übe r fliessend etc. hat u. der
35 Euter das Ausgiebige, bz. von Milch
Ueberf liessende etc. od. auch das ist,
wo ra its die Milch fliesst u. he r vor-
quillt 11. also ein Born od. eine Quelle
der Milch genannt werden kann, so liegt
40 es sehr nahe, das alte üder, nter etc. mit
dem griech. udor; skr. üdan (Wasser, als
qu eilendes u. hervorsprudelndes Etwas) ;
lat. unda (Woge od. Welle = wellendes,
wallendes, aufstossendes, pulsirendes Etwas,
45 lüie unser welle [Brunnen, Quelle] u. nhd.
Welle mit wallen = kochen, aufweUen,
aufstossen etc. verwandt ist) etc. zusammen
zu stellen, dessen y ad, bz. vad (d. i. aad)
eben auch in unserm water = ahd. wazar
50 (Wasser) u. im afries. aed, aeet (nas.s) steckt.
Ben feg (cf. Skr. Dict., 133 unter üdhar)
glaubt, dass für das skr. üdhan eine Grd-
fnrm vad-dhant anzusetzen ist, was ich da-
hin gestellt sein lasse.
55 jürter, Jungfer, Jungfrau; — Sprichw.:
,,is de fiiiger beringd, is de jüffer bedingd";
— Compos. winkel-jütt'er, Jjaden- Jungfer. —
Nid. juffer. Im nid. u. auch hier wird ein
schlanker, dünner Mast, od. eine Spiere
60 auch jüflfer genannt, iceil dazu ein schlau-
I
JUEFFERKE 147 JUEL JUELLE
her, jung fr äuli eher Baum venvcndet von; essen (= fassen, nehmen zu sich etc.)
wird. — jüffer ist aus dem deutschen Jung- entwickelte.
fer u. dieses aus Jungfrau entstanden, Wegen der y yu, yug cf. jüchc, 1 juks
wofür wir auch in gleicher Weise das nid. u. ferner Pott, II, 579 seq. u. I, zioeite
juffrouw in der Form jüffrö (doch nur als 5 Ahth., pag. 1228 bis 1252, auf ivelch letz-
Benennung der Frau eines angesehenen Bür- terer pagina auch das suh ,325 angeführte
gers od. des Domine's od. Pastoren) adoptirt lat. juvare sich leicht von der y yu in der
haben, ivährend tvir unter iiingfrd nicJit eine Bedtg.: halten, greifen etc. ableiten
Jungfer od. Jungfrau im nhd. Sinn, lässt, da eben die Bedtg.: helfen, unter-
sondern eine Junge verhcir athet e Frau 10 stützen etc. sich ganz von selbst tvieder
verstehen. aus der von: greifen, halten, stützen,
jüfferke, Jüngferchen. — Ndrhein, jun- tragen etc. ergiebt. Ver gl. auch bei Fiele
ferchin. Auch die Blume : saxifraga um- (I, 184) y 2 u. 3 yu, toegen der Grdbdtg. :
brosa ivird hier jüfferke od. mcnisleu-jüfferke greifen, fassen, hdten etc., aus welcher sich
genannt. 15 auch die Bedtg.: tragen, schützen, tvahren,
Jiiist, s. Just.. ivehren etc. (cf. y bhar u. dhar) von selbst
jUk, Joch; — a) ein Querholz, loelches ergeben. Weiteres vergl. unter jung.
zum Tragen von Lasten auf beide Schidtern jnken, NacJcen; — 'k heb' hutn wat up
gelegt ivird; — jük un eramers; — b) ein de jukeu gäfen; — hol' din suater, of 'k gaf
Landmass (Juchart), welches ein Gespann 20 di heller en afer de jnken, bz. afer de nak.
od. ein Joch Ochsen in einem Tage iim- Es ist loohl connex mit jük als V erbin-
pflügen kann; — c) Last, Bürde, Mühe etc., elendes, da der Nacken das Verbindungs-
bz. Bedrängniss, Unfreiheit, Unterthänigkeit, glied zioischen Kopf u. Rumpf ist.
Hörigkeit etc.; — he hed 'n swär jük to 1. jxi^s, Jauche, Eiter, dreckiges, schmutzi-
dragen; — he sitt undcr 't jük. — Ahd. 25 ges Wasser, flüssiger Dreck, Schlamm etc.;
juh, juch, giuh, joh, joch (Querholz zum — dar kumd so ßl juks (dicker gelber blu-
Zusammenspannen zweier Zugthiere ^ Ver- tiger Eiter) üt de blodfinue; — de göten
bin düng s- Holz; zusammengespanntes, bz. sitteu ful juks. — M/i jüche .s^wr y yug,
mit einander verbundenes Paar Binder ; verbinden, mischen, manischen etc.
Last, die ein solches zu ziehen vermag ; Ar- 30 2. juks, Scherz, Mutliwillen, Spass, Ver-
beit, welche ein Gespann Ochsen in einem gnügen; — he drift sin juks d'r wat mit;
Tage verrichtet, bz. das ivas dasselbe in — wi hebben föl juks had. — Es ist tvie
einem Tage pflügt, daher auch Landmass nhd. Jux aus lat. jocim entstanden, c/. jok.
= ein Joch od. Juchart Land [cf. un- juksig, schmutzig, schmierig, dreckig,
ser dimt = Diemath, d. h. Tagmath] ; 35 schlammig etc.; — dat sügt hir so juksig
V er bindungs- Glied od. Stück zwischen üt; — dat water is so juksig. Zu 1 juks.
zwei Brückenpfeilern [Brücken - Joch] od. jiil, jiille, Jolle, kleines, schmales, fla-
zwei Bergspitzen [Berg-Joch]). — G^oi/j. juk; ches, schlankes Boot ohne Mast, bz. ein klei-
ags. gioc, geoc; engl, yoke; nid. juk; an. ner Kahn. — Nid. jol; wang. jel; nd. gelle,
ok ; schwed. äka; dän. aag; lat. jugum; lit. 40 göUe, jöUe, jolle; schived. jelle, julle; dän.
jungas; lett. juhga; aslav. iga; span. yugo; jolle; engl, ynv/l; franz. jd]e,io]. Vergleicht
franz. joug; skr. yuga etc. etc., (dies von man das J" = lat. „g" im franz. joie aus
der y yu, bz. yug, binden, verbinden, schlies- lat. gaudium, so liegt essehr nahe, das franz.
scn, vereinigen, fesseln etc. von der Grd- jol zu dem lat. gaulos (kahnförmiges Trink-
bdtg.: fassen (cf. ]/ pag unter fak, fan- 45 geschirr) u. griech. gaulüs (ein ovalförmiges
gen, fe u. pak, pakken etc. als Eriveiterung phönizisches Kauffahrtheischiff) zu halten,
von y pa, fassen, nehmen, greifen, halten. Doch sind auch die Gellen genannten gros-
tragen etc.), nehmen, halten etc. ausgehend, sen flachen Holzböte auf der Spree mit nd. gelle
wofür anch die zend. ]/ yu, halten, dauern, (= Jolle) von Hause aus namensvertvandt.
ausdauern etc. spricht. Die Bedtgn. : fassen, 50 Da die Friesen u. Sachsen schon in sehr
nehmen, greifen, halten etc. resultiren indes- früher Zeit die französischen Küsten mit
sen wieder aus der von: beweg en (vor, zu ihren Schiffen besuchten, so könnte das
etc.) gehen u. kommen (zu etc.), errei- Wort „jol" leicht auf diese Weise ins Fr an-
ch en, erlangen etc. u. ist dieserhalb die zösische eingedrungen u. niederdeutschen TJr-
mit ap (betvegen) identische y pa (erlangen, 65 Sprungs sein. Wenn man indessen bedenkt,
fassen, nehmen etc.) od. die damit synonyme dass auch die Phönizier schon die franzö-
y a^ (= ak, cf. bei Fick u. Ferd.Justi sischen, brittischen u. norddeutschen Küsten
etc.) zu vergleichen, ivelch Letztere aus der u. Flüsse sehr häufig besuchten, so liegt es
Bedtg. : bewegen, gehen , dringen vor etc. auch sehr nahe, dass dieses Wort von ihren
ausser: erlangen, erreichen etc. auch die 60 „gaulos" genannten Schifften übernommen
10*
JUEM 148 JUNGE JUNG*
wurde u. es also aus dem Phönisischen yavaii (Jung) u. der sh: Comparativ n. Su-
stattimt. perlativ: yavigams, yavishstha zu sprechen
jiim, ihm = lium. Es r/ehürt zu jo, ju, scheinen, dessen „a" aus urspr. „u" sich in-
euch, cf. 2 jo. dessen auch wieder ebenso leicht crliärt, als
jiiimnei', n. immor. 5 das „a" in dhava (Brand) von y ilhu, xoo-
jlliiij. juiik, jung, geboren, entstanden, bei ich gleich bcmerkemvill, dass auch Ferd.
kaum geboren, bz. im betr. Augenblick ent- Justi das zoid. yavan (Jüngling) von der
standen u. zur Welt gekommen ; daher: y yu (verbinden, halten, dauern, fest sein,
frisch, neu, nicht alt. Jugendlich, nicht er- stark sein etc.) ableitet, wovon auch das skr.,
wachsen, nicht gross, sondern noch klein u. 10 zcnd. yava (Gerste, Feldfrucht, Speise etc.)
schioach etc.; — he is mit nii up öudagjunk u. skr. yavasa (Gras, S2>eise, Nahrung ==
west, er ist mit mir auf einem, bz. dem.'^cl- ivas hält, bz. erhält, ernährt etc. «/.
ben Tag geboren gewesen; — ho is faa dago also Bestehen, Bestand, Dauer etc.,
jiink worden, er ist heute geboren; — junge bz. Stärke u. Kraft giebt) entstand. Hat
botter; — junk gras; — junge wlu; — junk 15 demnach nun Bopp Hecht, so wären die
her etc.; — he is d'r nog to juuk tn, as Wörter : Jung, J n g endli ch, Jüngling,
dat he dat all' dragen kan; — de bum is bz. Junger Moisch, Junges etc. auf
nog to junk, um to drageu etc. — Sprichw.: die Grdbegriffe: scheinen, leuchten, bz.
Anno cn, as de düfel juuk was, do was 't erscheinen, sichtbar loerden, auf-
ük mit d' frä' ftrbi (Anno Eins [im ersten 20 gehen, hervorkommen, toachsen etc.
Jahre der Schöpfung, bz. der Welt], loie zurückzuführen , loogegen begrifflich
der Teufel geboren tcar, war es auch mit durchaus nichts einzuwenden ist. Da in-
dem Frieden vorbei). dessen begrifflich auch nichts entgegen steht
ju n g, ^/ed. junger, jüngste, jüngste. Weil loenn man die Wörter : Jung, J üngling
der Jüngste der zuletzt geborene ist, 25 etc. auf die (lirdbdtg.: halten, dauern
so ist j üngst auch = letzt, zuletzt u. etc. od. kräftig, stark etc., bz. Dauer
der Jüngste Tag der letzte Tag od. u. Bestand habend etc. zurückführt*)
das Weltende, ganz toie wir auch junger u. es doch immerhin sehr zweifelhaft bleibt,
in der Bedtg.: später (he is junger juuk oh vor dem skr. yuvan ein „d" abgeworfen
worden as ik = er ist später geboren als 30 ist, so möchte ich dieses Wort auch doch
ich) gebrauclien. — Ahd. jung, junk; mhd. lieber mit Benfeg u. Ferd. Justi von
junc; goth. juggs; «?f?. jong, jonk; ?;//. juuk; der y yn ableiten, deren Bedtgn. : binden,
as. jung; afries. jung, jong; ags. geong, vereinigen (cf. unter ,iü\i) od. fesseln
giong; an. ungr; norw., dän. ung. u. fest inachen etc. auch aus der primi-
Was nun die Bildung u. Abstammung 35 tiveren von: fassen, greifen, halten
des Wortes jung betrifft, so haben wir zu- etc. erwuchs.
nächst in jun ebenso wie im lat. juu von Wegen des Wortes jung cf. Zeitschr. für
junior eine Contraction von einem urspr. deutsche Philologie von Höpfner u. Za-
juvan = skr. yuvan (cf. lat. juven-is, ju- eher, I, 133; — Benfeg, Skr. Dict.,
ven-ta etc.) vor uns, ivas auch im lit. jau- 40 748; — Bopp, Gloss. comp., 313 ; — Ferd.
nas, slav. jünu (juvenis) u. selbst im aind. Tusti, Handb. der Zcndspr., 244 etc. u.
yün dieselbe Contraction erlitt u. auch die- Fick, I, 185.
selbe Bedtg. wie unser jung hat. Verglei- jun??®, ju"k, (das) Junge; — de katte
chen wir nun aber unter „ing", dass das hed man en junk had, Z;«. dre jungen kragen.
Schluss-„g^ aus kzL entstand, so liegt die 4:5 junge, jung' (i^//<r.jungeus,jungse),,/i<»/7r,
Vermuthung sehr ncüie, um auch das „g" Knabe, Junger Mensch, Jüngling, Junger
von jung als aus urspr. ka entstanden an- Knecht, Junggeselle ; — olle junge, cilter
zusehen, sodass wir für jung, junk eine Junggeselle, euphem. der Teufel; — 't is
urspr. Form juvanka ansetzen müssen, dem
das lat. juveneus xt. cambo-brit. jeuanc (ju- 50 *) cf. dieserhalb die venoandten Wörter:
venis) mit erhaltenem c (^= k) zur Seite ste- ahd. süor (inv(;\icns,Ju}iges männliches Jiind,
hen, ivährend das skr. yuvaka nach Bopp Stier = was J un g, stark u. kräftig
aus yuvanka entstand. Was nun den Ur- ist), stiura (Stütze, Halt, Festigkeit etc.) u.
Sprung u. die Grdhdtg. des Stammwortes stiuri [Stärke, Kraft, Macht, Gewalt, Herr-
yuvan betrifft, so leitet B opp es ebenso wie 55 scluift, Hoheit, Grösse etc.) u. das afries.
skr. yut aus dyut (glänzen) von der y dio, stur, stör (gross, stark, schwer etc.) etc., wo-
dyu (glänzen, leuchten, scheinen, sichtbar mit die Wörter: steuern (d. h. regieren,
werden, aufgehen, erscheinen etc.) ab, wäh- richten wohin, Bichtung geben, regere =
rend Benfey annimmt, dass yuvan aus goth. stiurjan) u. das ahd. stiuro (Steurer,
yavan entstanden sei, wofür auch das zcnd. 60 gubernator etc.) etc. zusammenhängen.
JUNGEN 149 JÜEST
nog 'n jungen jung', es ist noch ein junger 1. junk, s. jung.
Knabe. — Nkl. jonge; ahd. juiigo; a<js. 2. jnnk., Junges, junges, neugebornesThier;
geougo etc. — Dazu folgende Sprichivörler: s. junge, junk.
jungens un junge bunde mutten hau' hcbben, JQiiker, Junker, junger adlicher Herr. —
wen d'r wat regts üt worden sal; — „all' to 5 yl/y7es.jonkhera,jungliera,jonker. — Sprichw.:
minen besten!" sä' de jung', do slogen se d'r is gc'n junker so kriis, of he hed nog wol
hum de stok up de pukkcl kört; — „dat 'n lüs ; — lechtmcs leclit! is de bür 'n knecht;
geid, dat 't stufdl" sä' de jung', do red he loclitmes dunker! is de bür 'n junker.
up 'n kat afer de liürd ; — „dat schal wol jiinker-ureiijunkei'-ören, ./M»i;er-J^e/irm,
gän," sä' de jung as he 't kalf na d' stad 10 d. h. taube u. deshalb hoch an/gerichtete,
dragen schul; — „dar breug ik 't," sä' de stolze Aehren. cf. auch Vilmar (hess.
jung, do ful he mit sin kram to 'd dör in ; Idiot.) unter jünkern.
— „dat is 'n hund fan 'n perd!" sä' de Junkern, JunkeiTei'en, den Junker, bz.
jung', do red he up 'n swin; — „dat Nichtsthuer u. Grosshans spielen, seine Zeit
schal mi net wer geboren, dat min mo- 15 mit Nichtsthun verbringen etc.; — he jun-
der starfd un dat ik d'r net bi bün!" kerd mi föls to föl herum.
sä' de jung'; — „dat harr' ik man dön innkfolk^ junge Leute beiderlei Geschlechts.
schuld!" sä' de jung', do let de swälke Daher: junkMksra&rkd, der Markt für junge
wat in de soppe fallen ; — „wat is de wer- Leute, auf welchem sie sich belustigen u.
reld grot," sä' de jung', do kwem he achter 20 tanzen.
de koltün; — „dar geid 't hen," sä' de jung', junkgod, a) Jungvieh; — 't junkgöd is
do let he 'n lüs dausen ; — „dat is je 'n all' ütjagd; — b) junge Leute; — 't junk-
mallen brüg" {a. Brücke ; b. Butterbrod), sä' göd is darten.
de jung', „unnerun bäfeu botter";— „desäk' jankheid, Jugend, junger, jugendlicher,
is net to tröen, fader!" sä' de jung', do schul 25 unreifer Zustand; — dat is all' nog junk-
he wat mit d' stok hebben, od. „de säk is net to heid ; dat ferwast wer.
tröen," sä' de jung', „fader leg erst de stok jiip od, sjup, Intcrj., bz. Ausruf, wenn
weg"; — „dat ligt buten min ferstand," sä' sich Jemand aufrichten u. heben soll od.
de jung', „net so as dremäl dartein"; — „elk ivenn man etv)as heben u. aufrichten will,
deid wat," sä' de jung', „min fär sleid min 30 mit der Bedtg.: auf, empor, erhebe dich,
mor' — min mör sleid mi un ik slä' de big- richte dich auf, od. auf, hinauf damit etc.,
gen"; — „fär! wi kunnen as bröers mit 'n loie hup. Es ist mit vorschlagendem „j"
anner läfen," sä' de jung', „man du wult je von up gebildet, bz. aus iup (mit aus u zu
net"; — „dar kumd alle dage wat nes up!" iu gebrochenem Vocal) entstanden, wie das
sä' de jung', do schul he baden; — „Gods 35 mit up = ahd. üf, nhd. auf identische goth.
wörd in de fülle flucht!" sä' de jung', do iup, auf, auftvärts, empor, nach oben.
harr' he d' katechismus an de swäpe un slög Jürgen, JUrjen, contrah. Jürn, ml. Name
d'r all' mit hen un wer; — „dat findt sük =: Gör gen von Georg, wovon auch J örg.
bi 't ütputsen," sä' de jung', do harr' he Davon Geschln. : Jürgens, Jürjens, Jürns.
achter de dör schäten; — „elk sin möge!" 40 jnrk, jürke, s. jurken u. jürktje.
sä' de jung', „ik Et figen un min mör ett Jurke, wbl. Name. Vielleicht connex mit
bönen" ; — „al as 't fald," sä' de jung, as Jürgen, od. ein Dimin. von Djure,
de frö mit 'n nösdrüppel hum frög, of se jarken (liarrl.), lieber zug eines Kleides
hum 'n pankök bakken schul ; — „nu nog für Täuflinge. Es ist dasselbe wie jurk,
'n mal un den net mer!" sä' de jung', do 45 was im nid. ein langes leinenes Kleid, bz.
harr' he just dat letste üt de siröpspot slikd ; einen Ueberwurf bezeichnet u. ist somit das
— „'t lest is 't best," harr' de jung' segd, folgende:
do harr' he 't bransel üt de pot fräten ; — jürktje, jürtje (Kinderkittel; Ueberzug
„war rök is, dar is ökfur!" bä' de jung', do wul von Leinen) ein Dimin. wn jurk.
he d' pip bi 'n frisken perdekötel anstäken. 50 jnsig; i. q. jösig.
jungen, gebären, Junge tuerfen ; — de just, just, gerade, eben, recht, richtig,
katte hed jungd — wil bold jungen. gleich; — dat ene is just so göd, as dat an-
jungfrö, junge Frau, die noch nicht lange uer ; — wen man hum wat ferbüdt, den deid
verheirathet ist, od. überhaupt noch jung de slüiigel 't just; — dat geld kumd jiist üt;
ist, bz. ein jugendliches, frisches 55 — 't is all' just un effen etc. Es ist das
Aussehen hat. Es toird nie in dem Sinne gekürzte lat. justus, was von ^yx^ (Recht, Ge-
gebraucht, wie das nhd. Jung fr ati, wofür setz etc. als Bindendes etc.) ueitergebil-
wir stets jüifer verwenden. det ist u. (cf. Pott, I, zweite Abth., 1229)
Juni, Monat Juni. — Sprichw. : nördwiud mit unserm jüche etc. von der }/ yu (binden
in de Juni weid körn in 't land. 60 etc.) abgeleitet wird. cf. auch Fi ck, 11,202.
JUEST
150
E
Jüst od. Jaist. Name einer zwischen
Borkum u. Noräerncij belegenen, sehr lanrj
gestreckten u. schmalen Xordsee-Insel, icelche
früher mit den untergegangenen Inseln Bant
u. Bitse ::n Borkum gehörte u. icahrschcinl.
im 13. Jahrhundert od. noch früher durch
mächtige Sturmßuthcn davon getrennt wurde,
da der Name dieser Insel zu Ende des
14. Jahrhunderts (cf. Ostfries. Urhunden-
btich von Dr. F r iedlaende r , pag. 139
sub Nr. 165) schon genannt wird. Ver-
gleicht man africs. jet = gat (Loch etc.),
jestlik = gC^itlik (geistlich) etc. etc., so stimmt
der Name Jüst od. alt Just genau zu
unserm güst, bz. dem alten gust, guste (tro-
cken, dürr, unfruchtbar etc.) u. kann sie
als grüsstentheils sehr sandige u. höchst un-
fruchtbare Insel daher icohl von diesem güst
ihren Namen haben, obschon es auch mög-
lich ist, dass sie wegen ihrer langgestreck-
ten schmalen u. geraden Form Jüst
od. Just genannt wurde u. somit der Name
derselben )nit unserm jmt (Just, gerade, recht
etc.) zusammenhängt.
1. jiit, jütte, in den Eedensarten : he is
so döf (bz. so dura) as 'n jüt; — du dofe
jütte etc. ; tvonach es vielleicht identisch mit
Jute ist, sodass: „he is so düf as 'ü jüt"
mit: „er ist so taub (bz. so dumm) %cie ein
Jute" (in uralten Zeiten hatten unsere
fries. Vorfahren bekanntlich vielen Verkehr
mit den Jute n ii. Jü tlan d) übersetzt iver-
den muss. Da wir indessen auch sagen:
„du olle jütte" im Sinn von: „du altes Weib"
od. „du alte Schachtel", „du alte dumme
Person" etc., so kann es auch überhaupt ein
Schimpfname sein. Nach dem Br. Wb.
soll „jütte" indessen für „Johanna" stehen
u. auch nach nid. Wörterbüchern „jut" ein
verderbter Name des berüchtigten Papstes
„Johannes des Ächten", bz. der Pä2)Stin
„JoJuoina" sein, während anderseits „jut"
im nid. auch die Bedtg.: lumpig, gemein etc.,
bz. htm}), plump, stumjif etc. hat. Nach
5 Seh. u. L. (II, 41j2) soll jutte eine Kose-
form von Judith sein, indessen auch zur
allgemeinen Bezeichnung des weibl. Ge-
schlechts dienen. Schütze (II, ISO) führt
unter dithm. jit (Ziege) an, dass diese in
10 Hamburg u. Husum auch jütte heisst tt.
dass man mit „alvern jit auch eine alberne
Person bezeichnet, loozu noch bemerkt sei,
dass tsüge (Ziege) auch bei uns ein Schiinpf-
wort ist.
15 2. jiit, jütte, ein Giessding od. hölzernes
Schöpfgefäss zum Ausgi essen von Flüs-
sigkeiten. Zu jütten.
jiit-itl'i'e, Saft -Birne. Sgnongm der in
pomol. Werken als: „Gute Graue" aufge-
20 führten „grauen Sommer-Butter-Birne", die
hier auch „pere de gris" od. „pere gris"
(falsch für poire gris) genannt tvird u. auch
im nid. „Jut-peer" od. „Yut - peer" heisst.
Es ist tvohl loörtl. = Giess-Bir n e, toeil
25 sie so saftreich ist, dass sie beim Schälen
od. Hineinbeissen den Saft ausgi esst, bz.
ausfliessen lässt u. connex mit jüHea,
bz. 2 jüt.
jütten, giessen, schöpfen; — ütjüttcu,
30 ausgiessen, ausschöpfen; — dat watcr mut
üt de küp ütjütd worden; — du must_ dat
bot erst ütjütten, er wi d'r in farcu konon.
Es ist eine Nebenform von geten ^= goth. giu-
tau, loie das helg. jüt (giessen) bezeugt, cf.
35 auch unser: he gütd, bz. jütd = er giesset
etc. u. gut = Giess-Gcfäss u. = Giessröhre,
bz. Vorrichtung zum Ausgiessen u. Ein-
schenken von Flüssigkeiten u. Getränken.
Weiteres vergl. unter geteu u. daselbst die
40 3. Pers. Praes. jüth vo7n afries. giata etc.
K.
k. Der Buchstabe od. das Lautzeichen
„k" wechselt im Anlaut vielfach mit „g"
(cf. namentl. die Wörter unter kna, kni etc.,
bz. gna, gni etc.), während er im Auslaut
(cf. junk, klank etc.) auch oft für „g" ein-
tritt. Von der alten fries. Sitte, das ,,k" zu
quetschen, bz. vor einem Vocal in einen
Zischlaut (z. B. ds, tz, ts, sc etc.) zu verwan-
deln finden sich nur noch loetiige Spuren, wie
vielleicht möglicherweise in bridsen od. britzcn
7t. einigen sonstigen Wörtern, loährend sie
in Nord- u. Wcstfriesland, im Saterlande u.
auf Wangcrooge (cf. Ehrentraut, 1,184
etc.: kerke, ketel etc. u. unter 1 kake etc.)
noch besteht u. z. B. das von Stbg., bz.
Cad. Müller irrthümlich aufgeführte ziel
für sjel od. zjel, tzjel, steht u. icie toang.
50 sjel (statt sjerl) iiichts anderes ist, als unser
kerl, bz. kerel od. kilrol, während Stbg. da-
bei an einen Zusammenhang mit nhd. zie-
len (cf. tclen) denkt.
Zum Schlüsse sei noch bemerkt: a) das
55 Alles loas Stbg. unter Q, bz. Qu aufführt
von mir unter „kw" aufgeführt ist, wie dies
die Niederländer auch thun, u. b) dass das
Lautvcrhältniss unsers nordgerm. „k" zu
den im Skr. mit k, bz. 5, khs, sk, od. g, j,
GO gh anlautenden Wörtern noch ein ziemlich
KA
151
KABBELN
unaufgeklärtes ist, icie dies die unter die-
sem Buchstaben aufgeführten Wörter schla-
gend heioeisen.
kä (Flur, kaen) a) Dohle; — b) Nehcl-
krähe. — Nd., mnd. ka; nid. ka, kauw;
mnld. kae, kauwe; ags. ceä; engl, chough ;
Schott, kay, ka, kae ; ahd. chaha, chä ; mhd.
kä ; schxved. kaja ; norio. kaa, kaie ; dän. kaa.
— Es ist ein Lautnudendes Wort wie ku-
kük etc. u. stellt Fick (I, 558 seq.) es zu
einer y gag = skr. gaj (schreien etc.), wozu
auch nhd. kachel (Grimm, Wb., V,12)u.
kacke, soioie das Schalhvort kack (s. daselbst
Spalte 14) u. dann auch wohl unser kakeln,
kakeln etc. gehören. Die Basis von gag ist
übrigens j/ ga (tönen, schallen, singen etc.,
bz. einen unartikulirten Laut von sich ge-
ben etc., cf. bei Fick ,,ga" u. bei Grass-
mann „g^")) wonach gag ivohl aus rediipl.
gaga, od. gaj aus dem Stamm gäya entstand
u. gekürzt ist. Ob indessen das gleichfalls
onomatop. skr. käka, käga (cornix) für ahd.
chaha etc. nicht näher liegt, als die Ablei-
tung dieses von einer y gag, zumcd da die
käen u. Dohlen doch getoiss blas nach
ihrem Geschrei, welches ja wie kä, kä od.
kae etc. klingt, benamset sind?
kabanter, kebauter, karbauter, kerbau-
ter, kalbaater, klabauter, klebauter, ein
Kobold, od. ein kleines dickes drolliges ko-
boldartiges lt. ungezogenes Wesen, welches
allerlei Faxen u. Sprünge macht, od. auch
wie ein Kobold u. kleiner Teufel cdlerhand
neckische Streiche u. kleine Bosheiten ver-
übt, bz. sehr unlenksam u. störrisch ist; —
't is so 'n regten lütjen kabauter, war gen
drummel sin lachen fan laten kan ; — 't
is so 'n kabauter fan 'n jung', dat mau sük
d'r hast hei net fan redden kan, bz. dat man
d'r niks mit worden kau. — Ob dieses Wort
nicht eher von kobold, bz. kobolt (nid. ko-
bout) weiter gebildet ist, als dass es mit kla-
bastern etc. (cf. G r i m m, Wb., V, 888, sub
2, d) zusammenhängt?
kabbeljaa, kabeljau, Kabliau (gadus
morrhua od. morrhua vulgaris) , ein zum
Geschlecht der Schellfische od. Dcnsche ge-
hörender grosser schwerer Fisch, der bis
5 Fuss lang wird. Er bewohnt das nörd-
liche atlantische Meer, wird jährlich in meh-
reren hundert Millionen (namcntl. auf den
neufundländischen Bänken) fiefangen u. ist
einer der wichtigsten Fische für die mensch-
liche Nahrung. — Der Name ist seit Ende des
13., bz. Anfang 14. Jahrhunderts bekannt
u. seit der Zeit bei edlen seefahrenden Germa-
nen derselbe (Mos im Englischen heisst er cob,
loas vielleicht aus kab, bz. kable, od. kabel-
jau entstand u. verstümmelt ist) u. so ziem-
lich unverändert derselbe geblieben u. wenn
man nun vergleicht, dass der ungetrocknete
Stockfisch im Nid. auch bakkcljouw heisst,
so scheint es wohl richtig, dass man den
Namen als ein Compos. von kabbel, bz. ka-
5 bei u. jau ansieht. Vergleicht man nun
iveiter in Vocalmlaren des 15. Jahrhunderts:
meruta, cabeliau vel b u 1 c h e u. dazu,
dass der Bulch im ndrhein., bz. Nieder-
land (Grimm, Wl). V, 10) kablen heisst,
10 .so ist es wohl anzunehmen, dass kabbel
od. kabel »lit dem letztern Worte entweder
ident. od. doch unmittelbar verwandt ist.
Hält man hiezu nun ferner, dass diese
Fische sehr gefrässig sind u. mit weit auf-
15 gesperrtem od. klaffendem Bachen nach Al-
lem schnappen u. beissen, so liegt es sehr
nahe, um den Namen: kabbel, kabel, kable
mit kabbeln, kibbeln, käfe, kibbe u. kafel
von der y gabh, gambh (schnappen, beissen;
20 klaffen etc.) abzuleiten, wobei man bei dem
Suffix jau, iau vielleicht an eine Connexität
mit dem Fron, ya, yä, dieser, der, er, bz.
loelcher (cf. zend. ya, yo, yu etc.) denken
könnte, od. an die urspr. Suffixe i, u, ja etc.
25 Zum Schluss sei noch bemerkt, dass Hil-
deb r a n d (cf. G r i m m, Wb. V, 10) unter
Kabliau sagt, dass die Niederländer den
frischen u. ungetrockneten Kabliau auch
k i b b e 1 i n g nennen. Dies ist indessen
SO falsch, da van Dal e zu kibbeling sa^fi;
de zogenaamde wangen van den kabeljauw,
gevormd door de slaapspier en uitwendige laag
der kauwspier, worden afzonderlijk ingezou-
ten en onder de naam: kibbelen, kibbels
35 of k i b b e 1 i n g in den handel gebracht, —
ivonach es klar ist, dass dieses Wort mit
unserm kibbe (Kiefer) zusammenhängt.
kabbeln, a) laut zanken u. streiten, keifen
etc. ; — laten se sük d'r um kabbeln ; mi
40 is 't net glik, wo se 't maken ; — se kab-
beld (od. kibbeld) d'r al tegen an; — b) klat-
schen, plätschern, bz. mit klatschendem Ge-
räusch aneinander, bz. woran anschlagen;
— de se, bz. dat water kabbeld (wenn die
45 Wellen von ztvei Seiten gegen einander
schlagen u. klatschen) ; — dat water kab-
beld tegen de balken an ; — c) nagen etc. ;
— dat water kabbeld de kant fan de weg; —
d) brechen, abbrechen, abfallen, stürzen etc. ;
50 — de ganse kant kabbeld weg. — Nid. kabbe-
len (wie sub b), c) u. d) ; mnd. kabbeln; nd.
(Dähnert) kabbeln, kibbeln (sich zanken,
streiten). Davon : gekabbel, kabbele, — a)
Gestreite, Gezanke etc. ; — b) fortwähren-
55 des Flätschern u. Anschlagen der Wellen
an Etwas) etc. Es ist wohl mit kibbeln
eines Ursprungs u. dann auch in der Be-
dtg. sub b) als lautmalendes Wort vom
Flätschern u. Murmeln des ivogenden, rau-
60 sehenden u. an Etwas anschlagenden Was-
KABEL
152
KAF
sers gebraucht u. weil dadurcJi die Erde,
bz. das Ufer abbrüclcelt, so eitstand hieraus
auch die Bedtg. sub c) «. d). Als Laut-
malendes Wort hat es bei KU. die Bedtg.:
(methaph.) vomcro , u-ährcnd derselbe ein
2 weit CS kabbelcn mit der Bcdtg.: footaro,
footiticare, pärere (tlicitur proprio de porcis,
felibus etc.) auffuhrt, ivas wahrschei)d. von
vinld. kabbe (porcelliis) abgeleitet ist. Wei-
teres vergl. unter gabbeln wegen der y gabb.
kabel, ein dickes Tau zum Festlegen
der Schiff'e, bz. ein dickes Ankertau. — Nid.
kabel ; engl, cablo ; franz. cablo ; chablc ;
Span, cable. Aus mlat. capulum (Strick,
Seil) u. dies mit capulus von capio (greifen,
fassen, halten etc.).
kabeljan, s. kabbcljau.
kabnet, kamnet, kabnetschap etc., Cabiuct,
Cabinetschrank. Das franz. cabiiict ist Di-
min. von cabäne (Hütte, Strohhütte ; Schiffs-
kammer od. Stäbchen etc.) = ital. capanua;
span. cabana etc., bz. von (Diez, I, 110)
ki/mr. caban als Dimin. von cab, tcohcr
auch engl, cabiu (Cabine).
kabuf, kebüf, a) Buf od. Wort, ivomit
man einen polternden Sturz od. Fall von
Etwas bezeichnet; — kebiif! dar ligd 't; —
b) eine Hütte, bz. ein altes baufälliges, dem
Einsturz nahes Haus; — he wand in so 'n old
kabüf; — c) ein altes, abgetriebenes Pferd,
toas jeden Augenblick zu stürzen droht; — 'u
old kebüf fan 'n perd. — Es ist vielleicht
mit gepi'if, bz. buf etc. connex, obschon es in
der zweiten Bcdtg. auch zu nd. kabäche (cf.
Grimm, Wb., V, 6) stimmt u. dann eilte
Weilerbildung von dem unter kabuet erwähn-
ten k>/mr. cab sein kann. cf. auch kabüse.
kabiise, kabüs, Kabuse; — a) ein Bret-
terverschlag auf dem Verdeck der Schiff'e,
loelcher einestheils als Schiffsküche, andern-
theils cds Schtitz- u. Zufluchtsort für die
Matrosen dient, auch kombüse genannt; —
b) ein Bretterverschlag zum Aufheben u.
Bergen verschiedener Vorräthe ; ~~ c) eine
Sparbüchse, bz. ein Etwas, worin man sein
Geld vertcahrt u. aufhebt, od. auch den Spar-
Pfennig selbst; — min lest' kabüs, bald all'
nitn gold un god to hüs. — Nid. kal)uis,
kombuis etc.; cf. Weiteres in Grimm(Wb.
V, 10) unter kabuse.
kachel, a) irdener Thonflicscn ; — de
afend is üt kacbels upsotd ; — b) Kachel-
Ofen, bz. ein aus Thonßiesen aufgeführter
steinerner Ofen, od auch überhaupt ein Ofen;
he smitt 't in de kacbel. — Nid. kaghel, kag-
gcl; mflüm., mnld. kaeckol, kacbel; norw.,
schwed. kakcl ; dän. kakkel (in kakkelovn
= norw. kakolonin). — cf. Grimm, Wb.
V, 11, bz. uhd. chachala (irdenes Geschirr),
loas loohl Weiterbitdung, bz. Dimin. von
einem ahd. chacha = ags. (H. Leo) ceac
(irdenes Gefäss, Krug, Kachel, Urne); mnld.
(KU.) kaecke (cadus, orca); engl, kag, keg;
norw. kagge ; isl. kaggi (dolium, orcus etc.)
5 ist u. wovon auch vielleicht das franz. caque
(Hcringstonne), sofern es nicht mit franz.
caquor von 2 kaken abgeleitet ist. Das ags.
ceac etc. betr., so gehört es wahrschcinl. zu
der (Fick, I, 36) y kak (cingere), od. mit
10 skr. kü^-a (Behälter, Fass, Kufe, Kasten,
Truhe etc.) zu ]/ ku^ (umfassen, timschlies-
sen etc.), sodass das urspr. „k" auch hier,
wie in kak u. sonstigen Wörtern keine Laut-
verschiebung erfuhr. Vergl. auch kake etc.
15 Ob das port. (Diez, 11,107) caco (Scherbe)
nicht auch eher daher entlehnt, als aus lat.
cacabus etitstanden ist? — Auch span. cacho
(s. daselbst) könnte dann tvieder aus caco
entstanden sein , loie ja auch das nhd.
20 Scherbe beide Bedtgn. hat.
kacheln, heizen, feuern etc.; — liekacheld
dügtig in. Zu kachel sub b).
käde, s. kcde.
kaf, a) Spreu, leere Getreidehülsen, zer-
25 kleinerter Getreide- od. Stroh-Abfall beim
Dreschen; — 1)) von Mäusen zerfressenes
u. abgenagtes Holz, od. Holzspänehen etc. ; —
't is einer kaf, bz. kaiisel, d. i. Ge- od. Zer-
kautes. — Nid. kaf; mnld. (KU.) kaf, kaeve,
30 kave; nd. kaff; mnd. kaf, kave (Hülse des
Getreides, ausgedroschenes Stroh ; Spreu je-
der Art; fig. auch: leeres nichtiges Gewäsch
etc.); ags. ceaf; engl, chaft'; mJid. caf, kaf.
— Gehört kifen, kitTie mit kibbelu u. kab-
35 belu zur y gap od. gabli (cf. L'ick, I, 69
u. HI, 47 die Wurzeln gap n. gabh, schnap-
pen, beissen ; klaffen, tief sein etc.), so tvürde
auch kaf (f(dls es urs2)r. etwas Zerkleinertes
od. Zerhacktes bedeutete) mit an. kaf (Tiefe,
40 Abgrund etc.), kafa (tiefen, versenken, unter-
tauchen), kafna (unterdrücken, ersticken),
kefja (nieder drücken) etc. ; skr. gabhira
(tief, unergründlich), jambba (Gebiss, Kinn-
backe); isl. kaf (Tiefe, Senkung; Taucher-
45 künste) etc. u. griech. gaiujjhe , gömphos
(Zahn, Pflock) ; dicd. gimbö (Gebiss, Kinn-
backe) ; as. kafl ; ags. ceafl (Kiefer), bz. un- *
serm käfe u. kibbo (Kiefer) etc. zu dieser
selben y gehören, deren verschiedene Bedtgn
50 als: schnappen, beissen; klaff'en, gähnen, ■
tief sein (Fick, I, 71 seq. u. IT, 314) für 1
alle obigen Wörter (auch nhd. Käfer [cf.
kefer] gehört wohl hieher , tvie desgl. auch
unser kafel etc.) passen, u. wäre clann die
55 Ableit. von der y skap, schaben, cf. Scha-
fen , wozu Hildebrand (G r i m m , Wb.
V, 20) ivohl zu verwerfen, obgleich sie beim
Vergleich mit unserm schüfe etc. sonst begriff-
lich auch zu kaf stimmt. Vergleiche auch
60 noch (Grimm, Wb. V, 17) käfe (Frucht-
KAEFE KEFE
153
KAI KAJE
Jmlse etc.), was dort nicht zu kaff, sondern
mit dem gleiclihedeutenden kiefc zu kafela
(nagen, heissen etc.) gestellt ivird u. jeden-
falls also mit as. kafl etc (s. ohen), hz. un-
serm kabbeln, kibbeln u. kifen zur y gabh
gehört, worüher auch noch Weiteres unter
gapen, gaffeln etc. zu vergleichen ist u. loo-
hei man dann für kaf, käfe, kafel etc., hz.
kabbeln, kibbeln, kifen, sowie kibbe ein urspr.
germ. Stammvhm. kifan, kaf, kufun, hz. ki-
ban, kab etc. mit denselben urspr. Bedtgn.
wie die }/ gabh aufstellen müsste.
1. käfe, kefe od. käve etc., Kiefer, Kinn-
lade, vorstehendes Kirnt; Plur. käfen, ke-
fen etc., auch die Kiemen der Fische. —
Dieses Wort gehört toahrscheinl. (cf. käfen,
kefen = kifen) mit kibbe, kiffe (Kiefer) zu
dem germ. Stammvhm. kifan, kaf (cf. kaf
am Schlüsse), obschon es auch möglich ist,
dass es mit nd. (Br. Wh.) keveu (Fisch-
ohren, Kinnhaclcen der Fische, mandibulae
lucii, cf. auch nid. kibbeling unier kabbeljau
am Schlüsse) direct aus kife, kive (wovon
auch nhd. Kiefer) entstand, hz. eine Ah-
lautform davon ist, wofür auch das wang.
kiving (Kinnlade des Fisches) .spricht.
Mit dem von ahd. chiwan, chiuwan (kauen)
abgeleiteten mhd. kiwe, kewe, kiuwe etc. (Kie-
fer) hat unser käfe, kefe ivohl nichts ge-
mein, tvie direct auch nicht mit mnd. kavel,
kovel (Kiefer, Gaumen, Schnabel), da dies
zweifellos dasselbe Wort ist tvie as. kafl etc.
(s. unter kaf) u. demnach auch ivohl mit ka-
fel u. 1 u. 2 käfe zur ]/ gap od. gabh (heis-
sen, spalten, klaffen etc., cf. kifen etc.) gehört.
Vergl. noch : toang. kiaubunk (Kinnlade),
was mit unserm kibbebunke synonym, in-
dessen in seiner ersten Sglbe mit kauen, hz.
mhd. kewe, kiuwe (Kiefer) connex ist, wäh-
rend tvang. kevje (etwas mit dem Kinn
erreichen) von keve (Kinnlade, Kinn) loei-
tergebildet ist. Desgl. cf. mnld. keeuwe
(fauces) , wobei KU. auf kouwe, kauwe,
kuwe (fauces, frumen, bz. mala, maxilla etc.)
verweist, ivelclie Formen loohl sämmtlich mit
denen zu chiwan, chiuwan gehörenden mhd.
kewe etc. identisch sind, wie auch engl.
chaw zu chaw (kauen) gehört, tvährend jaw
vielleicht mit jawn (gähnen, cf. jäneu) eines
Ursprungs ist. — Weiteres vergl. unter
kauen.
2. käfe, kefe, Kerb, Einschnitt, Vertie-
fung, Versenkung etc. ; — de käfe fan 't
fat is to eng', dar kan de bäm so net in ;
— de käfen sunt to dep ütschäfd , bz. üt-
sägd. cf. käpe u. unter kaf das an. kaf
(liefe, bz. Spalt etc.) , loie es ja jedenfalls
auch mit kafel, hz. an. kafli zur ]/ gap od.
gabh gehört, obschon ich eher glaube, dass
dieses käfe mit käpe, käpen u. kappen, kip-
pen etc. zur y skap (s. unter kappen am
Schluss) gehört.
kafel, Kabel, Loos, Theil, Abtheilung, be-
stimmter Theil von Etiuas etc. ; — de wa-
5 ren mutten in kafels ferköfd worden; — ik
heb 'n kafel holt küfd. — Nd., mnld., nid.
kavel ; mnd. kavele ; schioed. kafvel. — Mit
schwed. kafle (kleines rundes längliches Stück
Holz; Knebel etc.); norw. kavl (Treibholz
10 am Fischnetz; Stock in einer Flossbrücke
etc.), kavle (Rolle, Rollstock, Mittelstück,
kleine Stange, Knebel etc.) etc. u. den Ver-
ben: schioed. kafla (mit einem runden Holz
rollen) ; norio. kafla (ein Flossholz od. Treih-
15 holz an ein Netz binden; einen Brücken-
stock auf einen Sumpf legen; knebeln) aus
dem an. kafli, kefli (runder Stock, Stab,
Holzstück, Theil), was nach an. medal-kafli,
Büttel- Stück im hjalt od. Schivertgriff)
20 imhl urspr. blos die Bedtg. „Stück" od.
,,Theil" von Etioas hatte. Vergleicht man
nun aber unter kaf das an. kaf (Tiefe, Ab-
grund, bz. Spalt etc.) .so ist es ivohl zwei-
fellos , da.ss auch an. kafli als Theil od.
25 Stück, bz. abgespaltenes Etwas etc. zu
derselben y gap od. gabh (beissen, spalten,
theilen, klaffen etc.) gehört, lüozit ich auch
1 u. 2 käie stelle.
kafeling, ein grösserer Theil Kaufmanns-
30 guter od. sonstiger Waaren etc., die zum
öffentlichen Verkauf bestimmt sind; — dat
god sal bi kafelingen ferköfd worden; —
'n kafeling holt. — Nid., nd. kaveling.
kaf ein, kabeln, bz. in Kabeln od.
35 Loos e eiyitheilen u. zerlegen, z. B. Kauf-
manns-Güter beim Verkauf in öffentlicher
Versteigerung. — Nid. kavelen.
käfeln ; i. q. kibbeln. cf. 1 käfe.
1. käfen, kefen, Kiefern; s. 1 käfe etc.
40 2. käfen, kefen, kerben; — ferkäfen,
verkerben ; s. 2 käfe «. cf. käpen.
käfer, kefer (Plur. käfers etc.) Käfer.
— Nd. (Dähnert) käver «. (Br. Wh.,
Schütze) zäver, säver, sever, sebber, ze-
45 fer ; mnd. kevel, kever ; nid., mnld. kever ;
ags. ceafor ; engl, chafer ; ahd. chevar, che-
vor, chevur, chevir, kevir ; mhd. kever u.
ahd. kevero, kheviro; mhd. kevere.
Es gehört mit kaf, käfe, kafel etc. wohl
50 zu einem von der y gap od. gabh (heissen,
schnappen, nagen etc.) abstammenden urspr.
Vbm. kifan, kaf (nagen etc.) u. bezeichnet
es demnach urspr. ein Nag ethier.
kägel, s. kegel.
55 käi, kaje, Kai, d. h. die hölzerne od.
steinerne 'Hafen-Einfassung, bz. der Damm
od. das Bollwerk, ivelches den Rand od. das
Ufer eines Hafenbeckens, od. eines Flusses,
od. der See einfasst, od. ein- u. umsehliesst,
60 bz. zur Befestigung u. zum Schutz dessel-
KAI KAJE
154
KAJEN
hen dient ; — 't schip ligd an de käj ; —
— he steid up de käj; — l)inuon de k;ije;
— achter de käi; — de käj nuit mäkd wor-
den ; — w 1 willen d'r 'ii käj um to niakeu.
— Nd., »uid. kaje (Ufercinfassumj) ; uhl.
kaai ; miild. kado, kaeye (acta, acte, cothon,
litus, ora) ; schwed. kaj ; dän. kai ; engl, kay,
([iiay; frans, qiiai; tciuiy. (Ehr entraut,
fries. Archiv I, S7G) k6i. — I)a der Kai
ein Schli ess od. Schutz- Bing, bz. ein
Etiras ist, was sichert od. ein- u. x m-
schl iesst, so wäre es leicht niögUch, dass
es mit (Ehr entraut, I, 202) wang. koi;
wfrie.<:. kaay; nfries. (Outzen) käi, käy;
satl. kai od. käy; afries. (v. B ichthofen)
kai, kag, kei; ags. caeg (Schlüssel, bz.
Schliess Ding), caega od. cäga (Schloss) ;
engl, key (Schlüssel, Schlnssstein , Band,
Klammer; Kai, Hafendamm, Felsenriff,
SandbanJi-, Barre etc.) etc., bz. (Diez, I,
121) dem span. cayo ; afranz. caye (Sand-
bank, Barre, bz. Schranke als Abschliessen-
des od. Verschluss) etc. u. dem in den Isid.
Glossen belegte kai (cancellae), kaij (can-
celli) zusammenhängt, bz. identisch ist, loie
desgl. mit (cf. Diez) kymr. c^q (Zaun, Um-
zäunung), bret. cae (dasselbe, auch Fluss-
damm) u. kaea (einzäunen, einfriedigen,
ein- u. umschliesscn etc.), wozu Diez auch
das ahd. caliot (munimentuin) u. bayr. ka-
chet (Zaun) vergleicht.
Hält man hiczu nun aber, dass im ahd.
u. auch in sonstigen germ. Sprachen ein
urspr. „k" .■<oicohl als ,,g", „h", „ch" od.
„k" erscheint, so ivnre es leicht möglich,
dass die obigen Wörter sämmtUch mit (cf.
Schm., IJ, 277 u. 287) bcujr. kag (Hag,
Zaun) lt. ahd. hag etc. zu der unter liagen
(vergl. auch hägen etc.) erwähnten ]/ kak,
bz. kac, karic gehören, wozu Fick (I, 36)
auch lat. Cancer, caucellus, cingerc etc. u.
griech. käkalon (Ringmauer) , kigklis (Git-
ter, Umzäunung, Einschluss) etc. stellt u.
wonach denn käi, bz. dessen urspr. Thema
kaga ein Etivas bedeutet, ivas (cf. auch käi-
dik, kajen etc.) ein Anderes umgiebt u. ein-
friedigt, od. ein-, ab- u. umschliesst u. so auch
Tcrschliesst u. sichert. Wegen der Bedtg. :
Barre od. S a n d b a n k etc. des engl, key
u. S2)an. cayo etc. vergl. auch nhd. Barre
(Stange, Jiicgel, Schlagbaam u. auch Sand-
bank od. liiff vor den Flüssen), was mit
dem franz. barriorc u. barreau auf ahd.
para, mhd. bar (Bulkc ; Schnuike; eingeheg-
tes Land) zurückgeht u. icahrscheinl. mit
nhd. Sparr en , bz. ahd. sparro (Stange,
Balken etc.) u. sperren etc. zu einer y
spar (ein- od. umschliesscn, zäunen, einfrie-
digen, ein- od. beschränken, Schranke ma-
chen u. setzen etc.) gehört, von der auch
wohl sparen (sparen, d. h. sich ein- od. be-
schränken, sich Schranken setzen im Ge-
nuss etc. — od. einschliesscn u. bewahren,
aufbewahren etc.) etc. abzuleiten ist.
5 Zum Schluss sei übrigens bezüglich des
Wortes kaje noch bemerkt:
a) dass KU. für kaeye auch die Form
kade hat u. unser kajen im nid. kadcn lau-
tet, was (sofern diese Formen urspr. wären
10 als kaeye od. kai) auf einen Zusammenhang
mit der y (Gras s m a n n) ghat (sich ver-
einigen , sich verbinden u. an einander
schlicssen etc.), od. besser noch mit (G rass-
mann) gadli (anklammern, fest verbinden,
15 schliessen etc.), bz. (Fick, I, 65) gadh od. ,
ghad (fassen, halten etc., cf. gaden u. gad- ■
der etc.) schliessen lassen könnte — u. l
b) dass Dr. Hildebra n d (G r i m m,
Wb., 35) es vom nid. kei; mnld. (KU.)
20 keye, kaeye, kae (silex, saxum, bz. Kies,
Kiesel, Fels etc., cf. kei) ableitet u. an-
nimmt, dass kaje od. käi urspr. das natür-
liche kiesige od. felsige u. dann das künst-
liche Ufer bezeichnet habe, was an u. für
25 sich nicht unmöglich ist, da die Bedtg. :
k iesiges od. felsig es Etwas für kaje,
bz. Kai sehr gut ^jass^ u. sogar viel für
sich hat. Da indessen der Zusammenhang
von kaje etc. mit dem Isidorischen kai (can-
30 celli) etc. wohl iinhcstritten ist, so dürfte
demnach die Ableitung des Wortes Kai
von mnld. keye, kaeye (silex etc.) auch ab-
zuweisen sein.
käi-dani, ein Sperr-, ScJiluss-, od. Ab-
35 schluss-Damm ; — w'i willen d'r 'n käi-dam
dör de slot leggen laten, dat 't water d'r
net hen kamen kau. — Nd. (Schütz e)
kajedamm, Nolhdamm um bei Deich- u.
Schleusen-Arbeiten das Wasser abzuhalten.
40 käi-dik, ein Sperr-, Schluss-, od. Ab-
schluss-Deich , bz. ein Deich, loomit man
Etwas (Land, Ufer etc.) ein- od. umschliesst,
um das Wasser od. die Fluthen abzuhalten,
ivie dies z. B. geschieht, wenn bei einer
45 Sturmjluth ein ImcIi in dem See-, od. Fluss-
Deich entsteht, ivo man dann einen Kai-
Deich um dieses Loch herumzieht, um es
vorerst ii. bis daJiin zu schliessen, bis der
Hauptdeich wieder gemacht u. fertig gestellt
50 ist. — Nd. kajcdiek; nid. kaaidijk; mnld.
(KU.) kae-, kaey-dyck.
kajen od. ktiijen, schlicssen, dämmen etc.;
— iiikajeii, einschliesscn, eindämmen , mit
einem Damm umgeben u. abschlicssen; —
55 bekajen, bedämmen etc. ; — dat is bc-, bz.
inkäid ; — dat land mut inkäjd worden ; —
ofkajen, (djschlirssen, abdämmen etc.; — dat
watcr mut ofl<äjd worden; — umkajcn, um-
schliesscn, uinilämmen etc. — Nid. (v. Dale,
()0 Weiland etc.) kaaijeu (ein Segel, eine
KAI-GELD 155 KAKE KAK
Spiere, eine rä etc. mittelst Tauen einziehen 1. kak, r/. kik-kak.
und ixirallcl mit dem Kiel an den Mast 2. kak, Scheisse, Koth, Atiswurf, Dreck
schliessen u. binden, s. B. hei einem her- (namentlich von Menschen) ; — 't is eraer
aufsiehenden Sturm, od. damit solche den kak, hz. schite. — Nid. kuk; mnld. kack
vorbeifahrenden Schiffen nicht hinderlich 5 (stercus etc.); nd. kakk; mnd. kacke; dän.
sind) u. kaden (in omkaden , mit einem kak ; lärntn. gagga, gegge ; ndöstr. gaga ;
Damm umgeben u. abschliessen) ; mnld. griech. kakke ; air. cacc (Koth, Menschen-
kaeyeii (appellere, intrare portiim) ; schwed. koth) ; skr. gakan, gakrit (Excrement) etc.
(cf. Bobrik, naut. Wb. unter kaien) cf. Fott, Wurselwb. III, 140 u. Andere
kaja; dän. kaje (dasselbe ivie nid. kaajen). 10 u. Weiteres unter gök, kök etc., sowie auch
cf. afries. (Hettema) kaya (claudere; pro- kik-kak u. kakken u. ferner zu kak auch
curare , bz. schliessen , verschliessen , ein- das mit unserm kwäd (böse, Böses etc.) iden-
schliessen, bergen, hüten, betvahren etc.) u. tische nhd. Koth, wonach auch kak icohl
Weiteres unter käi. mit griech. kake (das Schlechte etc.) u. ka-
käi-geld, Kaigeld, bz. das Geld, od. die 15 kos (schlecht, böse etc.) etc. derselben ]/ an-
Abgabe, tvelches od. welche von Schifften ge- gehört. Auch Ferd. Justi vergleicht zu
hoben ivird, die an den Kai anlegen ti. zend. kaqeredha, bz. kaqar, hzv. ka.qtn.r (bos-
löschen od. laden. haff) das afg. kakar (befleckt, beschmutzt,
kajing, kajeii, Kaiung, bz. der aus Stei- besudelt etc.) u. arm. khakor (stercus?) u.
nen od. Balken aufgeführte Hafendamm, 20 dürfte in ähnlicher Weise auch lat. perdo
od. die Einfassung des Hafens. mit dem griech. perdö (furzen, bz. scheissen
käi-mester, Kaimeister, bz. die Person, etc.) zusammenhängen, falls lat. perdo nicht
welche die Aufsicht über den Kai fährt ti. ein Com}), von per u. do ist.
das Kaigeld hebt. käk-l)en, kjikbniik, s. unter 1 kake.
käi-ördnung, Kaiordnung, bz. das Gesetz 2.5 l.\i.^\Q,Ki\k, Kiefer, Kinnbacken, Kiemen;
welches die Vorschriften über die Benutzung (Plur.) Bachen etc. ; — de kaken dön mi
des Kais soioohl, als auch die betr. Ge- ser; — he jagd alles dor de kaken. — Com-
bührentaxe enthält. pos.: käkben, od. käkbunk (Kieferbein, od.
kaiser, keiser, a) Kaiser. — Sprichw.: Kieferknochen). — Nid. kaak; mnld. kake,
war niks is, dar hed de kaiser sin regt fer- 30 keke, kaecke (maxilla, maadibula, mala,
laren; — b) (scherzh.) Rausch; — he hed bucca); nd. keek, keeke; nmd. kake, keke;
'n kaiser, bz. he hed sük 'n kaiser drunken ags. ceace; engl, cheek ; afries. keke u. (mit
(er hat einen Bausch, er ist illuminirt etc.). lieber gang des „k" in einen Zischlaut, cf.
kajüt, kejüt, Kajüte, bz. das Zimmer Mnier Äfc/zsio&m „k") sthiake, sciake, ziake,
(kleine Kammer od. kl. Verschlag etc.) im 35 tzake ; nfries. kaak, keek ; satl. tsace ; schwed.
Hinterraum des Schiffs, tvelches zum Aufent- kek, käk. — Es ist mit kauen (cf. 1 käfe,
halt des Gapitains od. eines andern Schiffs- kefe u. kibbe), bz. ags. ceövan (cf. H. Leo,
officiers dient, jetzt aber auch (auf grosse- 354 seq.) etc. schiverlich verwandt, sondern
ren Schiffen) cds Personenraum für Passa- vielleicht als nicht lautverschobenes Wort
giere benutzt loird. — Nd. kajüte; mnd. 40 mit skr. köga in der allgemeinen Bedtg. :
kaiute; nid. kajuit; tnnld. kaiute, kaiuyte; Fassendes (s. unter kachel) von dersel-
schwed. kajuta; dän. kahyt; mfläm. kajute; ben y abzuleiten. Oder gehört es mit ka-
franz. (entlehnt aus mnld. kaiute , od. ka- kel, ktikel etc. (cf. 1 käfe, kibbe, kibbel,
jute) cajute. Da in früherer Zeit auf den kibbeln, kifen etc.) zu derselben y?
altern Schiffen eine Kajüte nur ein kleiner 45 2. kake, käk, Schandsäule, Schandpfahl,
abgezimmerter Baum , bz. ein kleiner Bret- Pranger (emand an de käk setten), bz. eine mit
terverschlag ivar u. auch das mfläm kajute Ketten eingefriedigte steinerne Säule zum
mit cahute übersetzt wird, so ist es am wahr- Anbinden u. öffentlichen Ausstellen von Ver-
scheinlichsten, dass kajüte aus dem franz. brechern, loie eine solche hier in der Herr-
cahute; afranz. chahute, cahuette (cf. oben 50 lichkeit Lütetsburg noch steht u. loovon der
dän. kahyt) entstand, was selbst (cf. Diez, käkweg seinen Namen hat. — Nd., nid.
II, 236) vielleicht ein Compos. von ca u. kaak ; mnd. käk ; mnld. kaecke (catasta,
franz. hutte; sp)an. hüte (vom deutschen pegma; columna in qua damnati conspicieudi
Hütte = ahd. hutta) ist. Oder ist ksijüte ac deridendi proponuntur ; furca iguominiosa;
enttveder mit kniete, (iti der Bedtg. Schranke, 55 suggestus sive structura sublimis, rotunda iu-
bz. Verschluss etc., cf. käi), od. mit kau u. star cadi sive orcae, in qua malefici ad ho-
koje verwandt u. kann auch afranz. ca- ras aliquot proponuntur deridendi. colum-
huette (atis urspr. cauette mit eingeschobe- bar) ; mfläm. kake, kaecke ; wfries. keack ;
nem unorganischen „h" ein Dimin. von kau nfries. kaak ; md. kak ; schwed. käk ; dän.
(= nid. kauw, cf. kau u. koje) sein? GO kag; isl. kagi; norw. kak. Es bezeichnet
KAKE
156
KAEKELREM
wohl ein Hohn- u. Spott-Bing , hz. ein
Etwas ICO Jemand zum Hohn, Schimpf
V. Sp Ott Öffentlich ausgestellt u. der Schande
preis gegeben tcurde u. dass es demnach cnt-
loeder mit griech. katrclias (Lacher, Spötter
etc.), kakcliäzö (ich lache); lat. cachinnari
etc. u. mhd. kach (das Lachen), ahd. kah-
hazzan etc., mhd. kaclizen (lachen) etc. von
der y kak, bz. sJcr. kakk, kakh (riderei ab-
zuleiten, od. mit nhd. kichern u. dem
obigen mhd. kach etc. zur y (Fick, I, 64)
gag. gagh (schreien, lachen) zu stellen. Vergl.
auch kakeln etc.
3. kake, kak, eine schwere Bö. cf. Bo-
hr ik. nant. Wb.
kakel in gekakel, Gegacker, Gekrähe,
lautes unartikulirtes Geschrei, Geschnatter
etc., z. B. von Hühnern, od. auch von
schreienden u. sich zankenden Menschen ;
— wat is dat für 'n gekakel? — de frülüe
hebben dar wer so 'n gekakel mit 'n ander,
dat man liäst sin egen gelüd net hören kan.
cf. kakeln, kakeln etc. u. nhd. (Grimm,
Wh. y, 4S) kakel etc.
käkel, kekel, a) 3IaHl, Schnauze, unge-
waschenes Maul etc.; — hold' din käkel!
— b) Wortstreit, Zank, Hader etc.; — se
hebben 't mit 'n ander in de käkel ; — he
smitt de budel in de Käkel (er wirft die
Sache in den Zank, bz. bestreitet mit Wor-
ten die Bichtigkcit der Sache, od. macht
einen Zankapfel daraus); — he will 't in
de käkel smiten, dat 't net war was. — Nd.
(Br. Wb.) käkel (Blander-, bz. ungewa-
schenes Maul), cf. kakeln u. kakeln.
kakel-beje, schwarze Johannisbeere.
käkel-bek, käkelsnüt, Zank-Maul, zank-
süchtifjer Mensch ; — du büst 'n regten kä-
kelbek.
kakel-bant, schreiend-bunt, grellbunt. —
Zu kakeln.
kakele, Gackerei, Gegacker, lautes Ge-
schwätz etc. ; cf. kakeln.
kakele, kekele, Zänkerei, Wortstreiterei
etc. cf. kakeln.
kakeler. Gackerer, lauter Schwätzer etc.
— Mnld. kaeckeler (garrulus, rabula, bla-
tero etc.); nid. kakelaar; engl, cackler.
käkeler, kokeler, streit- u. zanksüchtiger
Mensch. — Nd. (Br. Wb.) käkler.
kakeln, gackern, schreien (wie die Hüh-
ner u. Gänse), laut u. lärmend schreien u.
sprechen, laut schwatzen etc.; — de höner
kakelden al lank ; kik insen to, of se wol
legd hebben ; — wen de hüner to tidig (od.
frög) kakeln, drn loggen se up de dag Wind-
eier; — wat heblion de wicliter dar wer mit
'u ander to kakeln. — Nd. kakeln ; nid. ka-
kelen; mnld. kaeckelen, kekelon (cachinnari,
garrire, cucurrire, glocire, gracillare, glaci-
tare, cacabare; gratitare; tetrinire, gruere;
drensare ; papilläre) u. gacchelen, gaghelea
(gingrire, glocitare) ; satl. kakelje; engl.
cackle H. gaggle; sc/iwe«?. kackla ; f7ä«.kagle;
5 ohcrd., md. gackeln, gackern. Es ist Frcq.,
bz. Jterat. eines altern kaken = götting.
(Schambach) käken (gackern, bz. schreien
etc., von Hühnern u. a)idern Thieren, so-
tvie von llfcnschc») ; mnld. (KU., pag. 27:2,
10 s. unten) kaecken u. (pag. 286) keken (gar-
rire, hlaterare, jnrgare, increpare) u. gaglien
(gingrire etc.) ; mnd. keken (garrire etc.) ;
mhd. kachen (laut lachen) u. gägen (schreien
iüic eine Gans), welches wohl mit mhd. gagzcn
15 (gackern) u. kach (lautes Lachen) etc., so-
loie lat. cachinnari etc. entweder zur y kak,
od. gag (s. unter 2 kake «. cf. gigel etc.)
gehört. Vergleicht man übrigens zu kakeln
unser kik-kak, kikken, kinken etc. «. Alles
20 unter gek, gök, gokeln, bz. kök, kökeln Bei-
gebrachte u. Gesagte, so ist es wohl zwei-
fellos a) da^s die Wurzeln Icak u. kuk, bz.
gag von Hause aus ident. Schallstämme u.
uHthrschcinl. blosse Kürzungen von kaka,
25 Icuku, gaga etc. (als Bedupl. der einfachen
Onomatop., od. Schallwurzeln ka, ku, ga,
gu) sind (cf. auch mnd. kakeler, kokeler,
gokeler) — u. b) dass das Gesetz der Laut-
verschiebung bei solchen auf Schallwurzcln
30 zurückgehenden Wörter nirgends strikte An-
ivendung findet. Zu den Schallwurzcln kak,
knk gehören auch: ags. coc; engl, cock;
franz. coq (Hahn), sowie küken, kükel-
hän etc.
35 kakeln, kekeln, mit Worten streiten, zan-
ken, laut schreien etc.; — laten se sük d'r
um kakeln un 't mit 'n ander iitmaken, wel
regt hed; — se mut d'r altid tegen an ka-
keln. — Nd. kakeln; norw. kjegla, kjekla;
40 satl. käkelje. — ]\Iit kakeln von Hause aus
identisch, bz. mit diesem von mnld. kaecken,
keken; mnd. keken (s. oben) abstammend.
käkel-, kekel-reni, Zungenband; — de
käkelrem (od. tungrem) is lium göd l8s'd
45 (er kann gut schwatzen u. zanken, weil ihm
die Zuufje, bz. das Zungenband gut qelöset
ist). — ^Nd. (Br. Wb.) käkel-, kikkelreem ;
mnd. kekelreme. — Es bedeutet wahrschcinl.
soviel als Gaumen- od. Bachen-Bie-
50 men, sodass dieses kakel od. kekel zu 1 kake
gehört. Möglich ist es indessen auch, dass .^
es die Bcdtg.: Schtvatz- od. Sprech- H
Kiemen hat, weil eben ein Blensch od. Thicr, m
dem das Zungenband nicht gelöset ist od.
55 ivird, nicht gut sprechen od. schwatzen kann.
— Hat es indessen von Hause aus tvirk-
lieh die Bcdtg.: Zunge, so könnte es, da
auch das Wort tiinge wahrscheinl. (cf. z. B.
Jjandzunge etc.) urspr. als Spitzes, Schar-
60 fes od. Vorragendes aufgefasst wurde,
KAKEN
157
KAKER
auch mit dem unter kegel erwähnten kckel von
Hause aus ident., hs. mit diesem u. mich
kegel selbst aus einem u. demselben Grd-
ivorte entstandest sein kann, worüber Wei-
teres unter kegel.
1. kaken, kochen, sieden, brodeln, tvallen
etc. ; — iiten kaken (Essen kochen, bz. durch
Feuer zubereiten od. gahr machen, od. zube-
reiten) ; — dat water käkd (siedet, brodelt, wal-
let etc.) afer ; — 't lied, bz. is käkd ; — ka-
kend (kochend, siedend, brennend) liet; —
he käkde (wurde brennend heiss, brannte,
bz. wallte auf, wurde aufgeregt u. wüthend)
fan dülliglieid ; — dat käkde bi hum (das
kochte bei ihm, bz. er gerieth in heftige
Wallung, od. Aufregung u. Zorn), as he
sag, wo de böl fan kerel dat arme der mis-
haudelde. — Nd. kaken; mnd. koken, ka-
ken ; nid. koken ; afries. kokia ; satl. kökje ;
wfrics. koackjen; nfries. köge; dein, koge;
norw., schiocd. koka ; isl. kocka ; ahd. co-
chöu, chochön , chohhon; amhd. chochen;
mhd. kochen. — Nach allgemeiner Annahme
ist es aus tat. coquere entlehnt. Da indes-
sen dieses Wort weder im Griechischen noch
in den sonst, älteren idg. Sprachen in gleich-
massig entsprechender Form vorkommt, son-
dern ganz vereinzelt dasteht, so ist es auch
ebensowohl denkbar, dass umgekehrt das lat.
coquere aus einer der agerm. (od. den kelt.-
gall. ?) Sprachen entlehnt tvurde u. selbst (loie
manche andere lat. Wörter) ein Fremdwort
ist, od. mit dem ahd. cochön etc. derselben
y entsprang. Bestärkt tvird man jedenfalls
hierin dadurch, dass das lat. coquere (cf.
auch koke, Kuchen, Gebäck etc.) sich laut-
lich doch nur gezwungener Weise mit griech.
pessö, pepsö (kochen) u. skr. paksa (gekocht
etc.) von der |/ pac (kochen, reifen) ablei-
ten lässt u. es anscheinend viel näher liegt,
um coquere (kochen, schmelzen, brennen) mit
skr. Qoka (Flamme etc.), gocant (brennend,
flammend etc.) von der y guc (brennen,
flammen, glänzen) abzuleiten, die wahr-
scheinl. aus einer Redupl. der y gu (bren-
nen, flammen, leuchten etc.) entstand , od.
daraus erweitert ward, loie es ja sehr loohl
möglich ist, dass das lat. cücüma (Kochge-
schirr) mit griech. kaüma (Brand) etc. die-
ser y gu angehört. Vergleicht man nun
aber, dass Fick (I, 231 u. 804) lat. coce-
tura u. cochlear mit griech. ki'keö (hervor-
brechen, hervorquellen, od. sprudehi) etc. von
einer ]/ skak, skag ableitet, so könnte man
beim Vergleich unsers welle (Quelle, Brun-
nen) u. wellen (kochen, wcdlen, brodeln etc.,
bz. quellen, aufquellen, hervorbrechen u. spru-
deln) auch coquere u. ahd. cochöu, ebenso-
gut von dieser y skak od. skag ableiten,
weil eben das kochen nur in einem wal-
len, aufwallen od. sprudeln und
bro dein etc. besteht. Will man aber eine
Ableitung von skak etc. nicht gutheissen, so
könnte man beim Vergleich von (Fick, I,
5 44) kar, kar, bz. car (brennen etc.) u.
kar, skar (schütten etc.), od. (Fick, i,
45) kar, skar (scheeren etc.) u. (Fick, I,
57) kar (frieren) = skar (scheiden) od. bes-
ser wohl (cf. lat. frigeo u. frigo von einer
10 y bharg, leuchten, brennen, dörren, hart
werden etc.) = kar (brennen etc.) auch an-
nehmen, dass gu (brennen etc.) aus sku u.
(Fi c k, I, 59) ki (brennen, dörren) aus ski
entstand u. beide Ablautformen von (Fick,
15 I, 802) ska (brennen etc.) sind u. dass dann
weiter dieses ska toieder die Basis einer für
coquere u. ahd. cochön anzusetzenden y
skak od. skag ist, wie Fick (I, 230 seq.)
auch für 1 u. 2 skak (hin- u. herbewegen,
20 schütteln, stossen etc.; springen, hervorsjjrin-
gen, sprudeln, quellen etc.) eine Basis ska
(springen) annimmt. Dass diese y skak
aber ebensoioohl wie die y kak von kakeln
von Hause aus eine Sehalhvurzel ist, ist gar
25 nicht zu bezweifeln u. könnte daher auch
lat. coquere ganz ungezwungen von der y
kak (brausen, surren, sausen etc., cf. kin-
kon etc.) abgeleitet werden, da sich der Be-
griff kochen od. brodeln ganz von selbst
30 aus dessen Bedtgn. ergiebt. Eine Abslam-
mung des lat. coquere aus einer y pak an-
zunehmen, scheint mir durchaus unstatthaft.
2. kaken, den Heringen die Kiemen od.
käfen ausschneiden, bz. sie ausweiden u.
35 einpökeln od. einsalzen. Der Mann der das
kaken besorgt, heisst „kaker" it. das dazu
benutzte Messer „käkmest". — Nid. kaken.
Davon (Diez, II, 238): franz. caquer.
Wie 1 kütjen von küt, küte u. 1 gromen
40 von gröm, so auch wohl kaken von 1 kake
(Kiefer, Kiemen). Ist indessen das franz.
caque (Heringstonne) eine Entlehnung des
mnld. kaecke od. kake (cadus etc., s. unter
kachel), so könnte kaken urspr. auch die
45 Bedtg. : (Heringe) „in Tonnen od. Fässer
maclien, od. legoi" gehabt u. sich hieraus
die Bedtg. : (Heringe) „einsalzen" u. tveiter
die von: solche „ausweiden u. einpökehi"
entwickelt haben.
50 1. kaker, Kocher, Ding od. Geschirr etc.
worin man Etwas kocht. — Compos. eier-
kaker, kofjekaker etc.
2. kaker, s. 2 kaken.
3. kaker, Köcher, Gehäuse, Büchse, Fut-
55 tercü, Beliälter, runde od. quadratische Röhre
od. Rinne etc.; — he lett d'r 'n kaker um
to maken ; — dat sitt in 'n kaker ; — d'r
geid 'n holten kaker fan de höu na undern
in de moltkeller, war wi de garst dör iii de
60 wekbak lopen lateu. — Compos.: penkaker
KAKER
158
KALANT KLANT
(Federköclier); — törfkakor etc. — Sprichw.:
dat kuiml net üt siu kakcr. — Nd. (Däh-
nert) kaker, küker; mnd. koker, kaker;
)dd. koker; africs., jcj'ries. koker; ags. co-
cur, cocer; scliwcd. koircr: dän. kogger; (ihd.
colihar, chohar, choclier u. chocliari, chocliarc;
mhd. kochor ;/. kochaere; nid. kochir. Da-
von : inlat. cuciirum ; mijricch. Icoükouron ;
afranz. couire, cuevre, ciiivre; engl, cuivre
(Kücher). — Wahrsduinl. mit kogge (s. d.)
u. (cf. II. Leo, Spalte :'i71, Zeile 33) wei-
ter mit kelt. cwch (rundl. (refäs.-i, bz. rtiiidl.
Boot, Bienenstock, llutnapf etc.), skr. ko(;a
(Behälter etc.) von der unter kache] erwähn-
ten y ku^ (ttmschliessen, umfassen etc.).
4. kakor, der sog. Schlauch an der liuthc
des Jlengstes. — Wohl idcnt. mit 3 kakor.
5. kakor, eine grosse Muschel, die, vor
das Ohr gehalten, ein Sausen od. Brausen
hören lä.-ist, als ob es darin kocht u. also
wohl dasselbe Wort ivie 1 kaker.
kakor-iiöt (harrl), Kokoxnuss.
kakke-Iiüske, kakliusko, kakkeliüsjo,
kakllüsje, Schciss- Häuschen , Abtritt. —
Sprichw.: hö is so wis as 't kakhüsjo to
Bremen, dat fan lutcr klökheiil in 't wu-
ter ful.
kakken, kacken, seine Nothdurft verrich-
ten ; — he wil wol kakken, man de nfirs d'r
net to don (von Jemandem der wohl etwas
tcill, indessen die Mittel nicht dazu herge-
ben will) ; — de god hakd, de göd kakd; —
't sorgen willen wi latcn stiin, 't kakken
miit sin gang gän; — de net göt kakken
kan is l)oId 'n arm man ; — de 't kakken fer-
lerd is hold in sin sotlieid fcrkerd ; — alle
wisheid helpt niks, wen 't kakken net sin
gang geid ; — kanst du net kalvken , den
briikst du ök niks berakken; — kakken un
sorgen kumd alle morgen. — Nd., nid. kak-
ken; mnd., mnld., mfläm. kacken; engl, cack ;
mengl. cackc; dän. kakke; ital. cacare; span.
cagar; bühm. kakati ; ^)o/h. kakac ; wend.
kekac; slov. kakati, kekati; ungr. kakälni ;
kelt. cacba ; lat. cacare ; griech. kakkäö ; lit.
sziku, szikti. — Ist hiefür, bz. für skr. (;a-
kan etc. (s. unter kak) u. weiter für griech.
kake (das Schlechte etc.) ; zend. kaqucredba
(boshaft, böse etc.) eine Schallwurzel kak
od. skak anzusetzen, die zunächst onomatop.
auf das Geräusch angewandt xourde, wel-
ches beim Verrichten der Nothdurft hör-
bar ivird M. dann selbst den Act des Schcis-
sens sowohl, als auch den Ausicurf (den
kak, od. Koth, Dreck, Schmutz etc.) be-
zeichnete, bz. zur Bildung der Wörter Kack
u. kacken verwandt wurde? — Dass dann
aber die Begriffe des Schlechten , Ge-
rn e i n e n u. Bösen etc. im griech. kake etc.
(s. unter kak) sich leicht aus dem von :
Ausiou rf, od. Koth etc. entwickeln konn-
ten, ist klar, obschon es auch möglich i.'<t,
dass der Begriff: böse, scldccht etc. od. Bö-
ses etc. sich auch auf a)idere Weise aus
5 der Schallwurzcl kak od. skak entwickelt
Jiat. Vcrgl. diescrJialb kwäd etc. u. auch
unter dem Schall.'<tamm od. der Schallwur-
zel kwak, bz. kwakken (dem glcichfcdls loie
auch unserm kikkak, kikken, kiidcen etc. «.
10 hikken eine ursjjr. Schallwurzel kak zu
Grunde liegt), toie eincstheils in unserm
2 kwakken sich daraus die Bedtg.: mit
Vehemenz loerfen, bz. schlagen,
schmettern etc. entwickelte u. im nid.
1 5 kwak einen Flecke )i, S c h m utzfleck e n
etc. u. im midd. eine res frivola bezeichnet.
kakko-stol, kakstöl, Nachtstuhl.
kak-inost, s. ttntcr 2 kaken.
1. kill, .s\ kale.
20 2. kii] (ßect. kaier, kälste) kahl (Haar- n.
Feder-los), leer, nackt, cntblösst, arm etc. ;
— 'n kalea kop; — de kale beide; — dat
feld is käl; — se liebben luim kal makd ;
— se bolden, bz. makon biini gans käl ; —
25 lie is net so kal as 'n lils. — Sprichw. : wo
kaier, wo royaler. — Nd., nid. kaal ; mnld.
kaol ; africs. (kale); wfrics. kcal; satl. käl;
ivang. kälucb; helg. käl; ags. calo, calu od.
(H. Leo) cealo; engl, callow; ahd. cbalo,
30 kalo ; mhd. kal. — Subst. : africs. kale, kele ;
ahd. chalawi, chaliwi; mhd. kalwi, kelwe
(KahVicit) u. Vbm. : afries. kalia, bz. kao-
lia; ahd. chalawan, chalawjan (kahl machen).
Mit lat. calvus u. skr. khalati, khalväta
35 (Kahlkopf) , sowie wohl auch skr. knlva
(kahl) vielleicht auf ein zur ]/ kar, bz. khar,
ksbar = urspr. skar (schneiden , scheeren
etc.) gehörendes (cf, skr. kharba, kharva,
verstümmelt, krüppclhaft etc. u. ttnser scharp,
-10 scbrap etc.) Thema kbarva = urs2)r. skarva.
kai, s. käle.
kalaiit, klant, Genosse, Kamerad, Freund,
Bekannter, Kunde, Geselle, Bube, loser Bube,
Schalk, Schelm, Bettler etc. ; — lie is mit
45 sin kalanten (od. klanten) iip 't is gän ; —
de klanten sunt mit 'n ander ütgän, um ap-
pels to Stelen ; — dat sunt je 'n pär klan-
ten ! dar köncn de wicliter sük man für liö-
den ; — du büst mi ok 'n niöjen (od. slim-
50 men ctc ) klant; — he is 'n regten klant
(Bube, Schalk etc.); — de mändskalanten
(die monatlichen Bettler n. Bettlerinnen)
kamen altid up de erste fan de mänd, um
hör gafe to halen ; — Nd. (Br. Wh.) ka-
55 laut (Kunde, Geschäftsfreund) ; nid. kalant,
klaut (dasselbe u. auch : Schalk, loser Bube
etc.) ; mnld. (KU.) kallant (ijui alterius opera
utitur. q. d. cliens; — permutator, com-
mercia exercens cum aliquo ; adveutor; nd.-
60 rhein. clant (Geselle, Genosse). — Wohl mit
KAL-BAUTER
159
KALF
klandisje zunächst von: franz. chaland; span.
calau (Kunde eines Kaufmanns), wovon
Diez (II, 241) vennuthet, dass es mit franz.
clialaiul; afranz. kaland (plattes Boot zum
Waarentransport) zusammenhängt, indem er
meint, dass der Name des zum Bringen u.
Abholen der Kaufmannswaaren gebrauchten
Bootes od. Fahrzeugs sjjäter auch auf die
betr. Person übergegangen sei. Nach An-
dern (cf Grimm, Wb. unter kaland) in-
dessen soll kalant in der Bedtg. socius iti
ähydichcr Weise wie Bursche aus mlat.
bursa (marsupium), hz. mhd. burse (studen-
tische Genossenschaft etc.) mit nd. kaland
(üppiger Schmaus etc.) aus mnd. (Seh. u.
L.) kalant, kaland (gesellige Vereinigung,
Haus in loelchem dieselbe statt fand, So-
cietät etc.) ; afries. kaiende (geistliche Ge-
nossenschaft, die sich am ersten jeden Mo-
nats versammelte) etc. entstanden sein. —
Wegen der Bedtg.: Bettler cf. das roth-
wälsche (Grimm, Wb. V, Spalte 952)
Klant.
kal-battter, s. kabauter.
kale, käl, kole, köle, kol, Kohle; — häl
mi 'u käl (od. kÖl) für in de teste ; — törf-,
stenkalen etc. ; — gleinige kalen ; — dofe ka-
len. — Eedensart : he steid up gleinige kalen
(od. kölen). — Nd. kale; mnd. kole, kale;
nid. kool ; mnld. kole ; afries. kole, coele ;
wfries. koal; satl. kole; loang. kulle; ags.
col ; engl, coal ; an. , norw. , schioed. kol ;
dän. kul; ahd. cholo, kolo; mhd. kole u.
ahd. Chol ; mhd. kol ; ir., {jäl. gual ; hjmr.,
cornwall., armor. glo. Die Grdbdtg. ist
wohl glühendes, brennendes — od. ver-
branntes (cf. kalen) Etwas u. veriveise
ich wegen weiterer Verwandtschaft, hz. der
y auf: Grimm, Wb. V, Spalte 1582, —
H. Leo, Spalte 572, — Fiel; I, 78 etc.,
— Bopp, Gloss. comp., pag. 158 u. Andere.
käle, kele, kal, kel, a) Kehle, Gurgel,
Schlund, Luftröhre , Hals; — he jagt all'
dör de käl ; — he sett' hum 't mest up de
kal; — he hed wat in de fei-kerde kal kre-
gen ; — he snörd hum de käl to ; — he
rärd sük de käl iit; — he hed sük de käl
ofsnäden ; — b) Rinne etc. ; hol-käle (Hohl-
kehle). — Nd., nid. keel; mnd. kele; mnld.
keele, kele; wang. kel; ags. ceole ; ahd.
kelä, cela, chelä ; mhd. kele, kel. — Mit
(cf. Pott, Wurzelwb. II, 233; — F ick, I,
70 u. III, 44; — Ferd. Justi, pag. 102
u. Andere) skr. gala; npers. galii; kurm.
gherü, osset. qur; lat. gula (Hals, Kehle)
u. zend. garanh (Kehle), gareman (Gurgel)
etc. etc. von der y gar (schlucken, schlingen,
verschlingen etc.), ivorüber Weiteres unter
kalen, kohlen, zu Kohle werden, brennen
etc. ; — de törf loild ; — dat holt is gans
wegkäld; — ankalen (ankohlen, anbrennen) ;
— ferkalen (verkohlen etc.) etc.
kiilon, kelen, kehlen, stechen etc., bz. hohl
5 u. rinncnförmig machen; — ütkälcn, aus-
kehlen.
kalender, kleiulor, Kalender, Zeit- od.
Tagweiser durchs Jahr etc. Es ist das ent-
lehnte mlat., bz. lat. calendarium u. von lat.
10 calendae (ersten Tag eines Monats) weiter-
gebildet, was nach Fick (II, 58 seq.) u.
Anderen (cf. G. Curtius Grundz. der
griech. Etymol., pag. 138 seq.) mit halen,
hallen u. lat. calare etc. zur y kal, kar (tö-
15 nen, rufen etc.) gehören soll. Ob indessen
das lat. kalendae als bestimmter Zeitpunkt,
od. Zeitabschnitt etc. nicht eher mit skr. käla
(bestimmter Zeitpunkt etc., cf. Bopp, Gloss.
82 seq.) u. käla (kleiner Theil eines Ganzen
20 etc., cf. Grassmann, Spalte 317 u. 324) zu
der y kal, kar, urspr. skar (schneiden,
scheiden, trennen, spalten etc.) gehört, ist
doch sehr fraglich, zumal doch calendae den-
jenigen Zeitpunkt, od. die Zeit u. den
25 Abschnitt bezeichnet, wo zwei Monate sich
scheiden u. ein neuer ivieder beginnt.
kalf, a) Kalb, Junges vom Bind; — ko-
od. kvii-küli (Kuhkalb), bul-kalf (Stierkalb);
— Sprichw.: rike lue dogters un arme lue
30 kaifers kamen bold an 'n man ; — schilvd
'n kalf na Paris ! kumd 't wer to hiis, so
segt 't: hamü! — he sügt üt, as 'u nögtern
kalf; — he tird (geberdet) sük, as 'n nög-
tern kalf; — de junge, dat is nog so 'n regt
35 kalf; — dülle bullen maken düllekalfer; —
't kalf hörd de hund half; — wen de forde
kräkd is he nog net to ; wen dat kalf blarrt
is 't nog gin ko ; — kinder un kalfer hör
del; — kindermät un kalfermät mutten oll'
40 lue weten; — de dat iBfd, hed 'n kalf in 't lif;
— he plögd mit andermans kalf; — wen 't kalf
ferdrunken is, den word de pütte dempd ; —
up lütje lümmelsdag (bz. lütje nümmersdag),
wen de kalfer up 't is dausen. — Die Be-
45 densart: „'n kalf anbinden" wird in ziveier-
lei Bedtg. gebraucht, nämlich a) in der von :
sich erbrechen, bz. gerben, — u. b) in der
von: sich mit etioas Dummem u. Albernem
befassen, bz. eine Dummheit begehen, eilten
50 dummen Handel abschlicssen etc. —
b) ein grösserer Klumpen Erde, bz. ein
dicker Brocken, od. dickes Stück Erde, was
von der Kante eines Grabens (od. Kanals,
Brunnens etc.) abbricht u. abfällt ; — dar
55 brekd 'n kalf of; — ward (od. wikd) jo,
dar kumd 'n kalf herunder, od. dar fald 'n
kalf of ; — dar stördt 'n kalf in de pütte.
— Nd. kalf, kalv; mwd kalf; nid. kalf
(Junges vom, Bind, Hirsch etc. u. auch:
GO Oberschwelle einer Thür ; Querbalken, Rie-
KALF
160
KALFEN
gel, Badträger etc.); mnlä. kalf; icfries.
(Jap ix) keal ». kael; waiig. kalt"; (tgs. coaU",
calf; engl, calf; as. calf; a)i. kälfr; «ojvc,
(hin. kalv; schiced. kalt"; «/»/. call), chalb,
calp, chalp, khalb; amhd. kalb, cluilp; mhd.
kalp. Daneben: gnth. kalbo (Kalb, junge
Kuh); ahd. kalbA, calbä, chalbä, cba]pä ;
}/!/*(/. kalbe (weibl. Kalb) u. ag.-^. cilforlainb ;
ahd. chilbiirra; mhd. ki\hn-c (wcibl. Lamm).
— Merkwürdig stimmt zn unscrm kalf in
der zweiten Bedtg. (nämlich abgebrochenes
Stack etc.) das engl, calf in der Bedtg. ,,ab-
gebrochenes dickes Stück eines Eisfeldes'' u.
toenn auch die Bedtg.: Oberschwellc einer
Thür, Querbalken, liiegel, bz. Verbindungs-
holz (cf. auch bei Bobrik) etc. des nid.
kalf auf älterer, blus mdartl. erhaltener
Bedtg. dieses Wortes beruht, so wäre es
leicht möglich, dass die von Fick (III,
45) rcrmuthete Verwandtschaft des Worte.-^
kalf mit nhd. Kolbe, bz. mit ahd. colho,
cholpo (Kolben, dicker Stecken, Knüttel,
Keule etc. [cf. auch die Bedtg.: Wade
des engl, calf u. dazu unser kiile als Be-
zeichnung des Oberschenkels, bz. des dicken,
fleischigen Theils des Beines]) ; an. kölfr
(Bolzen, Ffeil, Wurfspiess), kylfa (Schlägel,
Keule) etc. hiedurch bestätigt wird. Ver-
gleicht man nun aber, dass die Bedtg.: se
expaiidore, florcsccie, bz. sich ausdehnen,
sehwellen, dick werden, wachsen, blühen etc.
(cf. blöme , bloion , blad etc.) der y pliull
aus der von: s^yaltcn, brechen, bz. sich tren-
nen, auseinandergehen etc. der }' phal her-
vorging, so wäre es leicht möglich, dass so-
wohl den obigen Wörtern, wie auch den:
ir. colpa (Kuh), colpach (junges Rind); lit.
kärwe ; aslav. krava (Kuh) eine ]/ mit der
urspr. Bedtg.: spalten, trennen, schneiden
etc. SU Grunde liegt, die dann gleichfalls
hieraus die Bedtg. : se expauderc , bz. sich
ausdehnen, schwellen, dick werden, wachsen
etc. entwickelte. Ist es nun aber richtig,
dass unsere Wörter: krabben, karfen, krib-
beii, scbrapcn, schürf, scharp, sclialfer otc.
mit skr. kalp, kharba etc. ; lat. scalpere, scul-
pcre Ptc. zu einer idg. y skarp (cf. Fick,
111, 240) gehören, so Hesse sich diese for-
mell auch für die obigen Wörter ansetzen
u. annehmen, dass die verschiedenen Bedtgn.
des Wortes kalf sich zum Theil aus der
urspr. von : spalte n, brechen etc. u.
zum Theil mit der von : ir. colpa (Kuh) aus
der von : schwellen, schwang er we r-
den etc., bz. schioanger sc i n , gebären
etc. ergaben. Bemerkt sei übrigens noch,
dass Fick (III, 45) das Thema kalba (von
kalf) zu lat. galba u. .skr. garbha (Mutter-
schooss, Embryo, Junges) vergleicht u. diese
Wörter (cf. 11, 00 seq.) mit lat. globus (cf.
auch tinser kulp etc.) etc. zu der y garph,
bz. (I, 74) garbh, grabh (greifen, fassoi etc.,
cf. grabbcl, gripeii etc. u. dazu auch gräf,
grafeu otc.) stellt u. dass auch Delbrück
5 (cf. ZcHschr. für deutsche Bhilologie, I,
148) derselben Ansicht ist. cf. noch mnld.
(KU.) kalvcn, (vomcre, bz. brechen, sicher-
brechen) u. nid. eon kalf makoii (sich er-
brechen), sowie m)dd. (KU.) kalf vaii het
10 bout (pulpa) u. unser kalfbrör etc. u. kal-
fen etc.
kalfatern, kalfatern, die Fugen u. Näthe
eines Schiffes mit Werg dichten u. dann
mit heissem Beck id)erstreichen ; überhaupt
15 auch: dicht machen, flicken, ausbessern etc.;
— dat schip miit up de lielling, um kalfa-
tere! to worden ; — de büksen etc. iniit kal-
fatord worden. — Xd. kalfatern ; ;;/(/. kal-
fateren, kalfaten, kalefateren ; mnld. kalfatcn,
20 kallefaten, kalfateren; schxocd. kalfatra; dän.
kalfatre. Dieses aus ital. calafataro; spaii.
calafatear ; 2»'ov. calafatar ; franz. calafater,
calfoutrer; mgriech. kalafatein (die Hitzen,
besonders eines Schiffes, dichten u. theercn)
25 entlehnte Wort soll nach Diez (1,09) vom
arab. galafa (ein Schiff verkitten); türk.
q.ilfiit (gctliccrtcr Stopfen) abstammen, %oelchc
Abstammung indessen von Engel mann (s.
daselbst) beanstandet wird, indem dieser es
30 aus lat. calefactare, bz. calefacio herleitet u.
meint, dass calafataro etc. urspr. die Be-
dtg. : ein Schiff heizen od. loarm machen
etc. gehabt hat
kälf-broi' u. kalf-sUster. Hierunter ver-
35 steht man hier einen solchen Bruder u.
eine solche Schicester (bz. unter kalfbrörs
u. kalfsüsters solche Geschwister) , tvelche
von zwei verschiedenen Ehepaaren abstam-
men u. bei der Wiederverheirathnng der
40 überlebenden Wittwe mit einem Wittiver als
durchaus nicht blutsverwandt mit einander
zusammengebracht werden, während sie zu
den aus dieser Ehe später gebor nen Kin-
dern llalbgeschwister sind, kalfbrör u. kalf-
45 süster dürfen sich deshalb auch gegenseitig
eheliche )i , weil eben keine Blutsverwandt-
schaft zwischen ihnen besteht. Ob auch
hier das Wort kalf auf die ivurzelhafte
Bedtg.: trennen, scheiden, spalten, brechen
50 etc. zurückweist u. dadurch nur die Unver-
ivandtschaft od. die Trennung «. Geschie-
denheit von den andern Geschwistern be-
zeichnet werden soll, ivage ich niclit zu ent-
scheiden, cf. weiter:
55 kalfen, a) kalben, ein Kalb od. Junges
werfen u. von sich absondern; — de kö
kalfd, bz. hed kalfd; — b) spalten, brechen,
stürzen etc. ; — de slotskaute kalfd of, od.
kalfd in. — Nid., mnld. kalven (kalben;
60 brechen, tccinen).
KALFER-ACHTIG
161
KALKE KALTJE
kalfer-'aclitig, kalfei-afti^ ßälberhaftiß),
sich tvie ein Kalb od. Junges geberdeiid,
kindisch, spielsüchtig, bz. iüppiscJi, läppisch,
albern etc. ; — he is nog to kalferachtig.
kalferen, kalfern, a) (freq.) spaUen, bre-
chen, stürzen, abbrechen, erbrechen etc.; —
de erde, bz. de kaute fan 't dep kalferd of,
hz. iu; — he kalferd sük (er erbricht sich,
er vomirt) ; — h) ivie Kälber thun u. sich
geberden , spielen, tä>ideln, liebeln etc. ; —
he kalferd nog to föl herum; — se kalferu
mit 'ii ander. — Nid. kalverea (brechen, er-
brechen) .
kaifer-kne, kalferknci, Kälberknie; —
he hed kalferkneen (er hat Kälberknie), bz.
dicke, einwärts gebogene Knie wie ein jun-
ges Kalb).
kalfei'-kneid , gekniet tvie ein Kalb, mit
Kälberknien, bz. dicken einwärts gebogenen
Knien behaftet ; — he is kalferkneid, bz. hed
kalferkneide benen ; — he lüpd kalferkneid.
kalfer-lunke, Kälberschenkel, Kälberkeule,
Kälberbein.
kalfer-stilte ; i. q. kalferlunke.
kalf-fel, Kalbfell, Kalbsfell. Sprichio.:
der kamen mer kalflfellen as köhüdeu to
marked ; — de fader uu moder net hören
wil, mut 't kalffel hören.
kalf-fles, Kalbfleisch. Sprichw. : kalffles
is man halffles.
kalf-ler, Kalbsleder. Sprichio. : kalfler
is halfier.
kalfsk (kälbisch); i. q. kalferachtig.
kalfs-küle, Kalbskeule.
kalf-süster, s. kalf-br8r.
kaiig , kohlig, kohligt, wie Kohle, mit
Kohle behaftet od. gemischt etc. ; — kaiige
aske. — Afries. kolech, colech.
käl-jager, Einer der kahl, nackend u.
arm ist, ein armseliger Wicht, der Nichts
besitzt u. wo nichts Reelles dahinter steckt ;
— 't is 'n rechten käljager.
kalk, Kalk; — mur-, mussei-, sten-, wit-
tel-kalk; — he ward' so wit, as de kalk an
de wand. — Nd., nid., an., dän., schived.,
norw. kalk ; ags. cealc ; (engl, chalk ist
Kreide); ahd. calc, calch, chalch; mhd.
kalc (Kalk, Mörtel, Cement) ; kelt., ir. cailc;
corniü. calc ; wälsch calch; lit. kalkes (Plur.) ;
lett. kalkis; wend. kalk; lat. calx (Stein,
Kalkstein , Kalk , Mörtel) ; griech. chalix
(Stein, Kies, Schutt, Feldstein, Mauerstein,
Kalkstein, ungelöschter Kcük). — H. L eo
(Spalte 564) vergleicht es zu skr. garka, bz.
garkara (Kies), tvelch Letzteres nach Bopp
auch die Bedtg. saccharum hat u. von Fick
(I, 435) mit griech. kröke, krokäle (Kies);
zend. (Justi, 307) Qrarka (Hagel); hzv.
grishk; pars. Qrigk; npers. girishk (Tropfen),
hz. zend. ^rage, od. ^arage (tropfen, Gefror-
J, ten Doornkaat Koolman, Wörterbuch. II,
nes regnen, graupeln, hageln) ; armen. QreQ-
kcl (hageln) zu einem Thema gark, grk (träu-
feln, hageln) gestellt loird, das vielleicht eine
Inchoativbildung der y (^ar (spalten, brechen,
5 trennen, schneiden, zerschneiden, zerschmet-
tern, verletzen), bz. zend. (Justi) ^ar (hin-
tverfen, stürzen, zerbrechen etc.) ist u. ivo-
nach dann loohl zend. Qrage, bz. das Thema
gark aus der wurzelhaften Bedtg. : s^^al-
10 ten, brechen, bersten etc. entweder
(cf. an. braka, krachen, prasseln etc. ; bresta,
bersten, auseinander krachen etc.; brestr,
Gekrach etc. unter braken u. barsten) die
von: pr as sein u. weiter die von: pras-
15 selnd vom Himmel herunterfallen u. so
auch: tropfen, regnen, hageln etc.,
od. diese letzteren Bedtgn. aus : breche n,
stürzen, nie der st ü r ze n, heru n t er-
werf en u. fallen etc. entwickelt hat. —
20 Vergleicht man nun aber bei Fick (I, 57)
wie derselbe die y gar, bz. lj;ar (frieren)
mit skar (schneiden, spalten etc.) identificirt,
wie desgl. auch (I, 41 u. 239) kar (machen,
thun etc.), so ist es auch ioohl zweifellos,
25 dass die ]/ gar od. kar (spalten, schneiden,
verwunden, verletzen etc., bz. brechen, stür-
zen, niedencerfen, niedermachen etc.) von
idg. skar (schneiden etc.) nicht verschieden
ist u. dass demnach auch das skr. garkara
30 (ist dies nicht aus der Redupi. der ]/ gar,
bz. kar, skar entstanden?) u. griech. kröke
(Kies, cf. unser grind u. grand als Zerbro-
chenes, Zerkleinertes, Zerriebenes etc. u. falls
diesen Wörtern eine urspr. Schallwurzel
35 zu Grunde liegt, auch die von Fick [I,
810] aufgeführten sämmtlichen Wurzeln skar
u. skal, ivozu auch die Wörter: schär, schä-
ren, scharren etc., schale, schäl, schallen,
schellen, schulen, schölen, schuld etc. etc.
40 gehören) ebensowohl ivie kalk etc., bz. lat.
calx u. griech. chalix zu einer ]/ skar, skal
(urspr.: rauschen, tönen, schallen, krachen
etc. u. weiter : brechen, bersten, spalten etc.,
bz. hauen , hacken , schlagen , schneiden,
45 scheeren etc., od. stechen, graben etc.) ge-
hört, zu der Fick (I, 813) ausser griech.
skällö (scharren etc.); ir. scal (zerstreuen,
trennen); lit. skelin, skelti (spcüten etc.);
an. skilja (trennen, scheiden etc.) ; goth. skalja
50 (Ziegel); kslav. skala (Stein) auch lat. calx
(Stein, etc.) ; griech. chalix stellt, indem er
auch Letzteres mit Bruchstein übersetzt
II. darnach annimmt, dass allen diesen Wör-
tern die Grdbdtg. : schneiden, scheiden, spal-
55 ten, brechen etc., bz. stechen, graben, ritzen
etc. zu Grunde liegt. Vergl. zu der ]/ skar,
skal in der Bedtg. : schlagen, stossen etc.
auch unter hile, hil das lat. calx (Ferse).
kalke, kältje, kleine Kohle, Kohlchen.
60 Dimin. von kale.
H
KALKEN
162
KALM
kalken, kalken, iceisseu, tünchen etc. —
Compos.: an-, afer-, be-, fer-kalken.
kül-kop. Kahlkopf; — kälkopd, kälkop-
pijr, kahlkvpfiij.
kalküu, Truthahn, Truthenne, hz. kale-
kutischcr Hahn. — Nid. kalkoeu ; nd. (Br.
irft.; kiilkuun; schwcd. kalkoii ; dän. kal-
kun. — Contrah. u. verderbt aus kalekuten-
od. kalckiit-hoon (Huhn von Caicutta). cf.
bei Kil. das mnld. kalkoeiischen of kale-
kutscluMi luu'ii (pavo Indiens, pavo Galliens,
Gallopavns) u. ferner bei Seh. u. L. mnd.
kalkiinsihe nut, worunter als Nuss von Cai-
cutta wahrschei)il. eine Cocosnuss zu ver-
stehen ist. — Zu kalknu bemerkt Stbg,
dass der Xanie „kalekutisches Huhn" dem
Vorfei fälschlich beiijeleiß .sei, indem das
Schiff, ivelches die Truthühner aus ihrem
Vaterlandc Nordamerika nach Europa
brachte, zufällig seinen Weg über Caicutta
nahm, tva.s übrigens kaum denkbar ist. Im
Engl, heisst der Puter, bz. Truthahn tnrkey-
powt ?/. tnrkey-eock.
kallen, auch kil-kallen, sprechen, schwat-
zen, plaudern, laut u. viel reden etc.; —
wat heb' ji dar wer mit 'n ander to kullen,
bz. to kilkallen? — se kilkallen alles mit 'n
ander dür. — Nid. kallen; mnld. kallen (di-
cere, loqni, sermocinari, faltulari) ; mnd. kal-
len (da.sselbe u. auch: berufen, vorladen);
afries. kella, kaltia (sagen, nennen, rufen);
engl, call (rufen, herbeirufen, berufen, zu-
sammenrufen ; nennen, benennen etc.) u. call
(rufen, schreien etc.), Subst.: call (Buf,
Schrei, Schall etc.); an. kalla (nennen, sa-
gen, rufen etc.) ; norw., schioed. kalla ; dän.
kalde (dasselbe); ahd. challoa; mhd. kallen
(viel u. laut sprechen, schwatzen). Da kal-
len jedenfalls ein Schallwort ist, bz. auf
eine Schallwurzel, od. eine ]/ mit der Grd-
bdtg.: sonare zurückgeht u. Schalhvörter be-
kanntlich nicht regelrecht der Lautverschie-
bung unterliegen, so ist es selbstredend sehr
gut möglich, dass kallen mit haleu, hallen
etc. u. den u)iter halen angeführten Wör-
tern : griech. kaleö, lat. calare etc. von der-
selben y kal, kar stammt, od. auch bei dem
so häufigen Wechsel von „k" u. „g" im Ger-
manischen (cf. z. B. ahd. calm = galm) mit
palm etc. zu einer u. derselben ]/ gehört.
Wenn man indessen annimmt, dass kallen
richtig kudverschohen ist, so ist es (nament-
lich unter Berücksichtigung der ngerm. For-
men) tcohl jedenfalls am richtigsten, das-
selbe mit griech. gerus (Stimme, Ton), g^ruö
(ertönen lassen, singen etc.) etc. etc. von der
y gar (sonare , bz. Ton hervorbringen , tö-
nen las-teni = skr. gar (rufen, anrufen,
rühmen, prahlen, preisen, lobpreisen, singen
etc., cf. galm etc.) u. jar (rauschen, j^ras-
seln, knistern; schreien, rufen etc.) abzulei-
ten, wegen welcher bei Fick (I, 72 u. 310
etc., III, 42 u. 44), Bopp (Gloss. comp.,
112, zioeite Spalte), Pott (Wurzelwb. II,
5 228 seq. u. dazu II, 239 u. I, 729) u. An-
dern (als G r ass m a n n , Schleicher,
Benfey etc.), sowie auch bei Ferd. Justi
(101, y gar sub 2) das Weitere zu ver-
gleichen ist.
10 kallere, kilkallere, Schwätzerei, Plau-
derei, lautes unnützes Gerede etc.
kallii, ruhig, still, unbewegt etc.; — kalra
wer (stilles, ruhiges, bz. loindstilles Wetter) ;
— kalme se (ruhige, unbewegte See) ; — he
15 biet' so kalm (er blieb so ruhig, od. unbe-
wegt u. ungerührt, bz. kühl u. kalt etc.) d'r
bi, as wen hum 't hei niks angung. — Nid.,
mnld., mfläm. kalm (tranquillus, quietus, pla-
cidiis, tacitus, stratns); kalm (tranquillitas,
20 mulacia, viilgö calmus) u. kalmte (Stille, Buhe,
Windstille); nhd. (Grimm, Wb. V, Spalte
70) Kalm (Meeresstille, Windstille) und
(Adelung) kalm (still etc.); ital., spart.,
port. calma; franz. calme (Windstille, Stille,
25 Buhe) u. calme (still, ruhig), woher die Be-
gion der Windstille an beiden Seiten des
Acquators die Begion der kalmen od. cal-
men heissen. — Engl, calm (still, ruhig, hei-
ter, gelassen, leidenschaftslos), calm (Stille,
30 Buhe, Wind-, Meeres-Stille). Davon Vbm. :
to calm = ital. calmare; franz. calmer (stil-
len, beruhigen, besänftigen) etc. u. auch
ivohl nhd. (G r i m m , Wb. V, Spalte 73, bz.
Adelung u. Schm. etc.) kalmen (ruhen,
3ö still liegen, leicht schlummern, halb u. halb
schlafen, wie unbewusst u. betäubt hinlie-
gen). Da das Suffix „ma" kein rom. Suf-
fix ist, so denkt Dicz (I, 101) an eine Ent-
lehnung od. Entstehung aus griech. koüma
40 (Brand, Hitze), weil span., prov. calma auch
die heisse Tageszeit, bz. die M i t -
tagszeit bedeutet. Da indessen „al" in
den rom. Wörtern selten aus „au" entsteht
M. die Bedtg. : Mittagszeit u. heisse
45 Tageszeit auch leicht aus der von Buhe
u. Stille od. Luft- u. Windstill e, bz.
aus der von ruhige u. stille Zeit u.
S t u n d e (die Mittagszeit ist die Zeit, wo
im Süden alles ruht, slill ist «. schläft u.
50 zwar nicht Mensch u. Thier allein, sondern
auch die ganze Natur) entstehen konnte, so
ist CS auch möglich, dass das ital. calma, bz.
mnld., mfläm. kalm aics einem alten germ.
Worte entstand u. Schm. Beeilt hat, wenn
55 er bei kalmen an einen Zusammenhang mit
qualm od. kwalm (Betäubung, Ohnmacht,
Bcwusstlosigkeit, Winterschlaf der Thiere
etc.) denkt, dem formell u. begrifflich auch
insofern nichts entgegensteht als einerseits
60 auch franz. carcan vom deutschen querk
KALMTE 163 KAM
stammt u. überhaupt Uebergänge von „q", Mühlenrade; ein Marterwerkzeug; crista,
bz. ,,qu" od. „kw" in ,,k", bz. „c" bekannt- Kamm auf dem Kopfe von Thieren; Ober-
lich sehr häufig vorkommen und anderer- theil des Halses von Thieren, cf. oben un-
seits auch död (todt) ausser betäubt, taub ser m;inkam ; Kamm der Traube; in der
etc. auch die Bedtg. : starr , unbeweglich, 5 Sprache der Bergleute ein festes Gestein, das
still etc. hat. Da i)idessen dieses qualm hervorschiesst u. den Gang verrückt). Zu der
erst spät aus älterem twalm, dwalm (von letzten Bedtg. vergl. auch (Out z en) nfries.
dwelan, twelan etc., cf. dwalen. dwalm etc.) kamp (etwas steinartiges, bz. eine steinartige
entstand, so tritt die Frage näher, ob nicht Masse, zusamme>i,gebackene Austern u. Mu-
die Bedtg.: still, od. Stille aus der frü- 10 schelschalen) ; norw. kamp, (dialect.) kamb
hern von: todt od. Tod (d. h. Betäubung, (Stein, Graustein, harte Steinart; rundarti-
Bewusstlosigkeit, Schlaf etc.) hervorging u. ger Stein; Bergknollen, längl. od. rundl.
demnach kalm ('= urspr. qalra, qualm) mit Felskuppe etc.) ; isl. kampr (caput parietis,
ahd. qualm; ccs. quelm ; ags. cvealm, cvylm anterior maceriae pars, bz. utstaaende kant
(Qual, Marter, Todesplage, bz. Mord, Tod- 15 af en vaeg; clivus, bz. en brink [malar kam-
tung, Tod) urspr. identisch war, bz. mit die- pur, clivus litoralis, steenbrink eller brink
Sern Worte zu quelan od. cvelan (martern, ved stranden] ; mystax, labri superior barba) ;
quälen, tödten etc. od. sterben etc., cf. ags. an. kampr (Schnurrbart) , welche Wörter
a-cvelau, ersterben etc. u. ahd. quellan, cbe- wohl urspr. von kam, bz. camb, camp nicht
len etc., tödten etc ) gehört, loorüber Wei- 20 verschieden waren, obschon es auch möglich
teres unter kwäl, kwälen u. kellen etc. Ei7i ist, dass sie in der Bedtg. : rundlich Gebo-
sonstiges passendes Etymon für das Thema genes (Rundung, Wölbung), bz, Hügel, An-
kal-ma wäre übrigens auch goth. qal in ana- höhe, runde Kuppe etc. mit griech. kampe
qal (Buhe, Beruhigung), was übrigens selbst etc. (s. unter 1 kamp) zusammenhängen u.
auch wieder mit dem Stamm quel od. quäl 25 wurzelhaft verwandt sind. Das Wort kamb,
von ahd. quelan, queljau, quala, qualm etc. bz. ahd. kambo, chamba, champa hatte zuerst
ident. sein wird, od. doch jedenfalls mit die- die Bedtg.: Zahn- od. Beiss- od. Kau-
sen Wörtern einer u. derselben J/ angehört, Ding, Ding od. Etwas womit man b eis st.,
wie dies unter kellen u. kwälen etc. zu ver- spaltet, zerkleinert, od. kaut, zer-
gleichen ist. 30 käut , z er mal m t etc. , weshalb es denn
kalmte, Buhe ; s. unter kalm. auch höchst tvahrscheinl. ist, dass beim Ver-
kalraiisern, s. klarnüsern. gleich der y bhid (beissen, spalten, schnei-
kSltje, s. kalke, kolke etc. den etc.) von biten etc. u. uns. egge etc. so-
kam od. kämm (Plur. kämmen), Kamm; ivohl uns. kimme in der Bedtg.: Kerb,
— a) gezacktes, bz. gezahntes od. mit Zin- 35 Einschnitt etc., wie auch in der von : Band
ken versehenes Werkzeug zum Beinigen u. od. Kante, Vorragendes etc. u. auch k u m-
Ordnen der Haare etc.; — Compos. : här-, vnQv in der Bedtg.: Schutt, Geröll, Brueh-
lüs-, räken-, rös-, wullkam. — Redensart: stücke etc. (cf. grind, grand, görte etc.) mit
all' afer en kam scheren; — b) Zahn eines kämm zu derselbeny gehören u. inan für diese
Mühlenrades; — d'r sunt 'n pär kämmen 40 Wörter (cf. auch kumme) ein allgemeines Q'e-
üt 't rad flagen ; — d'r mutten neje kam- doch verlornes) germ. Vbm. : kimban, kamb,
men in 't rad setd worden ; — Compos. kumbun ansetzen muss, aus dessen Grdbdtg. :
kamrad; — c) der obere zackige Fleisch- beissen, spalten etc., od. kauen, zermalmen,
auswuchs auf dem Kopfe der Hühner etc. ; mahlen, zerreiben etc. sich alle die in kämm,
cf. hanekam ; — Sjjrichw. : de kam sweld 45 kimme, kummer zu Tage tretenden Bedtgn.
hum ; — he is ligt in de kam bäten ; — ■ d) leicht erklären lassen. Da nun aber ahd.
oberste Spitze od. Kante, vorragende Kante, kambo, bz. champa formell zu skr. (Grass-
od. Streifen; — up de kam (od. kappe) fan mann) jambha (Zahn, Fang zahn etc.),
de dik; — se hebben 'n kam (einen Erd- bz. (Bopp) gamb'a (cibus; mentum) , od.
streifen) in de slöt, bz. kolk slän laten. 50 (Fick, I, 70) idg. ganibha (Kinnbacke,
Vergl. auch: mänkam od. manekam (Mähne Gebiss , Zahn); griech. gömphos (Zahn,
etc.). — JV/(^., jnw/d. kam ; nfZ. kam od kämm ; Pflock), gamphe, (dialect.) gimbe (Kinn-
mnd. kam; wang. (Ehr entr aut, I, 374) backe, Gebiss) etc. stimmt, so ist es wohl
kaum; as. camb; ags. camb, comb; engl. richtiger, hiebei von einem verlornen germ.
comb M. (dialect.) kaam, käme; schott. kaim; 55 Stammvbm. kimban etc. abzusehen u. das
an. kambr ; norw. kamb ; dän., schioed. kam ; ahd. kambo etc. direct mit diesen Wör-
ahd. camb, kamb, camp, kamp, champ; mhd. tern von der y jabh, jambh = idg. (Fick,
kamp, kam u. ahd. kambo, champa; mhd. I, 69 seq. u. 322 u. III, 41) gabh, gambh
kambe, kämme (pecten, Kamin, Kamm als (schnappen, beissen, spalten etc., bz. [Grass-
Webergeräth ; Kamm od. Zahn etc. am 60 mann] zerbeissen, zermalmen, zerkleinern,
11*
KAM
164
KAMER
zerdrücken etc.) abzuleiten, wozu auch die
verschiedenen Bedtf/n. von kimme n. kura-
mer sehr gut stimmen. Bcziiglich der ver-
schiedenen Bedtgn. von kam, od. kämm (cf.
auch: takke, taud, tiud od. tiiit etc.) sei
noch erwähnt, dass sich aus Zahn die
Bedtgn. Zacke od. Zinke etc. «. hieraus
icieder die von: gezacktes, sowie tvciter
auch wohl die von: spitzes, scharfes,
vorragendes Etwas iceiter gebildet ha-
ben, wozu auch die Bedtgn. von an. u. isl.
kampr etc. (s. oben) stimmen.
Wegen der y jabh, jambh vergl. Weiteres
unter gapen u. unter kimme etc.
1. kiiin, komm; s. kamen.
2. kiiiii, s. 2 kän, bz. 2 kin.
kaiulire, ein feines Leinengewehe od. fei-
nes Leinen, tcorin oft auch Blumen gewebt
sind ; wird liauptsächlicJi zu Fenstergardinen
benutzt. — Es icird urspr. wohl Cambrag-
Tuch, bz. -I>einen genannt ?«. daher das-
selbe sein wie kamerdük.
kniuel, kemcl, Kamel od. Kameel ; —
hed dat grote best ök grote rüge la-
sen, sä' de bür, do dansen fer apen up 'n
kamel.
kainelle, Kamille.
kaiiiolleu-bliiiiic, Kamillenblume.
kiiiiielleu-te, Kamillenthee.
kuiiu'lüt, kanilot, a) Kamelot, d. i. ein
Zeug urspr. von Kamelhaaren, dann über-
tragen auch von Ziegenhaaren u. jetzt auch
von ähnlich gefärbter Wolle; daher: ka-
melotton- od. kamlotten gärn, Garn von sol-
cher Wolle. — Scherzhaft wird a) auch ein
Getränk, gemischt aus Wein, Wasser, Eier,
Zucker u. Caneel — u. b) ein Schnaps, ge-
mischt aus Genever u. Syrup mit den Na-
men kamelot belegt.
kamels-gärn, Kamelgarn.
kamen (kam, kumst, kiimd ; kamen ; —
kwam, kwem, kern etc.; — kamen), /i'o»i-
men, ankommen, anlangen, eintreffen, ge-
schehen, sich ereignen, zutragen; hervor-
kommen, aufkommen, keimen, sjjrossen etc.;
— be kwam bi mi ; — be od. dat schal wol
bold kamen ; — war kumd dat tan ? — 't
is net so kamen, as ik di segd heb; — 't
kwam as 't kwam, ik kun d'r niks an döu;
— as he to starfen kwam, do was 't all' up ;
— se kernen dar to liggen; — 't kan d'r
nich fan kamen, dat wi alle middag fies
äten; — he kwam (od. räkde) d'r bi to
dode; — he kwam (od. räkde) bi de gele-
genheid fast; — he kwam (od. räkde) d'r
bi gefangen ; — dat gras wil net kamen ; —
dat körn kumd göd up ; — bäter en : kum
mit, as twe: kum na; — Bälhsel: kamen
se, so kamen se net! kamen se net, so ka-
men se. — Nd. kamen; 7mid., nid. komcn ;
afries. kuma, koma, komma (koem, quam) ;
ufries. (Jap ix) kommen (kaem , koam);
nfries. (E h r ent r a u t, I, 200 seq.) kemme ;
ivang. klimme; satl. kiime; hclg. kOm ; as.
5 kuman (quam); ags. cuman, (cvom, com);
engl, come ; ((h. koina; norw. koma; schwed.
komma; dän. komme; goth. (jiinau (qimaetc. ;
— qam etc. ; — quinans) ; ahil. quüinau, qulie-
man, qbuenian, qmieman, qhuuemaii, chwi'Uian,
10 CDinau, cliomen, cujnan, kuman (quimu, cumu,
chumo etc. ; — quam, chwam, cham, chom
etc. ; — quoman, choinen, cuman, kuman,
chuman) ; amhd. chomen; mhd. komen, ku-
men. — Der germ. J/ kwam des obigen
15 V'bms. liegt ganz allgemein u. in ganz un-
bestimmter Weise >iur der Begriff der B e-
tvegung (eines Etwas von irgend loo weg
nach irgend wo hin) zu Grunde u. heisst
kamen, bz. goth. qiman daher nichts An-
20 der es als (eine) Bewegung machen, bz.
sicli bewegen, gehen etc., ganz gleich
von 200 iccg (od. woraus hervor) dieses sich
bewegen seinen Anfang nimmt, od. wohin
die Bewegung sich richtet u. bis ivie weit hin
25 sie sich erstreckt, wie dies ja auch überhaupt
bei allen Verben der Kall ist, die eine Bewe-
gung ausdrücken. Dass sich nun aber aus
der Grdbdtg.: sich bewegen (von irgend
ivo weg, od. von irgend wo heraus u. herab
30 etc.), bz. des Gehens u. Kommens einer-
seits, sowie andrerseits in der von: sich
bewegen u. gehe n (wohin etc.) die man-
nigfachsten Begriffe entwickeln konnten ti.
mussten, ersehen wir aus den vielfachen
35 Bedtgn. in welchen das Vbm. : kommen
in den verschiedenen Spraclien gebraucht
wird. Die für kamen etc., bz. goth. qiman
etc. (Fick, III, 53) anzusetzende germ.
y kvam erfordert eigentlich eine idg. y gura,
40 gvam. Vergleicht man indessen die mit kw,
bz. q anlautenden Wörter kwabbe, kwäne
etc. u. die aus urspr. ka hervorgegangenen
Wörter: lat. qua, qui, quod etc. u. goth.
liva-s etc. (cf. 2 ho, wo, wat etc.), so dürfte
45 auch die germ. y kvam von kamen etc.
wohl sicher aus idg. y gam (se movere, ire
etc.) = zend. gam, apcrs. gam (gehen) ent-
standen sein, wovon auch loohl zend. (Justi,
lli) jam [gehen, kommen) u. skr. gä eine
50 Nebenform ist u. ivorüber bei Fick (I, 63
etc. etc.) Bopp (Gloss. comp. 110), Ben-
feg (Skr. Dict., 252), Grass m ann (Wb.,
378 etc.), Fott (Wurzelwb. I, pag. 16 seq.
u. 32 seq. u. II, zweite Abth., pag. 166 etc.
55 etc.) u. Andern, sowie auch unter gän das
Weitere zu vergleichen ist.
kamor, Kammer; — a) Stube, od. abge-
schlossener Wohnraum; släpkamcr, achter-
kamer, bäfeukamer, ujjkamer, möje kamer,
60 beste kamer etc. ; — b) abgeschlossener Raum
KAMER-DOK
165
KAMP
zum Aufbewahren von Etwas, z. B. auf
Schiffen zum Aufbewahren des zusammen-
gerollten Kabels od. sonstiger Sachen. Da-
her auch : spis-kamer (Sjjeiscschraiik in der
Küche) etc. ; — c) thierisches Becken ; cf.
kamerstük. — Afries. kamer, komer ; wfries.
keamer; satl. camer; aJid. kamara, chamara
etc., entlehnt aus lat. camara, od. camera
(Gewölbe, gewölbtes Gemach etc.), loas mit
dem gleichbedeutenden griech. kamara; zend.
kamara (Geicölbe ; Gürtel), Vbm. : zend. ka-
mar; skr. kmar (krumm sein) von F ick zu
einer idg. y kam (wölben, umringen, od.
urspr. wohl: curvare etc., cf. unter kate
am Schlüsse) gestellt ivird, worüber Weite-
res unter 1 liam zu vergleichen ist.
kanier-dök, Kammertuch, Batist, feines
holt. Leinen. — Nd., mnd. kamerdök; nid.
kamerdoek u. (früher) kameryksdoek kame-
riksdoek von camerich (cameracum = cam-
bray) so benannt.
kamer-klitske, Kammer - Zofe etc. cf.
klitske.
kamei'-stiik , Stück Bindfleisch aus dem
Becken (de kamer) des Bindes.
1. kamiu, kemiii, Kamin, Herd, Stuben-
herd. Entlehnt aus lat. caminus, bz. griech.
kaminos, wovon es sehr fraglich ist, ob es
mit griech. kaiö (brennen etc.) zusammen-
hängt od. nicht vielleicht eher Weiterbil-
dung des unter äfea (Ofen) erivähnten skr.
agman (Stein) ist, wie auch bei kachel die
Bedtg. : Of e n aus der von Thon- , od.
Stein fliese entstand u. von agraan auch
das skr. a^.manta (focus, fornax) weitergebil-
det ist, wozu Box^p geradezu griech. kami-
nos vergleicht, indem er darauf himveist,
dass auch slav. kamü, bz. kamen (cf. auch
afgh. Qamä = zend. agma) durch Metcdhe-
sis aus a^man, bz. akman entstand. Fick
(I, 40) stellt griech. käminos übrigens mit
kamara (cf. kamer) zur ]/ kam.
2. kaniin, kemin, Kümmel. — Nid. ko-
mijn; tid. (Br. Wb.) kämen, (Uähnert)
kam, körn; mnd. kamin, kamen, kome; mhd.
kumin ; ags. cymen ; engl, cumin etc. —
Entlehnt aus lat. cüminum, bz. griech. ku-
min on , über dessen Abstammung u. Her-
kunft schwerlich Sicheres beizubringen ist.
kämm, s. kam.
kammeräd, kamräd, Kamerad, Genosse,
Geselle; — wi sunt all' uns läfen gode kam-
meraden west un willen 't 6k blifen; — min
kamräd is achter bläfen. — Aus franz. ca-
marade ; ital. camerata (Stubengenoss etc.)
von lat. camera, cf. kanier.
kamnet, kamnetscliap, s. kabnet.
1. kamp (Plur. kampen u. kämpe) , ein
mit Wällen (bei Aurich) od. Gräben (bei
Norden) umschlossenes Stück Land od. Feld,
gleichviel ob zur Weide od. zum Getreide-
n. Gemüse-Bau benutzt; — de ossen lopen
in de kamp ; — up de kamp heb 'k liafer
seid ; — de sandkamp (Sandfeld) sal fan
5 ueissen (aufs Neue) up ses jär ferliürd wor-
den. — Dieses durch ganz Friesland, Hol-
land u. Norddeutschland etc. verbreitete
Wort ist wohl zweifellos von lat. campus
entlehnt u. hat schwerlich mit dem unter
10 kam erwähnten isl. kampr (clivus etc. , cf.
Grimm, Wb., V, 134 seq.) etwas gemein,
obschon es 2vohl möglich ist (sofern dieses
nämlich mit griech. kampe verwandt ist),
dass isl. kampr mit campus ivurzclhaft zu-
15 sammenhängt, da Fick das lat. campus als
Winkel (bz. Gekrümmtes, Gebogenes, nach
Aussen hin Vorstehendes u. so auch: Vor-
stehendes, Vorragendes etc.) od. Ecke auf-
fasst u. CS mit lit. (S chleicher , ehrest.,
20 309) kampas (Winkel, Ecke, Gegend, Feld etc.,
cf. unser hök etc.) zu griech. kampe (Bie-
gung, Krümmung, Bug etc.) vergleicht, wozu
allerdings das lat. campus in seiner anschei-
nend absoluten Bedtg. : Ebene, Fläch e,
25 bz. ebene s, flaches (od. offenes, freies)
Feld durchaus nicht stimmt.
2. kamp, Kampf, Streit, Wettstreit etc.;
— dat hed 'n hardeu kamp kost, bz. ofgä-
fen, dat etc. ; — he hed de kamp för hum
30 upnaraeu. — Nd., nid. kamp; afries. kamp,
komp ; as. kamp; ags. camp, comp; an.,
norw. kapp (Streit, Eifer, Wetteifer, Wette) ;
schived. , dän. kamp ; ahd. camph , kamph,
champh (duellum, pugna). — Es tvird ge-
35 loöhnlich loie ital. campo (Schlachtfeld) mlat.
campus (dasselbe u. auch : Ziüeikampf, Duell
etc.) als eine blosse Entlehnung u. begriff-
liche Weiterbildung des lat. campus (s. 1
kamp) angesehen (cf. Diez, I, 107; Oscar
40 Schade, 310 u. Andere), doch ist es auch
möglich, dass sich hier eiti altes urdeutsches,
mit kabbeln, kappen, kibbela etc. (cf. Grimm,
Wb. F, 138 seq. u. Weiteres unter kam-
peln) verwandtes Wort mit dem lat. od. mlat.
45 campus gemischt hat, od. dass überhaupt
das afries. kamp, bz. as. kamp; ags. camp;
an. kapp etc. von Hause aus mit dem mlat.
u. lat. campus gar nichts gemein hat, son-
dern (cf. H. Leo, 563) mit wälsch camp
50 (Spiel um einen Preis od. Gewinn), cam-
piaw (um einen Preis od. Gewinn werben),
campus (preisgewinnend, ausgezeichnet etc.),
ir. combach (Preis, Gewinn, Beute etc., aber
auch Verlust, — also Spielentscheidung,
55 Kampifentscheidung) etc. einer idg. (Fick,
I, 234) y skap, skamp (sich bewegen u. re-
gen, gehen, laufen, eilen, sich schnell od.
stark beivegen, hin u. her beioegen , schüt-
teln, schwingen, schleudern, loerfen etc.) an-
60 gehört, wozu auch skr. kshapani (Schleuder,
KAMP 166 KAN
Buder), kship, kshaipati (schleudern, schnei- kämmen = ahd. cambjan sein, berührt sich
len, stürzen, niederwerfen etc.), kshapanya indessen begrifflich auch nahe mit kabbeln
(Beleidigung etc.), sowie unsere Wörter: etc. Vergl. dieserhalb Grimm (Wb. V,
schamp, schanipen, schimp etc. wohl zu stel- 138) kampeln sub 4, desgl. kampeln bei Ade-
len sind. Zu der Grdbdtg.: sich bewegen 5 hing u. weiter engl. (Yorkshire) CAmble (kecJc
u. regen, gehen, eilen, bz. sich rasch u. stark sprechen), champ (kauen, beissen etc.), champ
bewegen vergl. auch ahd. wiiinan (in hcfti- (Balgerei, Rauferei etc.), wobei man beim
ger Aufregung od. Bewegung sein, kämpfen, Vergleich von kabbeln, kibbe, kifen, kaf^
sich bemühen, gewinnen etc.), winnä (Streit 1 käfe, kafel etc. auch leicht zu der An-
etc.) u. Weiteres unter winnen (erstreiten, 10 nähme kommen könnte, dass auch 2 kamp
besiegen, gewinnen, erwerben etc.) von der (falls sich dies als urdeutsches Wort in der
y v&ü, sich bewegen u. regen, thätig sein etc. Bedtg. : Streit, Zank etc. mit dem mlat.
Zu idg. skap, skamp, cf. auch skr. kap, campus gemischt hat) mit kam, od. kämm,
kamp (tremere, commoveri, bz. freq. bewegen, bz. ahd. camb von der idg. ]/ gabh, gambh
hin u. her bewegen, schwingen, schwanken, 15 (schnappen, beissen etc.) abstammt, von der
beben, zittern, schütteln etc.), cap (se mo- auch kappen etc. begrifflich (cf. dieserhalb
vere, vacillare), camp (ire, se movere) mit die y bliid [Andere etc.] von biten, beissen,
den Nebenformen khamb, ghamb, ^amb etc., kauen etc.) sowohl als formell leicht abge-
die sämmtlich icofil aus urspr. skap, skamp leitet werden kann, ebensogut tcie kabbeln
hervoorgingen. Die Bedtg.: Streit, Eifer, 20 u. kampeln.
Wetteifer, Wette etc. des an. kapp lässt sich kainpen, kempen, kämpfen, streiten, rin-
wenigstens beim Vergleich von ahd. winnä gen etc.; — dar willen wi nog erst um
sehr leicht von einer y skap od. kap, kamp kampen ; — de wulken kampon tegen 'nan-
(bewegcn, gehen, eilen etc.) ableiten. der an; — he kampd mit sük sülfen. —
3. kamp, unausgefochten, streitig, unent- 25 ^/rtes. kampa, kempa ; w/r/e*-. kampjen; nid.
schieden, unausgemacht etc.; — de sake blef kampen; ags. campjan, compjan ; a/;. keppa;
kamp; — se beiden sunt kamp bläfen; — isl. keppi; schwed. kämi)a; dän. kaempe;
de process steid kamp (der Process steht ahd. chamfan, cbemfan; mhd. kemphen, kem-
unentschieden, bz. zwischen den beiden Pur- pfen ; mJ. kempen ; hcss. (Vilmar) kam-
theien schwebend u. gleich; — dat spil steid 30 pen (zanken, streiten).
kamp (das Spiel steht unentschieden, bz. von kam-rad , Kamm-, od. Zahn-Bad, Bad
beiden Seiten gleich) ; — de weddelöp, bz. was Kämme od. Zähne hat. — 3//jc/. kamprat.
de strid is kamp bläfen. kaniräd, s. kammeräd.
i. kamp , gewonnen (od. verloren etc.) kamsöl, Kamisol, Weste, kurzes hemdar-
überwunden, besiegt etc.; — he wul de sake, 35 tiges Überkleid, Blouse. — Aus franz. ca-
bz. dat spil net kamp gäfen (er wollte die misole; span. camisola; ital. camiciola (Vor-
Sache, bz. das Spiel nicht gewonnen [bz. hemdchen. Westchen etc.), dem Dimin. von
verloren] geben, bz. nicht zugestehen, dass span , port., proc. camisa; franz. chemise;
die Sache od. das Spiel erstritten u. gewon- wal. c?mas^; alb. c^mist; ; ital. (Diez, I,
nen [od. verloren] sei); — he wul sük net 40 102) camicia, camiscia (leinenes Unterkleid,
kamp gäfen (er tcollte sich nicht gewonnen Hemd), ivas wahrscheinl. mit ilhjr. kamsa
geben, bz. sich nicht als übericunden u. be- (Chorhemd); kymr. camse (langes Kleid);
siegt betrachten u. ergeben); — ik gaf mi air. c&imm^e {yesüs) unmittelbar verwandt ist
net erder kamp, as bit ik gen fin of fot «. mit diesem wohl zu derselben ]/ kam, od.
mer rören kan. — Auch nid. wird kamp in 45 cam gehören könnte, wie hemd u. ahd. hämo,
der Bedtg.: gewonnen, bz. verloren etc. (iets Hülle, Kleid. Vergl. dieserhalb auch skr.,
kamp geven, etwas gewommen, bz. verloren bz. ved. camü (Schüssel, Schale), camasa
u. i)reis geben) gebraucht. (Trinkschale, Becher), zend. camara (Gür-
Kampe, s. Kempe. tel), welche Wörter wohl eher mit ahd. hämo
kampeln, streiten, zanken, raufen, sich 50 (Hülle, Kleid) zu der y kam (umringen,
heftig u. anhaltend, bz. mit Händen u. Füs- umgeben, um- u. ein.schliessen , ein- od. in
sen gegen Etwas wehren, sich sträuben etc. sich fassen) als zu kam (schlürfen, seufzen)
— se kampeln (od. kabbeln, kibbeln etc.) gehören.
Buk; — laten se sük d'r um kampeln un kamsolen, prügeln; dörkamsolen, durch-
hauen ; — he kampelde d'r al tegen an, man 55 prügeln, bz. dörwamsen. — Der Wciterbil-
't hulp hum dog net; — he kampelde sük düng von kamsöl ivegen vergl. wamssen.
d'r so lank tegen an, as he man kun'; — 1. kan od. kann, kann, vermag etc. ; kenne
he kampelde sük wakker tegen sin feauden. etc. ; s. kennen u. könen.
— Es kann theils ein Iterativ von kampen 2. kan, s. kanne.
u. auch in der Bedtg.: raufen etc. von 60 1. kän, s. 2 kin.
I
KAN 167 KANINE KANIN
2. kän (Flur, kanen), Kahn, grösseres of- nach Bopp (Gloss. comp., 106) zur y khan
fenes Boot zur Flussschifffahrt, welches jetzt (fodere, perfodere) gehört, die indessen nach
auch oft mit einem leichten Verdeck verse- Fick (I, 235) aus idg. ska, skan (schnei-
hen ist. — Nd. kaan; mnd. kane ; nZ(/. kaaii; den, hz. spalten, liauen, stechen, graben etc.)
??mW. kaen; ivang. (Elir entr aut , 1,378) 5 entstand.
künne; mhd. kan ; an., isl. kani ; aschwed. kandel, winkandel, ein warmes stärken-
kana. Davon (d. h. wohl von anld. kane) : des Getränk für Wöchnerinnen, bereitet aus
afranz. (D i e z, II, 238) cane ; nfranz. ca- Weisswein , kochendem Wasser , Zucker u.
not; engl, canoe (Schiff, Kahn etc.), soioie: Zimmt. Da auch „glas" oft für „Glas mit-
nfranz. cane; afranz. c&noiQ (Ente) ; nfranz. 10 sammt des in diesem Gefäss befindlichen
canard (Enterich). — Das an., isl. kani hat Getränk'' (ik heb hiim 'n glas toregt
ausser cymba auch die Bedtg. : prominula bröed ; — kämd ! lätd uns insen 'n glas drin-
pars rei, rostrum u. vasculum ansatura u. ken) gebraucht wird, so ist kandel tvohl
ist demnach norw. (Ivar Aasen) kane ident. mit nhd.k&üdel (Kanne), früher aucJi,. ■
(Gefäss, bz. Hohlgefäss, Schale, Schüssel mit 15 chandel, kantel, was entweder ein Dimin.
Henkel od. Griff ati beiden Seiten) auch von kanne ist od. aus lat. cantharus, griech.
dasselbe Wart. Im dän. hat kane jetzt die käntharos (Trinkgefäss , Becher etc.) ent-
Bedtg.: Schlitten, Rennschlitten, eine Bedtg., stand. KU. scheint bei kandeel (cyceon,
die auch im Fries, an diesem Worte ge- miscellanea potio etc.) dagegen an eine Ent-
haftet haben muss, da das Dimin. von kän 20 stehung aus calidum zu denken,
(cf. käntje) dies bezeugt. — Vergleicht man kandeler, kandier, kaimler, Leuchter.
die von Hildebrand (Grimm, Wb. V, — Nid. kandelaar; mnld. kandelaer; mnd.
33) beigebrachten Beispiele von Buchstaben- kandeler. Aus ital. candelaro; sjxm. cande-
versetzungen u. dazu unter atte, ette die lero ; franz. chandelier, tvas vielleicht aus
Formen tata etc. , sowie das aus akmen 25 lat. candelabrum, od. direct mit diesem aus
versetzte kslav. kamen, so liegt es nahe, candela (von candeo) entstand, candeo ge-
die Form kana als aus ags. naca (Nachen, hört mit in-cendere etc. zur ]/ cand (glühen
s. unter äk, ake) versetzt anzusehen. Da etc.), die nach Fick mit Qcand auf eine
indessen die Bedtg. : rostrum etc. des an., idg. ]/ skand zurückgellt,
isl. kani sich schwer mit der altern von Na- 30 kandi, od. kaiidy, Candis, Candelzucker,
chen vereinigen lässt, so ist es auch mög- Zucker den man stark einsiedet u. nachher
lieh, dass kana od. kani urspr. ein klaf- in Krystallen anschiessen lässt. — Aus ital.,
fe n des, g ahnendes, schnappend es, franz. caudi, bz. sucre candi, Kry stall,
bz. ein offenes u. tiefes Etivas bezeich- od. Kr y st all- Zucker u. geht das Wort
nete u. dass sich hieraus die Bedtgn.: Seh na- 35 candi (wovon auch ital. [Diez, 1,108] cau-
bel soivohl, als tiefes Hohlgefäss, bz. dire, candiren; franz. se candir, sich kry-
Hohlg efäss, Etioas, was einen hohlen stallisiren) mit arab. qand. of?. qandat (Kry-
Bauch hat etc. (cf. auch k&nne) entivickel- stall- Zucker) auf skr. khanda (Stück,
ten, in welchem Fall es dann vielleicht mit Zucker in krystcdlartigen Stücken) und
kin u. griech. genus (europ. Grdform ganu) 40 weiter auf die y khand, khad, bz. skhad
sowie lat. gena (Wange, Backe) etc. zur y (brechen, spalten, reissen etc.) = urspr.
ghä (klaffen etc.) gehören könnte. Alle die skad, skand zurück, wonach denn khando,
verschiedenen Bedtgn. von kana od. kani bz. kandi eigentlich Stück zuck er be-
(ef. auch norw. kana) würden jedenfalls deutet,
hieraus am besten erklärt. Oder gehört es 45 kandier, s. kandeler.
mit lat. canalis (cf. kanäl) zur y khan (aus kanel, kenel, knel, Zimmt. Von (cf.
idg. skan), die dann urspr. wohl die Bedtg.: Grimm, Wb. V, 160 die toeiteren For-
spalten, reissen, klaffen, bz. hauen, schnei- men) ital. cannella (Röhrchen, Röllchen), bz.
den, stechen, ritzen etc. gehabt hat, da Bopp lat. cannüla, dem Dimin. von lat. canna, ive-
auch nhd. gähnen u. ags. cina (rima), ci- 50 gen der röhrenförmigen Gestalt der Zimmt-
nan (hiare) etc. dazu stellt. Vergl. dieser- Stangen.
halb ausser uns. käntje auch 2 kantje u. kanine, kanin, kenin, knin, (Plur^ ka-
kintje u. nid. kaan in der Bedtg.: Korb, ninen, keninen, knineu; Dimin.: kanuitje,
Behälter etc., sowie Weiteres unter kinen kenintje, kniutje) , Kanine, Kaninchen. —
am Schlüsse. 65 Nid. konijn; bei Diefenbach (vor dem
kanäl, Canal, Rinne, Leitrohr, röhren- 15. Jahrh.) canyn, canyne; engl, cony, co-
förmig gemauerte Leitung, gegrabene Rinne ney u. früher: conye, conny; dän., schwed.
od. Leitung zur Verbindung von Seeen u. kanin; isl. kanina u. künina; finn. kaniini ;
Flüssen etc.; — für-, lücht-, water-, trek- franz. connin, connine (früher auch conine),
färts-kanäl. Entlehnt aus lat. canalis, was 60 afranz. connil ; ital. coniglio ; span. conejo ;
KANKER
168
KANS- KANTS-HAKEN
port. caelho ; lat. cuniculus. — Ob die obi-
gen Formen wirJcUch sämmtUch ans lat. cu-
niculus entstanden, od. mit diesem nur von
derselben y stammen, lasse ich dahin gestellt
sein. Das Kaninchen ist ein Grabe-
Thier , bz. ein G rab-Ding , od. Etwas
was sich in die Erde hinein g reibt tt. geht
der Name auf die y khan , bz. skan (gra-
ben etc.; s. unter kanäl) zurück, tcoher es
sich denn erklärt, da.-^s cuniculus auch die
Bedtg.: Stollen od. Mine hat.
kanker, Krebs, Krebskrankheit, Krebsge-
schwiir; — de büm lidt au de, bz. sitt ful
kauker; — se hed de kanker in de borst.
— i\7(/. kanker; ahd. canclier; oigl. canccr;
//•a«i'. chancre ; ital. cancro. cancharo ; span,
cancar aus lat. Cancer, icas icahrscheinl. (cf.
liumraer u. lat. cammarus von der y kam.
krümmen, biegen, tcölben, bogenförmig um-
scliliessen, gürten, umringen etc.) zur y kak,
kank (cingere, cf. Fick, I, 36) gehört u.
icomit ausser skr. k'anci (Gürtel) , käksa
(Gurtgegend ; Achselgrube ; Versteck) ; lat.
cingo, coxa, cancelli etc. ; griech. kakalon
(Ringmauer) etc.; nhd. Hag etc. vielleicht
auch skr. kankata (a. Kamm; — b) ein
schädliches Thier, Scorpion?) zusammen-
hängt.
kankern, (krebsen), am Krebs, bz. an der
Krebskrankheit leiden; — de bom kankord,
bz. kankerd hei weg.
kaiine, kan, Kanne od. Gefäss, Behälter
etc.; — melk-, kofjekan etc.; auch ein be-
stimmtes Mass = Krug ; — 'n kan (od. krös)
ber. — Sprichw. : is dat ber ut de kan; is
d' beuül üt de man ; — de dat leste üt de
kann drinken wil, de fald de deksel (od. 'i
lid) up de sniit'. — Nid. kan; rmdd., nd.
kaune; nfries. kon; ags. canne ; engl, can;
an., isl., noric, schwed. kanna; dän. kande;
aJid. chaunä; mhd. kanne, wovon wohl ahd.
canneta, canta; amhd. kannita; mhd. kante
u. ahd. channala; mhd. chanele, kanel, kan-
nel, kandel iceitergebildet sind, falls sie nicht
etwa aus cantharus entstanden. Ob iingr.
kanna; /?»». kannu; estn. kan; lett. kanna;
tvend. khana ; ndwend. kanna; russ. kanna
(als Mass); böhm. koncv, konve; j)oln. ko-
new; slov. kanew; gäl. cauna (Kanne) aus
germ. kanna entlehnt sind, bz. ob dieses mit
denselben aus lat. cantharus od. canna her-
vorgingen, ist icohl zweifelhaft, zumal es ja
auch leicht möglich ist, dass das germ. kanna
aus kana (als ein aus Baumstämmen aus-
gehöhltes Etwas, cf. 2 kan u. Weiteres in
Grim m, Wb. V, 164 unter kanne) entstand,
od. dass dieses Wort, ebenso ivie kana
(Kahn) u. isl. kaena (Fischerboot; Schöpf -
gefäss, bz. ein aus einem Baumstamm, od.
atis Holz ausgeschnittenes hohles Etwas
[cf. dazu 3 kantje u. kantje] vom Grdbegr.:
spalten, klaffen, off'cn stehen, hohl sein etc.)
u. auch lat. canna, canalis etc. etc. mit skr.
y khiui (spalten, klaffen etc.) auf eine idg.
5 )' ska, skan zurückgehen.
kanne-, kan-;2:eter, Kannengiesser, Zinn-
giesser. — Nd., mnd. kannor.geter. — Kömmt
bei uns noch als Gcschlechtsname (wie Smid,
Kromer, Bakker etc.) häufig vor.
10 kaunelke, gelbe Teichrose; wegen der
kaiincnfürmigen Fruchtkapsel so benannt.
kannon, (das) Können od. Vermögen. —
Sprichw.: sm'it 't kanneu fan di un dö 't
mit d' bannen, was meine Mutter regelmäs-
15 sig zu 7nir t(. Anderen sagte, wenn wir ihr
bei einem Befehl, Etwas zu thun, antwor-
teten: ik wet uicb, of ik 't kan.
kanne-wasker , Bohrkolben (Typha) , als
Kannenwischer od. Quirl dienend.
20 kanone, kanun, keiiön, Kanone. — Aus
ital. cannone ; span. canon; franz. canon
(Bohre, demnächst auch Geschidz - Bohr,
schweres Geschütz) von lat. canna. Vergl.
dieserhalb auch unser 2 ror =^ Schiess-Ge-
25 wehr, Flinte.
kans. Wurf, Glückswurf, Glücksfall, (gute,
passende) Gelegenheit etc.; — he hed sin
kans (seinen Wurf beim doppelspil, bz. die
Gelegenheit, wo er einen Wurf, od. Glücks-
30 icurf thun konnte) ferhörd, bz. fersäten; —
du nuist din kans (Gelegenheit), ofseu , bz.
of wachten; — ik so d'r gen kans (gute Ge-
legenheit, Möglichkeit des Gelingens etc.) to
(od. up), um dat to krigen; — dat is min
35 kans (da>^ passt mir gut, bz. ist eine gute
Gelegenheit etc.). — JV^fi. kans; mxW. kansse
(alea, jactus aleae, sors, fortuna, casus, even-
tus etc.) ; nd. kans; mnd. kansc, kanze; mhd.
schanze. Aus franz. cliance; afranz. che-
40 ance; ital. cadenza; mlat. cadentia von lat.
cadere.
kans, kanse, kantse (Schulter, Arm,
Schopf etc.'O; — he krigd hum bi de kans;
— he föt hum bi de kantse. Es kann tvie
45 kanshaken mit kante (Seite) zusammenhän-
gen u. soviel ivie Seite od. Seitenextre-
mität, Arm etc. bedeuten, obschon es auch
mit kans identisch sein kann, sodass „he
krigd hum bi de kans" soviel besagt als: er
50 fasst ihn bei der passenden Gelegenheit.
kansol, Kanzel, Predigtstuhl. — Sprichio.:
wen de pastor up de kansel steid, hed he
altid 't grotste regt. — Bedensart : se sunt
fan de kansel fallen (sie sind als Brautleute
55 proclamirt). — Vom lat. cancelli (Gitter,
Schranke) u. dies von dem bereits unter
kanker erwähnten y kak, kank (cingere).
kans-, kants-haken, d. i. kantes- od. Sei-
<c« -haken, — a) zivei eiserne Haken, tvelche
60 zu beiden Seiten od. an den beiden Enden
KANT
169
KANTE KANT
eines liurzen Taues befestir/t sind, welches
in der Mitte ein mit einem kaus ausgefüt-
tertes Oehr hat, worin der Haken eines
Winde-, od. Zieh-Taues eingreift, um Lasten,
bz. Fässer it. Ballen damit zu heben, in
deren kanten die beiden Haken eingehakt
u. befestigt werden; — slat (od. slagd) de
kanshaken äfen an de winde, w! willen äten
'n okshöt'd uptrekken; — b) (fig.) Seitenex-
tremitäten, Arme, Schultern etc.; — en h\ de
kanshaken faten; — he hed liura bt de kans-
haken to faten. — Obgleich das Wort kant-
haken anderwärts fig. in derselben Bedtg.
gebraucht loird, so ist es von diesem (s.
kanthake) doch verschieden.
1. kant, ,s'. kante.
2. kant, glatt, schier, zierlich, hübsch,
fertig etc. ; — dat is 'n moi kant (schön ge-
rades, glattes u. schönes) stük holt; — 't is
'n kant wicht (glattes, schönes, nettes, hüb-
sches Mädchen); — 't is 'n kanten junge;
— 'n kantern fent as hum heb 'k nog net
sen ; — he steid regt kant (gerade u. schön,
bz. hübsch) up de foten ; — kant un klär
(fix II. fertig); — stoid all' kant un klar;
— he steid kant uu klär, um oftoreisen ; —
kant as 'n knikker (glatt toie ein Knicker).
Es ist icie das nid. gleichbedeutende kant
vielleicht aus kanted, kantd (von kawien)' ge-
kürzt. Vergl. indessen toeiter :
'6. kaut, vollkommen, vollständig, ganz,
durchaus etc.; — 't is kant dül un mal, so
as 't upstünds in de wereld hergeid un üt-
sügt ; — he is d'r kant mit ferlägen ; — he
was d'r kant up fersäten, dat he 't wicht
hebben wul'. — Es schliesst sich formell u.
begrifflich an ahd. ganz, kanz (cf. 1 gans)
an, ist indessen wohl zweifellos dasselbe Wort
tvie 2 kant, indem sich die Bedtg. : voll-
kommen etc. aus der von: fertig od.
glatt etc. leicht entivickeln konnte, wie
wir ja statt „he is d'r kant mit ferlägen"
auch sagen „he is d'r glad mit ferlägen."
Bezüglich des Wortes 2 kant in der wohl
urspr. sinnl. Bedtg. : behauen,b ehob elt,
beschnitten etc. sei noch auf das am
Schlüsse unter kante Gesagte venviesen, da
es jedenfalls sehr ziveifelhaft ist, ob 2 kant
aus kandt, bz. kanted (gekantet) entstand.
kaute, kaut, Kante, Band, Seite, Ecke,
Winkel, Gegend etc. , cf. ord, egge, hörn ;
— de kant (Bernd) fan de kupe; — 'n rat ('u
kupe etc.) up, bz. in de kante selten; — 't
Si-hip ligd up de kante (das Schiff liegt auf
der Seite, bz. es liegt schief); — 't schip
ligd up de kante (dem Bande) fan de faste
M'al ; — dat räkd gen kant of wal; — he
bren.[;d 't all' an de kante; — an de bin-
nen- of butenkante ; — de spitse, bz. scharpe
kanten uu hürns ; — brabandse kanten (Bra-
bantcr Spitzen, hz. schmale geklöppelte Zeuge,
welche zu Einfassungen von Kissenbezügen
■u. Hauben etc. verwandt werden); — na de
kant fan Holland hen: — na alle kanten;
5 — fan sin faders kant is he mit mi befründt;
— he setd mit hum in de kant (er nimmt
keine Bücksicht auf ihn, — ■ er setzt ihn bei
Seite etc.). — Compos. : dre-, fer-, achter-,
för-, se-, waters-, sluts-, wän-kant etc. etc.
10 — Nid. kant; nd. kant, kante; mnd. kante;
afries. kant (nur belegt in : fiuwer - kant) ;
wang. kant ; nfries., wfries. käut, bz. kaant ;
isl. kantr; noriv., schwed., dä)i. kant; engl.
cant; ital, span., pjort. canto; ufranz. cant,
15 wovon ital. cantone; span., prov., franz.
canton (Ecke, Gegend, Landschaft etc.), ital.
biscanto (Schlupfwinkel) etc. Weiter vergl. :
slav., poln. kant (Ecke, Winkel, Band) ; lett.
kante ; estn. kant (dasselbe) ; poln. kat ;
20 böhni. kout; slov. köt (Winkel etc.); kymr.
cant (Band, Einfassung, Umzäunung, Kreis,
Badschiene) ; griech. kanthös (Ecke od. Win-
kel des Auges ; eiserner Beifen um ein Bad,
bz. Badschiene) , sowie das toohl entlehnte
25 (nach Quintilian afrikanisch od. hispanisch)
lat. canthus, was indessen auch zweifellos
dasselbe Wort ist, wie griech. kanthös u.
wobei man daher zweifelliaft wird, ob Letz-
teres ivirklich ein urspr. einheimisches , od.
30 nicht auch gleichfalls ein Fremdwort ist,
loas durch den Verkehr der Griechen u.
Bönier mit den verschiedenen barbarischen
Völkern nach Griechenland u. Italien kam.
Sei dies nun aber, wie es ivolle , so ist es
35 zweifellos, dass das Wort kaute jedenfalls
ein sehr altes Wort ist u. dass man bei des-
sen weiter Verbreitung (namentlich auch in
den ngerm. Sprachen) schwerlich an eine
Entlehnung aus dem rom. canto (dass es im
40 as., ags. u. an. nicht belegt ist, ist kein Be-
weis dafür, dass es in diesen Sprachen urspr.
nicht auch vorhanden war) denken darf,
sondern vielmehr annehmen muss, dass des-
sen Thema kauta iveit in die Urzeit hinauf
45 reicht u. vielleicht zu einer idg. ]/ skan
(spcdten, schneiden, graben, stechen, bohren
etc., bz. eingraben, ritzen, verwunden etc.)
gehört, zu der Fick (cf. I, 253 u. 451 etc.
etc.) unter andern skr. kshan (verletzen, ver-
50 wunden), kshata venoundet etc.), chä (schnei-
den, trennen etc.), khan (grcdjen, stechen etc.),
khäta (gegraben etc.) ; zend. kau ; ajjers. kau ;
2)ars. kautan (graben etc.) stellt. V^er gleicht
man nämlich das ahd. creiz, chreiz (Kreis,
55 Umkreis; Kampfplatz; Bezirk, Gau) von
krizan (ritzen, reissen, spcdten etc. = urspr.
ivohl skrizan, bz. skritau, wovon auch scli-
zan etc. cf. sliten, slits etc.) u. dazu ahd.
kränz (Kreis, Kranz) u. lit. grandis (Bing,
60 Armband, Beif eines Bades) etc., so ist es
KANTELN
170
KAP
sehr leicht möglich, dass auch kanta ur:fpr.
blos ein gegrabenes, bz. gestochenes
od. geritztes Eticas bezeichnet u. da3s
sich daraus die Bedtg.: Kreis, Umkreis,
Bing, bz. Einfassung, Band etc. ent-
wickelte, tcenn man nicht etwa annehmen
will, dass das Wort kante urspr. als Band
od. Aeusserstes u. Vor ragen des, bz.
als Ecke od. Spitze, Winkel (cf. egge
u. örd etc.) auf der Grdbdtg.: Schnei-
dendes, Stechendes, Scharfes etc.
beruht u. so zur y ska, skan (spalten, schnei-
den, stechen, bohren etc.) gehört. Zu der
Grdbdtg. : schneiden , spalten, th ei-
len etc. stimmt auch mnld. kant = hompe
M. franz. chanteau (Stück); engl, cantle
(Stück, Brocken, TJieil), cantle (in Stücke
zertheilen, schneiden), toie auch engl, cant
schon die Bedtg. „Stücf hat u. wonach
man auch annehmen kann, dass unser 2
kant urspr. die Bedtg. : behauen, beschnitten
etc. hatte u. also als selbstständiges Wort
nur wurzelhüft mit kante verwandt -ist. cf.
kanten u. auch kate.
kauteln, s. kantern.
kanten (kante, kantst, kantd etc.; — kan-
teJe, kantde etc.; — kanted, kautd), Ä'rt«fen;
— a) mit Kanten (namentlich r echt iv in k-
lichen) versehen, Kanten machen (woran),
behauen, behobeln, bz. stechen u. graben (ab),
glatt u. eben (2 kant) machen etc.; — dat
holt is nog net göd kantd ; — kant' dat holt
bäter of; — dat is net ördendlik kantd, bz.
bekantd ; — de slöt (Graben) mut neis '(ae</s
Neue) be- , bz. ofkantd worden ; — b) Et-
was auf die Seite legen od. umlegen (wäl-
zen, drehen etc.), bz. sich auf die Seite le-
gen, kentern etc.; — he kantd dat um; —
dat schip wil kanten, bz. sük kanten ; —
umkanten (umwenden, umdrehen, umschla-
gen etc.); — he kandt um (er dreht sich
um, schlägt um, wendet sich auf die andere
Seite, fällt von seiner Parthei ab etc.); —
tägenkanten (entgegen wälzen u. drehen,
sich wenden u. setzen wider etioas etc.) ; —
he mut altid tägenkanten, bz. he kantd (wen-
det etc.) sük d'r altid tagen. — Nid. kan-
ten. Zu kante, bz. in der ersten Bedtg.
auch zu 2 kant.
1. kanten, Comparativ von 2 kant.
2. kanter, Cantor, Lehrer. — Siyrichw. : „jun-
gens j);"ird jo,'" sii' de kanter, do harr' he dre.
kantern, kantein, kentern, über die Kante
oder Seite legen, umschlagen, icälzen etc.;
— dat schip kanterd sük; — he kanterd ; —
dat schip is kenterd; — he kanteld de bal-
ken um.
kant-hake, ein an einer Stange befestigter
Haken zum kaut'ii (umlegen, umwälzen etc.)
der Balken. — Nid. kantshaak.
kant-hen, kanthei, Heu von den Kanten
od. Seiten der Wege u. Gräben etc.
1. kantje, Kännchen. Dimin. von kanne.
2. kautje, eine beim Hcringsfang gefüllte
5 u. gesalzene Tonne Häring. — Im nid. (cf.
van Dale) bezeichnet kantje ein kleines
Fass, bz. ein Fässchen Häringe, also das-
selbe wie unser kintje =: Ve« Tonne, od.
ein fatje. Dieses kantje betr., so ist es zivei-
10 fellos ein Dimin. von 2 kän, bz. dem alten
kaue = mhd. kan, in der allgemeinen Be-
dtg.: Hohlg efäss, od. Hohles, tcährend
unser kintje icohl ein Dimin. von einem
obs. kiu (Hohlgefäss, Gcfäss, Behälter) ist
15 u. demnacli direct zu as. cinan (spalten,
klaffen etc., cf. unter 2 kän am Schlüsse)
gehören dürfte. Vergleicht man indessen
1 kän u. dessen Nebenform kin = nhd.
Kahm (mucor), so könnte kintje auch eine
20 Nebenform von kantje, bz. kantje (dem Di-
min. von 2 kän, bz. mhd. kan) sein.
kantje, ein kleiner niedriger Schlitten
ohne Lehne od. Heck. Dimin. von 2 kän,
u. ist dort Weiteres zu vergleichen.
25 kantjed, gekantet; — kantjede balken; —
mit Kanten od. Spitzen besetzt, bz. mit einer
Kante versehen; — 'n kantjeden müts.
kantjen (Dimin. von kanten), eine Kante
od. einen Band machen, bz. ein Etioas mit
30 einer Kante versehen; die Kanten od. schar-
fen Ecken mit einem scharfen Werkzeug
wegnehmen; — de däle kautjen (die mit
Sand bestreute Diele an den Seiten mit einem
feinen Band versehen) ; — de bedden of-
35 kantjen (die Beete an den Seiten abschla-
gen, bz. sie mit einer glatten Kante verse-
hen) ; — de balken sunt möi kantjed (die
Balken sind an den Seiten schön behobelt,
bz. scliön gekantet).
40 kantig, kantig, seitig , eckig, bz. recht-
vnnklig etc.; — 'n moi kantig stük holt; —
f'erkantig etc.
kantor, kentör, Comptoir, Geschäftsstube,
Handlungshaus etc.; — gät man na 't ken-
45 tOr hen, wen ji geld betalen willen; — he
is dar an 'n gnd kantür. — Nid., nd. kantoor.
kants-haken, s. kanshaken.
kanutjo, s. karnütje.
1. kap. Schlag, Hau, Hieb etc.; — mit
50 en kap höe (hauete) he de böm of. cf.
kai)pen.
2. kap, s. kappe.
3. kap, s. kip-kap.
kap, a) Vorgebirge, Landzunge, Cap ; —
55 't kap de gode höp ; — b) ein grosses, star-
kes, hölzernes Gerüst, welches als Baken
od. Seezeichen für die Schiffer dient u. ent-
weder auf einem Vorgebirge, bz. einer Land-
zunge, od. auch auf einer hohen Düne er-
60 richtet ist, um den Schiffern als Baken
KAEPE KEPE
171
KAEPEED KEPERD
od. Seezeichen zu dienen. — Auch nid.
kaap in beiden Bedtgn. — Das Wort käp
in der ersten Bedtg. ist bekanntlich aus ital.
capo, franz. cap (von lat. caput, cf. hßfd)
entlehnt u. könnte es auch in der zweiten
Bedtg. (als Hohes od. Vorragendes) dasselbe
Wort sein. Beim Vergleich von nd. (Br.
Wb.) kapen = gapen (gaffen, ausschauen
etc.) ist es jedoch wohl sicher , dass es mit
ahd. chapf (Ort wovon man ausschaut, spe-
cula, cacumen) u. nhd. mdartl, kapf (vor-
springendes Dachfenster) ; mnld. (KU.) kape
(specula ; pharus, Signum litorale); wuuZ. ka-
pinge (Stange od. Baken als Seezeichen)
etc. zu nd. kapen, bz. gapen gehört, weil
man auch auf diese kapen hinaufsteigt, um
nach den Schiffen zu schauen, bz. von den
Schiffen nach denselben ausschaut, um
zu sehen , tvo man sich befindet, cf. auch
mhd. kaphspil ; md. kaifespil ; mnd. kappspil
(Schauspiel, bz. Gaff spiel) u. mnd. kapinge
(Anblick, Schauspiel) etc. etc.
käpe, kepe, käp, kep, Kerb, Schnitt, Ein-
schnitt, bz. Spalt, Vertiefung etc. ; — de käp
is to dep. — Nlä. keep (Kerb, Einschnitt,
Strich etc.); keep houden (Strich od. Cours
halten); mnd. (Seh. u. L) kep; loang.
(Ehrentraut, 11,375) keping. c/. käfe,
käfen, käpen etc.
kapen, nehmen, wegnehmen, stehlen, sti-
bitzen, rauben, Beute machen, Freibeuterei
treiben etc.; — he käpd 't all' weg; — he
geid üt to kapen (um Beute zu machen, bz.
eticas zu erhaschen etc.). — Nid. kapen (be-
hende wegnehmen, Freibeuterei treiben etc.).
Es giebt ein nid. kaap; schwed. kap, wel-
ches gewöhnlich mit „Freibeuterei auf See",
bz. „Kaperei" übersetzt wird, jedoch eigent-
lich wohl nur die Bedtg.: Beute, Fang,
Raub etc. zu haben scheint, wie dies aus
den Sätzen (nid.) te kaap, — bz. op de kaap
varen, — (schwed.) det var et godt kap (das
war ein guter Fang), — gä ut pä kap (ge-
hen aus auf Beute) etc. erhellt. — Da nun
aber das Wort kaap od. kap so wenig als
kapen in den obigen Bedtgn. nirgends sonst
ivo vorkömmt (es fehlt sowohl nd., mnd. als
mnld. u. auch in den andern nord. Spra-
chen) u. das Vbm. : kapen doch wohl von
käp, bz. kap weiter gebildet ist, so scheint
es mir, als ob das Subst. käp etc. nichts
anders ist als unser altes fries. käp (Kauf,
bz. Tausch etc.) = wfries. keap, kaep, kape
etc. (cf. köp) u. dass op de kaap varen ei-
gentlich so viel heisst: auf den Kauf od.
Tausch fahren. Vergleicht man nämlich,
dass der Kauf urspr. blos ein Tausch
war, bz. kaufen im Ein- u. Vertauschen
von Sachen bestand u. ferner, dass unser
büt od. büte (Tausch) u. büten (tauschen,
handeln etc.) dieselben Wörter sind, wie
nhd. Beute u. beuten, so liegt die Ver-
muthung sehr nahe, dass die Bedtg. : Kauf,
Handel, bz. Tausch etc. desafries. käp auch in
5 die von: Erwerb, Gewinn, Beute etc. u.
iveiter in : „Raub" etc. überging u. dass da-
her das neuere nid. kaap u. schwed. kap
blosse Entlehnungen des älteren fries. käp
sind. An eine Identität von kapen (nehmen
10 etc.) mit nd. kapen (gaffen, ausschauen), bz.
an eine Abstammung unseres kapen u. des
Wortes kaper etc. von mnld. kape (specula,
pharus etc., s. unter käp) glaube ich jeden-
falls nicht ZI. würde ich dann noch eher
15 dafür halten, dass es entweder mit lat. ca-
pere zusammenhängt, bz. mit diesem zu der-
selben y gehört, die auch für kipe u. kop
anzusetzen ist u. urspr. vielleicht skap (cf.
auch schap, schip etc.) lautete.
20 käpen, kepen, kerben, schneiden, Ein-
schnitte machen etc. ; — ütkäpen (ausker-
ben), inkäpen (einkerben), ferkäpen (verker-
ben etc.). cf. 2 käpe, käfen etc., sowie auch
kippen u. kappen etc.
25 käper, keper, Keper, Köper ; — up de kä-
per wäfea; — nau up de käper sen. — Wenn
bei einem Gewebe die Fäden des Einschla-
ges die der Kette nicht rechtwinklig, sondern
scheinbar schräg schneiden od. kreuzen, bz.
30 der Einschlag über einige Fäden der Schee-
rung liegt, so entsteht dadurch der sog. kä-
per od. keper auf der Oberfläche des Ge-
webes, unter welchem Worte man eben die
durch die obige Webeart erzeugten, schräg
35 od. diagonal über das betr. Zeug hinlau-
fenden, sichtbaren Streifen versteht. Das
Wort käper od. keper bezeichnet demnach
ein diagonales Etwas , bz. ein Etwas,
was im Gegensatz zu der geraden Linie
4:0 schräg, eckig u. tvinkligt verläuft.
Zweifellos ist es daher auch wohl, dass das
Wort käper od. keper (als winkligtes od.
diagonales Etwas) von Hause aus dasselbe
Wort ist, wie mnld., mftäm. keper (Winkel-
45 haken, bz. Ding, was sich schrägt u.
biegt, od. einen Winkel [Schräge,
Schiefe, Abweichung von der geraden
Linie, od. eine Ecke u. einen VorsprungJ
bildet), wie dies durch mnld. keperen (ad
50 normam formare) , mfläm. keperen (former
a l'esquierre) u. mnld. keper-wijze (instar
normae formatum), mfläm. keperwijse (a la
mode d'esquierre) bestätigt wird.
kaper, Kaper, Freibeuter, Seeräuber, Frei'
55 beuterschiff etc.; (scherzh.) Concurrent; —
he hed 'n kaper up de küste. cf. kapen.
kaper, koper, kopper, Kupfer.
käperd, keperd, kcpert, köpert, geköpert
etc. ; — käperd göd (Zeug was geköpert ist,
60 bz. was Köper hat).
KAPERN 172 KAPPEN
kapern, l-apeni, Freibeuterei treiben, be- Kappe etc.); itah cappa; spayi., port., prov.
hetiile mit List od. Gewalt wegnehmen etc.; cape ; /r««^. chape (Mantel); spät-lat. Cüpn,
— he kaperd ml 't all' wosr. cappa (quia totiini capiat hominem; orna-
kapcrn, kopern, kopporn, laipfern, von mrntum capitis); ,s7w/-//r('(?c/(. käppa, kappatia
Kupfer. 5 (Mantel etc.); slav., poln., siulslav. kapa;
kiipei'-. kopoi'-, kiippoi'-l'öd, 0(?. r/c/z^/V/er; böhm. käpe ; lit. käpe; cs^». kap; _/i»». capio
kaper-, kopoi'-röt, a) Grü)i.'<pan , Kupfer- (Mütze, Helm). — Wie ahd. gifang, git'aak
rast, Kupferoxyd; — b) Kupfervitriol ; — (Bekleidung, Kleid) von t'aban (fangen, fas-
c) Eisenvitriol; — d) Vitriol, cf. will' ka- sen), so soll auch das spät-lat. capa, cappa
perröt = Zinkvitriol. — i\7r/. k.-'j)errood 10 von capio (cf. Diez, 1, 111) abstammen,
(schwefelsaures Kisen-Oxgdul, Eisenvitriol Da es indessen sehr zweifelhaft ist, dass
od. grüner Vitriol). — Es bezeichnet wörtl.: das schon so früh in den germ. Sprachen
Kupfer-Russ (cf. rot) n. verstaynl man vorkommende u. so iveit verbreitete Wort
darunter urspr. den g rü n l ich e n Euss od. überall lediglich eine Entlehnung aus dem
grünlichen A)isaiz u. Niederschlag, der aus 15 spät-lat. capa, cappa ist, so ist es auch mög-
dem schmelzenden, bz. geschmolzenen Schwarz- licli, dass das Letztere selbst ein Lehn-, bz.
kupfer aufsteigt u. an den Wänden desliaucli- Fremdwort ist u. das Grdwort kapa od. käpa
fanges ox>/dirt, bz. sich festsetzt, woraus der gar )iichts mit lat. CA\no gemein hcit. Ver-
Vitriol gesotten wird. cf. nind. (Seh. u. L.) gleicht man nävdich, wie so viele Wörter
kopperrök; mnld. (KU.) koperroest u. ko- 20 mit anlautendem „k'* od. „c" auf eine idg,
pt-noose etc, y mit anlautendem „sk" zurückgehen u. dass
kaper-slager, käpslagei',kapersnii(l,7ü<j> Fick (I, 238 etc., II, 4S7 etc.) unter An-
ferschmied. dem skr. kipya, cipya (Wurm) mit nhd,
kapittcl, Kapitel, Hauptstück etc. Vom Schabe etc. u. lat. capillus etc. von einer
mlat. capitiikim u. dies von caput. 25 y skap ableitet, so ist es auch sehr leicht
kapittel-stok, ein langer Stock od. Stab möglich, dass käpa als Bedeckendes,
mit einem Kopf od. Knauf ; — scherzh. ebenso tcie capillus (was ma>i auch sehr gut
auch j)inis. als Bedeckendes od. Decke, Schutz
kapke, Käppchen etc. etc. [cf. walle von y var, bedecken etc.]
kapj»»', kapp od. kap, Kappe; Kopfdeckel, 30 fassen kann) zu einer idg. y skap (decken,
Mütze, Schutzding für den Kopf ; — junge! bedecken, verhüllen etc.) gehört, die eben die
weist du iiog net so föi, dat du diu kaj) of- Grdform von skr. ksbap; zend. (Justi)
settt.t, wen di 'u old minsk förbi geid? — kbsbap (decken, bedecken, verhüllen etc.) ist,
h) Deckel, bz. oberste Decke od. Spitze von zu ivelcher auch skr. ksbap, kshapa , ksha-
Etwns; — de kap tan de scbörstea is her- 35 pas ; zend. kbsbap, kbsbapan (Nacht, Fin-
underflngen; — be steid up de kap tau de sterniss etc.); griech. skepö (decken, verhül-
dik, bz. uj) de kap fan de iiiölen ; — be bed len etc.), skepe, skepas (Decke, Hülle, Schutz
sük de kap fau de dum (oberste Spitze des etc.) etc. gehört u. wobei man bei der Iden-
Daumens) ofsneden ; — c) Endrinde, bz. das tität von griech. skepe mit skr. ksbapa (für
Bindenstück od. Deckstück vom ausser sten 40 ü/^. skapa) also auch leicht zu der Annahme
Ende eines Brodes etc.; — brodkap, keskap kommen kann, dass auch käpa als Decke,
etc. — Nid. kap; jnnld. kap])0 (capitium, Bedeckung, Bekleidung, V crhüllung etc.
capitis tegmen, pileus, cucullus, viilgo cajipa ; (bz. Kleid, Mantel, Kopfbedeckung etc.) für
traliea; cblamys; culmcn, fastigium, supre- urspr. skäpa steht u. eben dessen anlauten-
mum sive summum cujusqut) ; nd., mnd., 45 des „k" überall desshalb unverschoben ste-
mfläm. kappe; ahd. chappa; mhd. kaiipe hen blieb, weil es auf einer Grdform skäpa
(Art Mantel mit einer Kapuze über den beruhte, cf, 2 kippe u. kipe etc.
Kopf zu ziehen; Kappe, Mütze); afries. Zu dieser y skap (decken etc., od. urspr.
kappe; wfries. kaepe; nfries. kaap ; satl. icohl: greifen, fassen, halten etc. xi. so auch:
cappe; ags. cappe, caepe (cucullus, ])il-'us); 50 schützen, retten, bewahren etc., wie die y
engl, cape (Mantelkragen) , cap (Kuppe, var, cf. wälen, willen, walle etc. u. waren,
Mütze, Haube, Cardinalshut ; Deckel, Schale, wereu etc.) vergl. auch kipe, kippen etc. etc.
Hülle etc.) u. co^e (Kopfbedeckung, Brie- u. wegen der vielen Ableitungen von ital,
sterrock, Chorrock, Mantel, Decke, Kuppel) ; cappa etc. (z. B. ausser cappotto, cappuccio
an. käpa (Ueberkleid , Mantel); isl. käpa 55 [cf. kaput u. kapiitse] etc. auch des Wortes
(toga, Pallium, velamen) ; ;io?7t;. kappa ; dän. Capclle) bei Diez, /, 111 unter cappa
kapj)e; schwcd. kappa (Kappe, Haube; Man- das Weitere.
tel, Oljcrrock, Chorrock, Schaube; äusserste kappen, kappen, hacken, schlagen, kaput
Bedeckung einer Sache etc.) ii. 7ionü. kudipa.; schlagen, hauen, schneiden, schreren, kür-
dän. kaabe; schwed. käpa (Mantel, Talar, 60 zen etc.; — balken kappen, bz. be- od. of-
KAPPER
173
KAPUT KEPUT
kappen; — bomen kappen, hz. oflcappon od.
umkappen; — holt kort kappen; — • sjjoiien
od. branholt kappen; — sleiicn, — stn'i-
ken, — IS t'tc. etc. kapjjen ; — 't aiikcr kap-
pen ; — de niast kappen ; — 'n gat in de
mür, bz. 't isder etc. kappen; — de lülge,
hz. dat här kappen (die Spitzen etc. von
der Hecke, bz. dem ILiar abschneiden mit
einem Messer od. einer Scheere); — wel li(!d
dl dar so in de här herum kaj)d? — sük
de finger kapp'n (sich die oberste Spitze
vom Finger abschlagen, bz. ihn einkürzen).
— Nd., mnd. kappen ; nid., mnld., mfläm.
kappen ; nfries., dän. ka])pe ; norw. kabba,
kappa; schwed. kappa; schott. chap. Beim
Vergleich von klip-khip etc. muss man loohl
annehmen, dass auch kip-kap (cf. kipi)en)
urspr. blosse Schallstämme sind, die entwe-
der mit kabbeln, kibbeln, kifen etc., sowie
mit käpe, käpen, käfe, kaf etc. auf ]/ gab,
od. gabh (klaffen, gähnen, spalten) zurück-
gehen, od. mit tat. capo (cf. kapiin) etc.,
griech. koptö (schlagen, hacken, hauen etc.)
u. skäptö (graben, hacken etc.); kslav. skep
(spalten etc.); engl, chip (schneiden etc.),
chop (hauen, hacken etc.) etc. sowie unseren
schap, schip, schaffen, scheppen, schiffen etc.
zu einer y skap (liauen, schneiden, spulten
etc.) gehört, zu der auch kaf, kafe, käpe
etc. ebensogut gehören können, als zur y
gap od. gabh. Wegen der y skap cf. Fick,
I, 238, 452, 807 u. II, 267, 487 ,_ 678, so-
wie III, 331, die wohl ebenso toie skap =
skr. kshap (werfen etc., cf. Fick, I, 234)
aus einer primit. y ska = europ. sak (schla-
gen, hauen, spalten, trennen, schneiden etc.,
cf. Fick, I, 235) hervorging, die auch das
Primitiv von skau, skad, skar (cf. Fick,
I, 235, 237, 238 etc.) sein ivird.
1. kapper, Einer der kappt, od. hackt etc. ;
— holtkapper (Holzhacker).
2. kapper, eine Taube mit einer Haube
(kappe) auf dem Kopfe.
kapriine, (Dimin.) k^\>v\mt\Q,Haube,Häub-
chen. Mützchen etc. ; — se hed so 'n cid
kaprüntje up de kop. — Nid. (v. Bale)
kaproen, kapruin (hooftdeksel, kap, vrouwen-
kap); mnld. kapruyn (cnculhiä, capitium);
mfläm. kapruyn (Kopftuch der Frauen etc.).
Aus franz. chaperon ; ital. capperone etc. u.
dies (cf. Diez, I, 111) mit ital. capello;
franz. chapeau etc. von cappa, capa (cf.
kappe) 10 eiter gebildet.
kapsel, Kcqjsel, Gehäuse etc. Aus lat.
capsa, bz. capsella u. dies von capio (fassen
etc.), od. mit diesem von derselben y, cf.
hebben, hafe etc.
käp-slager, s. kaperslager.
kap-sponen, Kapp-, od. Hauspäne, Späne,
die beim Bekappen der Balken etc. entstehen.
kap-störting, kapstörteu, die Stürzung
od das Stürzen u. Abwerfen der Kappe
des Deiches bei einer Sturmfluth durch das
An/irallen der Wogen, in Folge dessen der
.5 Bruch des Deiches u. die Ueberfluthung des
Bi}inenlandes entsteht. Die liedensart : „'t
is nog gin kapstörting" wird daher sehr all-
gemein bei uns auch in dem Sinn gebraucht,
dass ein betr. Etwas noch nicht sehr gefahr-
10 drohend ist, weil eben mit dem Stürzen der
Deichkappe der Deichbruch eine vollendete
Thalsuche ist u. in Folge dessen alles un-
sägliche Elend über die Marschbewohner
hereinbricht, loelches mit einer Meeres- Ueber-
15 schwemmung unserer Marschen verbunden
ist. — ^ Nid. kapstorting ; nd. kappstortung.
kapilii, kepüu, Kapaun, castrirter od. ver-
schnittener Hahn (hänrün). — Nd. kapuun;
md. kappi'm; n/rf. kapoen; 7nnld. (KU.) cap-
20 poen, kappuyn; mfläm. kapoen, kapuyn ;
mhd. kapüu; ags. capiui ; engl, capon; mlat.
CcX\)0\m%\ franz. chapon; ital. cappone; f/)7'ec/t.
kapon; lat. capo, capus. Daneben auch:
ahd. chappo, cappo, cappho ; mhd. kappe
25 (gallinaceus, Hahn; Kapaun), sowie mnld.
kaphaan , kaphoen ; mrhein. kaphan ; nhd.
Kaphahn, Kaphuhn. — Wie man mhd. va-
sän = nhd. Fasan (durch Anlehnung an
Hahn u. Huhn, um das Fremdwort dem
30 Volke verständlicher zu machen) auch mhd.
vashan u. vashuou verdeutschte , so wurde
auch lat. capo, bz. franz. chapon etc. durch
kaphan u. kaphoen verdeutscht, indem man
dabei an kappen (schneiden, castriren, bz.
35 verstümmeln, stutzen etc.), bz. einen ge-
kappten Hahn dachte. kapün u. ahd.
chappo etc. sind aber ivohl zweifellos von
franz. chapon, bz. griech. käpöu u. lat. capo
entlehnt, loelche Letztere selbst aber loieder
40 mit griech. koptö u. skaptö etc., sowie mit
unserm kappen etc. zu einer u. derselben y
gehören, nämlich zu y kap, bz. skap , wo-
von auch kslap. skopiti (castriren) etc. u.
vielleicht auch lit. skapa (Schöps).
45 kapünen, kopunen, castriren, zum Ka-
paun machen etc. (auch von Menschen etc.) ;
— ik wil dl kapünen; — he hed hum ka-
pünd (zum Castraten gemacht, verschnitten,
verstümmelt).
50 kapat, keput, (selten) geput, kaput, ent-
zwei, kurz u. klein, in Stücken etc. ; — he
haud (od. smitd) 't all' kaput (od. kört etc.)
wat d'r man is; — 't is all' kaput (kurz u.
klein, zerbrochen, zertrümmert, in 2'rümmer-
55 stücke etc.) släu ; — dat spil od. geschäft
is kaput (verloren, zertrümmert, ruinirt etc.) ;
— de glasen sunt kaput (od. kürt) sraäten;
— he mäkd sük gans kaput (er ruinirt sich
ganz, bz. macht sich ganz bankerott, — od.
60 auch: macht sich ganz bresthaft u. krank,
KAPÜT KAPUTROK
174
KARE KAR
— ruinirt vollständig seine Gesundheit etc.);
— ik was d'r gaus kaput faii (ich war voll-
ständig zerschlagen u. bresthaft, od. krank
«. elend davon); — he is kaput gäu (er ist
Bankrott gegangen, hat fallirt etc.); — he
heil 'u kaputteu (einen zerrissenen, durch-
löcherten, zerlumpten) rok an ; — de boinon
gän kaput (ilie Bäume sterben ab, gehen
todt etc.); — wat kaput (zerbrochen, ruinirt,
od. verloren etc.) is, dat is kaput, dar koiicu
wi iiiks mör au helpen. — Nid. kapot; nd.
kajjut etc. aus franz. caput, span. capote,
loekhes beim Kartenspiel dieselbe Bedtg. wie
nhd. matsch (faire capot, alle Stiche ma-
chen ; c'ire capot, matsch sein) hat, indes.^ien
auch in der Bedtgt. : beschämt, bestürzt (eile
est demeuree capot , sie loar ganz bestürzt
etc.) etc. gebraucht wird u. angeblich das-
selbe Wort sein soll, wie capot (Mantel mit
einer Kappe etc., s. das folgende Wort),
indem es im Kartenspiel fig. angewandt
wurde.
kaput, kapatrok. Mantel mit einer Kappe
etc., bz. Kapuze, Begenmantel , Regenrock,
grosser dicker Ueberrock. — Nhd. kaput,
kapot, kaputrok ; nid. kapot etc. aus franz.
capot; ital. capotto etc., eine Weiterbildung
von ital. cappa etc., s. unter kappe.
kapütse, kapüts, Kapuze, eine verhüllende
Kopfbedeckung mit über den Nacken herun-
terhängendem Kragen. Aus mlat. capution ;
ital. cappuccio; franz. capuche etc., eine
Weiterbildung von capa, cappa etc. (s. un-
ter kappe), od direct aus lat. capitium, bz.
caput.
kälr, s. ker.
karbautei', s. kabauter.
1. kare, kär (iV(//-. kareii), Karr e, Kar-
r e n. — Spricliw. : de de kär in de drek
Schafen hed, mut bum d'r ok wer uthalen ;
— he schufd hum de kär up de hakken ;
— de kär sitt eu altid up de hilen ; — he
is de düfel fan de kare fallen (von einem
Erzbösewicht etc.) ; — se hehben huni up
de kare had (von Jemandem, der durch
Gunst u. Fürsprache ungewöhnlich schnell
befördert lourde). — Compos. : erdkär (grös-
serer Karren mit 3 Bädern u. einem vier-
eckigen Kasten zum Verfahren vo)i J'Jrde,
auch wip-kär genannt, iceil der Kasten nach
hinten über zum Aus.stürzen der Erde nie-
derwippen kann); — drek- od. mudder-kär
(Dreckkarren, bz. ein vierrädriger Wagen
mit einem grossen Kasten, bz. einer hölzer-
nen Backe zum Wegholen des Strassen-
Drecks u. sonstigen Abfalls) ; — michel-kär
(ein grosser starker Karren zum Transpor-
tiren schwerer Sachen); — scbiifkär (Schieb-
karren) etc. ; — meskär (Mistkarren) ; —
torfkär (Torfkarren) etc. — Nd. kaar u.
(Dähnert) kare, köre; mnd. (Seh. u. L.)
kare; «?(^. kar; Hi»W. karre; ivang. (Ehren-
traut, I, 377) kor, koer (s. indessen unten
am Schlüsse u. u)iter kure); an. kerra; norio.
5 kjerra; schived. kärra; dän. karre; engl, car;
ahd. carrä, garrä u. carro, garro, garre;
mhd. karre, garre etc. Wegen dieses Wor-
tes vergl. Grimm (Wb. V , 22i), wonach
das ahd. carrä etc. wohl von lat. carrus
10 entlehnt ist, bz. darauf zurückgeht (wegen
der Ableitungen der Wörter charge u. cari-
catura, sowie auch von carriere, carrosse etc.
von lat. carrus cf Diez, I, 114 u. 115),
während dieses selbst auch ein Fremdwort
15 ist, womit Cäsar in Gallien bekannt tourde.
Neben kelt. karr ; welsch cär ; gael. carr ;
brett. karr scheint indessen dieses Wort auch
schon in altern ngerm. Sprachen urspr. vor-
handen gewesen zu sein, ohne der Lautver-
20 Schiebung zu unterliegen. Die }/ betr. , so
gehört es wohl mit lat. curro, currus etc. ;
zend. careta , caretu (Rennbahn) , caretar
(Läufer, bz. einer der schreitet) etc. ; skr.
carita (Gang, Wanderung), caritra (Fuss,
25 Bein etc., bz. Gehendes etc.) etc. zur y car,
bz. kar (sich bewegen, gehen, wandern),
worüber bei Fick (I, 43) das Weitere zu
vergleichen ist.
Zum Schlüsse sei übrigens wegen des
30 icang. kör , koer noch bemerkt , dass dies
wohl dasselbe Wort wie 2 kare m. wfries.
koer (Korb) sein dürfte u. dass dann auch
das nd. köre (D ü hner t, s. oben) vielleicht
nicht eine Nebenform von dem aus lat.
35 carrus entlehnten nd. kare = nhd. charra,
sondern dasselbe Wort wie 2 kare u. wfries.
koer (Korb), bz. Behälter u. unser kure ist.
2. kare, kär, Gefäss, Behälter. Nur noch
in : älkare, älkär (ein durchlöcherter hölzer-
40 ner Kasten zur Aufbewahrung von Aal);
— fiskkare, fiskkär ('i'VscMe/{a//e;', bz. durch-
löcherter Kasten zur Aufbewahrung von Fi-
schen , auch biinne genannt) etc. — Nid.
kaar (in : aal-, visch-kaar, s. oben) ; mnld.
45 karre (uassa, alveolus etc.); ?>ytä/H. karre (un
reservoir) ; mnd. (Seh. u. L.) kar, kare
(Geschirr, Gefäss, Korb) ; as. kar ; ags. cere ;
an. ker; isl. ker; norw. kjer ; schwed.,dän.
kar; ahd cliar; mhd. kar (Gefäss, Schüssel,
50 Wanne, Trog); goth. (cf. nhd. Beere =
goth. basi; — nhd. war = unserm was
etc.) kas (Gefäss, Krug, Tonne). — Fick
(LH, 45) stellt das Thema kasa mit an. kös,
Genit. kasar (congcries), kasa adha (begra-
55 ben, beworfen etc.) etc. zu einer germ. |/
kas (werfen, aufwerfen), ivas indessen wohl
begrifflich zu fern liegt. Vergl. dieserhalb
Weiteres unter 2 kisen u. cf. auch die Schluss-
bemerkung zu I kare wegen des wang. kör
60 etc., sowie ferner auch unser kure, was mit
KARE 175 KARIG
wfries. koer (Korb, Behälter); as. kar iti sük d'r 'n stük bröd of; — he hed dat dör
bi-kar (Bienenkorb, s. bei v. Richthof en karfd; — he karfd (schneidet, hackt etc., bz.
unter ramkor) wohl ein u. dasselbe Wort ist. schneidet unordentlich = fild etc.) d'r wat
kare, Hock, Gewand, bz. Rockschooss etc. iu herum. — Afries. kerva od. kervia ; sali.
In dem Kinder Hed: ringel-rangel-rosen, — 5 kcrfje; helg. kerf; nfries. (Outzen) karvc,
schöne aprikoseii etc. (ivas die kleinen Müd- keerve, kerva; wfries. kervcii; nid. kerveii ;
chen beim Ringel- od. Reihen-Tanz sin- nd. karven; mnd. kerven (kerben, einhauen,
gen) kommt auch die Strophe vor : „fät ach- kappen); ags. ceorfan ; engl, carve, carven
ter an min kare", loobei jedes folgende Mäd- u. kerve (schneiden, verschneiden, tranchiren,
chen das Gewand, bz. das Kleid, od. den 10 schnitzen, aushauen, ausschneiden, stechen,
Rockschooss des vorderen Mädchens von graben etc.) ; schalt, kevi; norw.kdiXVA.; schwed.
hinten anfassen muss u. ist demnach dieses karva; u/ul. (kerbau); mhd. kerben. — Kick
Wort wohl dasselbe wie afries. gare (Ge- (II, 91) vergleicht es mit griech. gräphein,
wand, Rockschooss etc.), s. u)iter 2 gär, über dessen Lautvcrhältniss zu lat. scribere
gäre u. garf kamer. 15 u. nhd. graben etc das Weitere unter gräf
karel, kardel, karl, ml. Name = nhd. u. grafeu zu vergleichen ist. Vergleicht man
Karl. Geschln. kareis. cf. kerel. zu karfen unser krät'e u. schräfe, bz. wälsch
1. kareil, karren, mit der Karre fahren crsifa (einschneiden, ritzen); bret. cra,i'3i (das-
od. schieben, bz. verfahren, verschieben etc. ; selbe), kräf (Stich, Einschnitt), sowie lat.
— he kärd wat herum; — he kärd de erde 20 carpo ii. die verwandten griech. Wörter (G.
weg. Curtius, pag. 143 u. s. unter harfst) nebst
2. karen, koren, gekoren, erkoren etc. ; lit. kerpü (schneiden etc.) etc. u. Alles was
s. kesen. Fick (I, 240 etc. etc.) unter y skarp auf-
kären, s. keren. führt, so ist es auch sehr gut möglich, dass
kai'fe, karve, karf, Kerbe, Kerb, Schnitt, 25 auch karfen, nebst kräfe, schräie, schrifen,
Einschnitt, Abschnitt etc.; — de karf is net krabben, schrabben etc. zu der für scharp
dep genug; — he hed d'r 'u karf insneden; anzusetzenden idg. y skarp od. skarbh (als
— he häld d'r 'n goden karf (Schnitt, Ab- Erweiterung von skar, cf. schären etc.) gehört,
schnitt, Stück etc.) üt; — snid' mi man 'n _ kai'f-holt, Kerbholz. — Sprichiv.: he hed
goden karf (Schnitt, Abschnitt, Stück etc.) 30 föl up sin karfholt.
bröd of; — 'n umkarf (Rundstück , bz. ein kai'f-mest, Kerbmesser; — a) grosses Mes-
Stück od. Schnitt von der ganzen Breite od. ser zum Schneiden des groben Roggenbro-
Dicke eines 12-pfündigen Brodes); — he des, bz. des Schwarzbrodes ; — b) ein Hack-
snidt sük alle morgen dre umkarfen of. — messer, bz. ein 3Iesser, womit man Etwas
Redensart: karfen up de hörns hebben 35 abhaut u. abhackt, od. durchhackt; — c) ein
(Kerbe, Einschnitte , bz. Jahresringe auf schartiges, stumpfes, unordentlich schneiden-
den Hörnern haben; daher (fig.) schon alt des Messer; — d) (scherzh.) ein (gewöhnlich
od. erwachsen sein, geivitzt sein etc., od. stumpf er u. schlecht schneidender) Inf anterie-
auch: runzligt sein, ein altes runzligtes Säbel, auch kesemest (Käse- Messer) genannt.
Ansehn haben etc.). Fert/Z. azicÄ; iiärs-karf 40 karf-stok, Kerbstock. — Redensart: he
(Arsch-Kerbe). — Afries. kerf; wfries., satl., hed dat up sin karfstok, bz. karfholt.
helg., nid., mnld., mnd. kerf, bz. kerve (crena, karig, kar g, geizig, knapp, sorglich, angst-
incisura, segmen, segraentum); nd. karve, lieh, besorgt, engherzig, sjmrsam, geizig, knau-
karf ; ags. korf (Kerbe, Einschnitt) u. cyrf serig etc. ; zaghaft, langsam, träge, schleppend
(Schnitt, Hieb etc.); engl, kerf; mhd. kerbe, 45 etc.; — 't is upstünds man 'u kd.ngcn (karge,
kerp. cf. 2 kern, kräfe, schräfe u. Weiteres sorgliche , ängstliche , kummervolle etc. , bz.
unter karfen. knappe, elende etc.) tid ; — he hed 't man
karfei od. karvel, Kerbel, das bekannte karig (sorgenvoll, kummervoll, kümmerlich,
Suppenkraut. — Nd. karvel ; mnd. kervele, knapp etc.) ; — 't geid hum man karig (küm-
kervelde; nid. mfläm. kervel; ags. cerfille; 50 merlich, elend etc.); — he word so ferdömd
engl, chervil; isl. kerfiU; dän. kjärvel; ahd. karig (ängstlich, engherzig, geizig etc.) in 't
kervola, chervola, cherfolla, korvela, eher- gäfen, dat he hast gen 8rtje mer misten kan ;
vela, kervella, kerfela, kervila, chervilla, — dat geid so karig (bedächtig, vorsichtig,
gerwla; mhd. chervulle, cervele. Mit ital. zaghaft, langsam, widerwillig etc.) mit hum,
cerfoglio; span. cerafolio; franz. cerfeuil 55 dat man wol sen kan, dat he d'r hei gen
aus lat. cerfolium , caerefolium , chaerephy- lüst an hed ; — he word so karig (lustlos,
lum u. dies von u. nach griech. chairephullon. widerwillig, träge etc.) in 't leren. — Nid.
karfen, karven, kerben, einschneiden, karig (wer od. was [vom Boden] nichts aus-
schneiden, hacken etc. ; — de hörns sunt thut u. ausgiebt) ; mnld. karigh (sordidus,
karfd ; — he karfd dat in ; — he karf de 60 parcus, tenax) ; nd. karch ; mnd. karich, ka-
KARIG 176 KARKASSE KARKAS
rech, karch, ndrhein. kaerich (sparsam, gei- cear (kläglich, traurig etc.) stimmende zend.
zig etc.) ; isl. kargr (coutumax; pigor, iiriui- jara (rufend, bittend, flehend), während von
vuä; teuax); noric, schiced. karg; dän. k:u- jar, bz. gar andererseits auch zend. jarez
rig (karg, geizig, filzig etc.); ahd. charcli; (klagen, heiden) u. garez (klagen, klagend
mhd. k;irc (klug, listig, . ■schlau ; karg, geizig) 5 bitten) ^= skr. garj, idg. gargh iveitergebil-
u. ahd. carag, charag. kharag (lugubris) ; as. det ist, wozu Fick (1 , 72) unser gcrm.
karag; ags. cearig (sorgig, sorgend, besorgt, klagon etc. stellt.
ängstlich, bekümmert, traurig); engl, chary Zu karig sei zum Schlüsse noch bemerkt,
(besorgt, sorglich, sorgsam, behutsam, vorsieh- dass von ahd. charg (klug etc.) , an. kargr
tig etc.). — l)ass das ahd. chAich etc. ,bz. nhd. 10 (hartnäckig, träge etc.) nach Diez (11,32)
kirg ebenso wie mnd.kixrch. ein Contract. von das it(d. gargo (verschlagen, tückisch) u.
kiirag, chixrAg = ags. ce&v'ig ist u. dessen Bedtg.: piem. garu;h (träge) stammt,
klug u. sparsam etc. sich aus der von: sor- kai'jül, kerjöl, zweirädrige Chaise. Aus
gig (bz. Sorge [ciira] habend, mit Sorge bc- franz. cariole elc. ?t. dies mit carriere etc.
haftet), sorglich, besorgt, behutsam, vorsieh- 15 von lat. carrus etc., cf. unter 1 kare.
tig (cf. sünig, sparsam etc. von süu, das karjoleii, karjöloii, kci'jölen, mit einer
Sehen) etc. entwickelt hat, ist zweifellos, so- karjöl, bz. einer cariole rasch u. lustig fah-
wie auch, dass karag, cearig mit der En- ren ; — he karjöld d'r lüstig heu; — he
düng ag, eg, ig (cf. ig) von kar, cear, bz. karjöld d'r längs, dat 't so 'n ;ird hed.
demSubst.: goth-kAYa.; rt/jr/ chara; rts. kara; 20 kai'joltMi, kai'jölpn, kerjölen, kriölen, laut
ags. cearu; engl, care (Sorge, Angst, Kam- u. lärmend singen, juchhcien etc. — Satl.
mer, Leid, Wehklage) iveitergebildet ist. karijülje etc., cf. in G rimm, (Wb. V,218).
Dieses kara, chara (wovon auch mhd. kar- Weiteres unter karjolon.
fritac, bz. nhd. Char-Freitag [d. i. Kummer-, karkailt, Halsgeschmeide von Gold od.
Leid- od. Wehklage-Freitag] u. Char-Woche) 25 Ferien etc. — Nid. karkant (een halssnoer
etc. betr., .so gehört es mit goth. karou, ka- van cdelgcstecnteii voor vrouwon). Aus
rau (sorgen, sich kümmern); as. karon (be- franz. carcan (Halsband, Halseisen), bz.
klagen, tcehklagen) ; ags. cearjau (Sorge Ita- af ranz, charchant, cherchant, was nach Diez
ben, sorgen, sielt kümmern) ; engl, care (sor- (II, 238) aus ahd. querca; mnd. quarke,
gen, Sorge haben u. empfinden, sicJi beküm- 30 quorke; nfries. querk; an. qverk (Gurgel,
mern, sich ängstigen; nach Etwas fragen; Schlund, Hals) etc. entstanden ist. Letzte-
ängstlich u. verlegen sein etc.) ; a/td charou, res soll mit ahd. chrago (Schlund, Hals,
charcn; mhd. carcn, karn (beklagen, betrau- Kragen) u. lat. gurgit (cf. Fick, I, 71)
ern; trauern, wehklagen); an. kaera (kla- auf ein verkürztes Intensiv, garg znrück-
gen, sich beklagen u. beschweren etc., tvo- 35 gehen, icährend ahd. querechela (Gurgel)
von isl. kaera, Klage, gerichtliche Klage u. mit lat. gurgula; griech. gergeros (Kehle,
Beschwerde, liechtsstreit etc.) ; schwed. kam Schlund); skr. gargara (Strudel, Schlund)
(vor Gericht klagen); däji. kaere (klagen) wohl aus der liedupl. der y gar (schlingen,
etc. nach Fick (III, 42) mit ahd. quoran, schlucken) hervorgingen, die übrigens von
chweran , cheran (seufzen etc.) ; an. kura 40 Hause aus dieselbe (cf. dieserhalb unser
(Klage), kiirr (Knurren, Murren, Gemur- kluk [Schluck] u. klukkcu) onomat. Schall-
mel, Gerücht), sowie auch icohl: schwed. kurra ivurzel ist, wie die ]/ von goth. karön etc.
(rummeln, einen dumpf rollenden Ton von (s. unter karig) u. unser kwarren. cf. auch
sich geben etc.), dän. kurre (girren, kirren kurklialseii u. kwarken.
etc., cf. unser kwarren u. kiirreln etc.) etc. 45 karkasse, karkas, mit Seide od. Garn
zu einer germ. Schallwurzel kar, kvar (tö- überspon neuer Metatldrath, der in den Sei-
nen, rufen, klagen etc.), die er zu skr. jar ten der Frauenhauben festgenäht wird, um
= ursjir. gar (nach Grass mann = ihnen Steifigkeit u. Festigkeit zu geben. Da
ursjir. gvar) vergleicht, worüber unter kal- dieser Drath das Gerippe der Hauben bil-
len das Weitere zu vergleichen ist u. ico- 50 det, bz. zum Gerippe derselben verwandt
nach dann das goth. kara, ahd. chara ursjjr. tvird, so erklärt sich die Identität dieses
die Bedtg. ; sonus, bz. Geräusch, Getön etc. Wortes mit franz. carcasse ; itl., port. cara-
hatte, woraus sich dann weiter die von Ge- cassa; span. carcasa (Gerippe) leicht. We-
murr, Gejammer, Geklage, Wehklage, Trauer gen der Bildung dieses Wortes, sowie auch
etc. (u. so auch Kummer u. Sorge) loeiter 55 itl. carcasso; span. carcax; port. carcas;
entwickelte, während das lautlich mit kara franz. c-AYc^\\o\i,bz. CAT(\\vi.\i (Köcher ; af ranz,
identische skr. jara od. jarä die Bedtg. : auch Brustkasten, thorax) von lat. caro u.
Lied, Gesang, Anruf etc. hat. Zu jar = capsus (die Bedtg. ist demnach buchst.:
zend. jar (knistern, rauschen; rufen, an- Fleischkasten, Fleischgerippe), cf. Diez,
rufen etc.) gehört auch das lautlich zu ags. 60 /, 113.
KARK-DOER
177
KARK-HOF
kai'k-dör, Kirchenthür.
kark-döi'p, Kirchdorf, a) Dorf, das eine
Kirche hat. — Sprichio. : he is so wis, as
söfen karkdörpen, war gin minsk in is; —
b) speciellcr Name eines ofrics. Dorfes, zu
dem die sog. söfen logen gehören , (f. P]x-
tiim etc. ; — Sprichw. : dat könt s' in kark-
dörp ük.
karke, kark, Kirche. — Sprichw. : war
God 'n kark böed, dar böed de düfel 'n werds-
hCis ; — kark lik im wark lik ; — he kumd
in gen kark of kUise; — he geid nig to
karke nog to warke ; — nüms kan twe kar-
ken toglik besingen ; — he hed mer karken
to besingen, as he ferwaren kan. — Nd.,
mnd. kerke, karke; ?tW. kerk; jh«W. kercke;
afries. kerke, karke, tzerke, tzierke, tsiurike,
tsiureke, tsiurke, ziurke, stiurke, szurke, ste-
reke ; wfries. tjercke; nfries. särk, sjörk, sjerk ;
! wang. sjirik; satt, serke; helg. kaerk; as. ki-
rika, kerika ; ags. cyrice, cirice, cyrce, circe ;
aengl. chirche, chyrche, cherche, churche;
engl, church; schott. u. nordengl. kirk, kerk;
ahd. khirica, chiricha, kirihha, chilicha, chi-
lecha, chilcha; allemann, kilche, chilche; mhd.
kirche, kierche; an. kirkja; isl., aschwed.kyr-
kia, kirkia ; schwed. kyrka ; dän. kirke ; norw.
kyrkja ; finn. kirkko ; estn. kirrik, kirk, kerk ;
ajH-euss. kirkis ; aslav. cr'ky ; russ. cerkov ;
poln. cerkiew; böhm, cirkev; oherwend. cyr-
kwja; niederwend. zerkwje; slov. cerkva. —
Die Ableitung dieses Wortes von griech. kü-
I riakös (dem Herrn [kurios] gehörig, ef. kü-
\ riake eraera, Tag des Herrn, Sonntag; —
; küriakon deipnon, bz. küriakon, das heil.
Abendmahl, bz. das Haus des Herrn, der
Tempel) ist sehr zweifelhaft u. viel bestritten
u. zwar namentlich deshalb, weil die römi-
I sehen Geistlichen u. Sendboten, welche die
Süd- u. nordgermanischen Völker bekehrten,
diesen dann wohl ebenso wie den Galliern
I M. kelt. Völkern (cf. ir. teampall; kymr. teml
I aus lat. templum u. gael. eaglais; kymr.
I eglwys ; bretagn. ilis ; bask. eleiza neben
I kgmr. ecluys; altcormoall. eglos etc. aus
i ecclesia) die lat. Wörter templum m. ecclesia
; zugebracht haben würden. Einige leiten des-
I halb das ahd. chilicha etc. von goth. kelikn
(dieses Wort kömmt in der goth. Bibel
Marc. XIV, 15 vor u. bezeichnet den Saal,
I wo Christus das Abendmahl mit seinen Jün-
\ gern abhielt), bz. keiliku (turris, coenaculum,
Thurm, Burg, festes Haus, oberes Stockiverk,
1 hochgewölbter Saal, Speisesaal) ab, was für
kilikn (urspr. kirikn) steht u. wahrscheinl.
mit skr. giriga (Beiname des Gottes Siva u.
WOHL : bergliegend , bz. auf dem Berge [od.
hoch] liegend od. ruhend), giri-gä (Beiname
der Göttin Durga u. wörtl.: monte nata),
giri, zend. gairi (Berg) zur ]/ gar, gir (erhö-
J, ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II.
hen, erheben, preisen, rühmen etc., cf. Grass-
mann, 387 u. 397) gehört, wie skr. gilitä
(voratus) zur ]/ gar, gir (schlingen etc.).
Andere dagegen denken bei dem Worte chi-
5 richa, chilicha, bz. chilcha etc. an einen Zu-
sammenhang mit ivälsch cyrch , cylch ; bret.
kelch ; gäl. cuirc (vorragende Spitze, Anhöhe,
Mittelpunkt od. Ort, um den od. wo sich et-
was sammelt, cf. ecclesia), was übrigens be-
10 grifßich mit goth. kelikn u. skr. giri^a zu-
sammenfällt. Vergleicht man nun aber wei-
ter a) dass die Wörter: Berg u. Burg,
soivie griech. piirgös (womit goth. kelikn über-
setzt wird) desselbett Ursprungs sind, — b)
15 dass alle Burgen u. Kirchen früher auf An-
höhen u. Bergen gebaut wurden, — c) die
Kirchen in alten Zeiten überall auch als
Burgen u. Festungen benutzt wurden, bz.
Burgen od. feste Häuser (auch Thürme) wa-
20 ren, so ist es leicht möglich, dass das ahd.
chiricha, chilicha ebenso wie goth. kelikn
(sofern es für kilikn, kirikn [Thema kirika]
steht) urspr. blos die Bedtg. : ein auf einem
Berge, bz. einer Anhöhe liegendes (od. hoch-
25 liegendes) Etwas hatte u. dass sowohl ahd.
chiricha, chilicha, tvie goth. kelikn etc. von
Hause aus dieselben Wörter sind, wie das
oben angesetzte skr. giri^ä (auf dem Berge
liegend, bz. ein auf einem Berge liegendes
30 u. ruhendes Etwas) , aus dem selbstredend
auch das wälsche cyrch etc. (s. oben) leicht
hervorgehen konnte, zumal ein air. cuirc in
der Chrestomathie von Schleicher gar
nicht belegt ist. — Als Nachtrag zu diesem
35 Worte (d. h. kiricha) sei noch erwähnt, dass
(cf. För Stern an n u. Arnold pag. 483)
dasselbe schon in Ortsnamen vorkömmt, die
anscheinend über die christliche Bekehrung
der Germanen hinausreichen, sodass es so-
40 gar möglich wäre, dass ein dem goth. ke-
likna u. dem skr. giriga begrifflich (als Burg,
bz. Hohes, Anhöhe, Fels, Berg etc.) u. laut-
lich entsprechendes Wort im Alt-Germani-
schen vorhanden war, was eben eine Be-
45 griffsioandlung zu der jetzigen Bedtg. des
Wortes „Kirche" erlitt, bz. in diese Bedtg.
überging.
karke, Kärrchen, kleine Karre.
karken, mit einer kleinen Karre schieben ;
50 — he kärked dat d'r langsam hen ; — da-
von: kärker. Karr eher, Kärner; — wen de
fürst wil böeu, hed de kärker to dön.
kark-fägd, Kirchvoigt ; — bi gebrek (Man-
gel) fan folk, word de snider karkfägd.
55 kark-gang, karkeiigang, Kirchengang,
Kirchenbesuch, namentlich zur Abstattung
des Dankes nach iviederhergestellter Gesund-
heit, bz. nach einer Entbindung etc. ; — he
hed sin — bz. se hebben hör karkgang dän.
60 kark-liof, Kirchhof, Friedhof, Gottesacker.
12
KARK-LOG
178
KARNEN
kark-lög, Kirchdorf.
karksk, kirchlich, kirchlich gesinnt, von
der Kirche viel haltend it. sie ficissig besu-
chend; — de ReforinörJcn sunt in 't gohöl
iiog al regt karkbk, mör as de Lüttrrseii.
kark-spil , karkspcl, karspel, kaspel,
Kirch.yiiel, Kircitsprengcl, Parocliic. — We-
gen dieses spil, spei, cf. bispil ii. unter spel-
len das as. godspel (Erzlihlung von Gutt,
od. Gott- Verkündigung, Evangelium), loo-
nach karkspil, karkspol soviel ist als: Kir-
chen- Verkündigung, Kirchrn-Lehre, Kirchen-
liede, hz. Fredigt in der Kirche etc., ausge-
dehnt über den ganzen Bezirk, dessen Be-
wohner zu einer betr. Kirche eingepfarrt
sind u. in dieser Kirche die Predigt hören.
kark-toreii, Kirchthurm.
kaniu'lk, .*. karn-melk.
kanneii, seufzen, Jammern, klagen etc.;
— he äitt to Süchten an karmen. — Nd.
karmen; mnd. kermon, karmen; nid. kermen;
mnld. caermen, später: karmen, kermen (lamen-
tari, ejulare, quiritari, ingemiscore) ; wfrics.kier-
men; rtf/.s'. cyrman, cirman (lärmen, schreien),
Subst. cyrm, cirm (Lärm, (reschrei , fragor,
clangor) ; nordcngl., bz. engl, chirm, churme ;
Schott, cbirme (vom Klageruf der Vögel vor
dem Sturm etc.). Auch tcohl engl, eliarm
(murmeln, sumsen; durch Murmeln, bz. Rau-
nen od. leises Singen etc. bezaubern u. be-
sänftigen etc.), charm (harmonisch klingen
od. tönen), Subst. charm (das Gesumse etc.;
Zaubermittel etc.), obschon dies auch mit
afranz. charme (Zaubcrlied, Zauberformel;
vfranz. Zauber); charmer (bezaubern) etc.,
soivie ahd. garminön, kermenön (incantare,
beschtvören, bezaubern) aus mint, carminare
(von lat. Carmen, cf. Diez, II, 244) ent-
standen sein kann, karmen, kermen etc.
betr., so gehört dieses mit ir. gairm (vocatio,
nomen etc.), gairmcadh (vocare, pronimciare) ;
wälsch garm (exclamatio), garmiaw (e.xcla-
mare etc.) etc. u. ir. gair (Geschrei) etc. zur
selben y gar, ivie kallen ti. goth. kara etc.,
.s\ unter karig. Wegen der Bildung des
Thema garma (/. galm.
karmens-, kanns-wartel, Kalmus-Wurzel,
Wurzel von cahimiis aromaticiis. — Wegen
culamus cf. halm.
karn, Fass od. Gefäss, ivorin die Milch
durch Drehen, Schlagen od. Auf- u. Nie-
derstossen gebuttert wird, auch bottcr-karn
genannt. Compos. : drci-karn, pnis-karn. —
Nd. karne u. (S c h ü t z e) kaarn, botterkaarn ;
mnd. karne, kerne, kecrnc; nid. kern; mnld.
kerne; engl, ehern, churn ; wang. (Ehren-
traut, II, 31)2) sjen (/ür sjcrn, c/. sjel/är
sjerl = kerl) ; hess. (Vilmar) kerne, but-
terkerne; isl. kirna; dän. kjerne; scinvcd.
kilrna. Es hat mit nhd. kern (cf. Seh. u.
L. II, pag. 454 unter kernen, karnen, loo
kamen fs. d.J mit: „den Kern aus der
Milch gewinnen" übersetzt wird) direct wohl
nichts gemein, sondern es ist dasselbe Wort
5 wie ags. (II. Leo, 241) cveorn, cvyrn, curn,
bz. cyrn aus cvyrna , cyrna (Handinühle;
Buttcrfass), demnach auch mit goth. qair-
nus (cf. kwern) identisch, cf. weiter:
kamen, buttern, Butter durch Drehen,
10 Schlagen, Stossen, Schütteln etc. aus der
Milch erzeugen u. gewinnen. — Nd. kar-
neu, kaarnen ; nid., mnld. kernen ; wfries.
kernjea; nfries. etc. (Outzen) kerne, karne,
sceruen, sarnen; satl. (Ehren traut, II,
15 218) seddenje ('«i<sserdenje, serrenje, serrnje,
bz. sernje, mit Erweichung des harten „k"
in ein zischendes „s", gespr. wie lat. „c"
in Cicero); loang. (Ehrentraut, J, 74)
sjen (für sjern, bz. kern, cf. sjel = kerl,
20 karl) u. (Ehren traut, II, 13) sjennen
(für sjernen, 62. kernen); ags. cernan; engl.
churn; aengl. chorne; nordcngl. kern; north.
kirn; schott. kirn; isl. kirna; 7wrw. kirna,
assimil. (dialcct. auch schwed.) kinna ; schived.
25 kä,rna u. (dialcct.) kiorün; r/ä/f. kjerne ; ober-
pfälz. kernen ; mrhcin. kernen ; ndrhein. kir-
nen; finn. kirnua; estn. kiruuma; lett. ker-
net. Letztere wohl aus dem altschwed., bz.
an. kirna entlehnt, hz. abgeleitet. — Was nun
30 die Wörter karn u. karneu betrifft, so glaube
ich, dass das Letztere (ebenso wie das mhd.
kernen [kernig od. markig werden] u. das
spätere nhd. ker n e n , vom Subst. kern u.
ahd. muljan [cf. mullen] vom Subst. muH,
35 Mühle, cf. mölen) vom Ersteren weiter-
gebildet ist, wie Ja auch engl, churn (but-
tern, bz. Butter machen) vom engl, churn
(Butter gefäss, bz. Butter-Apparat) auf ags.
curn (Butter gefäss) zurückgeht u. dass dem-
40 nach die germ. Form kernen, kirnen (but-
tern) ebenso loie das ags. cernen (Butter
schlagen, bz. durcJi Schlagen od. Stossen
Butter bereiten) 11. engl, churn (buttern) ein
urspr. von nhd. kernen u. mhd. kernen
45 (kernig werden etc.) ganz verschiedenes Wort
ist. — Das Wort karn, bz. karne, kerne aber
betr., so ist es zunächst aus kirne, kirna u.
dies wie ags. cvyrn, curn aus cvyrna, bz.
kvirna, qirna (cf. kamen = ahd. (pieman,
50 ags. cuman , goth. qiman von y gam) ent-
standen, ivoraus auch die Formen: goth.
qairnus n. ahd. querna, qnirna (cf. kwern)
hervorgingen. Dieses qirua mm betr. , so
hatte es ursjir. die Bedtg. : Heib-Ding
55 = Ding, womit man etwas zerreibt u. zer-
kleinert, od. auch: Ding, bz. Etwas was
zerrieben u. zerkleinert ist, woraus sich einer-
seits die Bedtg. : Mühle , Mühl- od. Mahl-
stein etc. sowohl, als auch die von (cf. mal
60 [zärtlich, weich, weichherzig etc.] u. malsk
KARNEN 179 KARN-MELK KARMELK
[zärtlich, iveichherzig, weich, mürbe, morsch, dem Stellen, wie I, 310 u. 564 etc. u. so-
zart, leicht zu bcissen etc.] , sowie smäre dann (I, 71 etc.) die y gar sub 2, die er
[Schmiere, Butter, Weiches, Zerriebenes], mit: zerbrechlich, morsch, (dt machen, od.
siuolt [Fett = Zerriebenes], smelten u. smart, tverden übersetzt, die indessen (cf. tat. f ra-
sowie auch mal [Mehl = Zerriebenes], mO- 5 gor u. frango , soioie an. braka [prasseln,
len [Mühle], molt [Staub, bz. Eingeweichtes, krachen], brestr [Gelcrach] u. Weiteres nn-
od. Weiches, Zerriebenes], mulm, murt etc. tcr bräken, barsten, kraken, krank otc.)
u. alle Ableitungen von der ]/ mar, mal, ebenso wie (cf. pag. 73) 6 gar (stürzen, fal-
smar, smal) : Zerriebenes, Zerkleinertes etc., len; quellen d. h. brechen aus od. hervor
od. breiartige, breiige Masse, Weiches (z. B. 10 aus der Erde od. einem Felsen) loohl urspr.
Mark, Fett, Butter, Schmalz etc.) von selbst die Bedtg. : iwasseln, krachen hatte u. dar-
ergaben u. wonach qirua denn als zerrei- aus die von: bersten, reissen, brechen, zer-
bendes u. zerkleinerndes Etwas ausser Mühle brechlich u. alt loerden, bz. stürzen, fallen
u. Mühlstein (od. Mehl- u. Grütz-Apparat) etc. entwickelt hat. — Weiteres vergl. bei
auch leicht die von: Brei-, Mark-, Schmalz- 15 Grassmann (479), der für y 3 jar die
od. Butter-Apparat etc. erhalten konnten. Grdbdtg.: zerreiben, abnutzen, aufzehren etc.
andererseits qirna als Zerriebenes etc. auch annimmt u. sie mit: aufreiben, gebrechlich
das Stammwort von ahd. keruo (nucleus, bz. u. alt machen; alt werden lassen; gebrech-
Mark od. Innerstes) wurde. Man kann aber lieh werden, cUtern, aufgezehrt werden ; zer-
auch annehmen, dass die Bedtg.: Butterge- 20 rieben werden; aufreiben etc. übersetzt u.
fäss, od. Butter apparat, Bing zum Fabrici- sodann dieselbe y gar, bz. gar bei Bopp,
ren von Butter (die das ags. cyrn, curn ja der sie (Gloss. comp., pag. 148) ausser mit
neben Mühle, Mühlstein schon hat) couteri, consumi, confici awc/i m«< concoquere,
direct aus der von: Reib-, od. Stoss-, bz. digerere wiedergiebt, während er 1 gar mit:
Zerkleinerungsapparat hervorging, zumal 25 humilius, brevius reddere übersetzt u. dazu
wenn man bedenkt, dass das Getreide nhd. kurz (cf. kört) stellt.
urspr. mit einem Stein in einem Gefäss Zu dem Thema qir-ua, a) als brechendes,
zerstossen (stötd) oder zerrieben (räfen) schrotendes, zerkleinerndes, zerreibendes Et-
wurde und dass demnach das ags. cvyru was (= quem, quirn, Mühle, Mühlstein etc.
od. alte qirna nicht allein ein Reib- od. 30 cf. auch ags. cveorn-ted, Backenzähne, als
Zerreib- u. Zerkleinerungs-Apparat auch ein die mahlenden od. zermalmenden Zähne) u.
Stoss- od Zerstoss-Apparat war, wie kam b) als gebrochenes, geschrotenes, zerkleiner-
ja auch ein Stoss- Apparat ist, bz. ein Ge- tes, zerriebenes, morsches, loeiches u. mürbes
fäss, worin die Milch mittelst Stossen u. Etwas (= ahd. kerno, an. kjarni, ags. cyrn,
Schlagen etc. gebuttert wird. 35 Kern, bz. das weiche Mark u. Fett od. In-
Vergleicht man nun aber die y gam voti nerste der Knochen, das weiche u. essbare
goth. qiman, qam, qumun (cf. kamen), sowie Mark der Bäume u. Pflanzen, — das weiche
die y Jan, gan von goth. qino (Weib, od. u. essbare Innere der Schal- u. Hülsen-
Gebärende, cf kwäne) tt. qinan (gignere) etc., fruchte etc.) stimmen lautlich u. begrifflich:
so ist für qirna, nebst den verwandten Wör- 40 a) lit. girna (Mühlstein, Mühle) etc.'— b)
tern, ahd. kerno u. ahd. chorn (cf. körrel skr. jirua (gebrochen, schtvach, alt, morsch,
u. körn) eine idg. y gar = skr. jar anzu- zerrieben, aufgerieben), welche Wörter beide
setzen, die von Hause aus mä der unter ebenso wie qir-na mit dem Suffix na von ]/
karig u. karmen erwähnten Schalhourzel gar, gir, jir = gar jar (brechen, zerm-almen, zer-
jar identisch ist u. aus der Grdbdtg.: so- 45 reiben etc.) weitergebildet sind. Zu jirna,
nare, bz. ein unarticulirtes Geräusch machen bz. girna bemerkt Bopp, dass es für gärua
in ähnlicher Weise wie y ghur, ghrii aus steht u. vergleicht er dazu auch lat. gränum
ghar (tönen, rauschen, knistern etc., cf. send. (aus garniim), sowie weiter goth. kaum, in-
jar, rauschen, knistern etc. unter karig u. dem er annimmt, dass dessen Thema kaurua
karmen, .sowie weiter unter grind das ags. 50 = älteres Icurna aicch aus karna entstand,
grindau [Iremere, frendere; molere, conteri] loorüber Weiteres unter körn. — Zu skr.
u. ferner das unter görte u. grind, grand jfrna cf. (Benfeg) jirna-ta (frailty), jarana
etc. Gesagte) auch die Bedtg.: reiben, zer- (okl; digestive) etc.
reiben, zerkleinern, mahlen, zermalmen etc., karu-klot, s. unter karn-puls.
bz. brechen, zerbrechen, zerstossen etc. u. so: 55 karn-melk, kanuelk, Buttermilch, Milch
zerrieben, mürbe, weich, morsch, zerbrech- woraus die Butter durch kamen ausgeschie-
lich etc. machen etc. entioickelt hat u. woraus den ist. — Sprichw. u. Redensart. : 'de weie
auch die Ablautform : gur, gvar, bz. jur ent- (Käsewasser, Molken, serum lactis) is de
stand. Vergl. dieserhalb bei Fick (I, 72) karmelk sin borge; — dat is de küust fan
y gar (rauschen) u. dieselbe auch an an- 60 de karmelk, dat so blau lett (blau aussieht,
12*
KARN-PULS
180
KARSE KASSE
bz. vollständig aui^gebuttcrt ii. dünn u. wäs-
serig ist); — de karmelk mit de mesfürke
ilten (Unsinniges thun) ; — he sucht üt, as
kel ua karmelk, h:. lie lied 'n karmelksgo-
sicht. — Nd. karrmelk , karrnmelk ; nid.
kernemelk ; xofrics. kerne-, karne-melk; engl.
chiirnmilk u. (landsc/i.) keriimilk; sc/tott.
kinimilk; dän. kjeniemelk; st7i(6V(/.kilrnmjelk;
ohcrpfäl:., ndrhcin. kerninilch, kirumilch.
kai'ii-puls, die unten mit einem rioidcn,
flachen, durchlöcherten li rette {karn-klüt ge-
na)uit) versehene Stange , icelche beim But-
tern der Milch auf u. nieder gestossen wird,
cf. puls, pulsken.
karn - stok , der Stock od. die Stange,
woran der sog. karnklüt (s. karnpuls) befestigt
ist u. welche beim Buttern in dem Loch
des Deckels auf u. nieder bewegt u. gestos-
sen icird.
kaniütje, kernütje, kenütje, knütje, a)
Genosse, Kamerad, Sj)iclkamerad, kleiner
frühlicher, lustiger Geselle etc. u. daher auch
b) ein kleiner, fröhlicher, lusticf singender
Vogel u. zwar speciell: der Hänfling; — wen
ht'^ mit sin karnüt.jes (ker-, kenütjes) tosamen
is, den hebbcn se glik allerlei schclmensträ-
ken bi de ende; — be is mit sin kernütjes
(kenütjes, knütjes) hen to fisken ; — lie singd
as 'n kenütje; — se bebben 'n kenütjes-lä-
fen (ein Leben wie die kleinen fröhlichen
sorglosen Gesellen, bz. wie die Hänflinge)
mit 'n ander; — se füren 'n läfen as 'n ker-
nütje (kenütje, knütje). — Es ist das Di-
min. von karnüte = nid. ker-, kor-nuit (Ge-
nosse, Kamerad, loser Geselle; grüner Finke)
von dessen Dimin. kernuitje auch nid. knuitje,
hz. (v. Dale) kneutje (ceu klein vogeltje,
dat tot het geslacht der vinken behoord,
hennepvink , Hänfling) wohl contrah. ist,
während von kernnit, kerneut fcoH^ra/t. knuit,
kneut) auch ivohl kncuter (Hänfling) weiter-
gebildet lourde, falls knütje, kneutje, kneu-
ter etc. nicht etwa besser mit kneutercn,
knoteren (schmettern, schmetternd singen,
bz. garrire, cantillare etc. , murmurare etc.)
V071 dem Schallstamm knut als Ablaut von
knat, knit (cf. knattern, knittern, knuttern,
od. gnattern etc.) abzuleiten ist. — Dies
ker-, kor-nuit od. kerneut in der Bedtg. Ge-
nosse ist aber dasselbe Wort ivie nid. keur-
noot (cf. mnld. koren, keuren, eligere, gu-
stare etc., bz. unser kür, küren etc.); mnd.
körnote, kurnute, karnute, korgcnote, churc-
not (gewählter od. gekürter Genosse, bz. G-e-
nosse im küren, od. wählen; überhaupt: Ge-
nosse, Freund, Buhle, Kumpan, Zech- u.
Spiel-Genosse), ioovon auch nd. (Dähnert)
kornut (ausgclcrnter Buchdrucker-Lehrling,
der aber nicht das Gesellenrccht hat) sich
herschreibt.
karnütjen, kernütjen, kenütjen, knütjen,
wie ein karnütje etc., od. kleiner lustiger,
fröhlicher Geselle leben u. sich herumtreiben,
fröhlich u. lustig singen etc. ; — be karuüt-
5 jed wat herum ; — he lüpd de ganse dag
wat to kenütjen etc.
karpe, karp, karper (Flur, karpen u.
karpirs), Karjife, Karpfen (cyi)rinus carpio).
— Nd. karpe ; nid. karpen ; engl, carp ;
10 dän. karpe; schwed. karp; an., isl. karfi,
karbi (cyprinus jjelagicus u. auch [isl.J cy-
prinus carpio); span. carpa; franz. carpe;
prov. escarpa; ital. carpioue; ahd. cbarpho,
cartb, charafo ; mhd. carphe, carpe, karpe;
15 tocd. crap; poln., slov. karp; serb. karpa;
russ. karp; böhm. kapr; lit. karpa, karpis;
lett. karpa; mlat. carabus, carpio, carpo,
carpus u. (früher schon) carpa; gael. , kelt.
carbhanach; loelsch carp, cerpyn. — Es
20 scheint, dass dieses Wort der Lautverschie-
bung nicht unterlag u. demnach einer y
karp angehört. Vergleicht man nun aber,
dass unser schel-fisk in sei)iem ersten Theil
zu scilan, skal (scheiden, spalten, trennen
25 etc.), bz. der y skar (schneiden, scheiden,
trennen etc., cf. schälen u. schären etc.) ge-
hört, so mag der Name des Karpfen dahin-
gegen mit skr. karp, krp (Gestalt, Form,
Erscheinung, Schönheit, bz. Schein, Glanz
30 etc.) zusammenhängen u. demselben dieser
Name loegen der schöyien, regelmässigen
Form u. der scJiönen vom goldgelben ins
blaugrün spielenden Färbung beigelegt sein.
Dieses Wort, ivas wohl mit dem zend. kerhrp,
35 keref (Gestalt, Körper, Fleisch) eins ist u.
auch dem lat. corpus u. unserm, 2 rif zu
Grunde liegt, dürfte tooJd aus einem mit
dem Suffix pa von der y kar (machen, thun,
schaffen, formen, bilden etc.) zusammenge-
40 setzten Thema karpa gekürzt sein u. urspr.
blos die Bedtg.: Form, Gestalt, Bild, äus-
sere Gestalt u. äusserer Schein etc. (von Et-
was), bz. das was von Etwas sichtbar ist
u. in die Erscheinung tritt etc. gehabt ha-
45 ben, wie dies wohl auch mit unserm like der
Fall ist.
karrcl, karl, s. kürrcl u. kennel.
kars, s. unter kras.
kars-, kas-bikkei", s. karsfögel.
50 kai'S-, kas-b»ni, Kirschbaum.
kars-, kas-brainvin, Kirschbranntwein.
kai'se, kasse , kars , kas , Kirsche. —
Sprichw. : mit grote herren is kwäd kassen
äten ; se kesen de besten un smiten mit de
55 stenen um sük. — Nd. kasbere ; »ind. kerse
u. kerse-, karse-, (kas-)ber(' ; nid. kers ; tnnld.
kerse; o/jyZ. chirsa, chirssa, kirsa ; mhd. kirse,
kerse, kcrsclie ; Schweiz, kriesc ; schwed. kürs-
bär; dän. kirsebär etc. Aus lat. cerasum,
60 während ital. ciricgia, ciliegia; sjyan. ce-
KAERSE
181
KÄST
reza; port. cereja; prov. cerisia; franz. ce-
rise etc. nach Diez (T, 120) aus einem Aclj.:
ceraseus entstanden. — üb das lat. cerasum
als dunkel gefärbte od. rotlie , glänzende
Frucht (die Kirschen sind in voller lieife
dunkelroth od. schioarz, bz. roth u. glän-
zend) mit dem skr. krs'na, karsaa (nach
Bopp: nigcr, violaceus); apreuss. kirsnan
(dunkel, schioarz) ; russ. (cf. Geiger, Urspr.
der Sprache, pag. 241) tscherny (schwarz),
krasnyj (roth, schön, glänzend) zusammen-
hängt «. tveiter mit skr. (Fi c k, I, 45) kfira
u. karana (schwarz, dunkel) zur y kar, kar
(brennen, flammen, glänzen etc., cf. lat. caleo
etc. u. blak, blaken, blaker etc.) gehört, od.
mit lat. color (cf. klür) u. den obigen Wör-
tern, sowie mit lat. celare (cf. 2 hälen etc.)
zur y kar (verhüllen, bedecken etc.) lasse
ich dahin gestellt sein. Wegen eines etwai-
gen Zusammenhangs mit griech. kf^ras, lat.
coruu etc. cf. hörn), cf. Weiteres bei Wei-
gand unter Kirsche.
kärse, s. kerse.
karsen, s. karsten.
kars-flod, kasilöd, s. unier karst.
kars-, kas-fögel, auch kars-, kas-bikker.
Goldamsel, Pirol.
kai'spel, s. karksi)i].
karst (obs.) Christ. — Mnld. kerst ; mnd.
kerst, karst, kirst, umgesetzt aus krist. Da-
von: a) (obs.) karsten, kersten, christlich,
Christianus. — b) karsten, karsen, kassen,
kasjen, vd. Name = kristjan (Christian,
Christianus) ; Geschln. : karstens , karsens,
kassens, kasjens. — c) (obs.) kastenen, ker-
stenen, karsten = mnld., mnd. kerstenen ;
afries. kerstna, zum Christen machen, tau-
fen. — d) karst-, kars-, kas-tul, Christzeit,
Weihnachtszeit. — e) karst-, kars-, kas-flöd,
Christ-, Weihnachtsfluth , spec. die grosse
Weihnachtsfluth von 1717, tvclche wegen ihrer
grossen Verheerungen noch lebhaft in der
Erinnerung des Volkes lebt. — f) karst-,
kars-ucht, Christmorgen, cf. ucht.
1. karte, Karte, Landkarte, Spielkarte,
Visitenkarte etc. — Redensart: emand in
de karte kiken. Aus lat. charta; griech.
Charte (Blatt, Papierblatt etc.).
2. karte, Karde, Weberdistel. Vom lat.
Carduus aus kasduus (als kratzendes Etivas)
von der y kas (kratzen etc.), cf. Fick,
IV, .59.
karten, Wolle mit der Karde (2 ktirte)
kratzen u. kämmen.
kärtjen, karten (von 1 karte) ; — se sunt
an 't kärtjen (sie spielen Karte, bz. sind
beim Kartenspielen); — se hebben dat mit
'nander ofkärtjed.
kartnffel, auch ker-, ke-, kan- u. ge-
tuffel, Kartoffel; — kartuffels in de büksen
od. pel-kartuffels (Kartoffeln mit der Schäle) ;
— Sprichw. : du grote kartuffel, wen du man
nct barsten deist (von Praldhänsen). — Die
Kartoffel ivird hier auch sehr häufig „erd-
.5 appel" (nid. aardappel, franz. pomme de
terre) genannt, sowie auch tuffel, wovon die
Vorsilhe kar (cf. dieserhalb tuffel = Pan-
toffel) wohl abgeworfen ist, da es scJnverlich
directe Entlehnung aus einem rom. tuftela
10 etc., bz. tufa (von lat. tuber, s. unten) ist.
— Das Wort kartuft'el betr., so entstand es
aus älterem tartuffel (cf. böhm. tartofle; isl.
tartuflur; dän. [dialect.J tartuft'el = Kar-
toffel) als EntleJinung aus ital. tartufo, mail.
15 tartuübl, ven. tartufola etc., tvas vielleicht
(Name der 2' ruf fei «. eines Knolleng e-
ioächses) aus (cf. Diez, I, 4.30) terrae tu-
ber (also Erd- Knolle, od. Erdfrucht, Erd-
apfel) verderbt tonrdc, da es jedenfalls zioei-
20 fellos ist, dass die Endung tnffol etc. aus
lat. tiilier (vo7i y tu , flacht haben , stark
sein od. werden , tvachsen , schwellen , sich
ausdehnen, dick werden etc. , cf. dilm etc.)
entstand.
25 karve etc., .s. karfe etc.
karwei, kervvei, kevvpi, kravvei, krewei,
( To)i auf die zweite Silbe), eine Jemandem auf-
erlegte od. aufliegende Arbeit od. Verrichtung,
bz. ein dergl. Dienst, eine schivere, mühevolle
30 od. unangenehme Arbeit od. Verrichtung, eine
Arbeit ausserhcdb der geicöhnlichcn Zeit,
z. B. nach Feierabend, od. des Sonntags
etc.; — ho kumd mi altid mit allerhand
sükse (solche) bliksems karwcien, dat man
35 rein des düfels worden schul'; — mit sükse
karweien brükst du mi ök not kamen, de
kanst du sülfen för di holden ; — ik heb'
dar fan afend na firafond nog so 'n lütjet
karwei för di. — Nid. karwei, kerwei. —
40 Entlehnt aus franz. corvöe; henneg. cou-
rowöe; occit. courroe (Frohndienst) u. dies
nacJi Diez (TI, 25G) aus mlat. corrogata
in der Bedtg. : Aufgebot von corrogare (zu-
sammenfragen, bz. zusammenrufen, versam-
45 mein etc.).
kas, Casse. Aus itcü. cassa etc. u. dies
aus lat. capsa, cf. kapsei u. unter käste.
kas-büiu, s. karsböm.
kaseii, kosen, ge- od. erkoren, gewählt
50 etc. ; s. kesen.
kas-flöd, s. unter karst, sab e.
kasjen, s. unter karst, sub b.
kaspel, s. karkspil.
kaspel-fägd, Kirchspiel-Voigt, Kirchen-
55 Vorsteher.
kasper, ml. Name = nhd. Caspar; s.
Jasper.
1. kassen, Kirschen; s. karse.
2. kassen, s. unter karst, sub b.
60 käst, s. käste.
KÄST AN JE 182 KAT-BLOK
kastanje, TTas/rtH/e; makke kastanjes('.'?HSse lehnt aus franz. casscrole; pic, champ. ca-
Kastanien). — Redensctrt : mit andermans strole, tcas nebst ital. cazzuola; span. ca-
handon do bradcn kastanjes üt 't für lialon. zuela aus ital. cazza; cat. cassa; afran-.,
käste, käst, Kasten, Behälter, Schrank, pic. casse; span. cazo (Pfanne mit einem
cersihlossener Jiaum, Gefängniss ; — kisten 5 Stiel) tceitergebildet ist. Das ital. cnzzn etc.
im kästen; — üikast (VlirTcasten, Uhr-Ge- stammt nach Diez (I, 121) indessen loie-
häuse etc.); — wandkast (Wandschrank); der von ahd. chezi, kezi; an. kati (Koch-
— he sitt in de käste (rr sitzt im Kasten, geschirr), worüber Weiteres unter kätel.
bz. im Gefängniss) ; — pass' up ! du kumst kat, s. katte.
nog inseu in de käste; — (scherzh.) der Hin- 10 kat-anker, auch katte od. kat genannt,
tere ; h(- gef huni wat für de käste. — Nd. Ein kleiner mit mehreren scharfen Klauen
käst, käste; ;««(/. käst, kass, käste; »W. käst, od. Haken versehener A)iker , tvelcher zur
kas; «Äf/. kasto, chasto ; mhd.kuslo (Kasten, Verstärkung eines andern in dem Fall ge-
Behälter, Gehäuse, bz. Vertiefung od. Höh- braucht wird, ivenn der Grund steil od.
lung, worin die Edelsteine eingefasst [also 15 sonst zum Halten untauglich ist u. ico dann
Einfassung ctc.J werden). — Es ist vielleicht dieser Anker sich (wie eine Katze mit
aus goth. kas (s. unter 2 kare) weitergebil- ihren Klauen od. Nägeln) an denselben fest-
det, doch ist nicht zu verkennen, dass auch klammert, bz. in denselben einhakt. — Nid.,
nahe Verwandtschaft (formell u. begrifflich) dän. katanker; schwed. kattankare.
mit ital. cassa (cf. ka.s); span. kaxa; port. 20 Nach Bobrik (pag. 1.5) heisst das Be-
caixa; franz. caisse (Kiste); franz. chässe festigen dieses katankers (od. auch katte
(Einfassung) etc. besteht u. dass namentlich genannten Ankers) an einen andern Anker
die mnd. u. nid. Formen kass, kas hierauf das Verkatten tt. wie nun ankern (cf.
zurückweisen. Dans ausserdem aber auch ankern) von Anker u. haken von Hake
lat. casa (Haus, Gehäuse, bz. Häuschen, 25 iceitergebildet ist, bz. V erkalten eine ahn-
Hütte, kleines Gelass) bei diesem Worte so- liehe od. die gleiche Bedtg. wie Veran-
icohl, icie auch bei dem ital. cassa etc. in kern hat, so ist es wohl zweifellos, dass
Frage kömmt u. auch selbst ital. cassa u. das Vbm. „katten" (cf. bei Bobrik , pag.
casso (cf. Diez, 1,117) mit dem goth. k&s 15 u. 45, bz. 2 katten) von diesem katte oS.
(Behälter, Gefäss etc.) zusammenhängen 30 kat genannten Anker iceitergebildet ist u.
kann (man denke nur an die Züge der Go- davon tcohl die Bedtg.: fest machen, ein-
thoi u. ICO überall sie zeitweilig sesshaft haken, eingreifen etc. erhielt,
waren), ist nicht zu bestreiten. kat-blok, ein blök, bz. ein Flaschenzug
kastei, Burg, Schloss, grosses Haus etc.; mit einem starken Haken, welcher in ein
— 'a old kastei; — 'n kastei fan 'n hüs; 35 um einen in der Erde eingerammten l^ahl
— kasteien in de lücht böen (Luftschlösser geschlungenes Tau, bz. in den Bing eines
bauen). — Scherzh. wird der Hinterste auch Ankers eingreift it. fasst, um mittelst des
achtercastel genannt. — Aus lat. castellum durch diesen Block laufenden Zugtaues
u. dies aus casfrum, ivas vielleicht mit casa, schwere Gegenstände auf-, bz. in die Höhe
cassis zur y skad, bz. ska (bedecken, ver- 40 zu ziehen. So wird z. B. beim Mühlenbau
hüllen, verbergen etc.) gehört. ein einscheibiges katblok an einen in der
kastelein, Wirth, Gastwirth, Schenktoirth Erde eingerammten Pfaht eingehakt u. das
etc. — Es ist dasselbe wie nhd. Castellan, Ziehtau durch denselben gezogen, wenn eine
mhd. kastelän, mlat. castellanus (Burgvoigt, schwere Mühlenachse od. ein schwerer Müh-
Schlossverwalter etc.) von lat. castellanus 45 lenstein nach oben hinauf gewunden wer-
(zum Castell gehörend). den soll, icälirend auf den Schiffen das sog.
kas-tid. s. unter karst, sab d. katblok (»W. katblok; engl. CAthlock; schwed.
kast-iuaker (Kastenmacher), Schreiner, kattblocken ; dän. katteblokkeu = ein gros-
Tischlcr. ser dreischeibigcr Bloch mit starken Haken,
kasti'ul, ke.stral,a)em (/^/»««erferÄ'McÄe»- 50 cf. Bobrik, pag. 120) herunter gelassen
herd mit div. Feuerlöchern, um zu gleicher Zeit u. in den Ankrrring eingehakt wird, wenn ein
mehrere Koch- ii. Bratgeschirre darauf stel- Anker aufgewunden (od. aufgenommen, ge-
len zu können ; — b) ein eiserner Feuer- hoben, bz. aufgekattet) loerden soll. — Fer-
behälter, um Etwas darauf zu kochen u. zu ner wird hier bei uns ein solches einschei-
braten ; — de pot up de kastrul sctten to 55 biges katblok auch beim Bammen (es ist
kaken ; — c) ein eisernes od. thönernes Ge- entweder unten am Fasse der Rammmaschine
.•ichirr zum Kochen u. Braten ; — in de od. des Widders an einen eingerammten
kastrul up 't für selten. — Es ist = nid. Pfahl mittelst des Hakens befestigt, od. bei
kastrol , nhd. (Jas troll (Bratpfanne etc.) einer leichtern Ramme auch oben über dem
n. wie Casse rolle tt. ital. casserola ent- 60 Rammblock) gebraucht, indem über die Scheibe
KATE KAT IH.*} KAETE KETE
desselben das Tau läuft, woran die Arbeiter kate (Ideines Haas, sowohl mit als ohne
den Rammblock od. Fallblock in die Höhe Land; Hütte, Schuppen, Stall); nid. kot
ziehen u. wenn man nun ver(jlcicht , duss (Käthe etc.) u. (cf. Weiland u. van
auch ein Belafierungswerkzeug, bz. der Wid- D a l e) kcct ( Kothe , Salzkothe; Werkstelle
der zum Einstosscn od. Einraiinnen der 5 für Maurer u. Zimmerer, Häuschen od.
Mauern schon sehr frühe katte od. Katze Hütte, toorin dieselben od. auch Feld- u.
genannt tvurde n. auch der Eammblock od. Deicharbeiter etc. zeitweilig icohncn u. ko-
das Fallblock selbst ebenso tvie die Kamme chen) ; mnld. (KU) kot, kote (cavum, lati-
Katze od. nd. kattblok heisst, so scheint Imlum, caverna etc.; casa, tugurium etc.),
es mir, dass auch katblok in der obigen u. 10 bz. kact, kate (cf. kater, kacter, Bauer, klei-
anscheinend neueren Bcdtg. urs^n-. blos die ner Bauer etc. = unserm kötcr) u. keete
Bedtg.: „Kammflaschenzug" hatte u. dem- {ca,six); tvfries. konte (cf. bei Jap ix: kö&ter
nach bei der verschiedene)! Bedtg. des Wor- u. daselbst auch die von ihm angeführten
tes blök von Hause aus dasselbe Wort ist. Formen: kaet, keet, kit, kot, kut) ; nfries.
wie das nd. kattblock = Rammblock, iceil 15 käte, kaate; ags. cot, cöte, cyte, ccäte (Hütte,
es eben ein blök mit einer Scheibe, bz. ein tugurium) u. cete od. ctHe (cella) ; engl, cot,
einfacher Flaschenzug ivar, der zum Rani- cote; an. kot; isl. kot (villula, magalia; pec-
men, od. Einrammen der Pfähle diente, torale, thorax) , womit kota od. keta (eine
ebensowohl wie das Fallblock u. die Ramme klei)ie Abtheilung eines Hauses, particula
od. die Katze (mlat. cattns, gattus, cata; 20 domus secreta etc.) auch wohl zusammen-
afranz. chaz ; mnld. katte etc.) lelber. Dass hängt u. das Vbm. kota (tenuem rusticatum
nun aber die Anwendung eines solchen incipere, sich besetzen als Köthner etc.) wei-
Ramm-Flaschenzuges zum Auf ziehen des tergebildet ist; norw. kot (ein kleines Zim-
schweren Ramm- od. Fallblocks beim Rom- mer, enger Raum, ein kleines Haus) u. kota
7nen auch leicht auf dieselbe Manipidation 25 (Hütte, kleines Haus, wobei Aasen die
beim Aufziehen sonstiger schiverer Gegen- dialect. Nebenformen kotta, kutu , kuttu,
stände (als Mühlensteine, Mühlenachsen, köyta, orZ. kjüyte t*. sc7t?<;ef?. käta rtM#w/tri) ;
Anlcer etc.) übergehen konnte, ist klar, ob- schived. kette (Hürde, Stall etc.), was nach
schon es auch möglich ist, dass bei den ver- kettel, kittel = an. ketill, katill (Kessel, cf.
schiedenen Bedtgn., loorin das Wort Katze 30 kätel) wohl für kete, kate steht u. mit un-
(cf. katte 1—4 u. bei G r i m m unter Katze) serm käte, kete, bz. nid. keet u. isl. keta,
gebraucht wird, dieses katblok auch ivegen ags. cete (s. oben) ivohl identisch ist.
des starken Hakens, womit es in den Ring Es loird von Einigen (cf. Oscar Schade
od. das um den Pfahl geschlungene Tau etc.) angenommen, dass kate, kote etc. das-
e ingreift od. einhakt auch ein Compos. 35 selbe Wort ist, wie ahd. kozo, cozzo, kozzo,
von kat (als ein mit Klauen od. krummen chozzo; mhd. kotze u. ahd. choz, chozza,
Haken zum Eingreifen versehenes Etwas, cuzi, cuzin ; mhd. kütze, kutz (grobes zotti-
ef . katunker etc.) K. blök .sein kann, wo man ges Wollenzeug; Decke, Mantel, Kleid da-
es denn auch als Klauen- od. Haken- von) u. dass es ivie mhd. kiittGjkottG (Kutte,
Flaschenzug, od. blök mit einer Klaue 40 Mönchskutte); ital. cotta; span., port., prov.
od. einem Haken zum Eingreifen u. Fest- cota ; afranz. cote (langes Oberkleid) ; franz.
halten (n. so loeiter auch zum Aufheben u. cotte (Unterrock etc.); mlat. cotta, cottus
Heben) deuten könnte. (cf. Diez, I, 145) aus dem lat. cutis (cf
kate, kät, Haus, einfaches od. kleines luul) entstand. Da indessen die Bedtg.:
Haus, Tagelöhner- od. Häuslings- Wohnung, 45 Decke, Kleid etc. des ahd. kozo etc. sich in
kleine Bauernwohnung, geringes Haus, Hütte; dem )igerm. kote, kato, kete etc. nirgends
— 'n lütjeu od. oklen kate;'— lie wand dar findet, sondern diese ausschliesslich die von:
in 'ii kate acbter of ; — 't is man 'n kat fau 'Haus, kleines Haus, Hütte etc. haben u.
'n hüs. — Daneben auch: dasselbe sich noch unver schoben in oberd.
kiite,k&te, eine grosse Hütte vo)iIIolz od. 50 3Iundarten (cf. Grimm, Wb. V, Spalte
Stroh, bz. ein grösseres Zelt, worin die Deich- 1883 sub c) findet u. das Wort auch sonst
arbeiter kochen u. schlafen, b^. die Zeit über (cf. daselbst Spalte JSS4 sub III, 2: gael.
(oft Monate lang) wohnen, während ivelcher cot; kijmr. cwtt; estn. kodde; finn. kota u.
sie an den Deichen arbeiten od. sonstige ahn- iveiter : aslav. kotitl ; bulg. kotec; serb. ko-
liche Arbeiten verrichten. — Beide Wörter 55 tac, kot, Hccus, Hütte, Zelle etc.) vorkommt,
sind ivohl von Hause aus gleich u. dasselbe so scheint es fast , als ob kate, kote, kete
wie: nd. ksite, kote, k&ot (Käthe, Haus eines etc. ein urcdtes der Lautverschiebung (so-
Häuslers etc.) n. (Schütze etc.) kott (Ge- wohl an- cds inlautend) entgangenes Wort
häuse, Käfig, Haus etc., cf. duvenkott = u. mit skr. kuti (casa etc., bz. nach Ben-
Taubenhaus); mnd. (Sch.u.L.) kote, kotte, 60 feg a) eine Hütte; — b) ein Gefäss od.
KAT-EKERKEN 184 KAETEL KETEL
Geschirr zum Bihuhern) u. somit weiter tel, cf. kel, kel, lär etc.) säl, sei; ags. cetel,
auch mit hütte von Hause aus identisch ist cytel; enriL kettle; an. ketill fP/Mr. katlar) ;
u. mit diesen zu einer u. derselben y kut norw. (Ivar Aasen) kjetel, kjeel, kjel 7i.
(gebogen, hz. gekrümmt u. gewölbt sein, sich (provinz.) kjeil, kjil, kitel, kjitil, kasle (für
biegen etc. od. nach Benfetj: tobend) ge- 5 katle?); anorw. ketill; schwed. kettil, kittel
hört, wie griech. kaiuara (Gewölbe; Gürtel, u. (provinz.) kätel, kill, kessle; däu. kjedel;
cf. kamer) zur y kam. Dass nun in die- goth. katils; ahd. chezil, cheszil, chezzil,
sem Fall aber dos von Hildebrand (cf. cheizzil, cbezzel ; mhd. kezzel. Daneben (cf.
Grimm, Wb. V, Spalte ISS4, sub 3, 2 h.) Grimm, Wb.) : lit. katilas; Ictt. katls;
gleichfalls angezogene zend. k&ta (nach Justi 10 finn., läpp, kattila; estn. kattal, katla; nd-
a) ein erhöhter, aufgeschütteter , bz. ausge- ivend. kotl u. koschel (cf. oben nono. kasle
grabencr Behälter für die Leichen; — b) u. schwed. kessle); poln. kociel; ungr. kat-
ein Haus [also urspr. wohl eine Grube, lan; rum. kotlou, — L's wird meistens als
Vertiefung, Höhlung, Hohlraum, caverna u. eine Entlehnung aus lat. catillns (Schüssei-
so auch: Versteck u. Ort, wohin ma)i sich 15 chen od. Napf, einem Himin. von catinus,
flüchtet u. Schutz sucht, Wohnung etc.] von cd-iinnm, Schüssel, Napf ; Topf, Tiegel; Wind-
der y kan; skr. kban = idg. ska, skan, .s\ kessel ; Höhlung), bz. griech. kötulos (Näpf-
unter kaual etc.) nicht hicher gehört, sei chen, Schälchen) , kotüle (Höhlung, alles
noch beiläufig erwähnt. Wegen des tourzel- Hohle, als: hohles Gefäss, Becher, Schäl-
hnftcn Zusammenhangs von kate, kote, 20 chen; Knochenhöhle, Lendenhöhle) angese-
kete (Käthe, kleines Haus etc.) mit kote hen, was nach Fick (I, 37) mit skr. cat-
vergl. Weiteres unter diesem Worte. — vala (Höhlung) etc. zu der unter höden er-
Zum Schlüsse sei zu kate, kote, kete ß-lei- wähnten y kat (skr. cat) gehört. Mancher-
nes Haus etc.) noch das mnd. (Seh. u. L.) seits wird indessen eine Entlehnung aus lat.
kitzeu, ketzen (kleines Haus, Nebenwoh- 25 catillus etc. bezweifelt (die Bedtg. von K es-
nung) erwähnt, tcas nach den mnld., bz. sei u. lat. catillus liegen auch eticas weit
mfläm. Formen kaetsen, ketzen, kitzen u. aus einander u. ist es ja auch der Bedtg.
mnd. katzen = unserm kätsen wohl eine nach durchaus nicht gesagt, dass goth. ka-
Nebenform von kate, kete, kote ist. tils etc. ein Dimin. ist) u. katils , bz. das
kat - ekei'ken , Eichhörnchen. Wörtlich 30 Thema katila als eine Weiterbildung (mit
wohl: Katz-Eichhörnchen (cf. katte u. eker- dem Suffix ila, cf. el) von an., isl. kati (ca-
ken), toeil die Eichhörnchen wie die Katzen tina; cymba, bz. ein Fass, Gefäss, Geschirr ;
klettern etc. Kahn, Boot, Schiff), ahd. chezi, kezi, bz.
katel, kitzlich, reizbar, empfindlich, leicht chezzi, chezzin, chezze; mhd. kezzi (calda-
verletzt u. wund; — dat is 'n kateln sake, 35 riiim, cacabus, Kessel, 'Topf) angesehen, tcas
dar dürd man net föl in rören; — he hed übrigens selbst eine Entlehnung aus lat. cati-
'n kateln (reizbare, empfindliche etc.) hüd; nus (s. oben) sein soll, na-ch Diez (I, 121)
— de 'n to 'n kateln hüd hed, is slim to sehe- aber auch das Stammivort von ital. cazza ; cat.
Yen (barbieren); — de hüd is mi so katel cassa; afranz., piic. casse ; chw. caz; span.
(empfindlich u. schmerzhaft , bz. leicht ver- 40 cazo (Pflaume mit einem Stiel) ist. Ver-
letzt u. lound etc.), dat mi d'r hast niks an gleicht man weiter (Grimm, Wb. V, Spalte
kamen dürd; — he is ferdömd katel (kitz- 201, sub 0) nhd. Katze, bz. katschiff, katz-
lich, empfindlich u. leicht gereizt etc.); — schiff; mlat. catta (ein kleines Schiff); nid.
de to katel is, hed fol ferdret, — Wang. eene kat zonder ooren (Flösse, längliches
(Ehr entrauf, I, Un) kättel; engl, schott. 45 Schiff' mit weitem Bauche) ; engl, cat (das
kittle ; norw. kitall u. (dialect.) kjetall ; kat od. katscliiö', ein besonders in den frü-
schwed. kjitall, ketall; adän., jütl. kidei. — hcroi Zeiten von den Dänen, Schweden u.
Nach dem ags. citeljan; ahd. kizilon; nid. Norwegern gebrauchtes dreimastiges Kauf-
keteleu etc. (kitzeln) ist wohl anzu)iehmen, fahrteischiff , in England früher auch zum
dass katel zunächst aus ketel u. dies aus 50 Kohlentransport verwandt); schwed. katt;
kitel entstand. Weiteres vcrgl. indessen un- dän. kat; nid. (Bobrik, 379) katschip;
ter kiddeln. franz. chat; span. gato, gata; port. gato;
kätel, kctel (Flur, kätels), Kessel. — ital. gatto, gatta (dasselbe), so ist es ivohl
Compos.: water-, bröc-, wask- kätel etc. — zioeifellos, dass diese Wörter sämmtlich auf
Sprichw.: de kätel ferwitt de pot, dat he 55 ein an. kati (cymba) zurückgehen u. dieses
swart is. — Nd. kätel, ketel; mnd. ketel, Wort eben durch die Normannen zu den
kettel, kotel ; nid. ketel ; africs. ketel, szetel, andern Nationen kam. — Ob nun aber
tsetel, tsietel, sthitl; wfries. tjettel ; wang. wirklich eine Entlehnung von goth. katils
(Ehr en traut, T, 184) sjittel; satl. sätel; etc. aus lat. catillus, bz. von an. kati etc.
helg. settcl; nfries. (contrah. aus satel, se- GO aus lat. catinus u. Weiterbildung von katils
KAETEL-BOETER 185 KAT-RAEPEL KATREPEL
aus an. kati stattfand, od. alle die obigen kätje, Käthchen. Bimin. von kate =
Wörter ohne Lautverschiebung mit skr. ka- Catharina.
thina (vas fictile) ; kätä (Höhle, Grube, Tiefe, katje-liat, kreuzfidel, fidel wie Kätz c h e ti,
Vertiefung , cf. Grassmann, 322), bz. cf. fiat.
kata (coxa, lumbus, clunis; elephanti tempus 5 kat-öge, Katzenauge, Auge, ivelches aus-
capitis) auf die f (Boirp) kat (tegere), bz. sieht, bz. so scharf u. grell ist, wie das
(Fick) kat (verbergen, bergen, verstecken) Auge einer Katze; — se hcd katogen in de
zurückgehen, tvage ich nicht zu entschei- kop, bz. is katögd. — Wir verstehen darun-
den, zumal man bei kätä (Höhle etc.) auch ter nicht allein scharfe, grelle, bz. im Bun-
an das unter kate am Schlüsse erwähnte \0 kein sehende, sondern auch falsche od. falsch-
zend. kata erinnert ivird. blickende Augen.
Zu dem obigen an. kati, bz. dän. kat; katolik; Katholik, Mitglied der römisch
schwed. katt (dreimastigcs Kmiffahrteischiff) katholischen Kirche, bz. Bekenner u. An-
noch die Frage, ob sich daher vielleicht der hänger des römisch katholischen Glaubens.
Name „kattegat" des Sundes zivischen Jüt- 15 — Ursprünglich bezeichnete dieses Wort
Und u. Norwegen-Schiveden herschreibt u. einen Christen, der allgenuin gläubig ivar
ob dieses Wort nicht icörtlich soviel als it- seinen Glauben für allgemein gültig u.
Schiffs-Gasse, S chiffsstrasse (cf. verbindlich hält, bz. ein Bekenner u. An-
sät) bezeichnet? hänger der allgemeinen (christlichen)
1. kätel-böter, Kesselflicker, Kesselaus- 20 Kirche war, indem das von griech. katholi-
besserer etc.; — (scher zh.) Lärmmacher, k6% (s. unten) stammende Wort sich auf die
Schreihals; — du lütje kätelböter, wult du Mitgliedschaft der allgemeinen (christ-
wol Stil wesen? — Redensart: he mäkd 'n liehen) Gemeinde od. Kirche bezog, ebenso
allarm (bz. rärd) as 'n kätelböter. — Nd., wie unter katholische Schriften od.
bz. mnd. ketelboter, ketelbuter. cf böten«. 25 Bücher urspr. diejenigen Bücher (Evan-
unter böter. gelien, Apostelgeschichte , Episteln etc.) des
2. kätel-böter, Kesselhetzer, cf. böter, neuen Testaments verstanden wurden, welche
sub a. nicht an eine besondere Gemeinde (die Bö-
kätel-hake, Kesselhaken. mer, Corinther etc.) gerichtet waren, son-
kätel-lapper, Kesselflicker. 30 dem für die Allgemeinheit, od. die sämmtlichen
kätein, keteln, kesseln, d. i. (Federn od. (christlichen) Gemeinden bestimmt u. gültig
Bannen) in einem Kessel über gelindem Feuer waren u. zur Bichtschnur des Glaubens
warm machen u. auffrischen, dass sie wie- dienten od. dienen sollten. Bas griech. ka-
der lebendig od. elastisch werden; — de fä- tbolikös hat nämlich die Bedtg.: ganz all-
ren mutten neis käteld worden. 35 gemein, bz. das ganz Allgemeine
kater, Kater. — Compos. krabkater, düf- od. das Game (u. nicht Gesonderte
kater etc. — Sprichw.: he is so leftallig as u. Speeielle) u. bezeichnet der Ausdruck,
'n kater; — he is so klok as unse naber „katholische Kir che" daher Ursprüng-
en kater, de kan 't gras wassen hören; — lieh auch nichts iveiter als „allgemeine
Kinderreim: krabkater, sprang in 't water, 40 (weder an Zeit noch Baum, noch an Volk,
wul' 'n fisje fangen, blef d'r an behangen. Geschlecht od. Alter gebundene) Kirche",
— Nd., nid. kater; ahd. (chataro), chatere; soicie Katholik soviel als Bekenner
mhd. katero, kater. Es ist mit der Endung dieser Kirche.
er, ero (wie in Tauber von Taube, Marder katölsk, ketolsk, katholisch, der römisch
von Mard etc.) von kat, bz. ags. cat (catus, 45 katholischen Kirche od. Gemeinde angehörig
cf. katte) weitergebildet. etc.; — he is katölsk worden, ofschön sin
kat-gäfel, der kleine Giebel, der oben an fader lüttersk was; — 't is en fan de ka-
dem, hörnende eines Bauernhauses od. einer tölsken, de nargens anders hengän düren, as
Arbeiterwohnung über dem Walmdach an- na de katölske kark. — Im Volksmunde
gebracht ist. 50 wird das Wort „katölsk" auch häufig in
kat-halsen, zanken, streiten, reissen, zer- der Bedtg.: närrisch, verkehrt, verdreht,
ren; schwer arbeiten, sich mühen u. wehren, wunderlich etc. ('t is um katölsk to worden ;
abmühen etc. ; — laten se sük d'r um kat- — dat sügt je ketolsk üt ; — dat is 'n ke-
halsen : — d'r is hei gen kathalsen (od. ar- tölsken budel etc.) gebraucht, wie dies auch
beiden, bz. riten) tegen ; — ik harr' d'r fol 55 anderwärts in protestantischen Ländern der
mit to kathalsen, dat ik hum so wid kreg; Fall ist.
— he kathalsd sük d'r tegen, so göd as he kat-räpel, katrepel. Bezeichnung abge-
kan. — Nd. (Br. Wb. etc.) kathalsen; nid. legener Strassen u. 0 ertlichkeiten, wo der
kathalzen. Janhagel od. Pöbel wohnt. — „he wand in
katje, Kätzchen. 60 de katräpel" heisst daher so viel, dass er
KAT-RULLE KATRUL
186
KATTE KAT
(b2. ein gewisser Jemand) in einer schlech-
ten Umgebung wohnt u. dass man daher
keine Lebensart it. gute Sitte bei ihm er-
warten kann. Diese (cf. Br. Wh. etc. u.
bei Seh. u. J.. unter katropel, -ropel) in vie-
len Städten vorkownicnde Bezeichnung ist
loohl von kat (Katze) u. lilpel, repcl (Büf-
fel, Bi(f'el, Baufcl, od. Baufe, hz. ein gros-
ser Kamm od. Instrument mit schatfen
Zacken zum Abraufen der Samenknoten des
Flachses, cf. räpel u. mnd. repen, roiien,
repelei) = räpelii) zusammengesetzt, sodass
es urspr. soviel wie Katzen-Biffel od.
Kat z en -Baufe , bz. ein Instrument od.
Etwas bezeichnet, icomit die Katzen gerif-
felt, gerauft, bz. gehechelt u. gestriegelt icer-
den u. dann als Katzen -Baufe etc.
auch auf eine Gegend übertragen lourde,
wo die Katzen sich raufen u. mit ihren
scharfen Klauen hecheln od. kämmen u.
zerzausen, was mehr in abgelegenen u. von
Janhagel beicohnten Strassen u. Gegen-
den, als in den Haupt.^trassen der Fall ist.
kat-rulle, katrul, ein Flaschenzug od.
eine Winde zu)n Aufziehen schwerer Lasten.
— Xd. (Br. ]Mj.) katrulle; nid. katrol ;
mnld. (KU.) katorrol , katerroUe (trochlea,
rochanius, rotula striata, rotula trochleae).
— Fs ist von kat, bz. kater u. rulle (Bolle,
rotula) zusammengesetzt. Ob indessen hier
kat M. kater in der eigentlichen Bedtg. von :
felis od. catus stehen, od. sich nicht viel-
mehr auf das Katze genannte Belagcrungs-
Werkzeug (s. unter katblok) beziehen (als
Sturmbocks-Bolte , hz. Bolle zum Heben u.
Vorschieben der Katze), vermag ich nicht
zu entscheiden, zumal es als naut. Hebe-
Werkzeug auch mit kut in der Bedtg. : An-
ke r (als Anker-Bolle , bz. Werkzeug zum
Heben des Ankers), od. gar mit kat in der
Bedtg.: Schiff (als Schiffsrolle etc., s. un-
ter kätpl am Scitlusse) u. selbst mit dem
Vbm. katten (s. unter katanker) begrifflich
zus<tmmenhängen kann.
käts, kätse, Schlag, Maidschelle, Stoss,
Prall, Bückstoss , Aufstoss, Aufprall etc.;
— he gaf hum 'n käts an de hals, dat 't
ballerde ; — do bal flog mit 'n käts {od.
steis) up de disk. — Mnld. (KU.) kaotsc,
ketse (ictus, porcussio, colaphus, alapa) ;
mfläm. kaotsse, ketse (un soufflet , coup de
poing). cf. kätseu.
käts-bal , Fangbull, Spielball, Ball, den
man mit der Hand, bz. einem Stock fort-
schnellt od. forttreibt etc., bz. an die Wand
kätsd. — Nid. kaatsbal ; mnld., mfläm. kaets-
bal; mnd. (Seh. u. L.) kaszbal. Fer^/Z. kätsen.
kätHen, schnellen, treiben, forttreiben,
schleudern, werfen, prallen, stossen, stürzen
etc.; — he käfsd df bal wol dartig trä' hen;
— he kätsde hum an de wand, dat 't kwakde;
— se kätscn en de ander de bal to (auch
flg. z. B. von Advokaten) ; — he kätsd 't
all' up de gruud; — he ka,\sde (fiel, stürzte)
5 up de grund, dat Inim de knakoii kräkden ; j
— de Wagens katsden fjiralltcii) tcgen 'n an- l|
der an. — Nid. kaatsen ; midd. kaotsen, ket- '
seil (sectari pilam, ludere pila palmaria, exer-
ceri pila); mfläm. kaetscn, ketson (jouer ä la
10 panmo, pelotir), kotsen, kitsen (courir, error
^a et lä) , ketson (chasser) ; mnd. katzcn
(Fangball spielen). — NacJi Weiland u.
Andern (cf. Grimm, Wb. V, Spalte 207
unter katzball) gehen die obigen WöHer mit
15 nid. kaats (plaats, waar de bal na den eer-
sten stuit [steis, bz. Aufprall, cf. kätse] valt) ;
mnld. kaetse (ictus pilae, meta sive termi-
nus pilao), kaetsbano (sphaeristerium), kaets-
spei (ludus pilae, sphaeristerium, locus exer-
20 citio pilae destinatus), sowie engl, chase i
(Jagd, Verfolgung ; Stelle wo der Ball im M
zweiten Sprunge niederfällt etc.), chase (ja- 1
gen, hetzen, treiben, vertreiben etc.) u. auch I
wohl catch (Fang, Beute), catch (fangen etc.) ;
25 Schott. Cache, caich, cadge (to toss, to drive,
to sliog) auf ital. chaza (Jagd im Ballspiel),
chazar (den Ball zurück werfen, od. wie
zcir sagen: torüg kktsea) von franz. chasse;
afranz. chace: ital. caccia; span., port. cazA;
30 prov. cassa (Jagd), bz. franz. chasser ; afranz.
chacier; ital. cacciare; span., port, cazar;
prov. cassar (jagen, Jagd machen [auf Et-
was], verfolgen, verjagen, vertreiben etc.)
zurück, ivelche nach Diez (I, 97 seq.) von
35 lat. captare, bz. captus (s. hecht, hechten)
entstanden sein sollen.
Vergleicht man übrigens kattorn u. kwat-
tern etc., so loürde auch unser kätsen urspr.
dasselbe wie kwatsen (cf. dieses) sein kön-
40 nen u. auch 3 katten wieder mit kattern u.
kwattern van demselben Stamm kat, kwat
abstammen können. Wegen der m)ild. u.
mjläm. Formen kotsen, kitsen, cf. auch kit-
tern, kwittern (/. dazu unter kwatsen das
45 bagr. quittein u. quitschen.
kat-stert (Plur. katstörten) , a) Katzen-
schwanz ; — b) Schachtelhalm , Vuwock,
equisetum; dat land sitt ful fan katsterten,
dat is des düfels wed; — c) einige Arten
50 von Ehrenpreis od. veronica, wegen der lan-
gen schwanzartigen Bisj)en ; — d) Weide-
rich, Lytrum.
1. katte, kat, Katze. — Sprichw. u. Be-
densart. : se läfen mit 'n ander as kat un
55 hund; — he is so falsk as 'n katte; — he
krabbd as 'n katte; — ik biui niit so nat
as 'n kat ; — d'r is 'n swartcn kat tüsken
kamen; — wen de katte slepd, spBlen de
musen afer de däle; — de wat spärd för de
GO mund, dat is für kat un hund; — wen de
KATTE KAT
187
ICATTEN
katten musen, den mauen se nich; — de
katte lerd nich erder musen, as bit se jun-
_( gen hed ; — ho knipd sin katte in düstern ;
I — man mut gin katte in de sak kopen; —
schik' 'n katte na Engelland, se schal „mau"
Seggen, wen sc wer kumd ; — in düstern is
göd sraüstern, den laten alle katten grau ; —
wen d' 't man erst wend büst, sä' de bakker,
do wisk' he mit 'n katt' de äfend üt; — de
katte mag wol fisk, man se wil de poten net
nat maken ; — he spöld mit hura , as de
katte mit de müs ; — de sük musig mäkd,
de frett de kat ; — de katte lett dat musen
net ; — sprek (od. pröt) net fan 'n gans be-
sündern fal : de katten snopen aferal. —
snöpske katten braunen de bek ; — „hir sitt
ik göd", sä' de kat, do set se up 'n sid spek ;
— wen de kat up de spek bunden word, den
wil se net fräten ; — üt nöd r8rd de kat de
pot; — dat is de erste kat, de mi fan dage
de pöt langd; — lät de katte lopen, melk
gifd se dog net ; — he is net so falsk as 'n
katte; — he sügt üt, as 'n katte, de 't don-
nern hörd ; — he geid d'r um herum, as de
katte um de hete brei ; — 'n katte mag fal-
len as se wil, se kumd altid up de foten to
stän; — d'r is gm katte Sünder handskes
antofaten ; — ho mer man de katte sträkd,
ho hoger börd (hebt) se de rügge, bz. de
Stert; — he is net so täj' as 'n katte; —
de kan sin katte wol „püs" heten ; — he is
net so wis, as Salomo's katte, de för wis-
heid fan 't stöfken ful; — he is net so fer-
lefd as 'n maikatte; — de katte de belle
(Schelle) anhangen. — Nd. katte; nid. kat;
mnld., mfläm., afries. katte; satl. kat; nfries.
kaat, hz. kat; ags. cat (masc.) ; engl, cat;
an. köttr (masc.) u. ketta (fem.), sowie kisa
(felis) ; norw. katt (masc.) u. katta, kjetta,
köysa, kjöyse, kjösa, kjös (fem.) ; schwed.
katt u. kiss (masc), katta, kissa (fem.) ; dän.
kat u. kietze ; ahd. cazza, chazza, caza ; mhd.
katze; nhd. neben Katze ti. Kater auch
(mdartl.) kitze, kieze, kutz u. hize, hise, wie
mnld. (KU.) n. mfläm. hesse (cf. den Volks-
namen: Hessen = Chatten od. Katten); ital.
gatto ; sjmn. gato ; cat. gat ; ]j>'Ov. cat ; franz.
Chat u. (fem.) gatta, gata, cata, chatte;
ngriech. gata u. katzi ; ir. cat ; gael. cat,
cait; kymr., welsch ckth; cornwäll. ka,t, ka.ih;
bret. caz u. (fem.) cazes; russ. kot (7n.) u.
koska (f.) ; poln. kot (m.), kotka (f.) ; böhm.
kot (m.) kote, kute (Kätzchen) u. kocka
(Katze), kocour, kocor (Kater) ; locnd. kocka
(f.) u. kocor (m.) ; slai: kotel' ; lit. kate (f.)
u. katas, katinas (m.) lett. kattins; finn. katti;
estn. kat; läpp, katto ; georg. kati; türk.
kedy ; arm. citto. — Die Annahme dass die
obigen od. auch nur die germ. , bz. ngerm.
Formen sämmtlich aus dem selbst erst spät
vorkommenden lat. catus entstanden, ist wohl
kaum .'stichhaltig u. viel eher anzunehmen,
dass das Wort (wie das Thier selbst) schon
ein uralter eiirop. Besitz tvar, tvas indessen
5 nicht ausschliesst, dass es mit dem si/r. katö ;
arab. kitt; affadeisch (von Bornu) gada;
wftft/scÄ kadiska ; fter&e/'. kadiskaff/. Fran<^.
Lenormant, Anfänge der Cultur, 1, pag.
246 seq.) aus einer u. derselben Quelle
10 stammt, die anscheinend nicht Aeggpten ist
u. meines Erachtens auch nicht nothwendig
in Afrika gesucht werden muss, da ebenso-
wohl die 31öglichkeit vorliegt, dass ein solches
Wort mit dem Thiere selbst durch den schon
15 in vorhistorischer Zeit bestandenen regen
Völkerverkehr (man bedenke die gegenseiti-
gen Handelsbeziehungen zwischen Asien,
Europa u. Afrika ti. die Schifffahrt auf
dem schwarzen, dem mittelländ u. dem ro-
20 then Meere etc.) von Europa nach Afrika, als
umgekehrt von Afrika nach Europa u. Klein-
asien kam, in welch letzterm Fall das Wort
(z. B. ivenn die Ka tzeden Namen daher hätte,
dass es ein scheues wildes Thier ist, wel-
25 ches Höhlen u. Verstecke bewohnt fein Höh-
lenbewohner ist], od. sich gern versteckt «.
verborgen hält, bz. im Dunkeln schleicht etc.)
sehr gut mit lat. catinus, catillus etc., griech.
kotulos M, skr. kätä etc. zu der unter kätel
30 erwähnten }/ kat (verbergen, verstecken etc.)
gehören könnte.
2. katte, kat, s. katanker.
3. katte, kat, ein auf dem Kai einge-
rammter Pfahl, woran Schiffe befestigt iver-
35 den. — Nid, kat; engl, cat etc.; s. un-
ter katblok.
4. katte, kat od. geld-kat, Geldkatze, bz. ein
um den Leib getragener lederner Gurtbeutel.
5. katte, kat. Wenn Jemand einen Han-
40 del od. Contract umstösst u. umwirft, bz.
eine gekaufte Waare nicht empfangen ivill
u. sie venvirft, so sagen wir: „be smitt de
katt d'r in" od. „he kattd de budel" u. wenn
Jemandes verkaufte Waare bei der Ablie-
45 ferung verivorfen ivird, so heisst es: „he hed
de kat d'r in kregen" od. „sin wäre is hum
kattd" ; s. darüber Weiteres unter 3 katten.
1. katten, (junge Katzen) werfen, bz.
gebären. — Nid. katten.
50 2. katten , (deyi Anker) katten od. fer-
katten. — Nid. katten; engl, cat etc.; s.
unter katanker.
3. katten, venverfen, eimverfen, umiver-
fen, umstossen etc. ; — he kattd de handel ;
55 — he hed hum de wäre (törf, körn etc.)
kattd, od. (wie wir auch sagen) insmeten.
— Sofern dieses katten (cf. kattern u. kit-
tern, bz. kwattern u. kwittern) nicht etwa
mit kwatsen, bz. alt. qnatan od. quatjan auf
60 eine Schallwurzel kat, quat, goth. qat zu-
KATTEN-DREK
188
KAU KAUE
rücTcgeht, so könnte es mikjUcherweise mit 5
katte sich auf das Katze genannte Belage-
rungsiccrkzeug zum Ein- u. Umwerfen der
Mauern, bz. als ein Etwas (ein Wnrfgeschoss,
od. Geschoss etc.) icas man wo hineinwirft
(s. unter katblok u. cf. Grimm, Wb. V,
Spalte 200 unter Katze 6 u. 7) bezie-
hen, wie auch kattenkop in der Bedtg.
sub c).
kattpn-drek, Katzendreck; — dat is all'
man kutteiulrek (gemeines, schlechtes, stin-
kendes Zeug).
katton-tlesk, Katzenfleisch. — Sprichw. :
ilat is so goniiMi as kattonflesk, dat kriipd
fan sük süU'eii in do pof.
katten-^old, katje^old (Katzengold), a)
falsches Gold, Gliinmguld, Kauschgold, auch
klater- od. klittergold genannt; — b) ver-
härteter Saft od. Gummi aus den Steinobst-
Bäumen (Kirscheti, Ajmkosen etc.), auch
kattenklär gcnanid.
katteii-knap, Katzenkniff, falscher, listi-
ger, bz. böser u. muthwilliger Kniff etc. ; —
dat sunt all' man kattenknäpen ; — hö sitt
ful fan kattenknäpen.
katten-kop, katkop, a) Katzenkopf, Kopf
der Katze; — b) eine grosse Kochbirne,
auch nhd. Katzenkopf (wohl wegen ihrer
Katzenkopf-ähnlichen Gestalt) genannt; —
c) eine grosse Thonkugel zum Werfen, bz.
Umwerfen der Knickerhäufchen, sotist auch
rabalster od. turnscheter genannt. — In der
Bedtg. sub c) bezieht sich katte tcohl auch
wieder auf das Werfen od. Umicerfen mit-
telst der katte als Wurfgeschoss etc. ; s. un-
ter 3 katten.
katten-kwäd, kattekwäd (Katzen-Böses,
Böses, tüie es eine Katze verübt), hinterlisti-
ger, falscher, böser, muthwilliger Sireich,
bösartiger Kinderstreich , bösartiger Muth-
Wille etc.; — 't is ('mcr kattonkwäd, wat de
junge deid; — hö sitt ful fan kattonkwäd
uu alleik'i lose striiken. — Nid. kattekwaad.
katten-, katte-, kat-pot, Katzentopf, Topf,
worin das Essen der Katzen zubereitet ti.
vorgesetzt loird, bz. woraus sie fressen. —
Sprichw.: ..ik sün (l>i)i) nich üt 'n katpot
krapcn", sii' taute Bülils, do liifde se nog.
katten-, katte-, kat-winst (Katzen-Ge-
winn), falscher, trügerischer, nicht bleiben-
der Gewinn ; — wen man glik 't erste spil
so fol wind, dat trOc 'k nrt tul, dat is niT-st-
tids kattenwinst; — de tTSte winst is man
katwinst, de gcid bold wiT ileiten.
katter, vier. Aus lat. (juatuor ; cf. keter.
kattern, a) lärmen, plaudern, schnattern
etc. ; — b) knattern etc. ; cf. kwatjen, kwat-
sen, kwatteln, kwäteln etc. u. auch 2 ket-
tern, kiittern u. s. unter kuderwälsk.
kat-üle, Katzen-Eule, Nacht-Eule, Kauz,
25
30
bz. Eule überhaupt. — iWr/. katuil; mnld.
katwl, bz. katül (noctua, bubo, ulula) ; norw.
(Ivar Aasen) kattula; dän. katugle ;
schioed. katugl, kattugla, kattögel ; schott.
5 katogle ; franz. chathuant. — Entweder loeil
sie wie die Katze Mäuse fängt , od. wegen
ihres Kopfes, der dem einer Katze gleicht.
katun, ketfin, Kattun, ein weisser od.
at{ch gefärbter u. bunt bedruckter Baum-
10 ivollenstoff. — Wenn Jemand heraus (z. B.
aus der Stube, dem Hause od Bett) soll,
so wird ihm hier zugerufen : hen'it kctün,
od. man sagt auch : ik wil di äfen herüt-
ka- od. ketiinen. — Das Wort katün ; nid.
15 katocn; mnld. kattoou etc. stammt mit engl,
cotton; franz. coton; ital. cotone: Sjjan. al-
godon (Baumivolle), bz. span. algodon, al-
coton (Watte) von arah. qo'ton, bz. al-qo'ton
(Baumivolle), zvas möglicltcrweise selbst in-
20 dischcn Ursprungs ist u. leicht mit der un-
ter kätt'l erwähnten y kat (tegere), od. toie
lat. cutis etc. zu der unter liüd erwähnten
y sku conne.v sein könnte.
1. katunen, ketunen, s. unter katAn.
2. katunen, ketunen, kattunen, von Kat-
tun, bz. Baumwolle; — katunen liemd (kat-
tunenes, bz. baumwollenes Hemd, als Gegen-
satz von linnen hemd); — katunen god
baumwollenes Zeug) etc.
kau, kaue ». (selten) kave, kawe, ka-
ven, kavven, bz. kafe, kafen, ein eingefrie-
digter u. abgeschlossener Baum u. zwar so-
wohl im Freien als im Hause, daher : Pferch,
Hürde, Koben, Stall, Gefängniss etc.; —
35 breng' de schapen in de kau; — he sitt in
de kau un mut brummen. — Co)iipos. schäp-
kau (Schafkoben) ; — schütkau (ein Pferch
od. abgefriedigter «. geschlossener Baum,
worin die entlaufenen u. in fremden Lan-
40 den betroff'encn Schafe, Binder u. Pferde
so lange aufgesperrt [upschütd] werden, bis
sie von den betr. Eigenthümern gegen ein
bestimmtes, an die Armencasse fallendes
Jjösegeld loieder abgeholt iverden). — Nid.
45 kauw, kouw ; mnld. kauwe, kouwe (cavea,
chors) ; nd. (Br. Wb.) kave, kaven, (I)äh-
n e r t) kawen u. (S cha m b a c h) kowe ; mnd.
koven, kaven (Verschlag, Hütte, Häuschen,
namentlich für Kleinvieh); nhd. (Grimm,
50 Wb. V, Spalte 310) kaue, kau, küu, kawe;
mhd. kowe, kouwe u. nhd. koben, kofen,
bz. mitd. kobe, kovc (Stall, Schweinestall;
Käfig; JJöhle, Höhlung) ndrhein. coeven ;
ynhd. kobe; ags. cof, cofa (cubile, pene-
55 trale, Lager, bz. Lagerraum, Gemach,
Kammer, rerdeckter od. verborgener, ver-
schlossener Kaum , Kasten , cf. Compos. :
bedcof, od. bcdcofa [cubile], cofgodas [pe-
nates] , incofa [penetraliaj , brj'dcofa [tha-
60 lamus], hordcofa [Schatzkammer, Geldkasten
KAUELE GEKAUEL 189 KAUEN
etc.] , breostcofa [Brustkammer od. Brust- ches od. unverständliches Gespreche od. Ge-
hasten, hz. das Innere der Brust, cubile rede.
mentis, pectus, animus], ferdhcota [Seelen- kauein, langsam u. undeutlich sprechen,
sitz, Seelenlager, animi recessus, pectus], mit fortwährend kauendem Munde spre-
hredliercofa [Brustkasten, bz. Sitz des Her- 5 chen, od. so als ob er die Wörter förmlich
zens od. Herzlager, Inneres der Brust u. kaut, wie es namentlich alte zahnlose unge-
so aucJi Herz etc.], giiSt [Geist]- cofii, mc&rh bildete Leute oft thun ; daher überhaupt:
[Mark]- cofa, bän [Bein, Knochen]- cofa, unverständlich u. dumpf reden, salbadern
heolster [Versteck, Höhle]-coiA etc.) ; engl. etc. ; — lie kauokl as 'u old wif ; — dat
cove (Obdach, sicherer Ort, Gewölbe, Ver- 10 kaucln kan de düfel langer anliüren; ik löp
schlag etc., cf. pigeou-cove, Taubenschlag, wog. — Nd. kauelu ; ?<j/r/<?.5. kauweljon (sal-
bz. Taubenhaus etc.); schott. cove (a cave); hadern etc.); nhd. kauein, käuehi ; Schweiz.
isl. kofi (tuguriura); norw. kove (Kammer, kaulen, käulen ; bagr. keuwelu, keweln, keu-
kleincs Zimmer), abweichend (Ivar Aasen) beln; md. kauehi (a. langsam od. mühsam
'k.&a.vSi,(Orkn.)]s.'A.\Q\schwed.'koivA,(mdartl.) 15 kauen; — b. von kauendem Bewegen des
kove, kuvi (Hütte, Kämmerchen etc.); dän. Mundes, wie alte Leute, ohne jo irklich Et-
kove (Kämmerchen etc.) etc. — Die Hei'- tvas zu kauen ; — c. undeutliche od. dumpfe
leitung mit nhd. Käfig (s. unten am Schlüsse) u. imarticulirte Töne hören lassen, mur-
aus lat. cavea ist ivohl abzuweisen u. falls mein etc.). — Iterativbildung von kauen.
den obigen Wörtern (od. unserm kau allein) 20 kauen, kauen, käuen, beissen, zerbeissen,
nicht etwa die y sku (bedecken etc., cf. hüd, bz. mit den Zähnen, bz. den Kiefern zer-
hi'is II. 1 w. 2 schau) zu Grunde liegt (wozu malmen etc. ; — he mut altid wat hebben to
kau, bz. kave, kove etc. lautlich am besten kauen; — he kaude dat not so lank, bit dat
stimmt, wie desgl. auch das mit kau iden- he 't kört harr'. — Redensart: dar hed he
tische u. synonyme böhm. kavna im Ver- 25 wat an to kauen, bz. dar schal he wat an
gleich zu lit. kavöju, kavöti [hüten, bewah- to kauen krigen (das wird eine harte Nuss
reu] V071 y sku) , so ist die Ableitung der für ihn sein etc.) ; — cf. ferkauen , wer-
obigen Wörter, sowie auch von nhd. Ko- kauen, tokauea (zerkauen), förkauen (vor-
her u. Kabel (s. in Grimm, Wh.), bz. käuen, langsam vorsprechen etc.), nakauen
mhd. (Lex er) Is-obaX (enges schlechtes Haus; 30 (nachkäuen, nachsprechen etc.) etc. — Nd.
Kasten an einem Kobelwagen),kohel (Höhle, kauen; nid. kaauwen, kauwen; mnld. kau-
Schlucht, Felsschlucht od. Felskluft) ; ags. wen, kouwen, kuwen, keuwen ; ags. ceövan ;
cufle, cufl ; mhd. (0. Schade) kobel (Ue- engl, chew, (mdartl.) chow ; schott. chaw,
herzug , Decke, woher wohl kobelwagen?) chow; ahd. chiuwan, khiuwau, kiuwan, chi-
aengl. (S tratmann) coul od. cuvel (sagi- 35 wan, kiwan; 7nhd. kiuwen , küwen, klugen;
narium); ags. cufel, cufle, cufl; aengl. cu- md. kügen, kügin. — Da nach ahd. bliuwan
vele; engl, cowl (cucullus); aengl. cuvel u. (bläuen, schlagen) == goth. hl'\ggvä,n ein goth.
coufel; engl, cowl (Fass, Gefäss, Zuber) = Mggvnn zu vermuthen ist, so würde zunächst
nhd. Kübel etc. von y gup (behüten, be- für kiggvan ein Stamm kagv = kav (wie
wahren, schützen etc., umfassen, umschlies- 40 goth. higmus; ags. beäm; a/ifi. boum, poum ;
sen, einschliessen, in sich fassen, cf. H. nhd. Baum etc. nach Fick aus baggv =
Leo, 355) wohl richtig, sowie auch dass bav, von y bu) angesetzt werden müssen,
diese (cf. Bopp, Grassmann) mit go- die aus einer germ. y ku (kva, kav) = idg.
pay (behüten) von dem Subst. gopä (Hirte, gu (gva, gav) hervorging. Da es indessen nach
Hüter, Behüter) abgeleitet ist, was selbst 45 Fick tvahrscheinlicher ist, dass ahd. chmv/an
wieder ein Compos. von go (Kuh, hz. Rind, od. cbiwan u. chiuwä, chiwä (Kiefer, Bachen)
cf. kö) «. y pä od. pa (schützen) ist. — mit lit. zivg,, zujgi, zi vati , zavajgi , zavati
Vergl. weiter noch kübbe, küfke, kuifer u. koje. (kauen) u. lat. gin-giva (Zahnfleisch) von
Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass das derselben y stammt, so scheint die Annahme
mnld. kevie (cavea, cors, avarium, ivomit 50 wohl gerechtfertigt , dass diese Wörter (cf.
KU. sein kouw identificirt) ebenso wie nhd. gapen, jappen, kaf, käfe etc. von der y
Käfig u. ahd. chevjiLjkevja,; bagr. keü (Kä- gabh od. ghabh) init ahd. gien, ginön, gi-
fig) zunächst aus mlat. cavia u. dies mit wen, gewöu, kewon (gähnen), an. gina (klaf-
afranz. caive, franz. cage; engl, cage; ital. fen, schnappen etc.), bz. engl, jawn u. un-
(Diez, I, 195) gabbia, gaggia; span., 2^ort. 55 ser7n gannen u. jänen etc., lit. ziöju (gäh-
gavia; neuprov. gavi aus lat. cavea (mit ca- 7ien), lat. hiare, griech. chaiuö, chaö etc.
veo, cautus etc. gleichfalls von der y ku, zur idg. y gha, ghä (gähnen, klaffen etc.,
sku, wie das obige lit. kavöju) entstand, cf. bz. schnappen, beissen) gehören, wovon auch
übrigens unter kauen die Schlusshemerkung. ahd. guorao, cuamo = nhd. Gaumen (cf.
kauele, gekauel, langsames u. undeutU- 60 Fick, III, 106 seq.) abstammt. Bemerkt
KAUSE KAUS
190
KAUSE KAUS
sei übrigens, dass Fick (cf. II, 563 u.
da-it pag. 87 unter gapli) geneigt 2U sein
scheint, um auch kauen cun derselben j/
gabli abzuleiten, wozu an., ist. kaf fs. unter kaf)
uohl gehurt, irie desgl. auch gapen u. j.ipp^'n.
Vergleicht man übrigens, dass die Wur-
zeln, gha, gbi (gähnen, klaffen u. auch
schnajtjjen) von ahd. ginön u. giwen u. lat.
biare etc. ebensoivold icie gabh od. gap von
gabbelu, gibein, hz. kibbeln, kifen u. kab-
beln etc., sowie von gapen u. jappen etc.
ebensowohl wie klap von klaffen (cf. klap,
klappen) u. sulp, snap von snappen etc. von
Hause aus höclist wahrscheinl. nur Laut
malende (onomatopöische) od. Seh all wur-
zeln sind, die urspr. blos ein unarticulirtes
Geräusch bezeichneten, so liegt es icohl nä-
her, dass man die germ. Wurzeln ku, kav,
kau für kauen (mag man es nun als ein
zerknirschen u. zerreiben, zerkleinern etc.
[cf. grindan von grinau unter grind, grand
etc.] , od. als ein zerspalten etc. auffassoi)
u. chiuwii, cliiwü, cbewä (cf. 1 käfe etc. ».
kibbe etc.) mit der y ku, kav, kau (sonare,
cliimare etc.) von ahd. gikewen (nennen,
rufen, schreien etc.), cbümo (Klage) etc.
identißcirt u. beide auf idg. gu (sonare etc.,
cf. Fick, I, 572, y gu, tönen, rauschen
etc. u. dazu pag. 534 u. 584 die Wurzeln
ku M. ghu, tönen, rauschen, rufen etc.) zu-
rückführt, zu der auch kö (Kuh) gehört u.
wozu sich dann auch leicht unser kau stel-
len lässt, weil sich aus gu (rauschen, bz.
Geräusch machen etc.) ebensogut wie aus
klud, klat, klap, klak ((/. kladde , klatte,
klak etc.) die Bedtg. : spalten , klaffen etc.
entwickeln konnte u. man ja auch anneh-
men kann, dass kau, sotoie auch die unter
demselben angeführten Wörter in urältester
Zeit blos die Bedtg.: Spalt od. Kluft,
tiz. Höhle, Loch etc. (in der Erde, einem
Berge od. Felsen, worin man sicJi verkroch,
barg u. ivohnte etc.) hatte. Dass aber beim
Vergleich der obigen Schallwurzeln gu, ku
etc. ivahrsc/ieinl. auch die Wurzeln sku (ver-
hüllen, bedecken), sku (scheuen, scheu u.
vorsichtig sein, schauen, cf. scbau etc. etc.),
skn (schaben, scharren, ritzen etc.) u. sku
(niesen, d. h. ein lautes Geräusch machen,
cf. pifisteu) in der urspr. Bedtg. : sonare,
crepare, crcpitare etc. von Hause aus eins
sind u. dass demnach auch die Wurzeln
ska (brennen, d. h. urspr. knistern od.
singen etc., cf. SPngen u. Weiteres unter
gähn, galp, galpen u. gar etc. etc.), ska (töd-
ten, erschlagen etc.), ska (spalten, schneiden,
ritzen, bz. reisscn etc., cf. Fick, I, 802
seq.) etc. urspr. nur Schallwurzeln waren,
ist wohl mit Sicherheit anzunehmen.
kaase, kaus (Plur. kauscn), eine eiserne
Hülse, bz. ein Füllring eines Tau-Oehrs,
womit dieses zum Schutz gegen das Ver-
schleissen ausgefüttert i.-<t. Der äussere Um-
kreis dieses liinges ist hohl wie eine liinne,
5 damit das iJin umfassende Tau darin fest-
liegt u. tvird das Ende des betr. Taus darum
herum splissd, icährend das so gebildete
Oehr dazu dient, um entweder den Haken
eines Takeis darin einzuhaken, od. (auf
10 Schiffen) um die Taue hindurch zu leiten,
tcenn dieselben keine Blöcke od. Flaschen-
züge erfordern. — Nid. (cf. Bobrik, naut.
Wb., pag. 383) kons; schwed. kausa; dän.
kause; franz. cosse u. auch nhd. Kausche,
15 Kausse etc. (cf. Grimm, Wb. V, Spcdte
362). — Da das franz. cosse auch die Be-
dtg.: Hülse, Schote, Schale etc. hat, so ist
das obige kause auch dasselbe Wort wie
nid. kons in der Bedtg.: Schale (s. unten)
20 M. anscheinend das franz. cosse nebst dem
gleichbedeutenden ecosse (wovon ecosser, aus-
hülsen etc.) aus, (als den sonstigen roman.
Sprachen fehlendes Wort), nid. kous in der
Bedtg. : Schale , Trinkschale (wegen nid.
25 kous in der Bedtg.: Strumpf etc. s. un-
ten), bz. mnd. (Seh. u. L.) kouwese, kou-
wesche, kauseke, hz. kowse, koweske, kowsche,
kouwscbe (Schale, Schüssel etc., bz. Hohl-
gefäss zum Essen u. 'Trinken); nd. (Br.
30 Wb.) kausse (Schöpflöffel, Hohlgefäss zum
Schöpfen) u. nd. (Dähnert) kowse (Schale)
entlehnt. — Nach Hildebrand (Grimm,
Wb. V, Spalte 362) soll das dutsch-litauische
kausche (Kanne, Krug, bz. Trinkgefäss etc.,
35 eiti Kausche Bier) mit nd. kowse etc.
identisch u. auch nord., lit., estn., slav. meist
in reicher Entwickelung vorkommen u. bis
nach Asien hin zu verfolgen sein. Mag
man diesem Worte 7iun aber den Grdbe-
40 griff: Hohles, Hohlgefäss etc. od.
Fassendes, Gefäss, B ehält er , bz.
ein Um- u. Ein schli essend e s etc. od.
B e r g e n d e s, S ch ü t z e n d e s I Hülle, Hülse
etc.) etc. unterlegen, so ist es wohl zweifellos,
45 dass auch nid. kaus in der Bedtg.: Mut-
terscheide, Bärmuttcr etc. sowie das von
Ivar Aasen unter kuse erwähnte Femin.
kusa (cunnus, vulva), sowie auch norw.,
schwed. kuse (= dän. busse-, buseniaiid od.
50 Popanz, Mummel , bz. Einer der sich ver-
mummt, verhüllt od., od. der Mummerei u.
Versteckspiel etc. treibt) hieher gehören, wie
desgl. auch norw. kysa , köysa; dän. kj-sa
(Haube, Kappe etc. , cf. hülle, hüfe, küfke
55 od. küvcke etc.) etc. bei loelchen sämmtlichen
obigen Wörtern man unwillkürlich an einen
Zusammenhang mit skr. kosba (Behälter,
Gehäuse; Gefäss, Eimer; Kasten, Truhe;
Knospe; Schale, Hülse etc.; s. unter 2hase)
60 denken viuss.
KAUSEL 191 KEGEL KAEGPX
Zum Schlüsse sei noch wccjen des nid. nctc, wovon sich noch die (folgenden) Wör-
kaus (Strumpf, bs. Beinheldeidang) , mnld. <er keddeugeregtigheid etc. kcrschreiben. Es
kausse, koiisse (caliga) ei'wühnt, dass dieses gehört zu africs. ketha, keda (mis kutha,
ein von dem obigen kause gänzlich verschie- kuiitha, hz. kuda, kuuda , wie nfries. kedde
dencs Wort u. aus franz. chausse; prov. 5 aus kudde, c/. küdde) = as. kuthjan, ahd.
caussa entlehnt ist. Dieses franz. cliausso kuiidjau (cf. künden) u. ist demnach dasselbe
aber entstand tvie baud aus haldo, cf. bohl) Wort toie ahd. chundjo, chundo (Kundper-
mit ital. cwXzo, calzo; span. caiza etc. (eine son, Kunder, Verkünder; Bote), während
Fuss- u. Beinbekleidung) aus tat. calceus, das nfries. kethere (s. oben) dasselbe Wort
wovon auch mlat. calcia u. aus diesem ivie- 10 ist ivie ahd. chuudari, chuiidore (nuntiator,
der alul. calizja, kalizja u. cbelis, chelisa angelus) u. auch formell mit ags. cydhere
(eine Art Stiefel). Wegen calceus von calx (Bekenner, testis) stimmt.
(Ferse), s. Weiteres tuiter liile. kedden-geregtigheid, eine an den kedden
kaasel, Gekautes, Zerkautes, bz. Alles ivas (s. oben) zu zahlende kleine Gebühr od. Ab-
mit den Zähnen zernagt, zerbissen od. zer- 15 gäbe (cf. geregtigheid), tvelche hin u. wieder
kleinert ist; — diu kausei mag ik net mer noch jetzt im benachbarten Brökmerland (s.
iu de mund nemeu ; — dar hed sük gewis 'n unter 2 brök) vorkömmt, bz. auf dort bele-
müs dörbäten, den dar ligd so föl lioltkausel genen Grundstücken lastet.
bi de schapsdör. — Nid. kaauwsel, kauwsel. kedde-skup, keddskup, Bauerschaft, Dorf-
kauter, sonderbares, ivunderliches, eigen- 20 gemeinde, bz. der Verwaltungsbezirk eines
sinniges Wesen (od. Person) ; — 'u kauter kedden ; s. oben.
fan 'n jung'; — 'n wunderliken kauter. — kede, käde, Kette; — Compos.: anker-,
Sollte dem nhd. Kauz als Eulen- Name (u. plog-, herd-kede etc. — Afries., nid., nd.
jedenfalls wie auch Kauter [Tauber etc., kede etc.; s. Weiteres unter dem gebräuch-
cf. Grimm, Wb. V, 365 u. s. Weiteres 25 licheren kette.
unter kuderwälsk], vom Geschrei so benannt) ke-dikkern, kedakkern, traben, in kurzem
od. alt. küz nicht ein nd. kaut od. küt ge- Galopp gehen od. fahren u. reiten, rasch
genüber gestanden haben, sodass kauter von mit hüpfendem stossendem Gange gehen od.
Hause aus dieselbe Bedtg. ivie Kauz hatte? sieh fortbewegen, cf. dakkern.
Oder hängt es mit nhd. kaudern, nid. koe- 30 kefe od. kefe, s. käfe.
teren (s. unter kuderwälsk) in der Bedtg.: kefen od. kefen, s. käfen.
schwatzen, undeutlich u. sonderbar reden kefen, kefeln etc., s. kifen, kibbeln.
etc. zusammen, od. vielleicht mit kuten (tau- ^egt>\, kägel, Kegel, d. i. ein längliches,
sehen, cf. kütjen), wovon auch wohl der nach oben hin sich alhnählig verjüngendes
hier vorkommende Name Kauter? — Das 35 od. conisch u. spitz zulaufendes Etwas, wie
mnld. (KU.) kouter (fabulator, nugator, z. B. ein Keil, eine Keule, eine Pyramide,
congerro) gehört jedenfalls zu kouten = od. ein ähnlich geformtes Ding, gleichviel ob
urspr. kuten (fabulari etc.) vom Stamm kout es aus Holz, Stein, Erde etc., od. einem son-
(colloquium), loas KU. mit nid. klap = stigen Material besteht, toie es ja ebensowohl
nhd. Klatsch, Geschwätz etc. wiedergiebt, 40 Dreck-, als Holz-, Erd-, Fels-, od. Bergke-
worüber Weiteres unter kuderwälsk zu ver- gel giebt. — Ahd. chegil, kegil ; mhd. kegel
gleichen ist. (Kegel, Keil; unechtes Kind); nd. , mnd.,
kave, s. kau. nid. kegel; mnld., mftäm. kcgliel (meta, co-
käve, kavel, kaveln etc., s. käfe, kafel etc. nus, obeliscus, ter minus, lapis vel stipes py-
ke. Verkleiner ungssylbe; s. ken. 45 ramidatus); dän. kegle; schwcd. kegla, ke-
kebaoter, s. kabauter. gel ; engl, keil u. kayl (Kegel, von kegeln),
kedde, (obs.) Schulze, Dorfschulze, Ge- sowie mdartl. keel od. keels «. gaggle od.
meindevor Steher, Bauermeister, Bauerrichter, gaggles, ivobei wegen des anlautenden „g"
bz. die obrigkeitliche Person in einem, Dorfe auf gaggle neben cackle (cf. kakeln) ver-
od. einer Landgemeinde. — Es ist das 50 loiesen toird.
afries. ked, bz. kedde, kedda, Plur. keddar Was nun das ahd. cbegil etc. anbetrifft
u. auch ketb, ketbe, Plur. ketha, ivas wie (wovon das franz. quille [Kegel] u. viel-
afries. kethere urspr. die Bedtg.: Künder, leicht auch ital. chiglia, chiela; span. quilla;
Verkünder, od. Kund-Person, Kundmacher, franz. quille [Kiel des Schiffes], sofern es
Bekanntmacher, Ansager etc. hatte u. dann 55 nicht aus ahd. kiol [cf. 2 kil] hervorging),
(cf. mlat. sago, sajo ; aspan. sayon, Gerichts- so ging dieses mit dem Spiel (cf. Grim m,
diener etc. von ahd. sago = Sag- Person, Wb. V, Spalte 384) auch in die slav. Spra-
bz. einer der sagt, spricht, verkündet etc. u. chen über u. sind weiter zu kegel ausser
ahd. esago unter äsega) im Allgemeinen eine kugel auch die Wörter kil (Keil), kil (Kiel)
Gerichts-, od. obrigkeitliche Person bezeich- 60 u. küle (Keule) zu vergleichen, worüber auch
KEGEL KAEGEL
192
KEI
Weiteres beiHildebra n d, bz. im G r i m mi-
schen Wb. unter Kegel nachzusehen i,4.
Desgl. kömmt wegen der Verwandtschaft u.
der Grdbdtg. des Wortes „kegel" in Be-
tracht: das nid. kegol ; wxW. keghel, kokol ;
mnd., vifläm. kekol (stiria, gefrorener Eis-
troijfcn, od. Eiszapfen), sowie auclt mnld.
u. mjliim. koghel (silox), wobei man übrigens
bei koghol, kekel (stiria) auch an einen Zu-
sammenhang mit unserm jökol = nd. hekel,
ags. giccl (stiria), bz. an. jökull (Gletscher,
Eisberg, Eiskegel) etc. gemahnt icird , ob-
schon ich allerdings nicht glaube, dass diese
Wörter (cf. j^kel) mit kogel eines Ursprungs
sind, sondern mit Fick (cf. 1, ö6i)) eher
dafür halte (mag nun mnld. kegliol, kekol
/gefrorner niederhängender Eistropfen od.
Eiszapfen] mit nd. lu'kel ». ags. gicel urspr.
verwandt sein od. nicht), dass das ahd. che-
gil aus einer redupl. Grdform gagala, gan-
gala hervorging , die Fick mit lat. glans;
aslac. zi'l^uii, lit. giie (Eichel) ; skr. gula
(glaus penis), guli (Pille, Kugel), griech.
goggülos (rund); alid. cliiiwa (Knäuel, Ku-
gel, cf. klön) ; skr. glau (Ballen, Kugel) etc.
zu skr. gal (fallen, wegfallen; träufeln, quel-
len etc., cf. kwelien, kellen etc.) stellt, wäh-
rend ich die für kegel vermuthete Grdform
gagala als aus älter m gagara od. gagira ent-
standen ansehe u. dieses mit skr. giri, zend.
gairi ; slav. gora (Berg), göre (oben) etc. lie-
ber zu einer idg. ]/ gar, gri, gir, gur (In-
tens, gagar, jagar, jugur) stelle, die nach
Grass mann (cf. Sj)alte 387 u. 402) die
Bedtg.: erheben, erhöhen, in die Höhe he-
ben etc. hat, xconach denn das Wort Ke-
g e l die Bedtg. : Spitzes, Hohes, Ragendes,
Erhabenes gehabt haben würde. Soweit in-
dessen das obige griech. goggülos etc. u.
germ. kugel in Betracht kommt, so halte ich
diese Wörter für mit kegel unverwandt u.
ist darüber unter kugel das Weitere zu ver-
gleichen, soivie zu kegel od. zu kugel auch
das ags. cigel (testiculus) , toasH. Leo
(Spalte 176, 37) für ein Contract. von cin-
nigel ]tält. Sodann glaube ich ferner auch
nicht, dass die mnld., mjläm. Wörter keghel,
kekel (stiria) u. keghel (silex) mit kegel (co-
nus) von derselben j/ abstammen, sondern
vielmehr mit den Wörtern kold, k8l etc.,
skr. jala, gala (kalt, starr, steif etc.), bz. lat.
gelare etc. u. kslav. golotü u. glütöiiü (Eis)
zu der j/ gal, gar (gerinnen, gefrieren, er-
starren, hart u. fest iverden, urspr. viel-
leicht: rinnen, fliessen etc. u. so gerinnen,
zusammenjliessen etc., cf. kel, kelen) zusam-
menhängen.
Zum Schluss sei übrigens noch erwähnt,
dass bei der atischeinend nahen (wenigstens
begrifflichen u. vielleicht auch formel-
len) Verwandtschaft der Wörter: Keil,
Kiel, Keule mit kegel (cf. 1 u. 2 kil
». küle) für dessen germ. Grdform kagala
als Eti/mon auch das skr. jangha, zend.
5 zanga (oberes Bein, Schenkel, Keule etc.,
od. nach Grassmann der untere Thcil
des Beines vom Knöchel bis zum Knie) in
Betracht kömmt, wovon das der Lautver-
schiebung nach zu einem germ. kagala genau
10 stimmende skr. jaiighäla (a rapid walkor)
auch weitergebildet ist n. ivas mit jänlias u.
jähä etc. zur y ha, ghä (gehen, sich bewe-
gen, schreiten) gehört, zvie vielleicht auch
jäglu'ina (Lende, Hüfte), welch Jjetzteres
15 übrigens Bopp gag'äiia (d. i. jaghäna)
schreibt u. zu der }/ hau, bz. glian (in wel-
cher Bedtg. ?) stellt. — Zu den obigen Wör-
tern vergl. auch noch an. , isl. kügguU,
kückull (articulus digitoruni, condylus, artus)
20 Plur. küglar (Glieder , auch für Leib über-
haupt gebraucht), sowie der Bedtg. : Keule,
od. Zapfen, Kolben, bz. couus loegcn auch das
an., ist. küngull, norw. kogla (dialect.) ko-
goll, kokla , kokul , kongla, kongul ; dän.
25 kogle, Fichten- od. 'Tannenzapfen, bz. Sa-
menzapfen od. Fruchtkolben (hier danappel
od. dauekkel) der Fichten ti. Tannen, wo-
bei ich weiter auf die von Hildebrand
(G r i m m, Wb. V, Spalte 3S3) beigebrachten
30 verschiedenen Bedtg n. des Wortes kegel ver-
weise u. d<ibei darauf aufmerksam mache,
dass das ahd. chegil ausser den schriftlich
belegten, ebenso wie die meisten andern al-
ten Wörter, auch wohl noch andere Bedtgn.
35 gehabt haben dürfte u. z. B. auch die Be-
dtg. : filius spurius des mhd. kegel auch noch
unaufgeklärt ist.
kegeln, kägeln, kegeln. Nur vom Kegel-
spiel. — Satl. kögelje, kigelje.
40 kei od. ke. Dieses nur in der Redens-
art: „he kend de kei" od. „du nuist de kei
kennen'' lebende u. dem Sinne nach in der
Bedtg.: Kunst gebrauchte Wort stimmt in
seinen Vocalen ganz zu teeu, töjeu (ziehen),
45 bz. zu snei, sue (Schnee), slei, sie (= nid.
sleeuw, ahd.' sleo etc.), nei (neu) etc. u.
würde demnach einem deutschen kie, kee od.
keu od. einem altern deutschen keo, klo,
kiohe, kiuhe od. kiuge, bz. einem nid. keeuw,
50 kieuw, keeuweetc. entsprechen, wclclic Formen
lautlich am besten zu nhd. keu ; mnld. keeuw,
kieuwc, kouwe, kuwe; ahd. chiuwa etc. (fau-
ces, frumen, mala etc.), bz. zu den altern
Formen von kauen stimmen. Ob nun aber
65 das obige köj, ke, bz. kiye, kee mit diesen
Wörtern zusammenhängt u. etwa das nhd.
keu, }(/(/. keeuw, ahd. chiuwa in der obigen
Redensart im fig. Sinn gebraucht ist, wage
ich nicht zu entscheiden, zumal da kei od.
60 keje, nach brei (Brei), frei (frei) auch für
KEI
193
KEK
7ild. kij, b2. älteres ki od. kijc, k!o, kige,
keige, keie, kcge etc. stehen kann u. dem-
nach auch die Möglichkeit vorlie(/t, dass es
mit afries. kei (Schlüssel) od. selbst mit
ags. cigan (vocare etc., von der y kak? cf.
2 kake t«. kakeln, kik etc.) zusammenhängt,
in 2velch erster cm Fall „he kend de kei"
soviel hiesse, als „er kennt den Schlüssel",
bz. „er weiss Bescheid'', od. im zweiten so-
viel als: „er kennt den Buf", bz. „den Na-
men", was Beides eine passende Erklärung
von kei wäre.
kei, Stein, besonders ein länglicher, mag
dies nun ein gewöJuilicher Ziegel- od. Back-
Stein, od. ein ähnliches längl. kantiges Stück
Sand- od. Granit-Stein (bz. Felsstück) sein.
Dieses Wort lebt anscheinend (ivenigstens
soviel mir bekannt) liier nur noch im sog.
kei- od. keibnr-spil, ein Spiel, toobei der kei
od. Stein von einem bür, od. keibür (ivörtl.
St ein- Bau er , od. Stein- Erbauer, Stein-
Errichter, Stein- Auf setz er) genannten Kna-
ben aufgerichtet wird u. wo dann die an-
dern Knaben mit einem runden Stein od.
Kiesel von einer gewissen zuvor abgemesse-
nen Entfernung (mäte od. auch hunk ge-
nannt, wovon das Spiel auch hunksmiten
heisst) aus nach demselben iverfen. Jeder
Mitspieler muss seinen nach dem „kei" ge-
worfenen Stein, der namentlich beim Nicht-
treffen desselben weit hinter denselben rollt,
selbst wieder holen u. falls er hiebei von
dem „bür" gefasst tvird, dessen Stelle ein-
nehmen u. statt seiner den kei aufrichten,
luenn derselbe von den Mitspielern getroffen
II. umgeworfen loird. Um indessen das Auf-
richten des „kei's" Etwas zu verzögern, ivird
sehr oft auch noch oben auf einer Ecke
desselben ein kleiner Stein aufgelegt u. falls
einer der 3Iitspieler den „kei" nur so leise
trifft, dass derselbe selbst stehen bleibt u.
nur das „tirap" genannte Steinchen davon
herunter fällt, so tritt auch in diesem Fall
dieser Knabe an die Stelle des „bür's" u.
kann dann der bisherige „bür" wieder selbst
mit den Andern so lange nach dem „kei"
tverfen, bis er selbst ivieder beim Zurück-
holen seines Wurf-Steines abgefasst wird,
od. blos den „timp" von dem „kei" herunter -
ivirft. — kei ist identisch mit nid. kei (Kie-
sel, Kieselstein, Felsstein); mnld. keye (si-
lex); mfläm. key (keysteen oft vyersteen, cf.
flinte u. fürsten).
Wenn man nid. zeide od. zeijde = nhd.
sagte, — bz. unser wei, engl, wliey, nid.
weg = afries. wei, weg, ags. hvaeg etc. u.
ferner engl key = afries. kag, kai, kei ; ags.
caeg etc. (s. unter käi) vergleicht, so ist es
tvohl fast zweifellos, dass dieses kei etc.
auch aus keg etc. entstand ii. also lautlich
J. ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II.
gleich ist mit nid. keg, kogge (Keil). Da
nun ferner aber dieses nid. keg etc. zwei-
fellos ivold eine Kürzung des mnld. koghel;
ahd. chegil (Kegel, Keil) ist, so dürfte auch
5 kei, bz. keg, kegge od. Iceghe eine Kürzung
von mnld. koghel (silex) sein. Ob nun aber
die Bedtg. „silex" aus der von „cuneus" od.
„Conus" hervorging, ist schwer zu entschei-
den, zumal es auch ja möglich ist, dass „ke-
10 gel" überhaupt urspr. ein spitzes, keilförmi-
ges (u. so auch scharfes, schneidendes, spal-
tendes etc.) Etioas bezeichnete u. demnach
kegel auch in der Bedtg. „silex" blos als
ein spitzes u. keilförmiges Ettvas auf gefasst
15 lourde. Auch loang. kichelstein (silex) deu-
tet auf einen Zusammenhang mit keghel.
kei-bur, s. unter kei.
keideln, keitelii, giessen, stürzen etc. ; —
so keideld de melk fan ca fat in 't ander;
20 — wat keidelst du dar wer mit herum ; —
se ferkeideld de melk. — Nd. (Br. Wb.)
keiten, keuten, bz. keiteln, keuteln.
keier-hake, keuerhako, ein mit einer ei-
sernen Spitze u. einem starken Widerhaken
25 versehener ziemlich langer u. dünner Stock
von festem Holze, welchen die Marschbe-
tcohner führen, um sich beim Gehen od.
Schlittschuhlaufen darauf zu stützen, od.
(falls sie durchbrechen) sich damit wieder
30 aus dem Eise heraus zu helfen; — nim de
keierhake lefer mit, 't is glad to lopen. —
Wang. koierhaki. Wohl zu dem folgenden :
keiern, kaiern, keuern, koiern, spazieren,
zu seinem Vergnügen umlier gehen, lustwan-
35 dein; — he keierd d'r so langsam hen; —
he löpd to keiern; — he keierd de strate up
uu dal ; — he is keiern gän ; — Kinderreim :
keier rige — Straten, war sül wi de kinderkes
laten? in de blaue toren; wat heb' wi dar
40 terloren ? 'n blauen sulen schötteldök ; wul'
j' uns de wol wergäfen? — nä, nä! — ja, ja!
um 'n appel of um 'n per, morgen heb'
wi moi wer. — Nd. (Br. Wb., Schütze)
keiern, kaiern; loang. koierje; nW. kuijereu.
45 — Es ist (da dieses Wort im wang. auch
die Bedtg. : sich zusammen, od. zu Zweien
vertraulich unterhalten, kosen etc. hat) =
mit mnld. (KU.) kuyeren (ludere, nugari,
jocari, confabulari ; deambulari recreationis
50 causa) u. könnte es diesemnach eine Ent-
lehnung aus lat. coire sein.
keiertje, kleiner Spaziergang.
keilke-beje, -bee, Fliederbeere ; — keilke-
müs, Fliedermuss.
55 keiser, s. kaiser.
kek, keck, kühn, dreist, bz. munter, leb-
haft ; — he geid d'r kek up lös ; — he sügt
so kek üt as 'n wiselke. — Nid., bz. mnld,
(KU.) keck (audax; solidus, durus, densus,
GO turgidus); mfläm. kec (dasselbe); mnd. (Seh.
13
KEK 194 KELLEN
u. L.) keck (lebhaft, munter, küJni, agilis, Wb. V., Spalte 511) nichts gemein, sondern
zxnmo^n^ Gic.)\ schioed.'k-Xck (hurtig, muthig, ist wahrscheinlich identisch mit mnd. qua-
brav, vortrefflich); dän. kjek, kjack (kühn, leu u. nhd. kd^Wcn (G ri mm, Wb. V, Spalte
ra^ch, brac, aufrecht); mhd. kcc; amhd., 68), die toohl beide aus dem altern mnd.
ahd. chech etc. aus quec (lebendig etc.), cf. 5 (Seh. u. L.) qiuigeU'u; as. (gi-) quahlian (ge-
2 kwik etc. rinnen) u. lociter mit acnyl. qiuiil ; fran^.
kek, *■. kikeu. cailler; ital. qiiagliare, cagliare; S2)an. cua-
kekel, kekcln, s. kakel, kakeln. jar; j'ort. coalhar (I)iez, I, 336) aus lat.
kel od. kell , sehr schmerzhaft «. em- coagiilare entstanden, wie ital. caglio, gag-
pfindlich od. reizbar, gereizt etc., bz. so be- 10 lio ; port. coalho (Lab) u. auch wohl mnd.
schaffen, dass die leiseste Berührung des qiuighel, quagol 7iiit dem altern ital. (cf.
betr. Theils heftigen unleidlichen Schmerz KU. u)iter quaghcl) coagulo, quaglio ; sixm.
verursacht , od. aus irgend einer Ursache cuajo aus lat. coagulum. Aus dem zu quäl
ein anhaltendes sehr schmerzhaftes Stechen contrahirten mnd. iimighal ist dann weiter viel-
u. Prickeln in dem betr. Tlieil entsteht; — 15 leicht unser kwalster od. midd. u. mnd. qual-
de taudeu sunt mi so kel, dat ik d'r gen ster (dicker Schleim, biibrestis, pituita) 2vei-
het of kolil au liden kan, bz. dat 't net is, as tergebildet, toobei dann weiter auch unser
of 'k bi de bär uptrukken word', wen mt kwil = mnld. quyl, quid (oris pituita) als
d'r wat an kumd; — de lingers sunt nii so möglicherweise damit connex in Frage kömmt.
kel, dat mi "t to de doppen (Spitzen der Fin- 20 Ferner gehört zu kelen od. quälen etc. noch
r/t'rj ütprikkeld; — he hed so 'n kellen (em- mnd. (Seh. u. L.) u. dithm. (Schütze)
jifuidliche, schmerzhafte etc.) ]md; — he is so keller (dicke geronnene Milch) u. kellern
kel (empfindlich u. schmerzhaft, leicht ver- (gerinnen).
letzt u. gereizt), dat man bum hast hei net 1, kel-fat, Gerinn-Fass, ein nach unten
anwiscn dürd; — he is d'r tols to kel für 25 hin sich verengendes Gefäss, loorin man die
(er ist da viel zu empfindlich u. verletzlich Blilch gerinnen (kelen) lässt.
vor, wird viel zu leicht von einem Gefühl 2. kel-fat (harrl.) ein Jlaus mit einem
des Schmerzes u. der Qual crfasst u. ist doppelten Wahn, bz. einem sog. Zeltdach od.
deshalb auch schreckhaft u. ängstlich oder einer Bedachung nach allen vier Seiten hin.
bange, zaghaft, zurückhaltend etc.) as dat 30 — iV«c7t Stbg. soll der Name daher rüh-
be sük an de sake braunen schul'. — Sprichw. ren, loeil ein solches Hans einem ximgestülp-
junk to fei! old to kel. — Es gehört wohl tem kelfat (s. sub 1) ähnlich ist.
mit dem tdd. kel, kil; mnld., mfläm., bz. al- kelk (Flur, kelken), Kelch. — Nd., nid.
ten fries. (cf. KU.) kel (perterritus , pavi- kelk; mnd. kelik, kellik; afries. (kilik), tzi-
dus) u. nd. (Br. Wb. I, 371) kill in kill- 35 lik, tzielk; ahd. chelch, kelib, khelib ; amhd.
jök (juckender Schmerz, bz. schmerzhaftes kelich, chelecb ; mhd. kelch ; as. kelik; ags.
Jucken) etc.; ahd. cheli, quell ; mhd. quele, calic, calc; an. kalkr; schwcd., dän., norw.
kele, quel (Qual, Marter etc.) u. unserm kel- kalk etc. aus lat. calix, was mit griech. kn-
ien etc. zu ahd., as. quelan (Qual u. Schmer- lix u. skr. kalaga (Becher, Krug, Topf) etc.
zen leiden , od. haben u. empfinden etc.), 40 zu der |/ kal, kul, kval (hüllen, einhüllen,
worüber Weiteres unter kellen u. kwälen, bergen, verbergen, einschlicssen etc., cf. 2
kwäl etc. hälen u. hüllen etc.) gehört.
kel, Geronnenes, Klumpiges etc., nament- kelle, kellen, Schmerz, Schmerzen etc.;
lieh von der geronnenen, dicken, käsigen s. kellen; — ik beblj' od. fol so 'n kellen in
Milch (mag diese nun aus einer einzigen 45 de kop, od. knaken, tanden, fingers etc. —
dicken käsigen Masse, od. aus einzelnen Compos.. ■ küskeWc od. küskellen (Zahnschmerz)
dicken kcmgen Klumpen bestehen) gebraucht ; = 7id. (Br. Wb. I, 771) köle.
— de melk is all' to kel worden; — dat löpd kellen (kelle, kelst, keld etc.; — kul etc.;
all to kel tosamen; — dat kind speid emer — kullen), intensiv schmerzen, bz. Qual n.
kel ; — be sucht üt as kel un karmelk. — 50 Schmerz machen etc. , icie z. B. bei Zahti-
cf. kelen u. spittel-kel. schmerzen od. ähnlichem Ziehen u. Beis-
kelder, s. keller. sen in den Knochen etc., brennend od. ste-
kele, s. kille. chend schmerzen u. prickeln, toie z. B. ivenn
kelen od. kelen, gerinnen, klumpig od. Einem bei starkem Frost die Glieder fast er-
käsig loerden, coagulircn etc. ; — de melk 55 froren sind u. man sie ohne Weiteres ans
keld ; de is wol siir worden ; — dat pütwa- Feuer hiüt od. in warmes Wasser steckt,
ter is to bard, dat de sepe d'r in keld. — um sie rasch zu erwärmen ; — de tanden
Dieses Wort hat mit dem schwed. käla (Frost, kellen mi glik, wen ik d'r wat koldes an
Erstarrung etc.) u. den unter nhd. kellen krige; — für kuk un sOt god bün 'k bang',
(frieren, erfrieren, erstarren) (s. Grimm, GO wil mi de kusen d'r so ligd fan kellen; —
KELLEN
195
KEN KE
de kop hed mi al dro dage so kullen, dat
ik d'r 's nagts hast gen släp faii kragen
hebb'; — de knakon kullen mi d'r fan; —
de bände kellen dat kind fan kolde; — dat
kul mi to de fingers nn tonen üt, as 'k wer
warm wurr'. — Nd. (Br. M^h.) killen; mnd.
(Seh. lt. L.) kellen, killen (Qual u. Schmerz
verursachen, weh thnn, schmerzen); satl.
(Ehrentraut, II, 193) kelle. — Es
entstand ans älterem quellen, qellen = ahd.
(queljan), quellan, chellen, cheleu ; amlid.
chwellen, chollen ; mhd. quellen, queln, koln
(martern, quälen, in Banden legen, tödten
etc.), woraus (bz. aus ags. cvelan od. cve-
lian) auch aengl. (S trat m a n n) cuUen
(caedere); engl, kill (tödten, iimhringen; töd-
ten, dämpfen [cf. doden, död], der treiben-
den Kraft berauben etc.), quell (umbringen,
vernichten, tödten ; übenvältigen, bezivingen,
tmterdrücken, zähmen, bezähmen; dämpfen,
löschen, stillen), quell (sterben, langsam hin-
sterben, hinschwinden; abnehmen, sich ver-
mindern, nachlassen etc.), quell (Mord), quail
(bändigen, zähmen; niederschlagen, vernich-
ten) ti. auch ivohl quail (vor Angst u. Schre-
cken zittern, beben, verzagen, den Muth ver-
lieren, niedergeschlagen sein; vergehen, hin-
schtoinden, verwelken, absterben, verfallen,
erschlaffen; sich quälen und härmen, trau-
ern etc.), während engl, quail (gerinnen, von
der Milch) mit unserm kelen eines Ursprungs
ist. — Vergleicht man nun iveiter aengl.
(St rat man n) chiliin (algere) ; engl, chill
(das Zittern u. Beben vor Kälte, der Schauer,
der Fieberfrost ; die Kälte, der Frost etc.),
to chill (kalt machen, durchkälten ; frieren,
gefrieren; schauern, schauern machen; er-
starren, erfrieren ; frösteln ; niederschlagen,
muthlos machen etc.), chilly (kältlich, fröst-
lich) etc ; nid. kil (Kälte, Frost, Erstar-
rung), kil, bz. unser kil (kalt, erstarrt, frö-
stelnd, schauernd, zitternd etc.) ; killen (käl-
ten, kalt machen, das Gefühl der Kälte ver-
ursachen zugleich mit einem Gefühl des
Schauerns od. eines zuckenden Schmerzes,
toie z. B. loenn etivas Kaltes an die Zähne
kommt u. dadurch augenblickliches, zucken-
des Zahnschmerzen entsteht) u. killen (töd-
ten, cf. Ho oft) etc. u. Alles was Ili Ide-
brand (Grimm, Wb. V, Spalte 511) un-
ter kellen (frieren) anführt, so ist es klar,
dass sich ein mit engl, chill ident. nd. kel-
len, killen mit einem aus ahd., bz. as. que-
lan od. queljan abstammenden kellen, killen
formell u. begrifflich so gemischt liat, dass
es durchaus immöglich ist von diesen Wör-
tern (u. auch von unserm kel u. kil) mit
voller Bestimmtheit zu sagen, in ivie tveit sie
mit engl, chill u. i'.sZ. kilia (frieren) etc., od.
mit dem cüten quclan etc. ziisammenhängen.
— Wegen engl, chill etc. s. Weiteres unter
kold u. kttl u. wegen kill unter kwälen.
keller, kelder, Keller, unterirdische, bz.
geioölbte Vorrathskammer , Gelass od. Ge-
5 wölbe, loorin man Etioas legt u. verbirgt, wie
ausser sonstigen Vorrüthen auch Leichen
od. Todtensärge ; — dat ligd in de keller;
— he hed nog wat in de keller ; — he hed
sük up 't karkhof 'n keller maken laten, war
10 he in begrafen, bz. bisetd worden wil ; — de
bfisbeller sitt in de keller ; — de keller geid
under 't ganse hüs dör. — Daher : kellerhol
(kellerhohl) ; — dat hüs is gans kellerhol, d. h.
der ganzen Länge u. Breite nach mit einem
15 Keller od. unterirdischen Geioölbe versehen.
— Nd. keller; rdd. kelder; mnld. kelre;
afries. szelner ; mofries. (C a d. Müller)
sillern od. szillern ; ahd. kellari etc. atis lat.
cellarium, der Weiterbildung von cella, was
20 mit helle (Hölle, s. 2 hei etc.) u. lat. celare
einer u. derselben ]/ angehört.
keni, s. kamen.
keiiiausje od. kemousje, Abtritt, heimli-
ches Gemach. — Wohl aus commodite cor-
25 rumpirt.
kemmen, kämmen. Zu kam.
keiwode, a) c o w m o d e, bequem, gemächlich
etc. ; — dat kan 'k kemode dön ; — he is
d'r föls to kemode to, as dat he sük dar
30 um bukd ; — b) Commode , Schrank mit
Schuhladen, wo man bequem Etwas hinein-
legen kann, bz. eine Bequemlade , Bequem-
schrank etc. Davon:
kemodiglieid, Bequemlichkeit, Gemächlich-
st keil etc. etc. ; — all' mit kemodigheid.
ken, ke, Diminutiv- Endung = nhd. chen,
statt deren ivir auch jen, je u. tjen, tje ge-
brauchen. — Nd., mnd. ken ; nid. ken, kin,
kijn u. chijn, od. chien, ghien (ivie z. B. in
40 Annechijn, od. Annechien etc. = unserm.
Annake, od. Anke, nhd. Annechen), tvas als
quin, chin (cf. Diez, I, 169 unter facchino
u. II, 105 u. 333 unter botequin «. helle-
quin) auch in die rom,. Sprachen überging,
45 ivie ja auch Arie-, od. Harle-quin (ital. Ar-
lechino u. älter franz. auch bierlekin) nach
Diez (I, 31) entweder direct aus dem anld.
entlehnt ist, od. toie Dante' s Teufelsname
Alicliino aus dem obigen afranz. hellequin,
50 anld. hellekin, helleken entstand. — Am
häufigsten ist bei uns die Form „ke" u.
scheint dies auch die alterthümlichste zu sein,
da sie anscheinend mit lat. ca (cf. musca
etc.), griech. ka (cf. muiska) u. skr. ka (cf.
55 muska, terticulus, od. urspr. nach dem Pe-
ter sb. Wb. „Mäuschen"-, als Dimin. von
müs od. müsa u. demnach dasselbe wie U7i-
ser müske) etc. identisch ist. — Was nun
dieses als Diminutiv - Endung sehr verbrei-
GO tele „ka" betrifft, so glaube ich, dass selbiges
13*
KEN
19fi
KENNEN
ebenso wie as. ika od. iko, ahd. icho (cf.
Grimm, Ml), tinter chen) von Hause aus
eine Angehürigkeit, od. eine Verwandtschaft
ti. Abstammung (cf. ig, ing) andeutet u. dasx
demnach ein mit „kA" gebildetes Diminutiv
wörtl. )iichts weiter besagt, als dass dasselbe
von dem betr. Subst. abstammt, od. so zu sagen
ein Abkömmling (Kind, Junges od. Kleines
etc.) von demselben ist u. dass man dem-
nach skr. muska (Mäuschen od. 3Iüuslein)
u. nauka (Schißchen, Schifßein) icörtl. mit
Maus- u. Schiff-Kind, od. Abkömmling von
Maus, Schiff' etc. übersetzen muss.
keil, kein ; s. gen etc.
ken-l)är, keniibar, erkennbar etc.; — hö
is od. dat is kenbär genug; — dat is dii-
delk kenbär.
ken-büi'lik, kennharlich, erkennbar etc.
kcn-iuark, Kennmerk, Kennzeichen etc.
\i(^l\-\WJiV\i.^\\.,krHnmerken,kennzeichnenetc.
kennel, Kern od. Korn des Getreides u.
Obstes etc. = kürrel etc. — Auch wang.
kennel u. assimil. aus kernel = engl, ker-
nel; ags. cirnel, cyrnel, der Weiterbildung
von kern.
kennelik, kennelk, kenntlich, kennbar, er-
kennbar etc.; — dat is kennelk genug; —
he is so kennelk (er ist so kenntlich, bz. so
leicht zu erkennen) an sin gang etc., dat
man 't al fan wulen sägt, dat he 't is.
kenuelkheid, Kenntlichkeit, Kennbarkeit
etc.
kennen, kennen, verstehen, wissen, bekannt
u. vertraut sein (mit Etwas od. Jemandem),
Kunde haben (von etc.), erkennen etc.; —
he gaf to kennen, dat bc hunger harr'; —
he mut dat leren kennen (a. er muss das
Lernen kennen; — b. er muss das kennen
lernen); — he kend un fersteid dat, wo 't
mäkd worden mut; — du must dat kennen,
du best dat je lerd; — ik kenn' (od. kan)
min leks fan buten; — he keude (od. kun')
sin leks göd ; — he wil hum net kennen un
niks fan hum weten; — ik kenn' hum to
god, as dat ik hum tröe; — he kend hum
net (er kennt ihn nicht, bz. er erkennt ihn
nicht an, — betrachtet ihn nicht, als ihm
angehörig u. verwandt); — he wil niks fan
hum kennen od. weten (er will nichts von
ihm tcissen, er verläugnet ihn etc.); — he
kend hum al lank; — be kende hum glik
wer, as he fan sin reise torüg kwam ; — ik
kenn' hum al wid fan feren; — he kend dat
d'r glik iit, wat suis is; — he keiul sük fan
binnen un buten; — he kend sük d'r net
in of üt etc. — Compos. : bekennen, erken-
nen, ferkonnen, ofkennen, mit- od. cnt-kcn-
nen, sowie auch ankennen (ansehen, anmer-
ken etc.) ; — man kan hum dat göd ankennen,
dat he schofel to mode is. — Nd., nid. ken-
nen; afries. kanna, kenna (anerkennen, er-
kennen; kennen lernen, untersuchen): wfries.
kinnen (kennen, wissen etc.) satl. kanna (in
bikanna); as. kennian (gezeugt werden, ent-
5 stammen; kund werden etc., cf. M. Hegne;
nach Andern aber: zeugen, erzeugen etc.;
anerkennen, erkennen, gignere, cognoscere) ;
— ant-kennian (i)inc werden, erkennen, an-
erkennen); ags. cennan (gebdren, zum Vor-
10 scJiein od. ans Licht bringen etc.; refle.v.:
sich zeigen, sich off'enbaren, sich bekunden) ;
engl, can (kennen ; ivissen) u. ken (erken-
nen, gewahren , ins Auge fassen, gewahr
loerden, kennen, tvissen); an., isl. kanna
15 (muster)i, prüfen, untersuchen, od. forschen,
ins Auge fassen u. sehen wonach etc., bz.
lustrare, scrutari ; numerare etc.), kannaz vid
(agnoscere, contiteri), kcnna (noscere; docere,
bz. erkennen, kennen lernen, gewahren, em-
20 pfinden; kennen lehren; begreifen, benennen
etc.); norw. kanna (kjondes ved, kjende soni
sit eget, erkjende; tilkjende, tilegne; rand-
sagp, see efter, gjennemsee, bz. anerkennen,
erkennen etc.; zuerkennen etc.; untersuchen,
25 forschen etc., cf. auch engl, ken, spähen,
ersehen, um sich blicken), kjenna (kennen
etc.); schwed. kanna (kennen, erkennen;
empfinden, fühlen ; versuchen, prüfen ; befin-
den, erklären; zuerkennen, zugestehen, be-
30 kennen etc.); dän. kjende (kennen); goth.
kannjan (gnorizein, bz. bekannt Diachen, kund
thun); ahd. kennan, chennan in den Compos. :
ar-, ir-, er-kennan (erkennen, kennen lernen,
vernehmen; anerkennen; kennen, verstehen,
35 [Einem] zuerkennen; sich bewusst werden
[Eines], innc toerden, einsehen, beachten,
wahrnehmen) ; inkennan (cognoscere), bichen-
nan (erkennen, kennen, wissen; zuerkennen,
bz. bei [Einem] eigen machen; bekennen;
AO ansehen, halten für) ; mhd. kennen (ganz
einzeln) u. meist in den Compos. : er- u. be-
kennen.
lyie obigen Verba sind sämintlich von ei-
nem Stamm kan od. kann (geschwächt ken)
45 mit Jan, an (machen, thun etc.) weitergebil-
det, der ebenso wie der Stamm kun von
kunnan (cf. könen) aus einem verlorenen
Stammverb, kiniian od. kinan, kan, kunnun,
kun (cf. brand, branna, brunst etc. von brin-
50 nan u. band, band von binden) hervorging.
kiunan, kinan aber gehört unstreitig zur j/
Jan, gan (gignere etc. , bz. gebären, zeugen,
erzeugen, entstehen machen u. lassen, her-
vorbringen, schafften etc.; geboren toerden,
55 entstehen, zum Vorschein kommen, gehen
hervor [aus Etwas heraus], erscheinen etc.)
u. hat daher dessen Präter. kan zunächst
die Bedtg. : gebar, zeugte, schuf etc. od. habe
bereits geboren u. erzeugt etc., bz. entstand,
60 tcurde geboren, kam zum Vorschein, er-
KENNEN 107 KENNEN
schien etc., od. war bercitfi f/cboirn u. er- Könner u. Machthaber, somh-rn auch der
zeugt etc., ivcü eben das Prüter. anyleht, Kenner u. Wisser (cf. mhd. kuustcr, Wis-
dass das bereits ycschah n. 2)as>iirte, was .^ender etc. von kunst, Wissen etc., von kuii-
das betr. Verb, besagt. Verbunden mit dem nan) des Geschaffenen ist.
Suffix Jan od. an heisst nun kan-jaii wörtl. 5 Bezüglich des goth. kannjan, ahd. kennau
soviel als: gebar etc. machen, bz. ent- etc. u. des as. kennian (gignore, cognoscere)
stand etc. machen, od. machen (dass Et- etc. sei übrigens noch gefragt, ob auch wohl
was od. Eines) gebar u. schuf etc., bz. angenommen werden kann, dass sich in die-
machen, (dass Etwas od. Eines) ent- sen Wörtern zivei tirspr. von einander ver-
stand u. geboren lourde, aus ivelchen 10 schiedene Stämme mit einander vermischt
beiden Bedtgn. sich dann von selbst die haben u. dass einerseits kan das Präter. von
Bedtg.: gignere od. des loirMichen u. acti- einem verlorenen Wurzelverb.: kinan, kan
ven Zeugens, Schaffens u. Hervor- (gignere, cf. kinen, kind, könig etc.) u. an-
bringen s des as. keunjan ergab. Ver- dererseits von einem kinan etc. od. kinnan
gleicht man nun aber, dass das Vbm. er- 15 (noscere, bz. gnoscere) ist, zu welchen eben
kennen (u. Abraham erkannte sein kannjan u. knnnan etc. gehören. Vergleicht
Weib Sarah) auch sinnlich von Beischlaf man nämlich, dass schon im Skr. u. Zend.
ausüben od. den Act des Zeucjens begehen, neben jan, zan idg. gan (gignere ; nasci) eine
bz. begatten, schwängern etc. gebraucht wird, f jan, ja, zan, zä (scire, noscere, cognos-
so könnte die Bedtg.: cognoscere -yon kenn- 20 cere) bestand, wovon auch ^mi, &*. gnä (scire
jan etc. sich leicht auch aus der von gig- etc.) umgesetzt u. durch „ä" weitergebildet
nere entwickelt haben. Wahrscheinlicher ist ist (cf. Fick, 1, 05 bis 68, soivie Bopp,
es indessen, dass die Bedtg. : cognoscere aus J usti, G r a s s m a n n , B e nf e y etc. we-
der von : gignere in der Weise hervorqing, gen dieser Wurzeln u. ferner auch bei G.
dass Vater u. Mutter als Erzeuger u. Ge- 25 Curtius, pag. 174 u. 178 sub Nr. 128 u.
bärerin das von ihnen erzeugte u. geborne 135 wegen gen u. gnö), so tväre es aller-
Kind anerkannten, bz. ihren Sprössling dings möglich, dass neben kinan (zeugen,
als das Ihrige n. Eigene kannten u. erkann- gebären etc.) auch ein kinan (scire etc.)
ten, sodass das Erkennen od. Kevinen als bestanden hätte. Da indessen auch die y
eine Selbstfolge des Erzeugens od. Gebarens 30 jan (scire, noscere etc.) lautlich nicht von
angesehen lourde od. dieses das Kennen von jan (gignere ; nasci) zu trennen und von
selbst involvirte, tvoüei auch noch zu beach- Hause aus eine u. dieselbe y ist, tvorin die
ten ist, dass nach agerm. Beeide der Vater Bedtg. : toissen, kennen etc. blos eine begriff-
des Neugebornen erst ausdrücklich als von liehe Weiterbildung von gebären u. geboren
ihm selbst erzeugt er- od. anerkennen musste 35 tverden (z. B. erzeugen, entstehen machen,
(wenn er z. B. sarjte : ich kan, so hiess das hervorbringen, zum Vorschein bringen, ans
zunächst soviel als: ich habe gezeugt, Licht bringen, sichtbar u. kennbar machen,
indem er aber ich kan sagte, drückte er kennen lehren etc.; od. entstehen, ans Licht
dadurch zugleich auch aus, dass er das kommen, sichtbar u. kennbar werden, ken-
Kind kannte, n. es rechtlich für das Sei- 40 nen lernen, erkennen etc., cf. oben ags. cen-
nige erklärte), bevor es für das Seinige galt nan) ist, so bedarf es auch eines Stamm-
u. demnach das Gezeugthaben auch das vbms kinan, kinnan in der Bedtg.: scire,
Kennenu. Erkennen od. umgekehrt das noscere etc. /»r kannjan u. kunnan nicht,
Nichtke n n e n auch das Ni chterzeu q t- sondern es genügt vollkommen auch für diese
haben begrifflich in sich beschloss. Hält 45 Verba ebenso wie für kind, könig etc. blos
man dazu nun aber iveiter das Präsens knn ein in der Bedtg. gignere, generare etc.
vom Verb, können in seiner Bedtg.: ich ver- zweifellos vorhanden gewesenes germ. Verb,
mag, habe Macht u. Gewalt, bz. ich verstehe kinan, kinnan (H. Leo envähnt Spcüte 175
etc., so ist es leicht einzusehen, dass auch ein cinnid (ds 3. Pers. 2)räs. von cmn&n, so-
dessen Bedtg. aus der von : zeugte, schuf, 50 loie ein Compos. for-cinnan u. meint auch,
machte etc., bz. habe gezeugt n. erschaffai, dass die Stämme can u. cun ^lrs]}r. die Be-
bin Vater u. Schöpfer u. deshcdb auch Herr dtg.: erzeugte od. habe er zeugt hat-
u. Meister über etc. entstand, loobei man ten u. dass daraus [s. oben] die von: bin
dann (ülerdings beim Vergleich von kennen einer Sache mächtig, verstehe u. kenne sie
zu können leicht zu der Annahme kommen 55 etc. hervorgingen) anzusetzen, toeil eben hie-
könnte, dass auch die Bedtg. des Ersteren von sich kennen u. können, bz. die
(cf. auch künde ti. kunst; direct aus der sämmtlichen zu kennen angesetzten Verba
von: ich habe gezeugt u. geschaffen in (dien ihren verschiedenen, Bedtgn. ohne
etc. entstand, tveil derjenige, ivelcher schuf Zwang erklären lassen.
u. machte (der Schöpfer) nicht allein der GO Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass das
KENNER 198 KEREL
enr/l. know , moiffh knawe; sehoU. knaw, Umkehr, WiedcrJcehr, Tour, Mal etc.; —
knawe (icisseu, kennen etc.) nicld direct mit ilat stoid iu de kür; — de dag is in de ker
CKjs. cennan etc. verwandt ist, sondern viel- (der Tay neirjt sich, ist im Verscheiden etc.);
mehr mit ar/s. cniivan; ahd. cuaau, knaan, — de sünne is in de ker (die Sonne icill
chuäan, clinähan (uosccre) ». an. knega, kna, 5 sich neigen, od. untergehoi) ; — elk to sin
kuätta (posse); isl. kuäi (at knä) n. knae kör (Jeder zu seiner Tour od. Zeit) ; — de
(knädi) u. nae (posse; cf. noscere ^ gnos- krankheid is in de ker; — ider ker (jede
cere) : kslav. znaja, znati (kennen, erkennen); Tour od. Jedes Mal) kumd he bi mi für; —
lat. uosse, noscere, co-gnoscere; gricch. gig- en ker deid lie 't un 'n ander ker lett lie 't
nöskö, gnosomai, gnöme etc. (cf. näme etc.) 10 wer; — lie ferget dat fan en ker to d' an-
zu der aus gan, jan, umgesetzten y gna, er- der; — ik niut nog twe ker breiden , den
weitcrt gnä (s. oben) gehört, während ande- mut ik mindern; — dat geid tegcn de ker
rerscits )thd. Knabe; engl, kuave; schott. (gegen die Bichtung, bz. der Drehung od.
knawe etc. (cf. knäp); nhd. Knecht; ahd. dem Krei.'^lauf entgegen); — dat ligd üt de
knelit ; ags. cuiht etc. (cf. knegt). goth. 15 ker (das liegt aus der liichtung) ; — dat
knods u. knoda; ahd. cbnöt u. ags. cuusl; nem 'n andern ker (das )tahm eine andere
ahd. chnusal (Geschlecht etc.); alt-gall. gna.- Bichtung od. Wendung etc.); — dat jär
tns (Sohn); lat. nasci, natus, natio, co-gnä- hed sin ker fiildän (das Jahr hat seinen
tus etc. ; gricch. gnete (in kasi-gnete, Schioe- Kreislauf vollendet). — to ker gan, zu, od. in
ster) : guesios (echt) etc. von einer aus gan, 20 Bichtung gehen, Bichtung nehmen loohin,
jan (gignere etc.) umgesetzten u. erweiterten hingehen, angehen (wider Etwas), handeln,
y gnä, jnä stammen , aus ivclcher sich /». toben u. widhcn (gegen od. über Etwas), od.
derselben Weise wie bei gan, jan = zend. überhaupt: handeln, sich benehmen, angehen
zan (kennen, s. oben) die Bedtgn.: kennen (cf. angän), lärmen, toben etc.; — he gung
u. können (nämlich ans gebären, ans 25 to ker (er ging hin, od. nahm Bichtung zu
Licht bringen etc. die von: kennen od. be- ihr hi)i) un gaf hör 'n shig an de hals; —
kannt machen etc. u. aus geboren wer- he geid to ker (handelt od. benimmt sich,
den, ans Licht kommen etc. die von: sieht- tobt etc.) as de düfel; — de wind hed fan
bar u. kennbar icerden, kennenlernen, ver- nagt to ker gän, as wen 't all' umweieu
stehen, rcissen, können etc.) der y gnä (scire 30 wul, wat d'r was; — de kinder gän to ker,
etc.) entwickelt haben. as wen se mal sunt. — Compos.: inker, of-
kenner, Kenner; — he is 'n kenncr fan ker, umkcr, iitker etc — Nd., nid. kcer;
tahak etc. ags. cera (cirr, cyrr) ; ahd. eher ; mhd. ker
keiini^. kennig; s. enkennig. u. mnd. kere; ahd. kera, chera; 7nhd. kere.
keiinis. Kenntynss etc.; — sin kennissen 35 cf. keren.
sunt net wid lier; — dat ligd bäten min kerhauter, s. kabauter.
kennis; — he hed mi d'r fan in keunis setd; kerd, kerd, Kehrt.
— he hed nii d'r gen keunis (Kenntniss, kei'dät, cordat, beherzt, muthig etc.; —
Nachricht etc.) fan gäfen; — he hed keu- he is d'r kerdat genug to; — hc geid d'r
nis fan fole dingen; — na min kennis 40 kerdät up lös; — he lüpd so kerdät (mu-
(nach meinem Kennen od. Wissen, nach thig , kühn, gerade aufgerichtet etc.) as 'u
meiner Wissenschaft etc.) mut ik dat betwi- jungen God. — Aus lat. cordatus.
fein; — he hed kennis (Bekanntschaft etc.) kerol, kerel, kiM'del, Kerl, Mann etc. ; —■
mit hum niäkd ; — dat is 'n kennis (eine he is 'n gansen (od. goden, kloken, prächti-
Bekanntschaft) fan hum; — he ligd hüten 45 gen, siegten etc.) kerel; — he is 'n kerel up
kennis od. künde (er liegt ausser Bewusst- dek; — he is 'u kerel as 'n eke; — dat is
sein). — Nid. kennis. 'n kerel för de füst, de fast hold, wen 't 6k
kan-tckcn. Kennzeichen, Kennmerk, 3rerk- süst un brüst. — Sprichw.: „oldc kercls un
zeichoi, Merkmal, Anzeichen etc.; — dat junge w'ifeu, gift föl kinder un fnl kifon" ;
sunt de kontekons d'r fan; — he gift gen 50 — „inanshand bäfeu", sä' de kerel, do harr'
kenteken fan sük etc. he sin wif in de gOtc ; — „dat kumd all'ns
ken-t('kenen, kentekiKMi. kcntckon, /ic«»- up 't höchste'', sä' de kerel, do krüp hum
zeichnen: — dat is kcnii'kfiuA (gekenn zeich- 'n lüs an de liüd lierura; — „toföl is tofnl
net, gemerkt etc.); — he kcntekcud sük dar un to min is to min", sä' de kerel, ,,'t wif
dör üt etc. 55 dre kinder un de mutte man en bigge" ; —
kontern, .s. kantorn, kantcln. „war rük is, mut ök für wesen", harr de
kenütje, ,s. karnütje. korel segd, do wul he bi 'n warmen perde-
kopp. kepon. koper etc., s. käpe, käpen etc. kotel sin pipe ansteken; — „dar fahl wat",
kopfin. s. kapün. sä' de kerel, do sinet he sin wif üt 't bedde;
ker. k«=r, kilr, Kehr, Wendung, Drehung, 60 — „darten uärs! darteu niirs!" rep de ke-
KEREL lOf» KEREN
rt'l, du hulp lie 't kalf l»i de stört iip; — Herr, Gebieter, Fürst fef. auch fürst], od.
do korel hed 't glük füstdik, wat lic iinfätd doniinator, monarchus) ; ahd. altist; atjs. yl-
word gold; — „rrst 't nüdi^gste", Sil' de ke- dist etc. (princeps etc.) n. weiter auch ahd.
rcl, do kQü])pelde he stn wif ; — .,dat kost altiro, Plur. altiron (Eltern, Vater u. Mut-
gen geld'', sä' de kerel, do pnitfclde he sin 5 ter etc.), so scheint es mir viel richtif/er, das
sön; — „dat is laiik iin smi'rig", sä' de ke- Wort charal = urspr. germ. karala od. ka-
rel, do stül he seilgani un 'n l)riigf;invurst; rara (cf. skr. apara als Compar. von apa
— „'n hard würd hold 'ii kerel fan 't l'if". unter agter od. achter, soioie auch upara
— Nid. kerel; mnld. karcl, kaerel, kaerle, unter afer) als einen Comparativ von skr.
keerle, kerle; nd. keerl, kerel; mnd. kerle; 10 jara od. jära ((dt, alternd, greis etc.) su fas-
afries. (in Eigennamen) karl, kerl u. sonst sen u. demnach dieses agerm. karala nicht
tzerl, tzirl od. tzerle, tzirle; tofries. tzierl; ivie Fiele (s. III, 4:1) thiit, mit kereii von
wang. sjel od. sjel (statt sjerl, sjerl, wj«e hen der ]/ jar, gar (sich nähern etc.), sondern
statt born, cf. barn); satl. (Ehrentraut, von der y jar, gar (cdtern, greis iverden)
1, 182 u. 183) kerrel; helg. kärmen (ivohl 15 = zcnd. zar (cf. Ferd. Justi, pag. 121)
ident. mit nfries. karman = urs2)r. karl- abzuleiten , looza auch die Bedtg. : alter
man, karlmaiiiia;r(H. karlniädr, il/rt»«-7l/t'«sc7*, Mann od. Greis des an. karl (u. das davon
männlicher, mannhafter Mann, vir fortis); abgeleitete an. kerling (altes Weib) jeden-
ags. carl (Mann, Ehemnnn) u. ceorl (Ge- falls stimmt, da auclt griech. graüs (Grei-
meinfreier, Mann niederen Standes) ; engl. 20 sin, altes Weib) etc. derselben ]/ angehört
churl (Bauer, Landmann, rnsticus, gemeiner n. dann karala (älter) auch siibst. ebenso
Kerl, Lümmel, Grobian); aengl. chorlo (das- ivie ags. caldor zunächst die Bedtg.: Ael-
selbe) u. eher], ehcrel, chel (Kerl, Mann); terer n. weiter die von: Vorgesetzter,
Schott. (J amies on) carl, cairle, carle, carlj Herr (Gebieter, Herr u. Vater des Ge-
(Mann, Bauer, starker Mann, alter Mann 25 schlcchts od. der Familie, Hausherr, Ehe-
ete.) an. karl (Mann, alter Mann, geringer herr etc.) gehabt haben könnte.
Mann); karl, kall; norw. (I. Aasen) karl, kerel-elske , Mannweib, kühnes, für cht-
kall, kal, kadl, kadd, kaell (dasselbe) ; dän., loses Weib etc. : — 't is so 'n regten kerel-
schived. karl (Mann, Kerl) ; ahd. charal, cha- olske; se steid uargends für stil.
rel, karl, charl, kharl; amhd. charl ; mhd. 30 keren, keren, käreii, kehren, wenden,
kerl u. ahd. charlo ; amhd. charle, karle (vir, drehen, richten etc. ; — ker di ; — he kerde
maritus, amator) «. cds Eigenname (beson- sük um; — he kerd ua hüs torüg; — de
ders Karls des Grossen): karl, karel, karle wind kerd sük na 't Osten; — he kerd de
= mlat. karlus, karolus , karulus ; afranz. wapens tegen de fend ; — he kerd sük tegeu
karlus; nfranz. charles ; daher : lit. karäljus; 35 God (richtet sich gegen, bz. lehnt sich auf
r«ss. korol; jjo?«. krol; ungr. kiräly (König). tvider Gott); — he kerd sin foten na buten;
Aus dem Gebrauch des ahd. karl als — sin oge na 't lücht keren ; — 't binnenste
Eigenname u. besonders als Name Karls na hüten keren; — he kerde 't rüge hüten
des Grossen sowie aus dem sonstigen. Ge- (er kehrte das Bauhe nach aussen od. her-
brauch dieses Wortes (auch ivir gebrauchen 40 aus ; fig. : er wurde grob etc.) ; — dat hei
kerl sonst noch im Sinn von eticas Tuch- (Heu) mut kerd worden; — de büdel un-
tigem, Starkem, Grossem etc., loie nur z. B. derst bäfen keren ; — he kerd (stört) sük
auch von einem grossen mächtigen altehr- an niks uu geid sin egen gang ; — wel kan
würdigen Baum sagen: dat is jo 'n kerel, 't keren (abioenden, abhalten, hindern etc.)
od. jo 'n kerel fan 'n böra etc.) scheint wohl 45 od. muten ? — Compos. : an-, be-, fer-, in-,
hervorzugehen, dass dasselbe urspr. nur eine of-, um-, üt-keren. — Nd. keren ; nid., wfries.
edle Bedtg. gehabt hat (cf. auch kwäue in keeren ; afries. kera ; nfries. (0 utze n) kere,
dieser Beziehung) u. von Hause aus ent- kiere ; as. kerian, keröu ; ags. cerran, cirran,
weder blos den vir od. Mann per se (vgl. cyrran; aengl. cayre, cherre, charre; engl,
auch man), bz. den mannhaften , kräftigen, 50 (dialcct.) chare (to returu, turn back, stop) ;
starken Mann, den Held u. Tapfer n etc. od. schott. (J a m ieso n) caii", cayr (dasselbe),
vielleicht besser den erivachsenen altern — Ahd. cherran, cherren, keran, keren, che-
Mann (dem man als den A eitere n u. Ehr- ren; mhd. keren (trans.: eine Richtung,
würdigen Ehrfurcht u. Gehorsam schuldig Wendung, Umwendung etc. geben, richten,
war u. unterthan sein uiusste) bezeichnet hat. 55 wenden, umwenden , kehren ; — intrans. :
Vergleicht man nun aber die von alt (ags. eine Riclitung etc. nehmen, gehen, kommen).
eald etc., cf. old) weitergebildeten, bz. aus Es scheint loohl als sicher angenommen
dessen Co)npar. u. Superl. Substantiv irten werden zu können, dass auch ahd. cheiTan
Wörter: mhd. alte (der Alte, Gott, Vater); für cherjan steht, bz. hieraus entstand u.
ags. ealdor (der Aeltere, bz. der Vorgesetzte, 60 dass somit cherjan mit der Endung jan (ma-
KERING
200
KERN
chen) von dem Subsl. eher (liichtmuj, Wen-
dung etc., cf. kcr) gebildet ist, woraus denn
die trans. u. intrans. Bedtg. von: Rich-
tung geh en u. B i cJitu n g n e h m e n von
selbst hervorging. Was nun aber ker selbst 5
betrifft, so drückt dies eigentlich nur eine
„Bencgung nach irgend einer Seite hin" od.
Bewegung (zu u. wohin) rt»s-, icieja auch
die Verba : k ehre n , richten, len k e n,
wenden etc. eigentlich nichts Anderes he- 10
sagen als: eine Bewegung von irgend ico
weg nach irgend icohin machen, woraus denn
von selbst folgt, da.'<s dies sowohl in einer
geraden als auch in einer krummen Jiicldung
geschehen kann, wie man ja auch ri eilten 15
von k ehr e n und w ende n im Sprachge-
brauch dadurch unterscheidet, dass man
beim Ersteren in der Begel an eine „Be-
wegung gerade aus" denkt, obschon es an
u. für sich ebenso wie lenken u. stcu- 20
ern (cf. stüreu n. auch schikkeu etc.) nur
die ganz neutrale Bedtg. : betoegen iv o-
hin etc. hat. Vergleicht man nun das md.
(Grimm, Wb. V, 35) käre =^ kere u. karte
:= körte, soioic die obigen engl. u. schott. 25
Formen mit ai, so muss man fast anneh-
men, dass diese Vocale (steht ags. cerr für
caer od. c;\r, hz. cair, ceir? cf. auch die
Nebenformen cierr, cyrr bei Ettmüller)
auf ein goth. kair od. vielleicht auch auf 30
kais (cf. leren, löreu [lehren] = goth. hiis-
jan) ::urückweisen, wie neben kürte (kehrte)
auch lärte (lehrte) vorkömmt.
Ob nun aber weiter eine nahe Verwandt-
schaft zwischen ahd. eher (Richtung etc.), 35
cherrau etc., bz. dem nfries. kere, kiere
kehren, wenden etc.) u. kere, keire, küre
(fahren, treiben); an. keyra (treiben, an-
treiben, vorwärts treiben ; schlagen, stossen);
isl. keira (pellero, loris caedere, trudere) ; 40
keiri (scutica, lorum, terginuni); noriv. köyra,
kjure (treiben, stossen, stechen ; treiben, an-
treiben, nöthigen, zwingen; fahren mit einem.
Pferd, fahren od. reisen in einem Wagen
od. Schlitten); köyr (Treiben, Antreiben); 45
dem. kjöre; schived. köra (fahren etc.) be-
steht, wage ich nicht zu entscheiden u. will
ich nur bemerken, dass Fiele (III, 4o) das
ahd. keran mit lit. zaras (Richtung, Reihe
etc.) zu der y gar, jar (sich nähern, her- 50
beikommen) stellt.
kering, kcrin;^, keren, Kehrung, Wen-
dung etc. ; — dat steid iu de kering, od. in
't kcrefi.
ker-klöt, kerklöt, Kehrklotz; ein Klotz, 55
welcher das Kehren u. Wenden, bz. Zurück-
rollen der Fässer hemmt, hz. selbst ein
11 emmklotz (cf. keren in der Bedtg.: ab-
halten, hemmen, hindern) ist u. zu dem Ende
gegen den festzulegenden Gegenstand gelegt 60
wird; — du raust 'n kerklut tegen 't fat (bz.
de lialk etc.) leggen.
kerjÖs, muthig, kühn, voll Selbstvertrauen
u. Selbstgefühl, stolz, üppig etc.; — 't is
jo 'n kerjüsen kcrel ; — he word körtens so
kerjos, dat man hum tegen frögcr habt hei
net wer kend. — Wohl aus franz. coura-
geiix verderbt.
körl, s. kerel.
1. kern, Kern. Es tcird hier nur in der
Bedtg. Mark, Bestes, Vorzüglich-
stes, bz. des Dichten, Harten u. Festen
(als Inneres im Gegensatz zu der äussern
Schale und Rinde, ivelche den Kern ein-
schliesst) etc. gebraucht (dftr sitt so regt gen
kern in), während wir für die einzelnen
kleineren Fruchtkerne etc. hauptsächlich kör-
rel, seltener karrel, keunel gebrauchen. —
Nd. (Br. Wb., Dähnert) karn, (Scham-
bach) küren, küre u. nfähl. keirne; mnd.
kcra, kerne, karne; nid. kern; mnld. (KU.)
karne, kerne, kcerne, kereue; nfries. (cf.
O utz e n unter kerel) kern ; ags. cirn, cyrn
(in cirnel, cf. keunel u. körrel); engl, kern
(in kernel, bz. to kern) u. (dialect., cf.
Grimm, Wb. unter Kern) quem, sowie
schott. ({uairn (Körnchen), loas indessen ivohl
zunächst mit körn od. goth. qairnus (Mühle,
cf. kwcrn) zusammenhängt ; an. kjarni ; norw.
kjerne, kjenne (cf. kennel := kernel) ; schwed.
kiirnc ; dän. kjerne, kjaerne ; ahd. kürno,
cherno; )iihd. kerne, kern. — Es gehört mit
körn, kürrel n. kwcrn (Mühle), sowie lat.
granum (statt garnum, wovon das franz.
graine «. hiervon wieder mnld. graen, greyn;
nnld. graan, Kurn) ; kslav. zerno (Kern),
Ärüno (Korn) ; russ., slov. zerno; böhm. zrno;
2)oln. ziarno ; wend. zorno (die aber in der
Bedtg. zum llieil mehr dem nJtd. Korn glei-
chen), sowie lit. zirnis; lett. zirns (Erbse,
Erbsenkorn od. Korn der Erbse) ziveifel-
los zur y jar (idg. gar mit den Nebenfor-
men gur, gvar, jiir) ; zend. zar (zerreiben,
abnutzen, aufzehren, aufreiben, gebrechlich
machen, alt machen, alt loerden lassen; morsch,
alt u. gebrechlich iverden, altern ; zerrieben
tverdeu), deren Grdbdtg. indessen (cf. gürte,
graud, grind) ursjjr. wohl sonare (bz. ein un-
articulirtes Geräusch machen) loar , looraus
sich zunächst die Bedtg.: knarren, knirren,
knirschen etc. u. weiter die von: knirschend
zerreiben (wie von auf einander reibenden
Zähnen od. Steinen), zerreiben, zermahlen,
zerkleinern, zermalmen (cf. auch rnfil , mö-
len, mulni, niolt etc.) etc. entwickelten, so-
dass sie mit jar, jur, bz. gar, gir, gur, gvar
(sonare, bz. rauschen, knarren, knirren, knir-
schen, knistern etc., cf. diese Wurzeln bei den
verschiedenen Autoren u. auch Weiteres unter
galm, gold etc.) von Hause aus identisch ist.
KERN 201 KERSE KERS
2. kern, Kerl, Einschnitt etc. — Anschci- da dem (thd. cherza ganz ref/clrcrht ein an.
nend obs. II. nur erhalten im ivamj. (Eh- liQvü (das nd. kcr&c etc. ist aus dem hochd. ent-
ren traut, I, 375) kcniiel, ivas wie kcnucl lehid u. „s", hs. „tsch" [statt „ts", cf. nhd.
(s. d.) für kernol steht. — Es ist das nd. Bursche statt BurseJ aus ,,z" vergrü-
(Br. Wb., 741 seq.; Bahn er t etc.) karn; 5 bert, ivie auch „s" in hars [resiiia] u. „sch'^
mnd. kerne, karne, loas ioahrschei)d. auch in nhd. Hirsch) gegenüber steht u. das
dem gleichbedeutenden afries. kere (statt ke- Wort Kerze (candela, lucerna, lychiius) nur
rcn od. kcrene) zu Grunde liegt, obgleich die Bedtg.: leuchtendes, Licht gebendes od.
dieses auch aus kerve entstanden sein kann, flammendes u. brennendes Etivas hat, wobei
wie übrigens Hildebrand (Grimm, Wb. 10 man wohl zunächst an einen mit Oel od.
V., 357) dies auch von karne vermuthet. Fett, Talg etc. getränkten Docht denken
Diez (11,257) tvill dagegen dies nd. karn muss. Vergleicht man nun, dass das ahd.
mit nhd. Krinne u. nd. kamen (kerben); täht = nhd. Dacht, Docht; an. tliattr nac/i
afranz.^prov. carnel (Zinne, Zacke); nfranz. Fick (III, 129) mit an. tliang (Tang) zur
carneler (kerben), cran (Einschnitt, Kerb); 15 y tanc, spannen, zusammenziehen (Bopp
henneg. crcner (einschneiden, spalten); chw. übersetzt sie mit : curvare, inflectere ; — Ben-
crenna; lomb. crena; piem. cran (Einschnitt feg mit: to coutract etc. u. soll sie nach
etc.) von lat. crena ableiten, icas übrigens Grassmann eine Weiterbildung der y
nur einmal bei dem älteren Plinius vor- tan, ziehen, spannen, recken, ausspannen,
kömmt u. demnach selbst leicht ein gall. od. 20 aufziehen etc., cf. auch spinn en = Fäden
germ. Fremdwort sein kann, trotzdem Fick ziehen od. ausziehen u. ausspannen etc. sein)
(II, 54) es als echt Icd. ansieht n. zur ]/ gehört u. urspr. die Bedtg.: Faden, funicu-
kart ßauen, schneiden) stellt. Auch Hil- las, als Gezogenes od. Gesponnenes
d ehr an d (G r i m m, Wb. V, 2318) bezwei- (auch die Kerzen od. Lichte tverden vom Licht-
feit die Entlehnung des ahd. chrinnä aus 25 zieher gezogen) etc. hatte, sowie ferner, dass
lat. creua ti. wenn man vergleicht, dass so es nach Hildebrand (cf. Grimm, Wb. F,
sehr viele Wörter mit anlautendem „c" od. 246 u. 614) auch ein ahd. cha,Tz mit der Bedtg.:
„k" auf einen Anlaut „sk" (auch die y kar Werg (stuppa) gab u. landschaftlich auch
[machen etc.] entstand ivohl aus %\2iY [schnei- ein Verb, verkarzen (die Fäden des Garns
den, hauen etc.], loie ja auch Fick kar 30 verwirren) vorkömmt, tvas zu mnld. kerte-
als aus skar entstanden annimmt u. auch len (fimbriare, crispare) ; mfläm. kertelen
griech. krinö, kritos, krima u. lat. cerno etc. (crespiller , krollen , kronckelen) stimmen
zur ]/ skar stellt) zurückgehen, so ist es sehr könnte, wie auch zu dem unter Karte am
leicht denkbar, dass auch ahd. chrinnä eben- Schlüsse (G r i m m, Wb. V, 238) angeführ-
sowohl ivie sci'intau (sich spalten etc.) u. 35 ten karte. Verfilzung, Verwicklung, bz. Ver-
scrunta (Spalte, Biss, Schrunde) zu der y schlingung od. Knoten etc., loobei denn auch
skar (schneiden, hauen, spalten etc.) gehört. an., isl. karta, Rauhigkeit, Unebenheit, Hö-
kernel, kenel, die zweite od. schlechtere cker, Auswuchs, Knorren etc., scabrities;
(noch etwas körnige od. grantariige) Sorte gemma arboreum etc. ; norto. kart, karta etc.
des gebeutelten Mehls, loelchcs zivischen dem 40 (Iv. Aasen); schwed. kart u. kartnagel,
feinen u gebeutelten Mehl u. dem eigentli- sowie auch kartig (schrumpflicht, kidpig etc.)
chen grantl zwischen inne steht u. nid. kor- zu erwägen iväre, namentlich beim Vergleich
nel genannt wird. Zu kern in der Bedtg. von Dacht (s. oben) von der ]/ taue, span-
Korn, cf. körrel. neu, zusammenziehen, schrumpfen, bz. cur-
kernjg, kernig, von 1 kern; — dat is 'n 45 varc, inflectere — od. Hügel, Höcker
kernig stiik holt; — he is net regt kernig etc. u. skr. koca, das Einschrumpfen etc.,
(innerlich fest u. gesund). kun'cita zusammengezogen, in einander ver-
kerse, kers, kärs, Kerze, Licht; — ^3^%-, schlangen, kraus, geringelt etc. von der y
talg-kersen. — Bäthsel: dar stua 'n nieisje kuk (sich zusammenziehen, bz. sich ziehen
in de dör, — se harr' d'r 'n wit schüdje für, 50 u. krümmen etc.), so ist carz od. charz (stuppa,
— so föl langer as se stun, — so föl mer bz. eine loirre, verschlungene, krause od.
dat se ferguug. — Nd. (Br. Wb.) kars, rauhe, faserige, haarige Masse, od. über-
(Dähnert) kerse, kertsche, kertische; mnd. haupt ein ivirres rauhes Etwas) mit an. karta
kerse, kers, karse; nid. käars ; mnld. keersse (Rauhigkeit) connex,' während ahd. carzä
(candela, lucerna, lychuus) ; tuang. kävs; an. 55 od. kerzä ein aus Werg gemachtes od.
kerti; norio. kjerte; dän. kerte; nfries. gezogenes, gedrehtes Etioas, bz. ein Werg-
(0 u tze n) karte, kerte ; ahd. chorzä, kerzä, D i n g gewesen sein ivird , xoas ebenso wie
kherzä, charza. carz, charz; mhd. kerze. der Dacht genannte ülum od. funiculum
Die Ableitung von lat. cera od. cereus ist mit Oel od. Talg getränkt zum Brennen be-
toeder formell noch begrifflich gerechtfertigt, 60 nutzt wurde, od. als Kerze (candela, lucerna,
KERS-KOP 202 KESEN
lychnus) diente. Da man aber bei ahd. carz ricochettiii) : — he kumd achlerna as de
als Werrj ii. bei CArz als Dacht u. Kerze kese; — \\ harten kerel np 'ii wekeii kese;
auch annehmen lann, dass Beides ein aus — kes im hrod, sloid allcmau död ; — de
Fäden ge- od. verschJHngenes,bz.ein üt min kes mäkd 'n schüt un üt min meid
in einander geschlungenes u. g e dr ch- 5 'n hrüd, de nmt to iniu liüs hcrüt; —
tes Etwas (ein Ge-, od. Verschlungenes) kl;\r is kes: 't wif in de kram un 't kind is
icar, so liegt die Vermuthnng sehr nahe, düd. — Nd. kees ; mnd. kese; nid. kaas ;
dass beide Formen ebenso icie skr. gAVÜ aus mnld., mßäm. kaese, kese; afries. tzise ;
frarda ron gAV (sonnre) auf die y gar (schiin- wfrics. tzyse; satl., wang. &\z; helg. size;rts.
gen, verschli)igen, schlucken = ziehen in 10 k;"isi, kesi, kicsi; (i(/.s. cese, cyse ; c».(//. cheese ;
sich hinein, cf. töge, Zug, Schluck), od. mit ahd. chase, case; ndid. kaese; itul. cascio,
SÄT. jarjara (zerfetzt, verschrumpft, runz- cacio; span. queso; iiort. queixo; vmllach.
ligt), griech. jrernerimos (cerschrumpft, ver- kash; kclt., ir. c&is; gael. caise; ivälsch ca.ws;
knurpelt, bz. faltig, runzligt, rauh etc.) auf lat. cäseiis, woraus die germ. rom. Formen
die y gar (reiben, zerreiben, 7üund u. rauh 15 hervorgingen.
machen etc., cf. unter 1 kern) zuri'ickgehcn, 1. ki'StMi, käsen, käsig loerden (von der
wobei man denn bei gar (schlingen) in der Milclt, hartem Wasser etc.), gerinnen.
Grdbdtg. : z i ehe n auch an eine daraus ent- 2. kescn, auch (doch selten) kisen (kese,
standene Bedtg.: zerren, reisscn, auseinan- kest etc.; — kos; — kosen, kason «. koren,
der zerren u. reisscn, fasern (was übrigens 20 karen), kiesen, wählen etc., eligere etc.; —
auch aus der Bedtg.: alt n. morsch icer den, lie kus sük dat beste d'r üt; — he kös
zerreissen , spalten etc. hervorgehen konnte) (wählte, hielt, schätzte) dat stük für dat
denken kiinnte. beste. — C'ompos.: ferkesen , ütkescn etc.;
kers-ko|» (Kerzenkauf). Es bestand hier cf. kis, küse, Icür, küren etc. — Afries. kiasa,
fridier die Sitte, dass bei einem öffentlichen 25 tziesa, sciesa; «i/r/V.s. kiezjen, tziezjen ; 7)fries,
Verkauf von Imuwbilien beim Beginn des kese; wa«7/. kioz ; ;/7(/. kiezcn ; mnld., mfläm.
Verkaufes eine brennende Kerze auf den kiesen, kcesen «. kiercn ; as. kiosau, keosan,
Tisch gestellt wurde tt. dass nur so lange kiasan, kiesan ; mnd. kesen, keisen; nd. ke-
Gebote abgegeben werden durften, wie das scn; ags. ccos&n; engl, choosc -yaengl. (Strat-
Licht brannte. War es gänzlich herunter- 30 mann) cheosen, chesen; sc/i o<<. clieis, cheiss,
gebrannt, so erhielt derjenige den Zuschlag, ches, chcse; an. kiosa, kjösa; noric. kjosa,
der gerade vor dem Erlöschen das letzte kjöse; schwed. kesa ; dän. keise (beide ver-
Gebot abgegeben hatte u. nannte man diese altet) ; goth. kiusan; ahd. kiosan, chiosan,
Art des öffentlichen Verkaufs einen korsköp. kheosau, kiasan, chiesen ; »i/jr/. kiesen (schme-
kerwel, krcwel, tcild, wüthend, zornig 35 cken, kosten ; prüfen [cf. i)rüfen] ; wählen;
etc.: — he wiird gaus kerwel un wul hast wahrnehmen : sehen). Davon : franz. choiair;
üi de hüd faren. — Es ist wahrs(.hei)dich prov. chausir, causir; aital. ciausire; aport.
aus krewolsch = mnd. krevelsch (gereizt, cousir; })rov. cscansir; acat. scosir (tcählen
zornig etc., von kreveln, kribbeln) = krib- etc.). — Es (/ehärt mit ahd. c\iost{avhiirmm,cf.
belsch (cf. kribben u. kribl)elig , kribhelg) 40 küst) chostön, costön (kosten, schmecken, prü-
entstanden. fcn, untersuchen etc.); goth. kustus; ahd.
kei'Wpi. «. karwei. kust, chust; as. knst (Schätzung, Früfung,
kerwidjp, kerwiddi, kcrwids in der Fe- Beurtheiluiu/, W(üd, Erprohthcit, Vortreff-
densart: in 'n kerwidje = in einem Augen- lichkcit: Beschaffenheit, Art u. Weise) etc.,
blick, bz. in einem Umsehen od. Handum- 45 so^t/ve m/i /«/. gusto, giistus etc. ; griech. (d'ur-
drehen etc. tius) gei'iö (lasse kosten), goi'iömai (koste,
Kes, ml. Name u. corruuipirt aus Corne- schmecke etc.), geüsis (Geschmack), geiima
lius, ivie Mes, Mewes aus Bartliolomaens u. (das Kosten od. Schmecken ; die Kost) ; skr.
Tes aus Matthaeus. — Redensart: klar (/er- jushsti (das Geniessen od. Schmecken, Ko-
tig) is Kes. 50 sten ; Liebe, Gunst, Befriedigung), j\6HA,y^sAS
kes, kesliuiid, Spitz, SjiitJiund. — Auch (Gefallen, Belieben), jostr (Begehrer , Lie-
nid. kees. Wahrscheinl. wohl aisBeisser bender etc.), io%\\\-xv (liebend, hegend); zend.
od. Kläffer mit mnld. keesen (gnaauwen, ziista (geliebt) etc. zu der y: idg. gns; skr.
bz. beissen, kauen) od. unserm 2 kisen ('/.7((_/'- jush; zend. zush; germ. kus, die Fick (I,
fen etc., cf. daselbst) conne.c. 55 77) mit kiesen, kosten; — Bopp mit
kese, keS, Käse; — botter un kese ; — kes amarc, desiderare; colcrc; — Benfeg mit:
un brod. — Redensart, n. Sprichw.: kös m\ to bc plcased, to enjoy; to like, to undcrgo,
brod smiten (mit einem flachen Stein auf to freciiieiit, to befall; — Volt (Wurzelwb.
das Wasser so werfen , dass er mehrmals II, zweite Abth., pag. 370) mit: befriedigt,
wieder davon abprallt, bz. wie eine Kugel üO günstig, vergnügt sein; Etwas od. Jeman-
KESEN
203
KETTERE
den gern haben, lieben ; Gefallen Jindcn an,
sich einer Sache erfreuen; munden lassen
etc. übersetzt, tüährcnd Grassma nn (403)
die Bedtf/.: schmecken, kosten voranstellt
u. annimmt, dass sich hieraus die iwn: mit
Lust genicssoi, gern haben, lieben, sich ivohl
gefallen lassen etc. ; erfreut u. befriedigt
sein etc. weiter oitioickelten. Da nun aber
(cf. smäk, smaken, smekken, smakellk etc.)
der Geschmack nur in einem Beiz der
Nerven, bs. in einer bemerkbaren Empfin-
dung besteht (es hatte im ahd. auch die Be-
dtg. : Geruch u. hat jetzt auch die von:
Gefallen, Lust, Befriedigung, Vergnügen
etc.) u. schmecken eigentlich nichts ivei-
ter heisst cds: empfinden, merken, bemerken
etc. od. einen Nervenreiz bekommen u. ha-
ben (schmecken hatte früher auch die
Bedtg. : riechen, wie ahd. kiosau auch die
von: merken, bemerken, sehen etc. hat), so
ist auch tvohl anzunehmen, dass auch der
idg. y giis, ahd. kus von Hause aus eine
ganz neutrale sinid. Bedtg. zu Grunde liegt.
Vergleicht man nun aber, dass das Probi-
ren od. Prüfen der Butter u. des Inhalts
der Fässer durch Stechen geschieht u.
dass auch dem Worte aichen (probare etc.,
cf. ik, iken) toahrscheinl. die Bedtg. : ste-
che n, bz. stossen, schlagen etc. zu Grunde
liegt, so könnte auch die idg. y gus urspr.
die Bedtg. : stechen od. stossen (sticheln,
stacheln, reizen, prickeln [auf der Zunge,
in der Nase etc.], anreizen etc.), bz. treiben,
antreiben, forttreiben (mit einem Stachel od.
Stecken wie bei den Ochsen etc.) gehabt
haben, looraus sich dann auch die von:
Schmerz, Empfindung, Beiz, bz. Geschmack,
Geruch ele. od. schmecken, riechen, fühlen,
merken, erkennen, sehen etc. u. viele andere
von selbst ergeben. Vergleicht man nun
aber die durch Bopp u. Bot feg von gus'
od. jush (amare etc., bz. to be i^leased etc.)
getrennte y gus' (investigare, exbilarare), bz.
jusb (to reason or to hurt ; to satisfy) ?f.
jiish (to hurt), bz. (Bopp) giis' (laederc,
occiderc), .so scheint es, als ob jush od. gas'
eine blosse Enveiterung der y ju od. jii (to
push 011 ; to impel) ist (wozu Benfeg sagt:
cf. probably , lat. gavi in gaudeo, gavisus
sum; griech. getheö, agaiiös), deren Bedtg.
(cf. Fick, I, 77 die y gu sab 4) : treiben,
erregen, bz. (cf. pag. 578) vorwärts drän-
gen, getrieben tverden (sinnl. : durch äussere
Anstachlung u. Anregung, — tr02). : durch
innere etc., cf. drifen, drift), rasch u. rege
sein, in rasche Beioegung setzen, antreiben,
anregen ; drängen ; fördern, begeistern etc.
(auch nach Fick gehört griech. gaiö , ich
bin begeistert, freudig, stolz etc. u. lat. gau-
deo etc. dazu) auch wenigstens auf eine
ähnliche sinnliche Grdbdtg. (wie oben
für gus' angenommen) schliessen lüsst. —
Hat übrigens die y gus' urspr. die sinnl.
Bedtg. : „steche »" gehabt, so icürde selbst-
5 redend ausser: stacheln, reizen, treiben etc.
sicJt. darcms auch die Bedtg. : stossen, hauen,
schlagen etc., od. graben, ritzen, verwunden,
spalten, schneiden (alles vom Begriffe: spitz
od. scharf sein) u. so auch die von : heis-
10 sen, zerkleineru, kauen etc. leicht haben ent-
loickeln können, ivie ja kosten od. schme-
cken jedenfalls ein sinnliches kauen u.
z erbeis sen, od. z er m ahnen etc. vor-
aussetzt, cf. auch kise u. 2 kiscn.
15 kesig, käsig, klumpig, geronnen; wie Käse
aussehend.
Kesje, lobl. Name ti. Dimin. von Kes =
Cornelius. — Redensart: klär (fertig, hz.
heirathsfähig) was Kesje, harr' se man 'n man.
20 keske (Dimin. von kese), a) kleiner Käse ;
— b) die Samenknöpfe der Malven; — c)
ein kleiner platter, käseförmiger Apfel, ivie
z. B. die Zwiebelborsdorf er u. andere Zwie-
beläpfel, wie wir ausser sure auch söte kes-
25 kes haben.
keske-appel ; i. g. keske, sub c.
keske-böin, Zioiebelapfel-Baum.
kestüiu, s. kostüm.
kes-wei, Käsewasser, serum.
30 kete, s. käte.
ketel, s. kätel.
keter, Quartier; a) der vierte Theil von
Etioas, od. ein Viertel; — 'u keter törf; —
't is 'ii keter na fife; — 't is 'n keter lir
35 gäns; — b) Unterkommen, Herberge; — he
kan nargens gen keter finden.
kette, Kette. Aus lat. catena, loas Fick
(II, 50) zur y kat (fallen, anfallen) stellt.
Vergl. jedoch Weiteres unter band.
40 ketter, Ketzer., haereticus. — Afries., nid.,
nd. ketter; noriv. kjettar; dän. kjAtter ■jSchived.
kättare. Aus griech. lat. cälharus, Angehö-
riger der manichäischcn Sccte der cäthari,
loelche sich im 11. u. 12. Jahrhundert im
45 Abendlande verbreitete u. von der römischen
Kirche mit Feuer u. Schwert verfolgt wurde.
cätharus bezeichnet eigentlich einen Beinen
von griech. katharös (rein, unbefleckt), was
mit kathairö (reinigen), kätharsis (Beinigung,
50 Sühnung) nach Bopp, Curtius etc. von
der y : skr. quäh, gvadh; zend. Qud (reini-
gen) abstammt, die aber selbst wohl wie Qvit
u. cvid (glänzen , loeiss sein etc. , cf. wit)
eine Weiterbildung (cf. Fick, I, 61) der
55 primären y ku, kvi (brennen, glänzen, leuch-
ten etc.) ist.
kettere, Ketzerei, Lästerung etc. ; — ket-
tere drifeu (Spott mit der Religion od. dem
. Heiligen treiben etc.). — Nid. ketterie ; afries.
üO katerie.
KETTERN
204
KIDDELN
1. kettei'ii. Hetzern, lädern de; — nur in
ferkettcni.
2. ketterii, schelten, lärmen, toOcn, jla-
cJien etc. — L's ist icahrschcinl. dasselbe
Wort icic 1 kcttorn , da auch im nd. (Br.
M^b.) die licdensart. : ho supt od. ho Hok-
kct etc. as ceii kcttcr gebräuchlich ist. —
Xach afries. katoric (cf. ketten"') kün)de dem-
nach auch kattern dasselbe Wort sein. —
(/. indessen das unter kiulerwälsk Bemerldc.
ketüffel, .s. kaituffol.
kent, koit, Covent, Halb- od. Dünnbier,
I^'achbier, bz. Bier vom zweiten JMulzauf-
giiss. — Afries. koyt; mnd. kovent, kavent ;
isl. kovonta, kuvonta. — Vom mlat. coven-
tus, franz. couveut aus cooveiitus (geistliche
Gesellschaft eines Klosters, Convent) n. ei-
gentlich Co n V ent s b i e r, od. Bier, Getränk
was die Klosterbrüder tranken, im Gegen-
satz zum Bier, wa^ für die Obern bestimmt
war.
keve, ,s\ 1 käfe etc.
keveii etc., .s. kefen etc.
kibbc, kibb' (Plur. kihbeu), Kiefer; s.
1 käfe.
kibbe-bunko, kibb'-biiiike, Kieferknochen,
Knochen, wo die Zähne drin haften etc.; —
de kibb'bunkeu doii ml ser.
kibbel. Zank, Hader etc. = kiikel ; — he
sinitt 't in de kibbel.
kibbol-dik. kibbpl|iaiul, ein Deich, bz. das
Pfand od. die Abtheilung eines öffentlichen
Deiches od. Weges, dessen Unterhaltung
Gegenstand eines Streites, Haders od. Pro-
zesses ist, also wörtl. : Streit-Deich etc.
kibbole, ;rokibI)pl, Zänkerei, Gezänk etc.
kibbelii. kpfelii od. keveln, streiten, zan-
ken, hadern etc. : — sc kibbehi (od. kab-
bein) sük, bz. mit 'n ander ; — laten so sük
d'r nm kibbeln. — Xtd. kibbeleu , kovc-
len, keuvelcn; mnd. kil)bclon, keveleu (laut
schreien, schwatzen, zanken etc.) ; mhd. kibe-
len, kii)beln, kijjeln, kippolu, kifehi; )nd. ki-
velen, kifelen, kebeln. — Freq. od. Iterat.
von kibbcn = kifen.
kibbpl-snfit, kibbeliiifirs. Zänker etc.; —
du I)iist "n regten kibbolsnnt.
kid, kidde (Dimin. kidje, kitje), kleines
(nordisches) Pferd. — Nid. kid, iddde ; fries.
kedde (cf. Weiland), kleines Pferd. Es
ist ident. mit «. bedeutet von Hause aus wie
an. kidh (Böckchen) ; norw., dän., schwed.
kid (Böcklein, Zicklein, Jungthier) ; engl, kid
(Zicklein; Junges, Kind, sowie auch: ahd.
cizi , kizzi, ciiitzi, kizzc, kitze, chizze,
kizzin, chitzin; mhd. kitzi etc.; nhd. Kitz,
Kitze (Zicklein; Junges von der Ziege, vom
lieh, von der Gemse) nur ein junges od.
kleines Etwas u. beruhen die ahd. od.
oberd. Formen nach Fick (III, 4(i) auf
einem Thema kidsja, während ich eher glaube
dass ahd. cizi aus älterem hochd. kiti =
ngerm. od. nd. kidi entstand. Die eigent-
liche Grdb'ltg. ist indessen: S^jross, Spröss-
5 ling, da es mit goth. kian, keian (germi-
nare) ; ahd. chimo (Keim, cf. kim, kiu, ki-
nen); ahd. kidi; as. kidh, kitli; ags. cidh
(germen, Spross, Keim, Sprössling, Sprosse
etc., cf. auch engl, kid, Eeisbündel , lieis-
10 büschcl; Welle = Stange, Stock, Stecken);
Schweiz, kide, kidel (Stengel od. Schössling) ;
bai/r. keid {Kohlpjlänzling) zur ]/ ki (spries-
sen, sprossen, keimen, wachsen) = idg. gl ;
skr., zend. ji (sich regen, lebendig sein, le-
ib ben etc.; erregen, beleben etc.) gehört, cf.
auch kind.
kiddd. Kitzel: — f!:ekiddel, Gckitzcl.
kiddpli;":, kidlig, kiddel^, kiddelk, kitz-
lich, reizbar, gereizt, empfindlich etc. : — he
20 is so ferdümd kiddelg (od. katel) , dat man
hum liast net anrüren dürd.
kiddelii, kitzeln etc., titillare ; — dat kiddelde
bnni {das kitzelte od. freute ihn, machte ihm
Vergnügen, einen angenehmen Beiz etc.);
25 he kiddekl sük fan lachen; — dat kiddeld
(od. prikkold, kribbeld) mi so in de hals. —
Nd. (B r. Wb., Schütze, S c h a m bac h)
kiddeln, kirreln, koddeln, kittein, keteln;
mnd. kettcleu ; nid. kittelen, ketelen ; mnld.,
30 mfläm. ketelen, kcttelen, kittelen ; ivang. liid-
delje; ags. citeljan ; engl, kittle ; schott. kittle,
kitill; an. kitla; )torw. kitla ; dicdect. kiltla,
kisle, kilr^le; schwed. 'k\ii\A; dän. kildre; ahd.
chizilön, kliizilön u. chuzilOn, chuzelon, cu-
35 zelön; mhd. kitzeln, kützeln.
kiddeln, kittelen, bz. ags. citeljan etc. lieisst
soviel als Kitzel erzeugen, od. machen
u. verursachen etc. (Einem) n. ist daher das
obige Verb, von dem Subst. eitel (Kitzel)
40 wcitergehiJdet, was zwar im ags. nicht be-
legt ist, indessen nach citohing (Kitzelung)
jedenfdls liestanden haben muss, zumal da
neben an., isl., norw. kitl, bz. kitel auch
mnd. kcttel : nd. (D ä h n e r t) kettel, (Seh a m-
45 bach) ketel (Kitzel), vorkömmt, welche For-
men, nebst norw. kitall ; schwed. kjitall, ke-
tal; adän.,jütl.ku\e\; ivang. (Ehrentraut,
I, 2i)7) kättel (kitzlich), sowie nnserm katel
u. dem Stamm cluizil (von ahd. chnzilon)
50 auf ein Stammrerb. kitan (kat, kut, kutnn)
= ags. citau, (did. kizau zurückgehen, tvas
im norw. kita, dialect. kjota, kjaeta, kjaata
(cf. I V. Aa asc n), schived. keta, kjeta u.
kitta noch lebt u. auch oberd. sich vereinzelt
55 ((ds kitzen) noch findet, tvomit beim Ver-
gleich von kid = ahd. cliizi (cf. kidde) auch
an., isl. kida (jucken, kriebeln etc., bz. sich
ein loenig od. leicht kratzen n. reiben, niol-
liter sc fricare) tvahrscheinl. urspr. ident. ist,
GO da auch adän. kidel (s. oben) dazu stimmt.
KIDDIK 205 KIFIG KIWIG
Be^i Stamm kit, kiz, cliiz od. kid betreffend, kife, (Keife), Schelte; Zank, Streit, Ha-
so Jcann derselbe iirspr. ivoJd die Bcdtfj. : der, Trozess (cf. 0. L. ]{., pag. 46, 47) ; —
Erregung od. Beiz u. kitan, bz. ags. pass' up, dat du d'r up de regte tul wer bist,
citan etc. die von: erregen, aufregen, anders gift 't kife ; — he hed kife had od.
reizen (die Sinne erregen u. reizen, cf. 5 kragen; — se hebben kife mit 'n ander. —
Sinnen-Kitzel u. kitzlich = reizlich etc. n. gekifc (Gekeife, Gezanke, Gezänk). — Afries.
auch schived. kat, geil etc.) gehabt ti. dem- (kive), szive, tsive, kyf; nd. kiiv od. kief;
nach Fick (111, 46) Recht haben, wenn mnd. kif; rdd. kijf; id., schwed. kif; norw.,
er kitla zu der y ki, idg. gi, skr. ji (sich dän. kiv; mhd. kip, Genit. kibes (schelten-
regen etc. ; erregen etc., cf.\dAt\e) stellt. Ver- 10 der Zank, Keifen; feindseliges Wesen, Ge-
gleicht man indessen unser b'it in der Be- loalithätigkeit, Kigensinn,, widersetzliches We-
dtg. : Jucken u. biten in der von : jucken sen ; Wettstreit ; Leidenschaft, Leidenschaft-
od, kriebeln etc., so kann das Verb, kitiiii lichkeit, leidenschaftlicher Eifer), cf. kifen.
vielleicht besser von der ]/ skad (beissen, kifen, (kife, kift'st. kift'd etc. ; — kef etc. ;
od. ursp. [ivie bhid, cf. biten] .'^palten etc., 15 — käfen u. kifd), keifen, zanken, (mit Wor-
cf. skr. khäd u. chid , bz. Fick, II, 266) ten) streiten, hadern,, schelten etc.; — se
abgeleitet loerden, -wozu die von Hilde- kifen sük; — war twe mit 'u ander kifen,
brand zu kitzeln (Grimm, Wb. V, dar hebben se gewouclk beide schuld. —
875 seq.) angeführten leit., estn., slav. For- Auch sahst.: dat iafen; — olde_ k^rels un
men auch stimmen, zumcd icenn man ver- 20 junge wifen, gifd föl kinder uu föl kifen. —
gleicht, dass die secundären Wurzeln skad, Nd. kiven ; nid. kijven ; afries. (kivia), szi-
skak, skag etc. (cf. Fick, I, 330 seq.) nur via, tsivia ; satl. kivje ; nfries. ki win ; helg.
Weiterbildungen der primären y ska (wohl kiwen; an., isl. kifa; nono. (Iv. Aasen)
versetzt aus sak, spalten, schneiden etc., cf. kiva u.^ kivast; schioed. kifva; dän. kives;
lat. secare u. unser sagen) sind. 25 7nhd. kiben. — Es gehört mit kibbe , kib-
kiddik, a) Ackersenf, sinapis arvensis ; — beln, kabbeln, kaf, kafel etc. it. mhd. killen,
b) Ackerrettig, Hederich, raphanis raphani- kifen (nagen, beissen, kauen) zu der y gabli,
strum. — N1id.Kettich;nd.(Br.Wb., Schlitze, gambh (gähnen, klaffen ; schnappjen, beissen,
Bahn er t) köddik, küdikk, köek, keek, kök, spalten etc.) u. gingen germ. „b", „f", „p"
kötk, kütk, kütge; nfries. kütk, kötk; dän. 30 (cf. mhd. kip unter kife) u. „v", bz. „w"
kidik; nid. (v. Dale) kiek. — Ist es als aus urspr. „bh" hervor,
sehr ästiges, stark sp rosse n des Unkraut kifer, Keif er, Zänker etc.
od. überhaupt als Kraut mit engl, kid kifere, Keiferei, Zänkerei etc.
(Beisbündel, Beisbüschel) u. iveiter mit as. kU-gat, Zankloch, bz. ein Loch im. Deiche,
kidh (S2)ross) ; bayr. keid (Kohlpflänzling) ; 35 über dessen Ausbesserung Hader u. Zank
Schweiz, kide etc. (s.imter kidfkidde) connex? herrscht, cf. 0. L. B., pag. 880 u. 886 u.
kif, gemahlene Eichenrinde od. Gerber- Br. Wb., II, 769.
lohe, namentlich solche, ivelche bereits zum kif-göd, Zankgut; Gut od. Habe etc. toe-
Gerben benutzt u. aus der Kufe heraus ge- gen dessen Zank u. Hader herrscht,
warfen ist. Sie loird hier hauptsächlich in ^0 kif-haftig, . kifachtig, zankhaftig, streit-
der Gärtnerei zum Treiben verwandt od. süchtig, zänkisch, streitig etc.
auch in die Ff ade gestreut, um das Un- kif ig, kiwig, kibig, fest, dicht, derb, ge-
kraut zu unterdrücken etc. — Nid. kif; nd. sund, echt, treu, zuverlässig , so recht wie
(Br. Wb.) kiff. — Es ist desselben Ur- sichs gehört u. sein soll, rechtlich, recht, ord-
sprungs u. hat dieselbe Bcdtg. wie kaf, näm- 45 nungsgemäss, ordentlich, nett, sauber, rein
lieh „Zerkleinertes" u. kann demnach etc.; — dat fat is net regt kffig (a. das
auch das von VHinar (hess. Idiot., pag. Fass ist nicht recht dicht, bz. es ist leck
201) angeführte kipp (die mit dem Schnitz- od. undicht; — b. es ist nicht so derb, fest
messer von der Lohe od. abgeschälten Burke u. stark von Construction, wie es von Bechts-
abgenommene äussere rauhe Binde der Eiche, 50 loegen sein müsste ; — c. es ist nicht recht
welche als Brennmaterial gebraucht wird) rein u. sauber); — dat fat is net kiwig
dasselbe Wort sein, sofern es dem hochd. (derb etc., od. echt, gut etc.) mäkd ; — he is
Sprachgebiete angehört. Ist es indessen urspr. net kif ig (a. nicht dicht , sondern schioatz-
nd,, so gehört es zu kippen, bz. kappen. Dass haß etc. ; — b. nicht echt, treu u. zuver-
übrigens kif als schon ausgenutzte Gerber- 55 lässig etc., bz. [moralisch] nicht gesund, gut,
lohe liier auch blos die Bedtg. : geringes od. tüchtig, brav od. rein etc.) bum kanst du
werthloses Zeug, Abfall etc. haben kann, sei net as frilnd tröen ; — he is net kif Tg (ge-
noch beiläufig bemerkt. sund etc.) an de bunken; — de botter (dat
kif-dik; i. q. kibbeldik. — Nd. (Br. flesk etc.) is net kiwig (nicht gesund, bz.
Wb.) kiefdiek; nid. kijfdijk. 60 nicht frisch u. gut); — de sake is net Id-
KIFKE
206
KffiEN
w!g (nicht richtig od. sauber, sondern an-
rüchig lt. faul etc.), dar must du di net mit
iulateu; — dat sucht litr in hüs regt kJwig
(appetitlich u. rein etc.) iit; — he hod gön ki-
wigen (zuverlässige etc., od. saubere etc.)
frö. — Es ist eins mit nhd. (Grimm, Ml).
V, 43.3) Iccibig (zanlcisch, neidisch, miss-
günstig, zciderspenstisch , störrisch, eigen-
sinnig), hz. (Grimm, ^^'l). V, G.JT) kibig,
kybig (a. portinax, coutumax. zänkisch etc. ;
— h. stark, fri.^ch etc.), klobig (grob etc.), (in
Posen) kiowig (stark, fest; arg), in Halle
(.stark, echt, dauerhaft), im Osterlande
kitig (stark, derb, grob), henneb. kifig (acht
od. echt) ; .'<chwäb. kiebig (derb, dauerhaft);
hayr. kibig (stark, heftig etc.); mnld. (KU)
kyvigh (vixosus etc.) ; mfläm. kyvich (contcn-
tioux etc.) etc. u. von kif = nd. kief od.
kif, mhd. ki'p (s. unter kife) mit der En-
dung lg (Zustand, Wesen, Sein etc.) loeiter-
gebitdet. Die erste Bedtg. ist demnach: zän-
k isch, bz. polier n d, l aut etc , toeiter :
grob, derb (in gutem u. in bösem Sinn)
n. haben sich dann aus (sinnl.) polternd,
laut, grob «. derb die Bedtgn.: stark,
fest, treu, echt, zuverlässig etc. etc. (cf. auch
tröc, tröen etc.) iceiter entfaltet.
kit'ko, a) kleiner Zänker; — kleiner Kläf-
fer; — he is so 'u regten lütjen kifke; —
'n kiflie fan 'n liund.
kif keil (von Kindern u. kleinen Hun-
den), mit Worten streiten, zänkeln, kläffen,
hellen etc. ; — se kifken all' tegen 'n ander an.
kil'ker; i. q. kifke.
kif-Ulör, streitiges Moor. — Es gab de-
ren früher viele, da ein grosser Theil der-
selben gar nicht in den amtlichen Grund-
büchern eingetragen loar.
kik, ein Schallwort wie nhd. kicks, kick
(in nhd. kichern), nid. kak (Lärm, Geräusch
etc.), kak in kakeln etc., od. wie kink in
kinken, w/e quik in nhd. quieken , bz. ^tnser
kwak in kwakken; — hC' dürd gen kik Seg-
gen (er darf keinen Laut von sich geben).
cf. kikken. — Nid. kik (Laut), ivoher kik-
vorsch (der grosse Frosch, bz. der kickende
od. f/uikcnde Frosch) = unserm kikker.
kikiius, s. kikebiis.
kike od. kike, Gefäss, Behälter etc., na-
mentlich eine Feuer- Kieke , bz. ein hölzer-
nes od. metallenes (von Eisen- od. sonsti-
gem Blech) Stübchen (vergl. das gebräuch-
lichere stafe, stufe), tvorin ein irdenes Ge-
schirr (teste) mit Feuer zum Fussicärmen
gestellt wird. — Nd. kike, kik ; mnd. kike,
kyke. Nach S chütze (II , 250) ist eine
fiirkieke in Fehmarn ein grosser Schopen
(mel(dlenes Grfäss), hz. eine eiserne od. thö-
nerne iMaschine mit breitem Bande, auf dem
sich eine Familie hcrumsclzt, u. bedient man
10
15
25
sich dieser in kleinen Familien aus Alangel
an Feuerung zum Heizen gleichfalls. — Ob
dieses Wort mit ags. ceac (s. unter kachel)
identisch isti^ Oder ist es eins mit nhd.
K ü c h e, wie das synonyme stafe, stofe mit
stufe, bz. nhd. Stube als Baum, der er-
wärmt, bz. 7uorin geheizt wird, wie in der
Küche ? — Vcrgl. auch kikebuso.
kike-bu, verstecken etc.; — wi willen mit
"t kiiulje kikobii (od. bü-kik, bz. bü-kiK-ap)
spulen. — 3Inld. kiekeboe ; svhoft. keekbo
= engl, bopoep. Zu kikon u. cf. bii.
kike-buse, kike-bü.s, kikcbuss, kikbuss, ki-
buss, ein kleines über Bcifen gespanntes, ton-
nenförmiges od. ovales Netz (früher auch von
Weiden geflochten) , von ungefähr 2 Fuss
Längen. 1^1 1 Fuss Weite in der Mitte, toorin
das sich allmälig verengende u. spitz zulau-
fende Ende des Stellnetzes od. der f ü k o
20 (s. d.) hineingesteckt icird , damit sich die
in dem Stellnetze gefangenen Fische darin
sammeln. — Es ist loahrscheinl. von kike
(Gefäss, Behälter od. Fass, Tonne) u. büs
zusammengesetzt u. kann letzteres xoohl mit
büs (Banse, hz. ursjyr. ein W eideng c-
flecht, cf. bCis-dür) identisch (also ein Ge-
fäss von Weidenycflccht) sein, od. auch mit
büs (Tasche etc.). — ^1/« Dollart iverden
diese kikebuse od. kibuse genaiinten klei-
30 nen Netze noch jetzt sowohl von Weiden
als von Garn geflochten u. auch allein für
sich zum Fangen von Aal u. Garneelen be-
nutzt.
kikeii od. kikeii (kike, kikst, kikd etc. ;
35 — kek etc.; — käken) gucken, kucken, sc-
her, schauen, gaffen etc. ; — kik wol to, wat
du dcist; — kik güd um di, wen du up de
reise geist, dat du uns ük wat fertcllnn kanst,
wen du wer kumst ; — \\v kikd dwas un
40 dwer dör en hen ; — he steid to kiken, as
wen he nog sin Ulfen niks sen hed. ^ — Be-
densart. u. Sjjrichw.: wat Idkst d' nii an, ik
heb' al 'n man ; werst erder kamen, den
harr' 'k di namen ; — he is nog so 'n lüt-
45 Jen kik in de weit, de nog naigends fan wet;
— kik dör de tun (Guck durch den Zaun),
so wird hier die Gitndelrebe genannt; —
hü kikd üt as 'n katte, de 't donnern hörd ;
— \\v kikd so nesgirig üt, as 'n himerurrs;
50 — bt' kikd hum in de kürte; — lie bed 't
nakikcn d'r fan; — de düd is, lett sin ki-
ken. — Compos. : an-, bc-, fcr-, in-, na-, of-,
um-kikeii etc. — Nd. kiken, kieken; mnd.
kikcii ; nid. kijkeii ; mnld., mfläm. kycken ;
55 ?r/V<Vs. kyckjen ; tvang. kikje ; nfries. kiockc;
Schott. (Jamicson) keek, keik ; engl. (North.)
keek ; aengl. kyka od. (nach Stralmann)
kiken; /.s7. (kika) nach kikar (tul)us, cf. ki-
ker) ; norio. (I v. Aasen) kika; schwed.
00 kika ; dän. kige. — Dass der nd. od. vgerm.
KIKER 207 KIL
Stamm kik, kyk mit kuck i» nhd. kucken, teres unter kich, kichen, kicken, kickezen,
gucken idcnt. ist, geht nicht allein cms ki- kicks etc. in (rrimm, Wo., u. dazu unser
ken, sondern auch aus kikor, kikkaste etc. kik, kikkak etc., kakeln etc., sotvie auch un-
heroor u. glaube ich daher, dass diesen. Stänt- ter küken n. kwak, kwakken etc.
men kik, kuck ebenso wie in kik = quik, 5 kikkei'H, a) den Laut „kik" öfters od.
quik, quak ein älterer Stamm qik (od. quik, anhaltend hören lassen; — b) kichern; —
kwik) zu Grunde liegt, der mit goth. qius c) zanken etc. = kakeln etc.; cf. kik i«.
(cf. kwiver etc.) u. an. kvikr (cf. kek ic. kikkakken etc.
kwik, kwikken etc.) derselben y angehört u. kik-Üt, Guckaus, Ausguck (cf. ütkik),
zwar der ]/: idg. gi, giv, gvi (sich bewegen 10 Ausschau, Ort od. Stelle von wo man (Guck-
od. regen, eilen etc.), loobei man vielleicht fenster. Warte etc.) ausschaut; — ik mut
annehmen muss, dass sich wie hei der y ins 'n kiküt holden; — he steid up de kikiit.
ak von augo (Auge) u. augau (sehen etc., kil od. kill, kalt, schaurig, fröstelnd, bz.
cf. öge) aus der urspr. Bedtg. : sich bewe- ein Gefühl der Kälte u. des Schauerns ver-
gen (vor), kommen (zu), erreichen etc., bz. 15 ursachend u. daher auch: unangenehm, em-
dringen (vor od. ein, durch etc.) etc. die pfindlich etc.; — dat kolde water is so kil
Bedtgn. des Erkennens u. Sehens etc. u. an de tanden, dat se mi glik anfangen to
auch die des Scharf- u. Klugseins etc. ent- kellen, wen ik 't in de raund krige. — Nid.
wickelten, loie denn auch das md. kiken kil etc., s. unter kellen.
(stechen, cf. Grimm, Wb. F., 702) mit 20 1. kil, Bock, Mannsrock, Jacke, Wamms.
kiken (sehen) wohl derselben y angehört. Dimin. kiltje, kleiner od. kurzer Bock
kiker od. kiker, Gucker, Seher, Schauer, od. Jacke ohne Schösse, Wa7nms ; — sniit
bz. ein Er od. Es, der was, od. ivomit man din kittel üt un trek d' kiltje an, du must
sieht u. Ausschau hält; daher: a) ein Auf- äfen up 'n böskup; — he hed sin söndägs-
sichtsbeamter od. Steueraufseher; — h)Auge; 25 kiltje an. — Dieses von Stbg. mit Kittel
— sin lütje kikers (od. kikertjes) stän so übersetzte Wort bezeichnet hier durchaus
fenger; — wel in de kiker hebben (Jeman- keinen Kittel od. Ueberwurf, sondern steht
den im Auge haben, ihn beobachten etc.); im geraden Gegensatz dazu u. glaube ich
— ik heb hum al lank in de kiker had (ich deshalb auch nicht, dass es trotz der sonst
habe ihn schon lange beobachtet), mit der 30 toolil anscheinend vorkommenden Contrac-
Nebenbedtg. des Misstrauens; — c) Fern- tionen: kiel, keel aus kidel, kedel (cf. kit-
rohr ; — gif mi de kiker insen äfen her; — tel) mit dem Letzteren ident. ist, sondern
Compos. : fer-kiker, Fernkucker, Fernrohr ; vielmehr (die Wörter kittel, kitel, kidel, ke-
— steren-kiker, a) Stern-Fernrohr ; — b) del u. kiel, keel können ja ganz gut von
Sternseher, Astronom. — Nd. kiker ; nid. 35 früher her neben einatider bestanden haben
kijker; schwed. kikare etc. u. weil sie beide ein Oberkleid bezeichneten,
kik-gat, Guckloch, Sehloch, Oeffnung zum dann kiel , keel später blos als eine Con-
Gucken od. Ausgucken; daher auch: Fen- iraction von kidel etc. angesehen ivorden
ster u. Auge ; — de lütje kikgaten stän so sein) mit dem an., isl. kiöll (tunica exterior,
heller. 40 palliolum); norw., dän. kjole (Bock), ivobei
kik-in (Guck- ein), ein kleiner Besuch, tim ich ivegen der Form kil auf nhd. Kiel
Jemanden eben zu sehen ; — ik kam mau (Schiff) ^= ahd. kiol etc. ; an. kiöll ; ags.
äfen up 'n kikin ; — ik wul fau dage man ceol (s. unter 2 kil) verweise. — Vergleicht
'n lütjen kikin maken, up 'n ander mal kam man nun aber wams (Jacke, kurzer Bock,
'k insen up 'n langern tid. cf. in-klk u. 45 Wamms) aus wambeis u. dies aus mhd.
sprek-an. wambe, goth. vamba (venter, uterus, vulva,
kik-kak, kikliak, Zänker, Wortstreiter, Bauch, Wanst etc.), so dürfte auch dieses
rixator, disputator etc. cf. nd. (Br. Wb.) kil u. kiltje mit isl. kiöll, norw., dän. kjole
kikel-kakel, bz. unser kakeln u. den Schall- auf isl., an. kyll (uter, mantica etc.) zurück-
stamm kik, sowie hikhak. 50 gehen, bz. mit diesen u. an. kilia, kylia (te-
kik-kakken, kikhakken, zanken, hadern gimentum), kyllir (uter, scrotum etc.); ags.
etc., loie kakeln, kibbeln, hikhakken etc. cyl (Schlauch etc.), goth. kilthei (Mutterleib,
kik-kakkere, Zänkerei etc. uterus) etc. {cf. H. Leo, 570 unter c\\(\) zu
kik-kaste, Guckkasten. derselben y gehören, wie unser 2 küle u.
kikkeii, kicken, kicksen, einen leisen Jjaut 55 kule «. ivahrscheinl. auch skr. gola etc. ; s.
von sich geben, muksen etc. ; — he dürd net unter 2 kil u. unter 3 kil am Schlüsse.
kikken. Vom Schallstamm kik. cf. diesen 2. kil, Kiel, d. i. der der Länge nach
u. kikker, kikkern, kinken etc. , soioie nd. aus dem untern Schiffsboden vorstehende
queken, quiken aus kwakken. — Nd. kik- Grundbalken eines Schiffes, auf loelchem die
ken ; nid. kikken ; nhd. kicken etc., s. Wei- CO Spanten errichtet werden. Er ist gewöhn'
KIL
208
KIL
lieh etwas höher als breit. — de kil is legd
un de Spanten stiin d'r up. — Nd. (Br.
Wb.) kiel, (Dähnert) keel; mnd. kil h.
kell (ef. Seh. u. L., tco die Formen kil u.
kel, bs. kele nicht mit Kiel = Grundbal-
ken, .•iondern mit ahd. kiol, chiol etc., an.
kjöl [Schiff, s. tcciter unten u. cf. auch kol-
swin] idcnt. sind); nid. kiel; mnld., mjläm.
kiel ; icang. (Eh rentraut, 1 , 375) kiöl ;
engl, keel (auch hierin vermischt sich nhd.
Kiel = Schiff mit Kiel = Grundbal-
ken des Schiffs, wie im schived.) ; an. kjidr
(Genit. kjalar, Flur, kilir); isl. kiölr (carina,
bz. der Kiel des Schiffs; dorsum montis) ;
nor7c. (Ivar Aasen) kjöl (a. Kiel od.
Grundhaiken eines Schiffs, mit den Nebenfor-
men: kyl, kjyl ; — b. das Grund-, od. Bo-
den-, bz. unterste Stück eines Pfluges; —
c. eine erhöhete Linie od. Kante; — d. ein
langer Bergrücken, eine Berg- od. Felskante,
oberster Beiujrand; — e. ein Gras-, od. Ha-
senfleck, bz. eine Fläche od. Blatte auf einem
Berg; schwed. köl (der Kiel od. Grundbal-
ken, bz. die Unterlage eines Schiff'es ; ein
langer, hoher, spitzer Bergrücken) ; dän. kjül
(Kiel des Schiff'es). — Davon (d. h. von
nid. kiel od. dem an. kjölr, kilir u. nicht
von ahd. kiol = Schiff): ital. chiglia, bz.
chiela {cf. Diez, I, 12.5); span. quilla;
2)ort. (cf. Bobrik) quilha; franz. quille
(Kiel des Schiffes).
Obgleich die Formen von ahd. kiol, chiol,
keol, cheol, kiel, chiel ; mhd. kiel (trieris,
celnx) ; ags. ceol (Schiff) etc. von denen von
kil (Grundbalken eines Schiff'es) kaum zu
trennen sind ii. die Bedtg. beider Wör-
ter anscheinend dafür spricht, sie für urs2)r.
ident. zu halten , so geht doch aus den ab-
weichenden Formen von an. kjölr, Genit.
kjalar, Flur, kilir (Kiel) u. kjöll, kjols (Schiff'
= ahd. kiol etc.) deutlich hervor, dass das
Wort kil in der Bedtg. (Schiff'skiel) nicht
mit ahd. kiol, ags. ceol (Schiff' etc. od. trie-
ris, celox etc.) ident. sein kann. Wie aus
dem an., isL, norw. kjölr, bz. kiölr, kjöl
aber weiter hervorgeht, so bezeichnet dieses
Wort tceiter nichts als eine längliche Fr-
höhung od. einen Mücken u. da 7iun
einerseits der Kiel sowohl von innen als
aussen gesehen, eine längliche Erhöhung od.
Vorragung (Leiste, erhöhete Linie od. Kante,
cf. norw. kjöl sub c) ist u. andererseits der
menschliche u. thierische Bücken auch zum
Träger von LmsIch dient, so lag es geiviss
sehr nahe, um ein Wort mit der urspr. Be-
dtg.: Rücken od. dorsum (mag man es
nun in der Bedtg. : längliche , leistenartige
Erhöhung, Bergrücken, Felsrücken , Rück-
grat etc., — od. in der von : Träger, Stützen-
des, Haltendes etc. aufgefasst haben) auch
für den Kiel des Schiffes zu gehrauchen.
Vergleicht ma)t nun kern, kweru u. kel,
kellen, kille, kOl, kwäl, kwiilon, kwcllon etc.,
nebst ahd. kela u. ags. ceol (Kehle) u. an-
5 dere Wörter, die von einer germ. y kal,
kar, kvar, bz. idg. gar, gur, gvar (cf. auch
goth. qiman von der y gam) ahstammen, so
liegt es sehr iiahe, um auch aii.kjolv ((Jrd-
form kjala, kala od. besser kila nach dem
10 Flur, kilir u. nach dem nd., bz. as. kil zu
vermuthen) von einer germ. ]/ kal, bz. idg.
gal od. gar abzuleiten od. überhaupt anza-
nehmen, dass unser germ. kila od. kili in
der urs2)r. Bedtg. : Rückoi od. Erhöhung,
15 Anhöhe etc. dasselbe Wort ist, wie skr. giri;
zend. gairi; kslav. gora (Berg, Gebirge), was
Fick (I, 73) mit skr. jala (Wasser) u.
nhd. quellen etc. (cf. kille, kwil u. kwel-
len etc.), sowie auch nhd. (^ u a l (cf. kwäl
20 u. kellen etc.) von einer y gar (fallen etc.)
ableitet. — JDas an. kjöll; ags. ceol; ahd.
kiol (Schiff) s. oben) dagegen betreffend, .so
.scheint es nach nhd. biegen = ahd. pio-
kan zu urtheilen aus einer agcrm. Form
25 kiula od. kula hervorgegangen zu sein, wäh-
rend Fick (III, 46) dafür eine Grdform
keula ansetzt u. dieses sowohl, als auch
k)l ^= an. kjölr (Kiel od. Grundbalken eines
Schiff'es) mit griech. gaulös (rundes Gefäss
30 etc.), gaülos (Schiff) ; skr. gola (rundes, bauchi-
ges Gefäss etc., cf. auch unser kulo etc.) zu
einer ]/ ku, bz. gu (schwellen) .stellt, zu der
auch kelt. ci'il, tvälsch eil (Rücken, bz. An-
schwellung, Erhebung, Erhöhung, Anhöhe,
35 Hügel etc.) u. lat. collis etc. stimmen. —
Vgl. Weiteres unter 3 kil.
3. kil, a) Keil, cuneus ; d'r mutton 'n pär
kilen bi inhauen worden, dat 't fast sitt ; — ,
b) ein keilförmiges Etwas (Stück Holz, Lap-
40 jyen, Grundstück etc.), bz. ein Hing, was die
Form eines Keils (von beiden Seiten schräg
u. dann in eine Spitze auslaufend loie eine
Gehre, cf. gäre, gere) hat; — d'r mut 'n
kil in de rok setd worden, dat he na undern
45 hen wat wider word; — he wand up de kil
(Benennung eines keilförmigen Grundstücks
bei Wirdum, worauf ein grosser Bauernhof
steht). — Nd. (Br. Wb., Dähnert) kiel
od. kil, kiil; mnd. (Seh. u. L) kil (kil vcl
50 beitel); nid. (v. Dale) keil, kiel (»<7>cu r/ew
gebräuchlichem keg); mnld. (KU.) kiel;
mfläm. kiel; wang. kil; norw., dän. kile;
schwed. kil; mhd. kil. — Vergleicht man
ahd. weggi (Keil etc., cf. wegge) = urspr.
55 vagja u. ident. (Fick, III, 283) mit lit.
vagis (krummer Nagel, Keil); lett. wadsis
(Nagel, 1' flock, Keil) von (Fick, II, 658)
der y vag, vang (wanken, krumm gehen,
biegen etc.), ivovon auch lit. vinga ; an. vik,
GO vikr; dän. vig etc. (Krümmung, Biegung,
KIL 209 KIL
Bucht, hz. ein Etioas, was wie ein Keil ins iveräeu (cf. (lieserhalb hei Fi de, I, 70 seq.
Land einschneidet), so ist es ivohl ziveifel- sämmtliche Wurzeln gar u. dazu auch I,
los, dass dies Wort mit mhd. Icil (llolzna- 76 tvegen gura etc.) etc. entwickelten, wobei
gel, Nagel, Pflock); ahd. chil, kil (paxillum man bei schwellen auch an schwanger tver-
ctc, cf. Grimm, Wh. V, 446 unter Keil); 5 den etc. u. bei bersten, .spalten od. brechen
nonv. kile ; dän. kile (Nagel, Pflock) ident. hervor etc. auch an keimen, wachsen etc. ii.
ist u. dass dieses Wort demnach auch mit vieles Andere denken kann, wie z. B. auch
norw. kil (eine schmale Bucht, die tief ins an „treiben" (cf. drifen) od. springen heraus
Land einschneidet) tourzelhaft verwandt sein u. hervor etc., welche Bedtg. ja auch den
muss. Vergleicht man nun aber die von 10 Wörtern: Ursprung (cf. örsprunk) ^^.
Hildebrand (Grimm, Wh. V., Spalte Quelle zu Grunde liegt u. so sich wohl
448 seq.) angeführten Formen keul, kiule erklärt, dass auch Quelle, quellen (cf.
für Keil u. für kil in der Bedtg. Pflock, kille, kwelle, kwellen) ebensowohl zu dieser
so liegt die Vermuthung sehr nahe, dass y gar, gur, gvar gehört tvie Qual, Kern
(die Entstehung atts, u. die Venvandtschaft 15 etc. u. unser kam, bz. kamen u. skr. jaras
mit kegel ist demnach tvohl abzuweisen) (Alter, bz. Zerreihung, morsch iverden etc.,
auch dieses Wort ebenso tote ahd. kiol, chiol, s. unter kamen, kern, kwern etc.) od. engl.
keol, kiel, chiel etc. (s. unter 2 kil u. beson- kill (tödten etc., s. tinter kellen) , indem ich
ders am Schlüsse dieses Wortes) auf eine annehme, dass die Bedtg.: gebrechlich,
gcrm. Grdform kiiila od. küla, kyla u. eine 20 alt, morsch machen u. loerden der
germ. y kul zurückgeht, wozu auch mhd. skr. ]/ jar (cf. 1 u. 2 jar hei Grassmann
km\e; md. kuile; nhd. Keule (cf. 4: knie) gc- u. dazu dieselben Wurzeln bei Fick u.
hört, wie desgl. auch unser küle od. kül Andern) aus: reiben, zerr eihen (cf.
(beuteiförmiger Anhang od. hohles u. ver- mal, nialsk, malen, mür, mol, mul, murt ti.
tieftes Etwas etc.) u. kule , kiil, küle, kül 25 lat. mors u. morbus etc.), z er malmen etc.
{Grube, Vertiefung, Höhlung, Jjoch etc.). u. diese aus der urspr. von: rauschen
Vergleicht man nämlich die Wörter: bog, (bz. knistern, knirschen etc., s. unter kar-
bucht od. bugt, buk, buchel etc. von bugen, nen) hervorgingen. — Was nun aber spe-
bz. der y bhug (biegen, krümmen, wölben ciell das Wort kil od. urspr. kila, kiula in
etc., cf. F'ick, III, 212 seq.) u. dass die 30 der Bedtg. cuueus betrifft, so kann man an-
germ. y kul (s. unter 2 kil) wohl auf eine nehmen, dass es urspr. die Bedtg.: krum-
idg. y gar, gur, gvar zurückgeht, ivozu aus- mes u. gebogenes, od. rundlich ausgebauch-
ser skr. giri, zend. gairi, kslav. gora (Berg, tes, nach einer Seite hin vorstehendes u. dem-
Anhöhe, Hügel, rundliche Erhebung etc.); nach auch vorragendes od. spitzes Etioas
skr. gula (Ballen), guli (Kegel, Pille) ; an. 35 hatte, od. dass es ein Etwas bezeichnete, loas
kula (Ballen etc., Geschiculst) etc.; skr. gola krumm u. gebogen ii. demnach nicht gerade
(kugelförmiges Gefäss etc., cf Fi ck, 1,76 u. loar, woraus sich einerseits heim Vergleich
111,46 unterkQ\x\9.u.kQn\i2t. die, soioieWeite- von ahd. weggi (s. oben) die Bedtg.: krtim-
res unter 1 ic. 2 kil, soioie unter 2 u. 4 küle ii. mer Nagel, bz. Haken, Nagel, Pflock etc.
kule etc.) etc. gehören, so scheint es mir, als ob 40 auch für dieses kii ergeben konnte, od. man
die idg. y gar, gur, gvar zuerst eine Schallwnr- andererseits auch annehmen kann, dass sich
zel mit der allgemeinen Bedtg. : rauschen, bz. aus der Bedtg.: krummes u. gebogenes Et-
sonare (cf. y gar sub 4 bei Fick, I, 72) was die von: schiefes u. schräges (schief =^
loar u. dass sich daraus die Bedtg. (d. h. nicht gerade, bz. = gebogen) Etwas ent-
aus sonare , crepitaro etc., cf. kraken, 45 toickelte, tvonach denn der Keil urspjr. als
krank, kriken , kröken etc.) : breche n, ein schief od. schräge verlaufendes u. somit
bersten, platzen, bz. auseinandergehen auch in eine Spitze auslauf endes Etioas ge-
(od. auch: stürzen, fallen etc., — od. zer- fasst sein würde, während das norw. kil
brechlich u. morsch werden u. machen = (s. oben) ; mnld. (Kil.) k\l\e, kiele {s'mus); u.
selbst brechen u. stürzen etc. , od. = ein 50 lymcl. kyl (B ucht bei der Insel Jomfruland
Anderes brechen u. stürzen u. krachend zu- etc., s. bei Seh. u. L., II, 461) direct auf
sammen fallen etc.) u. loeiter auch die von : die Bedtg. : krümmen, biegen etc. zurückgeht
schwellen, (sich) ausdehnen (cf. phull [so u. unser küle u. kule in ihren verschiede-
expandere etc.] aus phal [findi, dirumpi, dis- nen Bedtgn. sich leicht aus der von: loöl-
silire] unter blad, blöme, bleien etc.) od. her- 55 ben, rundlich biegen, ausbauchen etc., od.
sten, spalten u. brechen hervor (aus Etwas) auch aus der noch primitivem von: brechen,
= quellen (^c/. kwellen u. alles Vertoandte) bersten, auseinander gehen, sich spalten u.
u. viele andere Bedtgn. weiter entwickelten, ausdehnen, bz. schwellen etc. (s. oben) erklä-
wie namentlich auch die von : schwellen = ren. — Vergl. indessen noch Weiteres unter
sich ausdehnen u. dick, od. stark u. schwer 60 1 m. 2 küle, sowie auch unter kule.
J, ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II. 14
KTT.EN
210
KIMME
1. kilen, Iceilcn (von 3 kil); eine)) Keil
eintreiben od. einschlagen , mit Keilen fest
machen etc. ; — fast kilen, — lorkilou, —
iukilon, — bekilen etc. — dat lad mut faster
kilJ worden; — dat scliip sitt dar in (od.
tüskeii) fast kild, od. dat scliip sitt dar iii-
kild un kan niit förgels of rüggels. — Satl.
killja ; nd. kilen ; schwcd., norw. kila ; dän. kile.
2. kilen, keilen = schhigen, prügeln, Keile
od. Prügel geben ; — dOrkilen, durchprügeln
etc. — Dieses Verb um gehört auch toohl
zu 3 kil, ohschon es beim Vergleich von
wamse (Prügel), wamsen (prügeln etc.) von
wams (Jacke, kurzer Bock etc. von warabeis
n. dies von mhd. wambe = Bauch, Wanst),
sdicie kamsolen , dörkamsolen von kamsöl
(Kamisoi, Untericamms, Wamms) auch von
1 kil (Jacke, Wamms, kurzer Rock etc.)
n-eitergebildet sein kann.
3. kilen, schnell laufen, rennen, eilen etc.;
— be kfld d'r längs (od. dör, iit), dat 't so
'n ärd bed; — he is d'r dör kild. — Nd.
(Br. Wb., II, 770) kilen: schived. kila. —
IJs scheint wohl mit mhd. kilen (eilen) ident,
was aus ahd. gi-, ki-ilan etc. zu gilen, kilen
(s. bei 0 s c ar Scha d e, pag. 202, 2. Spalte)
contrahirt wurde.
kil-Ii.ilen, kielholen, d. i. mittelst eines
Taues unter dem Schiff, bz. dem Kiel des-
selben durchholen, ^oie dies früher auf den
Schiffen gebräuchlich war, ivenn ein Schiffs-
junge zum ersten Male die Linie passirte,
od. auch als Strafe bei Matrosen u. sonsti-
gem Schiff'svolk angewandt tcurde, tventi .sie
ctioas verbrochen hatten. Manchnud ivurde
indessen diese Frocedur auch aus blossem
MutJnvillen od. um Jemanden zu vexiren an
Grimmlingrn, od. sonstigen missliebigen Per-
sonen ausgeübt, woher denn killialen auch
oft in der allgemeinen Bedtg.: strafen, vexi-
ren etc. gebraucht wird: — be sal od. mut
kllbäld worden ; — wi willen hum äfen kil-
lialen. — Nd. (Br. Wb.) kielbaleu (a. ein
Schiff' auf die Seite legen, um es auszubes-
sern; — b. (subst.) eine schwere Schiffs-
strafe, 100 der Verbrecher unter dem Schiffe,
od. dem Kiel durchgezogen wird. — Nid.
kielbalen : schwed. kölhala ; dän. kiölbale.
kili;2j, keilig, wie ein Keil, keilförmig etc. ; —
dat löjid so kilig to; — 'n kilig stük Luid etc.
kil-kallen, s. kallen, schwatzen.
kil-kallci'e, dumme, alberne Schtvätzerei.
kille, kil , eine natürliche Wasserrinne
od. ein natürlicher Wasserlanf, namentlich
auf dem Watt. — Nid. kil ; mnld., mfläm.
kille, kiele. — Ks i.st gleich mit an., isl.
kyll (rivus); nfries. (Outzen) kiel (Brun-
nen, Quelle) u. kild (dasselbe); dän. kilde;
schwed. kalla. Nebenform von kwelle.
1. killen; /. or. kiddeln.
2. killen, loappern, schwappern, flattern,
hin u. her schlagen etc., namentlich von doi
Segeln, wenn sie so gebrasst werden , duss
der Wind weder von vorne noch von hinten
5 eingreift. — Nid. (cf. Bobrik, naut. Wb.)
killen. — Es heisst eigentlich so viel als :
erschlaffen, schlaff' u. matt machen od. zcer-
den etc. tt. ist es dasselbe Wort wie nid.
killen (tödten) ; engl, kill (tödten, dämpfen,
10 der treibenden Kraft berauben), indem eben,
wenn man die Segel killen lässt, sie keinen
Wind fassen u. der treibenden Kraft be-
raubt, bz. schlaff gemacht sind, i)i Folge
dessen sie lose im Winde flattern. Wegen
15 dieses killen s. Weiteres unter kellen,
killig; /. q. kiddelig.
kini, Keim ; s. 1 kin.
kinime, kim (Plur. kimmen) u. kininüng,
kimnieii, Kimme, Kimmung ;a) Kerbe, Rinne,
20 Einschnitt u. zwar speciell diejenige Kerbe
eines Fasses od. einer Kufe (Ritze , Fuge
etc.) tcorin der Boden eingelassen icird od.
eingefügt u. befestigt ist; — dat fat lekd in
de kimmen; — de bäm fald iit de kimmen;
2.'5 — de kim is net dep genug ütsneden; — b)
der äussere über dem Boden vorstehende
Rand eines Fasses od. einer Kufe; — dat
water steid an de kimmen , bz. löpd afer de
kimmen weg; — de kimmen stan drc dum
30 für; — dat oksbüfd mut nasen worden; dar
sunt enige stafon in, war de kimmen ofbra-
ken sunt un de de kuper d'r wer neis up-
setten mut; — dat fat steid up de kimmen ;
— c) der äusseiste Rand od. Horizont, da
35 wo Erde u. Himmel sich berühren, bz. sich
scheiden; — de sünn' kikd nt't äfen afer
de kimmen (rect. kimming, kimmen) weg; —
de lacht (Luft) helderd sük in de kimmen
(kimming, kimmeii). — Nd. (Br. Wb.) kimm
40 (wie sab b u. c) , (Danneil) kiramo (tvic
sub a); mnd. (Seh. u. L.) kimme (wie .<>ub
c); nid. kim (wie sid) b u. c); )nnld. (Kil.)
kimmr', kime, kieme (ora, margo, sive extre-
mitas vasis, dolii, cupae) ; hess. (Vilmar)
45 kiinmo (Kerbe, Einschnitt); thüring. kimme
(dasselbe, toofür auch die Formen kieme,
kümmf, keime etc. vorkommen) ; engl, cbimb,
chimbe, cliime (Zarge, vorstehender Ra)td,
ora etc.); dän. kim u. kimming = nfries.
50 (Outzen) kiming (Kimme, Kimmung =
Horizont, s. sub c). — Hildebrand (cf.
Grimm, Wb. V, 70.5) bezweifelt die Iden-
tität von kimme (crena etc.) «. kimme (ora
etc.), weil er ineint, dass die Form keime,
55 keim für kimme = crena zu dem unzwei-
felhaft aus kimbe entstandenen zweiten kimme
= ora nicht stimmt. Wenn man indessen
vergleicht, dass Kil. (s. oben) für das Letz-
tere auch die Formen kime, kieme hat u.
00 dazu vergleicht: nid. kiem ^^ nhd. keim u.
KIMME
211
KIMME
7ild. kiemen = nhä. keimen (cf. kim , ki-
rnen), soivie (lass das ivang. keim , nd. kei-
men, Schott, kaim, wfries. kiemjen, ofries.
kemmen, nhd. kämmen etc. aus älterm kamb-
jan, kemlian etc. entstand u. von kamb od.
Ivamba (cf. kam) weitergebildet ist , .so lässt
sich auch das mdartl. keime für kimmi^.
(crena etc.) formell ebensogut wie das mnld.
kime, kieme (ora etc ) als aus älterem kimbe,
bz. kimba entstanden erldären , obschon es
beim Vergleich von kim u. kirnen zu kinen
(leimen) u. dem engl, ciiine (s. weiter) for-
mell u. begrifflich uucJt zu kinan (spalten
etc.) gehören kann. Da nun aber engl, cliine
(s. unter kinen u. unter Kim m e in Grim m's
\Vb.) auch die Bedtgn. : Hitze, Kerbe u.
Kimme od. scharfer Rand, Zarge, bz. Fuss-
rand hat u. die Kimmen genannten Ker-
b e n in den Dauben u. Fässern auch ja
den Boden eines Fasses wie einen Ring od.
Rand ein- u. umfassen od. in sich beschlies-
scn II. festhalten u. rund um den Boden
herumgehen, od. die Kimmen auch eine
Seiteneinfassung u. zugleich die Fuge od.
Zarge ist, in der der Boden eines Fasses
eingefügt u. befestigt wird u. die den Boden
festhält, — ferner kimme ebenso wie nhd.
Zarge (cf. ahd. zarga f Seiteneinfassung
eines Raumes, Rand, Ring; Getreidemass]
von der ]/ darh, bz. dargh, fest machen,
fest umschliessen etc.) auch in der Bedtg. :
Fass, Gefäss etc. vorkömmt u. schwed.
Icimb od. kirn ausser der Kimme am Fass
auch die Daube (die Dauben umschliessen
den hinern Raum des Fasses, od. bilden
die runde Wand u. die Einfassung etc. des-
selben, cf. dieserhalb unser düge, bz. ital.
doga = Daube u. = rings um. ein Kleid
laufender Streifen od. Einfassung, Rand,
Kante) selbst bezeichnet, so scheint es mir
zweifellos, dass kimme = crena etc. ti. kimme
= ora etc. von Hause aus dieselben Wör-
ter sind u. beiden (cf. kam od kämm aus
kamba) ein älteres Thema kimba zu Grunde
liegt, welches mit ags. cimbing (commissura,
bz. Zusammenfügung, Verbindung etc. od.
Fuge, Verbindungsstelle, Stelle wo zwei Theile
zusammengefügt u. mit einander verbunden
sind etc.; (f. foge, bz. ags. fög u. ahd. fuogi
= conjunctio, jugitas, junctura, commissura
etc.) entweder aus einem germ. Grdverb. :
kimban, kamb, kurabun mit der urspr. Be-
dtg. : greifen, fassen, halten, festhalten, zu-
sammenfassen, verbinden etc. hervorging,
ivozu auch vielleicht unser kumme (Gefäss,
Behälter, Schüssel, Wasserbehälter etc.) gehört,
od. doch mit ags. ci mbiug (es ist zweifellos ident.
mit kimming etc., s. oben) u. unser kumme
= mhd. kumpf etc. aus einer u. derselben
y hervorging, die formell dieselbe sein muss,
tvie die ]/ von Kamm = urspr. kamba,
cf. kam. — Vergleicht man nun aber das
Wort kimme in der Bedtg. sub b. (nämlich
als vorstehender Rand eines Fasses, od. als
5 äusserstes u. [über ein Anderes] hervorra-
gendes Etivas), so ist es klar, dass es sich
in dieser Bedtg. mit Kam m (Gebirgs-Kamm,
Kamm eines Berges, Kamm auf dem Kopfe
eines Hahns etc.) sehr nahe (die kimme, od.
10 kimming, kimmefi eines Fasses bilden ja ge-
radezu den Kamm od. Rand, scharfen
Rand eines Fasses) berührt, wälirend an-
dererseits kimme od. kimming, kimmefi in
der Bedtg. sub a. die Fuge od. Verbindungs-
15 stelle (commissura, junctura etc.) ist, wo der
Boden des Fasses in dieses, bz. in die Dau-
ben desselben eingefügt ist u. in dieselben
einfasst. Dass aber auch kimme in der
Bedtg. sub c. die Stelle ist, ivo Erde u.
20 Himmel sich mit einander verbinden u. be-
rühren, bz. sich von einander scheiden (auch
die Fuge ist eine Scheidung zwischen zivei
Steinen u. hat bei uns ja auch die Bedtg. :
trennende Ritze od. Kerbe etc., cf. oben das
25 engl, chine) ist unbestreitbar , sowie auch,
dass Ivimme in dieser Bedtg. (bz. als Hori-
zont) das äusserste Ende od. der äusserste
Rand u. die Kante der Erde ist, ivo diese
aufhört (de sünn' sitt in de kimmeii, od.
30 kimming) m. die Sonne in das Meer ver-
sinkt (ze reste, ze weste geht) u. untergeht,
ivoraus sich bei od. in dem Thema „kimba"
aucJi von selbst die Bedtg. des Aeuss e r-
sten od. Entferntesten (des an dem
35 Rapide od. den Grenzen der Erde liegenden
äussersten Landes, bz. des daselbst loohnen-
den Volkes) enticickeln musste. Diesemnach
glaube ich daher auch, dass der Volksname
der k i m b e rn u. der Landesname kimme-
40 r i e n od. k i m b r i e n mit kimme od. kimbe
zusammenhängt u. die k i m b e r n od. k i ra-
merier das Volk war, was eben an der
kimbe od. dem äussersten Rande der Erde
wohnte.
45 Was nun das präsumtive Verb, kimban,
kamb, kumbun, bz. die von den Stämmen
kimb, kamb, knmb (kemb, komb, kymb) loei-
tergebildeten Wörter betrifft (L. Ettmül-
ler setzt dafür ein cimban [jüngere?] an,
50 loührend H. Leo für camb [pecten] u. cum-
bol [signum] ein cimban [ornatum esse] an-
setzt), so ist zu bemerken, dass sie sämmt-
lich der idg. ]/ gambh, gabh, skr. jambh,
jabh, zend. jab (cf. gabbcin, gapen, jappen,
55 kabbeln, kaf, kifcn, kam ete.) angehören,
loelche urspr. die Bedtg.: gähnen (bz. den
Mund aufsperren) hatte, looraus zunächst
die von: schnappen, beisscn; klaffen, offen
stehen etc. (cf. Fick, I, 69 gabh u. gap
60 [schnappen, beissen; klaffen, tief sein] u.
14*
KIMME
212
KIN KINSEL
da^u I, 322 n. 561 seq., soicie II, 87 n.
344 etc. etc.; — ferner: Gr assmann, 477
jabh [wonach schnappen; zermahnen] ; —
Ben feil, 324, jabh [to gape, to yawn; to
dostroy]; — Bopp, 148, gab', gamb' [re-
frcnare, cohibere] u. gab' [oscitare], gamb'
[oscitari], smcie weiter ivegen dieser y noch
Pott, Wurzehcb. III, 782) hcrvorf/inffen.
Die liedtg.: „schnappen wonach'^ ging nun
in die Bedtg.: mit dem Munde od. den Zäh-
nen fassen, od. überhaupt in die von : fas-
sen, erfassen, halten, greifen, haschen, er-
haschen etc. über, icährend andererseits aiis
schnappen auch die von: beissen, zerbeis-
scn, zermahnen etc., od. aus gähnen u.
klaffen die von: offen stehen, .s/c7t S2)al-
ten, sich öffnen, tief od. hohl sein etc. her-
vorgingen, soicie enttccder aus fassen etc.,
od. ans tief u. hohl sein (u. so auch: in sich
befassen, umfassen etc.) die Bedtg. : cohibere
21. refrenare der y gab' bei Bopp, falls
diese nicht etwa aus der von: beissen, .<ipal-
ten, zerbeissen, zermalmen, zertrümmern, zer-
stören, ruiniren, vernichten, tödten (cf. bei
Ben feg dir Bedtg.: destroy der ]/ jal)h u.
dazu engl, kill, tödten, dämpfen, hemmen etc.
od. das Verb, hemmen) hervorgingen. Legt
man nun dem germ. Verb, kimban, kamb,
kumbiin die Bedtg.: schnuppen, beissen etc.
od. die von: mit den Zähnen fassen it. so
überhaupt: fassen, greif ot, halten etc., bz.
die von: cohibere etc. «. daneben die von:
Jclaffcn, offen stehen, hohl u. tief sein etc.
zu Grunde, so erklären sich hieraus ausser
kam, bz. kamb in der Bedtg. : Zahn, Zacke
etc. od. auch als: Spitzes, Zackig es etc.
(cf kam) auch die verschiedenen Becltgn. des
obigen kimme od. kimba u. cimbing sehr leicht
u. zivar von creiia od. auch die von Fuge
(wenn man diese Bedtg. urspr. als Ritze,
Sji alt od. Sehe i d u n g zwischen zwei Din-
gen nimmt, od. auch wenn man kimba «.
cimbing als eine Verbindung , bz. als ein
ein- u. umschliessendes Etwas nimmt) so-
wohl als die von: Seiteneinfassung, Um-
fassung, Band etc. (cf. oben ahd. zarga von
der y darh, fest machen = urspr. fassen,
fesseln, binden, bz. packen, greifen, halten)
od. Daube (als Ein- u. Umfassendes) od.
auch die von: Fass , Gefäss, Behälter
(s. oben) zum Theil aus der Bedtg. : klaf-
fen, spcüten etc. od. aus der von : greifen,
fassen, halten (cf. Fass, Gefäss, Behälter
von fassen ti. halten), xoährend man bei
kimme in der Bedtg. : G efä ss, Behälter,
ebenso wie bei kumme auch dircct an die
Bedtg: klaffen, offen stehen, hohl u. tief sein
etc. der y gabh, gambh denken kann, iveil dies
auch Ilohlgefässe, bz. hohle Gegenstände
sind. — Ausser kumme vergl. auch knmmcr.
kininipii, Kimmen od. Kerbe (crena) ma-
chen, bz. in ein Fass od. eine Kufe etc.;
— dat tat is to dop kimmd , bz. mut neis
(aufs JS'eue) kimmd worden. — Compos. in-
5 kimmen, — upkimmen.
kininiing, kiinnieü etc., s. kimme.
kill, Kinn (nientiim), od. der etivas vor-
stehende Theil des Gesichts unter der Un-
terlippe; — he stekd 't kin so wid filrüt.
10 — Nd., mnd. kinn od. kiu, kinne u. kynne ;
nid. kin; mnld. kinne; afries. kin, ken;
nfries. (Outzen) kann; as. kiuni; ags. ein;
engl, chin ; a)i. kiun ; dän. kind; goth. kin-
uus ; alid. kinni, chiuni, cinni. Das goth. kin-
15 Ulis hcdtc die Bedtg. : Wange, Backen, wäh-
rend as. kinni die von: Kinnbacken, Kiefer
u. ahd. kinni neben mentum auch die von:
maxilla hatte, tvie es denn auch mit lat.
gena (Wange, Backen), genuinus (Backen-
20 zahn); griech. genus (unterer Kinnhacken,
Kinn); air. gen (Mund); skr. häuu (Kinn-
backen) in ähnlicher Weise wie unser kibbe
M. 1 käfe auf eine ]/ (wahrscheinl. auf eine
aus glu'i, klaffen erweittrte Form ghan) mit
25 der Bedtg. : gähnen, klaffen, bz. schnappen
n. beissen (kinnus, bz. kinn, gcna etc. be-
zeichnete urspr. loie kibbe, bz. nhd. Kiefer
wohl ein klaffendes u. schnappendes, beissen-
des Etwas, bz. ein Klaff'-, od. Beiss-Ding)
30 etc. hervorging, ivelche wohl dieselbe wie die
von Janen, bz. ahd. gien, giwen, ginen (gäh-
nen, klaffen etc.) ist, da auch skr. hanii für
urspr. ghänu steht, cf. auch kön.
1. kin ti. kini, a) Keim, germcn; — de
35 km l)rckd üt, bz. kikd d'r net äfen dör;
— de kinen sunt d'r ofstödt; — de ki-
nen (od. kimen) scheten dör. — Compos. :
gras-, garst-, kartuft'el-, wurtel-kin, bz. gras-
etc. , wurtel-kim etc. ; — b) bei Kartof-
40 fein und sonstigen Knollengewächsen die
auch Auge (gemma) genannte Vertiefung u.
bei Bohnen, Erbsen, Wicken, Körnerfrüch-
ten etc. die Kerbe (Einschnitt, Schlitze,
Hitze, Spalte [u. Spaltstelle] , bz. auch : Narbe,
45 Mal, Malzeichen etc.) od. diejenige vertiefte
u. sichtbare Stelle etc., ivoraus der Keim
(germen) hervorbricht od. hervor sprosst; —
wen du honen setst, den must du uppassen,
dat du se up de kin setst, bz. dat de kin
50 na undern kunid, den vassen so gauer; —
dikke kartuffels kanst du in twe of mer stük-
ken sniden, man du must uppassen , dat el-
ker stük 'n kin hold ; — du must de kinen
dep genug ütsnulen, wen du kartuffels schiist.
55 — Wang. (Ehrentraut, I, 375) kin; nd.
(Br. Wl)., Schambach etc.) kiom, bz. kim
M. km ; mnd. kime, kine, bz. kyno, kion; nid.
keen, kiom ; mnld.,v\iläm. keuo, kiom, kicrae;
ahd. chimo; mhd. kime etc., cf. kmcu.
GO 2. kill, kinsel (auch kam n. kän), Kahm,
KIN KINSEL
213
KIND
mucor, hz. Unsaiiförmiijer Sch/nniicl <tt(f Wein,
Bier, Essig, Dinte etc. ; — d'r drii't kiii (od.
kinsel) up de win ; de stop lied d'r gewis net
göd upsäten. — Nd. (Br. Wh., Hell ätze etc.)
kiem, (D ä h n e r t) kaain, (D d n n e i J) kaom, 5
käöm; nuid. kiim; nid. kaam, kaamsel ; m)dd.
(K iL) kaem, kaon, kiom; mflüm. k'Aom, ka.eü
u. kiem , kam ; ivang. (E h r e n traut, I,
386) quöm; eiit/J. (koam) nach Ivcamy (kah-
mig), sowie (koan) in (Hall iio eil) koans 10
(was in YorJcshire die Bedtg.: „Bier-
aJ)schau)n" hat) u. auch loohl (kirn od. kirn)
nach kimy (muffig, schimmelig, moderig) ;
sckwed. dialect. (kajm) in kajmut (kahmig);
inhd. kän, wie nhd. auch kalin neben kahm. 15
Ferner (cf. G r i m m, Wb. V, ol unter kalim)
kommen noch die Formen : cham, kom, kan,
kon (auch KU. hat kaem = genn. kou),
khon, kouii, koiion, kiinen, koum, keim, kühn,
küm, kym dafür vor. — Da das Wm't 20
Schimmel (als iveisses od. graulich weisses
Ettoas) wahrscheinl. mit Schimmer , schim-
mern verioandt ist u. wohl mit ahd. scimo
(Glanz, Schein, Schimmer) u. scimo (Schat-
ten, bz. leichter, dunkler, grauer Schein etc., 25
cf. schem, scliemern, schimmern etc.) zu sci-
man fmicare) u. mit schinen (scJieinen, cf.
auch kinea u. kirnen, hz. 1 kin etc.) zu der-
selben y gehört (loenn lat. candeo von einer
y skand [wohl a,us skan, ska weitergebildet] 30
abstammt, so kann auch canus, caneo etc.
mit schinen u. sciman zu einer y skan, ska
gehören) u. Kilian das mnld. kaem, kaen
mit canus situs, bz. situs canus (loeisse od.
g r a u e Lage, bz. tveisser od. grauer Schim- 35
mel od. Schmutz), germ. kon, franz. canis-
sure übersetzt, so ist es mir ziveifellos, dass
auch dieses mnld., mfläm. kaen, kaem, bz.
mhd. kän {aus kaue), älteres hochd. kan, kon
nebst allen Äblautformen cntiveder direct 40
aus lat. canus (weiss, grau etc.) entstand,
od. mit afranz. canuir (grau werden) ; norm.
chanir (schimmeln) aus lat. caneo (weiss u.
grau sein , loie z. B. Asche , Schimmel,
Schaum, daher auch: eine weisslich graue, 45
hz. schmutzige Farbe haboi) hervorging.
Vergl. dieserhcUb auch (D i e z, II, 2i2) :
franz. chancir = älterem chansir, chanchir
(cf. mfläm. kaemen, kamen etc.) u. span. ca-
necer (schimmeln) ; franz. chanci (scliwamm- 50
weiss), bz. älter franz. chansi (kahmig),
cha,ncissure (das Anlauf en, Schimmeln ; Kahm,
Schimmel), bz. älter franz. canissure, can-
uissure, chansissure (Schimmel, Kahm) von
canescere, wobei noch loegen der Formen kin 55
od. kien u. kiem etc. aus kane, kän, bz. lat.
canus auf das franz. cliien (Hund) aus ca-
nis u. cheneau (Dachrinne) ctus canalis ver-
wiesen u. wegen der „m" von kam, kim statt
kan etc. bemerkt tvird, dass nhd. Kien im 60
schwed. die Form kim (cf. kimriik, Kien-
russ) hat. — Dass nun aber das mnld.,
mfläm. kaen (arvina vilior ex balacna) ; nid.
kaan (Talgresten, Griebe, ausgeschmolzene
Fettstückc, provinz. od. dicdect. [cf. v. DaleJ
auch der Schmutz in den Ecken der Augen,
Augenschmalz etc.) entioeder dasselbe Wort
ist tvie kaen, kaem (mucor) , od. gleichfalls
(als g r a u e s u. schmutziges Etivas) aus lat.
canus entstand, scheint sicher zu sein, wie
es ferner auch zweifellos ist , dass das isl.
kam (macula, labes) , käma (macnlare, con-
taminarc),kämugr(maculosus, sordidus) ; norio.
kaam (trübe, dunkel, schwärzlich, bz. loenn
die Farbe matt od. verschossen ist) = schioed.
dicdect. kam etc. gleichfalls hieher gehören,
bz. mit dem jedenfalls schon cdten nld.-fläm.
kaen, kaem tmmittelhar zusammenhängen.
3. kill, kein; cf. ken, gen.
4. kill, Lotto; — schöl' wi kin spölen?
— Compos.: kinspil, Lottospiel. — Da der-
jenige Mitspieler, tvelchcr seine Karte heim
Ausrufen der Nummern derselben zuerst be-
setzt hat, den, Glückstopf (lotto) gewinnt u.
beim Ausrufen der letzten Nummer seine
Karte rasch rufen muss, dass er keine loei-
tere Nummer mehr zu besetzen, bz. keine
tnehr hat, so ist es sehr wahrscheinl., dass
die hier ti. auch in Jeverland bekannte u.
gebräuchliche Benennung kin für Lotto
sich von dem Ausruf kin (kein, nicht ein)
herschreibt, ivie in ähnlicher Weise minen
(auf der Auction kaufen) etc. vom Ausruf
in 1 n (mein) sich herschreibt.
5. kin (obs.), Gefäss, Fass, Tonne. Es
ist nur im Dimin. kintje (Fässchen, bz. ^/ei
Tonne) erhcdten , toorüber Weiteres unter
2 kän u. 2 kantje.
kiiid, Kind. — Bedensart. ti. Sprichw. :
he hed gen Icind of küken, war he för sor-
gen brükd; — spei-kinder — dei-kinder,
od.: 'n spejend kind — 'n dejend kiud, od.
auch: kinder de spejen, pleggen to dejen;
— hitje kinder, lütje sorgen ; grote kinder,
grote sorgen ; — lefe kinder hebljen föle na-
men; — kinder un kalfer hör del od.: kin-
der- un kalfermät mutten olde lue weten ; —
de \\ kind up böskup stürd, krigt 'n kind
wer to hüs ; — 't is net glik wo 't kind het,
wen 't man 'u uäm hed ; — wen de kinder
proten fan willen, den krigen se wat för
de billeu, od. : kinder fan willen krigen wat
for d' billen, od. auch: kinder hör wille steid
bi de bessemsfok agter de düre; — wen de
kinder hör wil krigen, den kriten se net ; —
wen kinder willen kakken up olde liie's ge-
makken, den fallen se dör d' brill'; — üt
kinder worden ök lue ; — kinder maken hin-
der ; — wen 't kiud död is, is de fadderskup
üt; — wen 't kind ferdrunken is, word de
KIND
214
KINEN
püttc denipt •, — dat kind schal wol 'u sag-
ten död liebben (fig. von einer Sache, die zu
Anfang mit iihergrossem Eifer betrieben
toird); — arme lue kinder stän agter do
döre; — dat kind riikd na de harburg; —
nüms sla sin kinder dud; wel wet, wat d'r
nog üt word ; — d'r word gen kind gröt fui
büleu ; — he sügt üt, dat man d'r wol kin-
der mit to bedde jagen kan; — he werd sük
as 'n kind in de we,i;e (ironisch) ; — en kind,
gen kind; twe kinder, spülkinder ; dre kin-
der, föl kinder. — Afries. kind, kynd ; idd.,
nd. kind; midd. kind, kint ; iinid. kind, kynd,
kiut, kynt, kindt, kyndt; )»//((»(. kindt, kint;
as. kind; a]td. kind, cind, cliiud, khind, chindt,
cinth, kint, chiut; mhd. kint (Kind, Sohn
od. Tochter: Kind in vertraulicher Anrede;
Knabe od. Junges Mädchen; Jüngling, Jun-
ger Mann ; Edelknabe). — Zunächst sei be-
merkt, dass kind, kint im ahd. u. mJid. auch
2)lurale Bedtg. hatte (es ivar demnach urspr.
ein Collcctivum) u. man damit sowohl das
Kind, als die Kinder (also überhaupt die
Nachkommenschaft , od. ivas aus dem Mut-
terschooss geboren ivurde, bz. was erzeugt
ivurde von den Eltern, od. ihnen entkeimte
u. odspross etc.) bezeichnete. Fick (III,
46) stellt demnach für kind ein Thema kindi
(Nachkommenscltaft) auf, icas er mit einem
Thema kin u. dem Verb, kinan (keimen,
spriessen, sprossen etc. [also kindi als Ge-
keimtes , od. Gesprosstes, bz. als Spross,
S2)rössling in collectiver Bedtg.], hervor-
brechen aus Etwas, od. ursp)r. tvohl: [sich]
spalten etc., cf. kineu) su der idg. y gi,
(sich regen, lebendig sein, cf. I, 74, y gi «.
dazu unser kwik, kwiver etc.) stellt. Da
tiun aber die Vcrba k e )i n e n u. k ö n n e n
(cf. kenneu u. künen) sowohl, als auch un-
ser afries. kin etc. (s. unten) u. sonstige
germ. Wörter auch ein von der y jan, gau
(zeugen, erzeugen etc.) abstammendes germ.
Verb, kinan, kinnan, kan, kunun (zeugen etc.)
voraussetzen , so ist es klar , dass von die-
sem kin-an od. kinn-an (dessen 3. Person
präs. eben kind od. kint lautete [od. ivovon
es icie kiind von knnnau eine rarticipial-
hildung loar] u. die Bedtg.: zeugt, er-
zeugt etc. hatte) die Stammform kind-i, od.
kint-i in der Bedtg. : gezeugtes od. e r-
zeugtes Etwas etc. ohne alle Schwierig-
keit entstehen konnte u. dass demnach das
Thema kindi ebenso tcie afries. kin, ken,
kon ; nfries. kinn, kenn ; as. kunni ; ahd.
cunni etc. ; ags. cyn, cynn, cinn (Geschlecht,
Verwandtschaft; Verwandter etc.) u. ags.
cund (abstammend, bz. desselben Geschlechts),
cind, cynd, bz. gecind; an. kind (Geschlecht,
Art etc., cf. an. mannkind ; engl, niankind,
Menschengeschlecht etc.) zu diesem agerm.
Verbum kinnan (urspr. kin-an, kan, kuu-un)
gehört n. demnach mit kinan (keimen, cf. ki-
nen) von Hause aus gänzlich unverwandt ist.
Bemerkt sei noch, dass H. Leo (Spalte
5 175 seq.) für cyn etc. auch ein ags. cinnan
ansetzt, ivährend L. Et t m ü Her nach goth. '
qiman (vf. kamen von y gara) ein Verb, cvi-
nan = goth. (itnbelegt) qiman (gignere) auf-
stellt, aus loelchem indessen ahd. kind etc.
10 schiverlich entstehen konnte, falls nicht etwa
dies aus urspr. qind, qnind (cf. nhd. kam
aus qani, quam u. unser kille = quelle etc.)
hervorgegangen ist, ivas allerdings nicht un-
möglich ist.
15 kiiul-dö|)e, Kindtaufe.
kiiulel-ber, Kindtauf sschmaus.
kiiuleracliti^, kinderhaft, kindisch etc. —
wo kaust du grüt wicht di nog so kinder-
achtig tiren ?
20 kinder-gek ; i. q. kindermal.
kinder-<;esi)üs, kleines Kindergeschmeiss.
kindcrkes, Kindcrchoi; — Spriclnv. (iro-
nisch) : he dfid bin beste as de kinderkes,
de in 't bedde kakken.
25 kinder-kraiii, Kinderkrum. Vergl. kräm
in seinen verschiedenoi Bedeutungen.
kinder-inal, kiiuler-^ek, kinder-sot, Kin-
der sehr liebend, gern mit Kindern verkeh-
rend u. spielend, nach Kindern verlangend,
30 od. Kinder-begierig wie z. B. Eheleute, od.
eine Frau, die schon lange vergebens auf die
Geburt eines Ki)ides hoffen.
kiiuler-scliö, Kinderschuhe ; — fig. kindi-
sches Verhalten n. Wesen etc. ; — he hed
35 sin kinderschu üttrukken, bz. oflegd.
kiiidei'-spil, kindei'-sj)ül, Kinderspiel ; —
dat is gen kiiiderspil, wen olde llie up 'n
stok riden.
kindheid, Kindheit, Jugendzeit; — fan
40 kindheid up ; — Sein, Wesen, Zustand eines
Kindes; — he is up sin olde dagen wer iu
de kindheid kamen.
kiiidje. Kindchen, kleines Kind.
kiiuls-beii, Kindesbein, Kindheit, früheste
45 Jugendzeit etc.; — fan kindsben up.
Kinds-kiiul, Kindeskind.
1. killen od. kinen u. (Jedoch seltener)
kirnen od. kiiiien, keimen, spriessen, spros-
sen, ausbrechen etc. ; — de garst kind (od.
50 brelvd üt, — ^ löpd, — kipd etc.). — Statt
ken (cf. scliHien, sehen, scliänen), känen ist
Jetzt kinde, kind am gebräuchlichsten. —
Satl. kinne ; loang. kin; nd. (Br. Wb.) kie-
men, (D a n n e i l) kin, (S chamba c h etc.) ki-
55 nen; mnd. kinen, kirnen; nid. keuen, kyiien,
kiemen, kimmen ; mnld., mftäm. kenen, kie-
men ; as. kinan, ken (keimen etc.) ; ahd. ki-
nan, chineii ; mhd. kineu (sich spalten, sich
öffnen, reissen, bersten, von einander gehen,
60 klaff'en etc.; keimen); ags. cinan, m to-cinau
EINEN
215
KINKE KINK
(zeispalten, serplatzeii, zerreisscn elc); acixjl.
(S t ■: a t m a n n) cliineu (dasselbe) ; goth. ki-
jau, keian (in uskijau, uskeian , auskeimen)
u. keinan (germiuare etc.). — Fiele (III,
46 sfq. II. I, 74) stellt goth. kijan, hz. keiau
zu einer idg. y gi = skr. ji (leben, sicJi re-
gen etc., cf. kwik, kwiver etc.) u. ahd. ki-
nan zu einem aus kinu = skr. jiiiu, bz. der
y jiv, jinv (lebendig werden) entstandenen
Their.a kin (keimen) , wobei zu bemerken,
dass Grass m a n n für ji eine ältere Form
gvi aufstellt, die anzunehmen indessen beim
Vergleich von goth. qinian etc. (cf. kamen)
ii. nhd. Qual, Quelle etc. von einer y gar,
gal, sowie lat. qua, qui aus urspr. ka, ki
nicht erforderlich sein dürfte. Wie ersicht-
lich, passt nun aber die Bedtg. : sich spal-
ten etc. des ags. n. ahd. cinan, kinan zu die-
ser y gi nicht, tveshulb denn Bopp auch
(wie bereits am Schlüsse von 2 kän bemerkt)
das ags. ciuau od. cinan zu skr. y klian (fe-
dere, perfodere) stellt, die indessen nach
Fick (I, 235) mit cliä (sch)ieidcn, sandten,
trennen), kshau, ksha (verletzen, ritzen, bz.
schneiden, stechen, verwunden, tödten) auf
idg. skan, ska zurückgeht u. ivovon ski als
ursjjr. y (Fick, II, 264) von griech. keio
(spalten etc.) u. (Fick, I, 236, bz. Bopp,
101) skr. kshi (laedere, occidere, bz. perire,
destruere, perdore, delere) Jedenfalls nur eine
Ablautform ist, tcie skid (scheiden, trennen,
spalten etc.) von skad u. auch ski (der y
von scimo, Schein etc. u, scinan, scheinen
etc.) von ska, skan (brennen, sengen, flam-
men etc.), deren erweiterte Form skad, skand
Fick (1 , 241) für skr. cand (leuchten,
schimmern etc.) u. lat. cendere, candere, can-
dela etc. etc. ansetzt. Hat daher goth. ki-
jan, keian, keinan wie ags. cinan u. ahd. ki-
nan wirklich von llaii-se aus die Bedtg. :
sich spalten, klaffen etc. (Hildebrand [cf.
Grimm, Wb. V, 455] sieht km&n. etc. des-
halb auch als Nebenform von ginen od. gi-
neu, geiiien [gähnen, klaffen etc., cf. jäneu]
an, ivas mit ahd. gien, giwen von Fick zur
y ghä, ghi gesteltt wird), so ist es sehr tvahr-
scheinl., dass es mit ahd. scina, scena, sciena
(Schiene, Bohre, Schienbein; Nadel od. Sta-
chel, Dorn, Spina) u. lat. scio (wissen, bz.
scheiden, von einander scheiden etc., cf.
scheden u. an. skil, Unterscheidung etc.,
skilja, scheiden, trennen etc.; verstehen, er-
kennen etc.) u. an. skeina (ritzen, verwun-
den etc.), sowie griech. keiö (spalten etc.) etc. zu
einer aus ska, skan entstandenen y ski (spal-
ten, trennen, scheiden, schneiden, hauen, bz.
stechen, graben , ritzen etc.) gehört , wie ja
die Bedtg. : spalten etc. ii. stechen etc. (nach
engl, shin, stechen etc. gab es wahrscheinl.
früher auch ein ags. scinan mit derselben,
Bedtg.) der y von ahd. scina etc. (vergl.
auch kanäl) auch daraus hervorgeht, dass
neben dem ans ags. seine (Schienbein) ent-
standenen engl, sliin (Schienbein, cf. schaue,
5 schene) u. ital. schiena; venet., piem., ro-
magn., sard. schina; span. esquena ; /ran^r.
cchine, cdt eschine (Rückgrat, cf. spina [Sta-
chel, Nadel etc. u. = Rückgrat, bz. Gräte,
Grat] u. dazu gräd, grät); engl, chine (Rück-
10 grat, Kreuz; Lendenstück ; die Kimme,
scJiarfe Kante, Zarge eines Fasses etc.) aus
ahd. scina etc., auch das ivcdlon. hene (Holz-
scheit, Holzsplitter) daher stammt.
Vergleicht man nun aber loeiter ags. cina
15 (rima etc.); engl, kine (kleine Ritze), keeu
(scharf, schneidend etc.); aengl. (Strat-
m a n n) chine (rima) , chine, chene (hiatus),
chiues (scissiirae) ; )dd. keen (Spalt, Riss,
Kluft etc.), so können auch 2 kän, käntje
20 u. kintjc, bz. 5 kin sehr gut direct zu kinan
(Jdaff'en, spcdtcn, rcissen etc.) gehören, tväh-
rend auch die For)nen vo)i nhd. Kien (in
Kienspan, Kienholz, Kienruss etc.), bz. ahd.,
mhd. kien (Kienfackel , Fackel) od. chiu,
25 chen (Kienholz, bz. die am meisten harzigen
Stücke der Kiefer, die cds Späne zum Feuer-
anzünden u. zum Leuchten dienten) = ags.
caen, cen, ceän ; mnld. keen, kien ; mnd. ken,
kin, nd. keen etc. so stark an das Präter.
30 ken von kinan od. kinan (spcdten) erinnern,
dass die Wahrscheinlichkeit sehr nahe liegt,
dass es gleichfalls ivie ciua etc. (rima etc.,
cf. auch nid. klove =: Holzscheit u. = Spalt
etc. u. ahd. chlobo, gespcdtener Stock etc.;
35 Kloben) zu kinan (spcdten etc.) gehört u.
tirspr. überhaupt die Bedtg. : Seh eit, Split-
ter, Span etc. (od. gespcdtenes, bz. abge-
spcdtenes, abgehauenes Etwas) hcdte u. dass
sich hieraus dann die von Spalt-, Span-
Mi Holz, od. (fettes) Holz .lum Brennen u.
Leuchten (wozu eben das Kiefernlwlz be-
sonders tauglich ist), od. Fackel etc. u. dann
ferner die neueren Bedtgn. von Kien xoei-
tcr entwickelt haben. Dass übrigens nhd.
45 Schiene = cüid. scina auch ein abgehau-
enes, (djgespcdtenes Etwas bezeichnete und
hierin mit Sp a n (abgetrenntes dünnes Stück-
chen von Holz, Eisen etc.) zusammeidrifft,
darüber vergl. Weiteres unter spön, bz. spone.
50 2. kineii, kaneii, Kahm (s. 2 kin) bekom-
men, mit Kahm od. Schimmel besetzt wer-
den; — de win hed kind — od. fangd an
to kinen.
kinig, kahmig, schimmelig, muffig etc. ; —
55 de win is, bz. smekd kinig.
kinke, kink u. kinkel, Schlinge, Ver-
schlingung, Windung od. Ringel, Drehung,
Verdrehung, Verwicklung etc. ; — de dräd
is so dral, dat sük d'r elkermäl 'u kink in
60 smitt, wen 'k de nadel wer dörstaken hebb'
RINKE KINK
216
KINKE KINK
un de (Irad anhiil! — d'r sitt 'n kink in 't
tau, 't wil nct mer strtken; — he hed 'n
kink in de dann uu is uicli nier to belpon.
— Die Redensart: „d'r kumd 'n kiiik iu 't
tau od. in 't kabcl" icird auch im fig. Sinne
für Jede Verivickehoig, Verwirrung, Hern-
nning it. Störung in dem guten Fortgang u.
richtigen Verlauf von Etw((s geJiraucht. —
Statt kiuk od. kinkel gebrauchen joir auch
die AusdrücJie: krinkel (wcts mit kriukeln,
ringeln etc., krengcn, krümmen, biegen etc.
u. kring, krunkel etc. con)tc.r ist) u. draller,
wobei es beim Vergleich von krinkel scJtr
wahrscheinl. ist, dass auch kiiike u. kinike
etc. zu kinken cds Schall-Verb, gehört (cf.
Weiteres iinter kunkel), bz. dass der Stamm
kink aus sonus, crepitus die Bedtg. : B r u ch
11. Knick sowohl, als auch die von ma-
cula (cf. klatte, klak etc.) entivickclte it. dass
dann loieder aus Knick (cf. knik) die von
Biegung, Krümmung, Windung, Wendung,
Drehung etc. hervorging. — Nid. kink;
)id. , mnd. kinke; engl, kink, kcnk und
kinch (Schlinge, Schleife); schott. kink;
schioed. kink. — Neben kinke kömmt nd.
auch kunke vor, wie auch Tuinman
(Fakkel der niederd. taal, pag. 184) statt
Idnkel od. kink (omrolling of omslag) die
Form konkel hat, was beim Vergleich von
mnld. (Kil.) konckel-wronckol (contortus),
konckcl (draaikolk, wieling [Letzteres von
wiel, Bad, Spinnrad etc., cf. wel], bz. vor-
tex, gurges, locus in flumine profundus, in
quo aquae vertuntur), konckclen (contorquere,
rotare, vibrare) ; mjUim. konckel of 't wiel
van eenighe riviere of 't water (franz. gouf-
tire , grande jirofondite d'eau , tournement
d'eau), konckclen (crespiller, entortiller, tc-
stonner, regredillcr etc.), bz. von nid. wie-
liug (s. oben) von wiel ganz ziveifellos mit
nhd. Kunkel (Spinnrocken) zusammen-
hcntgt, gleichviel ob man dabei an das Um-
tüinden des Rockens mit Fluchs, Wolle etc.,
od. an das Spinnen n. Drehen des Fadens,
bz. das Drehen der Kunkel od. des Spinn-
rades etc., od. an das Reissen, Zerren, Zup-
fen des Fadens aus demselben, od. an das
zottige, zerzauste, loirre etc. Aussehen des
Rockens od. der kunkel (cf. kunkeln, durch-
einander machen, verivirren etc. u. dazu tat.
turba, turbo, turbare etc. u. kink in kink-
hörn = turbo etc.) gedacht hat, welch letz-
tere Vorstellungen (auch aus: reissen, zer-
reissen, zerren, zupfen, zerzupfen etc. geht
die Bedtg. der Wörter: Zotte, zottig etc.,
Zaser etc., bz. Zotte = Scldumpe etc. her-
vor) zum Thcil auch unser m v. nid. kunkel
(unordentliches, schlumpiges, lumpiges, zer-
lumptes Weib, Schlumpe od. ivie wir auch sa-
gen klatte etc.) u. nid. (v. Dale) kinkel
(Hure, Schlumpe, JAimpe, Lumpenlcerl et:.),
(Tuinman) kinkel (lumpiger Kerl, Fitgel
etc.) od. (Kil.)\iQ\\ckQ\ /h kenckelbocr (nisti-
cus stupidus, bardus, insulsus), zu Grinde
5 liegt. Höchst tvahrscheinl. ist daher kiake,
kunke mit kinkel u. kunkel eines Ursprungs
u. steckt das Wort kinkel (als urspr. :
Zerrissenes od. Fetzen etc., bz. zaser iges,
zottiges, bz. unordentlich od. zerzupft u. zer-
1 0 rissen aussehendes Etwas [derSpinnrockeu od.
die kunkel ist u. sieht einem zottigen Kopf, bz.
zottigem Etwas ähnlich]) auch hi nhd. Kin-
k e r litz ch e n (Flitterkram , Vlunderstaat
etc.), IV ie auch tvohl nd. kinkel (Fettw\t.rfel,
15 bz. Stücke zerkleinerten Specks, bz. Fetzen
od. Klumpen Fett [cf. bei Vilmar unter
kinken das osnabr. kinkel], der am Fleisch
hängt, bz. [Seh ätze] Stück, Humpen,
Schnitt etc., cf. lumpe od. klatte) in derselben
20 Weise vom Schallstamm kink, ivie klitter etc.
von klit entstand. Dass aber weiter engl, kinch
(aufwickeln, bz. ivickeln etc., cf.\Yikke\n=tvin-
den, drehen etc.), sowie kiiicli (eine kleine
(Quantität od. ein Fetzen, kleines Stück) u.
25 aengl. (Stratmann) kinch, kench (fascicu-
lus) mit dem Schallstamm kiuk (cf. kunkel)
auch zusammenhängt, ist klar, ivie desgl.
auch, dass an., isl. kikua (rccurvari); norw.
kika, bz. kikka, kekka, keika (ringen, bz.
30 wringen, winden, rerivringoi, verdrehen, ver-
renken) etc. tvieder mit kinke etc. begrifflich u.
formell (wegen kik für kink cf. an. kapp
für kamp; ags. cüdh für cundh etc. u. un-
ser kink in kink-hust) zusammenhängen
35 u. dass es auch waJirscheinl. ist, dass das
isl. keckr (offa, gleba) dasselbe Wort ist
wie das obige nd. kinkel (Fettivürfel od.
Fettklümpchen etc.). — Sollte übrigens kink,
kinke in der Bedtg.: Windung, Krümmung,
40 Drehung etc. niclit mit den oben angeführ-
ten sonstigen Wörtern u. kunkel auf einen
Schallstamm kink (cf. kinken u. kunkel) zu-
rückgehen , so wäre es auch möglich, dass
derselbe aus knik (s. d.) versetzt u. mit knik-
45 ken verwandt wäre, ivährenä es andererseits
auch möglich sein könnte, dass knik aus
kink umgesetzt ist u. kink (cf kille =
kwelle etc.) mit icn.senn kwink (qink) von
Hause aus zusammoihinge. Das an., isl.
50 kingr, kengr (curvatura etc.), kingi (cervicem
rotare vel curvarc etc.) ist auch mit kinke,
bz. engl, kink, kinch, kench (s. oben) con-
ne.r u. nach Dicz (II, o~5j das Etymon
von franz. quingois, bz. guingois (Ungleich-
65 heit, Schiefheit). Zu isl. kingr, kengr vergl.
übrigens auch norw. (Aasen) k.jeghi (spinde
toug med vindehjul ; snoc eller spinde lang-
somt), Icjegla (reb-vinde, hjulredskab til at
spinde toug). — Wegen einer dazu stimmen-
<oQ den }/ vergl. unter kinkhörn am Schlüsse.
KINKEL 217 KINKEN
— Bezüglich des ohif/en engl kincli (eine Schalhourzcl idg. kak gehört u. als Schall-
klcine Quantität von Etioas, hz. ein Stilcl;- wort (wie viele andere) nnverschoben blieb,
c?ien, Fetzen, Flitterchen, od. ein /deiner uhschon es auch möglich ist, das.s sowohl
Brocken etc.) iL nd. kinkel (Stückchen zer- kalccln, Icäkeln etc., als auch mehrere der
Meinerten Specks od. Fetts etc.), sowie kin- 5 nachfolgenden Wörter zu der Schalhourzcl
ker in kinkerlitzchen (Flitterkram, Flitter- gag (cf. Fick, I, 35 u. 64 die Wurzeln
Staat etc.) etc. vergl. noch engl, chingle (Kies kalc u. gag) gehören. Vergl. dieserhalb aus-
od. Grus = Zerkleinertes), to chiiik (sich ser dem obigen u. vi nid., mßäm. (KU.) kincken
spalten, sjjringen etc.), to cMnk (sjxdten, auf- (aiihclare etc.) auch mnld. kicheii (anhelare,
reissen, aufspringen ; in kleine Stücke schnei- 10 liippacare, difficnltor spirare ; levitcr atque ina-
den etc.), cliink (Spalte, Biss, Ritze, Sjjrung niter tussire, singultire), kicken (hiscere, rau-
etc), tcas übrigens in der Bedtg.: Klang, tiro, emutire, mussitare, minimam vocem edere,
bz. in der von: klingen, klimpern etc. cf. kikkeii), sowie kiicli (tussis) u. kucheu
u. beim Vergleich von graiul, grind, bz. des (anhelare, gemero, tussire) ; nd. (B r. Wb.)
Verb, grindan in der urspr. Bedtg.: knir- 15 knclien, kügeu, bz. (Schambaclt) küchen,
sehen, rauschen, tönen elc. auch mit unserm' küchen «. (in Hamburg) kogen (liusten, kei-
kinken (s. d.) zusammenhängen dürfte (u. chen etc.), köge (der Husten); mnd. kichen
dann selbstredend mit kunkel als Spinn- (keichen) ; mhd. kichen, keichen (cf. Weite-
rocken unvertoandt ist, worüber Weiteres res in Grimm, Wb. V, 434, 6(J0, 661 un-
noch unter kunkel, kunkcln), zu dessen Be- 20 ter keichen, kichern, kicken etc.) ; engl, chink
dtg. : stossen, schlagen etc. auch aengl. (Strat- (klingen, tönen, klimpern, bz. spalten, reissen
mann) kiken Qnuigere; calcitrare) ivohl etc., s. unter kink am Schlüsse), cXwidk (das
stimmt. Weiteres vergl. übrigens noch un- Glucken einer Henne; schwaches Geräusch
ter 2 klinke etc., was ja auch (wie knik etc., cf. kik etc.), to chuck (glucken, lachen ;
[Brucli, bz. Biegung, Krümmung etc.], knik 25 sanft unter das Kinn schlagen [einen Kicks
[Thon, od. liartes u. zfdies, fest aneinander geben ?], tverfen etc.), cough ; aengl. coughen,
haftendes Etioas etc.] u. knikken, knakken coghen (htisten, s. oben kuch, küchen), kick
etc. vom Schallstamm knik-knak) sich leicht (stossen, schlagen etc. mit dem Fusse, cf.
vom Stamm klik (cf. diesen u. daselbst auch hikken etc., s. oben unser kinken), kink (laut
klik = Thon etc.) in- der Bedtg.: Bruch 30 lachen; keichen, nach Luft schnappen); aengl.
etc. ableiten lässt u. wonach man dann auch kenchen (cachinnare) , kiken (pungere, cal-
annehmen muss, dass auch kinke urspr. die citrare, s. oben engl, kick u. unser kinken
Bedtg.: Bruch hatte u. mit k'mkQn auf den u. aengl. kiviken bei Stratmann); schott.
Schallstamm kik zurückgeht u. dass sich chack (to clack, to make a clinking noise),
hieraus (ausser Biegung, Krümmung 35 loobei zu bemerken ist, dass J amies on zu
etc. auch Bruc h od. b r eche )i) auch wie- seinem 2. chack (to cut or bruise any part
der ähnliche Begriffe loeiter gebildet haben, of the body by a sudden stroke; as when
wie aus klik, kuik, klip, bz. klak. the sasli of a window falls on the fingers)
kiukel, s. kink. soivohl mnld. kacken (cf. kakken, was auch
kinken (knnk [stcdt cdteres kank, cf. bund 40 ivohl zur Schallwurzel kak gehört), cds ke-
stcdt band, — rung statt rang etc.], kunken), ken (garrire, blaterare, jurgare, increpare =
a) klingen od. schnurre)!, surr Ol, sausen etc.; engl, checke, cf. KU. u. die Identität von
— dat kinkd (Idingt, surret, sauset etc.) od. mfläm. kekeu , bz. kekelen 7nit nd. keken,
kunk (klang, surrete etc.) mi in de ören, od. bz. unserm kakeln u. kakeln etc. von der
de ören kinken mi; — b) beschwerlich als 45 y kak) u. engl, chek vergleicht, looraus
ob man sticken soll, husten, keuchen etc. (cf. dann loeiter erhellt, dass mit diesen Wör-
kink-höst), wofür toir indessen auch das der- lern u. schott. chak (to gnash, to snatch at
selben y ivie kinken entstammende küchen an objcct with the chops as a dog does etc.
gebrauchen; — c) schlagen, stossen, prcd- etc.) aucli sein chak = engl, to check, bz.
lenetc; — iosaimenkinken (zusammen, bz. an- 50 das engl, check in edlen (verbalen od. subst.)
u. auf eina)uler stossen u. prallen). — Nid. Bedtgn. u. auch schott. chack (a slight re-
kinken (stossen, stechen, bz. mit der Spntze past etc.) u. chack, check (the Wheat-ear,
von Etwas auf ein anderes Etioas derartig a bird , cf. stane-chacker) zusammenhängt,
schlagen, dass es tönt, klingt od, schrillt etc., toährend weiter schott. chick (to make a
od. [cf. V. Dale] so hart schlagen auf Et- 55 clicking noise) mit unserm kikken, bz. mnld.
was, dass es zurückprallt, od. fz. B. auf ein kicken (niutire etc.) zusammenfidlt. Weiter
Ei], dass es springt, plcdzt od. kaput geht). cf. schott. kink (to labour for breath ; to
— Es ist ein von dem Schallstamm kink (cf. laugli immoderately ; to puke), kink (a vio-
)iink\id?,\) weitergebildetes Verb., was mit k\k- lent fit of coughing etc.; a convulsive fit of
ken, kakeln etc., soioie auch h\kkQxx Qic. zur 60 laughter), ivoza Jamieson ein ags. ein-
KINK-HORN
218
KIPE
ciu;f (cachiiuiatio) (Oifithrt, sodass neben ihm
gleichfaUs Itieher gehörenden ti. mit küchen
ideni. ceucian (suchen, hnrhen, irürgen, hz.
schwer schlucken), accöcian (suffocare) auch
schon ein ogs. cincaii od. cincjan bestanden
haben muss. — Im AJtnord. finde ich nichts
dahin gehörendes belegt, doch findet sich:
isl. käkla (lente pulsarc) u. kiaka (tuiulero,
cf. kinktni sab c), kiäiika (arridore, n<l. [dän.l
smile ad), kiank (avium vox, crociUis) otc. ;
norw. kauka (juchzen, si)igc)i, laut scJircien
etc., schiced. dialect. kauka, kaka) , kikja,
kikna (den Athem verlieren , deichen etc.)
= schn-ed. kikna. <läii. (kitfi") nach kiglioste
(Keichhusten), kji-kki (zanken, kcifoi etc.,
cf. käkoln) etc.
kink-hüi'u. So heisst nicht cdlein das
Wcllhorn, sondern auch andere grössere ge-
icundene Schneckengehäuse, ivelche , wenn
man sie vors Ohr hält, einen singoiden, bz.
surrenden Ton hören lassen, teidirend die
kleineren Seh neckengehäuse der cssbaren (iar-
tenschneckc , bz. die Gartensclmccke selbst
kinkhoruijcs (meine Mutter hat in ihrer Ju-
gend viele kinkliörntjes auf dem Markte ge-
kauft u. verzehrt) heissen. — Nid. kinklio-
ren (Fosaunenschnecke, Wendeltreppe, bz.
ein gewundenes Jlorn od. lllasc- Werkzeug
[Weiland], woraus ein scharfer Tun her-
vorgepresst [gewroimon]) wird; mnld. kiuck-
horea (tuibo, piscis turliiuatus, concha, corli-
lea marina c^ua ad buccinanduin utitur; buc-
cinuin, bucciua, concha tortilis, couclia turbi-
nata) ; mjläm. kincboorn (poisson qui so tieut
cu coquille sabotco coiiueluche) ; hochd. kink-
liorn (lilashorn mit hellem Ton, sonst Zinke
od. Z i n khor n). — Im )dd. (cf. Weiland,
van Dalc) kö)nmt auch die Zusammen-
setzung kiuk-klarocn (lilashorn) vor, ivas =
„laut u. scharf tönende Zinke" (klarocn ist
= franz. clairon), od. auch vielleicht „ge-
toundcne Zinke" sein kann. Da indessen
(cf. V. Dale) statt kink-hoieutjo auch die
Hedupl. : kink-kank-horeuljo vorkömmt (cf.
unser kik-kak, kik-kakkeu u. die Identität
der Stämme kik u. kiuk unter kinkon) , .so
scheint dies kink nicht idcnt. mit kink od.
kinkc (Drehung, Verschli}igung , Windung
etc.), sondern mit kinkon in der Bedtg. : tö-
nen, klingen etc. eonne.i' zu sein. Vergleicht
man indessen lat. concha u. cochlua, bz.
griech. kogchö, kouchos, skr. rankhas (Mu-
schel), so scheint es, als ob diese Wörter
nicht allein mit kink (als Dreliung , Ver-
schlingung, Kri'immang etc.), sondern auch
mit skr. kakara (Wirbel des Halses), kak (cin-
gerc), bz. lat. cingcre (es bedeutet .soviel cds
ein Etwas mit einem Kreise od. einer ge-
krümmten Linie umgehen, od. ein Etivas um-
gürten, cf. Fick, I, .31!) u. ferner auch mit
kuk, kvak (krümmen, wölben) zusammen-
fallen, sondern dass auch skr. yak u. zend.
^•ac (geziemen, passen, bz. fügen = sinnl.
verbinden, schliessen, um- u. einschlicssen
5 etc.) (^aiikha (]\[uschel, cf. Fick, 1,56), sei
es als (iehäuse , was ein anderes loölbend
umgiebt od. um- u. einschliesst etc., od. als
(rckrümmtes u. Gewundenes etc., nebst den
obigen griech. u. lat. Formen icohl einer u.
10 derselhen }/ idg. y kak, kank angehören.
kink-liöst , Keichhusten. — Nid. kink-
hoest ; mnld., mjläm. kiuk-, kich-, kick-,
kieckhoest; )kI. kink-, kuchhoost; engl, chin-
cough, bz. kiukcüu.t,'li u. kinkhoust: Schott.
15 kinkhost ; schwed. kikhosta; dän. kighoste.
— cf. kinkon.
1. kiiisel, Gekeimtes, Keime; — molt-
kinsol, Malzkeime. Zu 1 km, bz. kinen.
2. kiiisel, s. 2 kin.
20 kinfje, s. 5 kiu.
1. kip, behauen, behobelt, beschnitten, od.
auch: geschoren, rasirt etc. u. daher: glatt,
eben, nicht strupjiig od. rauh etc., egal, re-
gelmässig, ordentlich, nett, hübsch, reinlich,
25 sauber etc.; — de l)alke is kip un kh'ir; —
dat sügt hir all' so kip uu nütjes iit, dat 'n
waren lüst is , um 't to seu ; — kipper uu
mujor (schöner) as hir, findst du 't nargends;
— 't is all' up 't kipste mäkd ; — to kip
30 (zu glatt, od. zu sauber u. nett) kau 't not
makd worden ; — he schäfd 't all' so kip
un glad, dat 't hei uet beter kan. — Mit
nid. kip (Kerbe, Einschnitt, Spalt etc., hz.
abgespcdtenes Stück Holz, Kloben, Scheit
35 (Stück Holz am l'fluge) etc.; mnld., mßäm.
kip (ictus) ; engl, chip (Schnittchen, Stück-
chen, Schnitzel, Abfall etc.) zu kippen ('of?. die-
ses von kip [ictus etc.], cf. kippen a)n Scldusse)
in derselben Bedtg. wie kappen, womit es,
40 u-ie desgl. auch ivohl mit käpeu, käpe etc.
u. kaf, kif etc. wurzelhaft u. begrifflich zu-
sammenhängt.
2. kip, s. kippe etc.
kipe, Oll. kipp, kip, a) Kappe, Hut u.
45 zwar specieU eine tiefe, nacli oben hin et-
was verjüngt zulaufende, für Frauen von
Stroh, Bohr od. dünnen Holzspänen gefloch-
tene, Kopfbedeckung ; — he sitt l)it an de
üreu in de kipe ; — sott de kip fan de kop,
50 dat man diu gesigt ördendlik sen kan ; —
se hed 'u kip up de kop, as 'n immenkörf;
— b) Korb, Tragkorb od. Behälter von ge-
flochtenem Stroh, bz. von geflochtenen Wei-
den, od. von durch Quergcflechl verbundenen
55 Holzstähen ; — do diu kip apcn un lat sen,
wat (hl d'r in liest ; — he dragt so i-wär
mit sin kipe, dat he d'r hast uuder heswigt.
— Compos. : förkipe (Futterkorb), — cier-
kipe, — pipenkipe (l'feifenkorb), — höner-
(iO kipe (Hühnerkorb u. zwar sowohl ein Korb,
KIP-KAP-KOEGEL
219
KIPPE KIPP
loorin sich Hühner befinden, als auch ehi,
Korb, tvorin die Hühner ihre Eier legen),
— stengödskiije (Korb od. Behälter, bz. Bü-
cken- od. Tragkorb, ivorin Steinzeug getra-
gen II. feil geboten wird), — törfkipe, • —
immenkipe etc. — Nd. (Schütze, Scham-
bach, Dann eil) kiope, kiep, kip, kipe «.
(Br. Wb.) kiipo n. (im Hildesh.) keupo (Ko-
ber, Korb etc.); mnd. kipo od. kypo (Korb);
hess. (Vilmar) kippe, kiejie, koipo (Tasche,
Sack, leinener Behälter etc.). Weitere For-
men u. Bedtgn. in deutschen Dialecten vergl.
Grimm (Wb.) unter Kiepe. — Ags. cypo
od. cype (Korb) ; aengl. (Str a t m a n n) kipe,
cüpe (Korb) ; engl. (Berksh. , cf. L u c a s)
cipe (grosser Korb) u. kipe (Weidenkorb,
Fischreuse) ; noriv. (Ir. Aasen) kipa (Wei-
denkorb; kleines Fach od. Gestell in der
Ecke eines Hauses). — Es ist schwerlich
wie kupe (Kufe = aengl. ciif ; ags. cyi) eine
Entlehnung aus lat. ci'ipa, sondern gehört
wohl eher mit kapen, Icop, kappe etc. zu
einem gerni. Stammverb, kipaii, kap, kupuu
(greifen, fassen, halten, tragen, heben etc.,
b2. stützen, schützen, retten, decken etc., od.
bergen, bedecken, verhüllen etc., (f. pa, pi
unter fader u. die ]/ var unter waren, wil-
len, wäleu , wulle etc.), was selbst indessen
tvohl mit scliap, schip etc. auf eine idg. y
skap (cf. kappe) zurückgeht , die übrigens
urspr. auch die Bedtg. : hauen , schneiden,
spalten (cf. kappen), bz. stechen, graben etc.,
od. springen, bersten, sich spulten, klaffen,
offen stehen u. hohl sei)i etc. gehabt haben
kann, da ja sowohl kipe, kop etc., als auch
schap, schip ursjir. die Bedtg.: tiefes od.
hohles Etwas (cf griech. skaphos, Gra-
ben; Schiffsbauch, Schiff etc. , sowie unser
schap M. schip etc.) gehabt haben kann. cf.
auch kübbe u. kii)pen u. lat. capio , con-
cipio u. cupio, ioobei zu beachten ist, dass
(cf. Scheller, lat. Wb.) das lat. capio
mancherseits sogar von griech. chaö, kaö,
kapö (klaffen etc., cf. gapen etc.) abgeleitet
icird. cf. kipke ?«. unter 2 kippe.
kip-kap-kögel, eine (cf 1 kippe u. kögel)
einem umgekehrten Hute ähnliche mit grü-
nem feinzackigen, od. gefiedertem Kraute u.
bunten Bildern beklebte, um, bz. auf einem
dicken Kohlstengel od. einem Stock befestigte
u. getragene Fajyier- Laterne, ivomit die klei-
nen Mädchen am St. Martins-Abend umher-
gehen, um sich Leckereien u. kleine Geld-
geschenke zu erbetteln, indem sie eins der
folgenden Lieder dazu singen. — kip-kap-
kögel , — sünter Martens föjfel , — sünter
Märten dikke buk, — stokd sin närs to 't
fenster lit. — repe repe berg(^, — dürd sin
fader 't net segge, — dürd sin moder 't net
klage, — krigt 'n pukkel ful slage. — hir
wand de rikc man, — de uns wol wat gafeu
kan, — föl kan he gäfen, — lank schal he
läfeu ; — wen he kumd to starfen, — schal
he de licmmel arfen. — God schal hum lo-
5 non, — mit hunderddüsend krönen, — mit
liunderddiisend klokjes d'r an ; — dar kumd
siint-Martin bischup an. —
Oder:
siiiiner Martens f Ogel , — kip-kap-kogel, —
10 wul' so wid Hegen, — al afer de rin — al
ater de rin, ~ heb' ji sunt Martens fögel
6k sin? — sünte Martens güse, — büut uk
al to böse, — biten de olde wife, — de tit-
ten fan de life, — braden s' up de röster,
15 — sniekken as en körster. — d'r flogen twe
rubintjes na 't papenhüs to , — dat papeu-
hus was d'r ferslaten, — de hemmel stuu'
sperwid apen. — as Josep iit de schole kwam,
— he had' d'r gen botter, — he had' d'r
20 gen brod, — he legde sin kop in Mare hör
schOt. — Mare de had d'r en gordel an,
— d;\r hangen wol düsend klokjes an, — de
klokjes fangen an to piugeln, — lefe En-
gelkes fungfu an to singen : — fan hir an
25 — fan dar an, — bäfen wand de rike mau,
— de alle minsken gäfen kan ; — rike man
to perde, — unse lefe here , — de lett
wassen, — göd koren un god flassen, —
göd koren un göd luisäd, — fröke! is dat
30 gen göd hüsgeräd?
kipke, kipken, die kleine kappenförmige
Napf- od. Herz-3Iuschel, welche auf den
Sandbänken im Watt massenhaft gefunden
u. namentlich zum Brennen des Muschel-
35 kalks verivandt wird. — Bimin. von kippe
(leichte Mütze od. Kappe) ivie kapke von
kappe. Ln wang. (Ehr entraut, I, 374)
heisst sie käbi^ik, was wohl für kabuke steht
u. da sie sonst auch (Ehr entr aut , II,
40 39, unten) im Jeverschen u. Ostfriesischen
auch kapke od. küpke genannt wird, so
wird auch kabük, bz. kabuke dasselbe wie
kapke sein.
kipkeii, es ist ein Himin. von kippen in
45 der Bedtg. schlagen etc. u. wird toie hikken,
bikken, pikken etc. namentlich im Sinn von :
,,leise mit der Spntze eines Eies auf die
Spitze eines Anderen schlagen" gebraucht.
Das kipken geschieht so lange, bis die Schede
50 des Eies zerbricht u. heisst von diesem kip-
pen in der Bedtg. „pickoi" im nid. ein
junges Huhn auch „een kip" , ähnlich wie
auch küken von Hause aus mit kikkeu zu-
sammenhängt.
55 1. kippe, kipp, od. kip, kipse, leichte
Mütze, Mannsmütze. — Nid. kip (Plur.
kippen), Kindermütze. — Nebenform von
kappe, cf. Grimm, Wb., das zweite Kippe.
2. kippe, kipp', od. kip, Spitze, scharfe
60 Kcüde etc., namentlich in Bezug auf Etwas,
KIPPEN
220
KIPPEN
2W/S auf die Spitze etc. [lestclU i^t u. daJur
auch leicht umschlägt ; — de kiip (ocL dat
fiit, de säk etc.) steid up de kipp' un sleid
gllk um; — de balko ligd up de kippe (mif
der scJiiiifoi Kaute, Lz. so, dass derselbe
nach der einen od. andern Seite hin umzu-
kippen drolU , od. jede Minute nmlippen
will od. muss): — he stoid n\) de kippe (er
steht im Bet/riß' zu stürzen od. zu fallen^ bz.
auf dem Sturz, od. auf der Wi])})c): —
de hiidel steid in de kippe (die Sac/tr steht
im Begriff zu kipiion od. umzuxc/dagen etc.).
— Dieses Wort i-<t ebenso (cf. auch Grimm,
}V1)., 1 u. 2 Kippe u. hei Seh. u. L.,
mnd. Wb., 1 kip, Zipfel od. Spitze = tip,
timp, top etc.) wie 1 kippe eine Ablautform
von kapjie /// der Bedly. : Oberstes od. Spitze,
hz. Decke od. Deckel (od. das was ein an-
deres icie eine Kappe od. JIiil.se bedeckt n.
ein- od. umfasst u. ein.'schliesst, cf. kipo ».
kipke etc.) u. wenn auch das Verb, kip-
pen einestheils eine Nebenform von kappen
ist, so erhellt aus kanten, kauteln (als von
kante weitergebildet) auch tcieder, dass kip-
pen in der Bedtg.: umschlagen od. stür-
zen (auf die Seite legen etc.) sowohl, sowie
auch aus koppen (kiipfen, bz. die Spitzen
abhauen u. abschneiden), dass kippen in der
Bedtg. : spitzen od. die Sp itzen u. Z ip-
feln (cf. auch top u. toppen) abschneiden
od. abhauen u. abschlagen iviedcr von kippe
in der Bedtg.: Spitze od. Oberstes ab-
geleitet ist, während sich andererseits beim
Vergleich von kiiip, knippeu etc. (cf. kuip,
od. kuippe, knipp u. knipi)eu u. nid. knip
[Falle] u. unscrm klap od. klappe) zu kip-
pen nicht verkennen lässt , dass die Bedtg.
M. der Gebrauch dieses kijjpe sicli zum Theil
icenigstens auch iviedcr aus dem Verb, kip-
pen sub e herleitet, wie dies z. B. auch mit
nhd. Kippe od. Keppe (Schaukel), Kippe
(Falle, decipula = «W. kip) u. Kiiipe (Gold-
wage; — davon Kippe u. Wippe, sowie
Kipper etc., cf. Grimm, Wb.) der Fall
ist, während von kippen sub a sich mhd.
Kippe (Sichel, sichelförmiges Messer) so-
tcohl, als auch nid. kip (Kerb, Schnitt, Stück
od. Streifen Holz etc., s. unter 1 kip) herleitet
14. auch )üd. kip (junges Huhn, als ein Etwas
was aus doii Fi bricht etc., s. unter kipken u.
kippen sub d) ebensowohl davon abstammt als
das nid. u. nd. , mnd. ki])i)e, kip (Bund,
Bündel, Backen etc., cf. Seh. u.L.), dessen
Bedtg. wohl in ähnlicher Weise von kippen
entstand, tvie unser knip (eine Abtheilung
od. ein Bündelchen Garn, cf. 2 knip) von
knippen, wobei noch eriviüuit sei, dass an.,
isl. kippa (fasciculus etc.); norw. kippe etc.
mit dän. kuippe sjnonim ist.
kippen, a) schneiden, hauen, kappen, ker-
ben etc. ; — he hed sük de liär kippen
(schneiden, kürzen, stutzen etc.), bz. ofkip-
pen (abschneiden etc.), od. wat iitkippen (aus-
schneiden, ausdünnen) laten ; — iitkippen
5 (ausschneiden, bz. auskerben, einen Schnitt
aus Jüwas Jieraus)iehmen n. so auch aus-
tiefen etc.); — inkippen (einschneiden, ein-
kürzen, einstutzen etc.; einkerben etc.); —
I») mit der Spitze von Ftwas, od. einem siiit-
10 zen Etwas auf ein Anderes schlagen od.
picken, dass es bricht od. berstet, bz. bis
dass ein Loch, od. eine Vertiefung in, Et-
was entsteht; — he kipd (od. kipked) d'r
so lank up herum, dat 't ei kürt geid ; —
15 c) stossen etc. od. sondern (von schneiden,
sjtalten , theilen , tretinen etc. ausgehend),
scheiden etc., daher: iitkippen (ausstossen,
aussondern, ausscheiden, auswerfen, ausle-
sen, auswählen etc.); — he is iitkipd (er ist
2Ü au.'ige.stossen etc. , z. B. aus einer Gesell-
schaft); — he kipd (stösst, ivirft , sondert,
merzt etc.) dat siegte d'r iit ; — he hed dat
beste for sük d'r iitkipd; — d) keimen, bre-
chen, ausbrechen (d. h. entweder: spitzen,
25 die Spitzen [cf. 2 kippe] zeigen etc., od.
wahrscheinlicher: .spalten etc., cf. kinen) :,
— de garste kipd nüt iifeu, bz. is net in 't
kippen begriipen, od. wil net göd kippen ; —
de lisken kippen (brechen, schlüpfen) üt de
30 kiitc; — e) umschlagen , sich auf die Seite
legen, od. nach unten neigen, stürzen, fal-
len (d. h. entweder: schlagen etc., od. bre-
chen u. so: stürzen etc.); — de wagen (od.
dat schip, de stol, de sake etc.) is in 't kip-
35 pen, od. wil kippen ; — du must de erdkare
kijjpen (das hintere Ende neigen od. nach
unten fallen lassen od. machen), dat de erde
d'r ütfallen kau; — he kipd dat um; —
dat wir (Wetter) kipd um; — dat fat mut
40 wat kipd worden, den löpd 't beter üt; —
de wagen (od. de budel etc.) kipd (schlägt,
stürzt etc.) um; — dat kipd (neigt od.
schlägt, fällt, stürzt etc.) för afer; — auch
diilkii)pen, upkippen etc. — Nd. (Br. Wb.,
45 .S' c h ü tze etc.) kippen (wie sub a, c u. e) ;
mnd. (Seh. u. L.j kippen (ausbrüten, bz.
ausbrechen machen etc., von Hiüuiern , in-
dem sie, od. die Küchlein von innen heraus
die Eierschale kippen) ; nid. kippen (a. grei-
60 fen, fassen, fangen, nehmen, wählen, wozu
van Dalc auch kapen vergleicht; — b.
schneiden, kerben etc. = käpen; — c. das
Durchpickcti der Eier, utn die Brut aus-
kommen zu lassen); mnld. (KU.) kippen
55 (cudere, fcrire, iccre, insecarc; — capere,
excipere, eximere etc.; — pullulare, piillos
edere, excludere. vel excuderc ova etc.); mjläm.
kippen (dasselbe) ; engl, cliip (i)i kleine Stücke
schneiden, schnitzeln; behauen; durchbre-
60 chen, wie das Küchlein das Ei etc.) u. chip
KIPPER 221 KIS
(abbröckeln, abfipringen, abbrechen, bz. sifirin- lesen thut) etc. Daher auch wohl ncl. u.
gen, sich abspalten, od. spalten, reissen etc.) ; hochd. (cf. Grimvi, Wh.) kipper, Person
aengl. (Stratm ann) chippcn, cf. daselbst icelche die Münzen beschnitt; dann über-
auch kippin; — ags. (cf. L. Ettinüller, haupt: Fabrikant von leichten u. schlechten
pag. 383) cippjan (secare), forcippjan (prae- 5 Münzen, Geldfälscher, Fälscher, Betrüger
cidere). — Weiter vergl. Grimm, Wb. im- etc., ivovon die Zusammenstellung : Kipper
ter kippen, loas in der Bedtg.: schneiden, u. Wipp er.
schlagen etc. ivohl blosse Ablautform von ki|)j)ke, kippken, s. kipke etc.
kappen ist. Sodann vergl. auch noch an. kip-wip ; i. q. wip-wap = Schaukel, cf.
kippa (rücken [rucken, zucken, stossen, bz. 10 küp-wüpke u. wippe.
hin u. her beivcgen etc.], ziehen, richten, he- kivie, Kiefer. Wohlauskihhe.,k\i\'crerderbt.
hen etc. , bz. einen Stoss, Bück, Zuck, Zug kis, Wähler ich od. wählend u. prüfend,
etc. machen) ; isl. kippa (raptarc etc.) ; norw. das Auserlesenste u. Beste liebend u. aus-
(Iv. Aas en)'koQ^\)A,provinz.\ii\)T^A. (kippen, suchend, delicat, eigen, ekel etc. a) in Be-
stürzen etc.) u. kippa (rylvke til sig, suappe, 15 zug auf das Essen, od. die Speise, daher
nappe; traekke fisk med stang; samle etc. auch: lecker, leckerhaft etc.; — he is so
etc.), was L. Ettmüller (pag. 383) zu kis, dat he hei net wet, wat hemagofäten
einem unbelegten ags. cippan, capp, cuppon, Avil; — • he is föls to kis (od. kör) up 't
coppen (levare ? secare ?) vergleicht. Dass äten ; — du must nig so kis (od. kür) up
übrigens die Bedtg. : rücken od. rucken u. 20 't äten wäsen, den wen du so blifst, den
heben, in die Höhe beicegen etc. des an., must du nog grote umwenst begän, wen du
norio. kippa sicJi in mancher Beziehung mit üt 't liüs knmst un din foten under ander-
unserm kippen sub e berührt, ist zioeifellos, raans disk steken must; — b) wählerisch u.
tveil dieses kippen sich ja auch mit wippen delicat in Bezug auf Beinheit u. Sauber-
begrifflich sehr nahe berührt u. eigentlich 25 kcit, sodass aller Schmutz it.. jede Befleckung
so viel heisst als : einen kip od. wip, bz. eine (auch in moralischer Beziehung) ängstlich
schnellende Bewegtmg (od. überhaupt: un- vermieden u. verabscheut tcird, od. auch in
vermuthete, plötzliche Betcegung n. Schwin- Bezug auf Umgang u. Gesellschaft etc.; da-
gung, einen Stoss, Bück, Schimmg etc. in her auch: Ekel u. Scheu vor Jeder unange-
die Höhe, nach seitwärts, od. nach unten 30 nehmen od. befleckenden Berührung ; vor-
hin, cf. kip-wip u. küp-wübke) machen od. sichtig, zurückhaltend, sittsam, keusch etc. ;
bewirken u. thun, toodurcli es sich auch ivie- — se is so kis, dat hör hast gen minsk an-
der begrifflich mit kippen in der Bedtg. : rüreu dürd ; — kis in worden, gesinnungen
stossen od. schlagest (umkippen i.'it ja un daden. — Nid. kiesch (die naauw kiest,
atich = umschlagen u. schlagen ist 35 keurig, naauwkeurig, naauwgezet, omzichtig,
ja auch = schioin g en, cf. hin u. her belecfd, net etc.); mnld. kies (curiosus, de-
schlagen etc.) berührt, woraus man also ab- lectu gaudens etc.) ; nifläm. kies (curieux etc.).
nehmen muss, dass kippen in edlen verschic- — Es ist ident. mit aengl. chise, chuse (elc-
denen Bedtgn. von Hause aus von dem un- gans, amans) ; ags. cyse, cüse (fastidiosus in
ter 1 kip erwähnten cüten nd. , bz. mnld., 40 edendo; purus) u. gehört mit afries. küsk;
mfläm. kip (ictus) iveitergcbildet tvurde u. wfries. kuwsch ; nid. kuisch ; mnld. kuysch
dass dieser Stamm kip ebenso ivie kap von (castus, pudicus, continens, intemeratus, im-
kappen auf die bereits unter kappen er- maculatus, mundus, purus) ; 7nnd. kusch, küs ;
wähnte idg. J/ skap , hauen, stossen, schla- as. küsko; ags. cüsc, cüsce; ahd. chüsk,
gen etc., od. hacken, stechen, graben etc., 45 chuisg, chCiski, chüschi, küsgi, chiuske ; mhd.
od. auch spalten, schneiden etc. u. auch kiusch, kiusche (cüsc, chuisg, kiusch etc. ist
beissen, schnappen etc. (was .sich eigentlich wohl = älteres ags. ceösig, ahd. kiosig, bz.
ja Alles gleich bleibt , wenn man die Wör- kiosich od. = cüsig etc., also mit dem Sof-
ter: biten, bikken, pikken, hikken, hakken, fix ig von ceös, od. cüs, cys, bz. von dem
grafen etc. vergleicht) zurückgeht, ivonach 50 obigen cüse, cyse weitergebildet) = nhd.
dann kippen mit dessen Präter. kap eigent- k eusch , sowie auch wohl mit afries. kest
lieh das Stammverb, von kappen ist. (Wahl, Beliebung, Küre, bz. das Erwählte
kipper, Person od. Ding etc. die od. wel- u. Gekorene, Auserwälte, Beliebte etc.) =
ches das kippen thut. Daher: bömkipper wfries. kcst; as. kust; ags. cyst; aengl. custe;
(a. Etiler der die Bäume schneidet od. 55 an. kostr; norw. kost; goth. kustus; ahd.
scheert; — b. Messer od. Scheere, icomit cust, kust, chust; mhd. kust (Schätzung,
die Bäume beschnitten od. geschoren loer- Prüfung, Beurtheilung ; Wahl; Auserwählt-
den) ; — härkipper (Einer der die Haare hcit, Erprobtheit, Probehaltigkeit, Vortreff-
schneidet od. ausdünnt); — ütkipper ('JS'mer lichkeit, Tüchtigkeit, Bravheit; Beschaffen-
der das Auski2'>pen, bz. Ausiverfen od. Aus- CO heit, Art u. Weise); ags. cystig; aengl.
KISE
222
KISEN
(Stratinan)i) custi. kisti (liberal, munifi-
ceiit) ; ahd. chustig; mhd. chustic, küstic (pro-
Itus, l)onns) u. ferner mit eiufl. keisty (lecker,
wühlerisch) zu guth. kiusiin (cf. kosen). Doch
ist es, dem kurzen Vocal „u" in as. kust,
goth. kustus etc. nach zu urtheilen , wahr-
scheinliclier , class dieses Wort ebenso wie
nhd. Kost u. kosten (schmecken, prüfen
etc., cf. küSt) nicht direct von kiusan abge-
leitet ward, sondern mit diesem u. dem skr.
jiishti ; gricch. geusis (für geustis), lat. gusto
otc. unmittelbar auf die y gus = skr. jusli
(Part. Perf. pass. jushta) zurückgeht.
kise ; i. 5. küso (Backenzahn, dens moli-
naris) ^= iild. (v. Dale) kies, kiiis, koes
etc.; mnld. keese, kiese, kuyse, kuse; mfläm.
keese, kiese, kuyse ; nfries., satl. kuse, kese ;
africs. kese; wang. kfiz; schwcd. kis; s. «n-
trr 2 kisen u. 1 — 3 kuse.
kise-bitor, kisbiter, einer der vor Druck
11. Beschwerde, od. Wuth u. Zorn etc. die
Zähne hart auf einander beisst u. damit
knirscht, bz. mit den Zähnen fletscht u. zu-
gleich das Gesicht verzerrt od. grinst, icie
ein (iriiiimiger (od. ein Hund, Raubthier) ;
daher aucli überhaupt : ein ingrimmiger, zor-
niger, unfreundlicher Mensch, Wüther ich
rtc; — 't is 'n regten olden kisbiter. —
Scherzh. tcird deshalb auch ein sog. Duca-
tenscheisser hier „kisbitor, — scbäpschiter"
genannt, wobei schäpscliiter sich auf unsere
schäp genannte alte Münze im Wcrthe von
'10 ostfries. Gulden bezieht.
1. kisen, wühlen; s. 2 kesen.
2. kisen (od. kisen'?), sich spalten, klaffen,
auseinander od. offen gehen od. stehen, gäh-
nen, gaffen, zähnefletsclien u. grinsen, die
sichtbaren Zähne vor Wutli auf einander
beissen etc.; — de weste, bz. dat kli-d kisd
to wid ; — dat kisd so wid üt 'n ander, dat
man d'r wol hast mit 'n für hei (einem Fu-
der Heu) dürfaren kan; — de plaiiken ki-
sen tan 'n ander ; - wat steist du mi an to
kisen? — he steid alttd to kisen un to ga-
pon ; — he kisde fan dülliglipid, as he insag,
dat ht" sin will' net kieg. — Wang. (Ehren-
traut, JI, 2()i)) kizje (grinsen, die Zühne
weisen, Zühnefletschen). — Vergleicht man
die y bhid (beissen, spalten) von biten (7/e/s-
sen) u. beittd (Meissel), sowie die y gap od.
gabh (scltnappen, beissen; klaffen, gäh}ten,
tief sein) u. ferner die idg. y skad, skid
(spalten, trennen, schneiden, scheiden etc.,
cf. scheden etc.), worauf skr. skhad (fuge,
disppjlo, scindo), kshad (frango, disseco, edo),
k'hid, (schneiden, zerreisscn, scheiden, ver-
nichten); zend. ^cid (zerbrechen, cf. Cur-
t i u s , 246) zurückgehen , so liegt es sehr
nahe, um unser kisen od. kisen zunächst
mit mnld. u. mfläm. keesen (mandcrc etc.,
bz. gnauwen, knauwen, cf. gnauen) zu iden-
tißciren u. also anzunehmen, dass auch hier
die Bedtg. : spalten, klaff'cn etc. aus der von
kauen, beissen, zcrbeissen etc. hervorging.
5 Da nun aber mnld., mfläm. kiesen (wählen
etc.) auch eine Xebenform keesen hat u. die
sinnl. Bedtg. von kiusan , kiosan , bz. nhd.
kiesen (wie aus dem davon abstammenden
nhd. K ost u. kosten [schmecken] u. auch
10 aus dem derselben ]/ entstammenden lat.
gustare [essen, geni essen etc.] hervorzugehen
scheint) icohl eigentlich: essen od. kauen,
zerkauen, zerkleinern, zermalmen etc. ist,
so liegt es sehr nahe, um sowohl mnld.,
15 mfläm. keesen (mandere etc.), als unser 2
kisen (■'^palten, klaffen etc.) auf kiusan (ko-
sten, schmecken, prüfen) in der sinnl. Be-
dtg.: essen, kauen etc. zurückzuführen, u-o-
für auch der Umstand sjn-icht , dass auch
20 un.'ier kise, küso (Backenzahn) = mnld.,
mfläm. keese, kiese, kuyse (auch Hilde-
brand glaubt an den Zusammenhang die-
ses Wortes mit kiusan, cf. Grimm, Wb.
V, Spalte 692 suh d) formeil (ebenso icie
25 kis u. ags. eyse, cüse) ganz genau zu kiu-
san stimmt. Vergleicht man nun aber wei-
ter die Bedtg.: zühnefletschen, grinsen etc.
unsers 2 kisen u. dass unser gnauen (cf.
diesc.s) auch die Bedtg. : schnauzen , hart
30 anfahren etc. u. das damit idcnt. dän. gnave
auch die von: keifen, schelten, brummen etc.
hat, so scheint es zweifellos, dass auch dän.
kyse (verbleffen, verblüffen, schrecken) sich
von unserm kisen (grinsen etc.) herleitet, wie
35 vielleicht auch isl. kussa (gestu dedignari, bz.
aufgebracht werden, pfui sagen); norto. kuse,
kyse (Popanz = dän. busemand, bz. Einer
der die Leute erschreckt u Furcht einjagt),
kuseleg (fürchterlich, furchtbar, grässlich,
40 garstig etc.) =; schwed. (dialect.) Icuslig, .w-
wic möglicherweise auch norw. kisa (plire,
kiiibe Oeinene sainmen) u. da nun auch engl.
choose (wählen) eine Nebenform chuse hat,
so wird auch das veraltete engl. (Lucas)
45 cbuse (tadeln, bz. keifen, schelten, hart an-
fahren etc.) enttvcder mit unserm kisen, od.
(cf. oben unser gnauen u. dän. gnave) gar
unmittelbar mit kiusan in der urspr. sinnl.
Bedtg.: beissen, kauen etc. zusammenhängen.
50 — Hat aber kinan (keimen, sjjrossen, cf. kin,
kim u. kinen) von Hause aus die Bedtg. :
spalten etc., so ist es wohl zweifellos, dass
ausser nhd. kesse, nordfränk. kess u. kest
(."spalte, cf. Grimm, Wb.), auch mnld. (KU.)
55 k'i'ebt (nuclcus, granum, gönnen ; moduUa, ma-
tri.x arboris), keesten (germinare, pullulare
etc., cf. auch mnld. kippen in der Bedtg.:
pullulare u. kip r= junges Huhn etc. unter
kippen) ; mfläm. keest (pepin, grain, gerrae;
60 la moule des arbres; lo germe d'oeuf), keest-
KISEN
22.'{
KISEN
hoen (poulle non fecondc) , kecsten (germov
etc.); Schweiz. (Grimm, Wb.) koist, bz:
clicist, cheiste (Keim ; Same von Mensch u.
Thieren) , keiston (onaiiizari") n. vielleicht
auch das östr. (Grimm, Wb.) kcut, semeii
genitalo (sofern dies für älteres kernst steht
u., loie kaum anzunehmen, nicht mit unserm
küt ident. ist) mit unserm kisi ii (spalten etc.)
lt. weiter mit mnld., mfläm. keoseii (kauen,
zerkleinern, zermalmen etc.) u. kiusan , bz.
ahd. kiosan, cheosan, chiesi-u etc. (kosten,
hz. kauen etc.) zusammenhängt, ivobei noch
wegen der Bedtg.: nuclous etc. ». Mark
der Bäume als Inneres u. Bestes des
mnld., mfläm. keest auf das mit lut. gra-
num etc. zur y jar od. gar (zerreiben etc.)
gehörende ahd. keruo (cf. 1 kern, sowiekwern,
körn, körrel) verwiesen wird. Vergleicht man
nun aber ferner noch unser grind, grint,
grant (Kies, Gries etc. od. Zerkleinertes,
Zerriebenes, Zermalmtes) u. ags. griiulan
(frendere, fremere; molere, conteri) in ihrem
Ztisammenhange mit grim u. grineii u. der-
seben }/ gar, wie bei kern u. kworn, körn
(y gar, gvar, gur, bz. skr. .jar. jur, vergl.
auch unter kladden die y gar als tirspr.
Schallstamm) , so lässt sich wohl kaum be-
streiten, dass auch eine lourzelhafte u.^ be-
griffliche Connexität zwischen unserm kison,
od. kisen (mag dies nun mit mnld., mfläm.
koesen [kauen, od. zermalmen, zerkleinern
etc.] od. goth. kiusan [kosten, bz. kauen, zer-
kauen etc.] ident. sein, od. nicht) u. dem
nhd. Kies u. Kiesel besteht, die eben auf
dem Grdbegriff: knirschen (bz. soiiare, s.
unter grind) , od. reissen, brechen , bersten,
spalten, beissen, kauen, zermalmen, zerklei-
nern, zerreiben etc. od. auch auf: hauen,
stechen, stossen, spalten etc. beruhen kann,
weil alle diese Bcdtgn. sich leicht eine aus
der andern entwickeln können. Will man
nun (wie es ja nicht unbedingt sicher ist) aber
weder mnld., mfläm. keescn (kauen, nagen
etc). noch unser kisen (spalten, klaffen) von
goth. kiusan (kosten, bz. kauen etc.) ableiten,
so Hessen sich beide ganz ungesucht von
einem alten germ. Stammverb. : kisan, kas,
kusun (auch kise , kuse [Backenzahn] ge-
höH ja nicht zweifellos zu kiusan, kosten
etc.) u. von einer idg. y gas (schlagen, stos-
sen, stechen, spalten, beissen etc.) ableiten,
die auch vielleicht der von Fick (I, 79)
aufgestellten y glias u. (I, 74) gas (ausge-
hen, erlöschen, sterben etc.) zu Grunde liegt
(cf. bei Ben feg auch y chasli [to kille;
to eat], bz. bei Boppy cas' [occidere], die
er zu kas' k'as', cas', gas', g'as' u. giis' ver-
gleicht) u. wozu ausser kisen etc. auch nhd.
Kies u. Kiesel als das Zerklüftete,
Zerspaltene, Zerkleinerte od. Zer-
m' ahnte etc. wie Gries, Grind, Grütze etc.
(die Formen sind: kis [erst mhd.] kys, kiss,
kysz für nhd. Kies u. ahd. kisil, cliisil,
khisil ; vdtd. kiscl ; mnld., mfläm. keesel, k(;y-
f) sei [also kees, keys für K i e s] ; nid. keizel;
ags. cisil, cesel, ceosel ; aengl. [Str a t m an n]
(iiisel u. [Halliw.J chesel, cliesill = nhd.
Kiesel, wobei zu bemerken, dass kisil etc.
früher auch die Bedtg.: gVdna, hatte) gehören
10 kann. Hält man nun die Grdbdtg.: spmlten,
beissen, kauen, zermalmen, zerkleinern etc. u.
klaffen, gähnen, hohl od. tief sein etc. für
kisan, kas, kusun fest, so erklärt sich aus
der letzten Bedtg. auch leicht das goth. kas
15 (Gefäss, Hohlgefäss etc., cf. 2 kare), wozu
es wenigstens besser stimmt, als zu einer
germ. y kas (werfen), ivozu Fick (III, 45)
ausser an. küs (congeries), kasaadha (begru'
ben), kesja (Lanze); engl, cast (werfen) etc.;
20 auch ahd. ches, mhd. küs (fester Boden, fe-
stes Erdreich), bayr. kes (Gletscher) u. fer-
ner auch nhd. Kies u. Kiesel stellt u.
die er loeiter auch wieder mit (II , 91) gas
(bringen, tragen etc.) identificirt und am
25 Schlüsse sogar mit zend. jah aus gvä, gä,
gam (gehen , kommen etc.) zusammenstellt,
tvas doch (dies sehr zweifelhaft klingt u. tvo-
bei man vielleicht besser annimmt, dass zu-
nächst für an. küs (kasar) u. kasa entwe-
30 der an einen unmittelbaren Zusammenhang
mit an. kas in der Bedtg. : Stein- od. Thon-
gefäss, bz. Urne od. Steinkiste, bz. über-
haupt ein hohler Behälter etc. (cf. auch
Kiste) zu denken ist u. dass sich hieraus
3") dann iveiter die Bedtg.: einsargen, begra-
ben, bestatten etc. entwickelt hat, od. dass
küs u. kasa (als Grab u. iiis Grab legen,
begraben) von der Grdbdtg.: stechen, spal-
ten, graben etc. von kisan, kas etc. abzulei-
40 ten ist, loährend man für ahd. cliüs (fester
Boden etc.) auch ja einen unmittelbaren Zu-
sammenhang mit kis, bz. Kies u. Kiesel
(silex) annehmen kann , zumal ivenn man
vergleicht, dass das as. griot (s. imter gürte)
45 ausser Gries, Kies etc. auch die Bedtg.:
terra, saxum hat u. auch das Wort Grund
(solum, terra etc.) zu grindan (spalten, zer-
malmen, meiere etc.) gehört, cf. auch kittelflint.
Zum Schlüsse sei noch wegen des franz.
50 ciseau (Flur, ciseaux, Scheere), span. cincel,
port. ücel (wovon franz. c\iQ\er, ausmeisseln,
ciseliren) bemerkt, dass nach Die z (I, 128)
die Herleitung desselben aus dem lat. un-
sicher ist. Vergleicht man nun dessen afranz.
55 u. alt- u. neuengl. Formen (St rat mann):
chisel, c\se\ (es hat atisser Meissel, Stech-
stahl etc. im Engl, auch die Bedtg.: Stein-
keil), so Hesse sich bei diesem Worte auch
entweder an einen unmittelbaren Zusammen-
60 hang mit chisel, kiscl (silex), od. mit unserm
KISTE
224
KITTIG
kisen, hz. dem obigen Stammverb, kisan (ste-
chen, graben, spalten, schneiden etc.) denken
u. zwar ausser mit dem Letzteren u. nhd.
Kesse (Spalte, s. oben) auch »i/i cliisel (si-
Icx) auch itm des]iaW, weil alle JMeissel u.
Schneide- od. StecJt- Werkzeuge urspr. aus
hartem Gestein bestanden, bz. aus Kieseln
od. ähnlichen Steinen durch Spalten verfer-
tigt icurden u. demnach chisel, kisel (=: gla-
rea u. silox) als Gespaltenes od. Zerkleiner-
tes, bz. ein durch Spalten etc. erzeugtes Et-
was od. als Spalt-Ding (chisel braucht nicht
nothicendig als Dimin. von kis, cliis = Kies
aufgeführt zu werden u. ist seiner Bcdtg.
nach auch gar kein Dimin., sondern sowohl in
der Jiedtg. : glarea als silox ein gespaltenes
od. abgespaltenes Etwas, bz. ein Etwas, tvas
durch Spalten, Ber.'^tcn, Theilen etc. od. Zer-
kleinern etc. entstand) lautlich u. begrifflich
ganz dasselbe M^ort sein ka)in, als das afranz.
cliisol, cisol (Meissel), weil auch dieses Werk-
zeug Ja stets ein Spalt-D i ng (cf. unser
lieitt'l [Meissel] von Ititen [beisscn etc.], bz.
von der }' bliid [spalten, beissen] , wovon
auch tat. fiiuleie otc.) bleibt, gleichviel, ob
man es als ein ttrspr. aus Stein gespaltenes
n. geschnittenes Etwas, od. als ein Etwas
was od. womit man spaltet n. schneidet (od.
sticht, gräbt etc.) auff<(.^st. Vergleicht man
nun aber goth. gais; ahd. gör (Lanze, Speer,
Spiess) von der }/ ghas (stechen, sto.s.sen, s.
unter gäre) , so tmirde sich auch an. kosja
(Jjanze, od. Speer) leicht in gleicher Weise
von demselben Stammverb, ableiten la-'isen.
kiste, Kiste, Kasten, Behidter, Sarg etc. ;
— 'n holten, od. isdcrn, bz. 'n stenen kisto ;
— 'n gold-, linnen-, od. doden-kist ; — de
liko kumd fau afend in de kistc. — Nd.,
vid. kiste, kist; ahd. kistä; chiste; mhd.
kisto; ags. eist, cyst (Kiste, Sarg); an. kista.
— Aus lat. cista, bz. griech. kiste (Kiste,
Kasten), loas wohl mit kistönia (Cisternc,
Wasserbehälter etc., od. urs2)r. eine Spalte,
Vertiefung, Höhle, Grube etc.) u. vielleicht
auch kis (Kormourm); lat. cassus (Holz-
wurm) etc., sowie weiter mit lit. kasu, kasti
(graben, stechen), kassau (klauen, kratzen,
.striegeln); kslav. cesa, cesati (scheeren, krat-
zen etc.) ; skr. kash, kashati (jucken, kratzen
etc., bz. [cf. BoppJ ijulsare, laedere, occi-
dere) zu einer idg. y kas (stossen, stechen,
graben, bz. spalten, schneiden etc.) gehört.
kist-dani , ein länglicher kistenartiger
Damm voti Holz, der inwendig mit Erde
ausgefüllt ist.
kist-hofd , ein kisten- od. kastenartiges
Vorwerk an einem „liHtd", icelches inwen-
dig mit Steinen ausgefüllt ist.
kist-maker, Kisten - Macher , Schreiner,
Tisehh r etc., cf. Kasfmakor.
kittel. Kittel, hemdartiger leinener Ueber-
ivurf. — Xd. kiddel, kiel ; md. kidel, kedel ;
mjläm. u. mnld. kodol, keel u. kittel, kettel ;
nid. keel, kiel ; mhd. kittel ; jifries. kittel.
5 Wegen der Formen keel, kiel vergl. übri-
gens auch 1 kil. — Es ist vielleicht ver-
wandt mit, od. ein Dimin. von Kutte, da
.statt kittel auch die Form kiittel vorkömmt.
Oder ist es ident. )i)it ags. cyrtel ; aeiigl. cur-
10 tel, kurtol, kertol; engl, kiitie; an. isl.kyr-
till (tiinica, Oberkleid, Bock mit Kapuze u.
Aermeln) = dän. kjortel etc. , ivoraus es
durch Assimilation Ja sehr leicht entstehen
ko)inte.
15 kittel-llinte, Kieselstein, Kieselflinz. —
Nid. (v. Dalc) kittelsteen. Wang. heisst
der Kiesel od. Kieselstein „kicholstein" von
mnld., mfläm. keghel = keyo (silox, s. unter
kegel) lt. dann giebt es auch ein ital. (Diez,
20 //, ;>()) ciotto, ciüttolo (Stein, Kiesel), aber
woher i' — Steht kitteltlint. bz. kittelsteen
etwa für ki'ittelflint ». hängt demnach kittel
n. kiittel f= Kiesel), bz. dessen Stamm Icitte,
kütte in der Bedtg.: Kies, bz. Griesats
25 Zerklüfteltcs od. Zcrspaltcnes, Zerkleinertes
(auch ital. ciotte würde sich aus kütte er-
klären) mit mnld. kiUte (Kerbe, crena in-
cisiira) ; engl, cut (Schnitt, Hieb etc. ; Stück,
Theil, Stückchen, Splitter etc.); aengl.'knilo.
30 (crena), cuttin od. kntten, kitton, ketten (scin-
dore, socare, (/. Stratmann), cut (sors,
IjOOS, od. 7 heil, AntJieil etc.) zu.mmmen, wie
ivahrscheinl. auch nhd. Kies, Kiesel mit
einem alten kisan (spcüten, beisscn etc., cf.
35 unter 2 kisen) ? — Engl, cut, bz. aengl. cut-
tin, kntten etc. (schneiden etc.) hängt viel-
leicht mit mnd. kuten (schlachten, tödten etc.),
kuter (Schlächter, Knoclienhauer = mnld.,
mfläm. kuyter, kuter) ; an., isl. kiiti (cultel-
40 lus), kiita (cnltellis pungoro) etc. zusammen,
worüber Weiteres unter kuntc.
kittei'ii, kwittern, tei.se nd. fein n. scharf
schallen, knistern etc. ; zwitschern etc. Schall-
wort wie kattern, kwattorn etc., wovon kit-
45 teri), sowie 2 kettern u. kwettern (cf. auch
kwetter, kotsen, kwatsen etc.) eine Ablaut-
form ist.
kittij2;, flink, behende, gewandt, nett, or-
dentlich, sauber, reinlich etc.; — 'n kittig
50 wif, war elk sük atln- freid ; — se U so 'n
kittigen deren , dat elk sük d'r in ferlefd ;
— dat sügd dar in hüs all' so kittig nt,
dat d'r ök gen smiktje to sen is un d'r gen
stüktje uj) d' ferkerde stä' steid; — dat
55 kistje kann' hei net kittiger niäkd worden,
so m«ji is 't. — Wang. (Ehren traut, I,
'.)ö) kittig (schnell); nid. kittig (net, puntig,
afgericht, vaardig, vurig). — Das mnld. (KU),
bz. mfläm. kittigh in kittigh maecken (notum
CO facere, significore) ist vom edtcn mnld., mfläm.
\
KIVE KIVEN 225 KLADDE
kit (kund, bekannt, bz. wissend, kennend, — Nd.., nid. kladde (Entwurf, Concept, er-
notus) loeiter gebildet u. hat aZso kittig nicht ster schriftlicher Aufsatz, Brouillon, Ä'/ec^'S-
allein dieselbe Bedtg. ivie nhd. kundig (es buch); mnld., mfläm. kladde; dän., schwed.
heisst so viel, als dass Einer ein tvissendes kladde, kladd (dasselbe). — JEs bedeutet tvei-
ti. kennendes Wesen u. Sein hat, bz. dafis 5 tcr nichts als ein Schmutz-, Schmier- od.
er [ein Etwas] tveiss, kennt u. versteht, also Sudel - Ding u. ist dasselbe Wort wie nd.
auch fertig u. geschickt ist, um Etwas zu kladde; nid. klad ; mnld., mfläm. kladde
machen u. zu thun, sodass sich aus: wis- (Schmutz, Flecken, Klecks [d. h. kladd-e,
send, kennend, verstehend etc., bz. könnend od. = ein Etwas , was von einem an-
[cf. küudig] etc. zunächst die Bedtg. : ge- 10 dem Etwas abspaltet, od. abfliegt, abspringt
schickt, fertig etc. u. dann weiter [cf. ferdig, etc. , bz. durch : spalten, reissen, bersten,
bz. paratus] die von: gewandt, behende, or- brechen etc. als Flitter od. Bruchstück
dentlich, nett etc. loeiter entwickelt hat), von einem Etioas abschnellt], Schmutzkloss
sondern es ist von Hause aus auch dasselbe oder Klunker an den Kleidern; Fetze,
Wort, weil eben das alte mnld. kit für 15 Luynpe; [flg.] unreinliches, gemeines, zer-
älteres kut, bz. küth (cf. auch nhd. Kitt lumptes Weib etc. = unserm klatte od.
= Kütt M. aengl. kitten = cutten, sowie [cf. KU] macula, litura, menda, mendum;
neuengl. kind = aengl. cunde; ags. cynd macula lutosa, lutura vestibus haerens, nota
unter kind) steht u. dies dasselbe Wort ist, caenosa; puella sordida, lutosa, luto et
wie nhd. kund (cf. kund), jvie dies auch 20 sordibus inquinata, maculosa, impura, im-
durch die von Stratmann unter cüdhen muuda), worüber Weiteres unter klatte u.
(notum facere = künden, künden) aufge- kladdea.
führten Formen Iddhen, kithen, bz. kidhe, 2. kladde, klarde, klarre, Klette, lappa;
kithe, kidde, kedde, kid etc. bestätigt wird. sowohl die Pflanze als der mit hakenförmi-
kive, kiven etc., s. kife etc. 25 gen Stacheln besetzte Samenkopf , xvovon
1. kiwit, kivit, Kiebitz. — Kinderreim: auch die Pflanze ihren Namen hat, iveil
kukük — kiwit, sünter Märten david. — Ob deren Stacheln sich eben mit ihren krummen
dies david (od. dafid) sich wohl auf den Haken an Alles anhängen od. ankleben u.
betäubenden Lärm u. das viele Geschrei auch die Samenköpfe dadurch überall kle-
(cf. dafid) des St. Martins-Festes bezieht ? 30 ben u. hängen bleiben, sobald sie mit ihres-
— Der Name = mnd. kivit, kiwit = nid. gleichen, od. einem andern Etwas in Be-
kievit etc. leitet sich jedenfalls von dem Ge- rührung kommen. — dat land steid ful fan
schrei dieses Vogels her u. ist demnach wie kladden, bz. klarren; — se hangen as klad-
kukük eine Onmnatopeue. den (od. klarren) mit 'n ander tosamen; —
2. kiwit, eine Wasserschöpfmühle, ohne 35 dat haugd all' an 'n ander as kladden, bz.
Gehäuse od. Umkleidung, auch bremster od. klarren. — Fig. wird es auch von Personen
hund genannt. (od. Kindern) gebraucht, die sich überall
klacht, s. klagt. (bz. an die Mutter) anhängen u. nicht von
1. kladde, klarde, klarre (du kanst 't Jemand (bz. der Mutter) lassen wollen ; —
man erst in de kladde schrifon), das Buch, 40 't is so 'n regten olden (od. lütjen) kladde
bz. der Bogen od. das Stück Papier, worin, (od. klarre) ; man kan hast gen föt fersetten,
hz. worauf man in flüchtiger schlechter of se (he) hangd sük an en ; — de kladde fan
klecksiger Handschrift schreibt od. schmiert, jung hangd altid an sin moder herum. —
sudelt etc. od. wie wir sagen : in 't füle (od. Nid., mnld., nd., mnd. mfläm. kladde od.
wie die Holländer sagen : in 't ruwe) schreibt 45 klad ; ahd. klettä, chlettä, chleddä ; mhd.
u. wovon man dann später eine Bein- klette u. ahd. chletto, cletto, chleddo, soivie
Schrift macht u. nimmt. Als Buch ist es auch kleta, chleda; ags. clithe, clidhe, clate;
daher das erste Buch od. das Grundbuch aengl. clithe, clete, clote, claut, bz. (Strat-
in den kaufmännischen Geschäften, worin mann) clide; neuengl. clot (in clot-bur,
alles Benöthigte flüchtig hineingekritzelt u. 50 grosse Klette) ; ferner auch nid. klit, klis ;
hineingesudelt wird, ivährend es sonst die mnld., mfläm. klitte, klisse etc., cf. weitere
Schtnutz- od. Roh-Schrift von Etwas ist, Formen in Grimm, Wb., unter Klette,
loorin ebenso wie in dem oben bezeichneten wobei noch zu bemerken ist, dass sich von
Grundbuch selbstredend auch viele Durch- der Bedtg.: schmieren, kleben u. so auch:
Streichungen u. Kleckse vorkommen. — So- 55 haften bleiben etc. auch das mit dem obi-
dann wird auch ein solches Buch, loorin gen ags. clatte formell ident. nhd. Klate
in schlechter od. klecksiger Schrift die Ab- (Kralle, Klaue, cf. Grimm, Wb.) herleitet.
Schrift, od. der Abklatsch von Briefen u. Dieses Wort (d. h. unser kladde u. ahd.
sonstigen Schriftstücken gemacht u. nieder- klettä, kletto etc.) gehört ebenso wie 1 kladde
gelegt wird, mehrerseits eine kladde genannt. 60 zu kladden in der Bedtg. : schmieren, schmu-
J. tea Doornkaat Eoolman. Wörterbuch. II. 2,5
KLADDE-BOK 226 KLADDEN
tzen etc. od. mit diesem zu demselben Stamm gingen, deren hellerer od. dumpferer Vocal
klad u. bedeutet eigentlich ein schmieriges sehr oft auch nachahmend auf den helleren
u. so auch klebrigem, bz. klebendes u. haf- od. dumpferen Ton des betr. nachgeahmten
tendes Etwas, od. ein Etwas loas Einem Geräusches verwandt wurde, wie dies mit
anklebt u. anhängt, ähnlich wie klaildo als 5 unserm kluntern etc. der Fall ist. Das vom
Klecks, Fleck od. (s. unter 1 kladile) Schallstamm klud (der selbstredend als Subst.
in der Bedtg.: Klunker am Kleide, macula auch die Bedtg. : Geräusch, Schall, Klang,
vestibus haereus. cf. dieserhalb klif, klistor Krach etc. hatte, ebenso wie ahd. klac, klaz,
u. klautern etc. u. Weiteres unter kladden, klapf etc. u. dem eine idg. mit d od. dh,
sowie klatten. 10 od. urspr. da od. dha [thun, machen, be-
kladde - bök, Klcckshuch, Klitterbuch, wirken] aus gar, gr erweiterte Form gard,
Sträzze etc. — Nd. kladdbook; nid., mnld. grd, of/. gardh, gx(\\x entspricht, cf. skr. g2>xd,
vißäm. kladboek (adversaria etc.). cf. 1 kladde. souare etc., neben garg, clamare, strepere,
kladdo-bask, klarrebiisk, klarbusk, Klet- crepare, increpare etc. als Weiterbildungen
tenbusch, Klettenpjlanze. 15 der |/ gar) weiter gebildete Verb, kladden
kladden, klecksen, schmieren, schmutzen, (alt. kladan od. besser wohl klad-jau, cf. mnd.
sudeln etc.; bekladden, beklecksen, beschmie- kladeren unter kladdern) hatte daher zu-
ren etc.; — iitkladden, ausklecksen etc.; — nächst bloss die Bedtg.: irgend ein Geräusch
ofkladdeu, abklecksen, abschmieren, abklat- (bz. einen Ton, Schall, Laut, Klang, Lärm,
schoi etc. — Nd. u. (nach myid. kladeren, 20 Krach etc., sonus, clamor, fragor, crepitus,
kladderen, schmieren etc.) auch and. kladen strepitus etc.) machen, od. erzeugen u. laut
od. kladden; nid., mnld. (KU.) kladden werden lassen, looraus dann weiter in erster
(maculare, faedare; inepto pingere etc.) u. Linie die Bedtg.: krachen, bz. platzen, sjyrin-
kladden, kladderen, ./. afkladdou (abstergere gen, sprengen, brechen, bersten, reissen, S2)al-
sordes, detergerc lutum, detergere vestem 25 ten od. schlagen, stossen etc. (cf. den Schall-
peniculo, stringere) ; mjläm. kladden (crotter, stamm klap u. klip von klappen, klaps, klap-
descrotter ; maculer , deformer). — Wenn son u. nhd. klaffen etc. u. ahd. klac als
man die Stämme: flik, Hak, fluk, flek, flok Nachahmung des Schalles, der durch bre-
u. die davon weitergebildeten Wörter ver- chen, bersten etc. entsteht, woraus dann
gleicht, sowie ioeiter unsere mit gna, gni, 30 wieder die Bedtg. : Brechen, Bersten, bz.
gnu, bz. kna, kni, knu, bz. gnad, gnid, gnud Biss, Knack, Krach ; Fleck, Klecks etc.
od. gnat, gnit, gnut — knat, knit, kuut — hervorgingen) etc. entstanden. Wie nun
od. gnak, gnik etc. — knak, knik etc. — aber beim Reissen, Bersten, Platzen, Sjrrin-
gnag od. knag etc. anfangenden Wörter, so gen. Sprengen etc. die Körper in kleine
ist es klar, dass auch die mit klad od. klat, 35 od. grosse Stücke auseinander reissen u.
klit, klut, bz. klag etc., klak, klik, kluk, springen, so ging die Bedtg. : Krach, Biss,
nasalirt klang, kling, klnng, od. klank, klink, Sprung od. Bruch etc. auch ebenso ivie bei
klunk etc. anlautenden Wörter sämmtlich klac in die Bedtg. : abgerissenes od, abge-
trotz ihrer verschiedenen Bedtgn. mit ein- sprungenes Stück (bz. ein Etwas, was wo-
ander wurzelhaft zusammenhängen u. dass 40 von abspringt u. abfliegt u. einem andern
dies alles Wörter sind, loelche ebenso, loie anfliegt u. daran haften bleibt) über, wor-
viele der mit gar, gal etc., od. kar, kal, um- aus sich dann weiter die Bedtg.: Klecks,
gesetzt gra, gri, od. kra, kri anlautenden, aus Fleck (cf. flek u. unser klak = mhd. klac
einer Schallwurzel gar, gal, umgesetzt gra, etc., Schall vom Eeissen etc.; Krach, Bruch
gla, ablautend gir, gil od. gri, gli etc., od. 45 etc. ; Klecks, Fleck, wovon franz. claque,
Verhärtet kar, kri — kal, kri etc. (cf. z. B. Klapps etc. u. cat. claca, Geschwätz etc. —
galni, galpen, gilpen etc. ; grinen, grind etc. u. ferner den Stamm klap von klappen,
od. kallen, kraien, kriten etc.) hervorgingen, klappern u. klaffen etc. = ahd. claph, loel-
die selbstredend urspr. auch ghar (cf. gar) eher ausser: Geräusch, Krach, Knall ; lautes
od. skar (s. unter klampen) gelautet haben 50 Gespräch, Geschwätz ; Sprung, Biss od.
kann u. durch aphaercsis atich wieder zu Spalte etc. auch die Bedtg.: abgerissener
har, hri (cf. gold etc.), bz. kar tourde. Fels od. abgesprungenes Felsstück etc. hatte
Was nun aber zunädist unsern Stamm u. unser klat = ahd. klaz, Fleck, Schmutz
klad von kladde, kladden etc. betrifft, so ist etc., wovon ital. chiazza, Fleck od. Maal
dieser selbstredend von Hause aus ident. od. 55 arif der Haut, chiazzare, sprenkeln etc.),
syn. mit unserm klat u. oberd. od. hochd. Schmutz, anhaftendes und klebendes od.
klat u. klaz, aus denen dann wieder die klebriges Etwas, Klebestoff etc. (cf. nhd.
ableitenden Stämme klit, kliz — klut etc. Kleib, bz. unser klister etc.) u. so auch
od. (mit Nasal) klund, klunt (wie vo?j klap, die in 2 kladde, bz. nhd. Klette liegende
klip, klap auch klamp, klimp, klump) hervor- GO Bedtg.: Klebe- od. Haft-Ding, od. die
KLADDERN 227 KLAFER
in hielten liegende Bedtg.: Jcleben, sich hz. (Schamhach) kläwen, klewcn; 7nnd.,
anhängen etc. entwickelte, tvoraus wieder die nid., mnld., mfläm. kleven ; as. clevön ; engl.
Bedtg. klettern (cf. klautern) hervorging, cleave; norw., schwed. klabl)a; dän. klacbe;
während andere Bedtgn. von nhd. kletten, ahd. kleben, chlebeii, chlepen; amhd. chle-
tvie die von: Wolle zerfasern od. scr- 5 ben; vihd. kleben; nhd. (mdartl.) kläben.
zupfen u. schelten od. mit Worten — JDafi ahd. kleben hatte urspr. dieselbe
strafen etc. auf die im Stamm klad, ahd. Bedtg. xoie kliban (cf. klifen od. klifen),
klat, klet, hs. unserm klat (von klater, klatte während das vom Prüter. kleib von kliban
etc.) u. ahd. claz liegende Bedtg. des Bis- gebildete rt/ifZ. kleibjan od kleiben die Bedtg. :
ses od. Eeissens, Auseinander ge- 10 haften machen, heften, festheften etc. hatte,
hens , Zaserns etc. u. des G er ansehe s Als Subst. hatte kleib die Bedtg.: Leim,
od. Tönens, Schallens, bz. Schrei- Kleister.
Maehens, Schreiens (cf. oben skr. klafer, kläfer, klefer od. klaver etc.,
gard, ratischen, tönen etc. u. gargh, schreien, Klee. — Beim Kartenspiel, bz. bei der Be-
rufen, laut sprechen od. schioatzen ; u. stre- 15 Zeichnung der Spielkarten auch = Treff od.
pere, crepare etc.) zurückgehen u. dann Kreuz; daher: klafer-as (Treff-As), klafer-
ferner nhd. Kletter (Klecks, Schmitz) u. bür (Treff-Bube), etc. — iVd klaver, klever,
kletter ig (schmutzig etc.) loieder auf un- kiewer, kleber; mnd. klever ; md. klabir;
ser 1 kladde, bz. mnld. kladde (raacula) zu- nid. klaver ; mnld., mfläm. klaver, klever ;
rückgeht, dessen Bedtg. zum Theil auch in 20 ivang. (Ehrentraut 1,375) klaiver; ags.
unserm klater, klaterig, klatte, klatterig etc. er- cläf er, cl^f er ; aengl. (S trat m ann) claver,
halten blieb, cf.klakkenu. weiter das folgende: clover; nengl. , schott. claver; engl. ciovQv;
kladdern, klatschen, klatschern, prasseln, norw. (Iv. Aasen) klöver, klyver; schwed.
klatschend, prasselnd etc. od. mit lautem klöfver; dän. klever, klöver. — Möglicher-
Geräusch niederschlagen od. fallen, nament- 25 iveise hängt diese ngerm, Benennung des
lieh vom Hagel u. starken od. sog. Platz- Klee's mit unserm klöfen (spalten, theilen
regen ; daher auch überhaupt : stark regnen etc.) zusammen, sodass dies Wort ein ge-
etc; — dat ragend, dat 't so kladderd (od. spaltenes u. zertheiltes Etwas bezeichnet ti.
pladderd etc.) ; — dat kladderd ördendlik up demnach die gespaltenen u. zertheilten, lap-
't dak, so ragend (od. hageld) 't ; — dat 30 pigen Blätter dieser Pflanze Veranlassung
kladderd de hele dag, as wen 't mit emmers zur Benennung derselben gaben. Da dieses
fan bäfen herunder gaten word. — Dieses Wort indessen formell näher zu kläfen
kladdern ist ein Iterativ von kladden, bz. (kleben, haften etc.) stimmt, so könnte es
dem alten kladan od. kladjan, wie klatern auch mit diesem zu klifen (Wurzel fassen
etc. von klatan od. klatjan = ahd. klazan, 35 u. greifen etc.) gehören u. diese Pflanze
bz, klazjan in der urspr. Bedtg. : Ton, Schall, deshalb so benannt sein, iveil sie in jedem
Geräusch, Lärm etc. inachen, während nd. Boden haftet u. auch auf dürrem m. felsi-
kladdern ; mnd. kladeren, kladderen ; mnld., gem Erdreich wächst, od. weil sie sich so
mfläm. kladderen (klecksen, schmieren, su- leicht bewurzelt u. bestockt u. über dem Bo-
deln, od. unreinlich, unordentlich, schlecht 40 den ausbreitet u. hinkriecht u. ihre Wurzeln
etc. arbeiten etc.) ein Iterat. von kladden leicht in den Boden eindringen, bz. sie als
(klecksen etc.) ist u. deshalb nd., mnld. etc. freistehende Pflanze dieselben iveithin aus-
verkladdern od. verkladderen ebenso wie breitet u. in den Boden einheftet. Mit dem
unser ferkleien ausser verderben etc. auch nhd. Klee = ahd. cl6o, clewes scheint es
die Bedtg.: in nichtsnutziger Weise (sein 45 direci nicht verwandt. Da indessen das
Geld etc.) verthun od. vergeuden, verschiven- „o" des ahd. cl6o für urspr. w steht, so ist
den etc. hat. cf. klatern. cleo wohl aus einer ältereti Form clewa,
kladder-nat, klatschnass, so durch u. bz. cleiwa, cliwa, cliwe entstanden, tvofür
durch nass , dass einem die Kleider am die nd. vorkommenden Formen klei u. klie
Leibe klatschen, besonders wenn man mit 50 sprechen. Da nun aber ferner das inlau-
der flachen Hand darauf schlägt u. klatscht. tende „b" u. „f" -yon kleben, bz. klefen
kladder-rägen, klatschender Begen, hef- ebensowohl wie von klafer auch zu „w" er-
tiger Platzregen. weicht wird, so wäre es diesemnach doch
klad-papir, Lösch- Paxrier ; s. klakpapir. sehr gut möglich, dass auch ahd. kleo eben-
kläfen, klefen, od. kläven etc., kleben, 55 soivohl wie unser klafer mit kläfen, bz. kli-
haften u. kleben od. haften machen, heften, fen zusammenhängt u. gleichfalls als ein
bz. fest sitzen u. fest machen (tvoran) etc.; klebendes od. haftendes, bz. leicht Wurzel
— dat kläfd net; — he kläfd dat d'r an. greifendes Etwas aufgefasst wäre, wofür
— Compos. : afer-, an-, be-, fer-kläfen etc. auch aengl. cliver (unguis od. Klaue, Kralle)
— Nd. kläven, kleven od. kläwen, klewen, 60 sowohl, als cliver (tenax od. haltend, zähe
15*
KLAFER-AS 228 KLAK
etc.) zu sprechen scheint. Vergleicht 7nan klage. — Die Grdhdtg. ist Geschrei od.
indessen, dass auch der Waldmeister u. das von sich geben eines Lautes, c/. klagen.
mehrere andere ähnliche Pjlamen Klebe- kla«;elik, klagelk, A7«^/?cA,yäm?HcrZicÄ eic.
od. Kleber - Kr aut genannt icerden, so klagen, klagen, d. h. durch Töne, Laute,
kann man sowohl bei diesen, als auch bei 5 od. Worte (mündlich od. schriftlich) seine
klafer od. nhd. Klee auf die Idee kommen, Noth u. sein Elend, seinen Kümmern. Ver-
dass sie desluilb so benannt sind, iceil ihre tust, bz. Alles ivas Einen drückt u. bedrückt,
vielen feinen Stengel so sehr icirr u. wild od. seine empfundenen Schmerzen od. er-
durcheinander wachsen m. sich vollständig fahrenen schlechten u. ungerechten Behand-
ln einander verfilzen, bz. loie Kletten (cf. 10 hingen, Beeinträchtigungen u. Beschwerden
2 kladile u. klatte, bz. klif) an einander hän- kund geben, daher: jammern, heiden, icin-
gen u. ohne sie zu zerreissen u. zu zerbre- sein, wimmern, schreien, wehklagen, murren,
chen nicht auseinander zu inachen u. zu sich beschioeren, gerichtlich klagen, prozes-
entwirren sind. Die Grdbdtg., ob haften siren etc.; — he deid niks as klagen un
od. wurzeln od. spalten, th eilen etc., 15 sj antern ; — klagen un jammern helpd net
ist aber beim Vergleich von k\\lQn wohl stets mer; wat heu is, dat is hen; — de hund
dieselbe. sitt to klagen ; — dat folk (Gesinde) klägd
kl afer-as etc., Tre/'-^sefc., s. «Mier klafer. afer 't äteu; — dat klägd (schreit) to God,
klafei'-fer, ein Kleeblatt mit 4, anstatt so siegt as du 't mit mi mäkst; — se kla-
rer ^e«i'ü/t«?2CÄP« 5 A-?e/«e» £Zä«e?'. Früher 20 gen un dafen as heiden; — he wul glik
sehr gesucht, weil an diesen 4 lappigen Klee- henlopen to klagen, man 't gerigt wes hum
blättern, nach dem Volksglauben, das Glück of. — cf. beklagen, — ferklagen, — inkla-
haften sollte, zu tvelchem Ende der Finder gen etc. — Nd., nid., mnd, klagen; mnld.,
sie in seinen Schuh legte. Inflam, klaghen, klaogheu; afries. klagia ;
kläfei'ig, kläfcrg, klebrig. 25 wfries. kleyen ; satl. klagia ofZ. klagje; wang.
\i.\M-\'di)\)Q, Klebela2)2)en, ein lederner Saug- klagi; helg. klage; isl, norw., schived. klaga;
läppen an einem Bindfaden, um damit Steine dün. klage; ahd. clagon, klagöu, chlagön,
aus dem Strassenpflaster zu ziehen. Spiel- klagen, klagen ; mhd. klagen, Brüter, (con-
zeug für Strassenbuben. trah.) kloite. — Der Stamm klag geht mit
kläf-lfis, Kleb-Laus, Filz-Laus {\w^Q\\go) . 30 skr. garha (vituperatio, apprehensio, objur-
klägbar, klagbar, eine Klage od. Be- gatio) auf garh, galh (vituperare, maledicere,
schwerde tragend od. führend, bz. beantra- couviciari) = idg. gargh (cf. Fick 1, 72)
gend; — he wurd' klagbar tagen hum. zurück, die urspr. ebenso wie garg = skr.
klage, Klage, d. h. die durcfi Töne, Laute garj (schreien, drohen etc., bz. [nachB oppj
(Heulen, Schreien, Lärmen, Jammern, Wei- 35 clamare, strepere , crepare etc.) = zend.
nen. Winseln etc.) od. Worte (sei es münd- (Justi) garez (klagen. Jammern, weinen)
lieh od. schriftlich) kundgegebene Unzufrie- etc. als Weiterbildungen von gar (sonare)
denheit u. Beschwerde über empfundene u. bloss die Bedtg.: Geräusch od. Lärm ma-
crfahroie Schmerzen u. Verluste, harte Schick- chen etc. hatte.
salsschläge, Beeinträchtigungen, schlechte 40 klagcr, a) Klager, Einer der klagt u.
Behandlung etc., od. icegen Elend, Noth u. jammert etc.; — b) Kläger, Ankläger, Be-
sonstiger Leiden edler Art; daher überhaupt: schuldiger etc. — Sprichio. : 't hart wil 'n
Heiden, Weinen, Jammern etc. od. Geheule, klager hcbben ; — klagers hebbcn gen frün-
Gejammer, Wehklage etc. u. auch: Ver- den; — war gen klager is, dar is 6k gen
klagung, Beschiverde, Beschwerdeführung, 45 richter.
Beschwerdeschrift, gerichtliche Klage etc. ; klarere, Klagerei, Geklage, Gejammer etc.
— d'r was grote klage uudor 't folk fan klag-led, Klagelied, Jammerlied etc.; —
Israel ; — in 't klagehüs was grote klage du brCikst mi mit gen klägledern kamen ; —
afer de död fan de fader; — 't land is ful he hed altid so föle klägledern bi d' enn',
klage un gejaramer afer siegte tideu; — de 50 dat d'r hei gen ütkamen mit hum is.
klage sprekd üt sin öge ; — he förd klage klagte, klagt, Klage, Beschwerde^ etc. ; —
afer hum; — ik hebb' gen klage afer gen pass' up, dat d'r gen klagten afer di kamen,
minsk; — he hed sin klage bi 't gerigt in- — iVM. klagt; mnld. klaghte; nhd. (Grimm,
gäfen; — he hed 'n klage tegen hum up- Wb.) klägde, klagte, klagde, klagte, klegt,
setten laten; — d'r liggen föle klagen bi 't 55 klagt,
gerigt etc. — Nd., mnd. klage; mnld.,mfläm. klai, klaieu, s. klei etc.
klaghe; afries. klagi, klage; wfries. klegge; klaimen, s. kleimen, bz. klemen.
sc/to«. clag, clagg (zweifelhaft); isl. klaga, klak, a) Geräusch etc. wie klsn) etc., cf.klik-
klagan; norw. klaga; dün. klage; schived. klak; — b) Klecks, Fleck, Schmutzflecken,
klagan; ahd. klaga, chlaga, klaka; mhd. GO Schmutz, Unreinlichkeit, Gemeinheit, Schlech-
KLAK 229 KLAKKEN
tigJceü, Fehler etc. ; — d'r is fj^en klak iip luti ; crepitaculum etc.) ; viflüm. klac m. klacke
to sen; — se wullen hum 'n klak aiismitcii (dasselbe); aeruß. (St rat mann) clak (ma-
od. anliangcn (sie loollten ihm einen Schmutz- cula) u. clacke (crepitaculum) ; neuenrß. clack
flecken anwerfen od. ihn [moralisch] be- (das Klappen, Rasseln, Vlappern, Plaudern,
schmutzen, bz. ihn mit Kolh beiverfen, od. 5 Geklatsche ; Klappermühle etc.) mit der Ab-
ihm eine Gemeinheit anhängen); — d'r is lautform (cf. klik-klak, klikken, klikkern)
gen klak an 't perd to finden. — Besondere klick (Schlag od. Tick-Tack) u. klick (ras-
Redensart: „d'r is gen klak of smak an", sein, Mappern; picken etc.) Qic.\ scÄoW. clack,
die zunächst von einer farblosen, od. ditnnen, claik, clake ('s. «n^er klakken) ; an., isl.'klak
wässrigen u. faden od. kraft- u. geschmack- 10 (clangor avium, Vogelgeschrei, od. -Gekrühe,
losen, iveder gepfefferten noch gesalzenen -Gekrächze), klakr (rupes, nubes pyramida-
Suppe u. Brühe, bz. einer derartigen Speise tae ; palus vel paxillus clitellarum) u. klaki
gebraucht, dann aber fig. auch auf fade (terra congelata); «ori«. klakk ('»S'^üc/i;, JJrwcÄ-
Persönlichkeiten u. fades Geschwätz ange- stück, kleines Stück, Klumpen etc., cf. klatte,
loandt ivird. — Wahrscheinlich ist „klak" 15 2 flage u. flarre etc.; — eine Bank od.
in dieser Redensart als Schmiere u. so Klippe in See, Fischgrund), kVäke od. Msikje,
wieder als Schmalz, Fett (cf fül = klaka, klaakaa (eiiie leicht od. dünn gefro-
Schmutz, Schmiere etc. u. = Rahm, Sahne, rene Kruste auf der Erde; Eis- Flarre, Eis-
Fett etc. unter 2 u. 3 fül) aufgefasst, sodass stück, Eisscholle, Eisklumpen), klank (das-
dieselbe soviel bedeutet, dass die Suppe etc. 20 selbe); dän. klak (Klecks ; Placker ; lüitter) ;
weder Schmalz noch Salz hat u. somit ma- schived. klake (die Rauhigkeit, das Unebene
ger u. geschmacklos ist. Vergleicht man in- eines Weges vom Frost durch die harten
dessen die oft syn. gebrauchte Redensart: u. aufstehenden Erdklösse) ; mhd. klac (der
„d'r is gen klör of gör (bz. g8r of klor) an", durch Brechen, Reissen u. Bersten etc. ver-
so könnte sich hier klak auch auf die braune 25 ursachte Schall u. dies Brechen etc. selbst;
od. dunkle (urspr. schmutzige), gesättigten. Riss, Krach, Knack; Fleck, Klecks). Da-
kräftige Farbe der Suppe u. Brühe beziehen, von franz. claque (Klapjjs mit der Hand;
im Gegensatz zu der hellen u. blanken einer Klapphut = nid. klak), ciaquer (klapjpsen,
wässrigen u. dünnen Suppe. Vergleicht klatschen) etc.; cat. clacca (Geschwätz);
man indessen 2 kladde als Klebendes 30 norm, claqard (plauderhaft) etc. Weiteres
etc., so könnte auch /wer klak möglicher- s. utiterklakkenu.nhd. Klack im Grimm'-
weise als das (im Munde od. am Gaumen) sehen Wb.
kleben u. haften Bleibende, od. endlich so- klakken, klapfen, klappsend, bz. hart u.
gar als syn. mit smak als das xvas die Ge- mit Geräusch schlagen od. werfen etc. ;
schmacks- u. Geruchs - Nerven prickelt u. 35 flecken, klecksen, schmutzen, schmieren, kle-
reizt, im Sinn von Reiz genommen u. ge- ben; (trop.) beschmutzen, ei^ie Gemeinheit od.
dacht sein, zumal da klak (s. unten) urspr. Schlechtigkeit anhängen etc; — dat klakde
sowohl ein Reissen od. Ritzen, als einen ürdeudlik, so slog de ragen (od. hagel) up
Riss od. eine Ritze bezeichnet u. das nhd. de pannen, bz. an 't fenster; — he klakde
Reiz auch ja urspr. ein Reissen od. Ritzen 40 de budel an de wand, dat 't kwakde un 't
von Etioas (cf. auch an. klektun, das Rei- all' ftt 'n ander flog; — dat papir (od. de
zen. An- od. Aufreizen, Aufioiegeln, Belei- enked) klakd (fleckt, kleckst etc.) dör; —
digen) besagt u. von Hause aus ganz das- he klakd de hele wand ful; — he klakde
selbe Wort ist wie nhd. Riss, bz. unser dat an de wand fast; — de wand mit kalk
rat u. ret (Riss, Bruch, Ritze, Spalt etc.) 45 (bz. lern etc.) be- od. aferklakken; — he
u. ebenso wie dieses zu riten, bz. ahd. rizan hed hum en anklakd (er hat ihm einen
(reissen etc.) gehört, in welch letzterem Fall Schmutzflecken angehängt) ; — he klakd
dami diese Redensart urspr. soviel bedeutet hum an (er schmutzt od. schicärzt ihn an,
hätte, dass ein Etioas keinen Reiz u. keinen bezichtigt ihn einer Gemeinheit etc., od.
Geschmack hat, bz. loeder ein Reissen od. 50 klagt ihn einer Gemeinheit u. Schlechtigkeit
Ritzen (d. i. Reizen) noch ein Schmecken an) ; — he mut 't all' anklakken (a. er muss
an sich hat u. empflnden lässt. — Nd. (Br. Alles anschmutzen od. anschwärzenu. schlecht
Wh.) klak, klaks (eine gewisse Portion machen; — b. er muss Alles an die grosse
einer dicken u. zähen Materie, die kleben Glocke hängen u. verlautbaren etc.). — Nd.,
u. haften bleibt, bz. tvomit man Etwas be- 55 nid. klakken ; mnld. klacken (impingere cum
wirft; ein Flecken od. Schandflecken, bz. fragore, findi cum fragore, verberare resono
ein Klecks etc.); nid. klzk (Fleck, Schmutz- ictu, quatere; maculare, faedare, inepte pin-
fleck etc.); mnld. klack (fissura, fragor, so- gere etc.) u. klecken (agere rimas, hiare)
nus verberis, ictus resonans, tax, plausus, von kleck (rimosus, hiulcus, pertusus), bz.
sonora percussio) u. klacke (scutica; macula GO ivie ahd. klakjan, klecken (s. unten) von
KLAKKEN 230 KLAKKEN
mM. klac (Biss, Spalt etc.), s. tinter klak; stammt u. ruzze od. mhä. Butze mit nhd.
mfläm. klacken h. kleckcn (dasselbe); aengl. Bitze, hz. unsenn ruts (Biss) zu ahd. ri-
(Stratma)ni) clackeu (irarrirc) u. cleken zau, Oz. unserm riten gehört. — Weiter cf.
(cxcludere, b::. ausbrüten etc.), icas mit dem ahd. kieken; mhd. klockeu, klechen ; i^hd.
gleichbedeutenden schott. deck; ish, an. 5 klec/ccn aus einem von dem Stamm klak
klekja (klakti) ; «onc. klekkja; fW«. klackke, (Biss, Bruch, Spalt etc., cf. unter klak) u.
udklaekke; schiced. klacka «. dem schwed. der Endung jan gebildeten idtcrem klakjan,
klacka (schrecken, erschrecken etc., d. h. welches, da klak ursi)r. 7itir ein Schallwort
springen od. springen machen etc.) von n-ar (er geht mit dem Stamm krak von kra-
Ilause aus dasselbe Wort ist icic ahd. klak- 10 kon auf die aus gar [sonare etc., cf. auch
jan etc. (springen, bersten, spalten etc. od. galm etc.] ericeiterte idg. y garg, galg, um-
Biss etc. machen, s. unten), weil es eben gesetzt grag, glag [sonare, clamare, strepere,
nichts toeiter besagt, als das Ei sjialtcn cropare etc.] zurück, od. vielleicht wie klap
(bz. knacken etc.) od. springen machen, etc. auf idg. skar) u. also zunächst nur ein
bz. es auseinander gehen machen u. schla- 15 unarticulirtes Geräusch, bz. ein Getöse, einen
gen od. picken, wie ja auch kippen (s. d.) Lärm od. ein Geschrei, einen ScJiall, Knall
die Bedtg.: puUulare etc. hat. — Ferner: etc. bezeichnete, in erster Linie selbst auch
engl. c\&ck (klappern, rasseln; plap>pern, plan- die Bedtg.: irgend ein unarticulirtes
dem, bz. klatschen etc.) u. clack (schneiden od. G e rä u seh od. Getöse (sonus, clamor,
ausschneiden, aussondern etc. vom Grdbegr.: 20 clangor, crepitus, strepitus) machen hatte,
spalten, trennen etc., cf. kippen, wovon sich wie solche zum Thcil Ja auch noch in den
auch das schott. cVike, claik [Bremse, Nasen- obigen vom Stamm klak gebildeten Verben
knebel, bz. das gespaltene Stück Holz od. erhalten blieb. Indem man nun aber aus
der Kloben, welcJier den Pferden etc. auf die dem Hören eines unarticulirten Geräusches,
Nase etc. geklemmt wird] herschreibt, toäh- 25 od. dessen, jcas das Sehallwort klak bezeich-
rend schott. clack (the clapper of a mill) nete, auf den Vorgang aufmerksam wurde
7nit engl, clack (das Klappern u. Bassein u. sich nach der Ursache desselben umsah,
etc.) u. tnnld. klakke, klakkebosse (= un- bemerkte das Auge sofort auch einen Biss,
serm ballcr- od. knap-büsse) auf clack, bz. Bruch od. Spalt, bz. ein gerissenes, gebro-
klakken in der Bedtg.: klappen, klatschen, 30 chenes, gespaltenes, geborstenes Etwas, od.
bz. ein lautes Geräusch machen etc. zurück- auch den Fleck u. Klecks etc., den das mit
geht. — Weiter: an., isl. klaka u. kiek (clan- ciyiem klak od. schallenden Geräusch etc.
gere, bz. [dän.] klinge, skralde, kladske) ; abgesprengte u. auf Ettcas aufschlagende
norw. klekk u. klikk (Knall, Geräusch, bz. u. niederfallende Etwas (gleichviel, ob ein
crepitus, cf. klik), klikka (cf. unser kVikken, 35 Felsstück, ein Stein, eine Scherbe, ein
klikkern etc.), klakka (klecksen, beklecksen; Tropfen od. ein sonstiges Etwas) verursacht
schlagen, bz. klappsen; — schneiden, ka- u. gemacht hatte, woraus sich dann von
striren, bz. ausschneiden etc., cf. oben das selbst erklärt, dass man mit dem Schall-
engl, clack, schneiden etc.), klekka, kiek, statnm klak auch sofort den Begriff eines
klakk, klokket (1. glippe, slaae klik; — 40 Bisses u. Bruches etc., eines zerrissoien u.
2. rystes, gyse; — 3. forslaae, blive nok), geborstenen etc. Etivas (Stückes, Fetzens,
icovon Iv. Aasen sagt, dass es in der Bruchstückes etc., od. eines Maales, Fleckes,
letzteren Bedtg. mit nhd. kl ecken zusam- Kleckses etc.) verband, wie mit dem Verb,
menfällt, während, wie oben schon zu schwed. klakjan od. klecken, bz. klakan, klakken etc.
klacka bemerkt, die zweite zunächst mit dem 45 auch den von Biss etc. od. Fleck etc. ma-
Letztern u. weiter auch mit nhd. klecken, chen, bz. den von reisse», bersten, spalten
bz. ahd. kieken in der Grdbdtg.: sprin- etc. od. flecken etc. Dass aber dann aus
gen etc. zusammenfällt u. sich hieraus, bz. dem Begriff des Bauschens, Tönens etc. u.
aus: reis seil, spalten, abspalten, trcn- dem des damit verbundenen Begriffes des
nen etc., od. aus der subst. Bedtg.: abge- 50 Beissens, Berstens etc. noch wieder viele
rissen es Stück, Stück toas icovon ab- andere entstehen konnten u. sich ergeben
gerissen u. abgerutscht ist (cf. isl. klakr haben, ersehen loir ausser atis den oben
[rupes] u. ahd. claph =: Klapp etc. u. = ab- schon unter klakken angeführten u. den
gerissener Fels od. Felsabsturz u. die sprach- sonstigen vielen aus Schalhvurzeln hervor-
liche Connexität von klippe mit klappe) auch 55 gegangenen Wörtern (cf. dieserhalb nur die
ivohl die Bedtg.: glippen od. fehlschlagen, Wörter unter klik, kluk, — klank, klink,
verunglücken etc. entwickeln konnte, zumal kluuk, — klang, kling, klung, — klad od.
Ja auch glippen od. dän. glippe die Bedtg. : klat, klit, klut, — klap, klip etc. u. klamp,
gleiten od. rutschen hat u. auch nhd. klimp etc., — knap etc., — knat etc. od.
rutschen von ahd. ruzze (Felsabsturz etc.) 60 gnat, guit, gnut etc. etc.) atich noch aus dem
KLAKKER 231 KL AM
schon oben angeführten ahd. (klakjan , kle- gans klara (klehrig u. feucht, hz. nasskalt)
ck&n) kieken, toelches aus cle7i Bedtgn.: Eiss, autofaten. — Nd. (Br. Wh. etc.) klamm
Bruch, SjmU etc. machen, hz. reissen, bre- (dicht, enge, gedrängt; klebrig feucht etc),
chen, bersten, x>latzen, spalten, klaffen, von- od. (l)ähnert) klamm, klaom, klumm,
u. aus-einander machen u. gehen, öffnen etc. 5 klummig (sich klemmend od. drang, feucht-
in ähnlicher Weise wie flecken (es will kalt, kalt, steif, etc.), (Schambach) klam
niclit flecken od. von Statten gehen) von (dasselbe u. auch: fest, dicht, gediegen, rein
Fleck (s. unter flek, flekken etc.), die von etc., z. B. de klame fels; — dat klame fet
Platz od. Baum machen u. schaffen etc.); mnd. klam (enge, fest, dicht zusam-
u. so freie Beivegung u. ein Gelin- 10 menhaltend, nicht dehnbar od. elastisch,
gen ermöglichen etc., od, aus Bruch, steif, starr, erstarrt, verklommen ; beengt,
Spalt u. Trennung machen etc., die von muthlos, verzagt; klebrig feucht etc.); nid.
trennen u. entfernen u. von dem Platze od. klam %i. klem (klebrig, klehrig feucht); mnld.
von der Stelle bringen u. so vorwärts brin- (KU.) klam ?«. klamp (teuax, humidus, len-
gen, fördern, von Statten gehen, Erfolg ha- 15 tus, viscosus, uvidus) ; nhd. (Grimm, Wb.)
hen, gelingen, geniigen etc. entivickelte. u. hess. (Vilmar) etc. klamm (arctus, an-
Von klakken, bz. ahd. klakjau in der gustus etc.); engl, clammy (klebrig, zähe,
urspr. Bedtg. : klappen, klatschen etc. stammt leimig, kleisterig, pappig) ; aengl. (Stra t-
ausser franz. claqueur auch (cf. Diez, II, mann) clam (glutinosus, viscosus); schott.
60) ital. schiacciare (knacken, quetschen etc.) 20 clam (a. clammy ; — b. smooth) etc. — Die-
u. schiaccia (Falle) = unserm klappe. ses Wort ist ivahrscheinlich (wie mnld.
klakker, Klecks , Fleck , Schmutzfleck klamp [s. oben] bezeugt) ebenso wie kam od.
etc., bz. ein kleinerer od. grösserer Tropfen kämm aus kamp, kamb u. Einser kram xi.
einer färbenden , schmutzenden etc. Flüs- kramme aus kramp, krampe aus klamp od.
sigkeit, der von irgendtvo abspritzt od. 25 klamb etc. gekürzt u. gehört mit 2 klam,
ab- u. herunter fällt u. irgendwo auf- klampe etc., klemme etc., klimpe etc., klömen
schlägt. u. klumpe etc. zu ahd. klimban (klimmen)
klakkern, Iterat. von klakken in der in der frühern Bedtg.: kleben, festsitzen,
Bedtg. klecksen od. Schmutzflecke machen; haften (worin und worauf etc.), sich heften
— dat papir klakkerd dör ; — he klakkerd 30 (an u. auf Ettvas), es festhalten, packen u.
't all' ful; — du must net so klakkern (od. greifen etc. (cf. klimmen), von dem klam,
slakkern), d. h. du musst nicht so viele bz. klamb, klamp eigentlich das Präter. ist,
schmutzende Tropfett od. Brocken fallen sodass es urspr. einen Zustand od. ein Sein
lassen. bezeichnete, wo ein Etwas klebte, haftete u.
klak-, klakker-, od. klad-papir, Lösch- 35 packte (bereits klebend, haftend «. packend,
Papier, od. eigentlich Fleck-Papier, weil es od. klebrig etc. geworden ist) od. gepackt hatte
die klakken od. Flecken in sich aufnimmt u. fest sass od. fest hielt etc. u. nicht los
u. aufsaugt u. selbst dadurch Flecken he- od. von- u. aus-einander ging u. also auch
kömmt, die durchschlagen u. an beiden Sei- dicht u. fest zusammenhielt, od. haltend
ten sichtbar sind. Daher die Eedensart: lät 40 (haftend, bindend etc.), unr eissbar, zähe,
dl 't ofmalen up klakkerpapir, den liest du fest, dicht etc. ivurde, sich zusammenhallte
't dübbeld. zu einem dichten u. festen Etwas od. eineyn
klam od. klamm, klamm ; — dat hemd Klumpen etc., woraus dann auch wieder die
sitt mi gans klam (ivie geklemmt od. geklebt, Bedtg.: in sich verbunden od. dicht u. enge
festgeklebt, fest u. dicht etc.) up de hiid ; 45 zusammengepresst etc. etc. hervorging. Dass
dat deid dat starke sweten ; — de dör geid aber aus klimban in der jetzigen Bedtg. von
so klam apen (die Thür geht so schiver [od. klimmen od. klettern für dessen Präter.
drang] auf , sie klemmt sich etc.); — dat klamb auch die Bedtg. (ich) klomm, bz. habe
is hir so 'n klammen (beklemmende, beengende, bereits ge- od. erklommen etc. (d. h. loohl
drückende etc., od. auch neblige u. feucht- 50 eigentlich soviel als: habe bereits Fass u.
kalte, aber zugleich auch beklommen ma- Haft gemacht od. genommen [an Etwas],
chende) lücht, dat man 't d'r hei net in üt- od. habe gepackt, gefasst u. halte mich fest
holden kau un gans benaud un kold word ; etc.) blieb u. dasselbe auch in dieser Bedtg.
— datt sitt d'r all' so klam (klemmend u. zur Bildung von neuen Wörtern verwandt
beengend, od. geklemmt, beengt, knapp, enge 55 wurde od. wenigstens verivandt werden
u. dicht etc.) um to, dat man sük d'r hast konnte, ist selbstredend u. ivird dies auch
hei net in rören kan; — de banden sunt durch engl, clamber (klettern, klimmen) be-
mi gans klam (klebrig u. feucht) fan swet, zeugt, was übrigens von Hause aus dasselbe
so dat 't d'r all' an sitten blift, wat ik d'r Wort ist wie nhd. klammern (ich klam-
mit anfät' ; — dat göd (od. de waske) is nog 60 mere, od. klebe, hefte, fasse etc. mich an
KLAM
232
KLAMPE KLAMP
ihn an) = tirspr. klambercn etc., dem Iterat.
von klampcn.
Sollte indessen neben khvmp, klamb ein
einfacher Stamm klam für die>:cs u. das fol-
gende klam, klemmen n. klümeu angenom-
men icerden müssen, hz. klam nicht überall
aus klamp gekürzt sein, so gehört derselbe
icohl zu einem idteren kliman (kleben, haften
etc.) worüber Weiteres unter klemen.
Zu klam, bz. klampe, klampen u. klimmen
etc. vergl. übrigens auch noch die Wörter
1 M. 2 klinke, 2 klinken u. klifcn etc.
2 klam od. klamm, Fressung etc., Druck
etc., bz. ein Etwas icas eine Fressung od.
einen Drang, Zwang, Nöthigung, Druck etc.
auf Etwas ausübt ; — ik liobb' hum 'n
klam au't bart gäfen, dat be sin bröer hel-
pen scbuir. — Es ist sgn. mit klemm in
der Bedtg. : Druck, zwingende Kraft etc.
(s. klemme) u. gehört mit ags. clam (Krampe
od. Klammer; packende u. fassende Hand,
lUaue etc.; Fessel, Band; Beengung od.
Druck), clom (Beengung, Beklemmung, Be-
klommenheit, Angst); nengl. clam (Zange
= das was, od. icomit man Etwas festhält
od. tcas packt u. greift, bz. ioas klemmt u.
kneift od. zwickt etc.); schott. (Flur.) clams
(starke Greif- od. Kneifzange; Griff von
Holz etc. um Etwas damit festzuhalten;
Schraubstock etc.) ; nhd. Klamm; w/u/. klam
(Beklemmung od. Beklommenheit, bz. das
Beklemmen) u. ahd. klamma; »iÄrf. klamme,
klamm (Beklemmung, Klemme etc.) etc. zu
klimmen, aus dessen Fräter. klam (= nhd.
klomm u. unserm klumm, bz. klamb, klamp
die obigen Subst. ebensoicohl hervorgingen,
icie 1 klam u. klampe etc., bz. nhd. ge- od.
er- klommen u. be-klommen etc.
klam-liörig, Jiart- od. schtver-hörig etc.;
cf. 1 klam.
klampe, klamp, Klampe od. ein Etwas
was od. womit man einem andern Etwas
Haft, Halt od. Festigkeit, Verbindung, Zu-
sammenhalt etc. giebt, bz. toomit man Etwas
ließet, zusammenheftet, verbindet, zusammen-
fügt od. klemmt u. klammert, od. auch ein
Etwas icas Getrenntes u. Geschiedenes mit
einander verbindet u. vereinigt u. so zu einem
Ganzen n. in sich selbst Zusammengeschlos-
senen u. Verbundenen macht. Daher a)
Brett (Querholz, Kloben, Klotz, liiegel,
Leiste etc.) icas quer über ein anderes Etwas,
bz. über andere Bretter (od. Balken etc.)
geschlagen u. befestigt wird u. tvodurch man
denselben Halt u. Festigkeit giebt, bz. sie
mit einander verbindet etc. , damit sie zu-
sammen halten u. nicht aus einander gehen;
— du mnst d'r 'n düKtitjen klamp afer slän,
dat dat n<"t mör üt 'n ander gcid; — de
klampe is dik un fast genug, de schal luim
wol boldeu, dat de budel net wer ritt; —
d'r matten drö klampcn afer de dör slagen
worden, dat be fast genug word un net dör-
sakkcn kan; — b) eine über einen Graben
5 (od. ein l'ief etc.) hingeschlagene od. gelegte
Verbindungsbrücke, bz. ein Steg etc.; —
lät 'u klamp afer de slot slän (od. leggeu
etc.), dat wi d'r afer faren köneu. — Im
Schiff'sbau verstellt imni auch hier unter
10 klampen nicht allein die Hölzer sub a, son-
dern auch gezahnte od. mit den Enden häm-
merartig vor- u. aufstehende kleinere Hölzer,
an denen die 'Taue etc. befestigt werden,
bz. icelche sie halten od. ihnen Halt geben
15 etc., während es in der Bedtg. Klu mp en,
od. vielleicht auch Kloben, Klotz (cf.
klobig, klotzig etc.) als ursjJr. Gespalte-
nes u. Klaffendes etc. (('/. klöfen, klufe
etc. u. klut, killte etc., soivie ferner auch
20 klatte) in unserm klamphauer steckt. — Nd.
(Br. Wb.) klamm u. klamp (Klumpen;
dithm. auch Steg über einem Graben),
(S c h ü t z e) klamp (Schober, Heuhaufen,
wozu übrigens auch dessen [cf. pag. 265]
25 klapp, Bund, Gebund, Bündel = Verbun-
denes u. in sich Vereinigtes etc. zu verglei-
chen ist, sofern ich Becht habe, dass die
Stämme: klamp, klimp, klump aus klap, klip
klup nasalirt sind, worüber Weiteres unter
30 klampen u. klimmen), mit der Nebenform
(cf Ehrentraut II, 324 u. 325) klanp
= ivang. (Ehrentraut, I, 375 u. 414)
klamp; klomp (Steg); nfries. (Amruni)
klämp (Klumpen, Haufe); nid. klamp
35 (Klamjie, Klammer; Zapfen, Band, Absatz
am Holzschuh; Klumpen, Haufen); mnld.
klamme, klampe (uucus, unguis; barpago,
retinaculum ; compago, compagcs ; subscus,
regula; fibula); mfläm. klamp (membrure
40 d'uu liuis etc. etc.); engl, clamp (Klampe,
Balken, Latte, Leiste etc., bz. Stück Holz
ivas zur Befestigung u. Verstärkung dient ;
eine zum Brennen aufgestapelte Schicht
Backsteine ; das Spannhlecli ; die Tischhänge;
45 die Nietkluppe etc.) ; isl. klampi (tibula, sub-
scus etc.); norw. klsiUip (Klotz, Baumstumpf,
Holzkloben, Klampe etc.); schwed. klamp
u. auch klabb, wie auch norw. (Klotz, dickes
unförmliches Stück Holz, Holzklumpen etc.
50 od. Klumpen, cf. klampfot, Klum2)fuss ;
klampig, unförmlich, klotzig); dän. klampe
(Mastscheibe, Schcibengat). — Dazu vergl.
(Grimm, Wb.) nhd. klamp it. klamm
(Krampf), klampe (Klammer, Krampe; ver-
55 bindendes Holzstück = klampe sub a),
klämpfe (ein Werkstück im Schiffsbau),
klampe (Klumpen, grosses Stück), wozu zu
bemerken ist, dass neben klumpe auch ein
schived. klimp mit der Bedtg. Klumpen
60 vorkömmt, toozu (cf. Grimm, Wb. V,942)
KLAMPEN
233
KLAMPEN
midebrand noch hymr. clamp, clap
(Klump od. Kloss vom Teig), prov. clap
(Haufe, Masse), poln. kli^b (Klumpen,
Knäuel), aslav. kl^ibo (Knäuel), böhm. kloub,
russ. klub (dasselbe) anführt, bei welch letz-
teren beiden Formen indessen auch tvie bei
engl, club (Knüttel, Keule, Kloben etc.; ge-
schlossene Gesellschaft) an eine Connexität
mit nhd. kleben od. kl i eben (cf. klifen u.
klöfen), bs. Kloben u. Klappe etc. ge-
dacht werden kann, während beim Vergleich
unsers klatte zum Schallstamm klat etc.
auch die Formen clamp, clap sich aus dem
Schallstamm klip-klap, bs. dem Verb, klap-
pen begrifflich ableiten lassen, cf. klampen
etc. u. auch 1 u. 2 klam, sowie auch unter
klatte das nhd. Klate (Klaue etc.) ti. engl.
cleats (die Klampen) etc.
Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass auch
midebrand (cf. Grimm, Wb., unter
klump) ein starkes Verb, klimpan, klamp,
klumpun mit der Grdbdtg.: spalten etc.
voraussetzt, tvie auch klos, klöt, klute auf die
Bedtg. spalten zurückgehen. Dass aber ne-
ben sj} alte n auch die Bedtg. : a n h ange n,
kleben, haften, sich verbinden mit
etc. in derselben gelegen haben 7nuss, geht aus
1 M. 2 klam sowohl als aus klimmen hervor
u. dass diese aus der Bedtg macula ent-
stand, beweisst unser 1 u. 2 kladde. Die
urspr. jedoch ist die aus klap hervorgehende,
von crepitare od. krachen u. so auch ber-
sten etc. Wegen der Grdbdtg. crepitus etc.
des Stammes klamp, bz. klimp, klump vcrgl.
ausser den unter klampen angeführten Wör-
tern, bz. neben klimpern auch mhd. klum-
pern (Klang mit musikalischen Instrumen-
ten machen).
klampen, nageln, nieten, heften, schlagen,
festschlagen, zusammenschlagen, klammern,
verbinden etc. ; — he klampde de plauken
(od. dat göd, de budel etc.) tosameu, bz. afer
'n ander od. up 'n ander fast; — dat mut
göd mit 'u ander ferklampd worden; — he
klampd (heftet, klemmt, klammert, bz. klettet
od. klebt, greift etc.) sük d'r mit sin banden
un foten an fast; — de weg is mit dat land
dör ^n klampe (od. 'n tille) ferklampd. —
Nid. klampen (kleben, haften, sich heften
an etc. ; — de sneeuw klampt aan de voe-
ten; — in Verhaft nehmen [Schulden hal-
ber]; — festklammen, anklammern; ver-
schalen od. Klampen [Verbindungs- u. Ver-
stärkungsfelgen] anschlagen [de mästen klam-
pen; — iemand aan boord klampen, Jeman-
den mittelst Enterhaken an Bord festmachen,
sein Schiff klammen, festlegen, entern] ; —
aufstapeln etc. [eilend op eilende klampen ;
~ David klampte op overspel verraet en
godvergeten moort]; — fig. auch: Jemanden
hart bedrängen od. in eine Klemme ver-
setzen etc.) ; mnld. klampen (harpagare, har-
pagiue approheiidcre, unco detinere, fibulare,
rapcre, figere, affigere, prehendere ; compa-
5 ginare, conjungere); wfries. klampjen; engl.
clamp (unternageln, verschalen, verzapifen,
mit Leisten einfassen) ; bayr. klampfen
(klammern etc.). — Dieses klampen ist zum
Theil wohl von klampe, bz. klamp fortgc'
10 bildet, doch scheint die Bedtg. : kleben, haf-
ten od. Haft u. Festigkeit machen, heften
etc. auch darauf hinzudeuten, dass es an-
der ntheils auch ebenso wie klampe u. mhd.
(klampher, klamber) u. nhd. Klammer
15 (auch klamer, clemer, klamper, klampher
kommt vor); amlid. klampheren; mhd. klem-
bern (klammern etc.); an., isl klOmbr (sub-
scus), bz. Flur, klümbrur (Schraubstock u.
auch: saxum invium); anorw. klümbr('-S'c/trait&-
20 stock, od. Klemm-Ding etc.); noriv. klomber,
klaambr (Klammer, Klemme, Schraubstock
etc., mit abweichenden Fortnen auch : klaam-
ber, klaamer, klömber, kiembar, cf. Ivar
Aasen) etc. von dem ^i( klimban (klimmen,
25 bz. kleben, haften, sich heften an etc., cf.
klimmen) gehörenden Prüter. klamb, klamp,
klam etc. (ich klebte bereits, hatte schon
Fass und Halt, klemmte mich schon fest
etc.) loeiter gebildet wurde. — Vergleicht
30 man nun aber weiter die mit dem Schall-
stamm flik od. fiak (sie sind sgn. mit klik-
klak, klip-klap, plik-plak etc.) zusammen-
hängenden Wörter flek, flak, 2 flake, flokke,
flekicen (Grdbdtg. : schlagen u. auch spalten
35 etc.) flikken etc. u. ferner engl, clamp
(schwerfällig auftreten, schwer gehen, tram-
pfen od. trampeln), norw., schwed. klampa
(schwer u. lärmend gehen); schott. to clamp
up, clamper (to patch, to make or mend in
40 clumsy manner), to clamp, clamper (to make
a noise with the shoes in Walking), clamp
(a heavy footstep or tread) zu unsern mit
klunte (Klumpen etc.) verwandten Wörtern
klunderii u. klunteru (stolpern, poltern) u.
45 kluutfot (Klumpfuss), so wird sich sofort
eine Connexität dafür mit nid., schwed. etc.
klamp (dickes Stück, Klumpen etc.) ergeben.
Hält man dazu nun aber wieder ahd. chlobo,
bz. nh. Kloben u. klobig, bz. Klotz u.
50 klotzig etc. u. dass sotoohl Kloben als
Klotz (cf. imser klöt, klute u. klunte) ein
gespaltenes Etwas od. ein Spalt-Ding
(Kloben, bz. ahd. chlobo hat ausser der
Bedtg.: dickes Stück, Keule etc.; greifender
55 Haken: Gebund od. Bund, Bündel, z. B.
Flachs etc. auch die Bedtg.: Falle, bz.
muscipula, decipula, aucipula u. gehört zu
kWoh&n [spalten etc.], tvie unser kMe [Klaue,
bz. Hand, Fuss; dickes unförmliches Stück]
60 u. md. kluve [Kolben, Keule] zu klufen
KLAMPEN 234 KLAMPEN
[klauben] u. dies wieder zu klöfen = ahd. nach klampe, klampen etc., nebst klimban
klioban) bezeichneten, so ist es ztceifcUos, (klimmen) u. alle unter diesen angeführten
duss die Wörter: klamp, klimp, klumpe, bz. sonstigen Wörtern in irgend einer Weise
isl. klumbr in der Bedtg.: Klumpen od. mit unsern Schallstämmen klip, klap etc.
Klotz (s. unter kldimpc) auch auf ein Verb. 5 zusammenhängen, die mit den Stämmen
mit der Bedtg. : schlagen, hauen, kappen, krib, krab, bz. krip, krap etc. od. krimp,
spalten , klaffen etc. zurückgehen können, kramp etc. selbstredend auch wieder nahe
ebenso icie isl., an. klumba (clava, bz. Kolbe, verwandt u. wohl eines UrsjJrungs sind, wie
Kolben, Keule, Schlägel), bz. wie das lat. unter diesen iceitcr zu vergleichen ist.
clava auf die y kal = kar, idg. skar (schla- 10 Was nun aber zunächst das ahd. klim-
gen, hauen, spalten, kapjjen, schneiden etc.). bau, klimpban, klimpfan, klimpan (klamb,
— Alles dieses nun aber vorausgeschickt u. klamph, klamp — klumbun etc.) betrifft, so
dazu noch die schon unter klampe ange- ist wohl anzunehmen , dass dessen älteste
führten Formen mit den Stämmen klap, Bedtg. „kleben" war u. dass sich hieraus,
klab, klub etc. — (cf. unsere Wörter unter 15 bz. aus haften (cf. klifen etc.), sich heften
klap, klep, Ivlip etc., bz. an., isl. klipa [tor- an etc., ebenso wie bei klifern die jetzige
quere], klipa [angustiae; res arctae; particula Bedtg. von klimmen, sowie auch die von
rei mollioris], klippi [massa, Klumpen eic], Klammer u. klammern, bz. unseres
klippa [tondere; secare], klippur [forfices], 1 m. 2 klam etc., klampe u. klampen etc.
klipping [tousura]; klappa [scalpere; tun- 20 entivickelt hat. Vergleicht man nun weiter,
(lere; palpare] etc.) gehalten, so glaube ich, wie unser 2 kladde, bz. nhd. Klette u.
dass die Stämme klamp, klimp, klump aus kletten (u. davon tvieder klettern =
älterem klap, klip, klup (vergleicht man un- klimmen, bz. loiser klautern) mit 1 kladde
ser half, bz. 7ihd. halb [d. h. gespalten, u. klatte, bz. dem Schallstamm klad, klat
zertheilt, zerschnitten etc.] zu skr. kalp 25 (cf. auch kladdern, klattern, klittern etc.)
[spalten, schneiden], lat. carpo etc., bz. scalpo, zusammenhängen, bz. dass deren Bedtg. auf
Bculpo etc. u. unser scliarp u. schrap etc. „kleben" zurückgeht, od. die Bedtg. von
von der y skarp, skalp, skrap [hauen, spcd- Klette als haftendes «. klebendes
ten, schneiden etc.] als Weiterbildung von Etioas ausder Crrdbdtg.: Fleck, Schmutz
skar, skal := kar, kal [schlagen etc., s. oben] 30 entstand, so ist es klar, dass aus dem Schall-
u. idg. [Fick, I, S13] skarbh, skarp [rau- stamtn: klip od. klap ebenso wie aus flik
sehen, tönen, schreien etc.] als y von lat. od. flak u. klik od. klak ausser klappen
crabron M. crepare etc., soivie von ««. skrapa od. schlag oi (cf. flek, flekken u. klak,
[rauschen, knarren etc.], skra.{ [Rede etc.], klakken) neben Sj) alt , Riss, Bruch etc.
ahd. harfa [cf. harpe], skr. calbb, calbhate 35 (cf. ahd. claph etc. [Schlag, Stoss etc. ;
[tönen, prahlen etc.], lett. krepsii [räus2)ern], Krach, K)tall; abgerissener Fels], bz. un-
lit. skreplei [Auswurf], griech. chremptomai serm klap, klappe, klippo, klappern, klippern
[räuspere mich] von aus skar, skra [tönen, etc. zu klak, klakken, klikken etc.) auch die
rauschen, schreien, cf. schallen, schel- Bedtg.: Fleck od. 31 aal (macula etc.)
len, sehr eien, schrillen etc. m. auch 40 hervorgehen konnte u. ivahrschcinl. auch her-
unser kallen etc.] weitergebildeten Stämmen vorgegangen ist, weil Ja ein k\a.p od. Schlag,
u. dazu die obigen Bedtgn. von isl. klippa Stoss etc. od. Auf platz e n auf Etwas
u. klappa, so lässt es sich nicht verkennen, auch ein 31 aal od. einen Fleck (klak,
dass auch skar [schlagen, hauen, spalten, Klecks od. kladde) macht. Hatte sich nun
schneiden, scheeren etc.] u. skar [tö7ien,rau- 45 aber aus klip od. klap, nasalirt klimp, klamp,
sehen etc.], soicie skar [reiben, kratzen, ebenso wie aus klak, klank od. klik, klink
scharren etc.] von Hause aus mit einander (cf. auch 2 klinke u. 2 klinken [nieten, be-
ident. sind u. dass beim Vergleich MH.srres festigen, festnageln etc.] u. dass klampe
klakken, bz. des dazu bereits Angeführten auch die Bedtg. unseres 2 klinke hat u.
u. Gesagten auch die alten germ. Stämme 50 dass klampen auch mit unserm klinken be-
klip, klap u. klimp, klamp wahrscheinl. mit griff'lich sehr nahe zusammenfällt) aus.ser
lat. crepo u. carpo etc. auf einen aus skar Schlag, Stoss etc. auch die Bedtg.: Fleck
erweiterten idg. Stamm skarp od. skarbh, u. Schmutz etc. u. so auch wieder die
skalp, umgesetzt skrap, sklap etc. zurück- vo)i : klebendes u. haftendes Etwas
gehen, obschon es selbstredend auch möglich 55 etc. entwickelt (man kann übrigens auch an-
iM, dass die Stämme klap, klamp etc. aus nehmen, dass die Bedtg. : Schlag, Stoss,
einem aus idg. gar [tönen etc.] erweiterten Prall, Prell, Anstoss etc. in die von : Druck
Stamm garp od. garbh, galbh etc., umgesetzt u. Drang etc., bz. Kneifen etc. [cf. kni-
grabli, gla])h [s. dieserhalb auch unter klak- pen] überging), so ist es klar, dass sich
ken] entstanden) — nasalirt sind u. dass dem- 60 hieraus für klimban, klimpfan ebenso wie
I
KLAMPEN 235 KLANDER
für hl eitern aus Jcletten (u. dieses aus stelle, die auch für den Stamm krak von
Klette = unserm 2 kladde, hz. 1 kladde) kruken pas^it. Wegen des Themas krap
auch die Bedtg. unseres neuen klimmen so- kramp (für kram, krimpen etc.) s. unter
wohl, als die von 1 u. 2 klam «. klampe, klap am Schlüsse, hs. bei Fick (II, 347)
klampen ergehen konnte. Vergl. dicserhalb 5 unter garb, gramb.
auch nhd. (Grimm, Wb.) Klap er od. klainp-hanei', roher ungeschickter Arbeiter
Kl am per (Kralle, Klaue) zu dem gleich- od. Handwerker, stümyerhafter Zimmermann,
bedeutenden Klate, Klatte u. Klater, Pfuscher etc.; — he is 'n regten klamp-
Klatter, tvas doch (cf. auch klautorn ?f. liauer (od. rüghauer), de 't all' ferdarfd,
nd. klätern, klattern, tiutcr klatern) entweder 10 wat hc iinder de banden krigt. — Es he-
dasselbe Wort ist wie Klette (cf. 2 kladde), zeichnet wohl einen Klumpen-, Kloben-
cd. tvie unser klatte. od. Klotz- Hauer u. hängt dieses klamp
Für einen Zusammenhang der Stämme sicherlich mit 'kXü.m])^ in der Bedtg.: Klum-
klamp, klimp, klump etc. mit klap, klip, pen etc. (s. unter klampe) zusammen.
klup (d. h. als urspr. Schallstamm) etc. 15 klamüsern, kalmiisern, kalmäusern, in
sprechen ausser den obigen Belegen auch der Stille sinnen, od. ruhig sinnen u. den-
noch: nhd. etc. (cf. Grimm, Wb. V, ken, bz. grübeln, brüten, hecken, mühsam
1142 etc.) klempen u. klempeln, klempern, studiren, stöbern etc.; — he sitt to klamü-
klampern, klimpern (einmal od. wiederholt sern (grübeln etc.) ; — he schal 't wol üt-
einen Schlag od. Stoss etc. [klap, klip, 20 klamüsern, wo 't egendlik hands is; — he
klimp etc.] od. Schall, Klang etc. [so- klamüserd alle olde büken dör ; — he wet
üus, fragor, crepitus etc.] machen), klcm- 't all' iittoklamüsern ; — wat best du dar
per (Klapper) , klempner , klämpner , od. nu wer för bliksems kram ütklamüserd (aus-
klemperer, klampferer, klamperer u. klippe- geheckt etc.)? — Nd. kal-, kla-müsen, kal-
rer, klimperer (Blechschläger), klampfe (Zi- 25 müsern. Es hängt loohl jedenfalls entweder
ther, cf. Grimm, Wb. V, Spalte 944 u. mit kalm od. mit goth. qal (Buhe etc.; s.
dazu klippen daselbst) etc., schived. klämta, unter kalm u. kwälen) zusammen u. kann
aschtved. klämpta u. (dialect.) kläppta, kläppa sehr gut aus kal u. müsern (dem Iterat. von
(langsam mit dem Klöppel an den Band müsen, mausen, bz. wie die Katzen still
der Glocke schlagen, bz. b eiern) etc., wozu 30 sitzen u. lauern) entstanden sein,
wegen der Entstehung der Bedtg. klettern 1. klander, Schallivort (cf. klats etc.) u.
od. klimmen aus dem Schallstamm klap connex mit dem Schallstamm klad von
od. klip noch zu erwähnen ist, dass auch kladde etc.
vom Stamm kling od. klang ein schwed. 2. klander, klanner, Appretur, bz. die
klänga u. nhd. klingen (cf Grimm, ^Vb. 35 Glätte u. der Glanz, welcher dem Zeug u.
V, 1168) mit der Bedtg. „klettern" ent- der Wäsche mittelst Glanz-Stärke u. Bollen
stand u. ein mhd. klimpfen (Schlag, Stoss (Mangeln, Ziehen durch Walzen, od. Wal-
od. Druck etc., Sturz machen, od. durch zendruck) beigebracht wird, nebst der durch
Stoss u. Druck etc. zusammendrücken, zu- die Stärke verursachten Steifigkeit. Daher
sammenziehen etc.) loieder unserm klinken 40 überhaupt auch : a) Glanzstärke ; — b) Stei-
entspricht, welches mit klinke zum Schall- figkeit, Festigkeit, Dichtigkeit, Haltbarkeit
stamm klik-klak etc. gehört. etc.; — wen de klander d'r erst ütwusken
Zum Schlüsse sei dazu noch erwähnt, dass is, den word dat göd (Zeug, bz. Kattun,
auch Fick (III, 51) ein Thema klap u. Leinwand) slapper un weker; — du must
klamp für klap, klip, klappen, klippen, 45 wat miir klander d'r in don, dat dat göd
klampe, klampen, klimpe, klimpern etc. auf- (Zeug, Wäsche, insbesondere die feine, cds
stellt u. dieses einerseits zu krap, kramp Oberhemde, Kragen etc.) wat glatter un
(zusammenziehen, cf. kram etc.), anderer- stifer word ; — dar sitt gen klander (Festig-
seits zu lit. globti (umfassen etc.), })reuss. keit, Dichtigkeit etc.) in, dat ritt glik. —
poglabu (er umarmte, umfasste), bz. (II, 358) 50 Es ist dasselbe Wort wie nhd. Kalan-
zu einem TJiema glab (umfassen etc.) ver- der, nd. (Br. Wb. etc.) klander (Mangel,
gleicht, was selbstredend mit (II, 566) grab Walze, grosse Bolle, bz. Glättmaschine zum
(greifen, packen) ident. ist u. also mit der Glätten u. Glanzgeben der Kattune u.
y garbh, grabh (von gripen) ident. sein Wäsche), bz. nid. kaiander (a. dasselbe; —
müsste. Meiner Ansicht nach passt für 55 h. Glanz, Glätte); engl, csilender etc. u. entlehnt
klip, klap etc. indessen besser eine aus skar aus franz. calandre (Glätttoalze etc.), wel-
(sonare) erweiterte y skarbh od. skarp (so- ches selbst aber wieder mit calandrer (pres-
nare), wie ich auch lat. clangor etc. (cf. sen u. glätten (zivischen Bollen u. Walzen)
klingen etc.) am liebsten zu einer aus skar = nhd. kaiander n, bz. kalandriren;
erweiterten y skark od. skarg, skrak etc. 60 nid. kalanderen ; nd. klandern, glandern etc.
KLANDISJE
236
KLAP
aus (hm ffriech. ki'iliudros (Walze, Bolle)
entstand.
klandisje, Kundschaft, namentlich im
Ladengeschäft ; — he hüril to min klandisje ;
— dar is f51 kLmdisje an liiis; — Nid.
kalandizie, khuulizie; mnld., mjlüm. kallau-
dyse, aus franz. chalandise von chaland
(Kunde); s. kalant.
klang, klank, Klang, Hall, Schall, hal-
lender, schallender Ton etc. ; — de sang
(der Gesang, bz. das Lied, od. die Melodie
des Liedes etc.) hed geu goden klang ; —
man kan de klanj; fan de klok hast net
hören ; — de klang is nog not fan de klok
of (man hört noch den Klang der Glocke
durch die Luft schivirren). — Compos.: an-
klang, naklang etc. — Kinderlied : kling-
klang-klubke! gif mi wat in 't hüske. —
Ahd. chlaucli ; mhd. klanc (Klang, Ton,
Bauschen, Biesein, Plätschern; Melodie). —
Weiteres s. unter klingen, von dessen Fräter.
klang, klank dieses Subst. entstand.
klant, N". kalant.
1. klap, a) der helle, harte, laut Idingende
(aber kurz- u. nicht nachhallende etc.) Schall
od. das Geräusch etc., welches dadurch ott-
steht, wenn zwei Gegenstände rasch zu einan-
der hinbewegt werden, od. zusammen u. an-
einander schlagen od. stossen, od. ein Etwas
auf ein anderes Etwas plötzlich u. rasch
aufschlägt, od. hart aufstösst, niederfällt,
auftritt etc., od. auch der kurze «. harte
Ton u. Schall, der dadurch entsteht, %venn
durch die rasche Bcwegu)tg von Etwas in
die Luft od. den Baum hinaus ein leerer
Baum (ein Spalt in der Luft) hervorgebracht
wird u. dann die Luftwellen plötzlich ivie-
der zusammenschlagen, wie dies durch klap-
pen = nhd. klatschen , bz. unserm bal-
lern (dem Klatschen mit der Peitsche) aus-
gedrückt wird, wo denn klap or/. Klatsch,
bz. der Knall od. das Geräusch etc. ja auch
nur dadurch entsteht, dass die getrotntcn
Luftschichten rasch zusammenschlagen, wie
dies auch beim Knall eines Schusses oder
dem Abfeuern des Gewehrs (cf. Grimm,
Wb. V, 957 unter 1 m. 2 kla])p u. dazu
klaff, klapf) etc. der Fall ist ; — klap ! bä 't,
dar lag 't ; — 't geid altul fan klip-klap,
wen se mit hör trippen (Jlolzjiantoffeln) dör
't hü8 löpd ; — klip-klap-kUmder, fald fan
d' bou herunder; — b) Schlag, Klapps etc.;
— he gaf hum 'n klap an d' oren, bz. för
de nars etc. ; — he hed dar 'n dügtigen
klap kragen (einen schweren Schlag bekom-
men, bz. einoi harten Verlust od. eine
Schlappe im (reschäft erlitten), war hnm de
rügge fan sör deid. — cf. achtorklap, sowie
klappe, klappen etc. — Nd., nid., mnld. klap
(sonus, crepitus; garrnlitas, fabnla) ; mflüm.
klap u. (in Zusammensetzungen loie auch
nid.) klab ; nd, klap; mnd., and., as. clap,
in clapunga (Stridor, cf. Essener Glossen
von Crecelius); ags. clap od. clapp (in
5 clappjan, wie afries. klap in klappa etc., cf.
klappen); acngl. clap; schott. clap; engl.
clap; an. klap (in klappa); schwed. klapp;
dän. klap; ahd. claph, chlaph; mhd. klaph,
klapf, klaff (Schlag, Stoss, Prall etc. ; lautes
10 Geräusch od. Gespräch, Geschwätz ; Krach,
Knall ; Klaff, Biss, 5}ja7<.- abgerissener Fels).
— Compos. : ahd. anaclaph (impetus). —
klap, bz. klip (ablautend klup, klop, klep;
nasal, klarap, klimp etc.) ist ein iceitver-
15 zweigter (cf. Grimm, Wb. V, 953 etc.)
u. reichentwickeltcr Schallstamm, der nach
seinem Vorkommen auch in den lit.-slav. u.
keltischen Sprachen u. nach seinen wech-
selnden Auslauten: b, bh, f, pf, ph, p (cf.
20 die Stämme klab, klaf od. klaft", klapf, klaph,
klapp u. die davon xoeitergebildeten Wörter
in Grimm' s Wb., sowie daselbst auch die
Ablautformen: klip, klop, klup, bz. klopf,
klupf etc.) ioahrscheinl. aus einer idg.
25 Grdform skarbh od. (mit „1"/'"' „r")skalbh,
umgesetzt skrabh etc. u. sklabh etc., aphär.
krabh, klabh etc. oitstand, aus ivelchen ver-
schiedenen alten Formen denn auch selbstre-
dend wieder germ. Stämme ivie: schrab (rect.
30 shrab, tvie auch unser scharp J« richtiger sharp
lautet u. geschrieben werden müsste, wie
dies im Engl, auch geschieht), schrap, schraf
— od. sklab etc., schlab etc. (bz. shlab),
slab (cf. slafe = sklave, — sliten = sclizan,
35 — slageu = sclagan etc. u. auch Ililde-
brand im Grimm' sehen Wb. unter kla-
tzen), bz. hrab etc., hlab etc., aphär, rab
etc., lab etc. neben klab, klap, klamb (ab-
lautend klil), klip, klif, klimb etc. u. klub,
40 klup, klumb etc.) u. krab, kraj), kramb etc,
(ablautend krib, krip, krimb etc. u. krub,
krup, krumb etc.) hervorgehen konnten.
. Was nun aber die oben erwähnte für
klap, klanip etc. angesetzte Stammform skarp
45 od. idg. skarbh (cf. Fick I, 242 u. II,
269 etc.) betrifft, so ist darüber schon unter
klampcn verhandelt und bemerkt, dass sie
eine Weiterbildung von skar (sonare, crepi-
tare etc., cf. die mit schar, schra, schri etc.,
50 bz. schal, schil etc., bz. sla, sli etc. anlau-
tenden Wörter) ist, die selbstredend auch
primitiv unseren Stämmen klad, klag, klak,
klat, bz. klik, klit od. kluk, klut, nasal.
klank, klink etc. etc. zu Grunde liegt, od.
55 liegen kann, da es auch Ja möglich ist, dass
manche dieser Stämme aus der y gar (s.
am Schlüsse) od. auch ghar (sonare etc.)
hervorgegangen sind. Vergleicht man aber
bei Popp (Gloss., pag. 70) die Zusammen-
GO Stellung, od. den Vergleich von karb (ire)
I
KLAP 237 KLAPPE KLAP
mit kharb, garb, gharb, charb u. car od. nannt. — Nid. klepel ; mnd. kleppel. Zu
char, so kömmt man leicht auf den Gcdan- klapen etc., bz. kleppen.
Tcen, dass deren Anlaute auch atis dem hür- klapen, kliipen, klepen, schlagen, klopfen,
teren u. urspriXnglieheren skar (schar, sgar dreschen etc. — Es wird hauptsächlich vom
etc.) hervorgingen u. dass die Bedtg. ; i r e, 5 vorläufigen Klopfen u. Dreschen, bz. Aus-
od. gehen u. sich entfernen, od. sieh klopfen des Getreides gebraucht, um rasch
trennen (von Einem od. von wo) auch Saat-Korn Zugewinnen, ist jedoch eins mit
aus den älteren von: reissen, spalten, bz. kleppen.
aus crepitare, clamare, sonare) erwuchsen, klap-liingst, ein unvollkommen castrirter
bz. dass diesen Stämmen zunächst die Bedtg. : 10 Hengst, dessen eine Hode, weit in der Bauch-
sonus, crepitus etc. zu Grunde lag u. sich höhle liegend, nicht hat weggeschnitten wer-
hieraus ebenso toie in klak u. ahd. klakjan den können. — Nid. klap-, klophengst (das-
(s. unter klakken) die Bedtg. : sich trennen selbe u. auch ein Hengst, dem mittelst eines
u. entfernen, od. gehen wo weg u. vorwärts hölzernen Schlägels die Hoden zerquetscht
gehen, Baum u. Platz machen (ich gehe u. \b sind); nd. (Schambach) klophengst (ein
mache Platz etc.) entwickelt hat. Hengst mit nur einem Testikel, ein zum
Zum Schlüsse sei noch erwähnt, dass Zeugen unfähig gemachter Hengst). — Im
Fick (III, 51) den Stamm klap, klamp mnld. hat kloppen auch die Bedtg. „ca-
nieht als Schallstamm auffasst, sondern ihn strare" u. da nun das Zerschlagen od. Zer-
mit^vdi^,'k.vd.xa^ (zusammenziehen, cf.'kvd^cht, 20 quetschen der Hoden mittelst klapsen
krabbe, krap, kram, krempe, krimpen etc.) od. klopfen nicht immer vollkommen ge-
u. weiter mit slav.-germ. (II, 347) garb, gramb lang, so erhielt dadurch die Bezeichnung
vergleicht. Da indessen der Schallstamm klap-, od. klop-hengst die obige Bedtg.
klap od. klab, klaph etc. (s. oben) auch in klap-hod, Klapphut, d. i. ein Hut zum
den lit.-kelt. Sprachen belegt ist (cf. auch 25 Zusammenklappen, bz. der zusammengeklappt
kymr. clamp, clap, aslav. klabo etc., unter werden kann.
klampe), so dürfte die Ableitung des Stam- klap-holt, gespaltenes eichenes od. buche-
mes klap, klamp, bz. eines vielleicht urspr. nes Daubenholz, was namentlich zur An-
bestandenen germ. Verb, klipan, klap, klu- fertigung der Butter-Fässer gebraucht wird.
pun, bz. kllmpan, klamp etc. von der von 30 — Nid. klaphout (Dauben-, Fass-, od. Stab-
mir dafür aufgestellten idg. Stammform holz); mnld. klaphout (tabulae querneae mi-
skarp, od. skarbh doch wohl vorzuziehen uores) ; mfläm. klaphout (bois a tonneliers
sein, wobei es jedoch nicht ausgeschlossen pour faire les douves) ; nd. klapholt (kleinere
ist, dass die germ. Stammform krap, kramp, Stücke gespaltenen Eichenholzes für die
od. krab, kramb, — kraph, kramph a;// eüie 35 Tonnenmacher, Fassdaubenholz; im Plur.
igd. Stammform garb, grab, od. garbh, grabh versteht man unter klapholter die aus dem
(fassen, greifen, umfassen, einschliessen etc. Groben gehaltenen od. geschnittenen hölzer-
u. so auch zusammenfassen od. umschlies- nen Absätze, loelche die Schuster gebrau-
sen, einengen, zwängen, od. umarmen, zu- chen) ; mnd. klapholt (eichene od. buchene
sammendrücken u. ziehen etc.) zurückgeht, 40 Planken von 5 — 9 Zoll Stärke u. mindestens
während andererseits unser Schallstamm klap, 5 Fuss Länge, Abfall des Wagenschotts),
sofern er nur germ. vorkäme, dann besser — klap bezeichnet hier wohl Biss, Spalt
nicht mit krap, kramp, bz. slav. garb, gramb (s. unter klap) u. ist demnach klap-holt so-
(zusammenziehen) zu vergleichen, sondern viel als Si) alt holz u. ist es demnach syn.
hesser mit unserm galp, galpen zu dem aus 45 mit klöf-holt.
gar (sonare etc.) erweiterten Stamm zu stel- klap-katte, Klatsch-Katze, falsche Person
len wäre, wozu Fick (I, 73) ausser skr. die Alles verräth u. ausplaudert, was sie
jalp (murren, reden) auch an. klifa (singen, hört u. was ihr anvertraut wird, od. die
schallen), u. auch ahd. kliff-klaff u. kläffen sich überhaupt mit Klatschereien u. Ange-
(bellen etc.) stellt. 50 bereicn befasst. cf. flarkatte.
2. klap, s. klappe. klap-mütse, eine mit aufstehenden, dicht
klap-briigge , Ziehbrücke, bz. Brücke anliegenden Klappen versehene Mütze, deren
welche mit einer Klappe zum Aufziehen od. Klappen man bei kaltem Wetter über die
Oeffnen versehen ist, od. welche zu- u. auf- Ohren klappt.
geschlagen (zu- u. aufgeklappt) werden kann, 55 klappe, klap, Klappe, d. i. ein Klapp-
behufs des Durchlasses der Schiffe. od. Schlag-Ding, bz. ein Etwas was auf- u.
kläpel, klepel, Klöpfel, Klöppel, Klepfel, niederklappt od. auf- u. zuklappt, bz. auf-
Kleppel, bz. der Schlägel od. Klopfer (plec- m. über ein anderes Etwas geklappt od.
trum) in der Glocke, auch knäpel (cf. die- geschlagen und womit also auch Etwas
ses u. s. wegen Klöpfel unter klopper) ge- 60 bedeckt, geschlossen u. dicht gemacht wer-
KLAPPEN 238 KLAPPEN
den kann ; daher : Deckel, Verschluss, Lade, derddiisend stükken Sprung ; — he klapde
Falle etc. ; — du niust de klap fau de bun to 't an de wand fast ; — he klapd 't bök to ;
maken; — Jung'! mäk diu klap (Hosen- — dat klapd na buten; — dat kau up- uu
klappe) to ; — ik hebb' drti Urnings (Spcr- dal-, bz. heu- uu wer klappen ; — dat wil
linyc) in de klap fangen. — Compos. : bOu-, 5 uet regt klappen (stimmen od. passen, schlies-
büksen-, fenster-, flogen-, ögen-, uren-, müt- sen etc.) ; — de budel klapd net (die Sache
sen-, dufen-, liiuiugs-klappe etc. — Nd. stimmt nicht, ist nicht richtig etc.) — to 'n
klappe (/. nid. klap, klep (dasselbe); mnld. klappen kamen (zum Schlagen, bz. zur
klappe, kleppe, klippe (crepitaculum, crota- Schlacht u. zur Entscheidung kommen); —
lum) u. kleppe (flagellum, cf. unser klappen 10 as to 'n klappen kamen schul, do harr' d'r
etc. u. klappe [Peitsche] bei Stiel er, so- 'u ül' säten; — man mut net üt de schole
wie nd. klap [die Schmitze der Peitsche] klappen (klatschen od. schwatzen) ; — he
bei Schambach), kleppe, klippe; nid. klapd (schwatzt) \ all' üt; — he klapd 't
klip (decipula) etc. ; s. Weiteres unter kleppe, all na (er erzählt alles nach, plappert alles
klippe etc. — Die nd. Form klappe, kleppe 15 aus, verräth alles, macht alles ruchbar etc.) ;
etc. ist auch ins Hochd. (cf. Grimm, Wb. — )i(^ \da,])il wn'i m\ (er klagt od. schwärzt uns
V, 958 etc.) eingedrungen, ist aber ident. an, er verräth uns etc.); — he ferklapd
mit nhd. klafte (Spalt, Kerbe; klappsender dat, bz. uns (er verräth das, bz. uns) etc.;
od. lauter Schlag etc., cf. mnld. kleppe [rupes, — he klapde hum dat to (er schlug ihm
spelunca etc.] bei KU.), klaffe, kleffe (Ge- 20 das zu, gab ihm den Zuschlag durch einen
schnatter, Geschwätz = nid. klap ; Klapper Klajjps in die Hand, tvodurch der Kauf
= obigem mnld. kleppe etc.) ; kiapie (Kla})- besiegelt loard). — Daher Volkslied: klap
per); Schweiz, kläpfe, klepfe (kupferne in de band, — ferköp diu laud, — ferküp
Schelle; Peitsche; Schwätzerin), ivährend dm ku, — dat kalf d'r to; — de kö 'n
klaff (Spalt etc.) u. klapf (Fels etc.) mit ahd. 25 daler, — dat kalf 'n ort, — de kop geiil
claph etc. (s. unter 1 k\a,p) ident. sind. Zu fort (fort). — Nd., mnd. klappen, klaffen;
bemerken ist übrigens, dass ein auslautendes nid., mnld., mfläm. klappen; afries. klappa;
„f" (cf. klappen, klippe etc.) auch im nd., wfries. klapjeu ; nfries. klappe; a^s. clapj an
bz. ngerm. erscheint, loie desgl. auch ein o(/. clappjan ; aengl. (St ratman n) clAppin;
.,b" ; s. unter klap. 30 engl, schott. clap ; an., isl, norw., schwed.
klappen ('rt^/rt«ienrf kleppen, klippen, klop- klappa; da«, klappe; ahd. claphön, claföa,
pen), klappen, klapf en, klatschen, schlagen claffOn ; mhd. klaffen (ein lautes Geräusch
etc., d. h. das thun od. machen, erzeugen, machen, crepitare, klappen, klappern, klat-
bewirken etc., icas der Stainm klap od. sehen, krachen; schwatzen, afterreden, aus-
klaph, klapf, klaf besagt, ivobei indessen zu 35 schwatzen, hinterbringen; schlagen, sto.^.'ien;
bemerken ist, dass dieses Verb, bei uns u. bersten, reissen, sich spalten, auseinander
auch sonst nicht überall sämmtliche Bedtgn. gehen, sich öffnen od. auf thun, gähnen,
erhalten hat, die sich schon frühe in dem klaffen, offen stehen etc.). — Von kl äff en,
obigen Statnm entwickelt hatten, während bz. der 3. Person praes. (er od. es) klafft,
dagegen sonst ivicder andere Bedtgn. in 40 od. dessen Präter. (er od. es) klaffte (spal-
demselben auftauchen, die entweder schon tete sich, ging off'en, öffnete sich, that sich
früher im Stamin klap zu Tage getreten auf, ging auseinander «. spannte od. dehnte
waren od. sich sonstwie aus demselben u. sich aus, machte Oeffnung u. Raum [Spalt,
in seinen Ablautstämmen klip, klup, klep, Kluft, Höhle etc] in der sich etwas verber-
Mop entfalteten. — Vergl. dieserhalh zu 45 gen u, einschliessen konnte, bz. wo zioischen
klap, bz. ahd. claph in seiner Bedtg. : Krach, zioei Aussemoänden etwas eingeschlossen od.
Knall, lautes Geräusch od, Gespräch, Ge- toie in einer Klappe gefangen wurde
schwätz od. Klatsch; Schlag, Stoss, Prall; [klappen involüirt schon den Begriff des
Riss, Borste, Spalt etc. zunächst unser klap- Zusammenschlagens, toeil eben ein klap od.
pen im Folgenden als: he sleid in de hau- 50 das Geräusch, was wir mit klappen bezeich-
deu (od. de hageis slän up 't dak — de rä- nen, nur durch das Zusammenschlagen u.
gen sleid tegen 't fenster etc.), dat 't so klapd ; Auf einander platzen von zweien Etwas ent-
— olde forlüdc hiU-eu nog gern dat klappen stehen kann] u. also auch eine Einschlies-
(od. knallorn, ballern etc.) fau (od. mit) de sung u. Umarmung od. Umklafterung er-
swiipe ; — he klapde hum up de kop (od. 55 litt) ist das ahd. (die Bildung des Statnmcs
up de fingers — in de band etc.), dat hum klaf t ist dieselbe ivie in Kluft u. Kraft,
hören un sen fergung (od. dat 't hum pil- bz. wie in mhd. klaft [Geschwätz, Geräusch]
perde); — he klapde hum tegen de wand aus ahd. cldafföd = .:;. Person j)raes. von
an, dat 't so kwakde; — he klapde de ganse chlaffön in der Bedtg. sonus machen) claf-
budel so tegen de wand an, dat 't in hun- GO tara, clafdra; amhd. claftere; mhd. klafter
KLAPPER
239
KLAR
(es bezeichnet ein Etwas was, od. einen Zu-
stand wo Etwas klafft u. demnach über-
haupt eine gewisse Klaffwng od. Auseinan-
dertreten u. Oeffnen etc. von Etwas, bz. die
Spannweite u. so auch das Mass u. den
Baum der Jdaftenden od. der geöffneten
u. ausgebreiteten Arme u. zugleich des Bau-
mes den diese timschliessen od. abspannen
konnten [bz. des Baum-Inhaltes u. des
Masses von 6 FussJ) u. das Verb, k l af-
tern in seiner Bedtg.: sich öffnen od. aus-
einander thun u. machen, ausspannen (es
klafft od. klaftert 8 Fuss, — er umklaftert od.
umspannt es etc.) etc. entstanden, wie ja in
k l äff e n od. spalt e n von selbst die Bedtg. :
auseinandergehen, sich ausbreiten od. aus-
dehnen (se expandere) u. also auch die von:
spannen etc. liegt, wobei ich dieserhalb
auf skr. pliull (se expaudere, florescere) aus
phuUa, dem Partie, perf. pass. von phal
(findi, dirumpi, dissilire) u. das zu ahd.
claphön, mhd. klaffen gleichfalls gehörende
klaft (Klunse, Sprung, Biss, Spalt od. Aus-
weitung etc.) verweise, sowie loeitcr auf (L.
Ettmüller, 391) das ags. (von clappet =
klappt od. klafft weitergebildete) clappetan
(palpitare) u. clappetung (pulsus). Weiter
vergl. auch in Grimm (Wb.) Klaff er
neben Klaff, Klafter od. kläper als
Benennung mehrerer Pflanzen von klaf-
fen od. klappen in der Bedtg.: rasseln.
Möglich ist es indessen auch, dass das Wort
Klafter vom Stamm Klaff, bz. ahd.
claf iti der Bedtg. Spalt etc. (cf. nhd., bz.
oberd. klapf, klopf, klupf, Fels, rupes etc.,
wie ahd. claph, s. unter klap u. klippe) mit-
telst des Suffixes tara, tar, ter (cf. halter,
bz. ahd. halftara) weitergebildet ist. — cf. we-
gen der Grdbdtg. von Klafter etc. auch
fäm, fämen, sowie unter klippen sub c.
klapper, Klapper, bz. ein dünnes flaches
Holzbrettchen als Geräth zum Klappen od.
Klatschen, was zu diesem Behuf wie die
Castagnetten zu zweien zwischen die Finger
gesteckt wird. — Mnld. klapper u. klab-
baard (crepitaculum, crotalum), klapper u.
klappaerd (garrulus, fabulator, blatero etc.
u. delator) ; mhd. klappe u. klepfer.
klapper-, klatter-, kletter-, klitter-mölen,
eine kleine Mühle mit einem längeren
Schwanz von dünnem Holz od. Metall (sehr
oft wird dazu eine alte Handsäge benutzt),
an welchen beim Drehen der Flügel zwei
od. mehrere an der Achse befestigte, beweg-
liche Stücke Holz schlagen. Diese Mühlen
werden häufig auf langen Stangen in den
Gärten aufgerichtet, um Sperlinge, Staare
u. andere Vögel, die den Früchten nach-
stellen, durch ihr weithin schallendes Ge-
rassel zu verscheuchen.
klappern, klappern, knattern, prasseln
etc. ; — wat klapperd dar an de fensters ?
— de Störken klappern ; — he klajjperd (od.
snatterd) mit de tanden ; — de luken klap-
5 pern all' hen un wer. — Nd. klappern ; nid.
klapperen, klepperen ; mnld. klapperen, klep-
peren (crepitare etc.) ic. klabbaerden (crotu-
lura pulsare) ; 7nJt,d. klapern, klappern (klap-
pern; schwatzen) u. kleffelu (klappern).
10 klapper-tanden, klappertannen, mit den
Zähnen klappern; Zähneklappern; — h6
sitt för kolde to klappertannen ; — he hed
't klappertannen al wer under de laden. —
Nid. klepper-, klipper-tanden.
15 klaps; i. q. klap — als verstärkter Stamm
von klap ; — he gaf hum 'n klaps an de
oren.
klap-schöf (Klapp' Schaub) , ein eilig auf-
geraffter u. nur lose gebundener Stroh-
20 Schaub, im Gegensatz zu dem sorgfältig
aufgenommenen, reinen u. fest zugebundenen
Langstroh.
klär, klar, deutlich, hell, rein, durchsich-
tig, nicht trübe, unvermischt, schier, keine
25 trüben od. sonstigen fremden Bestandtheile
enthaltend u. daher auch abgeklärt, abge-
lagert od. ausgegohren, bz. gegohren u. fer-
tig zum Genuss od. Gebrauch u. so über-
haupt auch: gahr, fertig, bereit etc. — de
30 lücht is net so klar, dat d'r gen wulkje an
to sen is; — de lücht word al klärder un
hellerder ; — dat water is so klär as win ;
— de ögen stän hör so klär, dat 't 'n lüst
is, um d'r in to kiken; — ik hebb' di 't je
35 klär un düdelk genug mäkd od. segd ; —
he hed 'u klaren kop (od. ferstand etc) ; —
dat is je klär (od. klärblikelk), dat dat n6t
geid ; — mäk hum dat äfen klär, dat he 't
sülfen sucht, wo 't is; — dat ligd klär ge-
40 nug för de ögen ; — he drinkd niks as klär
(klares, reines, schieres od. bares etc.) wa-
ter; — dat is de klare bare melk; — klare
jenefer (klarer, barer, unvermischter Ge-
never) ; — ik drink de jenefer lefer klär, as
45 mit bitter (Bitterextrakt, bitteren Tropfen);
— schenk mi man lefer 'u klaren (sc. jenefer)
in ; — dat is klare (reiner etc. od. nichts als
etc.) messe; — he ett dat klare (reine, un-
beschmierte etc.) bröd, od. de klare botter
50 etc. man so weg; — de geste is klär (die
Hefe ist ausgegohren u. abgelagert u. so
fertig zum Verkauf) ; — dat ber, bz. de win
etc. is klär (fertig, bereit), um ferköfd un
drunken to worden; — de appels sunt klär
55 (die Aepfel sind fertig u. reif, od. auch
fertig u. gahr od. zum Essen zubereitet);
— dat hüs (od. de büksen, dat kled etc.) is
klär; — he hed 't all' wer klär maken
(fertig machen) laten ; — he hed dat bedde
60 för 'n ander klär mäkd ; — ik sta klär um
KLAR-BLIKELIK
240
KLATERN KLATTERN
mit to gän; — he is wer klär (er ist wie-
der fertig, hz. fix, geheilt, gesund) ; — he
is 'n klaren (fertiger, fi^rer, tüchtiger etc.)
kerel ; — lie kan mit alles klär worden ; —
he is mit hör klär (er ist mit ihr fertig n.
zum AOschluss gekommen, hz. mit ihr ein-
verstanden, dass sie Um heirathcn will); —
se sunt linder 'n ander klär; — he is d'r
klär (fertig, geschickt etc.) genug to ; — he
is d'r klär für (er ist fertig u. gerüstet da-
für; od. auch: er ist fertig u. reif dafür,
z. B. um ins Zuchthaus zu kommen); —
he schal 't wol klär krigon; — he kan 't
net klär krigen (a. er kann es nicht klar
bekommen od. nicht begreifen, keine Ein-
sicht davon bekommen etc.; — h. er kann
es nicht fertig kriegen). — Sprichwörtl.
Keim : spriik wat war is, — drink wat klär
(klar, hell, rein etc.) is, — ett wat gär is.
— Vcrgl. noch die Redensart: klär is Kes,
hz. klär is Kesje etc. unter Kes u. Kesjo,
sowie klaren etc., kliiikerklär, klip un klär
etc. — Nd. nid. klaar; mnd. klär (klar, hell,
strahlend, herrlich, schön; rein, bloss, pur;
— rein, durchaus, bloss); mnld., rnjUim.
klacr (clarus, diUicidus, lucidus, non obscurus,
purus ; inanis, vacuus, hz. eitel, leer etc.) ;
aengl. der, clicr; engl, clear; an., isl. klär;
noric. klaar ; dän., schwed., klar (clarus).
Mit franz. clair, älter der; itcd. chiaro ;
span. claro etc., aus lat. clarus, was ebenso
wie tinser hei (hallend, tonend, laut etc.,
cf. 1 hei) auf eine }/ kal (mit der Bedtg.
sonare etc. u. so auch: schreien, rufen etc.,
cf. kallon u. hallen), hz. kar (cf. Fick, I,
41) zurückgeht, indessen auch mit griech.
skleros u. lat. calcrc etc. (cf. Fick, 1,44)
auf eine idg. y skar (tönen, lauten, bz. ein
unarticulirtes Geräusch machen etc., woraus
sich auch die Bedtg.: singen u. sengen
[brennen etc.], cf. sengen) zurückgehen kann,
loeil sich aus crcpitare od. knistern etc.
sotvohl, wie aus tönen u. singen etc.
auch die Bedtg.: hrenyien, sengen, hz. dör-
ren etc. od. : hart, rauh, heiser etc. ent-
loickeln konnte.
klär-blikelik, klärblikelk, klar od. deut-
lich sichtlich, kenntlich, deutlich etc. — Nid.
klaarblijkelijk.
klaren, a) klar machen, klären etc. ; —
de lücht klärd of od. up ; — dat schal sük
nog wol iiader upklaren ; — de ögen fer-
klaren Buk d'r fan (die Augen verklären
sich etc., bz. sie werden davon hell u. strah-
lend etc.); — b) fertig machen od. ivcrden
etc.; — he kan od. schal 't wol klaren; —
he kan göd mit hum klaren (kann gut mit
ihm fertig werden, bz. sich gut mit ihm
verstandigen etc.) — Nid. klaren; afries.
klaria; wang. klör.
klareren, a) clariren ; — 'n schip ütkla-
reren, ein Schiff ausclariren u. abfertigen,
bz. dessen Papiere zur Abfahrt fertig ma-
chen u. ins Beine bringen, indem man die
5 Abgaben dafür berichtigt; — b) fertig wer-
den, sich verständigen etc. ; — he kan göd
mit hum klareren.
klarigheid, Schierigkeit, Richtigkeit etc.;
— ik mut nog äfeu klarigheid (od. schirig-
10 heid, rigtigheid) maken.
klarre, s. 2 kladde.
Kids, Klaus; i. q. Nikläs. — Reim: Kläs
klunder, fald fan d' bön herunder.
klat, s. klats u. klatte.
15 klater (formell ident. mit Klatzer, bz.
nhd. Klatscher), a) Klapper, Rassel (crepi-
taculum, crotalum) ; — daher: geklater, ge-
klatter, Gekla}>per, Gerassel, Geprassel etc. ;
— b) Lumpe, Fetze etc.; — c) Klunker, Koth-
20 klumpen etc.; — de klaters slän hum na. —
cf. klitter, kloter etc. — Nid., mnld., mjläm.
klatcr (crotalum, cre])itacuhim, sistrum); nd.
(Br. Wh.) klaterding (dasselbe) u. kläter,
Flur, klätern (Lumpen, Lappen, Fetzen,
25 zerlumpte Kleider), sowie (Schambach)
kläter (a. Fetzen, Lumpen, zerrissenes Klei-
dungsstück; — b. der angespritzte Dreck,
der Drecksaum ; — c. die Mistklunkern a)i
den Haaren der Schafe u. anderer Thiere,
30 cf. daselbst kläterhämel) u. (Danneil) kläö-
ter, klat'r, kladd'r (Schmutz- od. Mistklun-
kcr, bz. herunterhängender Klunker u. auch
Schmutzfleck) ; engl., schott. clatter (Gerassel,
Geklapper, Gelöse etc. ; lautes Geschwätz,
35 Geplapper, Geschnatter). Zum Schallstamm
klat, bz. klit-klat etc., s. unter klatern etc.
u. cf. klaterig, klatte etc.
klater-büsse, Klapper- od. Basseibüchse.
— Auch nd., nid. etc.
40 kläter-, klatter-, klitter-, klöter-gold,
(auch flitter-, knittcr- u. knaster-gold ge-
nanid) , Rauschgold. — Nid. klatcrgoud;
mnld. Idatergout; mJläm. klatcrgoudt.
kläter - Jan , Lumjjenkcrl, abgerissener
45 Mensch, elender Wicht etc.
klatern, klattern (ablautend klittern, klü-
tern, klütern), klappern, rasseln, prasseln,
knattern etc., crepitare, strepere etc. Es
loird namentlich vom prasselnden od. klat-
50 sehenden Hagel u. Regen, od. vom jn-asseln-
den od. schmetternden Donner u. ähnlichen
sich wiederholenden starken u. lauten Ge-
räusch gebraucht. — Nid., mnld., mfläm.
klatercn (dasselbe); nd. (Br. Wb.) klätern
55 (dasselbe u. auch: zanken, schelten, aus-
schelten, derbe die Wahrheit sagen etc., so-
loie auch noch : afterreden etc. od. [D ä h-
nert] pdappern, plaudern, schwatzen etc.,
loic klappen «. ferner [Danneil, cf. da-
GO selbst kläOtern] auch: schmutzen, flecken etc.,
KLATERIG KLATRIG
241
KLATS
toie kladdern u. klakkern) ; aengl. clateren ;
engl, clatter (klappern, klirren, rasseln, klat-
schen, schivatzcn, keifen, zanken, sieh strei-
ten) ; Schott, clattcr (to prattle, to act as a
tell-tale ; to cliat, to talk familiarly). Wei-
ter vergl. noch norw. klatra (bauke, hamre
etc. ; kliidre etc.), klatresam (ubeliaendig etc.),
klatresmid (fusker etc.) etc. u. isl. klatra (amit-
tere, abjicere) , was beim Vergleich unsers
klaterig u. klatterig, bz. klötern u. klütern
etc. mit norw. klatr (daarligt materiale; fus-
kerarbeide) etc. auch zu einem mit kladden
sgn. u. für klatern, klattern anznsetzenden
verlornen Vbm. klaten, klatten (alt: klatan
od. klatjan = ahd. clazjan, cf. klacjan mm-
tcr klakken) gehört u. zwar als Weiterbil-
dung eines mit klad (cf. kladden) u. ahd.
claz ; 7nhd. klaz (Schmutz, Fleck etc. , od.
urspr. : Krach, Knall od. crepitus ; Bruch,
Riss, Spalt; Spreng- od. Spritz-Bing , bz.
abgespritztes od. abgesprengtes Etwas u. so
auch abgerissener Fels, wie klac u. klaph,
cf. klak u. klap) ident. vid. klat (ablautend
klet u. klit, cf. norw. klett [knald], kletta
[give eu knald, knitre etc.] u. s. unten das
an. klettr etc.), wobei es sich aus 2 kladde
(Klette = haftendes it. klebendes, od. sich
anhaftendes Etwas) u. kletten, bz. ■unser)n
klatte etc. atich erklärt, dass nicht allein
nid., mnld. kletteren (fragorem edere, reso-
nare, concrepare, cf. klittern), sondern auch
nhd. klettern u. mnld. kletteren (scandere)
= nd. (D ahne r t) klattern, (S chambac h)
klätercn etc. (cf. klautern) formell dasselbe
Wort u. desselben Ursprungs ist, wie unser
klatern, klattern. Wie nun aber ahd., mhd.
klaz für klats od. klatz (ablautend kletz,
klitz), bz. urspr. klat steht u. von klats (cf.
klats u. «nser burs) auch loieder nhd. Klatsch
(ablautend Kletsch, Klitsch) entstand u. urspr.
neben crepitus fragor etc. auch die Bedtg. :
Bruch, Biss, Spalt od. Spalt-Ding, Spreng-
stück, abgesprengtes Etwas, Klippe (cf. klatte,
klats u. klippe) hatte, so erklärt sich auch,
dass die Wörter: an., isl. klettr (scopulus,
rupes, saxum) ; norw. klett u. klitta (bjerg-
knold, pynt, klint), soivie klant u. dän., schwed.
klint etc. mit ahd. klaz (bz. unserm klat, klit
als Stamm von klater, klatern, klatte, klitter
etc.) von Hause aus ident. sind, od. unmit-
telbar zusammenhängen , während an. , isl.
klid, klidan (garritus), klidr (garritus, susur-
rus etc.) , klindr (illinitus maculatus) , klid
(una explicatio telae, demensum), klida (tae-
diose iterare eadem) etc. sich sofort cds nä-
here Verwandte des Schallstaynmes klad (cf.
kladden etc.) ergeben.
klaterig, klatrig, klaterg, ärmlich, arm-
selig, kläglich, elend, schlecht, schlimm, böse
etc.; — dat sügt dar in hüs man regt kla-
J. tea Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II.
trig üt ; — 't geid hum man regt klatrig ; —
dat is 'n klatrigen budel (armselige oder
schlechte Wirthschaft od. Sache); — dat
geid man klatrig (z. B. das Hersagen od.
5 Predigen etc.); — dat sügt regt klatrig mit
(od. för) hum üt. — Mit nd. (S c h a m b a c h)
klaterig (zerlumpt, zerfetzt etc. ; kläglich etc.) ;
hess. klaterig, klatterig (schmutzig, kothig ;
elend, schlecht) wohl von klater (Lumpe,
10 Fetze od. Schmutzfleck, Schmutz, Mistklunker
etc.) durch Suffix ig weitergebildet u. da-
her soviel cds: lumpig, fetzig, zerrissen od.
lumpenhaft, od. schmutzig etc. u. so: ärm-
lich etc.), doch kann es auch von einem mit
15 klatte (cf. klatterigj ident. älterem klate
durch Suffix rig (=^ rig, nhd. rieh) weiter-
gebildet sein, falls nicht klaterig u. klatterig
beide von klater, klatter in der urspr. Be-
dtg. : Biss-, Bruch-, Spalt-, od. Spreng- u,
20 Spritz-Ding etc. weitergebildet sind, was
sich bz. der Bedtg. ja gleich bleibt. Im os-
nabr. wird statt klaterig die zu kladde, od.
kladder, kladdern gehörige Form kladderich
nd. kladderig gehraucht, loährend engl, clatty
25 (schmutzig, schmierig, unordentlich, schlurig,
cf. Lucas) entweder mit clsit (Kuhmist, bz.
Mist, Koth, Dreck) od. mit unserm klatte
zusammenhängt.
klatje od. klattje (Dimin. von klatte),
30 Flitterchen, Fetzchen, Stückchen, dünnes
u. leichtes Etwas, Bröckchen etc.
klats (gebildet wie klaps, bats u. flits etc.).
Klatsch ; — a) lauter Schall od. Knall etc.,
erzeugt durch den Luftdruck zusammenschla-
85 gender Körper; — b) ein klatschender od.
knallender Schlag mit der Hand od. Peitsche
etc. ; — klits-klats klander, fan d' ene bill'
(Arschbacke) up d' ander. — Nhd. Klatsch
(a. Ausruf, einen klatschenden Schall, Fall,
40 Schlag etc. zu bezeichnen; — b. klatschen-
der Schall; — c. klatschender Schlag; —
d. Fleck, Schmutz, feuchte Nässe, Koth etc.,
auch Schandfleck, cf. 1 kladde </. klak ; —
e. Geschwätz etc. = klapp, klaff etc., cf. 1
45 klap); Klatsch, Kletsch (Schlag; Ma-
kel), s. weiter unter klits etc. ; 7id. (S cham-
bach) klatsch (der flüssige, beim Gehen tveit-
hin spritzende Strassendreck od. Koth) ; nid.
klats w. klets ; mnld. kletse, klets (wie nhd.
50 Klatsch sab a. b. c. u. auch Schuld etc.,
Verbrechen etc. = urspr. Makel), wobei
mit Ausstossung des „t" ccucli ein klas, kies,
bz. mnld. klesse, klisse ; mfläm. klisse in der
Bedtg. unsers 2 kladde (Klette, bz. Kleb-
55 kraut) u. unseres klatte vorkömmt u. auch
klessen, klissen (affigere, adhaerere etc.), was
mit nhd. kletz en u. unserm klatsen von
Hause aus ident. ist. Die Grdform von
klats , bz. hochd. klatz ist nd. od. ngerm.
60 klat, ahd., mhd. klaz, die als Synomjm von
16
KLATSEN KLATSKEN 242 KLATTE KLAT
klak, klap dieselbe Bedtg. hatte, wie diese 'n klat fau 'ii böm (ein dicker, schwerer,
Schallstämme, bs. aus deren Grdbdtg. sonus, klobiger Baum) ; — 'n klat har (ein Busch,
crepitus, fragor auch dieselben u. noch wci- od. Büschel Haare) ; — 'n klat (iSY/kVi-j luiul ;
tere Bedtgn. entstehen konnten, wie dies — In'" lioe (hauetc, hieb, schlug etc.) d'r iu,
schon unter 1 u. 2 kladde, kladden w. kla- 5 dat hum de klatten (Stücke, Sprengstücke
lern etc. nachgewiesen ist, bz. noch unter etc., bz. Sjjlitter, Späne etc., od. auch der
klatte weitere Abkömmlinge dieses Stammes Roth u. Dreck etc. d. h. die spritzenden od.
)iachgewiesen werden. abgesprengten Dreck- u. Koththeile, die zu-
klatseii, klatskeii, klatschen, klatschend gleich einen Fleck [cf. flek u. »(/.klatsch
schlagen od. niederfallen u. werfen 2>rasseln, 10 unter klats] machen, od. Etwas besudeln etc.)
schmettern etc. ; — he klatsd (od. klatsked) um de örea flogen. — Soda)in wird klatte
mit de pitske ; — dat klatsd tegen de feii- als zerris.'senes, abgcri.'ssenes Etwas, bz. als
sters an; — he klatskode dat tegen de wand Lumpe etc. auch persönlich gebraucht in
an, dat 't in diisend stükken flog. — Nhd. der Bedtg.: abgerissene u. zerlumpte, od.
klatschen u. (ablautend) kletschen, klitschen 15 lumpige Person, Schlumpe, alte Vettel od.
(dasselbe «. auch schw(dzen etc, icie klap- in der von: unreine u. mit einem Makel (cf.
pen etc.); mhd. kletzen in bekletzen (besu- mhd. claz, Schmutz, Koth, Schmutzfleck, ma-
deln, beflecken, beschmieren etc. , .s. unter cula etc. u. unter klats) behaftete J'crson,
klats) ; )dd. klassen, kletsen (klatschen, schal- Hure etc. (ik begripd 't hei net, wo sük d'r
Und schlagen, schivatzen etc.); mnld. u. 20 'n rainsk an so 'n olden klatte [od. so 'n
mflüm. kletsen (resono ictii verberare) etc. klatte fan 'n wit] fcrgripen kan), sowie übcr-
klatskorn, klatschen etc.; .s". kladdern. haupt in der von Sclnnutz, Unrath etc. (z.
Daher auch: klatske-nat. B. auch von den zusammengeklebten u. ver-
klatte, klat, ein Etwas was mit od. durch härteten Stückchen od. Klümpchcn der sog.
einen claz , bz. durch Bruch od. Bersten, 25 Augenbutter in den Winkeln u. Wimpern.
Spalten, Beissen u. Springen entsteht. Da- triefender od. eiternder Augen [du must di
her überhaupt: Bruch od. Sprengstück, Zer- erst de klatten iit de ügen wasken]) u. aucli
rissenes, Zerspaltenes u. Zerklüftetes etc., od. (cf. klatcr) in der von: Schmutz- od. Koth-
ein grosses od. kleines Stück (Fetzen, Lappe, Klu)ikcr an der Wolle der Schafe etc., cf.
Brocke, Klumpen etc., od. Theil, Bruchtheil, 30 das nachfolgende Verb, klatten. Da diese
Sprengtheil, Sprengtheilchen , Flitterchen, auch eine zusammengeklebte Haarmasse bil-
Bröckchen etc) von irgend einer harten, den «. den Thieren anhängen u. ankleben
trocknen, od. weichen u. flüssigen Masse; u. ja aus claz (Schmutz, Koth, Lehm, bz.
— 't is all' in klatten iit 'n ander flagen ; Schmiere od. Schmutzfleck, der einem Et-
— 't fald (od. 't springd, 't ritt etc.) all' in 35 toas anhaftet) sich von selbst der Begrifl'
klatten (Stücken, Trüntmern, Fetzen etc.) üt des Klebens u. Haftens, bz. des A7i-
'n ander; — de k]AXtQn (Fetzen etc., cf. kla,- u. Z usamme n kleb ens von Etwas, od.
ter) sliin hör um de benen, od. auch: se slä- eines in sich zusammengeklebten u. zusam-
pen hör na; — se hed 'n kled an, wärfan menhängcuden u. ineinander verfilzten ti.
de ene klatte de andere sleid; — as de knal 40 verwickelten u. fest aneinander hängenden
fürb! was, do fund man blOt hir un dar nog Etwas ergab, so hat klatte auch ausser den
'n klat d'r fan wer ; — se hebben hum so obigen noch die Bedtg. : Verwickeltes, schwer
giseld, dat hum dat lel in klatten bi de rügge zu trennendes u. zu lösendes Etwas ti. wei-
däl hung ; — de kler hangd hum in klatten ter auch die von : Verwicklung u. Verwir-
bi 't lif dal; — 't sunt emcr klatten (Fetzen, 45 rung etc. von Etwas; — de härklatten (die
IjCippen, Lumpen etc.), wat se an hed; — Weichselzöpfe) mutton d'r ütsneden worden,
he hed sük d'r 'u klatte bröd otbraken od. den üt \\ ander to krigen sunt se nich ; —
ofsneden ; — 'n klat holt (ein, gleichviel wie de här sitt so in de klatte (sitzt so in ein-
gestaltetes u. toic grosses, Stück, od. abge- andergeklebt, verfilzt, verwickelt, verwirrt),
spaltenes Stück Holz, ein Kloben Holz, Holz- 50 dat se hast hei net wer üt 'n ander to kri-
Klotz etc.); — d'r is gen klatte (Fetzen, bz. gen is; — de budel ( Wirthschaft, Geschichte,
Sprengstück, Flitzen, od. Stück , Best etc.) Sache etc.) is so wid in de klatte kamen (in
fan afcr bläf'en , nog fan to sen ; — dat is Verwickelung, Verwirrung u. Unordnung
drift in klatten od. tlarren etc. ; — dar steid gekommen), dat man sük d'r hei net dörfin-
nog 'n dügtigen klat (Stück, Theil od. Klum- 55 den un se hei uet wer üt 'n ander krigen
pen, Haufen) törf bi liüs; — dar steid 'n kan; — 't is all' in de klatte, wat d'r man
helen klat (od. del, hopen, hüpcn) minskeu is. — Nd. (Br. Wb. etc.) klatte (cf. da-
bi 'n ander; — 'n klat bottcr od. erde, ste- selbst auch: Elf- u. Mahr-klatte = Weich-
nen etc. (ein Klumpen Butter od. Erde etc.); selzopf, bz. dem Zopf, od. zusammengefloch-
— 'n klat spek as 'n saugbök ; — dat is jo 60 tenen, od. zusammenklebenden Mähn-Haa-
KLATTE KLAT
243
KLATTEN
j& reu der Pferde, die durcJi, die Elfen od.
y Mahron [cf. mirje od. nagtmirje] geßochten
u. als Zaum benutzt toerden) , ivozu noch
bemerkt loird, daas nd. (Br. Wh.) klattjen-
volk (Ijiunpenpaclc etc.) u. klattjen-, od. klat-
ten-hochtied (Bettlerschmaus) = Hochzeit
od. Fest etc. von Lumpen u. Huren (s. oben
klatte) ist, ivührend klattea-kämmer (spott-
weise für Periickenmacher) sich auf klatte
= verwickelter u. verwirrter Haarzopf etc.
(s. oben) bezieht, ivie desgl. auch klatter-kop
(ein ungekämmter Kopf) u. klattern (sich
verfilzen, verwirren etc.) etc., cf. auch klat-
tong ; mnd. klatte, Letzteres nur von zusam-
menhängendem Rotz od. Schleim aus der
Nase (also woJil als leimiges, schmie-
r i g es etc. od. sc h m utz ig es Etwas, Un-
ralh etc.) gebraucht, aber sicher auch damals
schon in weiterer Bedtg. im Volke lebend.
Wie schon unter 1 u. 2 kladde, bz. klad-
der bemerkt u. zu ersehen, sind die Stämme
klad, klat u. ahd. klat, klaz formell u. be-
grifflich eins u. nicht von einander zu schei-
den u. da nun unser klatte mit 1 u. 2 kladde
sprachlich u. begrifflicli eins ist u. für äl-
teres klata (d. i. klat-a = ahd. claza, nhd.
Klatze, Klatsche u. auch = ahd. data, ivie
aus nhd. Klette = unserm k]iidde erhellt)
steht, so sind ausser den schon unter kladde
etc. u. klater etc. erioähnten Wörtern noch
formell n. begrifflich mit mhd. claz (Koth
etc.) u. diesem unserm klatte ident., bz. con-
nex u. unmittelbar verwandt:
a) nhd. (Grimm, Wb.) klate, klatte,
klatze u. klater, klatter (Klaue, Kralle), des-
sen Bedtg. tvohl ebenso loie bei Klette,
kletten u. klettern etc. aus der die von:
schmutzen, schmieren, leimen, kleben, bz.
heften u. haften (u. so auch: fassen od.
festhalten etc.) hervorging , ganz wie auch
das ags. clidha od. cleodha (Pflaster) seine
Bedtg. davon hat u. eigentlich dasselbe Wort
ist wie clidhe (Klette, cf. 2 kladde) u. auch
wieder das nhd. Klette in seinen verschie-
denen Bedtgn. (cf. Grimm, Wb. V, 1151)
weder begrifflich noch formell (d. h. wohl
durch sein ablautendes „e", aber sonst nicht)
von unserm klatte verschieden ist u. es sich
hieraus auch erklärt, dass das mit ags. clidhe
clithe, clate u. nhd. Klette etc. ident. nid.
klit M. klis ("= mnld. klitte, cf. klats) neben
Klette od. Kleb ekr aut auch ebenso ivie
unser klatte die Bedtg. : liederliches Frauen-
zimmer, Schlumpe, Hure etc. 'u. auch nid.
klits (cf. unser klitske u. dazu täfe od. tiffke)
die von : Zaupe od. Hündin u. die von Hure
etc. hat, sowie ferner, dass das nid. klit u.
klis auch mit unserm klatte in der Bedtg. :
Verwickeltes, bs. verwickelter u. verwirrter
Knäuel od. Knoten etc. u. Verwicklung, Ver-
wirrung etc. zusammentrifft, wie desgl. auch
in der von : Klumpen od. Haufe etc. (cf.
(„een klit van driehoudert man", bei Wei-
land, bz. Ho oft), ohschon es hier auch
5 die Bedtg. : Rotte, ScJiaar etc. haben kann
u. mit nd., mnd. klint (rupes), mnd., nhd.
Rotte (aus lat. rupta von rumpo) selbst
auf die Bedtg. : rcissen, sptaltcn etc. zurück-
gehen kann, wie africs. flinte (cf. 2 flinte
10 u. unter klit) xvohl auch.
b) engl, clat (Kuhmist, bz. Kotli, Dreck);
cleats, gespr.'kXiii'i (die Klampe n od. Ver-
bindungs-, Haft-Hölzer etc., cf. klampe etc.)
etc.
15 c) Schott, clat (Klumpe , Kloss etc. , cf.
klotte, klöt u. killte, sowie oben klatte in
derselben Bedtg.), clat, claut (to rake toge-
thei" dirt or mire), clat, claut (an Instrument
for raking together dirt or mire etc.), loozu
20 zu bemerken ist, dass das Verb, clat zu klat
=: ahd. claz iti der Bedtg. Koth, Schmutz
etc. ebenso gehört, wie engl, to clat ^ un-
serm klattpn zu klatte , Klunker etc. ; fer-
ner: Schott, clatsch (to daub with lime; to
25 close up with any adhesive substaace) , to
clatt (to bedaub, to dirty) etc.
d) isl., an. klatr (res viles), kletti (scroti
vel clitoridis pinguedo ; massa compacta, cu-
juscunque pinguedinis), sowie auch das mit
30 unserm klappe, bz. büksen-klappe (Hosen-
klappe) syyi. kiitti, klittur (media pars brac-
carum, quae pudeuda tegit), da dies ebenso
zum Schallstamm klat, bz, klit gehört , wie
klappe zu klap.
35 e) norio. klatt (hob, slurap, bz. Stück, Klum-
pen, Brocken, Ueberbleibsel od. Abfall etc.,
s. oben) u. klaata (kugle, rundagtig klump
ellor klods) , was mit nd. (Schambach)
klät (Kloss; testiculus), bz. unserm klote
40 (Kugel), klöte (testiculus) u. klute (Kloss),
bz. nhd. Kloss u. Klotz zu einem ver-
lornen von klat, claz (Bruch, Spalt, Riss,
s. oben) gebildeten Verb, klatan , clazan,
Präter. kluot, cluoz, bz. klöt, kloz (spalten
45 etc.) gehört, bz. mit klitter, klittern zu einem
von klit , cliz gebildeten alten Verb, klitan,
clizau, Präter. klat, claz etc. (reissen, ber-
sten, spalten , bz. Schall od. Geräusch ma-
chen, crepere, crepitare etc., cf. auch 1 kräte,
50 kratsen, kriten etc.), wobei oben auf unser
klatte u. nhd. Kloben von clioban (spal-
ten, cf. klüfen) verwiesen wird.
klatten, d. h. de klat (Schmutz, Unrath
etc., cf. klatte) od. de klatten (die schmutzi-
55 gen Stellen u. Klümpchen , die Mistklunker
u. zusammengeklebten Haarzotten od. Haar-
büschel, Haarzöpfe, Haarwickel etc.) aus
der rohen Wolle entfernen u. sie davon be-
freien u. reinigen (durch Aussuchen, Aus-
60 zupfen, Ausscheiden etc.) u. auch die Letz-
16*
KLATTER
244
KLAUE KLAU
teren auseinander zupfen u. entwirren, hz.
auskämmen ; — de wull' mut erst klatt'd
(ofklatt'd, ütklutt'd) worden; — se sunt bi
de wuir to klatten. — Es icird auch sahst.
(dat klatten) gebraucht u. ist wohl dasselbe
Wort wie nhd. k leiten (die Wolle zerfa-
sern, um da^ Unreine auszuscheiden, wovon
Kletter u. Klcttcr in , die dies verrich-
ten) u. Jedenfalls ident. mit engl, clat (die
Klunkcrwollc abscheeren).
klatter; i. q. klater.
klattere, Lumperei, Lappalie, Geringfü-
gigkeit, Kleinigkeit, ein Bischen od. We)ii-
ges, Bestehen etc. , cf. klötere etc. — wen
du net mer liest, as so 'n klattere, dat kan
mi ök net helpen; — d'r is noch so 'n klat-
tere äten aferblafon, dat kaust du man an
de böner guten ; — best du nog 'n klattere
äten (gold, körn, törf etc.) in biis, wat du
mi aforlaton kaust? — Es ist selbstredend
mit klatte (cf. unter khitte bei Seh. u. L.
das daselbst angeführte nd. klatterie) un-
mittelbar verwandt, weil klatte u. klater ja
beide vom Stam>n klat loeitergebildet sind,
bz. zu derselben Schallwurzel klat (wovon
klitan, klat, klutun u. klatan od. khitjaii,
kluot etc.) gehören. Weitergebildet mit dem
Suffix e, bz. ie, ei in der Bedtg. : Sein, Zu-
stand, Wesen etc. ist es aber von klatter
(= klater in der Bedtg. : Lumpe, Fetzen),
wie ja nd. (Br. Wb.) kläterije (Geklapper,
Gerassel, klapperndes od. rasselndes Werk-
zeug) von klater in der Bedtg. sub a. tvei-
tergebildet ist.
iclatter-gold, s. klatergold.
klatterig, klatterg, klattrig, zerrissen,
zerlumpt; zerfetzt, zerklüftet etc. — klatte-
rige kler ; — de lücbt sügt nog fols to klat-
terig (von zerrissenen, schivercn Wolken-
massen, die in der Luft herumschwimmen)
üt, as dat wt al gau up bäter wer riiken
könen.
klatter-mSlPii ; /. (/• klai)permölen.
klattci'ii, s. klateru.
klatter-nat ; /. (p kladdcrnat.
klatte-wiille, klatwulle, die durch das
Aussuchen, Auszupfen, Ausschneide )i. Aus-
kämmen etc. der rohen u. noch schmutzigen
Schafwolle, sowie des Auseinanderzupfen u.
Entwirren der daraus ausgeschiedenen Klun-
ker, Knäuel u. Zotten, bz. durch den gan-
zen Prozess des klattens (cf. klatten) erhal-
tene zweite od. mindere Sorte Wolle, die
nicht allein kürzer, sondern auch gröber ist,
ivie die übrige. — Mnd. (Seh. u. L.) klat-
wulle.
klaae, klau, a) Klaue, Kralle; auch für
I'atze, l'fotc, Hand; — wat be erst in do
klauen (od. klüten) hed , dat lett be 6k so
ligt net wer lös; — b) Schlag mit den mit
Klauen od. Krallen bewehrten Pfoten; —
de katte gaf hum 'n klau mit de pot, dat 't
blüd d'r man so iitströk ; — c) krummer
eiserner Haken an verschiedenen Geriithcn
5 zum Eingreifen od. Fassen u. Halten (de
klauen fan de takel, de diunkraclit, de köföt,
de ankers etc.), od. an einon Balken, einer
Mauer, um Etwas daran aufzuhängen; —
d) Krampe od. Klammer, Klumpe etc.; —
10 du must d'r 'n pär klauen afcrslagcn , dat
dat net wer üt 'n ander geid ; — e) das
Eisen vorne am Pfluge mit einem Ochr, od.
Loch, loorin das sog. Silt eingehakt u. be-
festigt wird; — f) Gartengerüth mit Zinken
15 od. Zähnen zum Güten u. Auflockern des
Bodens; Spitzhacke mit krummen Zinken;
Bedien od. Harke. — Nd. klaue u. (Scham-
bach) kläwe, klöwe, sowie (D ähnert)
klaujo; mnd. klouwc, klauwo, klawe, kla;
20 nhl. klaauw; mnld. klauwe, klouwe; afries.
kleve od. klewe; wfries. klauwe; nfries. kle,
klä ; toang. klau ; as. klawa ; a//.s'. clavu, cleO,
cleä; engl, claw; acngl. (Str atmann) clau,
bz. claw, clew, clea, cle ; schott. (Jamie-
25 son) claw (rastrum) ; an., isl. klo (unguis,
uiigula multitida ; ramus fruticis ; quidquid nuil-
tifidum est); norw., dän., schwcd. klo; ahd.
ciäwa, cbaläwa, clöa, chlöa; amhd. chlä;
mhd. clä, klä, chlö. — Dieses Wort, des-
30 sen sonst noch vorkommende Formen unter
Klaue in Grimm (Wb.) zu vergleichen
sind, tvird mitunter (cf. Br. Wb. u. v.
Bichthof en unter afries. klava) als ein
Sp alt- Ding , bz. ein Etioas was selbst
35 g e spalten ist u. auch spaltet od. re iss t,
ritzt, verwundet (spalten u. reis-
sen [cf. klak, klakken u. klap, klappen etc.]
sind si/n.) gedeutet u. deshalb auch oft mit
mnd. (cf. Seh. u. L. unter klouwo) klauwe
40 (Kluft), bz. klave, klove; nid. klove (cf.
klöfe u. auch kluie) zu ahd. clioban (cf.
klOfen etc.) gestellt, wozu es indessen for-
mell nicht gehören kann. Vielmehr ist da-
für eine gcrm. y klu od. kru anzusetzen,
45 die entweder mit lat. glu aus idg. gru, gur
od. gar entstand, od. müglichenveise mit
griech. kroiiö (klappen , klopfen , schlagen,
stossen etc.), ki'ötos (jedes durch Schlagen,
Stampfen , Klatschen etc. entstandene Ge-
50 rausch), krotöö (klappern, klatschen, klop-
fen etc.), cbraö, chraüö (ritzen, spalten, ver-
lounden etc.) etc. aus einer idg. y skur,
skru, bz. skar, skra hervorging , die ebenso
loie die j/ skar , skur von schar r en «.
55 schallen od. unserm schurren, schüren
etc., bz. die unter klap erwähnte y skar aus
sonare od. crcpitare etc. auch die Bedtg. :
spalten, reissen, ritzen etc. entwickelte, wäh-
rend gur, gru, glu entweder eine Ablautform
60 von gar (sonare) od. aus gu (sonare, cf. un-
KLAUEN
245
KLAVER
ter kauen am Schlüsse) enveitert ist u. aus
dieser Grdbdtg. (auch die von: serreibe»,
zerkleinern, zerspalten, zermalmen, zerkauen,
mahlen etc., cf. dieserhalb unter griiid das
ags. grindan in der Bedtg. : frendere , fre-
merc u. molere, bz. conteri etc. tt. wonach
es also sicher ist, dass die y jar, jur, bz.
gar, gvar [zerreiben etc.] von gar [sonare]
nicht verschieden ist) die nämlichen Bcdtgn.
entwickelte wie die Schallstämme klak, klap,
klat etc., zu ivelchen Letzteren auch unser
klote M. klute gehört. Beim Vergleich der
unter klatte angeführten Wörter (cf. daselbst
auch klate, Klaue, Kralle) gehören aber nicht
allein ahd. chläwa etc. u. afries. klava (Hacke),
nid. klaauw, klouw (Gäthacke od. Gäthaue
u. auch Harke) ; mnld. klauwe, klouwe (ra-
strum, irpex); ags. cläva (harpago, cf. klaue
in der Bedtg.: Haken u. Spitzhacke etc.):
sondern auch ahd. cliuwa etc. (Knäuel, Ku-
gel etc., cf. klön) u. lat. glo-m-us, glo-b-us,
gle-b-a, glu-b-o, glu-raa (cf. schille, schilleu),
glu-s, glu-t-en u. ferner auch loohl griech.
glia, gloiä, gline (Leim, bz. urspr. Schmutz,
Schmiere etc. u. so auch: Klebendes, Haf-
tendes etc., cf. klei u. unter 1 kleien u. klö-
men avi Schlüsse), sowie beim Vergleich un-
seres mit klik u. klak ländlich u. begrifflich
verwandten klukken (gluckot.; schlucken;
klopfen, schlagen etc.) auch glu-ti-o (schlu-
cken etc.) u. (vom Begriff: spalten aus-
gehend) auch glu-t-us (locker, lose etc.) u.
glu-t-us (Schlund) etc. (mit Klaue) zu
einer u. derselben y.
Mit ahd. cliläwa etc. ist jedenfalls auch
derselben y entsprossen: ahd. crawil, clira-
wil, crewil, crowil, creuwil ; 7nhd. ki-öuwel,
kreul (dreizinkige Gabel, Kralle), soivie ahd.
chrouwen, chrowen ; mhd. krouwen, krauwen,
crawen (krauen, kratzen; jucken, beissen).
cf. krauen.
klauen, a) mit den Klauen od. der
Klaue schlagen, od. kratzen u. ritzen, ver-
wmiden etc.; — de katte hed luim dügtig
klaued od. 'n dügtigen klau gäfen ; — b)
mit der Klaue greifen u. fassen, bz. sie
einschlagen u. einhaken u. so sich festha-
ken u. anklammern etc. ; — he klaued sük
d'r in (od. an) fast; — he hed sük d'r in
ferklaued (sich worin mit seinen Klauen od.
Krallen verklammert u. verwickelt, ivie z. B.
ein Vogel mit seinen Krallen in den Stäben
seines Käfigs); — c) die Klauen od. ge-
spaltenen Hufe, bz. die Tatzen od. Pfoten,
Füsse etc. (s. oben) gebrauchen u. so mit-
telst der Klauen (od. Hufe, Tatzen, Hände)
sich vorwärts bewegen u. auch sich damit
festhaltend klimmen od. sich in die Höhe
bewegen; — he harr' wat to klauen, dat he
wer bi kwam ; — he klaued d'r hen, as 'n
oldcu kö; — he klauede hum gau agternä;
— he klaud sük up 't dak längs , bz. bi 't
tau in de buchte. — Nd. (Br. Wb.) klauen
(hurtig laufen, sich geschwinde fortmacliot)
5 u. verklauen (sicli mit den Klauen ver-
wickeln u. festgreifen); mnd. klouwen, klo-
wen, klawcn (kratzen, krauen, cf. 2 kleien) ;
nid. klaauwen, klauwen, klouwen (kratzen,
krauen etc.; gäten, ausgäten u. auch [cf.
\Q van DaleJ laufen, von Pferden); mnld.
klauwen, klouwen (inuncare, unguibus uncis
attrahere sive rädere; fricare, scabere, scal-
pere) ; mofries. (Ca d. Müller) klawen (har-
ken, zusammenharken od. kratzen ; ags. (Ett-
15 m Uli er) clavjan (scalpere) ; aengl. (Strat-
mann) clawin, bz. clawen, clawe, clowe;
engl, claw, clow; an., isl. klä, klu; norw.
klaa , klo ; schwed. klä ; dän. klöe ; ahd.
(kläwjan) , klawen etc. ; s. Weiteres unter
20 klauen in Grimm, Wb. V, 1033 u. cf.
auch klautern u. krauen.
klaaen-sükte, Klauenseuche.
klauer, ein Thier od. Mensch , das od.
der anstrengend geht, bz. sich mit Anstren-
25 gung voraus- od. tvo hinauf beivegt. — Nd.
(Br. Wb., Dähnert etc.) \i\dMex (ein hur-
tiges u. auch ein grosses Thier, bz. ein hur-
tiger Mensch etc.).
klanter, Kletter. — Nur in geklauter,
30 Gekielter.
klauter-bükse, Kletterer ; — he is 'n lüt-
jen klauterbüks.
klautere, Kletterei, Gekletter.
klauteren, klimmen, klettern, bz. sich an-
35 dauernd in der Weise an u. auf Etwas
herumbewegen, od. woran hinauf- u. hinun-
ter beivegcn, dass man sich mit den Klauen,
bz. den Händen u. Füssen an dem betref-
fenden Gegenstand festhält u. anklammert;
40 — he kan klautern as 'n katte ; — he klau-
terd up 't hiis herum, bz. in od. up de bom
etc., od. bi de ledder up un dal; — de barg
was so steil, dat ik d'r henup klautern muss.
— Nid. klauteren. — Es ist wohl durch
45 Einschiebung eines „t" aus nd. klauern ;
nmd. klouwern; satl. klauerje (klimmen, klet-
tern) etc., als dem Iterativ von klauen, ent-
standen u. nicht aus nd. klattern etc. ; s.
unter klatern.
50 kläven, s. kläfen.
klaver, s. klafer.
klaver (Plur. klaveren) , a) ein Haken,
od. hakenförmiger Nagel, der zum Unter-
schied von dem gewöhnlichen Haken im schar-
55 fen Winkel (also ein richtiger Winkelhaken)
gebogen ist u. namentlich als Wandhaken
zum. Aufhängen von Schlüsseln , Gemälden
etc. gebraucht wird. — Nid. klavier; mnld.
klouwier (clavus uncinatus; clavus qui un-
60 cum loco capitis habet, de quo panni soleut
KLAVER
246
KLED
cependi) ; mfläm. klouwiere (clou ä crochct) ;
— b) das Cl a vi er genannte bekannte Mii-
siknu^tnimcnt, franz. clavecin (/eheissen. —
Nil, (Hin. klaveer ; nUJ. klavier; schwed. kla-
rer; böhm. klavir. — .S^f/i klavier hat van
Dale auch die Form klauwier, was nach
ihm im nhl. nicht allein die obigen Bcdtgn.
hat, sondern ausserdem auch noch wie mnld.,
mfläm. klauwier u. franz. clavier, das Ta-
ste nbrett, od. die Unterlage, worauf
die Tasten ruhen u. befestigt sind u. auch
die ganze Cl aviatur (klauwiereu der or-
ghelen = franz. clavicrs) bezeichnet. So-
dann wird nach ihm auch der Theil des
Spinnrades, über dessen Haken die Fäden
laufen klauwier od. klavier genannt, icäh-
rend weiter auch die hakenförmigen Aus-
wüchse der Frbsen , Wemrebeii n anderer
Kletterpflanzen klauwiereu hcissen. — Das
franz. clavier Oezeichnet übrigens blos den
Schlüsselring, od. eigentlich den Schlüs-
selhalter, od. Schlüsselträger, loie
das afranz. clavier namentlich von der Per-
son des SchlüsseUtalters od. des Schliesscrs
gebraucht wurde. — Das von clavis (wie
Hotelier von Hotel, — premier von primus
etc.) weitergebildete clavier bezeichnet aber
wörtlich nur ein Ftwas (persönliches od.
sachliches), was den Schlüssel hat, besitzt u.
hält, od. ganz allgemein eineti S chlüssel-
Haber u. Halter u. kann u. wird dieses
Wort daher auch ebensogut von einem Schlüs-
sel-Brett (Brett mit Haken, zum Hcdtcn od.
Aufhängen der Schlüssel) u. einem Schlüs-
sel-Haken, als von einem Schlüssel-Iiing u.
einem Schlüssel-Inhaber gebraucht sein. Er-
wägt man aber dazu auch noch , dass cla-
vis (es gehört mit claudo zur y klu, schlies-
sen etc.) auch die Bedtg.: Schloss u. Rie-
gel (Holzriegel zum Verschliessen) hatte, so
erklärt sich aus dem Obigen leicht, wie das
davon weitergcbildctc clavier, bz. das davon
entlehnte nid. klauwier ausser einem Schlüs-
sel ring u. Schlüsselhalter als Per-
son auch sowohl ein Holzbrett mit Ha-
k e n (zum Halten u. Tragen der Schlüssel
u. dann auch anderer Gegenstände) , als
auch einen Haken (zum halten u. Tra-
gen od. Auf/längen u. AnJirften der Schlüs-
sel od. sonstiger Gegenstände) od. haken-
förmiges Ettoas bezeichnete u. ferner
auch noch (von der Bedtg. liiegel ausgehend)
ein Holz r ieg el - D i n g, od. ein Etwas was
loie ein Holzr ie g rl ist u. einem liiegel
gleicht, bezeichnen konnte. Da nun aber
die Tastenbretter der Orgeln u. ähnlicher
Instrumente auch mit Haken versehene Bret-
ter icaren, bz. mittelst der an ihnen befind-
lichen Ilaken befe.<itigt u. eingehängt lour-
den, so erklärt sich auch hieraus, ivie das
franz. clavier zunächst zur Bedtg.: „Ta-
stenbrett" u. dann weiter zu der von
Cl aviatur tt. endlich (pars pro toto) zur
heutigen Bedtg. des Wortes Klavier (als
5 mit einer Claviatur versehenes Instrument)
kam.
klaveren od. klareren, s. of- u. üt-kla-
veren.
klawen (Cad. 2Iüller), s. j<«(er klauen.
10 kled (Plur. klör, statt kleder n. kleden),
Kleid, Gewand, Decke, Behang od. Umhang
etc.; — trek din kled au; — ho hed sin
kler inpakd; — ik hei)' twe klöden in 't
schap ; — hang d'r 'n kled afor; — Com-
1.5 2^os. : klermaker etc.; — mauskler, fröenskler
(sämmtliche Bekleidungsstücke od. Gewän-
der der Mä)iner u. Frauen) ; — fröeuskleden
(zwei od. mehrere einzelne Frauen • Ober-
kleider); — altär-, dräg-, schörstein-, wagen-,
20 weg-kled (Plur. altär- etc. kleden) etc. —
Redensart, u. SpricJnc: dat kumd mi nich
an de kolde kler (das kömmt mir nicht an
die kalten [od. oberen, äusseren, im Gegen-
satz zu den unteren, auf dem Leibe getra-
2.5 genen u. deshalb warmen] Kleider, d. h. ich
werde nicht davon be- u. gerührt od. betrof-
fen); — de kinder balcn eu de noppon faii
de kler (d. h. man muss der Kinder loegen
kahle u. abgeschabte Kleider tragen); —
30 dat is hum net in de kler besittca bläfen
(d. h. das ist tiefer gegangen u. eingedrun-
gen als blos in die Kleider) ; — 't klrd
mäkd (od. sird) de man ; de en hed, de trek
't an. — Nd., nid. kiced; afries. klatli, klad,
35 kleth; wfrics. klaed (Plur. klean); nfries.
kläid (Plur. klno) ; i^atl. kläth (Plur. klOder,
od. [cf. V. Richthofe n] clathre); loang.
(Eh r e n t r a u t, I, :175) klet (Plur. klöder) ;
ags. clädh (vestinK ntum , pannus) ; aengl.
40 (Stratmann) cläilh, clAth, clödh, clöth ;
engl, cloth od. clöth (Wctnd, Geioand, Tuch,
Zeug, Decke etc.); an. klaedhi ; norw., dän.
klaede ; schived. kläde; mhd. kleit.
Vergleicht man, dass Fick (I, 818) das
45 ags. scrüdh (vestitus , vestimentum) mit an.
scriidh (Schmuck) etc. u. an. skrä (Haut)
etc. mit nhd. schroten etc. zur y skru,
sehneiden od. spcdtcn etc. stellt, so loürdc
man mit demselben Recht auch ags. klädh
50 od. den von Fick (III, 51) dafür ange-
setzten Stamm klaitba von ei>ter y skar
(schneiden, hauen, spalten etc.) = skr. kar
()oovon auch skur, skru [scheiden etc.] eine
Nebenform ist) ableiten können, zumal wenn
55 ma>i vergleicht , dass auch unsere Stämme
klak, klap u. klat etc. wahrscheinl. auf eine
idg. y slcar zurückgehen u. dass die primi-
tivste Bekleidung der Menschen aus Fellen
bestand, die den Thieren abgerissen, od. (d)-
60 gespalten, abgeschnitten, abgebrochen etc. tva-
KLEDASJE
247
KLEI
ren u. dass ferner auch an. skyrta (Hemd)
u. unser schürte (Schürze, Schurzfell) mit
ags. skort (kurz) u. unserm schürten (kür-
zen), sowie toahrscheinl. auch mit kürt (kurz,
bz. zerrissen u. zerspalten etc.) u. iveiter un-
serm schüren (reissen, springen, bersten, spal-
ten) zu einer aus skar (schneiden etc., cf.
schärte u, schären etc.) entstandenen u. mit
der obigen y skrn ident. y skur gehört.
kledäsje (statt kledage), Kleidung, Gar-
derobe etc.
kleden (kletle, kledst, kledt etc. ; — kled'de
[statt kledede] etc.; — heb' od. biin kledt),
kleiden. — cf. an-, be-, fer-, in-, of-, um-
kleden.
klee, kleje (selten u. meistens) kleen, kle-
jen, Kleie (furfnr), die durch die Mühlsteine
zerrissenen od. zerschrotenen u. durch das
Beuteln von dem Mehl abgesonderten Bälge
der Getreidekörner, bz. die ausgesiebten Haut-
spUtter od. häutigen Flitter des gemahlenen
Getreides. — Nd. (Br. Wb., s. Nachtrag
II, 147) klije, (Bahn ert) kli, klij, (Scham-
bach) kleo, klie, (westf.) kligge; mnd. klie,
klige; nid. kleije, kleijen; 7n)dd. kleye, klije;
norw., schwed. kli; dän. kli u. (collect.) klid;
ahd. cliwa, chliwa, chliha, clia, chlTa; amlid.
cliwe, chliwe; mhd. klic, klije, klige. — Es
wird nhd. loie fnrfur auch von dem Grind
od. Schorf, Schuptpen auf der Haut u. dem
Kopfe gebraucht, sowie auch fig. für Grütze
(cf. gürte u. daselbst auch ags. grytt, Kleie
etc.) u. im bayr. heissen die Sägespäne „sag-
kleiwen". — Nach dem inlautenden ei od.
1 ist es schwerlich mit dem zu einer germ.
y klub, od. kluf gehörenden ahd. clioban,
nhd. kli eben (spalten etc., cf. klüfen) di-
rect vericandt. Vergleicht man indessen
grand od. grant (grobes Mehl, Kleie etc.) u.
grind von grindan (knirschen, zerknirschen,
zerreiben, mahlen) u. das ahd. crusc, chrusc ;
Schweiz, krüsch , grüsch ; schiväb. , tyrol.
grüsche (Kleie, ivovon ital. crusca; chiv.
crisca, cf. Diez, II, 22), bz. dass diese
Wörter mit unserm grüs ; nid. gruis (Zer-
kleinertes, Zermalmtes etc., ivovon wohl franz.
gruis ; piem. grus , Kleie) u. grusen (knir-
schen, knirschend zerreiben u. zerkleinern)
entweder direct od. wurzelhaft ztisammen-
hängcn (cf. auch unser grütjeu, schmieren
etc. von griit [faex] , xvas mit Grütze u.
Gries u. ags: grytt [furfur] etc., bz. unserm
gürte desselben Ursprungs ist), so ist es loohl
zweifellos, dass ahd. cliwa (Kleie) in seinem
Stamm cli mit unserm klei u. kleien (schmie-
ren etc.) einer u. derselben y entstammt,
worüber Weiteres unter klei zu vergleichen ist.
klefen, s. kläfen.
klei od. klai, a) die fette thonige od. leh-
mige bindende Erde der Marsch ; daher klei-
bnr (Marschbauer) als Gegensatz von sand-
biir (Sand-, od. Geestbauer) ; — he wand up
de klei. ■ — Sprichio. : up de klei böed de
früst ; — nat plogon is feuin für de klei (od.
5 kleigrund) ; — b) Thon, cf potklei (Töpfer-
thon) ; — c) Schlamm, Schmutz etc. ; — h§
is en stük klei (od. mudder, schtte etc.) ; —
he sitt fnl klei. — Nd., mnd., nid. klei;
mnld. , mfläm. kleye ; afries. klai ; wfries.
10 klai, klaey; nfries. klay; wang. klöi; ags.
claeg ; acngl. clai , clei ; engl, clay ; norw.
(Iv. Aasen) kli. — Das ags. claeg ivird
von H. Leo (Spalte 287) als aus claev ent-
standen angesehen u. von ihm mit claemaa
15 (cf. klemen, kleimen, schmieren etc.) direct
von klifan (cf. kl!fen u. kläfen) abgeleitet,
wonach denn klei mit ahd. cleib (glutea,
Leim, Kleister) urspyr. nicht allein begrifflich,
sondern auch formell ident. gewesen sein
20 müsste. Was mich betrifft, so halte ich
dafür, dass das „g" des ags. claeg ebenso
loie in geong (jung) etc. für urspr. „j" od,
„i" u. also claeg für claej od. claei steht u.
dass demnacJt, klei od. klai (ebenso wie klei-
25 men aus kliman u. kleiben aus kliban) aus
älterem kli, bz. einem Thema klia od. klia
hervorging, ivas mit griech. glia (Leim) wohl
formell u. begrifflich übereinstimmt, tvie das
mnld. (KU.) kleyne (argilla, terra argillacea,
30 terra tenax, terra glutinosa etc., cf. unter
1 kleien am Schlüsse) mit dein griech. gline
(Leim). Die Grdbdtg. der obigen Wörter
ist ivohl: zerriebenes, z er malmt es
od. zerklüftetes , zerborstenes Et-
35 toas (sei es vom Wasser od. der Luft od.
durch sonstige Kraft) u. wenn man ver-
gleicht, dass auch der Sand od. Kies (zer-
riebene Felsentrümmer) der Flüsse im nortv.
kli heisst, bz. dass das engl, clay auclt Erde,
40 Staub, Asche etc. bedeutet, so muss ich beim
Vergleich der Wörter gürte, grand (Kies etc.
u. Kleie etc.) u. grind (Gries, Kies, grober
Sand; Grind, Scabies etc.), sowie von karn,
kern, körn, kürrel etc. als sicher annehmen,
45 dass nhd. Kleie (cf. klee) auch mit klei
von derselben y stammt, zumal dieses Wort
auch mit grind in der Bedtg. Scabies od.
Schorf u. mit gürte in der bildlichen von
G r ütze zusammenfällt, ganz abgesehen da-
50 von, dass KU. ein zweites kleye mit lutum
paleatum etc. iviedergiebt. Wie unter karn
etc. zu ersehen, gehört dies mit kwern u.
körn zu der y gar = skr. jar (zerreiben,
zerreissen, zerkleinern etc.), aus deren Ne-
55 benformen gir, gur u. gvar, bz. gr, gri etc.
sich die Wörter karn, kern u. körn sowohl,
als auch unser klei u. klee nebst griech. glfa,
gloia u. auch die Stammform glu V07i lat.
glus, gluten etc., bz. gle u. glo von lat. gleba,
60 globus etc., sowie unser klön etc. von selbst
KLEI-ACIITIG
248
KLEIEN
ergeben, sowie nicht minder die Wörter:
griech. kline (s. oben) = ynnld. klcyne u.
das Stamviverb. kliman od. klimaii von kleim,
klem etc., cf. kleraen. SieJtt man bei Bopp
übrigens, duss derselbe unser kürt (kurz) mit
Ecot. gearr, gairiJ (brevis) zur y gar, jar
(hiiiniliiis, brevius reddore) stellt, so ist es
wohl sicher, dass auch ahd. deini (cf. klcn)
mit klei ». 7ihd. Kleie derselben y ent-
stammt. Hält man zu klei in der Bedtg.:
lutnm , od. Schmutz, Dreck etc. u. klcien
nun aber weiter, auf loelche Weise für 1
M. 2 kladde, bz. klatte aus der tirspr. Be-
dtg. : crepitare u. sonare etc. die von : bre-
chen, bersten, sjmlten, reissen, kaput fliegen,
zertrümmern etc. u. hieraus wieder die von :
Fleck, Schmutz, Koth etc. u. iceiter auch die
von: Schmiere od. Klebendes u. Haftendes, od.
Fassendes u. Greifendes etc., sowie ferner
auch die von: Klumpen, Kloss etc. (cf. kkitte
u. klün, klüt etc.) erwuchsen, — sowie fer-
ner, dass grind u. griiulan auch mit grinen
etc. zu einer Schallwurzel ghar, ghri gehö-
ren (cf. auch noeh das unter klaue Gesagte),
so ist es wohl zweifellos, dass auch die y
gar, jar (humilius, brevius reddere) nebst gar,
jar (conteri etc.) mit den von Bopp (Gloss.
com})., 148 seq.) dazu verglichenen Formen
gri, giri, gür etc. auf die urspr. ]/ gar (so-
nare od. crepitare), ablautend gir (cf. unser
gireii) zurückgehen. — cf. zu klei auch die
Wörter: marsk (Marsch), mare (Sumpf etc.),
niör (Moor), sowie malen, mölen, mal etc.,
sowie skr. mard, mrd, (terra, humus, lutum,
argilla) aus marda von der y mar (zerrei-
ben etc.), wovon es sehr leicht möglich ist,
dass sie für mare (Meer) in der urspr. Be-
dtg.: sonare etc. zu nehmen ist, weil das
Meer wohl eher als das E a u s c h e n d e.
Brausende, Aufbrausende, Bro-
delnde u. so auch als das Wallende,
Kochende, Wogende n. stark Be-
wegte (cf. auch se u. sele) etc. u. nicht cds
das Zerreibende aufgefasst ivorden ist.
klei-achtiß:. kleiartig, tcie Klei beschaf-
fen etc.; — 'ii kleiachtigen grund.
1. kielen od. klalen, klecksen, schmutzen,
sudeln, schmieren (kleben, kleistern), im-
Schmutz, Koth etc., bz. Nasf-en herumrüh-
ren etc., manschen, unreinlich u. unordent-
lich arbeiten, pfusclien etc.; — he kleid
(kleckst, schreibt schlecht, sudelt etc.) dat
buk ful ; — dat kind kleid (od. gremd, klak-
kerd , slakkerd etc.) nog to fol bi 't iiten ;
— he kleid 't all' ful, war lie man btkamen
kan ; — he kleid d'r al' wat in herum ; —
he bekleid sük (er beschmutzt sich); — du
must net so mit 't water kleien ; — he kleid
(manscht od. rührt u. icühlt etc.) in 't wa-
ter, od. in de sclute etc. herum ; — wat liest
du dar nu wer toregt kleid? dat kau je gen
minsk äten, bz. briiken etc.; — dat körn
Word d'r tan de liarfst in kleid (das Getreide
wird wegen anhaltender Nii-<se in den Schmutz
5 od. den nassen Boden gesäet, der desioegen
)iicht ordentlich hat gepflügt u. geegget loer-
dcn können); — dat fangd al wer an to
kk'icn (zu schmutzen, bz. zu nässen od. reg-
nen); — klei' (schmiere, streiche, kleistere
10 etc.) d'r man 'n bitjo 1cm afer, dat 't digt
word; — he hcd de wand mit lern bekleid;
— lät de timmernian de afend ilfen digt
klcien; — he kleid hum an (a. er schmiert
ilni an od. betrügt ihn etc. ; — b. er schwärzt
15 ihn an, hängt ihm einen Mal<el an od. be-
zichtigt iltn eines JSIakcls od. Fehlers etc.);
— he wul' mi b! de börgemester ankleien
(anschwärzen, anschuldigen, anklagen etc.) ;
— he hed hum en (Einen, seil Flecken,
20 Makel) ankleid, er hat ihm Einen (seil. Ma-
kel) angeklebt, angehängt, bz. eine Schuld
angekreidet, angeschrieben ; — he ferkleid
(verdirbt, verpfuscht etc.) \ all' wat he deid
un mäkd ; — he ferkleid (verbringt unnütz,
25 vertrödelt, verschwendet etc.) all' s'in geld
un god in allerlei unnütte kram ; — he hed
't all' wer ferkleid, wat he fan sin fader arft
hed. — Dieses wie engl, clay (mit Lehm od.
Thon bedecken u. überziehen, düngen; mit
30 77(0» reinigen etc.) von klei in der Bedtg.:
lutum etc. gebildete Verb, toird auch noch
in der von: klei od. fette Marscherde über
das Land bringen, bz. es damit düngen (dat
land nuit fan 't harfst ne's [aufs Neue] afer-
35 kleid worden) u. ferner auch in der von :
viele u. schwere, od. saure Arbeit haben
(tvomit), mühsam u. schiver arbeiten, quälen
etc. gebraucht (he harr' wat to kleien , dat
he dat wer toregt [od. schön etc.] kreg) wo-
40 bei man (cf. auch : he harr' wat to krab-
ben, od. to riten etc., dat he 't wer toregt
kreg), ebenso wie beim nd. (cf Br. Wb.
kleien sub 5 u. auch bei Schütze etc.)
kleien (einen Graben ausbringen, ihn reini-
45 gen od. ausgraben) nicht ganz sicher ist, ob
es in dieser Bedtg. von klei (lutum) ab-
stammt, od. mit dem folgenden kleien (krat-
zen) ident. ist, iveil sich auch aus kratzen
(er kratzt das ab od. aus etc.) solche Be-
50 dtgn. entwickeln konnten. Wahrscheinlicher
ist es indessen, dass es auch in allen letz-
teren Bedtgn. von klei als zähe fettige,
l e h m ige , sich übercdl anhängende
M a rscherde, bz. als Koth u. Schmutz
55 etc. weitergebildet ist u. demnach im techn.
Sinn (cf. auch mnd. kleien bei Seh. ti. L.)
soviel heisst (ds den Klei, bz. die Klei-
Erde od. den Dreck etc. heraus holen
od. machen, woraus sieh i^owohl die Bedtg. :
60 reinigen (cf. unser schummeln, reinigen
KLEIEN
249
KLEIS
etc. von schummel, Schmutz etc.), als auch
die von : seh tv e r u. saue 7' arbeiten etc.
von selbst erychcn konnte. Verlcennen lässt
sich aber nicht, dass üt- u. of-kleien ebenso-
gut mit aus- u. ab-lcratzen, od. ausschärfen
etc. (cf. auch üt- od. of-sclirabben ?«. schrab-
ber u. Schrubber = Beiniger, scharfer Be-
sen etc.) , sowie auch aferkleien mit über-
hratsen (u. so auch : bedecken, cf. : be krabd
dat d'r afer od. digt etc.) übersetzt iverden
kann «. dass sich demnach dieses 1 kleien
viit dem folgenden 2 kleien im Sprachbe-
wusstsein vielfach mit einander vermischt hat,
wie dies auch beim Vergleich von 1 — 5 kleien
im Br. Wb. u. aus den sonstigen nd. Wör-
terbüchern erhellt. — In hochd. Mundarten
wird dieses unser nd. kleien oft mit kläen,
hlähen od.kläj en (z. B. in Halle) od. auch
kleen (z. B. im Schanmb.) ivieder gegeben.
Zum Schlüsse sei noch erwähnt, dass ahd.
ein Verb, klenan, chlenan ; mhd. kleneu; an.,
I norw. klina; dän. kline (schmieren, kleben,
? bz. oblinere etc.) vorkömmt, tvas noch (auch
in der Form : klänen , klinen , kleinen , (/.
Grimm, Wb. unter klenen u. Schmellcr,
zweite Ausgabe von Frommann, I, 1331
unter klänen) in den oberd. Mundarten weit
verbreitet ist u. mit dem unter klei erivähn-
ten mnld. kleyne (argilla etc.), bz. dem an.,
isl. klina (illinere; inquinare) etc. u. tveiter
griech. gline (Leim) u. kymr. glynu (kleben)
zusammenhängt u. eben beweist, dass unser
klei etc. mit diesen Wörtern u. auch mit
dem für klemen anzusetzenden Stammverb.
kliman etc. zu einer unter klei erwähnten y
gar, gr, ablautend gir ic. gur, umgesetzt gra,
bz. gla, — gri, bz. gli etc. od. giu, bz. glu
u. glav (zerreiben etc.) gehört. Weiteres
vergl. unter klemen.
2. kleien od. klaieu, kratzen, krauen,
sanft streicheln, schmeicheln, liebkosen, tän-
deln etc. ; — he kleid sük de kop, bz. sük
achter de oren ; — se kleide hum so sot, dat
he hör tägenafer net de, wat se man wul' ;
— se hed hum net so lank kleid, dat he sin
geld ütdokken muss' ; — he kleide dat wicht
net so lank, dat se hum sin wiU' ande; —
he kleid gern wat mit de wichter lierum ; —
Sprichw. : mit eien un kleien kan man wol
'n bulle melken ; — kleist du mi de nak, so
füll' ik di de sak. — Nd., mnd. kleien (krat-
zen, krauen etc., bz. scalpere, od. mit den
Klanen u. Nägeln kratzen) ; mnld. kleyen
(unguibus scalpere); norw. (Iv. Aasen)
kleia; aschwed. kleya, tvomit auch schwed.
klia (jucken, bz. kratzen) ident. ist.
Nach den neben an. klä, klö etc. (cf.
klauen) vorkommenden sonstigen Formen,
als norw. klaeja; schwed. (provinz.) kläja
etc. , sowie nhd. k l ä u e n für klauen u.
unser freien (freuen), soivie gleien, gleuen,
gloien, glojen (glühen) etc. ist dieses klcieu
wühl mit klauen von Hause aus identisch.
Bedenkt man indessen die öftere Synony-
5 mität vo)i schmieren od. färben und
streichen (an u. über), bz. die von sanft
str eichen od. str eich ein mit k r a u e n,
so ist es auch denkbar, dass 2 kleien von
Hause aus mit 1 kleien ideut. ist it. auch
10 die obigen Wm'ter von klei tveiter gebildet
sind, bz. dass sich die Bedtg.: krauen od.
streicheln etc. aus der von: schmieren
od. str eichen (über), bz. (Etioas) be-
s c h m i er en u. bestreichen etc. ent-
15 tüickelt hat, od. dass überhaupt beide For-
tnett mit agerm. klinan u. kliman (s. unter
klemen sub h) etc. auf ein älteres klian od.
klian (zerreiben, bz. reiben od. scharren,
schaben, kratzen etc.) zurückgeht.
20 kleier, Kleckser, Schmierer, Sudler, Pfu-
scher, schlechter unordentlicher Arbeiter, bz.
Wirth, Geschäftsmann, Hauslialter etc. ; —
du büst 'n regten olden kleier, de 't all' fer-
darft un 't all ferkamen lett.
25 kleiere, Schmiererei, Sudelei, Pfuscherei
etc. ; — wat best du dar nu wer för kleiere
mäkd ; — 't is all' kleiere, wat he anfangd
un d'r kumd sin läfend uiks ördendliks bi
hum fan herüt.
30 kleierig, kleierg, schmutzig, schmierig,
dreckig, kothig, regnicht etc. ; — kleierig (od.
kleierg) wer ; — 'n kleiergon weg. — Sprichw. :
'n kleierigen föt bürd god ! fot in de aske,
niks in de taske, d. h. ein Fuss der den
35 Klei od. Dreck nicht scheut u. bei jeder
Witterung seine Wirthschaft u. seinen Acker
begeht, der wirthschaftet (cf. büren) gut;
aber ein Fuss der den Schmutz od. die
Nässe u. Kälte fürchtet u. stets in der Asche
40 der Herdplatte sitzt, dessen Besitzer hat
nichts in der Tasche.
klei-grnnd, Marsch- od. fettiger Thon-
Bodcn.
kleiig, klciig, lehmig, schmierig, schmut-
45 zig ; — kleiig to lopen ; — 'n kleiigen weg.
kleiken. Dieses von Stbg. falsch ge-
schriebene od. falsch gelesene Wort cf. un-
ter kleis.
klei-ki'äm, Schmier-, Dreck-, Schmutz- od.
50 Sudel-Kram etc.; — mit de kleikräm (od.
schitkräm) wil 'k niks to dün hebben.
klei-laiid, Klei- od. 3Iarsch-Land.
kleiinen, s. klemen.
kleis (Norderney etc.), Steinbutt (Rhom-
55 bus od. Pleuronectes maximus). — Engl. burt.
— Esist dasselbe Wort wie (Ostsee) Kliesch,
Kliesche, nhd. Klei sehe (Rhombus od.
Pleuronectes limanda), die hier scharre u.
sonst auch glarke od. Glalirke; engl, dab
60 genannt wird. Das Dimin. kleisken, bz.
KLEISEL
250
KLEMEN KLEIMEN
mofries. klaisken übersetzt Cad. Müller
(pag. 36) blos mit ,,runde Scholle" u. da
auch Lucas das deutsche KlicscJie mit
dal), burt wiedersieht, so loird unter kleis
od. klis wohl früher überhaupt »ur eine
Bundschollc verstanden worden sein. Das
Wort kleis od. klis wird demnach wahr-
schein l. ein c r u n de kl u m pi g e M a s s c
od. überhaupt einen Klumpen bedeutet
haben u. tcenn man unser bleion (blühen =
ahd. pluoan, ploan, pliian etc.) freien (freuen),
greien (ahd. gnioan, gröan) , 2 kloieii (=
klauen, klaweii) etc. , bz. den Vocahvechsel
von klistir etc. vergleicht, so ist kleis od.
klis zweifellos dasselbe Wort, wie mnd. clils
(massa), iiorw. klysa (Klumpen von einer
dicken feuchten Masse od. weichen Materie;
Meduse od. Seethier, was einem geleeartigen
Klumpen gleicht, wie die Qualle) etc., hz.
tcie unser klos u. 2 kluse. Da nun aber
norw. klysa ebenso wie an., isl. klessa (cf.
bei Iv. Aasen das Subst. klessa, sowie
klessen, kleis, kleisa etc.) auch dieselbe Be-
dtg. jvie unser klak (cf. auch klater, klatte
etc.) fiat u. sich aus Fleck, Schmutz,
S chmiere etc. die von : dicke, feuchte, gal-
lertartige, klebrige, zusammenhängende Masse
u. Klumpe etc. enticickelte , so ist wohl an-
zunehmen, dass das Wort kleis od. klis, klys
als Ben en n u ng der R u n d seh olle sich
nicht allein auf die k l u m pig e Ma sse
dieser Thiere, sondern aucli auf ihre feuchte,
klebrige, schleim i g e Jlaut, od. sogar
darauf bezog, dass diese Thiere, ebenso tvie
alle Schollen u. Plattfische, wie an-
geklebt auf dem Boden des Meeres liegen
u. dem n ach a uch rvirkliche Kleb thiere
sind, icobei man dann annehmen kann, dass
dm Wort kleis, klis od. clüs, klysa überall
urspr. nur ein schmieriges ». kleben-
des od. adhärirendes Etwas, hz. Kleh-
Ding od. Kleb-Masse, Kl eh- Gegen-
stand bedeutet haben wird, gleichviel ob
eine in sich zusammenhängende u. klumpige
Masse., od. ob eine, einem andern ankle-
bende u. anhängende, schmierige u. klebrige
Masse, wie dies ja auch ein Klecks od. klak
ist. cf. klister, klos, 2 kluse, klOt, kliite etc.
kleisel (von 1 kleien » gebildet wie Ge-
schreibsel), Schmiere, Geschmier, Schmie-
rerei, Sudelei etc., hz. ein Etwas, ivas un-
sauber w. unordentlich gemacht u. zubereitet
ist; — diu kleisel (od. gckleis^l, unsaubere
Schrift, unsaubere Arbeit etc.) kan je gön
minsk liiseu (of bruken etc.); — diu kleisel
(unsauber u. unappetitlich bereitetes u. zu-
sammengerührtes Essen, bz. Speise, Kostete),
wat du dar fan middag wer toregt kleid best,
dat mag de düfel äten, man ik nig.
klem, s. klemm u. klemme.
kl6men, kleimen, klaimen (hier xcohl fast
obs.), mit Lehm bekleben od. verschmieren, be-
streichen etc.; — klaimde wage (Lehmwand,
mit Lehm be-, od. i'erschmierte u. gedichtete
5 Wand etc.). — Wang. (Ehren traut, I,
71) kleim; satl. kläme, kleine; nfries. kle-
men, kliemen (etwas mit Butter, Tjehm od.
sonst, klebr. Sachen besclimiercn) ; wfries.
kliemen (schmieren, beschmieren, beschmutzen
10 etc. ; kleben bleiben [woran], nicht vom Flecke
kommen [icomit] , langsam arbeiten, träge
sein etc., cf. Vrije Fries, I, 176);
mofries. (Cad. Müller, pag. 52) klai-
meu (kleben) ; nd. kleemtn, klebmen, klei-
15 meu (mit Lehm verstreichen etc.); mnld.
kleemen (incrustare argilla) ; ags. claeman
(illinere) ; acngl. claemen, clemcn (dasselbe) ;
an., isl. kleima (laedere, vulnerare, illinere,
maculare) ; norw. (Iv. Aasen) kleima;
20 schwed. (dialect.) klema (kleiben, lehmcn,
kleistern, aufkleben etc.); ahd. (kleimjau?);
amhd. kleinien, chleimeu (plasmare); lihd.
(Grimm, Wh.) kleimen. — Wie ahd. kXaih-
Jan, kleiben, (Etwas) schmieren u. kleben
25 (an ein anderes Etwas), befestigen , ver-
schmieren etc. vom Sahst, klcib (Leim, Klei-
ster) u. ahd. klakjan (cf. klakken) vom Subst.
klak, so ist auch dieses V^erb. von einem
Subst. kleim, klem, klaem od. kleima etc.
30 loeitergebildct, ivas beim Vergleich von amhd.
clileimeii zu kleibjan attch im ahd. vorhan-
den gewesen sein muss u. ident. ist mit isl.
kleima, bz. mnld. kleem in der urspr. Be-
dtg.: klebendes od. schmieriges u.
35 haftendes Eticas. Vergleicht man nun
aber die Stämme klad od. klat etc. von 1
u. 2 kladde, kladdeu, klater, klatte etc., bz.
klak, klakken u. die Stämme klit, klik etc.,
.so ist CS zweifellos
40 a) dass nuDi für an., isl. kleima (macula,
bz. en plet, en klik; vulnuscuhim, plaga, bz.
en skramme, lidet saar), kleima (laedere etc.;
illinere etc., n. oben); — «o/vr. kleima, Klei-
ster, Mehlkleister, d. i. Schmiere od. Klebe-
45 Stoff; ein klebriges u. sich anhängendes
Etwas ; von Personen : 1. ein langsamer,
zaudernder Arbeiter, dem das Werk an-
klebt, bz. an den Händen kleben bleibt;
— 2. ein kjacler od. anhänglicher u. zärt-
50 licher, der Mutter od. einer sonst. Person
anhängender Mensch etc., od. auch ein Zärt-
ling, bz. ein weichlicher od. venoeichlichter
Mensch, der dem elterlichen Hause zu stark
anhängt etc. ('= kleim- od. Kleb- Person,
55 ivoher schwed. "klem, Verzärtelung etc. ; klema
med baru, zärtlich sein mit Kindern, sie ver-
zärteln etc.; — klemer, verzärtelter Mensch,
Weichling etc. ; — kiemig, zärtlich, nachsich-
tig etc.), — kleimra, kleben od. hängen an, —
GO kleimer (Schleim, klebrige Feuchtigkeit etc.)
KLEMEN KLEIMEN 251 KLEMIG KLEMISK
etc. u. dem gleichfalls hieher gehörenden ags. nicht verTcennen, dass die alten Stammvcrh. :
cläm (lutum, plasma, litura, cf. Ludzo. Ett- klian od. klian für klei, kleien etc., — kli-
m Uli er u. H. Leo); aengl. cläm, clöm (lu- n.ui od. klinaii für ahd. klüuan etc. (s. «h-
tum) ; engl, clooni (Kitt, Cement), to cloom tcr 1 kleien am Schlüsse) u. kliman od. kli-
(zideimen , verkleben); an. kläm (coiitume- 5 man von klemen u. den obigen dazu gehör i-
iiose dicta, od. eigentlich etwas Schmutzt- gen Wörtern (ivas im HaUingdal in Nor-
ges etc., wie unser klak od. lat. macula im wegen [cf. klima, Jdehen etc., bei Iv. Aasen]
fig. Sinn); isl. kläm (obscoenitas, fescennia) ; noch lebt) aus einer germ. ]/ kli , bz. kri,
afries.* kleem (Riss etc.) u. klaim (lutum od. kir, idg. gir etc. od. skar, skir, skri hervor-
macula etc., bz. obscoenitas etc.); nid., mnld., 10 gegangen sind, zu der sich dann ahd chläwa
mflüm. kleem (Lehm, argilla) etc. dieselbe etc. (cf. klaue) n. viele andere Wörter ebenso-
Begriffsentwickelung annehmen nmss , toie gut stellen lassen, als die von Fi ck (I, 78)
bei klak, bz. dass (cf. ausser den Wörtern für griech. chaos u. slavo-deutsch ghava etc.
die vom Stamm klak, klik, kluk, od. klad, aufgestellte Stammform ghavas etc. von der
bz. klat, klit, klut u. ihren nasalirtcn For- 15 y ghä, glii. Weiteres vergl. unter k\a.p,'k]ak,
inen klank, klink, od. klant, klint, klunt etc. klaue, klei etc., sowie auch unter lern, t\m,
weitergebildet sind) die Bedtgn. : Riss, Bruch, slim etc. Der Form iccgen cf. ahd. hiwä,
Spalt etc., od. Fleck, Schmutz, Dreck, bz. hiä etc. u. hiwo, hio etc. von f qi unter
Schmiere u. Klebestoff, od. klebendes u. haf- liilk u. zur f gar, jar, gvar, gur, jur (zer-
tendes Etivas etc. sich ebenso wie bei klak 20 reiben, alt u. morsch toerdcn u. machen, se-
etc. uns den urspr. von crepitare entivickelt nescere etc. bei Bopp die y gri (senes-
haben. Vergleicht man nun dazu aber: cere, od. urspr.:^zerreiben etc.), hz. bei Ben-
b) ahd. gien, gijen etc., — giweu, gewön fey 2 jri u. jri, axis welch Letztern sich
etc. u. ahd. ginen, kinen, ginuu, geinon (gäh- die Stammform, gli od. gli der obigen Wör-
nen etc.), was mit lat hiare u. griech. cbai- 25 ter erklärt, tvährend die unter klaue ange-
nein, chaos etc. (cf. jänen etc.) von einer y zogenen Wörter sich aus den obigen Wur-
ghä, gbi stammt, sowie ferner goth. kian, zehi gar,Jar u. jur ergeben.
keian, kinan etc., bz. unser kinen u. kimen klem-fögel. Name mehrerer hies. Raub-
(keimen, sprossen etc. od. spalten?) von der vögel (Sperber, Habicht) mit starken Klaueji,
y gi, ji od. ski aus ska, so lässt es sich 30 unter ivelchen mein Gärtner selbst den Ku-
kük mit inbegreift. — Nd. klamvogel, klam-
*Anm. Dies Wort wird von Hettema vagel ; mnd. klam-, klem-vogel ; nid. klara-
mit rixa übersetzt, was nach den betr. Stel- per, klamp-, klem-vogel ; mnld. klamp-, klem-
len in den fries. Gesetzen richtig sein icird, voghel (accipiter); wij^äw. klampvogliel ('Fa//je
da kleem toie isl. kleima (s. oben) u. toie 35 od. Sperber). — Nach Seh. u. L. (mnd.
auch ahd. klac tirspr. die sinnl. Bedtg.: Wb. II, 471) soll es = klemmende (d. i.
Riss, Bruch, Spalt, Klaff etc. hatte u. dem- klimmende) vogel od. Klimm- Vogel sein,
nach (cf. v. Richthof en, afries. Gesetze, toie daselbst auch klamvotigh mit „versehen
pag. 477, erste Spcdte, Zeile 17) : hwaso ma- mit Füssen, die zum Klimmen od. Klettern
ket aen cleem by twiska twem iggen toörtl. 40 tauglich sind" erklärt wird. Walirscheinli-
heisst: wer da (od. iver , tvelcher) machet eher jedoch hat die Vor sglbc kUm od. klami)
Riss, Bruch etc. (od. Spaltung, Uneinig- mit klimmen in der Bedtg. klettern di-
keit. Streit etc.) zwischen zweien Partheien, rect nichts zu thun , ebensoioenig als mit
bz. Seiten, od. Kanten. — v. Richthof en 1 klam in der Bedtg.: klebend, haftend etc.,
dagegen vergleicht es zu an., isl. kläm (ob- 45 sondern es ist entweder das Subst. klam,
scoenitas etc., s. oben), dessen Bedtg., sowie klamp in der Bedtg.: Greifendes, Fassen-
auch die von: lutum u. macula orf. Schmutz, des, bz. Kralle, Klaue etc., od. uncus, un-
Schmutziges, Fleck, Schmutzfleck, Schand- guis etc. (s. unter 2 klam «.^ klampe) , so-
fleck etc. hier aber nicht zutrifft, wohl aber dass es loörtl. soviel als Krallen- od.
zu klaim stimmt, da dieses in der Stelle (cf. 50 Klauen- Vogel bedeutet, od. es hängt die
V. Richthof en, afries. Gesetze, pag. 484, Vorsglbe klam, klamp (was am wahrschein-
erste Spalte, Zede 2): het ensie dat dat lichsten) entweder direct mit klimmen in der
Claim in dae riuchte openbcer sie (es sei Bedtg.: greifen, packen, halten, festhalten
denn,, dass das [einem betreffenden anhaf- etc. od. mit klampen in der Bedtg.- harpa-
tende, bz. ihm zur Last gelegte] Schmutzige 55 gare, appreliendere, prebendere etc. (s. unter
[od. Obscöne, Seh ä nde n d e u. Seh ä n d- klampen) zusammen, .sodass es buchst, einen
liehe, bz. der 31 ak el etc.] in dem Gerichte Raub- od. Greif -Vogel bedeutet,
offenbar sei) sowohl zu an. kläm als zu kleim klera-hake, s. klemmhake.
od. klem, klaim in der sinnl. Bedtg. von lu- kleinig;, klemisk, klemsk, kleimig od. klei-
tum od. tinseres klak stimmt. GO sterig, klebig, bz. nicht ordentlich gahr ge-
KLEM-ISDER
252
KLEMMEN
backen, teigig u. weichlich; — dat mal is
klemig od. klemsk; dat kunid d'r fan, dat
de weite fan 't jär mit all' de rügen ni't
dröge to biis kamen un dels iip 't leid üt-
wu.-sen is; — dat bröd (od. de klütjc, de
puffert, de stnto etc.) is so klemsk, dat 't
sük all' an de tanden fast settd. — iVW.
kleemsch ; irfries. kliemsch.
klem-isder, s. klemm-isder.
klemm, od. klem, feuchtweich, pappig,
schicammig etc.; — dat mor is nog so klemm,
dat man d'r nog hei net up klär worden kan
un all' ugenblikken bang wesen mut, dat
man d'r insakkd. — Es ist dassehe tvie klam
in der Bedtg.: klebrig feucht, od. urspr.
klebrig, kleisterig, pappig etc.
klemme, klemm, od. klem, Klemme; d. h.
Zustand od. Sein, Wese7i, od. auch
Eigenschaft von: festsitzen, haf-
ten, halte n, fa sse n, packen, gr e i-
fen etc.; daher a) Zustand zoo ein Etwas
(Wesen, Ding etc.) irgend ico stoischen od.
überhaupt fest sitzt u. festg erathen
ist, od. so zu sagen: sich in Haft be-
findet od. in Haft kömmt u. festge-
halten wird, sei es durch ein körperli-
ches Etivas, od. durch sonstige äussere Um-
stünde, die das betr. Etwas in diesen Fest-
Sitz - Zustand versetzen u. die freie Be-
wegung desselben hindern; — he (od. de
wagen, dat tau etc.) is so in de klemm räkd,
dat he (od. de wagen etc.) gans fast sitt un
net förgcls of rüggels kan'; — de band söt
tüsken dör un räm in de klemm (die Hand
sass zwischen Thitre u. Rahmen in der Haft,
od. xoar dazwischen fcstgerathen etc.); — he
kwam d'r bi in de klemm (ka^n dabei zwi-
schen zwei Etivas [z. B. ztvei Blauem], od.
durch ein Etwas [z. B. eine Zange, Kneife
etc.] fest, bz. ivurde davon gepackt etc.) un
wus (wusste) sük d'r nich wer iit to helpen;
— b) Eigenschaft des Haltens, Packens u.
Greifens etc., od. die Halt-, Pack- u. Greif-
Eigenschaft, bz. die Klemm -Eigenschaft,
Klemm- Kraft etc., od. das Klemm- Ver-
mögen etc. u. so auch überhaupt: Kraft,
Macht, zwingende u. druckende Macht, Nach-
druck etc.; — de klemm is ml to de band
ütgän un ik kun 't net langer holden; —
de klemm is mi ütgän (d. h. ich habe nicht
mehr das Vermögen, um Etwas zu halten
od. zu greifen u. zu packen etc.) ; — du
must d'r nog 'n bitjed klemm agter don (od.
gäfcn), dat 't bäter fürgels geid; — dar sitt
gen klemm genug agter, darum fragt he d'r
6k niks na, of du wat segst; — wen du d'r
man wat klemm an dön wult (wuldst = woll-
test), den schult wol l)iiter gän; — c) ein
haltendes, packendes od. klemmendes Etwas,
Klemm- Ding, K lemm- Geräth, Bremse
etc.: — he sett hum de klemm etc. (od. de
knipe) up de nöse , od. de dum etc. ; — d)
Zustand des Gebunden- u. Gcfcsselt-Seins,
bz. des Fest-, Steif- n. Starr-Seins od. der
5 Eri-tarruiig = Starr-lvrampf, Steifheit, Läh-
mung etc.; — he kreg de klomm so in de
fingers, dat he se hei net roren kun'. Da-
her auch mülklcmmo etc. — Ferner bezeich-
net das Wort klemm beim Torfgraben auch
10 nocJi die Tiefe eines Torfstichs, od. derje-
nigen, etwa einen Fuss Höhe betragenden,
Schicht, welche der Länge eines 'Torfes, bz.
eines solchen Stückes Moorerde entspricht,
das der Torfgräber mit seinem S^jaten pa-
15 ckcn, greifen od. fassen n. halten kann u.
gebraucht man das Wort klemm in dieser
Bedtg. auch zur Bestimmung der Mächtig-
keit eines Moores, indem man sagt, dass es z.B.
5 klemm (od. fünf 'J'orflängen) Torf enthält.
20 Es ist urspr. aus klamma od. vielleicht
klam-ja entstanden u. von Hause aus idcnt.
mit 2 klam u. gehört mit diesem zu klim-
men in der urspr. Bedtg. : kleben, festsitzen,
haften (woran) etc., worüber Weiteres unter
25 1 u. 2 klam u. in Grimm (Wb.) unter
Klemme etc. Zu bemerken ist jedoch hiezu,
dass einige Bedtgn. des Subst. Klemme sich
vielleicht besser aus dem Verb, klemmen,
als aus dem Präter. klam voti klimmen cr-
30 klären lassen.
klemmen, klemmen; d. h. festmachen, fest-
setzen, heften etc. od. macheu, dass irgend
ein Etwas an, auf, in od. zwischen ein an-
deres Etwas festsitzt n. haftet od. Halt u.
35 Haft etc. bekömmt u. hat, sei es, dass dies
durch Druck u. Stoss od. eine sonst. Kraft,
od. durch greifende u. packende, od. schlies-
scnde, einschliessende, umschliessende it. ein-
engende Gegenstände als Klauen , Finger,
40 Klammern, od. sonst. Gcräthc geschieht,
woraus sich alle jetzigen u. früheren Bedtgn.
von klemmen von selbst ergeben, bz. sich
leicht erklären lassen. Was das Wort selbst
betrifft, so ist es ein Causat. od. Factit. (wie
45 schwemmen von schwimmen, od. setzen von
sitzen) von klimmen in der urspr. Bedtg. :
kleben od. festsitzen u. haften (an od. auf
Etivas), sodass es dazu in demselben Ver-
hältniss steht icir heften zu haften. —
50 Vergl. : he klemmd (macht fest, heftet, drückt
fest, setzt fest auf od. kneift u. presst fest
etc.) de brilF up de nöse, wofür man auch
sagen kann: he klemmd siik de brill' up de
nfise, od. he klemmd hum d'r up fast etc. ;
55 — he \i\(iinm([G (heftete, band, fesselte, klam-
merte etc.) dat mit tauen un spikers (od.
krammen etc.) so fast in 'n ander un tosa-
mcn, dat 't hei net wer iit 'n andiT to riten
was; — stn fingers klenimdeden (klemmeten
60 od. klammerten etc.) sük d'r so fast up (od.
KLEMM-HAKE
253
KLEN
um to, an fast etc.), dat se d'r hei net wer
fan lös to breiigen wassen ; — he klemmde sük
(klemmte od. drücJcte u. drang od. presste
sich) d'r in fast, od. d'r in, d'r up, d'r tüs-
ken ; — he klemmde (setzte od. heftete u.
drückte etc.) sük in de stol so fast, dat he
d'r hei net wer üt to luken was ; — he hed
sük d'r tüskeu klemmd (fet^t ein(jeschobe)i,
eingeziüängt etc.) ; — se klemmen (klemmen,
zwacken, k)ieipen, drücken etc.) hum fan twe
kauten ; — dat isder is d'r in fastklemmd ;
— he klemmd de sage in de schrüfstok; —
he hed hum dat up 't hart klemmd, dat he
sin worden net fergäten mus; — dat mut
bäter anklemmd (angezogen, angedrückt, zu-
sammengezogen od. zusammengedrückt und
gezwängt) worden ; — he hed sük de finger
tüsken de dör un räm klemmd od. knäpen;
— he sitt d'r tüsken beklemmd od. beknä-
pen; — he is od. föld sük beklemmd etc.
etc. — Nd. , nid., mnd., mnld. klemmen ;
satl. klamme; mhd. klemmen; as. klemmiau
(fest einschliessen od. fest machen in od.
zwischen etwas; einzwängen), antklemmian
(entklemmen, aufzwängen, von einander ma-
chen od. reissen, aufreissen), biklemmian
(einschliessen, in feste Haft nehmen, einker-
kern etc.) ; aengl. clemmen ; an., isl. klemraa ;
norio. klemma, klemba; schwed. klämma; dä)i.
klemme. — Es ist Causat. od. Factit. von
klimmen od. climban in der urspr. Bedtg:
kleb en od. haften u. fest sitze n u.
bedeutet es daher soviel loie Haft od. Kleih
machen, bz. machen dass Etwas fest (od. in
Haft) sitzt, od. zwischen Zweien eingeengt ist
u. nicht wieder los u. frei werden kann. Die
Grdform ist aber wohl klam- , bz. klamb-,
od. klamp-jan mit der Bedtg. : Eines od. Et-
was machen klam od. klamb , bz. machen,
dass Eines od. Etioas klebte, haftete, fest-
sass u. nicht los kommen kann, weil klam
etc. als Präter. von klimmen (kleben, haften
u. festsitzen wo, bz. an ti. auf Etwas) schon
ein vergangenes u. geschehenes, od. bewirk-
tes u. thatsächliches Kleben, Haften, Festhal-
ten od. Festsitzen bezeichnet u. sich hieraus
ja gerade erklärt, dass das Verb, klemmen
ein thatsächliches Festmachen, Festhalten etc.
od. festen u. packen etc. anzeigt, bz. als
Causat. od. Factit. von klimmen eine das
Haften u. Festhalten etc. thatsächlich bewir-
kende Bedtg. hat. Alles was klemmt, das
hält thatsächlich fest od. bewirkt thatsäch-
lich ein Festsitzen u. Festhalten u. beioirkt
zugleich auch ein Einengen od. Kneifen u.
Drücken, weil ein wirkliches Festhalten ohne
Einengen u. Druck von Aussen her nicht
möglich ist.
klemni-hake, Klemmhaken, Haken an ei-
nem Stiel, womit z. B. die Böttcher die
schweren eisernen Bünder über den Rand
eines Fasses zwängen; Haken zum Halten
u. Klemmen.
klcmm-isder, Klemmeisen. — Nid. klem-
5 ijzer.
klemsk, s. klemig.
klen u. (selten) kleue (flect. kiener, klenste),
klein, kaput, in Stucke, zu Grus; fein, zart,
dünn, mager, gering od. nicht gross etc. ; —
10 he haud 't all' kört un klen ; — holt, törf, ste-
nen, geld etc. klen maken ; — grof un klen bak-
ken brod (grob u. fein gebackenes Brod, bz,
grobes «. feines Brod, od. Brod von grobem u.
feinem Mehl); — he kun dat net klen kri-
15 gen (a. er konnte das nicht kaput od. fein
u. in Stücke kriegen, es nicht zerkleinern;
— b. [fig.J er konnte es nicht verstehen, od.
begreifen, bz. nicht mit dem. Geiste od. Ver-
stände zerlegen u. Einsicht bekommen von
20 dem Zusammenhang) ; — dat kind is od.
blift man klen (fein, zart, schwäcldich etc.);
— dat körn is to klen bläfen (das Getreide
ist zu fein^ od. schmächtig geblieben, steht
Glicht kräftig od. üppig u. geil genug); —
25 de frö is gröt (od. lauk upschaten) un klen
(die Frau ist gross, bz. lang u. hoch aufge-
schossen u. hager od. dünn u. schmächtig);
— de kö is so klen (mager etc.) ; — de
minsk word so klen un min (magert immer
30 mehr ab etc.), dat mau wol sen kan, dat he
nich gesund is ; — 'n klenen winst (ein klei-
ner, geringer Gewinn) ; — sük klen (gering
etc.) achten ; — dat brod is ditmäl wat to
klen geraden ; — klene lue (geringe unansehn-
35 liehe Leute). Auch subst. : klen un gröt (Klein
u. Gross), all' tosamen kwammen bi 'n ander.
— Sp)richw. : 'n hüsje klen un dat allen ; —
twe harte steue, malen seiden klene. — Vergl.
iveiter die nachfolg endest Composita. — Nd.
40 kleen, klein; mnd. klen, klein u. klene, kleine;
nid. klein ; mnld., mfläm. kleen, kleyn, clene,
kleyne ; afries. klen; ivfries. (Jaj} ix) klien,
klieue; wang. klein (Alles so ziemlich wie
oben); ags. claene, cläue, clene (L. Ett-
45 müller, Bouterw e k etc. : mundus, castus,
innoxius, purus, limpidus, penitus) ; aengl.
cläne, claene, clene u. (cf. Stratmann)
diene; engl, clean (rein, reinlich, sauber,
glatt, blank, hell) u. clean (rein, unvermischt,
50 nichts als, ausschliesslich, ganz u. gar, völ-
lig, bz. penitus, cf. 1 bar, 2 emer, blank, rein
etc.) ; an , isl. klen (parvus , teuer) ; norw.,
schwed. klen; aschioed., dän. klein (klein,
fein, dünn, zart, schivach, gering, schlecht);
55 ahd. chleini , kleini , cleini , cleni , chleni,
chleine, kleine, chleinc, chlein ; mhd. kleine,
klein (fein, zierlich [von Gegenständen] ; fein
[in geist. Beziehung], subtilis, acutus, sagax,
versutus ; rein, sauber, nitens; fein, acht,
60 unvermischt, rein (vom Weine etc.); genau,
KLEN
254
KLEN-KIND
sorgfällig; gracilis, schlanl-, schmächtig, dütin,
mager; parvus, cxiguus, miiiutus, Idcin, ge-
ring, unansehnlich, wenig) ». ahd. cleiuo,
kleine, clileino; nihil, kleine (fein, zierlich;
genau, sorgfältig; Mein; ivenig, gering ; gar
nicht). Weitere mdartl. Formen als klain,
klin etc. vergl. bei U i Uleb r a n d (G r i m m ,
TTT^.j u. hei S ahm eller.
Wenn man mit diesem Worte auf germ.
Boden hleiht, so ist es nicht anders möglich,
als dass man dessen Thema klini od. kliiia,
ebenso wie das Sahst.: ahd. chlfiiii, kleini,
bz. klini (Feinheit, Zierlichkeit etc. od. Zu-
stand, Sein, Wesen u. Figenschaft von fein)
von einem Verb, kliuan od. klinan , urspr.
kliau etc. ableitet, was allerdings germ. (s.
unter 1 kloioii u. klöineu) nur in der Bedtg.
illiuerc, ininiinare rorkömmt, indessen seine
Bedtg. wahrscheinl. von der Grdhdtg. zer-
r eibe n od. r e ib en k ap u t u. fe i n etc.
herleitet. Will man nun aber die Bedtg. :
z er riebe n, z er kl ei n ert, z e r s palten,
hz. fein, (u. so auch: zart, zierlich, Itühsch,
schön, elegant etc. etc.) als die ursjyr. von
klcini nicht gelten lassen, so ist es klar, dass
sich auch aus der Bedtg.: beschmieren
u. beschmutz en , bz. aus schmierig
(od. fettig, ölig etc.) u. schmutzig die
Bedtg. : gl att, glänz end,hl a n k (cf. z. B. :
't is so glad iin smärig to lopen, — od. se
kikd so smärig [gleissend, freundlich etc.]
üt, — od. unser gierig, glänzend, freund-
lich, glatt, schmierig, schmutzig etc.) u. so
ferner auch die von : rei n, sauber, h ii bsc h,
fein etc. sehr leicht entwickeln konnten,
ganz abgesehen davon, dass auch das Verb,
schmieren mit schmerzen von der y
sniar (reiben, zerreiben, reihen u. streichen
über hin etc., od. kaput reihen , verwunden
etc.) stammt u. ferner reiben auch mit
höhnen od. putze )i in vieler Hinsicht syn.
ist u. sich auch hieraus leicht die Bedtg. :
gerieben, geputzt, blank, rein, sau-
ber, fein, hübsch etc. ergehen konnte.
— Will man das ahd. chloini etc., bz. ags.
claeue etc. indessen mit Hildebran d (cf.
G r i m m, JVb. V, Spalte 1088) mit kymr. glän ;
gäl. glaii (rein, lauter, hell, hz. glänzend,
od. auch : sittlich rein, schuldlos, heilig etc.,
u. ferner auch: hübsch etc.), glaine (Rein-
heit), glain (Edelstein, Juwel) identificiren,
so ist es klar, dass auch diese Bedtgn. sich
leicht aus reihen od. scharren, scha-
ben, hz. putzen M. poliren (s. auch un-
ter file, fil dieserhalh) etc. ableiten lassen,
bz. dass auch diese Wörter mit klömen u.
an. klinan (cf. 1 kleieu am Schlüsse, sowie
klcmen suh h) von derselben ]/ gar, gri cib-
geleitet werden können, wie denn auch Hil-
debr a n d (cf. G r i m m, Wh. V, Spalte 1088
suh f) bei der Bedtg.: glänzend u. rein
an die Bedtg.: glatt denkt u. hei lat. gla-
ber u. griech. giaphoros a» glaphö (schaben
etc.) erinnert, toelch letztere Wörter ühri-
5 gens von Fick (II, 91) mit unserm karfen
von derselben y abgeleitet werden, loic griech.
glüplio mit unserm klöten, hz. ahd. clioban
(spalten etc.) zusammengestellt ist. Hatte
ahd. clileini etc. , ags. claene etc. übrigens
10 urspr. die Bedtg: glänzend (u. so auch:
blank u. glatt, od. rein etc.), so loürde
es mit ki/mr., gäl. glan, glan (rein etc.), glain
(Juwel), griech. glönos (Schau- od. Pracht-
stück), gltMU' (Augenstern) etc. von einer u.
15 derselben y abgeleitet loerden können, die
im Skr. zwar jval Of/. jvar, od. früher gtirv,
gvar lautet (cf. Fick, I, 78 gvar, garv,
glühen, hz. Grassmann, pag. 506, jvar,
fiebern, od. heiss sein, glülien etc.), indessen
20 ebenso wie gvar u. jiir (altern, alt n. mürbe
■werden; alt u. hinfällig machen, mürbe ma-
chen, cf. Grassmann) u. jar od. gvar
(zerreiben u. zerriehen werden, od. zerfetzen,
zerkleinern u. spalten etc.) auf eine ältere
25 y gar zurückgeht, die urspr. (cf. klak etc.)
die Bedtg. : rausche n u. k tiist e r n , hz.
crepitare etc. hatte u. hieraus sowohl die
Bedtg : bre n n e n (cf. sengen von singen)
etc., ah auch die von: r ei sscn, brechen,
30 spalten, zerbrechen od. zerkleinern u.
zerreiben (cf. grindan unter grind) etc.
entwickelte.
klen-acliteii, klein- od. geringachten u.
schätzen. — Gewöhnlicher ist min-achten.
35 klen-achtig, kleuaftig, geringfügig, ge-
ring etc.
kleii-Jicliting, klenacliteu, Geringschä-
tzung, Missaclitung etc.
kleu-bi'öd, Fcinbrod, Weissbrod, Brod von
40 feinem Weizenmehl. Daher: klenbrOd-bak-
ken"', Fei)ibrod-Bäckerei.
kleiie, Kleine, Geringe etc. ; — de 't klone
uet erd, is 't grote net werd; — dat geid
mit luim in 't klone od. klonlike.
45 kleuelk, s. klenlik.
kK'iieii, klenorn, nur in ferklonen etc.
kleu-gold, Kleingehl, kleine Münze, Schei-
demünze, als Gegensatz von grofgeld, od.
grobes Silhergeld.
50 klen-gelofig, kleingläubig ; — klöngelo-
f'iglu'it, Kleingläubigkeit. :
kleii-gestig, klcingeistig; — kleugestig- m
bcid, Klr/iigcistigkeit.
klüii-gml, kleines Zeug od. kleine u. feine
55 Weiss- iVäsc/ic, als: Kragen, Manschetten,
Oberhemde etc.
klen-haudel, Kleinhandel.
kleiiigheid, Kleinigkeit, Geringfügigkeit
etc.
(30 klen-kind, Enkelkind. — Nid. klein-kind.
KLENLIK KLENELK
255
KLENSE
klenlik, klenelk, klennelk, kleinlich, ge-
ringfügig etc.
klen-niäl, Fein-Mehl, feines gebeuteltes
Weizenmehl.
klenne-liolden, spektakeln, toben, lärmen,
schioatzen etc., od. cigentlicli wohl : Klatsch-
halten. — klenne gehört zu klinan, s. klö-
nen.
kleu-ud, Kleinod,Juwel, Schmuck, Schmuck-
gut, Schmuckgegenstand u, zioar namentlich
solcher Schmuck, der nicht ausschliesslich
aus Gold u. Silber besieht, sondern auch mit
Edelsteinen verziert ist; — ho wil all' sin
gold un sülfer un all' klonödoii ferkopen la-
ten; — dat klenod (der Schmuck, bz. der
Diamantring od. das Collier etc.) was lank
to söke; — 'n köstdk klenod (ein köstlicher
Schmuck od. Schatz, köstliches Jmvel etc.).
— Nid. kleinood ; wfries. klionoot ; mnd.
klen- , kleinode , kleiuade; ahd. kleinot,
kleinät, kleinet, kleinote, kieinoote, kleinöde,
kleinoede.
Dieses Wort ist zusammengesetzt aus klen,
hz. klein u. der ein Etwas od. ein Ding,
einen Gegenstand, od. auch ein Sein,
Wesen od. eine Beschaffenheit «.
Eig en Schaft od. einen Zustand be-
zeichnenden Endung (urspr. auch ein Subst.,
wie heid od. skup, skap := nlid. schuft
in Eigenschaft etc. u. loie wicht etc.) od =
ahd. oti, uoti etc., as. uodi, odi etc., die auch
in Armuth, Monat, Heimath , Ein-
öde (ahd. ein-oti ist nicht mit öde, ahd.
6di [leer] zusammengesetzt, sondern mit dem
obigen öti etc. w. bezeichnet wörtl. das Ein-
od. Allein- u. für sich- S ein von Et-
was, od. einem Zustand, wo etwas allein,
einsam u. verlassen ist von allem An-
dern u. hatte früher die Bedtg. : Einsamkeit
od. Verlassenheit von allem Ander}i, ausser
dem betr. Einen) etc. steckt. Das Compos.
kleinoti od. Kl ein od bedeutet daher einer-
seits ein feines zierliches, schönes,
blankes u. glänzendes Etwas (Gold-
ger äth, Goldschmuck, od. Schmuck, Edel-
stein, Juwel, od. Edelstein u. Schmuck, od.
überhaupt ein derartiges Etivas) , anderer-
seits aber auch ein kleines u. geringes
Etwas, od. eine Kleinigkeit od. Klein-
heit überhaupt, wie auch diese letzte Bedtg.
von kleinoti od. Kleinod (cf. dieserhalb
Grimm, Wb. unter Kleinod u. bei Seh.
u. L. im mnd. Wb., soioie auch bei KU.
etc.) vielfach belegt ist, während die heutige
besondere u. ausschliessliche Bedtg. dieses
Wortes mehr künstlich erhalten blieb. Ob
nun aber die auch statt Kleinod etc. vor-
kommende Form: Kleinheit (auch KU.
hat kleinheyd neben kleinood) wirklich ein
Compos. von klein u. heit ist, od. durch Ein-
schiebung eines unorg. „h" (wie in Eh e u.
vielen sonst. Wörtern) aus der obigen Form
kleinot entstand, ist schwer zu entscheiden,
doch zu bemerken, dass das Wort kleiuheit
5 (cf. heid) an u. für sich von Hause aus die-
selbe Bedtg. hat wie klein-6ti.
Was nun aber das Suffix: ahd. öti, ödi,
iioti etc., od. as. ödi, uodi etc., ags. ädi, od.
eädi etc. (cf. die Wörter: arniöd u. mänd
10 u. ahd. einöti u. heiniöti, soivie heiinödil =
goth. heiraöthli bei 0. Schade, wonach
die letztere Eiidung odil etc. zweifellos ident.
ist mit ahd. nodal, odhil, as. nodhil, Gut,
Besitz, Habe etc. , t/. U 1 e r k od. Ulrik u.
15 Ode) betrifft, so ist es zweifellos, dass es
entweder ganz dasselbe Wort ist loie as. öd,
ags. eäd ; an. audhr, ahd. öt, öd (in öt-ma-
hali, Beichthum ; alaöt etc., ganzer Besitz,
Allod , Allodium), od. uot; goth. (aud od.
20 auds, auths), Gut, Besitz, Habe, Eigenthum
etc., od. doch mit diesem (cf. bei För ste-
in a n n die Stämme Aud, 0 1 h a 1 u. U d) u.
goth. aud od. auds, auths, bz. auda etc. in
audahafts (begütert, od. mit G u t od. Besitz
25 behaftet, od. Gut habend ti. besitzend), au-
dags, (reich, glücklich) etc., sowie as. ödan
(bescheert, verliehen, od. erzeugt , geboren,
geschafften etc) von einem u. demselben vor-
auszusetzenden germ. Stammverb, adan (Prä-
30 ter. uod, cf. föden, fögen etc., bz. die Verba :
vratan, bacan, batan, bragan etc. etc. bei H.
Leo u. Weiteres beiKöne im H eliand,
pag. 368 über uodil , sowie bei mir unter
1 adel) gehört, welches wohl dieselbe Bedtg.
35 2üie ahd. scapön, bz. nhd. schaffen (cf.
Schäften u. scheppen, schepper etc., sowie das
aus einer Grdform scapa entstandene ahd.
scaf = unserm skup) hat u. tvoraus sich dann
auch die Synonymität des Suffixes öti, ödi
40 in klainöti mit nhd. schaft, bz. unserm
skup leicht erklärt, bz. sich ergiebt, dass auch
öti etc. als Suffix ein urspr. Subst. ist u.
mit öt (Gut od. Geschaffenes, Seiendes, We-
sen, bz. ein Etwas was existirt) nicht allein
45 urspr. ident., sondern auch aus einer vollen
Form : öta, uota, uoda etc. entstanden ist.
Wegen der Bedtgn.: Etioas od. Seien-
des, Ding, Sache, Gut, Habe, Besitz etc.
vergl. auch nhd. Wesen, bz. ahd. wesan
50 u. unser 1 u. 2 wäsen, ivo auch We sen
cds Sein u. cds Geschaffenes u. Exi-
stirendes sowohl in die Bedtg. : Eig e n-
schaft od. An gehör ig k e i t, als auch in
die von: Eigenthum u. Besitz, od. Gut
55 u. Habe etc. übergeht.
kleiis, Kleines, Geringes etc.
klense, Seihe od. Geräth zum Durchsei-
hen von Wasser u. sonst. Flüssigkeiten, um
dasselbe zu reinigen (das Dachrinnenwasser
60 z. B. läuft durch eine klense, bevor es in
KLENSEN
256
KLIF
die Cisterne geht), hz. von trüben u. dicken
Substanzen od. Hülsen zu befreien, ivie dies
z. B. mit Haferschleim u. grünen Erbsen
geschieht; — du kanst de haferwelleu (od.
de arften) wol ilfcn dör de kleiise dün, be-
fören se upgiUVn worden. — Nid. klens,
kleiiis, klenser; uDild., mßäm. kleyiiser, klen-
ser ; ags. clacuscre (purgator) ; engl, clean-
scr. Zu klcnseu.
kleiisen, seihen, durchseihen, bz. Wasser
u. sonst. Flüssigkeiten durch eine Seihe ge-
ben, lim dasselbe von Schmutz, Trebern, Hül-
sen etc. zu reinigen u. zu befreien; — wi
muttea 't regenwater all' kleusen, 't Ufd tan
waterluscn ; — dat water is so fül un dik,
dat 't erst klousd worden mut, vv man 't drin-
kcn kan. — Xld. klenzen, kloiuzon ; mnld.,
mßäm. klenseu, kleyusen ; wfries. (Japi.c)
klinsgjen (klar hell u. rein machen, säubern,
reinigen); ags. claensjan, claesnjan (purifi-
care, mundare) ; nengl. claensien, clensien,
clensen ; engl, cleause.
Das ags. claens-jan heisst entweder wörtl. :
Beines etc., od. li e i n he it etc. machen etc.
tt. ist der Stamm claens daher entweder
ident. mit dem subst. Genitiv: claenes
(Beines etc.) von claen (rein etc., cf. klen)
od. er ist aus dem Subst. : ags. claennes
(castitas , puritas etc. , als Weiterbildung
von claen, icie fiilnes = ahd. fiilmissi, nhd.
Fäulniss von fül, od. Gleich niss von
gleich) = engl, cleanness gekürzt.
klen-smid, Kleinschmidt, Schlosser, Schmidt
der nur feine Arbeiten fertigt, als Gegen-
satz von grofsmid.
klen-son, Enkel, Enkelsohn. — Xld. klein-
zoon.
klentje, Kleines; — föl klcntjes maken
('■n grüts.
klcpel, s. kläpel.
klepen, s. klapen.
1. kleppe, Drücker an einer Thüre, wo-
mit man die Klinke od. den eisernen Bie-
get aus dem Klinkhaken hebt od. so zu sa-
gen aufklappt u. auch wieder in denselben
ein- od. niederklappen lässt u. so auch schliesst
toie eine klinke, iveshalb es denn auch oft
ganz in derselben Bedtg. loie klinke u. auch
klappe ZH der Bedtg.: Verschluss gebraucht
wird. — Die Form desselben ist die einer
Fliegenklatsche im Kleinen u. das Wort selbst
ident. mit klappe, ivie aucJi nid. klep diesel-
ben Brdtgn. hat ivie unser klappe. — Nd.,
mnd. kleppe, klepo.
2. kloppo, Bier-Mass od. Trinkgcfäss mit
einer klappe od. einem Deckel zum kleppeu.
cf. klippe.
kloppen, klappen, od. Geräusch machen
mittelst klopfen u. schlagen, aufschlagen, dass
es ."ichallt u. klingt; — wel steid dar al bi
10
15
de dör to kleppeu? — kanst du dat klep-
peu net hören '? kik dog insen to, wat d'r is.
— Daher auch: die Glocke mit dem Klöp-
pel anschlagen, in kurzem Tone läuten, um
damit ein Zeichen zur Zusammenkunft der
Gemeine (in Ob crled.) od. der Läuter zum
Leichengeläute (in Kriimmh.) zu geben.
— Xd., nid., mnd. kleppen ; a/V/es. kleppa;
wfries. (Japi.c) kleppen.
klepper; /. </. klapper in der Bedtg.: cro-
talum etc. u. ist geklepper auch = geklapper.
klopper-man ; /. q. rateler, od. Mann, der
die kleppcr führt u. rührt , bz. damit klep-
perd.
kleppern. Berat, von kloppen. — de stör-
keii klt'ppern; — he klepperd d'r heu.
kler, Kleider; s. kled. — (Jompos.: kler-
bössol, klcTklojjper, klörschap etc.
kiese od. kiese, eine kleinere festliegende
20 Brücke, die so hoch liegt, dass die mit Torf,
Heu etc. beladenen Schiffe bequem drunter
durchfahren können.
Es ist Jedenfalls ein uraltes Wort, loas
sich jedoch in dieser Bedtg., .soviel ich weiss,
25 sonst nirgends findet. Die Bedlg. wird wohl
dieselbe sein wie von klampe (s. daselbst
sub b), nämlich die von: „verbindendes Et-
ivas" od. „Ding, das zwei Ufer mit einan-
der verbindet.^' Ist es nun aber richtig, dass
30 klampe, klampen, nebst klam u. klimmen, mit
dem Schallstamm klap od. klip (cf. auch kli-
fen) zusammenhängen u. ebenso wie Klette
u. kletter n (cf. 1 u. 2 kladde otc. u. klatte
etc.) auf die Bedtg.: kleben, haften, bz.
35 schmieren, soicie weiter auf die von: Fleck
od. Bruch, Sprung, Biss etc. (cf. klak
etc.) zurückgehen u. sich aus Fleck od.
Bruch etc. die von: Schmutz, Schmiere,
klebendes Etwas, bz. schmieren, kleben, haf-
40 ten, festsitzen od. Haft u. Verbindung ma-
chen etc. weiter entwickelten, so gehört auch
dieses Wort als verbi n dende s Etwas
wohl mit kleis u. klister, 2 kliise, sowie mit
nhd. Kleis e (Teufelszwirn, wie Klebe,
45 cf. Grimm, Wb. V, 1133 unter Kl eise)
zu einer u. derselben ]/ od. einem u. dem-
selben alt Ol Stammverbum.
klesur, glesor, ein Bruchstück eines Back-
steins, der dem vierten Theil desselben gleich
50 kömmt. Daher : dre-klesör = ^U eines Back-
steins. — Dies Wort kömmt nur als techni-
scher Ausdruck bei den hies. Maurern vor.
kleven, s. kläfen etc.
klif, a) Klebekraut (Galium aparine); —
55 b) Zweizahn (Bidens), dessen Samenkörner
sich leicht in dm Kleidern festsetzen. —
Mit nhd. KU b e, KU cbe (Gummi), Kl ibe,
Klive = ahd. chlibä, chlipa; ags. clife,
clif; aengl. clive ; mnd. ciive ; nd. klive,
60 klicve, kliwe u. mnld. klyve, kleve (Klette,
KUFEN
257
KLIFEN
lappa) ; nid. klijf (Epheu, cf. klTf- od. klim-
up) zu klifon. cf. wany. klT-hnsk, h~. kliv-
Imsk, Klette od. Klctlenbusch.
klifen od. klifen (klifo, klit'st, klift, kli-
fen ; — klöf, klöfst, kh'-f etc. ; — klilfeii, ioie
blilfen von blifoii), kleiben, od. Tclehcn an,
haften, anhangen, Ideben (od. häncfen, .s/^
zen) bleiben, festsitzen, bz. sitzen., sich hef-
ten od. hängen u. festsetzen (an) u. verbin-
den (mit Etioas) etc., haorere, adhacrosrere
etc., cf. 2 l)akkpn «. pikken, sitton etc. ;
— war man mit umgeid , dat klift eii an ;
— klei, pik, smär, tiir etc. klift; — de
snei klift od. bakd an, hangd an etc. ; —
dat wil net klifen od. sitten, faten etc. ; —
de plante wil net klifen (die Pflanze loill
nicht haften od. festsitzen u. Wurzel fassen
in dem Boden); — he blef dar klifen (er
blieb da sitzen od. hängen, stecken etc); —
de krankheid od. sükte klift (die Krankheit
od. Seuche haftet, bz. hängt an, hängt sich
an od. fasst, setzt sich fest an einen
Andern od. ist ansteckend etc., od. ivie der
Holländer sagt „snietd" , d. i. ivörtl. =
seh m u tzt) ; — Redensart : de (od. wat)
klift, — de (od. dat) blift; — schrift —
klift (litera scripta manet). — Nd. kliven,
kliwen; mnld. klyven; afries. kliva (Wur-
zel fassen, wachsen), bikliva (wachsen, zu-
nehmen etc. , Roem bigonde to biclyM'en) ;
wfries. (Jap ix) klieuwen (klimmen, stei-
gen, aufsteigen etc., bz. scandere; flg. zu-
nehmen, cf. klifern) , beklieiiwen = nid.
beklijven (vast en bestendig zijn, bestendig
blijven, voortduren, wortel vaten, wassen
etc., z. Ex. eene plant die dikwijls verzetd
Word, beklijft niet) ; 7ifries. kUeve (steigen) ;
satl. klivje; as. klibön (festhaften an Etioas,
Wurzel fassen, wachsen) , bekliban (fest-
sitzen an Ettvas, Wurzel fassen, icachsen
= haften auf u. an Ettvas) ; ags. clifan,
cleofian, clifian (haerere, adhaerere) ; aengl.
cliven «. clevien = ags. cleofian, clifian ;
an. klifa (steigen, klimmen, bz. sielt hef-
ten od. Haft machen an, cf. klimmen);
«sZ. klifa (transcendere; iterare) ; nono. kliva;
schtved. klifva; dän. klyve (klettern, klim-
men) ; ahd. kliban, klipan, cblipan ; inhd.
kliben (festsitzen an, anhangen; Wurzel
fassen, wachsen).
Zunächst sei erwähnt, dass Fick (III,
52) für an. klifa, ahd. kliban etc. einen
Stamm klib (klimmen, kleben) ansetzt, den
er mit klimb (dem Stamm von ahd. klimban,
cf. klimmen) für gleich achtet, tvie er denn
auch (ebenso tvie klamp aus klap) zweifellos
aus klib nasalirt ist.
Vergleicht man nun loeiter, wie das ahd.
klettern aus kletten u. dieses mit Klette
(cf. klif) = unserm kladde cms einem Schall-
J. ten Doornkaat Koolman. Wftrterlmcli. II.
.^tamm klad, klat, klaz (cf. 1 u. 2 kladde u.
klatcr, klatte), ablautend küd, klit, kliz (cf.
klits, klitter etc.) hervorging , der mit klak
u. kiik, soivie mit khip ». klip ursjtr. völlig
5 sgn. u. auch wohl desselben Ursjtrungs ist,
so glaube ich, dass man die Stämme klif
od. klib, klij), nasal, klimf, klimb etc. auch
als urspr. Schallstämme fassen muss, bz.
dass diese eigentlich dieselboi Stämme sind,
10 tvie klip u. klimp, bz. klap u. klamp. Auf
der Bedtg. : sonns , tonns , fragor , crepitns
etc. (s. unter klaj)) als Erstes beruhen nun
aber an. klifa (schwatzen, klatschen, schtiat-
tern); norw. klaffe (Klatsch, Geklatsch, das
15 Klatschen od. Knallen etc.), was ja ebenso-
tvenig wie nhd. Kliff-Klaff, kläffen etc. von
klappen, bz. dem Schallstamm : klip u. klap,
od. klamp, klimp (s. unter klampe, klampen)
zu trennen ist. Wie nun aber die Stämme:
20 klad od. klat u. klak (cf. kladde etc., kla-
ter, klats, klatte u. klak etc.) aus sonus,
fragor, crepitns etc. neben Brtich, li i s s,
Spalt etc. auch die Bedtg.: Fleck (cf.
auch üek etc. u. flik-flak etc.) Schmutz,
25 Schmier e, K oth etc. entivickelte, so wird
es auch mit den Stämmen : klif od. klib,
klip, bz. klimb, klimpf, klimp u. klamp (cf
1 u. 2 klara, klampen, klimmen) der Fall
gewesen sein, sodass auch die hievon zveiter
SO gebildeten Verba : klifen u. klimmen iJire
Bedtg.: kleben od. haften, hangen, festsitzen,
od. sitzen etc. (an Etwas), bz. .sä'/j hangen
(an Etwas), od. haerere etc. gleichfalls aus
der von: Fleck, Schmutz, Schmiere etc., od.
35 klei, lem, lim, bz. Kleib oder eiivas
schmutzendes u. klebendes, haften-
des (Klebe- od. Haft-Materie, Klebe- od.
Haft-Stoff) machen od. setzen (an Etwas),
od. derartiges empfangen u. bekommen (von
40 Etwas, bz. durch irgend einen Vorgang,
wie z. B. durch Sprengen etc., sodass man
schmierig u. schmutzig od. klebrig wird u.
überall anklebt u. hängen bleibt), bz. aus der
neutralen Bedtg. : flecke n, schmut z en,
45 seh m iere n (cf. smetten, schmutzen, abfär-
ben etc. u. auch [wie unser klifen] anstecken,
od. ansteckend u. haftend sein etc., von smet,
Schmutz etc.) entwickelten, ganz wie dies
auch mit kletten der Fall ist, wie man
oO ja nicht vergessen muss, dass auch klifen
ebenso wie s c h m i er en, schmutz e n u.
viele andere Grdverba (cf. auch mhd. klet-
zen in bekletzen, von klaz, Fleck, Schmutz)
nur eine ganz neutrale Bedtg. haben, bz.
55 dass klifen ein Neutrum ist. — Dass nun
aber neben Fleck od. Schmutz etc. auch
die Bedtg.: Biss, Bruch, Spalt etc., bz.
gespaltenes od. abgespaltenes Etwas etc. in
dem Stamm klif lag u. derselbe auch in die-
60 ser Hinsicht (cf. auch Icd. rupes von rumpo)
17
KLIFERN
258
KLIK
mit klak m. klat übereinstimmt, wird durch
hess. (Vihnar) klibbor (Sjtlitter), klibbcrn
(splittern, zersplittern, zcrreisseit etc.) u. eis.
klif (Genit. kliblies, Dat. klibhe), «;/«. clif;
an. klif u. kloif etc. (Klippe, Fels, rupes) he-
zeuqt, da difses ebensowenig wie an., isl.
kleyf (tissiira nipiutn) auf der Bedtg. : kleben
od. der abgeleiteten von k l i m m e n etc. be-
ruht, sondern mit ahd. clapli, mhd. klaff
(abgeris.<:ener Fels, s. unter klap) ». ahd.
clüp, Klippe (ahd. cli'p hat auch die Bedtg. :
gluten, od. urspr. wohl wie klak ». ahd. klaz
die r oh: Fleck, S c h m u t z, S c h m i e r e
etc., od. Klebendes, wie auch kloi otc,
cf. dieserhalb klak etc. od. 1 n. 2 kladilo
etc., sowie khittt\ klator otc.) u. das zu dem
Schaltstamm klit (nasal, klint) od. klat =
ahd. klaz i)i der Bedtg.: cropitiis etc. u. zu
Bruch, Biss, Spalt etc. gehörende an., isl.
klcttr (sropulus, riipos, saxnm) u. arngl.,
dün , schwed. , mnd. klint (lupes) auf die
Bedtg.: Biss, Bruch etc. zurückgehen. Denn
dass auch kletta u. klint zu dem Schall-
stamm klit u. klat gehören, erhellt daraus,
dass sie, wie noriv. klitta, hz. klett u.
klant (rupos etc.) i)i der Form auch tcieder
mit norw. klett (Knall, crejjitus etc.), kletta
(knallen od. kni.stern, crepitare etc., cf. klit-
tor, klittern u. klatergold, klatern etc.) zu-
sammenfallen, ivährend norw. kletta in an-
derer Bedtg. (cf. Ir. Aasen) wieder mit
klekka, klakk etc. (cf. Weiteres unter klak-
keu u. klik etc.) syn. ist. Neben dem Schall-
stamm kliji u. klap vergl. auch noch l u. 2
klaiTi, sowie klampe, klanipen m. klimmen.
— Wegen der Bedtg. : Sjjalt, Bitze, Bruch,
— Bruchstück , Klumpen, — abgespaltenes
Etwas, rupes etc. von dem SchaUstamm klat,
klit, nasal, klant, klint ■= ahd. klaz, kliz,
hz. klanz, klinz, cf. klatte, klitte etc., soivie in
Grimm, ^]^b.,di<■ Wörter klinze u. klint etc.
klit'ei'li od. klifern, zunehmen, loachsen,
gedeihen, emporkommen, steigen, klimmen,
sich bessern, genesen etc.; — de dagi'n kli-
fern (die Tage nehmen zu, wachsen, iverden
länger etc.) ; — de bom kliferd god (der
Baum wächst u. gedeiht gut, nimmt gut zu,
geht gut in die Höhe etc.) ; — he klitVrd
regt (er kömmt recht empor od. vorwärts,
— sein Geschäft gedeiht gut etc.) ; — he
kliferd wer np (er kömmt ivieder empor, bz.
steigt od. klimmt wieder auf od. in die Höhe
ti. zwar a) icas seine Gesundheit od. Kräfte
betrifft, od. auch b) was seine Geschäfte u.
seine Verniögensrerhältnisse betrifft) ; — dat
wi'r kliferd np (das Wetter tics.tert sich auf,
wird besser «. schöner etc.); — de sünn'
kliferd (die Sonne kömmt empor, od. steigt
u. klimvä höher). — Auch subst.: dat kli-
fern (das Zunehmen, Wachsen, Gedeihen,
Vorwärts- od. Emporkommen, Steigen, Klim-
men etc.). — Bedensart (iron.) : he is in 't
klifern (od. he kliferd), as 'u biir, de 't hfis
uj^brannd, od. de pliuiderd word. — Wang.
5 kliverje (klimmen, klettern, steigen). Es ist 1
wohl Iterat. von klifen , bz. nfries. kliva u. '
wfries. klieuwen. — cf. auch nuild. (Kil.)
klavcren u. kleveren (scandere in snbrectum,
sursum reptare, ungnibus fi.vis conscendere
10 feliuni nmre) , sowie auch unser kliifern,
welclte gleichfalls aus klifen, bz. mnld. kly-
ven , kleven hervorgingen , wie dies auch
durch mnld. klever, kleverboom (Hedera,
cf. klinnip de.) bezeugt tvird.
IT) klifsk, klifsk, anhängig, haftend, klei-
bisch, haerens etc.; — klifsk göd (Zeug
was sic/i überall (uihängt, hz. überall an-
haftet u. sitzen bleibt, bz. auch schmierig
n. klebrig ist). — M'^ang. klivisk.
20 klif-U|), Epheu, auch klini-np genannt. —
cf. unter klif nid. klijf (Epheu).
klik, Schcdlieort wie klak u. bezeichnet
es als solches zunäclist a) ein kurzes hartes,
dem Tone des l'occds „i"* entsprechendes
25 Geräusch od. auch einen Schlag u. Stoss, den
ein solches (fcräuch macht; — klik! sä' 't,
do Hög d'r 'n hagel an 't fenster ; — best
du de klik (den betreffenden 'Ton, od. auch
den leisen Stoss, Schlag etc.) net hörd? —
30 Daher auch: klik-klak =^ klip-klap, od. flik-
fiak, — knip-knap, — tik-tak etc. ; — b)
ein kleiner Fleck od. kleiner dunkler Schat-
ten etc.; — d'r sitt 'u klik (od. klikker^ up
de man. — Ferner heisst in der Seemanns-
35 Sprache der hinterste od äusserste Theil am
Buder u. der Absatz am Vorsteven, ivie auch
nid. klik, schivcd. klicken, dän. kliken, %üäh-
rend im nid. aucJt das metallene Unterstück
am Kolben eines Gewehrs od. überhaupt die
40 MetaJIplatte an einem als Schlägel od. Stös-
sel gebrauchten Kolben gleichfalls klik ge-
nannt wird, was wohl daher rührt, dass ge-
rade diese Metallplattc den durch klik 6c-
zeichncten Ton beim Aufschlagen od. Auf-
45 stossen des Kolbens erzeugt u. hören lässt.
Ferner vgl. nd. (lir. Wb.) klik, kliks (ein
Geringes, Weniges, Klümpchen od. Bruch-
stückclien etc., wie klak etc.), klik (ein klei-
neres, etwa 4 — 5 Zoll langes u. 3 Zoll dickes
50 Stückchen Holz unten am Spaten), klik (toll,
närrisch, unklug), bz. (D ahn ert) klitk,
klikks (ein Klecks, kleiner klak, cf. klikkeu);
mn<l. klick (toll, närrisch etc.), klick (Klecks,
Fleck ; Flitter, Bröckchen, Klümjichen), klick
55 (Thonrrde, Lehm, hz. Klei, argilla etc., od.
ursjir. wohl [aus der Bedtg.: Fleck, cf.
khwldi' u. klater, klatte j Schmutz etc. «. so
auch : klebriges u. bündiges, od. schmieriges,
lehmiges, leimiges u. haftendes Etwas, cf.
60 dieserhalb mnd. klicken, argillare , bz. ley-
KLIK
259
KLIKKERN
men, kleibcn, klicken efto lernen, sowie
lemen-klicker, Lehmen-Schmierer, nd. klik-
ker, spotttv. ein Maurer = utiserm kleier,
— kliksten, Verläumder, Ansckwärzer, od.
eigentlich ein Klei-, Thon- od. Dreckstein,
— u. ferner: klickangel, eine Art Fischer-
angel, od. Angel, looran die Fische kleiben
od. haften u. hängen bleiben) ; mnld., mflam.
klick (verber, ictus, tax; colaphus, alapa),
klick (clava) ; engl, click (Schlag, Tick etc.), 10
bz. click - clack (loie schott.) = Tick- Tack
u. klick (Schlag, Streich, Schmiss) ; — an.,
isl. klickr (macula) ; norw. klikk (ein schwa-
cher Knall, ein schivacher Laut; ein Fleck);
dän. klik; schwed. klick (Fleck, Klecks). 15
Weiter vergl. nhd. (Grimm, Wb.) Klick,
Klicks, Kl'ix in der Bedtg.: crepitus etc.,
ictus etc. u. macula etc. als Ablautform von
klak, obschon man auch davon ausgehen
kann (da der Stamm klik jedenfalls, ivenn 20
auch nicht schriftlich belegt, doch wohl
ebenso alt ist, als klak u. kiek), dass nrspr.
ein von der unter klakker erwähnten y
garg etc. abstammendes germ. Subst. klik
(crepitus u. so auch : Bruch , Spalt etc., 25
Fleck etc., wie klak, od. klap, klat etc.),
od. Verb, klikan, klak, klukun (crepitare u.
so auch: brechen, bersten, springen etc.) be-
stand, aus dem. auch wieder ein Verb, kla-
kan, kluok etc. (cf. klök) hervorging, soivie 30
weiter die nasal. Stämme: klink, klank,
klunk, bz. klenk für klinken, klunker etc.,
worüber Weiteres unter diesen Wörtern.
Wie franz. claque, ciaquer von klak, bz.
klakken, so von klik, bz. klikken , franz., 35
jnc. clique (Klapps, Klatsch), cliquer (klat-
schen), cliquet, cliquette (Klapper). Dass
aber auch franz. clique in der Bedtg. : Motte,
od. Schaar, Haufe, Menge, Abtheilung etc.
in irgend einer Weise mit dem germ. Stamm 40
klik als Nebenform von klak (dies hatte im
ahd. auch die Bedtg : Biss , Spalt, Ritze,
Bruch etc.), bz. dem mit ahd. klakjau (Riss,
Spalt, Bruch etc. machen) u. unserm klak-
ken eigentl. ident. u. syn. Verb, klikken zu- 45
sammenhängt u. daraus gleicJi falls hervor-
ging, ist wohl zweifellos u. kann man dabei
nur an das aus rupta, bz. ruptus (von runipo)
entstandene nhd. Rotte, od. an das von:
scheeren in der Bedtg. : s chn e i d e n, 50
od. sj) alten, trennen, theilen etc. ent-
standene nhd. Schaar (Abtheilung, Menge
etc.) denken. Möglich indessen ist es auch,
dass man unter clique od. germ. klikke,
Klicke, urspr. eine Klatsch- Gesell- 55
Schaft, bz. ein klatschendes und
schwatzendes oder verläumdendes
Etwas verstand u. dass es in dieser Be-
dtg. zu klik-klak in der Bedtg.: Klatsch
od. zu klikken gehört. 60
klikken, a) durch Schlagen, Stossen, Häm-
mern etc. ein feines, kurzes u. scharfes Ge-
räusch machen, bz. schlagest, stossen etc.,
ivie p i c k en, ticken etc. ; — wel dtid dat
klikken (od. klikkern) mit de tass'? — de
liagols klikken an 't fenster ; — b) klatschen,
plaudern, heimlich anschwärzen, verläum-
den, verrathen etc. ; — he raut alles üt-, od.
ferklikken ; — he klikkt hum an. — Nd.
klikken (mit Lehm od. etwas Klebendem be-
werfen, klecksen, schmieren ; klecken = hin-
reichen, genügen etc. = ahd. kieken; s. un-
ter klakken), verklikken (a. hinlänglich sein,
genügen etc. ; — • b. verrathen, verläumden) ;
mnd. klicken (argillare, .s. unter klik); nid.
klikken (klatschen, schivatzen, über- od. aus-
bringen etc. , wie klappen) ; mnld. klicken
(a. crepitare; — b. coryceum agere, insi-
diari ; deferre, accusare) ; engl, click (schla-
gen, ticken, ticktacken) u. klik (rasseln, klap-
2)ern, picken, ticken) u. click (wegschnap-
pen, stehlen, stibitzen) ; an., isl. klicka (ma-
culare) ; norw. klikka (schlagen, .stossen, po-
chen etc. mit einem schwachen Schall od.
Klang, bz. ticken, picken wie eine JJlir ;
klatschen , schwatzen etc. ; versagen , fehl-
schlagen etc. z. B. vom Gewehr, wenn der
Hahn aufschlägt u. der Schuss versagt, loO'
bei der Hahn eben nur den klicksenden Ton
hörbar macht); dän. klikke; schwed. klicka
(versagen, blind schiessen); nhd. klicken
(knicken, knacken; bersten, sjmngen, bre-
chen etc., cf. zerklicken, zerbersten etc. =
mhd. zerklecken u. zerklucken ; — ferner
auch: klatschen, knallen etc. etc.). — Zu
klik , bz. machen od. erzeugen etc. was
der Stamm klak, bz. klik od. kluk be-
sagt, cf. noch bei E. Schulze goth. kli-
kan, klak, kiek (incumbere od. brüten) zu
unserm kluk-henne etc. u. dazu unter kik-
ken u. 2 kippe, bz. küken das Weitere,
wonach auch dieses klikan sich aus der
Grdbdtg.: picken od. spalten, brechen etc.
erklärt.
klikker, a) Fleck etc., s. unter klik; —
b) der Sperrhaken od. Sperrkegel an den
Zahnrädern einer Uhr u. namentlich an
dem Zahnrad des Schlagwerkes derselben,
der beim jedesmaligen Einfallen od. Ein-
schlagen in das Zahnrad einen Klick od.
Tick hören lässt, bz. verursacht; — de
klikker fan de klok hed sük hüren laten,
't sal wol bold slän. — cf. auch: geklikker
(Geticker od. Geklitter, Geklirre etc.) u. fer-
klikker (Verräther, Angeber etc.).
klikkere, Klitterei, Tickerei etc.
klikkern. Iterativ von klikken; — wel
(od. wat) klikkerd an 't fenster ? — lät dat
klikkern mit de tass' (od. de kuikkers etc.) dog
na ; — he klikkerd (klimpert etc.) mit de slötels.
17*
KLIMMEN
260
KLING-BÜEL
kliiinnen (kluni, kUimmt-n), klimvioi, stei-
gen, kletteru, riDiken etc. ; — hö klininul np
't hns, hz. up de böm, od. In de böm, bs.
In dp mür' up; — de bonen klimnion au de
stokkcn in de liiigte; — de prisen f;in 't fe
kliinimn ; — de papireu klimmen; — de
siiun' kliiiimd al boger iiu boger; — he
klnm d'r ater, od d'r in , d'r dür etc. ; —
büst du d'r up kbunmeu , den kanst du d'r
6k wer berundir klimmen. — Nd. kliiuiiuii
(Br. Wh.), klemperu u. (Schiit::e) kb^ni-
meru; vi)id. klemmen, klimmen; iild. klim-
men ; muld., Dijläiii. klimmen, klemmen ; waucj.
klimmen ; ufries. klemme, klemre ; atjs. (11.
Leo, L. EtttDuller) climban n. (cf.
Grimm, Wb. V, Spcdtc 1U>7, sitb IIJ)
clymmian ; aenyl. elemben , eliniben ; engl.
clamber, climbt-r, climb ; alid. chlimbau ; )idid.
klimmen.
Aug. Fick (III, r,2) stellt für klifen
u. klimmen, hz. ogs., alid. climban ci» Thema
klib (tuf u. )ii)nt)tt n/so mit »lir (s. unter 1
lt. 2 klam, klami)e, klanipen it. klifen etc.)
au, dass der Stamm klimi) ans klib nasal.
ist. Dass nun aber weiter klimbau od. klim-
men ebenso ivie klemmen auf der Bedtg. :
kleben od. haften (ivuran), bz. Haft ?t.
Fest h altung machen od. nehmen (woran),
ein Etwas packen u. greifen od. fas-
sen, hz. sich festmachen u. festhal-
ten (woran u. woraitf) etc. beruht (cf. er
k 1 e m m t sich , od. ein Ftwas fest , od. er
klammert sielt woran od. an Etwas fest),
geht auch aus klifen u. klifern hervor, dass
aber der Stamm klib, od. klit, klip (nasal.
klimj), klimf, klimpf, klimp) ro)i klip, als
Ablautform von klai), od. klaph, klati' (cf.
klap) nicht zu trennen ist, ist zweifellos,
ebenso tvie auch, dass die Bedtg.: Fleck
neben crepitas u. Br u ch , li iss , Sp a 1 1,
sowie weiter die von : Haft machen od. pa-
cken etc. in allen solchen SchaUwörtern ganz
von selb.st entstehen, tcie dies ausser dem
schon unter klifen angvfilhrten alid. clep
(rupes, cf. rni)es vo)i rurapo) u. clep (Klebe-
stoff, od. urspr. macula u. so Schmutz etc.)
auch noch durch engl, climp bezeugt wird, was
im Stamm mit unserm klimpern zivar zu-
sammentrifft, indessen aus der alten Bedtg. :
macula, bz. das was Einem anhaftet (s. u)i-
ter kifen) neben stehlen od. Haft machen
(an Etwas), ein Etwas fassen, packen u.
greifen u. an sich nehmen (od. sich anhän-
gen) etc. auch noch die Bedtg.: Fleck od.
Schmutz machen (an Etwas), klecksen,
.schmieren, schmutzen, od. schmutzig machen,
besudeln etc. Iiehaltcn hat. Sollte übrigens
neben climi)an auch noch ein iirspr. klim-
men (ohne inlautendes „b"^ bestanden ha-
ben, aus welchem auch klam u. klemmen
hervorgingen, so müsste dies schon aus dem
für klemen anzusetzenden Verb, kliman her-
vorgegangen sein , was sicli für tlic urspr.
Bedtg. von klimmen ganz gleich bleibt.
5 Wegen sonstiger Formen u. Bedtgn. von
klimmen ,s. Weiteres bei Hildebrand in
Grimm, M'b., unter diesem Artikel u. vergl.
dazu das unter klifen, klumpe, klamper etc.
Gesagte, sowie ferner das Zusammenfallen
10 der Bedtgn.: kleben u. klimmen, auch
im lit. lipti von der y rip, rirnji, wovon auch
goth. leiban etc. u. nach Fick (I, 194) das
mit bi zusanimengesctztr nlid. bleiben.
Ein mhd. klinipfen (zu.'iammenziehen, fest
15 zusammendriicken) spricht auch für einen
Stamm klimp, klimph, klimb aus klip u. er-
klärt sich seine Bedtg. aus klimban /;/ der
urspr. Bedtg. : kleben od. haften u. hän-
gen (an Etwas), ebenso wie bei klemmen
20 u. klam.
klimpe, a) eine kleine Brücke, od. ein
Steg. Nebenform von klampe (s. daselbst
suh b); — b) Name zweier kleinerer Ort-
schaften od. ztveier Bauernhöfe im Friede-
25 burger u. Jemgumer Amt. Da man sagt:
he wand up de klimj)e (u. nicht in od. zu),
so wird dieses Wort früher vielleicht eine
Anhöhe, od. einen Hügel bezeichnet ha-
ben u. mit klimmen, bz. klimban (scandere)
30 zusammenhängen, wie mhd. klimme (Höhe),
bz. nd. (Schambach) klimpe (kleine fel-
sige Anhöhe).
klimpern, klimpern, Geräuch od. Lärm
machen, klirren, klittern, klingeln, stümper-
35 haft spielen etc.; — klimpern liörd to 't
bandwark; — he klimperd mit 't geld ; —
he klimperd d'r wat up herum. — Davon :
klimpere, geklimper etc. Der Stamm klimp
ist nasal, aus dem Schallstamm klip, wie
40 klamp, klemp /;/ nd. (Schambach) klam-
pern, «Ar/, klempern ((/. Hildebrand in
Grimm, Wb. u. s. unter klampen) aus
klaj), klep.
klhn-up, a) Epheu (Hedera) ; — b) He-
45 ckenwinde (couvolvulus sepium). Auch noch
sonstige kletternde u. rankende Gewüchse
werden hierorts so benan)it. cf. kltfup, bz.
klif u. mnld. klimop neben klever, klever-
u. klemmer-boom (Epjheu).
50 kling, klink, Bezeichnung eines hell tö-
nenden Schalls, der indessen länger nach-
halll, als der durch klik bezeichnete. \'on
der licdupl. kling-kling etc. wurde kling-
ling, z. B. klinge-linge-la! wel is da? —
55 Bedupl. kling-klang .s. unter klang.
kling-bul, Klingbcutel, mit ivelchem frü-
her die Kirchenvorsteher in der Kirche
während der Predigt herumgingen, um eine
Gabe für die Armen aufzuholen. Es war
üO ein an einer Stange befestigter Beutel, an
KLINGEL
2f)l
KLINGEN KLINKEN
dem unten ein Glöcklein hing, um die Kir-
chenhesucher schon vorher auf das Kommen
des Kirchenvorstchers aufmerksam sn machen.
klinge], Klingel, Glöckchcn, Schelle etc.;
— rit äfeu in de klingel ; — he hed de klin-
gel bi sük st;in.
kliiijjeln, klingeln, schellen etc.
1. klingen, klinken (klung, kluugon), klin-
gen; a) hell schallend tönen, schalten; —
wat klingd dar; — dat kliugd wid lion ; —
sausen, brausen etc. ; — de ören klingen mi ; —
klittern, klirren; — de glasen klingen, wen
d'r 'u wagen up de strät' färd; — de fen-
sters klingen ördendlik, so dönnerd 'l; —
b) in die Glocke ziehen, rlass es klingt od.
hallt. Schall machen, schellen etc. ; — kling'
Uten, dat de meid kumd, od. kling' (statt
rop') äfeu de meid ; — d'r is klungen, gä
äfen hen un süg to, wel d'r is; — c) vom
Anstosscn mit Gläsern etc. ; — schör w'
äfen mit 'n ander klinken od. anstöten V —
lät w' äfen mit 'n ander klinken un den mit
'n ander drinken. — Compos.: an-, in-, na-,
üt-klingen etc., cf. stenen ütklingen, d. h.
sich durch Klopfen an den Steinen davon
überzeugen, dass sie hell klingen u. nicht
rissig sind, ivobei die rissigen ausgeivorfen
iverden. — Nd. klingen ; nid. klinken ; mnld.
klincken, klinghen ; afries. klinna; ivfries.
klinckjen, klingjen; ags. (L. Ettm üller)
clingau ; aengl. (Str a t m a n n) clinken (klin-
gen, schallen) u. clinken, denken, clenchen
= 7n]ul. klenken (klingen machen , läuten,
schellen etc., s. klingen sub c) ; engl, clink
(grell klingen, tönen, rasseln, klirren) u.
clink (klingen od. rasseln lassen); an., isl.
klingi, bz. klingia ; norw., schived. klinga;
dän. klinge (klingen, schallen etc.) ; ahd.
cliiigan , clilingan, klinkan; mhd. klingen
(klingen, tönen, rauschen, rieseln). Davon :
ahd. clingo, klingo, chlingo u. clilinga, kliiika;
mhd. clinge (Gebirgsbach, rauschender Berg-
strom, torrens ; ThalscMucht, in der Wasser
rauscht u. fliesst) ; nd. (S c h a m b a c h) klinge
(seichte Stelle im Flusse, ivo über Sand u.
Kiesel das Wasser rasch dahin fliesst od.
rauscht, eine Furt) etc., sowie auch : mhd.
klinge; mnd. klinge; nid. kling; mnld. klin-
ghe, klinke (Klinge, lamina gladii od. cultri),
welche entweder ebenso wie klinge (Gebirgs-
bach etc.) davon so benannt ist, weil (es be-
zeichnete urspr. blas die Klinge eines Schwer-
tes) die Klinge beim Schlagest od. Schwin-
gen durch die Luft einen schwirrenden
od. sause nd en Ton hören lässt, od. beim.
Niederfallen auf den Helm u. Panzer selbst
tönt u. kli)igt. Die Bedtg. ist demnach
in beiden Fällen (d. h. bei klingo, Gebirgs-
bach etc. u. bei klinge, lamina, gladii) : Kling-
od. Rausch-, Saus-Ding, bz. Ding was ein
Klingen macht u. verursacht, cf. awcÄ klinke,
klinken etc. u. das folgende klingen.
Ob klingen u. klang (was ja auch subst.
Brüter, von klingen, klang etc. sein kann)
5 aus lat. claugere u. claugor odlehnt od. ein
gleichfalls urspr. germ. Wort ist, bleibt frag-
lich, da es ebensogut möglich ist , dass die
für klingen etc. anzusetzende y klag, nasal.
klang mit kelt , gäl. gliong, gleong (klingen),
10 gliong, glang (Klang) auf dieselbe ]/ zurück-
geht wie klagen, od. dass er mit dem Schall-
stamm klak u. unserm kraken, sowie ferner
mit lat. clangor m. griech. klagge (Ton,
Schrei), klazö, eklagon (tönen, schreien) etc. ;
15 lit. klegu (lachen etc.) etc. u. griech. kräzö,
ekragon, kekraga (krächzen), lat. graculus,
gracillare u. crocire etc. auf eine aus skar
(sonare etc., s. aucJt unter klap etc.) erwei-
terte y skark od. skarg (skarg, toozu Fick
20 [cf. I, 242J auch skr. kharj, knarren, krei-
schen, sowie an. skrak, bz. skroekr, Geschrei,
Getöse, Lärm etc. ■•stellt , passt formell am
besten zu clangor u. auch zu engl, cling u.
clag, kleben etc., s. unter klinke), umgesetzt
25 skrak etc., aphär. krak etc. zurückgeht, da
ja überall bei Schallwörtern das Gesetz der
Lautverschiebung nicht so streng zur An-
wendung gebracht toerden darf, als bei den
sonstigen Wörtern.
30 Wegen des obigen afries. klinna (klingen,
tönen etc.) vergl. übrigens noch klinstern u.
klönen.
2. klingen, klinken, dörren, trocknen,
schrumpfen, sich zusammenziehen, kleiner
35 od. geringer werden, schivinden etc. ; — bi
de grote "liitte klinkd dat all' (z. B. Holz
od sonst. Sachen) nier in od. tosamen ; —
wen de stenen brannd worden, den klingen
se dügtig in ; — du must wat mer saud man-
40 ken de fette klei dön, anders klinken de ste-
nen bi 't drögen un braunen to dül in ; —
de roggebülte klinkd al mer un mer tosa-
men ; — de snebült' klunk tan (od. in) de
sünii' gans tosamen ; — dat is so inklunken,
45 dat d'r hast niks mer fau to sen io. — Von
Neugeborenen, die ungewöhnlich dick und
schicer sind, nach einigen Tagen aber ein-
schrumpfen u. dann eine runzlige, welke,
faltige Haut bekommen, ivird anstatt des
50 einfachen klingen meistens das Compos. be-
klingen gebraucht. — Vergl. 2 inklingeu etc.
— Nd. (Br. Wb.) klinken, klingen, inklin-
ken, inkiingen (trocknen, schrumpfen , ein-
trocknen etc. und auch [von der Bedtg. :
55 schrumpfen, od. Runzeln u. Falten bekom-
men, runzligt werden], Falten machen, falls
dieses Verb, nicht etwa von dem zu klinken
[trocknen, schrumpfen etc.] gehörenden Subst.
klinke [Runzel, Falte etc.] gebildet ivurde) ;
60 ags. clingau (duresccre, marcescere etc.),
KLINGER
262
KLINKE KLINK
Co>npo.<. : forclingan (verdorren), gcclinpau
(contrahere) ; aengl. (S t rat m a n >i ) dingen
(marcescere, se contrahere) «. clengen (make
to cliug, contraliere) ; engl, cliug (trockneu,
austrocknen, ausdörren, verzehren).
iJass dieses klingen etc. formell dasselbe
Wort ist jcie aps. cringan (cf. krengen, krin-
kel etc.) u. Jedenfalls mit enf/l. cringe (zusam-
menziehen, krummen) u. crinckle (sich win-
den, sich krümmen, sich zusammrnziehot etc.)
auch bef/rifßich zusammenfallt , ist zweifel-
los u. darüber unter krank, krinkel, kren-
gen, kring etc. Weiteres zu vergleichen.
Es (lehört auch ivohl das mnd. (Seh. u.
L.) kiinksucht (SchicindsucJit) zu diesem
Verb, in der Bedtg. : s c h w i nd en etc.
Vergleicht man nun die aus dörren,
trocknen, welken, od. verdorren, ver-
welken etc. entstehende Bedtg.: schrum-
pfen od. se contrahere des ««/.s. clingan, .^o
ist es selbstverständlich, dass hieraus .sofort
auch die Bedtg.: krümmoi hervorging,
die vielleicht dem 2. klinke zu Grunde liegt,
obschon dieses Wort wahrscheinl. mit ags.
clingan unverwandt ist u. dessen Stamm
klink wohl aus klik nasal, ist. cf. dieser-
halb 2 klinke.
klinger, a) Einer der klingt. — cf. nt-
kliuger, ^lusklinger, ein früher Magistrats-
seitig angestellter, )nit einer Glocke versehe-
ner Beamter, der unter Gassenklang alle
Bekanntmachungen öffentlich ausrief od.
verkündigte, weshalb derselbe auch wold üt-
röper od. iitkündiger ((/. auch belman, jj«^.
142, zweite Spalte) genannt wurde; — h)
ein Etwas was od. womit man klingt od.
schellt = klingel.
klin^ere, Klingerei, Geklingel.
klin^-pot, ein Topf aus Glockenmetall,
wegen des grossen Klangreichthums so ge-
nannt.
1. klinke, klink, Klinke, od. der (mei-
stens eiserne) Riegel an einer Thüre, der
in den Klinkhaken fallend dir Thüre ver-
schliesst u. mittelst der klcppe, od. auch
mittelst eines Riemens etc. aufgehoben wird,
wenn die Thüre geöff'nct werden soll. — Nd.
klinke; mnd. klinke, klenke (^fA(.sse//;c; auch
Schlagbaum); nid. klink; mnld. kliiicke (pes-
sulus, vectis) ; mhd. klinke; engl. cVmk; an.,
isl., schiced., norio., klinka; r/rni. klinke. —
Davon (nach ]) i c z, II, 2.Ö0) : franz. rlinchc ;
norio. clanchc; champ., ivall. diche; afranz.
clenque ; pic. cliquet. — Neben klinke,
klenke kömmt auch die Eorm khiiike (cf.
Grimm, Wb. V, Spalte 1V.).~)), sowie ferner
neben klingke auch kligke vor, während an-
dererseits engl, dick neben Sjterrhaken der
in das Zahnrad einfällt (cf. klikker sab 2)
auch dialcct. dieselbe Bedtg. tvie klinke hat.
Zweifellos ist es daher, dass es schon sehr
frühe aucJi drei aus den Schallstämmen: klik,
klak, khik (cf. klamp, klenip, klimp, klump aus
klap, klip etc. unter khimpen, klimpern etc.)
5 nasal. Schallstämme : klink, klank, klunk (cf.
auch klunkcr) gab, die ebenso wie klik u.
klak (cf. diese) od. klit u. klat (cf. kladde
etc. u. klater etc.) aus der iirspr. Bedtg.:
crepitus od. soniis etc. die Bedtgn. : Bruch,
10 Riss, Sjjalt, Ritze etc., od. geborstenes u.
gesprengtes od. abgeborstenes, abgesprunge-
nes Etwas etc., sotoie ferner auch die von
macula od. Eleck, Schmutz, Schmiere, Haf-
tendes u. Klebendes etc., bz. die Bedtg.:
15 klappen, klatschen, schlagen, stosscn etc.,
od. brechen, spalten etc., od. schmieren, kle-
ben, anhangen, ließen, haften, klimmen etc.
entwickelten, od. wenigstens entwickeln konn-
ten, wie dies durch klinke u. engl, dick (es
20 bedeutet urspr. tvohl ein in ein anderes Et-
ivas [den Klinkhaken, bz. den Haken in
dem Pfosten der Thüre] einfallendes od.
einklappendes, einschlagendes Ding, bz. ein
Klapp-, od. Schlag - Ding, tvie auch der
25 Schlagba um, ein Baum od. grosser Rie-
gel von Holz in ein anderes mit einem Spalt
versehenes Holz einschlägt u. auch unser
fensterslag eine Klappe od. ein Fensterver-
schluss ist) sowohl, als auch durch die nach-
30 folgenden Wörter bezeugt wird. Vergl. die-
serhalb zu klik u. klak od. klip u. klap,
klit M. klat etc., nebst den dazu gehörenden
Wörtern : nid. klink ; mnld. klincke (alapa,
colapluis, pugnus, verber, tax) u. Weiteres
35 u)iter 2 klinken ; — «W. klink; ;««Z(^. klincke
(rima. parva ruptura, fissura, scissura etc.,
cf. klak, bz. ahd. klac =^ Riss, Ritze, S2)alt
etc.); — engl, clink (Klang, Geklirr, Ge-
rassel etc.; Thürklopfer ; Thürklinkc ; sowie
iO ferner auch: Gcfängniss od. Haft, s.
unter 2 klinke), clinch (packen, mit der Hand
greifen, umfassen, umklammern), clinch (cf.
2 klinke), clincher (Klampe, Krampe, Klam-
mer), ding (sich festhalten, anhangen, sich
45 anklammern, kleben, ankleben), clingy (kle-
brig, klebend), cluiig (klamm, klebrig, zähe
etc.) ; clnnch (der Schlag, verhärteter Tlion ;
ungeschickter, tölpelhafter Mensch) etc., cf.
2 klaiiili', klilVn, klam, klimmen, klampe etc.,
50 sowie u)Uer klik das mnd. klick (Thon,
Lehm etc.), wobei in Seh. u. L. (mnd. Wb.)
auf Ziegel- u. Klingkenmühl , Zie-
gel- M. Klinkenmöller verwiesen wird
u. woraus sich also auch folgern lässt, dass
55 klinken in der Bedtg.: schlagen u. in
der von : schall en od. k l i ng en (cf.
auch in Grimm, Wb. V, Spalte 1106 un-
ter klinke sub III, c u. wegen klinke =
mnd. klick daselbst sub V u. ferner sub IV
GO wegen unser 2 klinke) wenigstens mit auf
KLINKE KLINK
263
KLINKE KLINK
den Schallstamm klik =^ klak zurückgeht,
der ja ebensowohl ivie ]/ Idag (von kla<j;oii)
n. ciaiig (von claiigor u. sonus, ciei)itiis) 7nit
skr. kharj od. kharg (khrag, kliraiig) auf
die unter 1 klingen erwähnte idg. y skarg
(sonare, crepitare) Z)irückgehen kann u. ja
hieraus ebenso wie klak «. klik die Bedtg. :
iHeck, Schmutz, Schmiere, Lehm, Klebestoff
etc., bz. die von : schmieren, kleben, haften
etc. entivickeln konnte, die ausser in dem
obigen engl, cling, clung etc. auch im engl.
clag (kleben), claggy (klebig), clag-locks (Ktun-
kerwoUe, cf. klater, klatte), .^ioivie in clency
(kothig, schmutzig) zu Tage tritt, ivic auch in
norw. klengja (anhangen, sich heften an etc.),
klingia (Galium aparine etc., cf. klif) etc. etc.
Vergleicht man nun aber wieder zu die-
sen Wörtern den obigen, aus klik nasal.
Stamm klink, so kann man nicht umhin,
um anzunehmen, dass der Schallstamm kling
von klingen sich zum Theil mit klink ge-
mischt hat, bz. dass sich manche der obigen
Wörter statt vom. Schallstamm klik, klink
geradezu vom Schallstamm kling, klang von
klingen (clangere, sonare) ganz in derselben
Weise begrifflich weitergebildet haben, wie
dies von klik u. klak etc. geschehen ist.
Vergl. übrigens Weiteres unter 2 klinke u.
2 klinken am Schlüsse.
Es giebt ausser nd. klinke (Falte, od.
Runzel, s. unter 2 klingen) auch noch ein
nd. (cf. Br. Wb., Schütze etc.) klinke
(winkliger Schnitt, od. Biss , keilförmiger
Einschnitt od. Spalte), klinke od. klisch
(eingesägtes Querholz), Verb.: inklinken
(einen tcinkligen oder eckigen Schnitt in
Ettvas machen , od. eckig u. zackig ein-
schneiden) , ütklinken (ein icinkliges Stück
od. einen Keil herausschneiden), tvo klinke
loohl mit dem obigen nid. klincke (rima etc.)
ident. ist u. urspr. einen S2)alt u. Einschnitt
etc. bedeutete.
2. klinke, klink, Niet-Nagel, Niet-Stift,
Niet-Bolzen, bz. ein metallener Nagel, Stift
od. Bolzen, der an einem Ende einen brei-
ten od. jdatten Kopf hat u. dessen anderes
Ende od. Spitze, nachdem er durch zwei
od. mehrere Stücke od. Theile, die mit ein-
ander verbunden od. auf einander fest ge-
nietet od. geschlagen werden, sollen , durch-
getrieben ist, dann um- od. platt- od. breit-
geschlagen (bz. nach allen Seiten hin mit
einem Hammer umgeschlagen od. umgenie-
tet) wird, damit die verbundenen od. zu-
sammengefügten Theile nicht wieder ausein-
ander gehen , sondern fest auf einander
sitzenbleiben; — dat miit mit 'n klinke up
'n ander fast mäkd worden; — du must d'r
'u klink dörslän laten , de hold bäter as 'n
spiker. — Nid. klink ; engl, cliuch ; dän.,
schwed. klink. — Obschon wir unter die-
sem klinke (ebenso wie tinter ned, Niet) den
ganzen zum Fest-Nieten gebrauchten Bolzen
od. Nagel etc. mitsammt der umgenieteten
5 Spitze verstehen, so bezieht sich diese Be-
nennung doch eigentlich nur (cf. franz. le
rivet d'une cheville; span. la pnnta repatida
de un pcrno etc. bei Bobrik) doch eigent-
lich nur auf die umgenietete od. durch Schla-
10 gen u. Hammern gekrümmte od. timge-
k r ü m m t e Sp itze des betr. Nagels etc.,
wodurch eben die zwei früher getrennten
Stücke od. Theile fest an einander geklam-
mert u. mit einander verbunden werden,
15 wie dies auch durch eine Klamp e, Klam-
mer geschieht, woraus sich denn auch er-
klärt, dass engl, cliuch auch die Klam-
m e r (od. den Haken , die krumme Spitze
zum Festhalten u. Sich- anklammern an Et-
20 ivas) an den Füssen der Insecten bezeich-
net u. das davon weitergebildete cliiicher
auch die Bedtg.: Klanipe, Krampe, Klam-
mer etc. (cf. auch ncngl. clinch , Klaue ;
Schott, clink, packender Griff', das Fassen,
25 Umfassen etc.) hat. Vergleicht man nun
weiier , wie die Schallstämme klik u. klak,
od. auch klit u. klat, klip n. klap (cf. 1 u.
2 kladde, klater, klatte etc.) aus crepitare
neben Bruch, Biss, Spalt etc. auch die Be-
30 dtg.: Fleck, Schmutz, Schmiere etc-, bz.
schmieren, kleben, fest machen, heften, ver-
binden (mit Etwas etc.) entwickelten, so ist
es klar, dass sich aus den von klik od. klak
nasal. Stämmen klink u. klank auch wieder
35 (wie schon unter 1 klinke bemerkt) die Be-
dtg. : kleben an u. verbinden mit etc., od.
Haft (od. Fass u. Griff etc.) machen (an
Etwas), bz. fassen, halten, greifen, packen,
klemmen (cf. engl, clinch etc. unter 2 klin-
40 ken) etc., od, die von: Klammer, Klaue,
Klampe etc. (od. überhaupt das loas ein
betr. Etwas an ein anderes Etwas fest macht
u. das damit verbindet, bz. es greift, packt
u. festhält, cf. klimmen , klemmen, klam,
45 klampe etc.) entwickeln konnte u. dass dem-
nach von den aus klik tc. klak nasal. Stäm-
men klink u. klank sowohl 1 u. 2 klinke,
als 1 u. 2 klinken in der Bedtg. : Schcül u.
Geräusch machen, od. auch : schlagoi, stos-
50 sen (cf. klappen etc.), od. auch in der von :
zusammenfügen u. verbinden (mit Etwas)
abstammen. Will man für 2 klinke indes-
sen nicht die Bedtg. : haften od. packen,
greifen, festhalten, bz. fest machen u. ver-
55 binden (mit) etc. zu Grunde legen, sondern
lieber annehmen, dass man urspjr. ein krnm-
m e s u. g ebo g e n e s , bz. ein g e k r ü m m-
tes u. umgebogenes (von krumm ma-
chen, krümmen, biegen etc., od. Krümmung,
60 Biegung etc. ausgehend) darunter verstand
KLINKE KLINK
264
KLINKE KLINK
(s. oben u. cf. auch engl, the clinch of a
cable, der Ankerstich, od. der Theil eines
Taues, welcher um den Ankerrintj ijesteckt
wird, indem man dasselbe durch denselben
steckt od. scJdinfft , wobei man clinch aucli
als Schi i n g e fassen kann), so kann man
beim Vergleich der Schallstdmme kiiik ?/.
knak m. der Verba knikkcn, kiiiikkcn, sowie
der dazu gcJiörendcn ]\^örter (kiiik hat bei
uns nicht altein die Bedtg.: Bruch od. Bie-
gung, Krümmung etc., sondern auch die von :
zäher, fester, verhärteter TJion etc., eine Be-
dtg., welche beweist, dass auch knik ebenso
icie klik u. klak die Bedtg.: Fleck u. hier-
aus die von : Klebendes, od. klebriges zähes
Ktwas entwickelten, wie auch engl, cluncli
[harter, fester, zäher Thon, s. unter 1 klinke]
sich in dieser selben Weise neben clunch ///
der Bedtg.: Schlag etc. aus chlincli [packen,
od. urspr. kleben und haften neben so-
narc etc.] entwickelte u. dies auch so mit
clunjr u. cling [s. unter 1 klinke] aus dem
mit klik sgn. Sehallstamm kling der Fall
gewesen sein wird) auch annehme)), dass
die aus klik u. klak nasal. Stämme klink u.
klank aus der alten Bedtg.: Bruch (cf.
knik u. knak) die von: Biegung oder
Krümmung (auch biegen u. dessen y
billig aus bhag, hhnw^ hat die Bedtg.: bre-
chen u. entwickelte hieraus auch wieder,
wie knakken u. knappen, die Bedtg.: e.ssen,
geniessen, gebrauchen etc., od. ur.sjtr. loohl
mit den Zähnen zerbrechen u. zermalmen,
wie auch ja bruken u. bräken zweifellos
mit einander zusammenhängen), bz. bre-
chen u. biege n od. k r ü m m e n, u m b ie-
gen etc. entwickelten, die ja dem nhd. k\ank,
klanke, klenke, klinke (s. Grimm, Wb. V,
VöO seq.) zu Grunde liegt u. wobei Hilde-
brand nicht allein unser obiges Mmkc, bz.
nid. klink; engl, clinch u. schott. dank (pa-
ckender Griff), sowie nhd. klangel etc. (cf.
auch engl, cling [haften, kleben, ettoas pa-
cken u. sich daran festhalten etc.] , sowie
clung [klamm, kleberig etc.] etc. unter 1
klinke) anführt, sondern auch an unser
kinke u. weiter an ags. klencan (verdrehen
etc., cf. link etc.), die Stämme krank, kräng
(cf. krengen, kring, kiinkel etc.) it. nhd.
Schlinge (cf. auch slenke etc.) u. ags.
scrinkan etc. erinnert. Dass aber kinke
ebenso wie klinke seine Bedtg.: Verschlin-
gung od. Drehung, Biegung etc. (cf. kinke
am Schlüsse) auch aus der Bedtg. : Bruch,
Brechung, bz. des Brechens, Knickcns u.
Biegens erhielt u. mit kinken u. kikkcii, so-
wie engl, chick (Küchlein) , chick (keimen,
sprossen , bz. sich spalten u. so liercorbre-
chen, ausbrechen), chink (Spalte, Biss etc.
= mnld. klincke), chink (spalten , reissen,
bersten, krachen; klingen, klimpern etc.),
chanker (Kitze, cf. kid od. kidde, von goth.
kian, sjnilten, keimen etc.), chunk (Holzklo-
ben, od. Kloben etc., cf. Kloben u. klobig,
5 von clioban, spalten, reissen) etc. aus dem
Schallstamm kik, nasal, kink hervorging,
ebenso wie 1 u. 2 klinke etc. aus klink, bz.
klik = klak ist zweifellos u. bedarf es da-
her gar nicht der Annalune, dass etwa kink
10 durch Ausfall eines „1" od. „r" aus klink,
bz. krink enststand. — Was nun aber nhd.
klanke, klenke, klinke (Schlinge, Verschlin-
gung etc. od. Bänke, bz. ein Etwas, was
sicJt an ein Anderes festhält u. anklammert,
15 od. ein Etwas parkt u. greift u. dara)i hin-
aufklettert, cf. klif = Epheu etc.) anbetrifft,
so ist ein ahd. klankjan, chlankhan , klen-
kan (conserere, bz. knüpfen, binden, schlin-
gen) belegt, was nicht vom Subst. klanke,
20 klenke (Schlinge od. Bänke, bz. ein Etwas
was Haft u. Greif od. Fass macht, od. was
sich an Etwas anklammert etc., cf. klanken
in Grimm, Wb. V, 051) weitergebildet ist,
sondern entweder vom Fräter. klank eines
25 auch oberd. urspr. vorhandenen u. mit u)i-
serm 2 klinken (mag dies nun seine Bedtg. :
nieten, nageln u. festmachen u. ver-
binde n m i t etc. aus : schlagen , klopfen,
liämmern etc. u. einem davon gebildeten
30 Verb, klikan, od. aus der von: flecken,
schmieren, kleben, haften etc. [cf. klakke ti.
klikken u. 2 klinken] Jiervorgegangcn sein)
ident. ahd. klinkan od. klinkjan gebildet
wurde u. wonach das Präter. klank die Bedtg. :
35 klebte od. haftete, sass fest etc. hatte (klank-
jan := machen, dass Etwas haftete u. fest
•sass, sich verband mit Etwas), od. dass der
Stanwi klank einfach von klak in der Be-
dtg.: Fleck (od. Schmutz, Schmiere) u.
40 Bruch nasal, ist u. klankjan anstatt Bruch
od. Spalt mache n ebenso wie unser kl'Ak-
ken u. nhd kl ec k s e n blos die Bedtg. :
schmieren, kleben etc. hatte u. daraus eben
meder die Bedtg. : haften , sich haften an
45 M. verbinden mit etc. entwickelt hat.
Zum Schlüsse sei übrigens noch wegen
der nahen begrifflichen Verwandtschaft von
klinke u. nhd. klanke, klenke, bz . des Stam-
mes klank zu krank, kräng, kring etc., so-
50 tvie zu agerm. klank etc. u. ferner auch zu
slank etc. erwähnt, dass man für klik, klink
od. klak, klank u. krik, krink od. krak,
krank u. auch krig, krag od. kräng sowohl
eine aus gar (sonare od. crepitare etc.) er-
53 iveiterte y garg, gargh (umgesetzt grag, na-
.ml. grang od. [mit „1" für „r"] glag, glang
= germ. krak u. klak od. krag ?/. klag, cf.
klagen) (f/,s aucJi eine aus skar (als Schall-
wurzel) erweiterte y skarg od. (cf. Fick,
60 /, 242 u. 812) skark (umgesetzt skrag od.
KLINKEN
265
KLINKEN
skrak, ablautend skrik, nasal, skrang, skraiik,
skrink, od. [mit „1" statt „r"] skalg, skulk
= sklag, sklak, sklank) ansetzen kann, aus
der sich sowohl durch Ajihacr. od. Ahfidl
von „s" u. Ausfall von ,,k" u. Erweichung
des „k" zu „h" die Stann» formen: kark,
krik, ki-ak, krank od. kräng u. kring etc.
od. hrak, hrank, hiak, hlank (u. lank) — od.
statt urspr. skark u. skrak, skrank u. sklak,
sklank auch Stämme wie slak, slik (richti-
ger shiak etc. durch Erweichung des „k"
zu ,,h", loie in hlank statt klank), — slank,
sliuk, od. (statt hlank etc.) lank, link erga-
ben, u. ivonach es also gar nicht wundern
darf, dass Wörter, denen solche Themata
od. Wortstämme zu Grunde liegen (vergl.
im Folgenden solche) so oft in ihrer Bedtg.
so nahe mit einander zusammenfallen.
1. klinken (klunk, klunken), a) gleich 1
U. 2 klingen; — b) zu 1 klinke, Thurklinke ;
— wel klinkd dar (an de dör') ? — de klinke
is net inklinkd; — de dör' is net toklinkd ;
— dat slöt wil net inklinken. — Vergl.
übrigens auch das folgende klinken am
Schlüsse.
2. klinken (klunk, klunken), klinken od.
nieten, bz. fest machen od. festschlagen (ein
Etwas auf ein anderes Etwas, indem man
einen Klinknagel od. Klinkbolzen hindurch-
treibt u. denselben umn ietet),fest verhin den m it,
aneinander klammern etc. ; — dat schüpblad
is an de stäl fast klinkd ; — wen dat göd
kliukd is, den kan dat nöit wer lös gän ; —
dat is up 'n ander ferklnnken. — Nd., nid.
klinken; schwed. klinka; dän. klinke; engl.
Clinch ; schott. clink. — Da engl, clinch aus-
ser niete n od. k l i n k e n im obigen Sinn
auch die Bedtg. : mit der Hand fest grei-
fen, packen, festhalten, bz. festmachen, fest-
stecken (ein Tau an- od. um den Ankerring
binden u. schlingen od. knüpfen) etc. und
oberd., soivie auch nd. klinken (cf. Grimm,
Wb., unter 2 klinken sub 1 u. 3) die Be-
dtg. : sich einhaken, od. anklammern u. fest-
halten, fest anschliessen , bz. Etwas irncken
u. greifen etc. hat, so ist wohl kaum, anzu-
nehmen, dass auch unser klinken vom Subst.
2 klinke abzuleiten ist, sondern vielmehr an-
zunehmen, dass entweder das Subst. klinke
= engl, clinch etc. von diesem schon gewiss
alten Verb, klinken in der Bedtg. : kleben
u. haften (an Etwas), haerere (cf. klifen),
od. kleben u. haften machen (an Etwas) od.
fest machen u. verbinden mit etc. abstammt,
od. dass sowohl die Subst. 1 u. 2 klinke
u. die Verba 1 u. 2 klinken von einem aus
klik nasal. Stamm klink (cf. klik = klak
in der Bedtg.: Fleck, Schmutz, Schmiere,
Lehm etc. als an einem Etwas haftendes
etc., sowie : leimen, kleiben etc. von Leim,
Kleib etc.) abstammen , wie dies schon un-
ter 2 klinke ausgeführt ist. Zu klikken von
klik-klak , bz. mnd. klicken (argillare, bz.
leynicn, kloiben, klicken efte leinen, s. unter
5 klik) vergl. auch noch aengl. (S tratmann)
clicchen (haerero), Bräter. cliht(! u. clikzte
od. clikste , bz. clizte = mnd. klikte (cf.
clikzt od. clikst [haesit] u. clighte, soioie
clucchcu = engl, clutch , greifen , packen,
10 fassen, ergreifen, festhalten, die Hand zu-
machen, schliessen etc.; clutcb, der Griff;
die Klaue; die Kette od. Koppel Rebhüh-
ner ; die Koppjelung etc.) , was formell u.
begrifflich mit klikken u. klakken in der
15 Bedtg.: schmieren u. kleben, od. Schmier-
u. Klebestoff' (Heftendes) machen (an u.
auf Etwas), bz. es auf Etwas od. Eines fest
machen u. ihm anhangen u. sitzen machen
(als Act.) u. ihm anhangen u. ankleben (als
20 Neutr.) u. so auch mit klifen u. kläfen u.
ferner mit klimmen u. nhd. klammern etc.
zusammenfällt u. wozu auch engl, clinch
als Act. u. Subst. gewiss gehört u. also auch
hiedurch bestätigt ivird, dass der Stamm
25 klink aus klik nasal, ist, bz. dass klikken
u. aengl. clicchen ebenso wie nhd. klecken
u. unser klakken aus klak-jan {d. h. Klack
od. Fleck u. Schmutz etc. macheu an u. auf
Etwas, es Einem anhängen u. anheften, cf.
30 ahd. klakjan = S2)alt machen etc. , aber
auch: Fleck machen, cf. flecken = klecken)
aus altem klik-jau hervorging u. dass hier-
aus wieder klinken, bz. altes klinkjan in der
Bedtg.: fest od. haften machen etc. (an Et-
35 toas), sich Einem anhängen n. so auch:
einem Etivas anhängen ti. fest sitzen auf u.
an Etwas, ihm ankleben etc. (haerere etc.)
hervorging, wie wahrscheinl. ahd. klaukjan,
mhd. klenken (haften machen, fest machen,
40 binden etc., s. unter 2 Iclinke) aus klakjan
in der Bedtg. m£(,culare (od. Fleck u. Schmutz
od. Schmiere etc. inachen an u. auf Etwas,
bz. dies an Einem haften machen , od. es
Einem anheften) nasal, ist, sofern dessen
45 Stamm klank nicht schon etwa ein Präter.
des alten klinkjan ocZ. klinkan ist, wobei
man ja überhaupt nicht vergessen darf, dass
klik u. klak (nasal, klink u. klank) in der
Bedtg.: macula überhaupt .schon ein haf-
50 tendes u. festsitzendes Etwas so-
wohl, als auch ein sich Jemanden anheften-
des u. anklammerndes od. Einem anhaften-
des u. anklebendes (Klebendes od. Klebe-
stoff, bz. ein Etwas, loas haftet u. haften
55 macht u. .so auch verbindet, fest macht u.
fest hält etc.) Etwas ist. Ob nun aber 1
klinke nicht auch urspr. als ein Etwas was
f est od. d i cht macht , bz. als ein fe st-
u. d ich t- mach- Ding u. Ver schluss
ao der Thüre aufgefasst ist, wie ja auch
KLINKER
KLIP
2 klinke u. engl, clinch etc. ein Etivas ist
loas fest macht u. fest hält etc., ist
sehr fraglich, zumal auch Ja 1 klinken sub
h, wo es vom Scliliessen od. Fassen ii. Ein-
haken der Thürklinke soicohl. als auch vom
Einspringen od. Einfassen der Feder od.
des Riegels eines Schlosses gebraucht wird,
ebensowohl hieraus seine liedtg. herleiten
kann u. man (wofür auch die engl. Form
clinch sowohl, als unser klinke u. klinken
spricht) demnach 1 u. 2 klinke. 1 klinken
sub b u. 2 klinken in aller Hinsicht als
ganz dieselben Wörter auffassen muss , de-
nen blos die Bedtg. : fest machen (bin-
den, schliessen, dicht machen etc.) od. fest
halten (packen , greifen , halten etc.) zu
Grunde liegt.
klinker (Flur, klinkers), Klinker, od. ein
hart gebrannter, fester u. dauerhafter Back-
stein, od. Thonziegcl. Die klinker werden
ihrer grossen Härte icegen hier u. überall
in den norddeutschen Küsten-Gegenden, ivo
sonstiges Gestein fehlt, neuerdings in gros-
sen 3Iasse)i zum Chaussee-Bau verwandt u.
sind diese auch meistens grösser wie die
früheren gelben holl. Klinker, dir haupt-
sächlich zur Pflasterung der Trottoire u.
Ausmauerung von Cisternen etc. verwandt
wurden. Daher: Klin k er - Chaussee. —
Nd. klinker u. auch (Schütz e) klinker-
Bteen u. klinken; hW. klinkirt ; ?h»W. klinck-
aerd (later excoctns et durus imprimis) ;
mfläm. klinkaert (hrique dure et resonnante).
— Es wird meistens noch jetzt wie auch
früher angenommen, dass der Xame dieser
Ziegel daher rührt, iveil sie wegen ihrer
Härte hell klingen u. dass es demnach das-
selbe Wort ist wie nid. klinker (Vocal) u.
mnld. klinkaerd; mnd. klinkert (nuraus aurei
genus), sowie der K l i n g s t e i n, engl, clink-
stone genannte Fhonolith als klingendes
u. tönendes Etivas. Da indessen auch
das Knicker (cf. 1 knikker) genannte
Thonkügelchen sonst auch klinker, klikker
H. klukker heisst, so könnte man auch an-
nehmen, dass es überhaupt ein aus Thon
gefertigtes Etivas sei u. demnach der Stamm
klink mit mnd. klick (Thon, Lehm, argilla,
cf. klik) ident. sei, wie Ja auch klingke-miihl
etc. (s. unter 1 klinke) wahrsrheinl. zu klik,
klink (Thon etc.) gehört. Vergleicht man
übrigens engl, clung (harter Thon, s. unter
1 klinke), so könnte auch klinker als har-
ter Thon Ziegel zu unserm 2 klingen, od.
klinken, bz. ags. clingan (dnresccre etc.) ge-
hören, während man andererseits beim Ver-
gleich von lirikke u. schott. clinckcr (ge-
brochenes Felsstück, hartes Steinstück, Bruch-
stein etc.), norw. klank, klakje (Eis.'icholle,
od. Scholle, Bruchstück von Eis) etc. wie-
der annehmen könnte, dass klinker auch
ur!<pr. die Bedtg.: Bruchstein (u. so
auch: ein harter klingender Stein) gehabt
hat u. der Stamm kliik ursjir. einfach, wie
5 «»(7t in klinke, klinken, aus klik =i klak u.
kliik ((f. auch kliinkcr) nasal, ist.
klinkei'n, mit Klinkern od. hart gebrann-
ten (gelben od. rothen) Backsteinen pflastern ;
— de warf (Hofplatz, Trottoir), od. de weg
10 is klinkerd.
klinker-klär, od. auch klink-klank-klär,
hell n. klar, ganz unbczwcifelt klar, son-
nenklar, so klar (lauter, rein, glänzend etc.)
wie möglich; — dat glas (od. de win) is kliu-
15 kerklär; — dat is je klinker- (od. klink-
klank-) klär, dat lie dat dan hed ; — dat is
de klinkerkhire wärlieid; — t'ul klinkerklare
rosenrode blödskrallen (s. unter Larrelt). —
Xld. klinkklaar; nd. klinklar «. ((«c/t klink- J
20 schoon. — klinker od. klink bezieht sich fl
wohl eigentlich auf den hellen u. reinen
Klang von Etwas (von klingen , klinken,
tinnire), z. B. des Goldes, Glases etc., od.
es ist wie das von hallen stammende hell
25 od. heller (tinnien';) auch in die Bedtg. cla-
rus übergegangen.
kiilistorii, klimpern, klingeln, ein klingen-
dem od. klirrendes , helltönendes Geräusch
machen etc. ; — wat kliusterd dar ; — he
30 kluisterd mit sin geld. — Wang. klinsterje.
— Es ist möglich, dass dieses Wort mit
bagr. klinsel (Glöckchen), klinseln (klingeln,
klirren); östr. klinsel, klinseln; kärntn. klin-
zelii etc. ((f. Grimm, Wb. V, IJ'JO) aus
35 dem ahd. klingison ; amhd. klingesen (clan-
gere) //( der Weise entstand, dass Letzteres
zu klingsen u. dann zu klinsen contrahirt
ivurdc. Vielleicht jedoch hängt unser klin-
stern mit afries. klinna (klingen, cf. 1 klin-
40 gen) zusammen, worüber Weiteres unter klö-
nen zu vergleichen ist.
1. kli|). s. klippe.
2. klip, Schallstamm für feinere u. hel-
lere Töne u. Ablautform von klap, aus dem
45 sich selbstredend auch dieselben Bedlgn. ent-
wickeln konnten u. zum Theil entwickelt ha-
ben, wie aus klap (cf. klaj) u. die dazu ge-
hörenden Wörter, sowie die nachfolgenden
zu klip gehörenden und weiter auch die
50 Stämme: klamp, klemp, klimp, klump mit
ihren Ableitungen od. klak u. klat od. klik,
klit, knik od. knak, — knip od. knap, —
knit od. knaf, od. kip etc.). — dat geid al
tan kliji-klap, wen se mit hör holsken di»r 't
55 hiis geid; — klip! ^ä 't, do was 't spriin-
gen. — Engl, clip (Klapps, Schlag, Streich
mit der flachen Hand). Dass der Stamm
klip übrigens ebenso alt ist wie klap , geht
aus klippe, klipi)eii etc. hervor.
60 3. klip. Es ist mir nicht klar, tvas die-
KLIP 267 KLIPPE KLIP
ses von einem Etwas od. einer Sache, einem annehmen konnte, ist ja auch möglich, so-
Geschäft od. einem Handel, einem Verlob- ivie auch, dass die hieraus abr)cldtete Be-
niss etc., wobei Alles genau u. (jrimdlich dtg.: ,.f er tig" auch für \dA\)\) mit &e mnwA
durch- od. genau u. fest ab -gesprochen u. soivohl, als für cen klappe gast od. een
stipulirt ist, bs. ivo bei einer Sache etc. AI- 5 klipp niädken stimmt.
les endgültig abgemacht u. abgeschlossen ist, klip-klappen, Klipp-Klajjp od. ein der-
od. wenn alle Hemmnisse aus dem. Wege artiges Geräusch machen, klappern, kiep-
geräumt sind, od. Alles fertig u. geebnet ist pern etc.
u. nichts mehr im Wege sieht od. hindert klippe, klip, a) eine hölzerne, zinnerne
etc. gebrauchte Wort eigentl. bedeutet, da 10 od. blecherne Kanne (od. Gefäss, Behälter),
man es sowohl mit: abgemacht , rollendet, welche mit einer Klappe od. mit einem auf-
beendet, abgeschlossen etc., bz. ganz etc., u. niederklappenden Deckel (bz. einem De-
als mit: bereit, bereitet, zubereitet, gerüstet, ekel, tvomit man klip - klappen [klappern,
fertig etc. od. auch mit: behauen, behobelt, klcppern, klippern, klimpern] kann) verse-
beschnitten, zugeschnitten etc. u. sonach: 15 hen ist. — Compos.: ber-, ölje-, träii-klipp<j
fertig etc. , od. auch : eben, geebnet, rein, etc. ; — b) eine Klippe, od. eigentl. ein ris-
glatt, schier etc. übersetzen kann, wie dies siges u. geborstenes, od. abgespaltenes Et-
aus der nachstehenden Anwendung dessel- was, rissiges, geborstenes, zackiges Gestein,
ben hervorgeht, als: 't is nu all' klip^ un zackiger u. spitzer, steiler Felsen etc. =
klär tüsken uns beiden un de kop is hirmit 20 rupes (von rumpo) od. an. sker (von skera,
ofslaten; — de bandel is kli]) un klar; — reissen, spalten, schneiden, cf. an. klippa
dat scliip ligt klip un klär, um to ferseilen ; u. ivang. klip unter klippen) ; — c) ein Fels-
— dat is 'n klippen-klareu sako ; — de balke stück, ein Granitblock, ein grosser Flint-
is klip un klär, um brükd to worden ; — stein, od. statt dessen auch eine von Stei-
du brükst gans net to sorgen, 't is (od. ligt 25 nen gemauerte Unterlage, worauf die Stän-
etc.) all' klip un klär. — Im nd. (cf. Däh- der od. stehenden Balken eines gebindts od.
nert, Schütze, Br. Wb. etc.) kmimt sonst. Säulen ti. Tragebalken ruhen, damit
neben od. statt klipp auch klapp in der Be- sie nicht in die Erde versinken; — dat stük
dewsrtr^.- klapp un klaar vor u. ivird dort sten (oc/. de fliute) is göd to 'u klip nader de kö-
klapp (od. klipp) mit: rasch, hurtig, flink, 30 mgtAndesrösmölon; — ^]) eine Falle zum Fan-
fertig etc. (cf. klapp in [od. mit] de niund ; gen von Vögeln, wie klappe ; Cowpos. : fögcl-
— een klappen gast; — een klipp mädken klippe od. -klappe. — Nd. (Br. Wb., Däh-
[ivofür wir sagen würden : ene knappe meid, nert etc.) klippe, klipp (Klippe, rupes;
od. en knap wicht] bei den obigen Schrift- Falle, decipulum; Deckel od. Klappe); nid.
stellern u. auch bei Dann eil: klipp un 35 klip (Klippe; Falle); mnld. (KU.) klippe,
klaor = ganz, od rein klar etc. ; mit ämm kleppe (a. crepitaculum, crotalum ; — b. de-
is 't klipp un klaor, mit ihm ist es rein cipulum, transenna ; — c. postomis ; — d. ru-
Alle, er besitzt Nichts mehr) übersetzt. — pes, petra, cautes, scopulus, syrtes, scylla;
Vergl. dazu : ivang. klip u. an. klippa, — e) antrum, speluuca) ; mofrics. klipp (höl-
schneiden, theilen, spalten, hauen, schlage}/ 40 zerne Kanne); ivfries. klippe (rujies); nhd.
etc., bz. klap = ahd. klapli u. nhd. klaff klippe (a. Klippe, rupes; — h. Klapper ; —
(Schlag, Stoss etc. u. Spalt od. gespaltenes c. Wein- od. Bier-Kanne; — d. Falle, de-
Etwas etc.), sowie nid. beschaaft (behobelt cipulum).
etc.; gebildet u. glatt vom Wesen etc.), od. Duss diese Wörter mit an., isl. klippi
auch unser knap in der Bedtg. : nett, zier- 45 (massa, Klumpen, s. unter klampc u. klatte),
lieh, fähig etc. , wobei noch zu envähnen, bz. unserm klippen «. an. klippa (schnei-
dass das Subst. knap ebenso wie klap eigentl. den, bz. spalten etc.) sämmtlich zum Schall-
einen Knall etc. od. ein starkes nicht lange stamm klap, klapli, klaf, klab (cf. 1 klap),
anhaltendes u. rasch od. unmittelbar hörbar bz. dessen Ablautformen klep, klip etc. ge-
werdendes Geräusch bedeutet. Dass man 50 hören u. dass sich hieraus beim Vergleich
aber bezügl. des Abschlusses od. der Ab- von klak u. klik, bz. von knap u. knip^ u.
machung eines Handels od. Geschäfts etc. deren Weiterbildungen (e^f. auch an. klipa,
indessen auch daran denken könnte, dass klemmen, kneifen etc., kli|)a, klemmen, an-
durch einen klap od. Handschlag (s. gustiae etc. zu knap, atigusta etc. it. ^m kni-
klappen) Jemandem der Zuschlag ertheilt u. 55 pen , kneifen etc. , sowie unser knippen,
der Kauf dadurch abgeschlossen u. abge- .schneiden etc. zu an. klippa, schneiden, so-
macht wird u. somit (weil der klap den Be- wie unserm, knappen in ihren verschiedenen
griff des Abschlusses des Geschäfts etc. in- Bedtgn.) auch die Bedtg. : Fleck, Schmutz,
volvirt) dieses Wort als Adj. auch die Be- Schmiere, Klebestoff' od. Haftendes etc., bz.
dtg.: abgeschlossen, abgemacht, fertig etc. 60 die von: schmieren, kleben, haften,, klim-
KLIPPEN
26S
KLIPPERN
men etc. enticickebi konnten u. entwickelt
haben ist unter klimmen u. klifea etc. (an.
klippi, Kliiviprn ctr. kann ebensowohl wie
klampe, klirnj), klumpe in derselben Bedtcf.,
als ein aneinander it. zusammenklebendes
Etwas od. auch, wie wahrscheinl. un.'<er
klattc, dickes Stück, Brocken etc. , als ein
gespaltenes Eticas, hz. als ein Sjtrcnfjstück,
abgespriDigenes Etwas etc. anfgefasst sein)
bereits genügend erörtert. Ob nun aber das
ahd. cleji (Promontorium ». rupos, cf. auch
ahd. Ciichlep, rupcs u. haohchlep, consisto-
rium, od wörtl. : Hochklippe, hoher Fels etc.)
u. ags. clif (clivus, rupes) etc. nicht eher mit
ahd. clep u. cleib, cleip (gluten) zu klifen
= ahd. chlipan etc. in der Bedtg. : haerere,
adhaerescere od. hangen , haften u. kleben
(an Etwas, wie z. B. ein Schwalbennest an
einer Mauer klebt u. hängt), bz. in der von :
sich klammern u. festhalten (an Etwas) u.
so auch : k l im m e n, s teige n, a nsteige n etc.
(cf. dieserhalb klimpe u. dazu isl, an. klopp
[pous, scahellum sive gradus; murex, petru
promiuens ; limbus etc.] neben klorabrur [sub-
scudes], bz. unser klampe) gehört, od. wirk-
lich mit ahd. clilapb, bz. oherd. (cf. (irimm,
Wb.) Klapf, Klopf, Klupf (rupe.s), so-
icie auch rupes (cf. auch ital. sclieggio,
Splitter u. scbeggio, steiler Felsen, von sclii-
diae, bz. griech. scbidia, nach Diez) selbst
n. unser kVippo (rupos) auf die Bedtg.: reis-
sen, spalten, bz. Bruch, Riss etc. (cf. unter
klap) zurückgeht, bleibt doch zweifelhaft,
weil ja beides möglich ist. Vergl. dieser-
halb auch das Weitere unter Klippe (ru-
pes, scopulus) in G r i m m s Wb.
klippoD, durch Schlagen, Stossen etc. od.
Zusammen- u. Aufeinandcrschlcigen ein klip-
pendes od. klimperndes Geräusch machen,
bz. schlagen, aufschlagen, aufklingen etc.;
— se klippen (od. kleppen) d'r all' up berum ;
— wen du liör klippen borst, den must du
bengän un kikeii to, of se ber hebben wil-
len (wenn du sie mit dem Bierglase auf
den Tisch schlagen hörst, od. ivenn sie mit
dem Deckel des Bierglases klippen od. klim-
pern, aufklingen etc., dann musst du hin-
gehen etc.). — Es i.st ein vom Srhallstamm
klip = hoc.hd. klif, klipf u. V\\\) (in Klipp-
Klapp) gebildetes u. mit klappen u. kleppen
begrifflich zusammenfallendes Verbum, was
theils nur ein feineres u. dem Vocal .,i"
entsprechendes Geräusch wiedcrgiebt, ande-
rentheils aber auch wegen der ursjir. Iden-
tität u. Sguoni/mität von klij) u. klap (cf.
daselbst die Bedtgn.: sonus, crepitus etc.
neben Schlag, Stoss etc. u. Bi.'iS, Spalt etc.)
weitere Bedtg. hievon entwickelt hat. — Vergl.
dieserhalb : a) afries. klippa oi/. klejjpa (klin-
gen, aufklingen, tionirc) ; nd. (Br. Wb., Lah-
ne rt etc.) klippen; mnld. klippen (sonare,
resonare) ; nhd. kliffen ; ags. clipjan, cleop-
jan , clypjan (clangere , chimare , vocare) ;
aengl. clipien, clepien (clamare etc.); engl.
5 clepe (rufen . nennen) : — ferner b) vom
Begriff: Spalt, Einschnitt, Kerbe etc., od.
überhaupt von : hauen, schlagen etc., bz. vom
Zusammenschlagen od. Zusammenklappen der
beiden Klingen der Scheere (cf. knippen «.
10 kippen) ausgehend: nd. f.Sc/uV ^^ ej klippen
(scheeren, schneiden) ; wang. klip od. klip-
pen (flütk aufklippen, Flossen abschneiden
mit der Scheere): nfrics. klappe, kleppe;
aengl. clippen ; engl, clip (scheeren, schnei-
15 den, ab- od. beschneiden, schroten, kippen) ;
an., isl. klippa; norw. klippa, klyppa, Tm-
perf. klipte, klitfte , klyfte; schwed. klippa
(ausser schneiden, scheeren etc. hat dies
übrigens auch dieselbe Bedtg. wie unser
20 kuippen od. knipögen, d. h. die Augenlider
auf u. zuschlagen, bz. damit nicken); dän.
klippe ; — sodann cf c) noch: ags. clyp-
jian ; aengl. cleppen, clippen, cluppen; engl.
clip ; Schott, clip, clyp (umarmen, umklam-
25 mern ; festhaken , entern) ; afries. kleppa
(klammernd umfassen od. umklammern, um-
armen, umgeben, amplecti) ; was auch Fick
(II, öl) mit den obigen Wörtern zu den
Stcimmen klap, klip u. klam]), klimp (cf.
HO klap u. klam})en am Schlüsse) stellt, indem
er annimmt, dass sowohl die Bedtg. : schnei-
den , scheeren etc., als die von : umfassen,
umarmen etc. aus der von: zusammen-
schlagen od. auf- u. in-einander schla-
35 gen (od. stossen, drücken) entstand, wobei
noch bemerkt sei, dass er nhd. klaiien od.
kläffen, kliften, bz. klitf-klalf, soivic an. klifa
(singen, tönen, .schallen) od. dessen Thema
klat" zu skr. jalp (cf. galpen u. gilpen etc.)
40 als Weiterbildung von jar, gar (sonare) stellt
u. es also vom Schallstamm klap od. klip
trennt u. dann ferner für klifen «. klim-
men, bz. nhd. clipan etc. u. climban etc. ein
Thema klib (cf. III, 5>) aufstellt u. also
45 annimmt, dass klampeu u. mlid. klimpfeu
(u. demnach auch wohl klam, wie gleichfalls
nhd., Klamm u. klemme, klemmen etc.) mit
klit\'n u. klimmen unverwandt sind.
klip-kaniiP, Kanne mit einem festen u.
50 beweglichen Deckel; i. q. klippe sab a, od.
es ist ein Compos. von klippe = Klappe
od. Deckel (cf. nd. klippe unter klii)pe) u.
kaune.
kiip-kr«;?, eine kleine Winkel-Schenke od.
55 ein geringes Wirthshaus. — Nd. (Br. Wb.)
klippkroog ; mnd. klipkröch. cf. klipschole.
Davon :
klip-kriij2;er, der Krüger einer solchen
Schenke.
üO klipperii, ci-epitare, tintiunare etc. Iterat.
KLIPS
269
KLIRE KLIR
von klippen etc. -- he klippcrd mit do dek-
sel fan 't IterkrAs ; — wat klij)pord dar al ?
klips od. klip. Wenn eine Sonnen- u.
Mond-Finsternias ist u. Sonne od. Mond zum
Theit od. ganz verdunkelt u. hedeckt sind,
so heisst es hier: d'r is (od. sitt) 'n klips
(od. klip) np de siiiin', bz. de man. — Üb
dies Wort wirklich aus lat. eclipsis corrum-
pirt od. mit klippo =; Deckel (cf. klipkaiine)
connex ist? cf. auch klik sub h.
klip-schole, Winkelschule, od. eine kleine
Privatschule , die nicht unter Aufsicht der
Behörden steht, wie es früher derer sowohl
in hiesiger Stadt, als auch auf dem Lande
überall .solche gab. — Auch nd. u. mnd.
klipschole in der Bedtg. : Winkel- od. Ne-
benschule. — Ob hier klip nicht mit klippe,
kleppe in der Bedtg. : Spalte, od. Spelunke
(s. unter klippe u. auch unter klap) etc. zu-
sammenhängt II. sich daher auch das obige
klipkrög herschreibt ?
klip-selmldeu, Schulden für allerlei Klei-
nigkeiten, kleine Haushaltungsschulden für
Krämer- u. Bäckerwaaren etc. , wie kwik-
od. plikschulden. — Nd. (Dann eil) V\\^i^-
od. klapper-schulden , (S c h u m bac h) klip-
perschulden.
Fcüls dies auch dasselbe Wort ist wie
mnd. klip-, klep-schulde , bz. afries. klep-,
klipskelde (klingende Schuld, bz. Kling-
schatzung , welche die Friesen Karl dem
Grossen, od. den dänischen Königen zahl-
ten), so dürfte die Vorsylbe klip als Kür-
zung von klippe od. klipper in dem heuti-
gen klipschuld doch loohl schwerlich noch
die Bedtg. tinnieus haben, sondern vielmehr
mit klippen (= knippen) in der Bedtg. :
schneiden od. spalten, reissen, springen etc.
(cf. auch die Vorsylbe klapper zu ahd. claph
[Bruch, Spalt, Riss etc.], bz. zu klappen =
ahd. clapliön, spalten etc.) zusammenhängen,
wie dies auch im nd. klippkram (Kleinkram,
Trödelkram od. Schnittkram) , klippkramer
(Kleinkrämer, Höker, Trödler, od. Schnitt-
krämer, Krämer od. Person, welche in einer
Bude Klein- u. Schnittwaaren verkauft) der
Fall sein wird. Vergl. dieserhalb auch
(G r i m m , Wb.) Kl itt er schuld u. das
syn. dän. klatgjeld (von klat = Klitter od.
Flitter), bz. das wohl für klatschuld stehende
nid. kladschuld (von klatte, Fetze, Lumpe,
bz. Zerrissenes etc.) u. kliekschuld, ivas (cf.
nid. kliekje, Bröckchen, Geringes, Kleinig-
keit) auch mit unserm kwikschuld (cf. kwikke
u. kwakke in bikwikken un kwakken , bei
Kleinigkeiten) stimmt, wobei man nicht ver-
gessen muss, dass Klitter u. Flitter beide
ja auch ebenso wie klatte ein Etwas bezeich-
nen, was durch Spalten, Bersten, Reissen,
Springen von einem andern Etwas abspringt
od. abfliegt u. abspritzt etc. u. sich hieratts
sowohl die Bedtg. : Fleck, Schmutzfleck, od.
Spritz-Ding (cf. spütter, sowie klik u. klak
etc.), als auch die von: kleines od. dünnes,
5 leichtes Etwas, Stückchen etc. (cf. Hifje,
2 flits, flitter etc.) ergaben.
klii'<', klir, Drüse, Mandel; — de kli-
ren sunt huni answullen. — Nid. klier ; mnld.
kliere (tonsilla, glans, glandula ; Struma, choe-
10 ras, toles, scrofula); mfläm. kliere; schalt.
clyre (dasselbe) ; ndrhein. clyren (toles) ; sie-
benb. klauren (Halsdrüsengeschwulst). — Ver-
gleicht man dazu mnld. (KU.) kliere (bubo,
hulcus inguinarium) u. dass er dieses kliere
15 auch mit klap-oore (bubo, panns inguinis,
bubo venereus, panus in inguine, od. Ge-
schwulst an der Scham etc.) zvieder giebt,
so ist es klar, dass klier mit dem von Schmel-
ler (cf. die neueste Ausgabe von From-
20 mann) Band II, Spcüte .533 aufgeführte
Schlier (Schwäre am Leibe, besonders an
den Schamtlieilen etc.) ident. ist u. demnach
klire als Drüse, od. als Kropf eine An-
schivellung, Geschwulst od. G e schwur be-
25 zeichnet. Da aber die kliere od. Schlier
(cf. auch Hess. [Vilmar] Schlier =
Scrophel, blindes Geschwür, Balggeschwulst
u. dergleichen) benannte obige Krankheit
(ebenso tvie bei der Diphteritis) darin be-
30 steht, dass sich kleine Schwären od. Pusteln
u. weisse Fleckchen auf der Haut bilden,
die später stinkenden Eiter od. Jauche ab-
sondern, so dürfte dem Worte klier od.
Schlier wohl überhaupt die Bedtg.: Fleck,
35 Schmutz, Schmiere, Unrath od. Unsauberes,
Ekliges etc. zu Grunde liegen u. es dasselbe
Wort sein wie das von Sc hm eil er ange-
führte Schlier = Schlamm, Dreck, Schliek,
Lehm, Mergel, od. überhaupt: zähe, kleb-
40 rige, schlammige, schmutzige u. schleimige
Masse, wie auch das Verb, schlieren,
schmier en etc., bz. mit unserm kleien,
klemen u. mnd. klicken (s. w/((er klik) syn. ist.
Hält man nun die Bedtg. : Schmutz od.
45 macula als die urspr. fest u. vergleicht man
nhd. Klitter = Fleck u. klittern =
klirren (cf. klatern u. klatergold) etc., soivie
dass überhaupt die Bedtg. : Fleck, Schmutz
etc. u. die von Fetze, Lappen (cf. ahd. flec
50 [Lappen, Stück etc.; Fleck, Beschmutzung
etc.] u. dazu 1 kladde, nebst klater, klatte,
klak, klik u. die dazu gehörenden Wörter)
etc. aus der von : brechen, bersten, springen,
spalten etc. hervorgeht, so liegt es sehr nahe,
55 um das nd. kliere u. oberd. Schlier (diese
Wörter kommen in den älteren germ. Spra-
chen nirgends vor) vom afranz. esclier (zer-
splittern, zerspcüten, auseinander bersten u.
springen etc.) abzuleiten, was nach Diez
60 von sliten (schleissen) = urspr. sclitan, ahd.
KLIS
270
KLISTER
sclizan, slizan (scindero, abscindere etc.) ab-
stammt tt. wozu dann mich das fränl-. Klier
(ein uuvollkomineti eiitniainäer Hahn, llalb-
castrat, cf. iDiser khiphingst) sowohl, als ilas
auch von H i l d e hr a nd (G r i mm, Wh. V,
1163) unter Klier aufgeführte ziceite KU er
(ein Frauken lap) begrifflich stimmen loürdc.
klis, ein metallenes Schustergeräth zum
Andrücken u. Dichten od. Schliessen der
Sohlenlanten. — Ist dabei an griech. kleis
(Schlüssel) von kloiö (schliessen, y klu aus
skia, cf. sluteu) zu denken:'
1. klispei', die steife Schweinsborste, zvelche
auf dem J'echfaden des Schusters befestigt
i.<it u. die Stelle der Nadel am Faden beim
Durchstecken durch die mit der Ahle i-!or-
gebohrten Löcher im Leder vertritt. — Baijr.
(S c h mell e r) kloisper u. tyrol. (cf. G r im m,
Wb. V, 113:i unter 2 kloisper) kleisper,
kleispo, kloisto. Da in altoi Zeiten Splitter
von hartem Holze od. von Knochen, .<iowie
auch Dornen zum Durch- u. Feststecken
der Kleider (bz. nrsjir. der, anstatt der ge-
webten Zeuge getragenen Thierfellc) sowohl,
als auch zum Nähen gebraucht icurden , so
wird es dasselbe Wort sein, wie oberd. (cf.
Schmeller, bz. Grimm, Wb.) kleisper,
klisper, kleispe (Splitter, Spreissel), tvas viel-
leicht aus kleipser, klipser, kleipse (cf. unter
gaps etc. mnd. gcspe, souu'e wespe .s^rti< wepse)
versetzt ist u. mit kleibse (cf. Schmeller
unter kloisper) u. (cf. Grimm, Wb. V,
1210) klipso, klimpso, kliinse (Spalte, Kitze)
wohl besser zu klippen (schneiden, spalten
etc., cf. auch klippe neben ahd. chlaph [rii-
pes] unter klippe) gestellt icird, als zu ahd.
kliobaii (cf. kloten), obschon allerdings oberd.
kleipsor u. kleihsc besser zu dem aus ahd. clio-
ban oitstandenen klieboji (spalten) u. dem dazu
gehörenden kleibeu (kneipen ; spalten) stimmt.
Die neben kleispe auch in der Bedtg.: Split-
ter vorkommende Form kloiste kann eben-
sogut wie klimse aus klimpse durch Aus-
fall des „p" aus kloii)Se entstanden sein, ob-
schon es auch möglich ist, dass kleiste aus
klisto, bz. klizte hervorging u. zu der Ab-
lautform klit, ahd. kliz (cf. klits, klittcr,
klitleni) von klat, ahd. klaz (cf. klater, klatte
etc.) gehört. Vergl. dazu das folgende :
2. klisper, scharf, weise, klug, schlau
etc. ; — he is so klisper, dat hö 't gras was-
sen hören kan ; — dar bist du nog not klis-
per genug to, dat du mi anfufen kaust. —
Schwed. (nach llietz, cf. Grimm, Wb.
V, 1133 unter 1 kleisper sab 3) khspr (schlau).
Dass dieses Wort gleichfalls aus kjipsor ver-
setzt ist, geht aus schwed. (cf. Möller, Wb.)
klipsk (aus klippisk, wie unser siiipsk (aus
suippisk = nh(t. schnippisch, cf. noch glipsk
VOM glippen) hervor, ivas gleichfalls die Be-
dtg. : schlau, erfinderisch etc. hat u. jeden-
falls mit schwed. klippt (genau, abgeicogen,
zierlich) zu klippa (schneiden, beschneiden,
scheeren) gehört u. wonach dann klipsk u.
5 klispr nrsjir. ivohl die sinnl. Bedtg.: schnei-
dig od. schneidisch, scharf (u. so: scharf,
eindringend u. fein von Verstand) hatte,
wobei sicli aus : seh n e i d i g u. s cha rf
einerseits sowohl die Bedtgn.: fein, dünn,
10 spitz, stechend etc. od. die subst. von: schar-
fes, feines, dünnes, spitzes, stechendes Et-
was, bz. die von: Scharf- od. Fein-, Spitz-,
Dünn-, Stech -Ding (die für klisper als
S c h w e i n s börste sowohl , wie a uch für
15 die Bedlg.: Splitter [ein Splitter, den
man sich in den Finger stösst, ist auch
scharf u. spitz od. stechend u. vertoundend
etc.] passt), als andererseits auch die von :
scharfer, stechender Zustand (Zustand wo
20 Etwas od. ein Jemand scharf, stechend n.
bitter od. gereizt u. böse od. empfituUich ist,
cf. glipsk als Zustand od. als Sein, wo man
glipt od. gleitet), bz. empfindliches Wesen etc.
entwickeln konnte, sodass auch nhd. (Grimm,
25 Wb. V, 1133) kleisper, kleiszpar, kleiszbar
(heikel, empfindlich od. leicht gereizt u. ver-
wundet) wahrscheinl. mit unserm klisper
vom Verb, klippen (schneiden od. spalten,
bz. verwunden , ivund machen) abstammt,
30 obschon dieses Wort auch ebenso tvie w u n d-
od. V e r w u n d -bar von iv u n d od. Wu n de
als Schnitt od. Spalt etc. mit dem Suf-
fi.v par, bar weitergebildet sein u. icörtl. so-
viel als: ritz-, od. reiz -bar (cf. Reiz
35 aus riz [Riss, Spalt, Wunde], von rizan =
nnserm riten) bedeutet haben kann, wobei
es dann aber auch möglich ist, dass der
Stamm des oberd. kleizpar zu einem alid.
cliozan od. klizan (cf. klote u. klute etc.)
40 in der Bedtg. : reissen od. spalten (u. so
auch: verwunden etc.) gehört.
Zum Schlüsse sei noch des mit klampe
sgn. nd. (Br. Wb. II, 794, D ahn er t etc.)
klaspo u. klaspern (klampeu u. klammern)
45 gedacht, toas mit (cf. Grimm, Wb. V,
1335) Oldenburg. -nd. klospe; fläm. clisp
(Klampe, Klammer), sowie engl, clasp (Ha-
ken, Haspen, Heftel; Hakenblatt, Haken-
blech; Schliesseisen ; Presse der Spinner;
50 Krampe, Klammer; Mantelhaken, Schnalle
etc.) ; aengl. (S trat m a n n) claspe, clospe
(fibula) gleich ist u. auch aus klapse, klipse,
klopse versetzt ist u. mit schott. (Jamie-
son) clips (grappling-irons, used in a sea-
65 figlit, bz. Entcritaken ; an Instrument for lift-
ing a i)ot by its ears, or for carrying a
iiarrel ; liooks for catching hold of fish) zu
schott. clij», bz. ags. clyppan ; afries. kleppa
(s. unter klijtiion) gehört.
GO klister, Kleister, das aus feinem Mehl,
KLISTERN 271 KLITS
hz. Stärkemehl od. reiner Stärke bereitete (/leiehfalls aits flite od. flit (verstärkt flits,
Klebemittel — Nd., mnd. klistor; idd., bz. wie klits, klats, klaps etc. aw.s- klit, klat,
mitld. (KU.) klyster, kliester, klisLer; (gln- klap etc.) nasal, zu sein scheinen u. 1 tlinte
teil, colla); mflihn. kliester, klistcr ; svhott. = ahd. flinz (cf. dazu noch noriv. flindra
claister; ist. klistr (gluten, liitum) ; schived., 5 u. Unter, sowie flis in der Bedtg.: Splitter,
dän. klister. — Es ist fast zweifellos, dass S^jan, Sjialt etc. zu dän. klitter u. nnserni
dieses W^ort mit der Endung ster (wie bul- flitter u. flits) sowohl, wie auch 2 tlinte (mag
ster etc.) von unserm aus einer idteren Form dies nun die Bedtg.: Klumpen, Haufe etc.
kli entstandenen klei iceitergehildet ist u. es od. Rotte, Schaar gehabt haben, cf. klatte
wie dieses ein schmieriges, klebriges Etwas, 10 m. nid. klit unter klatte sub a) von Hause
od. vielmehr ein haftendes u. Haft od. aus ebenso wie klint u. klaut, bz. isl., an.
Kleben machendes Etivas (die En- klettr (rupes, s. unter klatte m. klateru, so-
dung Star aus sutar [cf. süster, schöster, loie unter klippe) auf die Bedtg.: Bruch,
neister] heisst tcijrtl. : Macher, Erzeuger etc.) Riss, Spalt etc., bz. brechen^ reissen, .iprin-
bedeutet. Man kann indessen dies Wort 15 gen, spalten etc. zurückgehen u. auch 1 tlinte
auch wohl direct vom Verb. 1 kleien = od. flint (silex) urspr. ein abgesprungenes
urspr. kli-aii od. kli-au (s. dieserhalb unter od. abgesprengtes Etwas (Spreng- od. Bruch-
klemen sub b) ableiten, da dessen 2. Pers. stitck) bedeutete, tvie dies auch mit ahd.
präs. kleist od. urspr. klist, kliest (Du, Per- clapli (s. unter klap) der Fall ist. Sollte
son od. Ding, Sache etc. schmierst od. kle- 20 indessen das Wort flint = ahd. flinz (silex
best, od. eigentlich: Du, Person od. Sache etc.) urspr. als ein Klumpen od. Knol-
thust u. machst schmieren u. kleben) auch len (es hatte urspr. auch die Bedtg.: Me-
dafiir })asst u. klister dann mit dem Suffix teorstein, während andererseits die Kiesel-
er hievon weitergebildet sein würde, ganz knollen in der Kreide gerade hauptsächlich
wie auch mhd. klenster, chlenster (Schmiere, 25 flinten heissen u. zu den Feuersteinen der
Kleister) in derselben Weise von ahd. kle- Flinten od. Schiessgewehre deshalb vorzugs-
nan (schmieren, kleben etc., s. unter k\emen loeise benutzt werden, weil sie sich so gut
sub b) gebildet ist u. wozu auch die Bedtg. spalten lassen), bz. dickes u. unfärmliches
von klister als klebendes u. haftendes Et- Stück aufgefasst sein , so würde sich auch
was (klebriger Stoff od. Klebestoff etc.) in 30 diese Bedtg. ebenso une bei klatte m. klöt,
der Hinsicht besser stimmt, als dieses Wort klüte wieder aus spalten, reissen etc.
sonst auch (cf. Grimm, Wb. V, 1134) die ergeben, wie dies unter diesen Wörtern zu
Bedtg.: Speichel, Epheu (cf. Uli) 31 i- ersehen ist. Zu klit u. klat, bz. flit, flint,
siel etc. hat u. selbst ein an den Galgen flitter etc. cf. auch die Stämme plat, plet,
gehängter od. hangender haftender Mensch 35 plit u. plant, plent, plint etc. , wobei noch
ein klfster genannt wird. Vergl. auch mnld. zu bemerken ist, dass manche dieser Stämme
(KU.) klyte, klyt (argilla); engl, clite (Lehm, sowohl im germ., als griech. etc. aus einer
Schlamm), was beim Vergleich von klei auch idg. y spar, spal, spri, spli (cf. spolte, spol-
wohl zu 1 kleien, bz. zu dem obigen urspr. den, Splitter u. splitteu etc., sowie spredeu
kli-an od. kli-an gehört. 40 u. nhd. spreitzen, spreissen etc.) in der Be-
klistern, kleistern, kleben, leimen etc., od. dtg.: reissen, spalten (od. urspr. wohl: cre-
machen, dass Etwas sitzt u. an einander pitare etc., wie bei klap u. klak) hervorgin-
hängt; — he klisterd dat d'r an (od. up 'n gen u. dass griech. plinthos (Ziegel, od.
ander) fast; — kanst du de stükken net urspr.icohlBrtichste in,wieunserhvVske),
äfen wer an 'n ander (od. tosamen) klistern? 45 böhm. plita (Sandstein) etc. demnach ebenso
— dat mut äfen afer- od. fer-klisterd wor- wie unser flinte u. plinte u. plante etc. auf
den. — Nd. klistern ; mnd. klisteren ; isl. die Grdbdtg. : reissen, spalten, springen, ber-
klistra; schwed. klistra; dän. klistre. steti etc. zurückgehen.
}i.\\^\e:V\g. kW^i^Vg^ kleisterig, klebrig, pap- 1. klits, s. klitse.
pig etc.; — dat bröd is so kllsterg, dat en 50 2. klits, verstärkte Form aus 1 klit m.
't all' an de tandeu fast sitten blift. Ablautform von klats. Daher: klits-klats
klit. Wegen dieser Ablautform von klat = nhd. Klitsch- Klatsch u. nid. klits-klats
= ahd. klaz vergl. ausser den schon unter etc. als sgn. mit klip-klap u. klips-klaps od.
klater u. klatte etc. beigebrachten noch die klik-klak etc. Es bezeichnet ein feineres Ge-
nachfolgenden hieher gehörigen Wörter, als: 55 rausch wie klats u. wie dieses auch einen
klits, klitse, klitske, klitter etc., xoobei ich Schlag od. Klapps; — he gaf hum 'n klits
noch wegen des Seite 511 im ersten Bande an de uren. — Nhd. Klitsch (klitschen-
bereits behandelte)/ 1 u. 2 flinte od. flint der Schall u. Schlag etc.; Klümpchen od.
bemerken will, dass mir beide Wörter (ebenso Klumpen, Stück etc. ; Fleck, Makel, Schand-
wie klint u. klant [rupes] aus klit u. klat) GO fleck; klebriges u. teigiges Etioas, Teig etc..
KLITSE KLITS
272
KLOEFE
<?/. 1 klailile, kliiter, klattn etc.); ioaticj.
(Ehrentraut, II, 35) klots (in 'n klots
= in einem Sprunye od. auf den Schlag
od. Fleck etc., cf. 1 flits u. klitscn); nW.,
mnhl. klets (ictus rcsoiians, fragor, tax), cf.
noch enf/l. clit-clat (Klatscher, Schwätzer) ;
ist. klid, kliil.an, klidr (uarritns), klitlr (su-
surnis) u. ]Vcitere,>i unter klater, klattc,
klailde etc.
klitso, klits, ein .'<ch}nutzi(/e.<t, unreines
od. leichtfertige.'^ u. gemeine.'^ u. la.^^terhaf'tes
Weibsliild, Hure, hz. eine Uitndin od. Fetze,
cf. tiile. — Nid. klits; mnld klitse (Petze).
Zu klit, hz. ahd. klaz (Schmutz etc.). cf.
klator u. klatto.
klitseii, a) klatschen, schallend schlagen,
od. werfen., schmettern etc.; — he klitsd
buin au de oioii, dat 't brumd ; — he klitst
dat au de waud, dat 't in hunderd diisend
stükkeu fliigt ; — h) springen, rnnnen, eilen,
rasch laufen etc. = llitsen ; — hr klitst d'r
hiugs, dat 't so 'u iird hed. — Nid. kletsen,
klitseu (klatschen, schlagen ; schwatzen ; wer-
fen , schmeissen , schmettern etc.); wang.
(Ehrentraut, I, SO) klets (rennen etc.);
mnld. klotsen (resono ictu vorberare). cf.
nltd. klitschen in (jriinm, Wb.
klitsig, klitserig, klitserg, teigig, klei-
sterig, klebig, schmierig, schlüpfrig etc.;
z. B. vom Brod od. sonstigen Backwerk (cf.
klemsk), od. auch von einem schmutzigen
od. schmierigen u. schlü])frigen Weg etc.
cf. nhd. klitschig u. oben unter klit« das
nhd. Klitsch in der Bedtg.: klebriges Et-
was, Teig etc.
klitske, Zofe (cf. kamerklitske), od. eigenil.
wohl ein flatterhaftes, leichtfertiges, eitles,
putzsüchtiges Mädchen (cf. flirtje), toonach
es aucli mit klitsen in der Bedtg. : rennen,
umherrennen etc. connex sein kann, falls
es nicht etwa zu klitschen in der Be-
dtg. : klatschen , schwatzen , plaudern etc.
gehört.
1. klitter (Plural klitteis), dünnes Blech-,
od. Metallscheibchen, Metallflittcr. — Nhd.
klitter (Fleck, macula), cf. klit als Ablaut
von klat =: ahd. klaz in derselben Bedtg.
wie klak.
2. klitter in geklitter, Geklirre, Gerassel etc.
klittere, a) Klimperei, Rasselei, Geklirre
etc. ; — h) /. ({. klattcre u. klOterö.
klitter-gold, s. klatergold.
klitter-kräm, Flitterkram, Klimperkram,
Kram od. Zeug von geringem M^erth etc.,
cf. klOtcrkräm.
klittern, klirren, rasseln etc., von klin-
genden Gläsern, Metallstückcn, an das Fen-
ster schlagender Hagel etc. cf. klateru «.
klötoru.
kliven, kliveru, s. klifeu etc.
klöfe, Sjialte, Ritze, Kerbe etc.; — 'n
klöfe in 't holt ; — dat sitt (od. ligt etc.) in
(od. tiiskou) 'u klöt'e; — uiirsklöfe (Arsch-
kerbe) ; — härklüfc (Uaar.^cheitcl, hz. Stelle
5 wo das Haar gespalten od. getheilt u. )iach
zwei ver.'fcJtiedenen Seiten hin gestrichen ist.
— Nd. klüvo, klovo, klüwe; mnd. klöf", klove,
klave (riiua, tissura, Spalte, Ritze, Hohle,
Kluft, gespaltener Stock zum Vogelfangen
10 = ahd. rloho, s. unten; die Spalte in der
die Zunge der Waagschale geht; ein Bund,
rooa etc., s. unten hei nhd. Kloben); nid.
kldof (Spalte, Kluft, Ritze, Riss, Schrunde) ;
mnld. klove (liuia, lissura, scctura) ; mfläm.
1.5 klove; afries. klova, clowa, clanwa (Kluft
■== Abtheilung, od. Bezirk, cf. kluft, klüft) ;
ags. (H. Leo) cleäfa, clyfa, cküfa (Spalte,
Kluft, Höhle, Lager, Vorrathskammer, Kel-
ler, Zelle) ; aengl. devc (cella, culiile) ; engl.
20 chfi' (Spalte, Kluft) u. dove (Kluft, Schlucht);
an. kloti (Thürklohen), kleli, klofi, Plur. kle-
far, klot'ar (kleines Seitengemach zum Auf-
bewahren von Speisen, od. Vorrathskammer
etc., wie ags. cleäfa etc.); an., isl. klauf (ge-
2r) spaltener Huf eines Thieres, SpaJte, Kluft
etc.); isl. klof (femoruui intercapedo, bz. das-
selbe loie unser schrid sub b, bz. d), kloti
(tissura; furca; trames, incitae; fores) ; norw.
klauv (gespcdtener Huf; Spalte od. Ein-
30 schnitt, Kerbe etc. in einem Balken od.
Ständer, Pfosten etc.), klov (Spalte, Kluft,
Ritze etc.), klova (Spalt, Kluft, Oeffnung etc.),
klove (Kluft, Winkel od. Spalte in den Felsen
= an. , bz. isl. klofi) , klova od. klaava,
35 klaavaa (ein gespcdtener Stock, bz. ein Klo-
ben zum Fangen, Fassen u. Klemmen etc.,
daher auch : Klemme, Kluppe etc. , od. das-
selbe wie unser knipe (ds Geräth od. Werk-
zeug, womit u. wozwischen man Etwas ein-
40 klemmt, cf. unten ahd. chlobo etc.), kleve,
klave, klaava (Felsspalte, bz. cella od. Höhle
etc., benutzt als Vorrathskammer etc. = an.
kleti u. ags. cleäfa etc. , s. oben) ; schioed.
klöf; dän. klov (gespaltener Huf, an., isl.
45 klauf, s. oben); schwed. klofva (Kloben,
Schraubstock, Zwinge etc. , cf. oben norw.
klova); <did. (Schade) clobo, chlobo; mhd.
klobe (gespaltener Stock zum Vogeljangen,
ancipula; überhaupt: Falle, decipula, mus-
50 cipula; Stock in den man Gefangene legt;
um einen Stock geflochtenes od. daran ge-
hängtes Gebünde) ; nhd. Klobe, Kloben
(ein an dem einen Ende wie eine Gabel
gespaltenes Holzstück zum Klemmen, Fest-
55 halten etc., od. ein gespaltenes u. zweithei-
liges Etwas, zwischen dem Eins od. Etwas
eingeklemmt u. festgemacht tvird, od. was
Einem wie eine Klemme aufgesetzt wird,
ganz wie loir ein gespaltenes Stück Holz
GO auch eine knipo nennen, wenn wir einem
KLOEFEl^
27:5
KLOEFEI?
Hunde ein solches auf den Schwans od.
einem so)ist. Thierc auf die Nase Idcmincn
(cf. dieserhalb auch bei KU. kl('i)])e, klipi»o,
idemnic, kiiippo [(locij)ulmn, traiisoniuil za
klojjpo, klippo [poBtomis] u. zu klijipo |i-ti-
])os] unter klipp(! u. dieses zu klji]ipo, klainpo,
klemme etc.), womit auch nd. Idabcii ((jros-
ses Scheit Höh) u. mnd. kluwcn (cf. hei.
Seh. u. L. unter klof etc. u. dazu unser
klufe) tvohl von Hause aus ident. ist, da
sich alle diese Wörter, ebenso loie auch an.
klyf (die zioei g eth. eilte, auf beiden Sei-
ten des Pferdes getheilte, Last) etc. als Ab-
hömmlinge des Verb. : ahd. cliobau etc. (sjmü-
ten, reissen, Idaffcn, sich öffnen, auseinander-
gehen ti. stehen, sich trennen u. theilen etc.)
ergeben. Vcrgl. Weiteres unter Klobe in
Grimm (Wb. V, 121!) seq.). Wegen clio-
ban s. Weiteres unter klöfcn.
klüfeii , spalten, hauen, schneiden, auf-
schlitzen, trennen etc. ; sich spalten, bersten,
reissen, springen, von einander gehen etc. ;
— he klOfde de biuikou ; — he klofd d'r 'n
stük holt (od. flesk etc.) of; — dat is, od.
hfd sük klOfd (z. B. die Erde durch Dürre
od. Hitze) ; — dat klOfd üt '11 ander. —
Nd. klöveii, klöwen, klöben; mnd. klofen;
nid., mnld., mflüm. kloven ; wfrics. kleauwen;
satl. (E hren traut, II, 197) kleve (statt
klöve, ivie kele statt köle) ; tvang. klöv (spal-
ten, hndere etc. u. sich spalten, reissen, auf-
springen etc.); engl, cleave; an. kjofiia (sich
klüften, spalten) ; noriv. klovna (dasselbe) ;
dän. klüve (spalten, reissen, aufschlitzen).
— Dieses Verb, ist wie klüfe vom Präter.
klof eines von einer germ. }/ klub, kliif (sjnil-
ten, reissen, bersten, springen etc.) abstam-
menden Verbums gebildet, welches as. klio-
ban od. kliobhan, kluf, klubhuii ; ags. cleö-
fan, cleäf, clufun, clofen; afries. (kliafa, nach
biada u. fliaga) ; aengl. cleoven, c]iv(>ii ; mnld.
klieveii; an. kliiifa, klauf, klufun, klofiiin;
norw. kljuva, kluva; ahd. clioban, chIioi)an,
chliopau, claub, clöl) etc. ; amhd. clilieben ;
mhd. klieben lautete u. im nid. klicven; engl.
clive; nhd. klieben (i^palten) noch lebt. Von
diesen Stammverb., bz. von dessen Wurzel
klub, klup, kluf stammen ferner aber auch
noch ab die Wörter: kluft, kliicbt, klufo,
klufen etc., soivie an. klyfja; norw. klyva;
schived. klyfva (spalten); nhd. klauben
(spalten etc. , cf. beugen von biegoi u.
Grimm, Wb. V, llGl sub 2, c) li kleii-
ben, kleiben (kneifen, bz. kneipen, knaupeln,
spalten, cf. daselbat Spalte 1162, .s»/v 8 u. 4),
welch letztere Form wohl aus amhd. clilieben
ebenso entstand, wie kleiben (kleben) aus
chlieban, cf. klifen ; — ferner (c f. Grimm,
Wb.): nhd. od. oberd. (mdartl.) Klu b (Spalt,
Sprung, Biss etc.), Klub (Zange, Klemme,
J. teu Doornkaat Kooliuau. VVöitorbucli. II.
Bremse, postomis, d. h. urspr. ein an einem
Ende aufgespaltenes Stück Holz, od. über-
haupt ein gespaltenes Etwas, wie ahd. clilobo
etc. , zwischen dem ein Etivas eingeklemmt
T) wird, s. unter klüfe u. vergl. unser knijje);
klupp := klub (Bremse, postomis) ; Schweiz.
clilupp (ein Knipp , eine Klemmung ; ein
Kniff, cf. unser Icuäp), Kluppe, dessen
verschiedene Bedtgn. sich auch leicht wie
10 bei Kloben od. Klobe u. Klub etc. (s.
unter klof'e u. dazu in Grimm, Wb., das
Weitere unter Klobe u. Klu2)pe) aus der
ältesten Bedtg.: gespaltenes Stück Holz
zum Klemmen, Festhalten u. Kneifen etc. er-
15 geben, tvoher auch nhd. Kluppe u. schwed.
klofva ihre Bedtg.: Schraubstock etc.,
sowie Klub die von Zange etc. erhielten.
Vergleicht man nun aber ferner, dass ahd.
chlobo, bz. nhd. Kloben (cf. auch klobig
20 u. unser knuffio;, nebst knnfe von knufen u.
dazu auch klufe) auch ein a bg e sp alten e s
u. nicht blos ein ein g c spalte n es Ettvas,
ein S c h e i t od. überhaupt ein Sp alt-D in g
loar u. sich dalier auch dessen Bedtg.: Stück,
25 dickes Stück, Keule, Knüttel od. wie bei un-
serm klatte der von Klumpen, Haufe etc.
herschreibt, so ist es tvohl zweifellos, dass
neben den obigen, zu klioban gestellten Wör-
tern wie klub, klup, kluppe u. Kloben etc.
30 auch an. klubba; norw. klubba; schived.
klubba; aengl. clu]»be; engl, club (Keule,
Schlägel, Knüppel, Knüttel etc. ; fig. plum-
per Mensch, Tölpel, Grobian) entiveder di-
rect von klioban, klöf, klubhun (spalten etc.)
35 abstammen, od. doch mit diesen zur germ.
y klub, kluf, klup gehören u. dass sich da-
bei ebenso ivie bei klöt u. klüte (Kloss od.
Klumpen, dickes Stück) u. bei klatte (Klum-
pen od. Knäuel u. Haufe) auch wieder die
40 Bedtg. des engl, chib als geschlossene Ge-
sellschaft (od. Menschen- Klumpen, Menschen-
Knäuel etc.) herausgebildet hat, zumal engl.
club in cbib-foot (Klump-Fuss), club-hand
(Klump-Hand) etc. sofort klar stellt, dass
45 der Stamm klub derselbe ist wie klumb, bz.
dass an. klubba etc. od. richtiger klub-a das-
selbe Wort ist wie isl. klumb-a (Keule etc.)
n. dass demnach auch unser klump od.
klumpe, soivie nhd. Klumpen od. Klumpe
50 mit isl. klumbr, klumpr (niassa, globus) aus
urspr. klup, klul) (d. h. seinem Stamme nach)
nasiU. ist. Dass man hiebei nun aber loie-
der auch an kiampe, klimpe in derselben,
Bedtg. denken muss (cf. auch scJnoed. klabb
55 [Klotz], norw. klabb [anhangoider Klnm-
poi] zu. klubb u. norw. klainp [Klotz] u.
vergl. Weiteres unter klainpe, klap, klappe,
klippe) u. Einem hiebei (auch Hildebrand
kömmt bei Kluppe auf eine Verwandtschaft
60 mit Klappe u. Klippe) der Gedanke auf-
16
KT.OEFER
274
KLOK
stösst, dass die sog. y kliib von klioban nur
eine Ablautform von klap ». klip (iiasnl.
klanip, klimi)) sei, die ebenso wie klap, bz.
ahd. klaph «. klak (</. klak u. klap) aus
der Bedti].: ciopitus etc. die von: Bruch,
Riss, Sjkdt, liitce, Borste; abgerissenes od.
ubgeborstines, abgespaltenes Etwas (z. B. ein
derartiges Stück l'^elscn) entwickelte u. dass
hielter das Verb, kliobau seine Bedtg. : .'^pal-
ten, bersten, reissen etc. hat. Dass dabei das
auslautende „b" von klnb /»! Vergleich zu
klap od. klaph etc. keine Bedenken machen
kann, ist Ja sicher, u. will ich wegen ahd.
kluppa (forceps) noch erwiih)ien, dass Fick
auch dieses mit klappe, klippe, bz. klappen,
klippen u. klamp, kliinpe etc. (cf. JI , .'^.W
seq.) zusammenstellt, dagegen aber kliib, bz.
ahd. kliolian u. klobo etc. mit griech. gh'i-
phö ?<. lat. glubo von einem Stanim gluph
(ds Ablaut von glapli (u. dies aus garph,
graph, kerben, s. II, iU) ableitet, welch letz-
teres J'hema indessen auch wieder auf idg.
garbli öd. skarbh, als Weiterbildungen von
gar, skar (s. tlieserhalb unter klap, klam-
pen) zurückgeht, wie dies nach gripen i'on
garbh (cf. III, 111) auch mit den Themas
klap, klamp der Fall sein muss, sofern nicht
diese mit lat. scalpo u. sciilpo, carpo etc. u.
griech. gläphO (u. dann auch klioban, bz.
klufen u. khifen, sowie lat. glubo u. griech.
glüphö) sämmtlich auf idg. skarbh (s. unter
klap M. cf. scharp «. schrabben, schrubben
etc.) zurückgehen.
klöfer, Spalter, Schneider etc. cf. har-
kli.fer.
klof-lianier, Spalt-Hammer, bz. ein Ham-
mer zum Spalten vqu Holz, Eisen etc. —
Mnd. klüflianier.
klof-liolt, gespaltenes Holz v. zwar a)
Scheit- od. Klafterholz zum Brennen, od.
Brennholz; — b) dasselbe ivie klaphoh. cf.
nhd. Klaff holz in Grimm' s Wb.
klok, s. klokke.
kjök, klug, gcscheidt, verständig, iveise,
fein, scharf, schlau, geivitzt etc. ; — du büst
je wol net klök , dat du diu dingen so an-
geist; — 'n klök kind ; — du worst diu lä-
fend net klök; — he is hum fols to klök
(zu fein, gerieben, schlau etc.) ; — 'n klöken
gast (ei)i geriebener, schlauer, listiger, schlim-
mer Patron) ; — dat kind hetl 'n pär klöko
ögen in de kop ; — dar harrst du 6k klöker
an dän, wen du dat laten harrst; — dat
schal ik wol klöker (od. wiser) weten , dat
ik dat net für do pris forköp'; — 't was 't
klokste wat du dön kiiiist. — AV/. klook u.
(Scham bach) klauk ; ?«*/r/. klök (bellende,
flink, gewandt, kundig, klug, listig, schlau);
nid. kloek ; mnld. kloeck (callidus, callens,
peritus, industrius, solers, alacri.s, vigilans,
sagax, actuosus) ; mfläm. kloec (industrieux,
accort, vaillant, audacicux, preux, hardi);
wfries. kloeck; wang. klauk; an. klökr;
norw. klok ; schiced. klok ; dän. klog (pru-
5 dens, callidus) ; mhd. kluoc (fein, schmuck,
zierlich, nett ; geistig fein, klug, gewandt;
weichlich, üppig).
Was die Form dieses Wortes betrifft, so
gehört es nach fröd von fradan, — fög, föge,
10 fugen von fagan, — böte von hatau. — flilk
von flakan etc. zu einem von klak (crepitus,
niacula [bz. ein abgesprungenes od. abge-
sprengtes Etwas, cf. klitter, flitter, Hitje «.
2 flits] ; Bruch, Ei.'^s, Spalt etc.) weiter ge-
lb bildeten Verb, klakan, was mit ahd. klak-
jan (Bruch od. liiss machen etc., s. unter
klakken) selbstredend ident. ist. Wie nun
aber goth. froths u. frödei , bz. ahd. fruot,
as. fröd (klug etc.) etc. u. ahd. fruoti (Klug-
20 lieit etc.) vom Fräter. fröth, fröd von fra-
than, bz, goth. fratlijau (.s-. unter fröd) ab-
.ftammen u. weitergebildet sind, so auch klök,
bz. das dafür anzusetzende Thema kliioka,
klöka u. das für mnd. klök, nhd. klug,
25 mhd. kluge (Klugheit) anzusetzende ahd. kluok i
von dem Bräter. kluok, klök von klakan od.
klakjan, wofür man selbstredend nicht hlos
die scliriftlich belegte Bedtg. : B r u c h, Riss
od. Spalt machen, bz. die von: brechen,
30 bersten, reissen, spalten, splittern, zerspAit-
tern, zerschellen etc., so)idern auch (wie das
davon abstammende ital. schiaccare m. unser
klakken bezeugt) auch die von : crepitare od.
krachen, knacken etc. soivohl, als die von :
35 maculare od. flecken, schmutzen, heflecken,
beschmutzen, besudeln «. (trop.) beschimpfen,
entehren, Schandfleck anhängen etc. mit zu
Grunde legen muss u. kann, loenn man dir
davon, bz. die von klalcan od. klakjan ab-
40 stammenden Wörter richtig deuten u. ver-
stehen will. Vergleicht ma)i nun aber unser
klisper (Schweinsborste), bz. nhd. Kl e is-
per, Klisper (Splitter, Spreissel) u. klis-
per (scharf, fein, klug etc.), sowie (s. unter
45 2 klisper) schwed. klipsk (schlau, erfinderisch)
u. klippt (zierlich, fein etc.) von klippen, bz.
schwed. klippa (spalten, schneiden etc.), so
ist es leicht denkbar, dass aus kluok, klök
(brach, spaltete, splitterte, bz. ist bereits ge-
50 brochen, gespalten u. zersplittert etc., sich auch
elienso wie bei klisper einerseits die Bedtg.
Splitter od. feines, scharfes, dünnes Et-
was u. andererseits die von: feiner, schar-
fer, dünner, spitzer Zustand (Zustand wo
55 Etu-as scharf od. fein etc. ist) entwickelt hat
u. so)nit klöka (klug) ur.<<pr. einen schar-
fen u. feinen Zustand (sinnl. u. trop.)
bedeutet hat. Vergleicht man aber, dass
das von kraken (krachen) abstammende od.
CO doch damit conne.ve (krak, ablautend krek,
KLOIv
275
KLOKKE KT/)K
krik, nasal, krank, krcnk, krink ist y der
hiemit anlautenden Wörter) Icrank, aus der
Grälnltg. : krachte od. knackte, brach, barst,
bz. ist g e k n ickt u. g eb rochen (ef. I)i'0stan
= bersten etc. u. nhd. Gebreste, bresthafl
etc.) neben der Bedtg.: krank od. schivacli
etc. auch die von: dünn, zart, schlank etc.
entwickelte, so ist es klar, dass man klök in
der sinnl. Bedtg.: fein auch aus der von :
crepitaro od. krachen, knacken etc., neben
der von: brechen, spalten, splittern etc. her-
leiten kann.
Da nun aber das Wort fiil bei uns aus
seh m utzi g etc. auch die Bedtg. : gerieben,
schlau , abgefeimt , ver s e h m itzt etc. ent-
wickelte (cf. auch vdid. smilze = Kla]ips,
Streich, Schlag od. Klatsch etc. «. nhd.
Schmitz e = Klatsch-ende der Feilsche
od. Klatsche u. dazu mhd. smizzen, ahd.
sniizzan fa2fs smizjan od. smiz-an = nd.,
nid. smetteu, s. unter klifen] = klappsen,
streichen, schlagen, geissein ; beflecken, be-
schimpfen, wo der Stamm smit od. smiz
selbstredend auch derselbe ist wie in unserm
smiten od. smiten = nhd. Schmeiss in
s chmeissen u. in Schmeiss- Fliege,
als Schmutz- od. Dreck- Fliege , od. in
Schmiss = Wurf, od. Spalt, Schnitt,
Wunde), so tväre es auch denkbar, dass die
Bedtgn. des Wortes klök (cf. auch oldklok
u. oldfül) od. mhd. kluoc, an. klökr etc. sich
aus der von : niaculare , bz. aus der von :
faul u. schmutzig (maculosus, macula-
tus) entivickelten , worauf namentlich auch
an. kloeki (nach Fick, III, 53 u. Mö-
bius, 233 aus klökja) in der Bedtg.: flagi-
tium, ignavia und kloeki -ligr (schmählich,
schimpflich, schandbar) hinzudeuten schei-
nen , zumal auch die Bedtg. : ignavia zu
faul in der Bedtg. träge stimmt. — Zu
klakan, bz. klakjan in der Bedtg.: flecken,
schmutzen, schmieren, bz. Schmiere- u. Kle-
bestojf machen an Etwas (cf. klakkeu u.
2 kladde, klarape, sowie unter klatte sub a,
nhd. klate ^= Klaue, Kralle) u. so auch
kleben u. haften machen etc. gehört wohl
auch aengl. clöke, clook, cluke; schalt, clenck,
clnke (unguis, Klaue, Krcüle u. nach J a-
mieson auch Hand, wie k\a.ue), to cleuck
(greifen, fassen) , ohschon es auch möglich
ist, dass aengl. clöke (unguis) urspr. tvie
klaue selbst ein g e spalten es Etwas be-
deutete u. wie klök selbst auf die Bedtg. :
spalten etc. von klakan od. klakjan zu-
rückgeht, wovon es in der Bedtg. : Fassen-
des, Haltendes u. Klemmendes etc. aus der
Bedtg.: G espalten es etc. insofern ab-
stammen kann, wie ahd. clobo und nhd.
Kluppe (s. unter klöfe u. klöfen) u. wie
auch das siebenb. klucks (Fangeisen) tvohl
dieselbe Bedtg. wie ahd. clobo aus der Be-
dtg.: spalten etc. erhielt u. mit nhd.
Kiuck (rima) als Ablnufform von klak (s.
d. u. cf. Grimm, Wh. V, ];J5S) zusam-
5 menhängt, ebenso wie mhd. Iduc (Bissen) als
abgebissenes od. abgespaltenes Stück.
kloker, s. klök.
kloker, Stocher, spitzes Geräth zum. sto-
chern od. iviederholten Stechen, um damit
10 Schmutz od. Asche etc. auszuräumen. —
Nid. kloker; nd. klakor. Vergl. weiter:
kldkorn, stochern, bz. öfters u. wiederholt
mit einem spitzen Geräth in einem. Etwas
herumstechen od. stosscn u. rühren, um TJn-
15 rath, Schmutz, Asche etc. aus demselben aus-
zuräumen, wobei zugleich auch ein Geräusch
od. Gerassel hörbar wird; — liö klOkerd de
pip' iit; — wat klökerst du diir al in de kuse
herum? — Wang. (Ehrentraut, I, 80)
20 kloker.
Die Vocale von kloker «. nid. kloker, so-
wie von klökern stimmen zu klötern, bz. klö-
tcr, bz. mnld. kleuteren, kloteren (pulsare
crebro ictu) u. tvie klötern eine Ablauiform
25 von klatern od. klittern ist, muss auch klö-
kern lüie nd. (Br. Wb., pag. 781) klakern
(stochern, rühren, ausstochern etc.) (cf. auch
prökel, geprökel, prokeln aus prikken, bz.
von prik, Stich, ivovon auch mnld. prckel =
30 prikkel [Stimulus etc.] u. prikkeln) mit klak-
ken, klikken, bz. dem Schallstamm: klak u.
klik zusammenhängcti xi. auf die Bedtg. :
crepitus od. ictus etc. derselben zurück-
gehen.
35 klok-geter, Glockengiesser.
klok-getere, Glockengiesserei.
klokheid, Klugheit, Weisheit, Schlauheit
etc. Im Flur, ivird es oft auch iron. im
Sinn (dat sunt sin klokheiden) von After-
40 Weisheit, Thorheit etc. gebraucht.
klok-liüske, Kernhäuschen, cf. belhüske.
klokje, kloktje, Glöckchen. — Sprichw.:
he hed 'n klokje lüden hörd, man he wet
nich war 't hangd.
45 klokje-blöme, Akelei (aquilcgia).
klokke, klok, Glocke, ehernes od. metal-
lenes Geräth zum Läuten, Klingeln od. Schall
u. Lärm machen. Stundenschlagen etc. ; da-
her auch: Thurm- u. Wand-Uhr mit Stun-
50 denschlag u. übertr. : Zeit , Stunde ; — se
lüden mit alle klokken ; — wat bedüdt dat,
dat d'r an de klok slan word , bz. dat de
klokken gän ! is d'r wol brand ? — 't is mid-
dag ; de klok hed net äfen twalf slän ; —
55 kik insen äfen na de klok, wo lät dat 't wol
is. — Cotnpos. : bädklok (Betglocke), brand-
klok (Brandglocke), törnidok (Thurmglocke ;
Thurmuhr) , dörklok (Thürglocke , Thür-
schelle) ; kokenklok (Küchenuhr) ; wandklok
GO (Wand-Uhr mit Schlag) etc.; — 't is klok
18*
KLOKKE KLOK
276
KLOEMEN
(Ire wcst, as ik wök ; — um klok för stun'
ik klär. — Sprichw.: hö mut 't altul all'
an de grote klokk' liaugen; — ua tle klok
de knäpol, ua de pott de läpel; — dat klin^d
as 'n katülsken kiiai)ol in 'n lütterssen klokk'. 5
— liätitsfl : sin tung is tan isdcr, sin lij)i)on
tan nietal, he denkt net an sin düd nn ropt
't so inennigniäl. — Xd. klokke, klokk, klok ;
itnid. klücke; «/</. klok; iiiiild. klocke; ((/V/Vs.
kloika, klocke; nys. cliicue; dciif/l. klokke; 10
i-uifl. floek : an., uonc. klokka. klukka; schwcd.
klocka; dän. klokke; ahd. cloecä, gloceä,
gloggä; mhd. glocke, glogge; mint, olocra,
cloca; franz. clochc; prov. cloca, cloclia;
piem., com. cioca; ir. clog; ki/nir. doch. 1.^)
])nss die ahd. u. an. Fornioi cloecä, gloccä
die roll.ständiffiilen n. demnach auch die äl-
te.'iten sind u. dieses Wort zuer.^t eine Kir-
chen (/locke od. dasjenige FAwus, woran
man mit einem Schlägel od. Klöpfel schln;/ 20
od. klojiftr, um die Gemeine cur Kirche, hz.
zur Kcangelium-l'erkündit/ung zu berufen
bezeichnete, ist wohl zweifellos, sowie auch,
dass es mit ahd. clochbön, clockön (kloj>fen,
schlagen etc. od. eigentlich [wie klappen, klej)- 25
pen etc. u. an. klaka, cf. klakken etc.] Schall,
Klang, od. Cferäuch u. JJirm machen, cf.
klukken) zusammenhängt u. somit cloecä so-
wohl ein Klopf-, als auch ein Schall-
od. Lärm- Ding etc. bezeichnete. Dass 30
aber die ersten Kirchenglocken keine gegos-
senen wie die jetzigen waren u. nicht die-
selben Formeyi wie diese hatten, ist bekannt
u. wurden vielmehr in der ersten christli-
chen Zeit zu diesem Behufe auch Metall- 35
bleche (od., tcenn ich nicht irre, sogar Bret-
ter von hartem Holze, wie z. B. in Oester-
reich noch jetzt im Berghau eine „Klopfe"
genanntes Brett, ivorauf man mit einem Schlä-
gel schlägt, icie auch das Gebäude, wo die 40
Schicht klopjfoid od. klingelnd verkündet
xvird „Klopfe" heisst) , ivorauf man mit
einem geeigneten Etwas klopfte, gebraucht,
da die gegossenen Glocken zuerst im 11. u.
7. Jahrhundert unter der fränkischen Herr- 45
schuft aufkommen u. mit der Ausbreitung
des Christenthums auch nach Deutschland
lt. den nördlichen Ländern kamen, was in-
dessr)i der Ableitung dieses Wortes von
ahd. clockön (kUjjtfen od. Schidl machen etc.) 50
um deswillen keinen Abbruch thun kann,
als die Kranken ja auch zu den deutschen
u. deutsch redenden Völkern gehörten ti. zu
Ende des 5. Jahrhundeiis in Gallien zur
Herrschaft gelangten u. dort das Franken- 55
reich (od. Frankreich) stifteten , von dem
auch wieder die Glaubensboten nacli dem
eigentlichen Deutschland .sowohl, als auch
nach England u. Irland zogen u. dort so-
wohl christliche Gemeinden errichteten, als 60
auch sog. Glocken (od. Geräthe, worauf
u. woran man klopfte, um ein lautes Getöse
zu machen) auf dazu geeigneten Stellen
od. auf besonderoi (rcstellen anbrachten,
um durch Klopfen auf diese Dinge die
Mitglieder der christlichen Gemeinden zur
Kirche, bz. der Verkündigung des Evan-
geliums (ags. godspel , (/. karkspil und
spil , bz. spellen) od. zur ]'redigt zu be-
rufen.
kl(»kken-sla^, kloksla^, a) Glockenschlag,
Stundenschlag etc.; — he was up de klok-
keiislag hir; — net mit de klokslag (Ire was
't däii ; — b) öffentliche Bekanntmachung
mittelst des Anschlagens der Glocke, daher:
klokslag holden — Etwas öffentlich durch
„Glockenschlag"' bekannt machen, — c) Kirch-
spielsbezirk; — he wand in de Niirder klok-
kensiau'; — dat hörd net mer to d' Nörder
klokkenslag.
klokkpii-spil, a) Glockenspiel; — b) i.q.
klokkeiislaii' sub c.
klitk-kiiäiiel, der Klöppel od. Schlägel in
der Glocke.
klük-seliiter, Klugscheisser, superkluger,
eingebildeter I\Iensch .
klük-sla^, s. klokkenslag.
klok-tüni, Glockenthurm.
klöinen, durch Kälte od. Frost ergriffen,
erfasst u. befangen werdoi, Frost od. Kälte
leiden u. empfinden, kalt werden, frieren
etc.; — he klÖnul ligt (er ivird leicht von
Kälte od. Frost erfasst u. befangen, — wird
leicht kalt, friert leicht etc.) ; — he hed klinud
(er hat Kälte gelitten, bz. gefroren) ; — he
klomd (er leidet Frost u. Kälte, er friert,
bz. wird von Frost it. Kälte erfasst etc.) fan
't winter so föl , as nog sin lät'end net ; —
se Sitten all' um 't für heu to klömeii un
kOnen hei net warm worden ; — wen lütje
kinder löl klomen mutten, den köneu se net
dejen ; — ik wet net, wo de förman de arme
perde so lank lür dör stän laten kan to klo-
men ; — dat iiten steid al so hink up de
disk to klömen, dat 't al hast gans kohl wor-
den is ; — ik was hast dud klÖmd , so kold
was 't in de kark. — Daher: l'erklömen,
starr od. steif u-erden durch gefasste Kälte,
ver- od. cr-kalten. erfrieren etc.; — mm ban-
den sunt gans terkh"5nid un so stif, dat ik se
erst wat ujideien mut, er ik d'r wat mit döu
kan; — he sag so l'erklonnl (verfroren) üt,
dat etc. ; — dat äten is al gans ferklömd
(ver- od. erkaltet, bz. kalt geworden) ; —
man mut tau 't winter hast ferklomen nn
fan kolde und<amon. — Nid. kleumen, ver-
kleiinien; mnld. verklenmen, verkloemen, ver-
klonii'ii (rigere, rigescere, ohrigere ex frigore,
obtorjiere j)rae frigore) ; nijläm. verklenmen,
verklumeu ; wfries. (Jitp ix) klonijen, kluynjeu;
KLOKMER 277 KLOENEN
nd. (Br. Wh., !>«/»« er < eic.^ klanien, klo- ^1" das jetzt gebräuchlichere Knäuel u.
mcii, klaomeu, bz. verklameii, verkhininioii Knaul hervor, ganz ivie auch Knob-
etc. — Dieses Verb, ist mit (cf. Grimm, lauch aus urspr. klobelaiich (cf. kiiüflök)
Wb. V, 036 sub -1, a) Schweiz, klammern, entstand. Wegen der ]/ cf. klaiu^ u. ivegen
klummcru (stark an die Finger frieren, wie 5 der dort zu klaue verglichenen Wörter mit
z. B. wenn man bei starkem Frost mit nas- der Bcdtg. : Schmiere, Schmutz, Schlamm,
sen Händen Eisen anfasst) ; sächs. klem- Lehm, Leim od. Klebestoff auch nid. (pro-
meni (von Frost gelähmt od. steif etc. da- cinz. in Geblerland) kluuti, kloen, kleun,
stehen); nd. (Br. Wb. etc.) klamcrig (von kluin (Schlammtorf, gebaggerter Torf), was
Kälte erstarrt, ohne Empfindung, cf. kla- 10 in Groningerland (cf. Weiland, o07) auch
merige potea = eiskalte Hände) etc. von der Name eines leckern, bz. starken, schwe-
dem Träter. klara, bz. klom, klum vo)i klim- rcn, dicken od. süssen (u. somit auch wohl
men in der urspr. Bedtg.: kleben od. han- klebrigen) Bieres ist. cf. auch nd. (Schütze)
gen, haften, fest sitzen (an Etivas) etc., klün = Torf.
woraus eben 1 ?f. 2 klam, soto^'e rt»c/i klampe, 15 klöii6n, a) schwatzen, langsam n. lang-
klampen , klemme , klemmen etc. ihre ver- loeilig sprechen, langweiliges uninteressantes
schiedenen Bedtgn. herleiten. Was nun spe- Zeug reden; — dar sitteu de olde wifen all'
ciell unser klümeu etc. betrifft, so scheint es bi 'n ander to klonen ; — lie klönde mi wol
nach wfries. klomjen aus klam od,, klom, 'n stünde wat för, fan allerhand netiden uu
klum mit der Endung jen od. urspr. jan in 20 kinderkräm, wat niks to bedüdeu harr' ; —
der Bedtg.: machen, bewirken, erzeugen etc. b) klagen, stöhnen, jammern etc.; — he hed
fortgebildet zu sein, sodass es ivörtl. nur ein altid wat to klönen un to jammern. — Nd.
Machen, Bewirken, Erzeugen etc. von dem (Dähnert, Schambach) klönen (das-
besagt, toas klam etc. bedeutet, das ja (cf. selbe, nach dem Br. Wh. aber: schallen,
1 klam^ at(ch schon die Bedtg.: kalt, starr, 25 wiederschallen, bz. mit durchdringender
verklommcn etc. hat, loobei indessen su be- Stimme reden); dithm. klaenen (wie bei
merken ist, dass man aus der Bedtg.: kle- Dähnert); meklcnh. anklaenen (angeben,
ben, haften (woran u. worauf), bz. fassen c/. anklappeu, ferklappcn) ; nfries. (Outzen)
od. Fass haben etc. (an etc.) von klimmen, klöne (mit jämmerlicher Stimme reden, ängst-
bz. von klam (klebrig od. haftend u. fassend) 30 liehe Klagetönc von sich geben , stöhnen) ;
ausgehend, auch annehmen kann, dass \i\ijmcn nid. kleuueu; mnld. kleuuen, klonen (klop-
zuerst die Bedtg.: „von Kälte u. Frost ge- fen, schlagen, stosscn); vifläm. klcuneii, klo-
fasst u. befangen sein" hatte, icic ja auch neu (coiguer, frapper, buquer) ; Schweiz, (cf.
Schweiz, klammern, kluramern eigentlich so- Grimm, Wb. V, 1221) klönen, klänen
loohl formell als begrifflich dasselbe Wort 35 (jammern, ächzen, klagen). — Die Grdbdtg.
ist tvie nhd. klammern u. sich lediglich ist jedenfalls: Ton, Schall od. Geräusch
auf das Klebenbleiben od. Festfrieren der u. Lärm machen, woraus sich beim Ver-
Finger an Eisen etc. bezieht. gleich von klappen u. klagen etc. neben
klömer, auch klOnidOd, klouiliakke, kldin- schioatzen, klatschen, angeben, kla-
\>.Sk\i^ i^ic, ein Mensch den leicht friert 11. dem 40 gen etc. auch die von: klopfen, schla-
leiclit kalt wird, bz. ein frostiger, stets über gen etc. des nid. kleunen, klonen erklären
Kälte klagender Mensch. u. ist dieses Wort daher wohl ident. mit ags.
kl8msk, frostig , leicht von der Kälte er- clynan od. clynan (tönen, schallen, erklin-
fasst u. befangen, empfindlich gegen Kiüte gen). Ist nun das afries. klinna (s. unter
u. Nässe etc. u. deshalb stets die Wärme 45 klingen) nicht aus klinga verderbt, so tvürdc
suchend; — he is so klömsk, dat man lium ein verlornes germ. Verb, kliuan od. klin-
häst net bi de warme afend wegslän kan. nan, klan, klunum, klunnum mit der Bedtg. :
klön, Knaul, Knäuel {it}om\x?i); — 'i\\dc)n sonare, clangere etc. anzusetzen sein, aus
gären. — Es ist loie nd. (S chavibach etc.) dem nicht allein die obigen Wörter, son-
klün , klön; mnd. kluen, klön; nid. kloen 50 dern auch unser klenne-holden u. klinsteru
aus nd. kluwcn, klouwen ; mnd. kluwen, klo- (wegen des Stammes klinst von klinnan cf.
wen; nid. kluwen; vid. klüwen (globus, glo- nhd. Gunst u. Kunst etc.), soivic oherd. klin-
mus) ; ags. cliveu, cleoven (auch schon con- sei (Glöckchen, Schelle), kliuseln (klingeln,
trah. ck'on,clyn) contrah., toas aengl. cleowe; klirren), schles. kliuseln (winseln etc.), tgrol.
engl.cUyf; jyuiW. klouwo, kluwe ; «/*(/. diu wa, 55 klinstern, klonstcrn (klägehi) ; hochd. klün-
chliuwa, cliliwa, cliwa, od. chliuwi, chliwe sein (schmeicheln etc., cf. Grimm, Wb.
(globus, glomus) lautet. Aus dem Diminu- unter klönen u. klünseln) etc. hervorgehen
tiv : ahil. cliuweli; mhd. chliwelin, chliwel, konnten u. von dessen Brüter, klan auch
chlüelin cleubliu, kleule ging\i\QiK\, bz. nhd. mnd. (Seh. u. L.) klanuye Cikfn/tc, od. rich-
Kläuel u. durch Eintritt eines „n" statt 60 tiger wohl: Unruhe, Lärm etc., od. vielleicht :
KLOENER 278 KLOER
Klagen, Jammern, Stöhnen, h~. Gehlage, Ge- weten) kloptl liuni ; — klör kloppen (Klei-
stöhne etc.) u. klaiit (laut, hell, tönend, bz. der klopfen, l>c. anslclopfen, ausstauben) ; —
das, was tönte u. schallte od. Schall u. Ge- steuen klopiieu (Steine schlaf/en, bz. zcrschla-
sehrei machte) sich gut ableiten Hessen, iväh- gen) : — eier kloi>pcii (Eier schlagen, bz.
rend beim Vergleich des l'rätcr. klum ((/. 5 zerschlagen zu Schaum) ; — klopp' 1mm ät'eii
kluincn) «. buiitl von kliniiiuMi »r biiulen auch up, bz. üt 't bodde ; — wi imitteii inseu bi
aus kbiii eiu Stamm khmt od. kluud, sowie biiin ankloppoii , wo wid hö d'r mit is etc.
oberd. kliiiiz neben kliiiit herrorgehen honnte, etc. ^iuch subst. dat kloppen. — kbippen
woriiber Weiteres unter kliiiidcrn. (od. klukken) in de kop; - — liart-kloi)pon
Als y fiir dieses Stammeerb. klinaii od. 10 etc. — Nd., nid., bz. mnd. u. mnld. kloppen
kliiinan (soiiaie etc.) würde nach Analogie (pulsaie, ])nlsitare, tundere, foiire; castrare,
ran kinan aus kian (ef. kiiien) idg. gir, gr, i««'. unter klaphingst) ; ahd. clophün, clofoii ;
fe. gar (sonare) anzusetzen sein : wovon auch amhd. cblopiicn ; mhd. klopbeii, klojjfen. —
SÄT. gir (vox) etc.; während von den aus Us hatte friiher auch chenso wie klappen
gar weitergebildeten Stämmen garg u. gargb 15 (cf. Grimm, Wb., unter klopfen) die lie-
an. kbika (schreien, jammern, klagen) u. dtg.: schlagen od. stossen, dass es schallt,
unser klagen hervorgingen. wie es Ja auch mit klajjpen, kleppen, klippa
Vergl. weiter auch krönen, womit klonen von Hause aus (s. auch unter klopper das
formell u. bcgrifjUch am besten stimmt u. mnld. kloppel etc.) sgn. ist.
wobei man nach Analogie von kinan aus 20 klopper, Klopfer od. Geräth (z. B. auch
kian auch annehmen könnte, dass aus einem ein Bing an der Thür) zum Klopfen; a)
von der y iSAV, gra (c/. kraie m. kraien) abge- Schlägel, Hammer etc.; — 'n holten klop-
leitetes germ. kra-an, kra-jan (Schrei od. Ge- per; — klerklopper; — dörkloppcr etc.; —
schrei machen) auch ein altes Verb, kranan b) Person die klopft = Schläger, pulsator;
(kr6n),/v.r. klanan (klön), «/<(/. chranan (chruon) 25 — lie is 'n diigtigen klopper. — Fig. wird
entstand, tcovon dann sowohl klonen als kro- auch das Gewisse)i klopper od. anklopper
neu (cf. krönen am ScJilusse) abzuleiten sein genannt, was an klappen, bz. auklai)pen {an-
wiirde, f(dls sie nicht von einem Fräter. k\un, klagen etc.) erinnert, obschon wir es auch
klon = kian ((f. klönien von klnm, klom = so nur cds den Klopfer, bz. Anklopf er
klam von klimmen od. unser band, nid. 30 in der Bedtg. : Erinnerer, 3Iahner etc. ge-
bond = nJid. band), bz. krun, krön = kran brauchen. — Nd., idd., bz. mnd., mnld. klop-
eines alten Verb, krinan, klinan als Erwei- per; mhd. klophaere, klopfaere (pnisator). —
terung von kri-an (schreien etc.), was auch Es ist icegcn steten Wechsels von auslauten-
das Stammverb, von kraien, kreien etc sein dem „r" u. „1" formell u. begrifflich auch
könnte, abzuleiten sind. 35 eins mit mnld. kloppel, kluppel (stii)es, fustis,
klönor, langweiliger Schwätzer, bz. Kla- baculus, baculum, clava), wofür KU. auch
ger, Stöhner etc. die Formen: kleppel (cf. klapcl u. knäpel)
klüner^^gcklönei, langweiliges Geschwätze, u. klijjpel hat — bz. mit nhd. od. oberd. (cf.
bz. Geklage, Gestöhne etc. Grimm, Wb. V, 12'^3) Klopf el u. Kl öp-
klop (auch klops), Schlag, Fujf etc.; — AO pel (wovon klöppeln = unserm knüppeln)
he gaf hum 'n klop np de kop; — he hed u. Knüppel etc.
kloppe (od. klopse) krcgen. — Nd. \do\i, kloppere, Klopf erei, Hämmerei, Schlä-
klops, bz. klopi), klopps ; nid., mnld. klop gerei etc. ; — wat is dat dar för 'n klop-
(ictns, pnlsus). Ablaut von kla]», klaps. jjere od. gekloppe, geklopper; — sehebben
klup-hainer, Klopfhammer, Hammer zum 45 'n kloppere mit 'n ander bad.
Klopfen, gewöhnlicher klopper genan)it. kliir, Couleur, Farbe, l{öthe,bz. der Schein
kloppe, klopp', a) Schlag-Ding, Schlag- od. das äussere Ansehen der Dinge, sowie
geräth, Schlägel, Frügel od. Keule, Knüp- dasselbe durch den lieflcc der Lichtstrahlen
pel, schwerer Stock etc.; — gif bum en mit dem Auge erkennbar tcird; — de klor slög
de klopp' up de kop; — he sitt under de 50 hum üt un in (er wechselte die Farbe vor
kloppe (er sitzt unter dem Frügel od. Knüp- Scham, Schreck, Bestürzung etc.); — se kreg
2)el, bz. unter dem Stock od. der Fuchtel) ; ürdendlik 'n witten klör, so ferfärde so sük ;
— b) das Klopfen od. Schlagen u. Frügeln — de appels sunt (od. dat göd etc.) is möi
selbst; — se hebben hum in de kloppe had. fan klör; — sin klör is gans weg; — • dat
— Compos. Hagel-klo]ip', der Schlägel des 55 liod sin klör liel un dal ferlareu ; — d'r is
Dreschflegels. — Nhd. Klopfe. gin klör of gör an; — wen 't ök hed en
kloppen, klopfen, schlagen, hämmern, pul- klör, lied 't dog net en gor; — he hörd iiet
siren etc.; — an de dör (od. tenster etc.) to unsc klör (lig. statt Farthei). — iVf/. klör,
kloppen; — he kIoj)d bum wat dör; — he klöre ; nid. kleur, aus franz. couleur, von
klopd hum de pels üt; — 't hart (od. 't ge- GO lat. color, ivas nach Fick mit hehlen u.
KLOEKEN
279
KLOS
Hölle (cf. 2 häleu etc.) zur y kal, kar
(bedecken, verhüllen etc.) gehören soll u.
dann als ein bedeckendes (aufyestriche-
nes u. aufgetragenes) Etwas (cf. farfe od.
nhd. Seh m i n k e) aufgcfasst ist. Möglicher-
weise indessen gehört es in der Grdbdtg. :
Glanz, Schein etc. mit lat. calere, calor etc.
u. clarus etc. (cf. klar u. s. Fick, I, 44)
zur y kar od. ^ar, brennen, flammen, glü-
hen etc.
klören, a) von Farbe passen u. stimmen
od. überhaupt stimmen etc. ; — dat klörd net
bi 'n ander; — b) färben, sich färben od.
Farbe u. Böthe bekommen, glühen, Farbe
od. Höthe , Schein u. Glanz haben u. von
sich geben, farbig u. bunt sein etc. ; — de
appels fangen au to klören ; — se klörde
(sie färbte sich, bz. sie bekam Böthe, wurde
roth, glühete etc.) so, dat se net so rod was,
as 'n rose; — dat wer klörd iip (das Wet-
ter hellt sich ivieder auf od. tvird wieder
klar u. schön) ; — dat göd fangd au to fer-
klören (das Zeug fängt an sich zu ver- od.
entfärben); — daher: klörd (coloratus), far-
big, bunt etc. , im Gegensatz zu weiss od.
schioarz ; — de en was swart, de ander wit
un de darde klörd gekledt ; — klörd göd.
klos, Klotz, grösseres od. kleineres, aber
stets verhältnissmässig dickes (oft auch run-
des) u. kurzes Stück Holz ; — du kaust d'r
'u pär klossen tegen leggen , dat 't fat uet
wider rulld ; — slag' d'r 'u klos für, dat 't
fast steid. — Davon : Dimin. kloske, Klötz-
chen, kleiner Klotz, bz. auch ein rundes
Hölzchen od. Röllchen , worauf das feine
Näh- od. Maschinen- Garn gewickelt ist; —
du kaust mi wol äfeu twe kloskes gäreu üt
de Winkel (Laden) haleu. — Nid. klos (kur-
zes dickes Stück Holz, Kloben, Knüppel,
Klotz, Ball od. Kugel, Bolle od. ein sonsti-
ges Stück Holz, tvoruni- u. ivorauf Garn,
Spitzen, Drath etc. gewunden ivird) ; mnld.,
mfläm. klos (globus, sphaera, coleus, testis).
— Wie aus mnld., mfläm. klotsen neben.
klossen (ludere sphaera, bz. jouer ä boule ä
travers un anneau de fer) hervorgeht, ist klos
aus klots = mhd. (Lex er) kloz, klotz
(Klumpen, Klotz), od. wie dieses aus kloz,
so mnld. od. nd., mnd. klos u. klots, aus
altem nd. klot (gleba, massa od. urspr. ma-
cula, bz. Fleck, Schmutz, Schmiere etc. als
Klebestoff, Anklebendes etc.) od. klut (nasal.
klont, klunt u. verstärkt klots, kluts) her-
vorgegangen, icomit neben midd. klottc, klonte
(gleba, massa), klottercu (coagulari), kloter-
boek f= nhd. Klitterbuch, bz. unserin 2
kladde) u. unserm kluute, kluntje auch wohl
unser klute, klütje zusammenhängen, sofern
klute nicht für kiüte stcJit u. mit klot etc.
u. nhd. Klo SS od. Klöss zusammenhängt.
Vergleicht »udi nun weiter die Ablautformen
klep, klip, klop, klup von klap (verstärkt
klaps, klips, klops, ivie klats, klits von klat
etc.) u. hält man dazu mnld. (s. bei KU.
5 pag. 302 unten u. oben) klossen u. klotsen
(pulsare, pultare etc. , cf. 1 klotsen), sowie
weiter mnld. (KU.) klesse, klisse u. klitte
^= Klette, bz. unserm 2 kladde , — klesse
(glomus : tila, capillamenta vel sirnilia in globi
10 tiguram convoluta et cohaerentia) , klessen,
klisseu (adliaereo, adhaerescere, affigere) u.
weiter zu klossen, klotsen (pulsare etc.) n)tld.
klets, ketse (ictus resonans, fragor), kletsen
(rosono ictu verberare) u. klutseu (quatere,
15 concutere), sowie aucli noch: an., isl. klessa
(linere etc.) klessa (litura) ; norm, kless
(Klatsch), klessa (anhangen, kleben ; platzen ;
klatschen), klessa (sudeln, klecksen), klessa
(Klumpen, Masse) etc., klussa, klysa (sudeln
20 etc.), klysa (Klack , Klumpe etc.) , so muss
jedenfalls zwischen mnld. klos, klot od. nhd.
Klotz, bz.7nj7ld. klossen (ludere sphaera etc.)
u. klossen (pulsare) od. nhd. klotzen u.
den andern obigen Wörter ih ein naher Zu-
25 sammenhang bestehen u. halte ich trotz der
Synonymität von mnd. kloot u. klot, bz. nhd.
Klo SS od. Klöss u. Klotz es doch für
richtiger, beide Wörter nicht mit einander
zu idcntificiren, sondern sie vorerst vollstän-
30 dig von einander zu trennen u. beide von
verschiedenen Stämmen abzuleiten.
Was nämlich mhd. kloz , klotz (gleba,
massa), bz. mnld. klot ii. klos betrifft, so
gehe ich beim Vergleich von mhd. kletzen,
35 bekletzeu (besudeln, beschmieren) zu unserm
kladden, sowie beim Vergleich von 1 u. 2
kladde zu nhd. Klette u. weiter zu un-
serm klatte od. dem obigen mnld. klesse,
klisse (lappa) davon aus, dass der für Klotz
40 nach kletsen, bz. mnld. klotte (gleba, massa,
globus) anzusetzende Stamm : ahd. kloz, a)id.
klot (nasal, klouz, klont , bz. klunz, kluut)
ivie klip, klop, klup (nasal, klimp, klomp,
klump) eme blosse Ablautform von klaz
45 (urspr. : fragor od. crepitus u. so auch : ma-
cula lt. ferner auch : Bruch, Biss, Spalt etc.,
cf. klak u. klap mit ihren Ablauten klik,
kluk etc., bz. klip, klop, klup) ist, wobei sich
denn einerseits (cf. auch 1 u. 2 klam, neben
50 klampe, klampen, klimpe, klinnnen etc.) so-
wohl aus S c h m u t z od. Kl ebe- Materie,
bz. aus adhacrere etc., als auch andererseits
aus : Sp a 1 1, B i s s, od. aus spalten, re i s-
sen etc. (cf. klatte n. klotte, sowie klöt od.
55 klunt, klump etc.) die Bedtg. : gleba, massa,
globus von selbst ergeben. Wegen des Zu-
sammenhangs mit 1 u. 2 kladde u. klatte,
klotte etc. od. dem Schallstamm: klad, khit,
ahd. klat u. klaz , bz. ablautend klid, klit,
60 kliz u. klod , klot , kloz vergl. noch : in
KLOSKE KLOESKE 280 KLOETER-KRAM
(rriinm (Wh. V, 1~}01) kloiler (macula 0(/. dem Dimin. kloezel von klöz) , klözen (ge-
Fleck ; Klumi>eii SchUhii), h:-. schied::. k\oi\, icaltsain rcisscn od. plat~cn etc.), sowie im
k\oi (SchniKt; fleck, Sch)>iut::klu)ikcr), kloden, f>0!/>'., östr. (cf. Grimm, Wh. unter Klos s,
klotcn (■'iiidchi) :u klatcr, bz. »»serm klatcu ?).~. Schmellcr) klinizen, kloizen (spalten
II. klaildo, sowie ferner (Grimm, WO. V, 5 etc.) noch erhalten blieb. Da hiefür indes-
l:2ii<) klottiTii, klottt'ii (klappern = iinserm sen eine y klut, ahd. kluz anzusetzen tst,
klatorn u. klOtern) ; aeiif/l. (St r at ma n n) so steht nichts im Wer/e, um solche als Ab-
i-lot, clod (jilcba etc.), clote, clate (lappa = laut von klat, klit, afid. klaz, kliz (fragor,
12 kladde od. nhd. Klette od. = mnld. crt'intus ; inacula ; rinia, nipta, fiactus, frac-
klcsse , klissc aus klctse rom verstärkten 10 tura etc.) anzusehen, sodass a)id. klot, ahd.
Stamm klats, klets = ahd. klaz, Schmutz kloz (s. unter klos) dircct aus klut, kluz her-
od. Klebendes u. Anhangendes), so- vorgingen, dagegen aber and. klöt, klut, or?.
wie clotte (gleba) = mnd. klotto, bz. klot u. richtiger tvohl dessen Thema klöta, klutä,
klont, sowie weiter (com Begriff macula [cf. bz. kliutä, kliotü etc. od. ahd. klözä, klüzä,
1 klailde u. klak] ausgehend) auch aengl. 15 bz. kliozä, kliuzä, kliezä in der Bedtg. : ge-
rlaiid, cloiul (^ii)jury) etc. — Zu klos cf. auch spaltenes od. geborstenes Etwas, bz. abge-
H kluso. spaltenes od. abgesprungenes Etwas etc. von
kloskP. klöske, Ä'/ö<jc7je«. — i\7(/. klosje ; dem von k\\\\,'k\\\/. abstammenden Vcrb.kWu-
mnlil. kloskcn. cf. klos. tan, kliozan abstammen. Weiteres s. noch
klos,sen, mit einem Klotz (cf. klos) fest 20 unter klut ctc,
machen od. fest legen; — du nuist dat fat klÖt, klöte (Plur. klöten), Hode; s. unter
klossen, bz. fastklosson. cf. 1 klotsen. klüt.
klüstcr, Kloster, abgeschlossenes fe.<^tes klote, s. klot u. klötstok.
Jlaus, worin blanche u. Nonnen abgeschie- klüten, Haufen machen, in Haufen od.
den von der Welt leben. — Afries. kläster, 25 Klumpen setzen; — törf klöten, halblrock-
klaester; wfries. kloostor, klcastcr; nd.,nld. ncn Torf zum ferneren Trocknen in Hau-
klooster; /.s7. klaustr. Mit as. klüstar; ngs. fen (s. klüt sub d) setzen.
ilaustiM-, clustr (Schloss, Jiirgcl, Haft); mnld. klÖtei*, a) Hassel (crotalum, cf. klatcr) od.
kluystcr (oi)px), sou-ic auch wohl >iinld. kluy- Hing, womit man Geräusch od. Lärm macht;
ster; nid. kluistcr (conipes, viiiculum) aus 30 — h) (persinü.) Lärmmaclicr, namentlich ein
tat. claustruni vo)i claudo, clausi, clausuni, kleines Kind, das lärmt u. spectakelt od. un-
claudere, wovon auch 1 kluse. (/. slös, slöt ruhig ist, bz. toelches sich lärmend u. lustig
u. .'fluten u-egen der J/ von claudo. spielend umhertreibt ; — du lütje klBter, wult
klot. N. klottp. du wol Stil wesen, od. stil sitton, di Stil hol-
kliil. klote (l'lur. klölon), a) Kugel; na- 35 den etc.; — 't is so 'n regton lütjen klftter
mentlich diejenige hblzerne Kugel, welche (od. kloterbüks) , man kan d'r iiiks mit an-
zum sog. klötschöten (s.d.) gebraucht wird ; fangen. — Nd. (S c h ü t z e) klvtvr (Klapper
— h) ein dickrs rundes od. halbrundes Stück etc.) ; nid. kleuter (ein artiges, fröhliches
Holz, bz. ein Klotz, ivrlcher unten am sog. Kindchen, besonders Mädchen, auch drib-
klötstok (s. d.) befestigt ist; — c) Hode, 40 belkousjc genannt, cf. v. Da l e). r/. klotern.
testis, gewöhnlicher klfit od. klöte genannt; klM^v-hnks (Basseibüchse od. Basseihose),
— d) ein Klumjien (cf. kliit) od. Haufen, fig. kleiner Lärmer etc., cf. klöter sub b.
namentlich von Torf, der in solchen klöten kloter-biissp, Basscl- od. Klimperbüchse,
genannten Haufen zum Trocknen aufgestellt bz. eine blecherne Büchse, worin u. woran
wird H. wovon das Verb, klöten (s. d.) wei- -lö sich kleine hohle Metallkugeln , od. kleine
tergehildet ist. — Nd. (Schütze) kloot Glöckchen liefinden, um damit zu klimpern
(Haufe, Klumpen, Knolle, Hode), (Scham- od. ein klingendes Geräusch zu machen,
buch) k\i\i(Kloss, Hode); mnd. klöt (hloss, klölei'e, a) geklotcr (Gerassel etc.) ; — b)
Klumpen. Kugel, Ball, Hode); nid., mnld., Kleinigkeit etc.; — 'n klöterö geld; — mit
mfläm. klnot (glnbus, spbaera, glaiis, colcus, 50 de kloterccn kan ik mi uicli befaten ; — cf.
testis); vr/V/es. kleat; nfries. klöt (Klumpen, kloterkräni : klattere.
Haufe, Kugel); an., ist. klöt (cai)ulus ensis klölor-j^oid, kleine klingende Münze, od.
nd. globiilus capuli); norw., schwed. klot; geringes, dünnes, klingendes Geld, Scheidc-
dnn. klod, klode (Kugel, Jfode) ; mhd. klöz münze. — Nid. kleutcrgeld. — cf. klater-
(Klumpen, Ball). — Es ist ident. mit klut 55 goJd u. kloterkräm.
u. wird nach ags. clüt (lamina etc.) wohl zu kloleri^. klimjierig, kleinlich etc.; — dat
einem verlornen germ.-goth. Verb, kliutau ; is nii lo kliitcrig «(^. klotcrg. — iVr/. klotrig.
as. kliotan; ags. cleötan; ahil.kVw/Ain (spal- klotcr-kraiii ; i. q. klimper- od. klitter-
ten, reissen, springen, bersten, platzen etc.) kräni ; — mit de klötorkräm kan 'k ini net
gehören, xoas im mhd. kloezeu od. (nach 00 upholden od. bcfateu. — Nd. klöterkram.
KLOETERN
281
KLOT-STOK
klötern, a) rasseln, klappern, klimpern
etc.; — lie klöterd mit 't geld od. mit de
sloteis etc. ; — 't kiikea klöterd in de dop
(das Küken rasselt schon im Ei, bz. ist zum
Ausbrechen aus dem Ei reif), was scherzh.
auch auf reife, heirathslustige Mädchen an-
gewandt wird, loovon man auch die Redens-
art gebraucht: se klöterd al in de doj), od.
auch : se hed 't brüne mal al , wie die rei-
fen Bohnen in der Schote, ico auch die Letz-
tere bald aufspringt, bz. bald von den reifen
Bohnen aufgesprengt wird, icie das Ei vom
Küken; — b) eine Sache wie Spielerei od.
Klimperei etc. betrachten u. behandeln, sich
nicht ernstlich womit beschäftigen, seine Zeit
spielend vergeuden etc. ; — he klöterd d'r
wat mit herum; — he klöterd (od. klüterd)
wat herum ; — he ferklötcrd (od. ferklüterd,
ferloterd etc.) sin tid. — Nd. (Schütze
etc.) klötern (kleppern, rauschen etc.); nid.
kleuteren ; mnld. kleuteren, kloteren (tndi-
tare, pultare, pulsare crebro ictu). (/. kla-
tern u. klittern etc.
klotje, Dimin. von klot od. 1 klotte =
klat od. klatte in der Bedtg. : Fetzen, Lap-
jjen, Lumpen, od. dünnes, leichtes Etwas,
Flitter etc., bz. in der von Klumpen, Haufe
etc.; daher: a) leichtes, ärmliches, dünnes
Kleidungsstück ; — se trekd (od. hangd) en
klotje afer 't ander, dat 't en 't ander dekt ;
— b) lustiges Gelage, bz. eine Zusammen-
kunft od. Gesellschaft lustiger leichtlebiger
od. leichtfertiger junger Mädchen od. j im-
ger Leute beiderlei Geschlechts ; — wi wil-
len bold inseu wer 'n klotje (od. klotjedag)
holden ; — de wichter hebben morgen afend
'n klotje mit 'n ander, den willen se dat geld
fertäreu, wat de brugam hör gäfen hed. —
Anstatt klotje od. klotjedag hört man häufig
auch die Bezeichnung klotje-hochtid, -was bei
uns indessen eine durchaus pleonastische Be-
dtg. hat u. namentlich ein Fest od. Freuden-
fest (cf. hochtid), verbunden mit Tanz und
lautem Jubel, bezeichnet. Das nd. klattjen-
hochtid bezeichnet nach dem Br. W b. (II,
797) einen Bettler- od. Lumpen-Schmaus,
od. nach Schütze (11,269) ein Fest, loo-
bei viel gespasset u. gealbert ivird. cf. 1 klotte.
klotje, eine kleine hölzerne Kugel. Di-
min. von klöt.
klötjei), s. unter klötstok.
klots, Klotz ; — fig. : plumper, dummer
Mensch; — du büst 'n regten klots. cf. klos.
kldt-scheten, Ktigclwerfen , bz. das Schics-
sen od. Werfen mit der klöt genannten Ku-
gel. Dieses in den letzten Jahren mehr ver-
nachlässigte Wintervergnügen loar früher
hier so allgemein, dass manchnud ganze
Städte, Aemter od. Gemeinden etc. sich ge-
genseitig herausforderten, indem dann eine
darin besonders geübte l'erson einen klöt in
einem Wirthshause einer andern Stadt etc.
aufhing u., wenn derselbe abgenommen ivurde,
gegen die von der andern Stadt od. l'arthei
5 dazu erkor)ie Person mit dem klöt werfen
musste, ivobei dann gegenseitig (wie beim
Wettrennen in England etc.) von beiden Sei-
ten ein oft bedeutender u. von den beider-
seitigen Bekannten zusammengebrachter Geld-
IQ einsatz verspielt wurde u. auch Wetten auf das
Gewinnen od. Verlieren der sich als Gegner
gegenüberstehenden Kugelwerfer (klötsche-
ters) gemacht ivurden. Am Schluss fand dann
ein oft grosses Gelage (klötscheterber) .statt,
15 wobei es dann noch oft blutige Köpife setzte.
1. klotsen, dasselbe wie klatscn, aber mit
dumpfem, dem Vocal „o" entsprechenden
Ton; — he klotsd dat d'r tagen au, bz. up
de grund, dat 't drönde, bz. dat 't in hun-
20 derddiisend stiikken flog. — Nid. klotseu
(tosend schlagen od. anschlagen etc., bz. mit
lautem Gekrach zerschellen ; Hooft: aan 't
schuimend zout, dat klotsende op eeu klip
etc.) ; mnld. klotsen u. klossen (pulsare etc.,
25 s. unter klos); nhd. (Grimm, Wb.) klo-
tzen (a. conglobare etc. , cf. klampen ; —
b) rammen od. mit einem Klotz einschlagen,
eintreiben, einkeilen etc. ; — c) einen Stamm
klotzen od. davon das ungleiche Ende ab-
'60 sägen u. ihn sozusagen zu einem Klotz
machen; — d) plump u. klotzig od. mit Ge-
räusch auftreten, trampeln etc., cf. engl, clamp
iinler klampen, bz. unser klumpen etc.). —
Zu klots, bz. klos.
35 2. klotsen, blechen, zahlen, bezahlen, büs-
sen etc.; — 't näste mal, wen wi wer spö-
leii, den willen wi hum klotsen laten ; —
dar schal he wer för klotsen, dat he mi 't
geld güstern all' so ofwunnen hed; — he
40 iied d'r dügtig för klotsen must, dat he hum
hauen hed. — iV^r^. (Danneil) klotzen. —
Bezieht sich dies auf mnld. klotsen od. klos-
sen (ludere sphaera etc., s. unter klos), weil
derjenige, der den klots od. klos (d. h. die
15 Kugel) ivirft, oft einen Fudel macht, od. im
klotseu genannten Kugelspiel, oft verliert?
Oder heisst es soviel als den Klotz od. (im
fig. Sinn) den Dumm er j an machen, bz.
der Klotz od. Dummerjan sein, sodass
50 „he schal klotseu" soviel heisst, cds er soll der
D u m m e u. Betröge n e sein, den der Geg-
ner im Spiel od. auch sonst durch Klugheit
u. List sozusagen zum Klotz macht (od.
jedenfcdls machen will) u. zum Zahlen zwingt ?
55 — Wegen der Bedtg. : „Etioas od. Eines zu
einem Klotz machen", cf. nhd. klotzen
unter 1 klotzen in Grimm, Wb.
klöt-stok, einzeln auch blos klöte ge-
nannt. Es ist dies ein Stock, woran od.
60 ivorauf unten ein rundes od. halbrundes
KLOTTE KLOT
282
KLUFE
Stück Holz (od. klöt) als Kopf befestigt ist,
damit derselbe, beim Versenken od. Einstos-
sen in das Wasser, nicht zu tief in den
Schlamm des Bodens eines Grabens od. Ca-
nals eindringt. Derselbe ivird als Spring-
stock von Landlenten u. Jägern etc., sowie
als Schicbebatim von Schiffern benutzt, wo-
her das Schieben der Schiff'c n. Kähne mit
diesem klötstok od. klote bei uns klotjeu u.
bei den Niederländern klot'tfn genannt loird.
— Nd. (S chütze) kloot, klootstok (Spring-
stock); nid. kloet (Schiffsbaum, Kalkstösser) ;
muld. (KU.) kloete, kloetstok (contus, hasta
iiautica longa et robusta, inferior plerumque
parte obtusa etc.).
1. klotte, klüt, Lumpe, Hure, gemeines
Weib etc., cf. klatte, wovon es eine Ablnut-
form ist, %cie auch das für klos od. klots
angesetzte nd. klot.
2. klotte, klot, eine ordinaire eng an-
schliessende (gewöhnlich schwarze) Weiber-
haube, ohne Besatz, bz. überhaupt eine Haube ;
— wat liest du dar für 'n olden klotte up
de kopV — Aus franz. calotte.
klövp, klövcn, s. klüfe etc.
kliK-lit, kliicht, kliift, Schwank, Posse,
possirliche od. scherzhafte spassige, vergnüg-
liche, unterhaltende Geschichte etc.; — wet
de drumniel, wat de malbrök altid für kluch-
ten (Schwanke, Fassen, Spässe od. sjmssige
u. lustige Geschichten etc.) bi de enn' lied
(od. to forteilen wet etc.) ; — he sitt ful fan
klüchten un knilpen ; — dat was jo güster
afend 'n kliicht (Spass od. possirlicher u.
lächerlicher Auftritt, spasshafte Scene) mit
hura; man mns' sük hast half dod lachen,
wen man dat mit ansag ; — he drift od. hed
sin klüchten (Fassen etc.) d'r wat mit; —
wi harren güster afend up de hochtid so 'u
kliicht (solch einen Spass od. solch ein Ver-
gnügen od. Plaisir) , as wi sin läfend hast
nof,' net had hebben. — Nid. klucht (Fosse,
Schwank, Fossenspiel etc.); mnld. (KU),
mjläm. kluchte (ludicrum, res ludicra, res
jocularis, niimus; fabula, apologus, ludicra
uarratio etc.); dän. klöj^^t (Witz, Scharf-
sinn etc.). — Wenn man vergleicht, dass
mnld. od. fries. kluyte (cf. KU.) einerseits
wie klotte (von der Grdhdtg. : spalten, od.
kleben ausgeliend , cf. klos neben klatte u.
klute od. klöteetc.) die Bcdtg.: gleba, massa,
globus etc. — andrerseits aber auch die von :
Scholle od. Zerschelltes u. Zerspaitcnes,
Zersplittertes, Zersprungenes, Abgespaltenes
od. Sprengstück, fracta, fractura etc., Bruch-
stück etc., toie unser flarrc, Hage etc. — u.
zum dritten auch die von ludicrum etc. =
unser)n klucht, od. kliift hat, so muss man
ganz ungcsuclit darauf kommen, dass auch
dieses klucht od, kliift, bz. mnld. kluchte
nicht allein dasselbe Wort ist wie kluft (od.
doch jedenfalls davon abgeleitet ist), sondern
auch lüörtl. ein Ettvas war, od. einen Z u-
sta)id od. ein Sein u. Wesen bezeichnet,
5 tvo Kines od. Kticas springt, spaltet u.
sich anfthut, offen ist etc., od. sich in einem
Sprung-Zustand befindet u. darin verkehrt.
Da 7iun aber spalten gleich sich öff'nen, of-
fen sein etc. u. springen auch ivieder ^=^
10 hüpfen u. tanzen ist, so ist es sehr er-
klärlich, dass klucht, kluft, bz. kluchte in
die Bedtg. : entweder von Zustand tvo Et-
was od: Jemand offen ist, bz. einen offe-
nen Kopf hat u. klug, witzig u. scharf ist
15 u. so in die von: Witz u. Spass (cf. auch
M«<er klüchtig) etc. od. in die von: ludicrum
od. ergötzliches, belustigendes u. erheitern-
des Etwas, bz. in die von: Schwank, Fosse
etc. überging. Bestätigt wird dies auch durch
20 engl, clyfty, was Ja als Weiterbildung von
clift, clcft (Kluft od. Sprung, Biss, Spalte
etc.) dasselbe Wort ist wie klüftig od. un-
ser kluchtig, klüftig u. einerseits die Bedtg. :
zerklüftet, gespalten, zerbrochen, zersprun-
25 gen, schroff, jäh, felsig etc., andererseits
aber auch die von: lebhaft, munter, behende,
thätig etc. hat, ivelch Ixtztere auch doch
wohl auf springen zurück geht. Will
man indessen diese Deutung nicht gelten
30 lassen, so kann man auch davon ausgehen,
dass alles Gespaltene, Gesprungene u. Zer-
rissene (wie auch die Klippen u. Eelsen) etc.
auffallend od. bizarr u. sonderbar aussieht
u. dass donnach das für klufte stehende
35 mnld. kluchte ursjn: ein Flural von kluft
(= Klüfte) war u. dann als Collectiv für
zerklüftete u. bizarre Gegenstände u. Zu-
stände aufgefasst ivurde, wie ja auch kluch-
tig die Bedtg. : bizarr od. sonderbar hat u.
40 das Bizarre auch ja wieder lächerlich ist u.
zum Lachoi reizt.
Wegen der Bedtg.: B izarres etc. cf.
auch hess. (V il m a r) Kluft chen^= Frack
od. dünner schlechter Bock,
45 klüchtiff, klüftig, lustig, spasshaft, pos-
senhaft, plaisir lieh, od. lächerlich, wunder-
lich, bizarr, sonderbar, auff'allend etc. ; —
dat sügt je klüchtig üt ; — dat is dog to
kluchtig, so as hc sük klodt un dragt; —
50 'n klüchtigercn kerol as min naber heb 'k
min dage noch not sen. — iV(^. klüchtig u.
(S cha m b a c h) klü ftig (sin nreich, erfinde-
risch etc.): nid., mnld. kluchtig (gestuosus;
fcstivus, facctus, lepidus) ; »/r/cs. (Outzen)
55 klüftig, klügtig, klögtig (lustig etc.) ; dän.
klOytig (witzig, sinnreich); schwed. klyftig
(witzig etc.): engl, clifty (lustig, lebhaft, mun-
ter, thätig, behende etc.).
1. klfii'o, Klane, bz. die greifende u.
üO packende Ffote od. Hand; — wat ik in
KLUFE 283 KLUEFER
de klüfen hebb', dat lät ik 6k nich so ligt Fleiss sondern u. trennen, mühsam forschen
wer lös; — he krigd Imm uiuler de kliifen. 0(/. heraussuchen, genau untersuchen etc.;
— Nid. khiif; mnld. kluyve; »d. kluve (cf. — ik wil hiim 'u arbeid gäfen, war lir wat
Schütze, 77, 293, eeuen in de kluve krio- mit to kliifeii lied, dat he d'r mit klär word ;
gt'n, tooklnv e Jedenfalls die Bedtff. „Klaue" 5 — he harr' d'r so fOl mit to klüfeii, er he
h(d) ; nhd. Klaube u. Klaub er. — Es up de gruiid kwam , dat he d'r hast graue
f/ehört ebenso ivie das folgende klüfe u. klü- här' bi kreg, er he d'r mit klär was; — dar
feu zum as. klioban etc. (cf. klöfeii) u. ist krigt he uog wat mit to klüfen , er he de
von Hause aus wohl idcnt. mit nd. (Schütze) biidel üt 'u ander un wer in Order krigt; —
kluve (Kolbe, Keule, od. cigentl. wohl Klo- 10 he kluft net so lank iu de bokeu herum, bit
ben od. Klotz = abgespaltenes u. gespalte- dat he wet, wo de säk' egendlik getakd is,
nes Etwas), zumal da ja dithm. (cf. Schütze od. wo sük de biulel egeudlik besäkd. — ■
unter kloot) kluben u. nd. (Br. Wb., 11,816) Nd., mnd. kluven ; nid., mnld., mjläm. kluy-
k luvenstaken mit unserm klötstok od. klöte vcn (rodcre, arrodere, arab-cdere); wang.
(cf. auch mnd. kluve bei Seh. u. L.) syn. 15 (Ehrentraut, 1,40) klüv (klauben, Aeh-
sind u. klöt selbst auch ein abgespaltenes renlesen) ; ahd.c\iLhön]mhd.k\ü.hen,(7ndartl.)
Etwas ist. Da nun aber mnd. (cf. Seh. u. klouben, chlouben (einzeln od. stückweise ab-
L. unter klöf etc.) kluweu auch wieder mit od. auflesen, abklauben, aufklauben, zer-
nhd. Kloben, bz. ahd. chlobo ident. ist, stückeln [bz. zerbrechen, zerspalten, zcrklei-
so wird auch dieses 1 klüfe sowohl ivie 2 20 nernj, zerpflücken [zerreissenj, zerklnuben).
klüfe von Hause aus mit ahd. chlobo ident. — Es ist loohl vom Brüter, klaub, kloub,
sein u. entweder als ein gespaltenes Etwas contrah. klüb von klioban (spalten, cf. klö-
die Bedtg. Klaue (cf. an. klauf) , od. als fen) loeiter gebildet od. direct aus klioban, bz.
ein an einem Ende aufgespaltenes Stück urspr. kliuban, ags. cleöfan u. clüfau ent-
Holz die von : Fassendes u. Fangendes, od. 25 standen. Wenn unser bügen, nid. buigen,
Fang- u. Halt-Ding etc. haben, wie ja auch nhd. beugen loirklich vom Bräter.: goth.
die Bedtg.: Klemme u. Kluppe sich in baug etc. von biugan (biegen) gebildet ist,
klove etc. (s. «nier klüfe) hieraus entwickelten. so wird das Erstere das Bichtige sein u. ist
2. klüfe , ein dickes unförmliches Stück dann klüfen u. klöfen ebenso wie klüfe u.
od. Brocken, Klumpen, Humpen etc., wovon; 30 klüfe weder formell noch begrifflich von, ein-
— 'ü dügtigen klüfe (od. knüfe) bröd. a)(der zu trennen, klüfen u. klüfen würden
3. klufe, auch klufer (Dimin. klüfeke, dann wohl beide ein actives od. wirklich ge-
klüfke, klüfken, klüferke), ein Knochen od. schehenes spalten u. r eissen (u. so auch:
Bein, looran noch etwas Fleisch zum Klau- pflücken od. trennen, bz. cdjpflücken, abtren-
ben befindlich ist ; — fader ! gif mi en klüfke 35 . nen, absuchen etc.) ausdrücken , tvie auch
(od. bentje) fan, ik mag so gern klüferkes. beugen, bz. unser bügen ein Biegen
klüfen (klüfe, klufst, kluft etc.; — klöf, machen od. actives biegen ausdrückt.
klöfst etc.; — kläfen), klauben; a) beisscn, 1. klüfer, Dimin. klüferke; s. 8 klüfe.
nagen od. zerbeissen u. cobnagen etc., od. 2. klufer, Klauber, Person die klaubt. —
auch : an u. auf Etwas herumklauben u. 40 Compos. : bunken-, wörden-klüfer etc.
saugen etc.; — bunken klüfen (Knochen 1. klüfer, gewandt, geschickt, aufgeweckt,
klauben, d. h. die Knochen theils mit den anstellig, lebhaft, munter, behende etc. — he
Zähnen spcdten od. zerbeissen, um das Fett is so klüfer as de düfel un wet sük mit al-
od. Mark heraus zu bekommen, od. auch lens to behelpen. — Es steht (cf. klüferu
blos das Fleisch entweder mit den Zähtien, 45 = klifern) tvohl für klifer u. ist dann gleich
od. den Fingern, einem Messer etc. davon mit engl, clever (geschickt, gewandt ; kundig,
abnagen u. einzeln od. stückweise davon ab- tüchtig etc.), sowie auch ivohl mit aengl.
trennen, absuchen, ablesen etc.); — he kluft (St ratmann) cliver, tvas nach dem dort
(naget, reisset, pflücket, suchet, lieset etc.) beigebrachten Beisjnel: „de devel (Teufel)
de bunken (od. dat flesk fan de bunken) so 50 is cliver on siunes" doch wohl schiverlich
schön of, dat d'r gen raband an sitten blift; die dort vermuthete Bedtg.: „tenax", son-
— brodkürsten od. klumpkes etc. klüfen dem wohl eJier die von: sinnreich, erfin-
(Brodkrusten od. Gandiklumpen etc. klau- clungsreich od. anstellig u. gewitzt, klug etc.
ben, bz. sie zerbeissen, zerknacken, zcr- hat. Vergleiclit man nun aber, dass die
kleinem etc.) ; — up de füsten od. fingers 55 Wörter : klök, 2 klisper u. das unter diesen
klüfen (auf clen Fäusten od. Fingern klau- angezogene schwed. klipsk (schlau etc.), so-
ften, od. beissend herumklauben u. saugen) ; wie auch unser klüchtig , bz. dän. klögtig,
— ären klüfen (Aehren einzeln abtrennen, schwed. klyftig u. engl, clifty sämmtlich auf
abpflücken, bz. sie ab- u. auflesen); — b) die Grdbdtg.: spalten, schneiden od. schei-
(fig.) mühsam u. anstrengend arbeiten, mit 60 den, trennen (cf. auch an. skilja, scheiden,
KLÜEFER
284
KLÜK
trennen, bz. erkennen, verstehen, begreifen,
d. h. skil 0(1. Scheidung machen zwischen
Eticas, od. Uins von dem Andern sondern
etc., cf. unser sclnUen od. schillou, ferschil
etc.) zurückgehen, so ist auch wohl als sicher
anzunehmen , da.vs dieses klüfer od. klit'er
(rect. klifer = ags. clyfer) vitt dem Stamm-
cerb. kliiiban. afries. kliafa, )dd. klieven =
ags. cleufaii (s. unter klüfeu u. kliifeu) zu-
sammenhängt, wobei man selbstredend aucJt,
noch annehmen kann , dass kliii'er formell
dasselbe Wort ist wie klüfer, (ds Person,
die Etwas zu klauben od. auszuklau-
ben u. auszuforschen versteht, indessoi hier
blas einen Klaub- od. Fors c h • Zustand
bezeichnet, bz. wo ein Jemand sich in dem
Zustand befindet, dass er klauben «. for-
schen od. scheiden u. trennen kann u. des-
halb klug u. geschickt od. schlau u. gewitzt,
sinnreich, ai' st eil ig etc. ist.
2. klüfer (auch klüftok genannt), das vor-
derste dreieckige Stag-Scgel, zu dessen Aus-
spannung der kliitVrbüm dient. — Nid. klui-
ver; norw. klyvor, klyvr; dän. klyvcr, kly-
vert ; schwed. klyfvare, klyfvort. — Es hat
seinen Xamen wohl von seiner dreieckigen
od. spitzwinkeligten (es bildet ein länglich-
tes nach oben sjjitz zulaufendes Dreieck, wie
ein Keil od. eine gäre) tt. keilförmigen Ge-
stalt, sodass das ^^''ort von Hause aus mit
mnld. kliiyvcr (rosor) , bz. kliever, klover
(fissor etc.) u. zwar in der Bedtg. : Keil
zum Spalten ident. ist, wie Ja auch norw.
kliivar diese Bedtg. hat.
3. klüfor. jV«c/t Stürenburg soll dies
ein Mühlenrad sein , was den obern Stein
fa.'ist u. treibt, während mir alle Müller n.
selbst unser alter u. sehr erfahrener Mühlen-
Baumeister versichern, dass es nirgends hier
in der Mühle ein Bad gieht, was klüfer od.
klüver heisst. Bedenkt man nun ferner,
dass es kein Rad ist, was in den Stein ein-
fasst u. denselben treibt, sondern dass es die
unten an der Spindel befestigte Gabel-
Klaue ist , tcelche in den Stein einfasst,
bz. den mittelsten Theil des sog. rin's (od.
des in den obern Stein eingelassenen gekreuz-
ten od. vierarmigen Eisens) timfasst u. bei
dem Drehen der Spindel den obern Stein be-
wegt, so ist es zweifellos, dass dieses klüfer
ebenso loic )did. Klaub er eine Nebenform
von 1 klüfe ist, wofür auch noch der Um-
stand s}iricht, dass die den Stein treibende
Spindel hier auch „klau-spi!" heisst u. n)i-
sere Müller hier sagen : .,(liit klaiispil fätil
in de rlii fan de steii nn mut hum drifcn."
kliiler-höni , der Baum od. die Stange,
womit das klüfer (s. oben sub 2) genannte
Segel ausgrspannt wird.
klüferke, *. 3 klüfe.
klüfeni ; /. q. klifern.
kluf-fükke. klülTok, kliifok; /. q. 2 klüfer.
kh'ifke. N. 3 klüfe.
kluft, klüft, Kluft, Spalt, Biss, Kitze,
5 trennender ZiciscJienraum, od. Stelle die —
od. wo sich Etwas trennt u. ein Etwas in
Abtheilungen, EinseUheile (die wieder in
sich fest mit einander zusammenhängen u.
so ein geschlossenes Ganzes, von dem an-
10 dem abgespaltenes u. getrenntes Etwas [Stück,
Klumpen, Scheit etc.] bilden) spaltet : — du
must dat stük nageliiolt (od. de sclufe) iiet
in de kluft dorsniden; — de schife (d. h.
die von der Binds-Keule des Hinterviertcls
15 unten am dicken Ende abgeschnittene Scheibe
Fleisch, welche gewöhnliclt als Sauerbraten
zubereitet wird) hed so föl klüften (d. h. sie
hat einestheils so viele S2)alte)i od. Bitzen,
wo die einzelnen Abtheilnngen der Fleisch-
20 Scheibe Mos durch Häute u. Fett lose mit
einander verbunden sind; andernthcils: sie
hat so viele einzelne Abtheilungen, od. be-
steht aus so vielen Einzeltheilen, die blas
durch Häute etc. mit einander verbunden
25 sind u. sich leicht von einander trennen las-
sen), od. is üt so föl klüften tosanionsetd,
de all' uudor 'n ander fan wekigheid fer-
scliillen sunt; — man kan dat stük wol in tein
klüften spolden ; — du must d'r erst en klüft
30 ofsniden etc. — Daher auch : Aht/ieilung
einer Stadt, ein Stadltlieil od. (Quartier, wie
z. ß. unsere Stadt Norden in vier Klüfte
(de ostcr-, südei'-, wester- un uörder-kluft)
od. (Quartiere (auch rott od. rot u. in Em-
35 den wik genannt) gctheilt ist. — Nd.. mnd.
kluft, kluclit; nid. kluft; mnld., mfläm.V\\\iW,
kluchtc (crypta, spolunca, specus, antruni;
pars, factio ; multitudn, tribus, prosapia, stirps,
soboles, genus, progenies, sors) ; afries. klefte
40 ((Quartier, Bezirk etc.); aengl. cluft, clift ;
engl, cleft, clift; schott. clift; 7iorw. kluft,
klyft; dän. klüft; schwed. klyfta (Kluft,
Sjmlt, (Jeffnnng, Gang, Höhle; Stück von
einem gespaltenen Dinge etc.) u. klyft (eine
45 Zange, wie mnd. kluft) ; ahd. cluft, chluft,
chlupht, chulupht; mhd. kluft (Spalte, Höhle,
Höhlung, Wölbung, Gruft; ahd. auch for-
ceps). — Wie Bucht zu biegen, bz. ])h\-
gan etc., so kluft zu kliefen, bz. kliuliau
50 etc. (spalten, i'eissen. springen etc.), cf. klufen.
klüft, .s. kluft u. klücht.
klüften, klüften, spalten, theilen, in Stü( kc
zerlegen etc. ; — dat stük mut dar klüttd od.
dörklüftd worden.
55 klüft!;;. s. klüchtig.
kluk (ds Stamm der nachfolgenden Wör-
ter ist lautmalend wir kl;ik, klik, klok od.
klap, klip, klop u. ahmt als solcher zunächst
einen dumjifen stossenden Ton nach, wie z. B.
60 a) den dumpfen, harten, stossenden Ton,
i
KLUK
285
KIJJKKEN
den eine Henne hören lässt, wenn sie brü-
ten will od. bereits Junge (lusgcbrütet hat
u. der im leisten F(dl mich ein Lockruf ist,
womit sie ihre Küchlein bei eintretender
Gefuhr etc. zu sieh ruft u. um sielt versam-
melt u. der um .so heftiger u. häufiger von
ihr ausgestossen toird, je dringender die
Gefahr ist , od. je grösser die Aufregung
der Henne vor., während u. nach dem Brüten
i.it, von woher denn eine solche Henne den
Namen klukhenne od. sonst auch kliicke etc.
genannt ivird;
b) den Ton des SchlucJcens od. Ein- u.
Nieder schhtcliens von Speise u. Trank, wes-
halb denn mhd. kluc die Bedtg. : Bissen
(od. auf einmal liinuntergeschluckle Portion
Speise) hat, dagegen auch nd. kluk «. 7Üd.
klok von tins zur Bezeichnung eines Schlu-
ckes Trinken (od. der Fortion Flüssigkeit,
welche man auf einmal ein- od. hinunter
schluckt) gebraucht wird u. deshalb dasselbe
bezeichnet (in 6n kluk druuk he dat iit; ■ —
gif mi en kluk driuken ; — he hed d'r die
kliikken wTu üt drunken ; — d'r was gen
kluk in bläfen) tcie sluk.
c) den abgebrochenen stossenden dumpfen
Ton od. das Geräusch, ivelches man hört,
wenn Flüssigkeiten durch die enge Oeffnnng
eines sonst verschlossenen Gefässes laufen
u. der dadurch entsteht, dass von oben kein
Luftzutritt stattfindet, bz. dass der durch
die ausgelaufene Flüssigkeit entstandene leere
Raum in dem betr. Gefäss sich loieder mit
Tjuft füllen muss , die gleichfalls durch die
enge Oeffnung , ivo die Flüssigkeit heraus-
strömt, von utden auf eindringt u. so den
Lauf der Flüssigkeit unterbricht.
Der Stamm kluk ist gleich mit nhd. kluc k,
kluch, gluck, gluc h (cf. Klucks , Klux
[singultus] u. Mucksen , kluxen , glucksen,
gluchsen, gluxen etc.); nd. kluk; «/r7. klok ;
engl, dock, cluck ; schioed. klunk etc. ; lat.
gloc (in glocire u. auch wohl in gloctorare,
vom Klappern od. dem Geräusch ivelches
der Storch mit seinen aufeinander schla-
genden Schnäbeln macht) u. kann auch nicht
von klok (in klokke) getrennt tcerden , wie
desgl. auch nicht von croc (in lat. crocire),
was ja auch ein Ablaut von krak ist, tvie
der Stamm klok in klokke von klak, klik;
wie denn Fick (I, 540 seq.) einerseits das
lat. cloctoro mit griech. klagge etc. (cf. klang,
klingen), klössö u. klözö, klöksö (glucken,
glucksen, tvie die Hühner etc.) etc. zu einem
Stamm klak legt, andererseits aber auch lat.
cloctoro (I, 565) mit lat. graculus etc. u.
nhd. krächzen (vf. auch kvdkcti w. klunk-
rafe) zu einem Thema grak (krächzen, ga-
ckern) stellt, ivas ebenso wie die y klak von
an. klaka (s. unter klak, klakken u. klagen),
bz. idg. garg (schreien) eine Weiterbildung
von gar, gf (sonare etc., s. unter kolk) ist,
aus deren Nebenform gal , erweitert galp,
nach Fick auch ^did. klif-klaf, bz. kläffen
5 etc. (s. unter klap, klip, klappen etc.) her-
vorgingen M. loelches loohl auch die y tm-
seres galpen, gilpen etc. ist.
Weiteres ver gl. unterk]u]ih('nn(i,k]nk]ieü etc.
kluk-lieiine, kluklienn', Gluckhenne, Brut-
10 Jicnne. — Nd. klukhenne, klukheen u. klucke ;
mnd. kluckhenne, klucke; 7ild. klokken; midd.
klockhinne; engl, cluck-, cluckiiig-hen; nhd.
K l u c k e, Glucke u. Gluck- od. Klu c k-
henne; rfän. kluckhöne ; span. cXnecA; rhid.
15 cluca ; ital. chioccia; ival. cloc^; port. chöca,
cf. Diez, 1, 125 unter chiocciare etc., bz.
das folgende:
kliikkeii, d. h. das machen od. thun, toas
der Stamm kluk besagt; daher:
20 a) glocire , bz. k l u cken od. g lucken
etc., wie eine brütische od. die Küchlein
schon ausgebrütet habende Henne; — de
henn' is gewis brödsk (od. kluksk), den se
löpd all to klukken; — de henn' löpd all
25 (immerzu) to klukken, ga insen hen un se
to, of d'r wol 'n häfke of 'n ulke is, de up
de kiikens lürd un se faten of röfen wil ; —
de henn' klukd all (immerzu, in einemweg,
unaufhörlich etc.) an un d'r is gewis wat
30 nä bi, wat hör dwingd, dat se altid (alle
Zeit od. immerzu u. in Einem fort) klukd
(od. klukt) ; — wat schul dat klukken fan
de höner wol bedüden, is d'r wol 'n klem-
fSgel of 'n häfke , of anders wat in 't sigt,
ö5 wat de höiier so wild mäkd, dat se all' lopen
to klukken un hör kükens na sük hento röpen '?
b) schlucken, hineinschlucken od. schlin-
gen etc., namentlich Flüssigkeiten u. so auch
trinken etc. ; — he klukd net so lank, as
40 d'r nog 'n drüp in is; — wo lank hed he
nu all afer dat glas ber klukd, wat 'n ander
dog ligt in en töge ütdrinkd ?
c) von auslaufenden Flüssigkeiten aus eng-
halsigen Flaschen od. aus dem Spundloch
45 eines Fasses, tvo durch klukken das geräusch-
volle ti. stossiveise erfolgende Atislaufen (cf.
kluk sub c) derselben bezeichnet loird; —
dat fat klukt nog all au , man 't schal d'r
dog wol hold iitlopen wesen ;
50 d) klopfen, schlagen, hämmern, pulsiren
etc.; — dat hart klukt mi d'r nog fan, so
hebb' 'k im forschrukken ; — man kan 't
ördendlik fölen (od. hören, sen), dat de kop
hum klukt un dat kumd nargens fan, as dat
55 he fan middag süks rosig äten had hed ; —
auch .mbst. : dat klukken z. B. in de kop,
borst od. fingers, swell', bludfinn' etc. — Nd.
klukken ; nid. klokken (wie sub a u. b) ;
mnd. kluckeu; mnld., mfiäm. klocken (glo-
60 cire, singultire) ; ags. (L. Ettmüller) cloc-
KLÜKKERN 280 KLÜEJ?
cian; aetigl. clokkiii; eugl. clnck, rlock (ulo- klnmpo, kliimpf, kluniph, klumpfe. — Wegen
cire); ital. (Diez, I, l'-'')) chiocciare, croc- der Abstammioig , (irdlhUg. etc. s. unter
ciare; .<7>(7H. cloqiioar ; «^ror. cloiich:l;/;rtHr. klaiiipo, klainpen u. rergl. dazu klatte, klöt,
glousser; «•(«/. cloc^i (dasselbe), cf. kliik, klüt, kliint etc., wobei noch zu bemerken
sowie nhd. glucken, glucksen, gluchzen, klu- 5 ist, duss klump im dän. auch die Bedtg. :
cken, klucksen etc. u. schwed., norw.khmka, Klecks hat.
(schlucken ) etc., sowie khmkor^khmkvAi'o olc. kliiiiipon. klumix^ril, a) sich zu Klumpen
klukkern. Jterat. con klukkcn u. zn^ar ballen u. formen, klumpig werden etc.; —
zunächst in der Bedtg. sub d ; — do kop de siie kliiinpd od. kliinipt sük tosainen ; —
klakkerd nii. — Sodann im Zu.'iammenhang 10 de nu-lk khiinptrd ; — b) poltern od. mit
mit klukkon sub a, wovon es in die Bedtg. : dumpf polterndem Geräusch, bz. plump,
warm halten, liebend od. ."sorgfältig hegen u. schwer u. laut gehen v. auftreten etc.; —
pflegen od. auch in die von: gross- u. auf- wol klumpt dar clür de iiang ; — he klumpt
ziehen (eon den brütischen od. brütenden, d'r längs dat mau lium, 'k wet net war, hü-
bz. schon gebrütet habenden u. die Küchlein 15 ron kau. — Engl, clumj) (wie sub It) ; nhd.
zärtlich bewachenden u. unter ihre Flügel klumpen, klümpern (wie sub a) u. klunipern
nehmenden Jlennen) etc. überging; — de (wie sah h).
henn' hod d'r wal mit to klukkern, dat se klumpcrig, klinnperg u. klnnipijs;, voller
de kiikeus iitl)rüdt uu gröt krigt ; — mit de Klumpen u. Klasse, klumpig, klössig. — de-
lutje kinder is "u luden biilte mit to kiuk- 20 bräuchlicher ist klüterig.
kern, dat mau liiu- warm hold uu grot brengd; kliini|t-f«t, Klumpfuss.
— he is al lank uet regt god , man nu sin kliiinpj«, klumi»ke, Klümpchen, kleiner
fro d'r man wit is, de schal hum wol hold Klumpen, kleines Stück; speciell ein Stück-
vfOr toregt klukkern (durch Warmhalten, chen Candi-Zucker, wie auch kluntje; — 'n
Bähen, sorgfältige Pflege etc. genesen ma- 25 göd kopke te mit 'u khunjike d'r in, do d'r
cJien). — Compos. : upklukkeru (a. auf- od. bafeu ütkikd, dat is wat für de olih^ nifikes.
gross ziehen ron Küken n. Kindern; — b) kluiil]) - makei', Holzschuhmacher. —
genesen machen, autfrischen, aufmuntern etc. Sprichw.: 't geid hum as de klumpmakers,
von Schwachen, Kranken od. auch Math- de nuitten 't liicht tan agtern hehben, od. he
losen etc.). — Nd. klukkern. 30 sitt mit de närs na 't liicht , as de klump-
kluksk, gluckisch, bz. brütisch od. vom makers.
Trieb zum Brüten besessen; — de henn' is klüii. Dieses Wort kommt nur in der
kluksk, de wil broden ; wen du 't aherst net Negation unklun vor n. muss darnach die
liden wilt, dat se brüdt, den must du hur Bedtg.: geschickt, anstellig, klug, bz. fassig,
'n pär mal in kold water dumpein, den fer- 35 greifig, zum. Fassen, Greifen u. Halten ge-
geid hör 't bröden wer. eignet u. geschickt etc., od. die von: fein,
kliiinj». klumpe, a) Klumpen, Stück, Kloss, zart etc. gehabt haben , da uuklüu sowohl
Masse, Haufe etc. ; — 'n klump is (od. hei, von plumpen, unanstelligen, ungeschickten,
erde etc.) ; — 't sitt all' in eu klump tosa- dummen, plumpen u. tölpelhaften Menschen,
men; — b) Holzschuh, wohl ivegen ihrer 40 die nichts anzufassen tvisscn (he od. se is
Schicere u. plumpen Form u. vielleicht auch so unklun, dat se niks antüfaten un ördeud-
mit tvegen des Lärms, den sie beim Gehen llk to maken wet) 7/. tiichts ordentlich zu
verursachen, so benannt, obschon es auch thun verstehen, bz. von einem ungeschickten
möglich ist, dass es auch hier urspr. nur u. plumpen Gebühren (se kumd d'r so un-
ein gespaltenes Etwas (abgespaltenes Stück 45 klün mit an , od. herüt etc.) , als auch von
Höh od. Brett) bedeutete, loeil klumpe zu- ungeschickten, groben u. plumpen, klobigen
nächst wohl nur eine Holzsohle bezeichnet Händen (so 'n pär unklüno haudeu as dat
hat; — klumpen sunt güd in drek un sne, wicht hed, hebb' 'k min dage uog net sen)
man se hören net in destiif; — trek klum- die nichts anzufassen vermögen u. nichts
pen an, den krigst du gin kohle foten. — 50 ordentlich verrichten können, bz. womit man
Redensart: he kumd mit klumpen in 't ge- nichts fein u. geschickt etc. machen kann
lag (von Jemandem, der plump u. grob auf- etc., sowie ferner auch von einem plumpen
tritt, od. plumj) in ein Gespräch dritter Per- groben, klotzigen u. dicken Stück Holz, od.
sone.n hineinfällt, bz. mit der Thür ins Haus Baum, Stein etc. ('n unklun stük holt; —
fällt). — Kd. klumpe, klump; mnd. klumpe, 55 'n unklüneu büm, tiiute oic.) gebraucht wird.
klompe; nhl. klnmp; mnld., mflüm. klompe Jlöchst wahrscheinl. ist daher eine von spul-
(massa, gleba, glohus; calojjodium, calo, solea ten etc. (cf. klök, 2 klisi)cr etc.) ausgehende
lignea); engl, clomp, clump; schott. clump ; Bedtg.: fe i n etc. als Grdbdtg. für k\\u\ an-
an., isl. klumpr, kliimbr; schiced., dän., zunehmen, loonach denn dieses k\un mit k\Oi\
norw. klump; nhd. (cf. Grimm, Wb.)k]mn]}, GO (klein, fein etc.) auf ein ursjn: 1>)7^ klinan
KLTTEN 287 KLUENGEL
od. klian, klijan (s. unter klen) zurück zu hallt u. ein weithin hallendes Poltern ver-
führen wäre. ursacht.
Klün od. Klain, Geschlechtsnamc — ho klunder-brf'i, llumpiger Mehlbrei, od. auch
börd to Klüns folk, hz. hö stamd fan Klün Mehl in kochender Milch zu dickem Brei
of. — Dieser, soviel ich weiss, nur auf Nor- 5 gerührt.
dcrney vorhommende Name muss jedenfalls klunder - iiiPlk, dicke geronnene Milch,
schon sehr alt sein. Er kömmt hei För- Schlottermilch. — Nd. klüntermelk ; mnd.
st e mann nicht vor u. ist gewiss mit dem klüntermelk.
vorigen klün ident., hz. davon suhstantivirt. klundern, poltern, ein lautes, dumpf u.
kiander. Dieser von klund = klunt (cf. 10 hohl klingendes Geräusch machen, mit star-
die folgenden Wörter) weitergehildete Stamm kern Geräusch gehen, fallen, stürzen etc. ; —
bezeichnet einerseits ein dumpfes polterndes wat khinderd dar ; — wel khinderd dör 't
Geräusch, od. ein Etivas , ivas poltert (cf. hös? — Nid., mtild., mfläm. klanderen (pul-
geklimder, Gepolter etc. u. Kläs kliinder etc.) sare od. tundere, tiulitare, als Synonym von
u. andererseits einen Klumpen, od. Kloss 15 kleunen, klonen, cf. klonen); nd., mnd. klan-
(klunders od. klunten, klumpen, klüten etc. dern , klunderen (poltern , ein hohles od.
in de brei, melk etc.), eine Masse, einen dumpfes Geräusch od. Getöse machen), cf.
Haufen von Etwas. Wie ivir nun aber un- kluntern.
ter klumpke u. kluntje aiich ohne Zusatz klnnders, klanters, Ä'fösse efc, s. klunder.
„ein Stück Candi" verstehen, so auch unter 20 kliingel, ein faides, nachlässiges, schlum-
klunder ohne Zusatz einen klumpen od. einen piges, gemeines u. liederliches Weibsbild, das
Haufen glühender Kohlen (he hed ml d'r sich gern bei der Strasse herumtreibt, Alles
'n goden klunder [od. kluse] inpakd, dar verkommen lässt ti. vertrödelt u. verschleu-
kan ik mi göd up bakern) u. da mm ein dert, bz. Alles verschleppt u. versetzt u. mit
klunder od. ein kluse zunächst in eine teste 25 ähnlichen Schlumpen u. liederlichen Perso-
(irdenes Kohlenbecken, testa) gelegt ti. dann nen verthtU u. überhaupt nachlässig, unor-
mit dieser in eine Feuerkieke gesetzt loird, deutlich u. liederlich rvirtJischaftet u. lebt;
so hat klunder davon (pars pro toto) eines- — wo de kerel dar to kamen is, dat he dar
theilssoivohl die Bedtg.: „Geschirr (od. tente) so 'n kliingel fan 'n wif anslän hed, de sük
mit sammt dem glühenden Kohlen-Haufen", 30 altid bi de strate herumdrift , hör budel un
als andererseits auch die von: „Feuerkieke kinder gans ferkamen lett un 't all' fersetd
(stafe, stofe od. das Wärm- Stäbchen) mit- un ferdeid wat he hed, dat mag de düfel
sammt den glühenden «t. ivärmenden Koh- weten ; — wat erst 'n kliingel is, dat is ök
len" erhalten. — Der Stamm klund ist = hold 'n hör. — Nid. (v. Dale) klongel,
klunt (s. d.) u. erklärt sich dessen auslau- 35 klungel (stratenloopster, gemeen vrouwsper-
tendes „d" wie in kladde, kladden etc. itn soon, vod, lap, lomp, onbeduidend en niets-
V er gleich zu klatte etc., hz. wie im engl. waardig voorwerp).
clod u. clot (Klumpen, Kloss, cf. klos, klots Vergleicht man die Schallstämme klat od.
u. ist es darnach fast zweifellos, dass klod, klad, von klater, klatte, kladde etc. od. klak,
klot, bz. klud, klut blosser Ablaut von klad, 40 klik etc. u. Alles was mit diesen Stämmen
klat (cf. 1 u. 2 kladde u. klater, klatte) ist zusammenhängt, so ist es höchst wahrschein-
u. daraus ivieder die Stämme klond, klont, lieh, dass auch dieses Wort ebenso wie klun-
bz.k\und,khmt nasal, sind, wobei sich dann ker u. auch ahd. chlunga, clunga, mhd.
von selbst alle Bedtgn. der von: klund, klunge, mfläm., mnld. klonghe (glomus) ent-
klunt weitergebildeten Wörter ganz leicht 45 loeder mit einem Schallstamm klung, klunk
aus klad, klat erklären lassen. (möglicherweise nasal, aus klug, kluk = mh-
klnnder-böne, eine sog. Emporkirche (pri- serm klak), od. doch mit einem Verb, klia-
chel), welche diese volksthümliche Bezeich- gan, klinkan in der Bedtg. sonare od. cre-
nung (wahrscheinl. nämlich soviel als Pol- pitare, fragorem edere etc. zusammenhängt,
ter -Boden) tvohl daher hat, dass das Be- 50 aus dessen Präter. klung, klunk = älterem
treten derselben in der Kirche leicht ein pol- klang (schcdlte, rauschte, krachte, od. habe
terndes od. laut hallendes Geräusch macht. sonus od. crepitus, fragor etc. gemacht) das
klunder-börg, eine grosse u. weitläufig obige Wort dann ganz in derselheyi Weise
gebaute Burg in Emden, deren Name auch hervorging wie klater (Mist-Klunker , od.
wohl mit klundern (poltern) in Verbindimg 55 Klunker überhaupt) u. kXdXie (Bruchstück,
steht; entweder tveil es nach dem früheren Klumpen, Brocken, bz. Theil, Stück, Fetzen,
Volksglauben dort spukte ti. p)olterte, od. weil Lappen, Lumpen etc. ; fig. LAimp, Schlumpe,
wegen der weitläufigen Bauart u. vielen lan- alte Vettel, gemeine Person, Hure) vom
gen Gänge u. Corridore in derselben jedes Schallstamm klat = ahd. klaz, welches als
Geräusch u. jeder Tritt od. Stoss tätige nach- 60 .sj/n. mit klak u. klap eben aus crepitus od.
KLÜENGELE 2.SS KLÜNK-RAPE
fragor otc. die Bedicju.: Fleck (macula), luir golJ im trud herum; — he ferklüngekl
Schmutc, Schmiere, Klebendes, Klebestoß' etc. (cerwirthscliaftet od. verschleudert ti. ver-
sowohl, als die von: Jiiss, Bruch, Spalt, od. schwendet in liederlicher Weise wie eine
Bruchstück, Klumpen, ab(/e.'^paltenes od. zer- Scitlumpe od. ein Lump) siu tid , od. golJ
spaltenes Etwas, Felsen, Klippe (riipcs, cf. fj un göd. — Kd. khingelu ; nid. klongeleii,
nd. od. ngerm. klaut, kliut, b~. unser kluut kkiiigelen.
od. klunte als si/n. mit khimpe od. kl;iiiii)e, kluuker, Klunker; — a) zusammengehall-
klimpc u. klos, klüt, kinto, khiiite otc , wehhe tes Kothklümpchen , icas — od. Koth v.
Worter auch Ja sämmtlich auf der Bedttj.: Schmutz, der sich unten an dem Saum der
sjjalten etc. beruhen, bz. auf dieselbe zu- 10 Kleider u. namentlich in den etwa zerfetz-
riicki/ehen) entu-ickelten od. wenif/stens ent- tot Fnden (od. fVAnjes, wie wir sa(/e)i) der-
wiekeln konnte)). Was nun aber speciell selben sowohl, als auch in den herunterhän-
das alul. khiiiiia etc. (glonuis) betrifft, so ist genden Haaren, bz. in der Wolle der Thiere
dieses mit alul. ohiiwa (ghnmis, gk>l)iis, cf. festsetzt u. die Fnden in einander verklebt
klön) sowohl, als auch mit klos, kh')t, kh"it 15 u. verschmiert, od. verfilzt etc., wobei sie
)i. kUuniie, khinte etc. si/n. u. i)n Stamm dann aber zugleich auch als l'roddeln od.
klang ga))z ident. mit engl, chiiig (kla)n)n, Zapfoi davon herunterhängen u. im Ge-
klebig, ziihe od. zu.'<a)nmenhängend mit, od. hen auch bau))teln od. hin h. her schlagen;
(n(/i(J/(//<'N(/ [adhaerens] an Ft)ras), was übri- — h) Troddel, so benannt, weil auch diese
gens ausserdon ((tus der Grdbdtg. soiiitus 20 ei))erseits einen Klumpen bilden, od. in einon
od. crepitiis hervorgehend) ebenso ivie klap od. gloiims etc. Z)isammengeballt sind n. zugleich
klaps auch die Bedtg.: Schlag od. Ohr- dabei auch baiuneln.
feige etc, soivohl, als auch ferner die von : Dass klunker sowohl wie klüugol sich in
zusamn)enhä))gender u. vcrhürteter Thon (zu- mancher Bezieliung mit klatte begrifflich be-
sammenhängeude Masse) u. ferner auch die 25 rührt, ist schon unter klüngel bemerkt, sowie
von: ungeschickter u. tölpelhafter Hlensch auch, dass beide St(i)nme , nämlich .sowohl
(wie unser klimtc) hat, ivobei es sich selbst- kluiig als kliink von Hause aus Schallstiunme
redend ganz gleich bleibt, ob man für alid. sind, in welchen sich in ähnlicher H'f/.st'
clunga die Bedtg.: kleben, zusammenkle- wie in klak, klap, klat (cf. 1 u. 2 klatte,
ben, aneinander hangen etc., bz. adhuerore 30 klater, klatte) u. ihren Ablautoi tvie klik,
(cf. klüii) etc. od. die von: bersten u. klit etc. aus fragor ei))erseits die Bedtg.:
spulten (c/. klatti', klos, klüte etc. u. Wei- Bruch, Jhuchstück, Theil, Brockoi, Klumpe
teres wegen kling, kluiig od. klunker auch etc. u. andererseits die von macula od. Fleck,
noch unter 1 klinke) zu Grunde legen will. Schmutz, Sclimiere, Klebestoff' etc. entwickel-
Zu klüngel od. ahd. clunga (glomus) soivohl, 35 ten, wie denn auch alle drei Bedtgn., näm-
als zu klunker, Grimm (Wb. V, 1295 lieh a) sonus, crepitus, fragor, clangor od.
bis 1299), xvobei jedenfalls anzunehmen ist, Geräusch, Lär)n etc. ; — h) Brocken od.
dass der Stamm klunk thcilweise aus kluk Klumpen, unf(>rmliche Masse, glomus, gleha
(als Ablaut von klak, klik u. Schalls(a))))n etc.; — u. c) macula od. Fleck, Schmutz
wie diese) 'nasal. 2vurde , wie dies ja auch 40 etc. sich im Stamm klunk zusa)n)nenfinden.
mit norw., schwed. klunka (schlucken = Was nun aber den StanDu kliuik speciell
wnserm kluk-ken) u. schott. cluuk = un- betrifft, so ist er ein Ablaut von klank u.
serm kluk (Schluck) der Fall ist. cf. auch klink, bz. aus dem Ablaut kluk von klak u.
khinkrafe. klik nasal., wie dies ja aus klunkeu ^ kluk-
kliiiigele, schlechte, gemeine, nichtswür- 45 ken, bz. nhd. glucken (cf. Grimm, Wb.
dige, faule Sache od. Handlung, Geschichte V, 1296 das zweite klunkeu u. dazu alle
etc., Sache od. GescJtichte, die heimlic/i be- Wörter von klunk bis khuikezen in Bezug
trieben wird, weil sie faul u. schmutzig ist auf das oben Gesagte) deutlich er/teilt. Weil
u. das Licht der Well .scheut; — ■ se hcd nun aber auch die Stiunme klanip, klinij),
altiil allerlei klüngelren hi de enu', war hör 50 klumj) aus klap, klip, klup u. klaut, klint,
man net fan weten dürd. kliint (cf. klunte etc. neben klunder elc.)
kliingel-kPiilil , fauler Kram, faule Ge- aus klat, klit, klut nasal, sind, so ist es er-
schichten etc.; — mit Jo klüngelkräm wil 'k klärlich, weshalb die davo)i weitergebildrten
niks to düu hehbcn. M'örtcr mit denen zu klak, klik, kluk, bz.
kliiii;i;elD, sich in träger u. fauler UV/sc, 55 klank, klink, klunk geliörendcti (cf. (Trimm,
od. wir eine liederliche l'erson (eine Schlumpe, Wb. )inler klunker etc.) .so oft in ihren Be-
ein Lu)i)p etc.) umhertreiben, od. es machen, dtgn. mit einander zusammentreff'en.
treiben u. vurthsc/uiftot tvie ein klüngel; — kliink-riit'e, Kolkrabe, <l. i. Krächz-Babc,
h^ od. se klüngeld wat \n de sirut' herum; wie atich kolkrafe dieselbe Bedtg. hat. W'e-
— se klungeld (loirtlisi haftet liederlich) mit (SO gen klunk cf. dän. klunke , norw. klunka
ICLUNT KLUNTE
28»
KLÜSE
(krächzen od. schreien ivie Buhen u. an-
dere Vüycl), wem aber auch tvie nhd. klun-
ken (cf. Grivivi, Wb.), nono., schwcd.
kluuka dieselbe liedt(/. wie kliikken (cf. die-
ses u. s. unter kluk) hat u. eben auch (cf.
klunker) aus kliikke, bz. klukka nasal, ist.
Auch dithiii. heisst der Kolkrabe „kluiikrav".
klunt, klaute, Klumpen, Kloss ; — 't is
emer kel an khiiiU' (es ist nichts cds Ge-
ronnenes u. Klumpen od. Klasse); — Klotz,
dickes plumpes unförmliches Etwas od. Ding,
Wesen etc.; daher auch fig. (wie Klotz):
ein klumpiger , plumper, unbeholfener , bz.
grober, schioerer u. hart od. laut auftreten-
der Fuss, od. ein plumper, unbeholfener
Mensch ; — he t'ald afer sin egen klunten ;
— barg' ilin khuitcMi, dat man d'r net afer
fald ; — he haud mit sin klunten in de düle,
as wen he d'r elkermäl dörträden wil ; —
he is 'n arbarndikeu khinte fan 'n kerel; —
so 'n klunte fan 'n wicht, as du bist, heb'
'k min dage nog net sen ; du smitst 't nog
all' kört, wat du uuder de banden krigst ;
— wetst du klunte den niks ördendlik anto-
faten un to dön ? 't is je net, as wen du net
äfen erst fan de bür kumst. — Nd. (Br.
Wb.) klunte, (Dähnert) klunte (dickes,
plumpes, grobes Weibsbild, een buurklunte) ;
nid. klont; mnld., mfläm. klonte, kloater (glo-
bus, gleba, massa) ; md. (Grimm, Wh.)
klunte (feinina sordida od. foetida), od. klonte,
klunte (liederliche Dirne, od. auch plumpe
grobe Person etc., cf. daselbst Bauer-, Dreck-
Klunte, faiäe Klunte).
Der Stamm klunt ist einerseits ident. mit
klund (in klunder u. den dazu gehörenden
Wörtern), wie ja auch klad in kladde etc.
mit klat in klater, klatte, klattern etc. ident.
ist. Wie nun aber klat u. klit mit ahd.
klaz u. kliz, bz. unserm klats, klils u. auch
mit klas, kies, klis wenigstens zwn Theil
ident. sind, bz. der Stamm klas, kies etc. so-
wohl durch Ausfall des inlautenden „t" aus
klats etc., als aus dem aus klak verstärkten
klaks od. klax (cf. auch klaps) entstehen
konnte, so sind auch neben klant, klint, klunt,
bz. klants etc. u. hochd. klanz, kliuz, kluuz
(als Nasalirungen von klaz, kliz etc., bz.
ngenn. klat, klit etc.) die in Grimm (Wb.
V, 1299 seq.) aufgeführten Wörter kluus
bis klunzfusz im Stamm u. Grdbgr. nicht
von klunt u. dessen Weiterbildungen ver-
schieden. Was nun aber klunt od. klunte
selbst betrifft, so ist dasselbe in seinem
Stamm klunt tvahrscheinlicher von klut =
ahd. kluz, als Ablaut v^on klat, ahd. klaz
(s. unter klater, klatte, klittcr, bz. klats, klits)
nasal., als dass klunte aus klute, bz. kliite
nasal, ivurde, was allem Anschein nach mit
klöt, klote ganz ident. ist u. toie dieses
J. ten DooTukaat Koolman. Wörterbuch. II.
zu einem agerm. Verb, kliiitan, ahd. kliozan
(spalten, springen etc.) gehört.
kjiiiiter; i. q. klunte; — 't sunt emer
kliiiiters Klumpen, Klösse = kiunders); —
n he od. se is 'n i'ogten klunter.
kluntei'i;:?, kliinter«;^, kliiutri;!;, a) klumpig,
klössig , bz. voll von Klumjjcn u. Klössen ;
— klunterige brei od, melk etc., cf. kliinder-
biei etc.; — h)plnm2), unbeholfen, leicht
10 stolpernd u. fallend, od. auch ungeschickt
i(. leicht etwas fallen lassend etc. — he is so
klunterg as 'n bar up 't gladde is, bz. up
schöfels; — he word old un klunterg; —
wo kanst du wol so klunterg wesen un la-
15 ten 't all' fallen.
klanterii, poltern, hart u. geräuschvoll
gehen, klotzig, plump u. unbeholfen auftre-
ten od. gehen, stolpern, straucheln etc. ; —
he klunterd so, dat man 't dör 't hele hus
20 hören kiin; — he klunterd de strät' längs,
as of he elker trä' fallen schal. — Nid. klon-
teren ; engl, clutter.
klnnt-tüt, klnntslot , ein klumpiger od.
klotziger, pAumper , grober, ungestalteter,
25 schwer auftretender Fuss etc. ; cf. klunte.
— Nd. (Br. Wb. etc.) klunts-, kluns-foot.
klunt-liakke, Klotz-Ferse, Klotz- Hacke,
od. (fig.) Mensch mit klotzigen, plumpen
Hacken u. so auch ivie klunte od. klunter
30 in der Bedtg. : plumper, unbeholfener Mensch
od. Stolperer etc. gebraucht.
kluntje, klantke (Dimin. von klunte),
Klümpchen, Klösschen etc. ; hauptsächlich
wie klumpke in der Bedtg. : Stück Candi-
35 Zucker gebraucht, sowie fig. auch im Si)tn
von: kleine, plumpe, unbeholfene Person.
kluntsen, kliinsen; /. q. kluntern in der
Bedtg. : poltern, od. plump, schwer u. ge-
räuschvoll auftretest, wie nd. (Br. Wh.)
40 klunsen od. kluntsen, wird aber auch so tvie
duuspn u. klundern in der Bedtg. : dumpf
schallen od. hallend dröhnen etc. gebraucht.
1. kinse od. klüse, Klause; — he kumd
in gen kark of kluse. — Nd. kluse ; nid.
45 kluis; mnld., mfläm. kluyse; ahd. clüsa,
chliisa; mhd. klüse, klüs (Klause, einsame,
abgeschlossene klösterliche Zelle, Einsiedler -
Wohnung, abgeschlossene Wohnung; abge-
schlossener n. abgedämmter Behälter; Ge-
50 hirgspass, Engpass). Aus gleichbedeuten-
dem mlat. clusa vom Partie, pass. clusum
von lat. cludere, wie mhd. klose, klös u mlat.
clausa (Klause) aus clausum von claudere.
2. kluse od. kluse, klüse (Naut., cf. Bo-
55 brik), das kleine enge Loch (auch klüsgat
genannt) vorne im obern Bande od. (bei
grösseren) im Bug des ersten Deckes eines
Schiffes, ivodurch das Ankertau schlüpft od.
hindurch gezogen wird u. loas gewöhnlich
60 mit Blei ausgefüttert ist. — Nid. kluis, kluise,
19
KLÜSE 290 KLÜTEN-BRAEKER
kluisgiit ; schiced. klysa, klys, klysgat ; dän. 'n kli'it (eine Geschwulst etc.) uj) de kop, bz.
klys, klyds. — Es ist zweifellos dasselbe up de rügge etc. ; — kluteu od nielkkluten
Wort icie 1 kluse in der Bedtg.: Etujpass, in de hörst od. in de titton, i:i 't jidder f>. />.
enger Weg od. enger Durchgang etc. hei Wüchiicrinnoi, od. bei den Milchkühen
3. kluse od. kluse, Klumpen, Kloss etc., 5 etc.); — klnten in de leske (angrschicoJh'ne
speciell ein Klumpen od. Jlaufen glühender Drüsen in der Lcixtc) etc., — Jicdcn^art:
Kohlen; — 'u dügtigeii kluse för/. kl iit) tur; wer up de kliiteii kamen {sich icitder empor
— se hed nii dfir 'n goden kluse in 'd stuf arbeiten, od. wir klitern), wo klute in der
(FeuerJiieke) inltiitd. — Hlnd. (cf. Grimm. Bedtg.: Anschwellung etc., Erhöhung, Jfö-
Wb. V, l,ii't unttrk\o^7. subf) clüs (Klum- 10 eher od. Beule gedacht ist. — iV(/., mnd.
pen) ; norw. klysa (klak, klump); .<fchwcd. klule, klüt; idd. kluit ; innld. kluytc (gleha,
dialect. klosa, klysja; ddn. dialcct. k\öai}. — ni:iss,a, gioltus, massa glaciata, Eisscholle);
Es ist wohl eine Nebenform mn klute od. hcss. ( Vilmar) klüte, kl;uit<\ — Es wird
klftte = ahd. kluze od. kliiza, kliuza, joo wohl mit klöt (s. d.) von Hause aus idcnt.
das „s" sich ebenso erklärt, n-ie bei k\os n. 15 sein. Docli ist es auch möglich, dass es mit
bei kliuse (rima etc.), klunse (Klumpen) als klos, klots direct aus einem ablautenden khit
Nebenform ron kVwüv, ahd. kVin/o, bz.kUudc, = ahd. kinz, nasid. klunt, kluuz (cf. kkuite)
nhd. khinze od. khiiiz; cf. kluntp. u. Sgnongm von klat = r//tf/. klaz (<•/. klats,
kliisen (Naut.) Wenn bei unruhiger See klatte, bz. klits, klitler) mit dem Sufji.r a
das S(hilf' vor Anker liegt od. segelt u. es 20 (Thema klutä) weitergebildet wurde, wobei
dann stark ."itamjßl't od. heftig auf u. nie- sich dann das „d" in kludi«, kliider, klender
der stösst, so dringt das gegen den Bug an- (cf. Grimm, \Vb. ]', ll.Yi' unter Klau-
sehlagende Seewasser leicht diir(h die kluse der), bs. klüde (ein Gewicht beim Woll-
od. klüse (s. 2 klus«-) genannten Ankertau- ha)idel, nrspr. aber wohl idcnt. mit klute ii.
iöcher ein u. nennt der Seemann diesen Vor- 25 blos ein Blei- od. Erz-Klumpen, od. Stein-
gang kliisen. Weil nun aber dieses Ein- klotz. Stein etc., cf. auch Stein als Ge-
dringen des Seewassers durch diese Löcher wicht) ebenso erklärt als in unserm klathh^,
eine Folge des Stampfens des Schiffes auf kiunder etc., bz. wie im engl, clod =: clot (s.
u)iruhiger See, bz. des Anprallens u. An- unter klos), bz. wie im ags. (L. Ettmiil-
klatschens (od. des heftigen Anschlagens) des 30 ler) cliid (rupes, collis), neben clüt (pitta-
Seewassers gegen den Bug des .'■^chiffcs ist, ciiim, kimina), welch Letzteres mit nfries.
so hat kliisen (= wang. [Ehr ent rau t, I, dithm. (O atzen) klütf, khit (Flicken, I^ap-
409 unten] kliizen; nid. kluisen; schwed. pen, bz. Fleck); dän. klud ; schwed. clut;
klysa; dän. klydsa) daran auch einestheils engl, clout etc. auch zu einem Verb, kliu-
die Bedtg.: st ampfen od. stossen (wie 35 tan (spalten etc.) gehört. Wegen der Grd-
das ivang. kliizen) n. andertiiheils auch die bdtg. von klute .sc/ aber noch bemerkt, dass
von: klatschen od. schlagen (wie das im Stamm klut od. kliit (u^oltl aus k\n\t, bz.
nid. kluisen, cf. v. Dale) etc. angenommen, kliulan, dies aber ttuch wieder aus germ. |/
woher die klüzbalge (wörtl. Stampf- od. klut, wie biugan aus bug, bz. bliugh), neben
Klatsch- Balge, od. Balge wo ein Schiff' 40 Liruch, Spalt, Riss, bz. abgespaltenes
stampft, bz. wo das Wasser klatschet) od. abgesprengtes etc. Etwas, od. Zustand
auf Wangerooge ihren Namen hat. wo Etwas spaltet, reisst u. bricht etc., auch
klfis-;:;;!!. s. 2 kluse. wie in klak u. ahd. klaz -= unserm klat
kliiske, kluske, Dimin. run 1 ?/. 3 kluse. die Bedtg.: macida, od. Fleck, Schmutz,
klule Oll. klüte, klüt, a) Brocken, Brach, 45 Schmiere, Klebestoff', klebende Mtderie, öd.
Bruchstiuk etc.; — be band 't all' in klu- schleimige, klebrige Masse, Etwas was luWi-.ie-
ten od. kleine Stücke; — klutcn (Brocken, reiis ist etc. liegt, in welclier Bedtg. auch
Grus, bz. Torfbrocken) stoken o<7. briiunen ; kludderu, kluttern, nebst klittern i)i derscl-
— b) Klumpen, Kloss, od. eine in sich ver- ben Bedtg. wie unser kladdcn, klatldern (näm-
bundenc od. zusammenhängende unförmliche 50 lieh in der von : klecksen, schmieren, schmu-
harte od. weiche Masse, bz. eine Gesehivulst Izen etc., cf. Grimm, Wb. V, l'il3 unter
od. Beule (in od. auf Etwas) etc. ; — 'n klittern) vom Stamm klut (macula = ahd.
klüt i-rde, kiel, sukker, bröd etc. ; — kluteii klaz) rtn'kömmt.
in df melk, brei ; — miil-, nudk-kluten etc. ; kluleu od. klüleii, JvhoDjien ml. Kloss
— d;it is in rn klüt tosaiiicnsmultcn ; — ik 55 (klute) haichen od. werden, sich formen u.
heb' dar so 'n klüt (Fleisch- Geschwulst, i/cstalten zu einem Klumpen od. Klo-<s, lial-
Fleiscli-Beale etc.) \n i\c \\a\'A %\i\.(iii, de schal len, coaguliren etc.; — dat klütd siik to-
d'r wol ütsniiden worden mutten, wen bc nich sainfn.
fan Süllen weggeid ot dorgeid ; — kliiten kluleu-liriiker, <///« «/(»Wf Walze, tvomit
(Beulen, bz. Frostbeulen) up de banden; — <.0 der Lutidiriilh die Erd- u. Klei- Klösse,
KLUETER?:
201
KNAEDEN KNEDEN
od. festen Erdklumpen zerkleinert. — Nid.
klnitenbreker.
klütere, kleine geringfügige Arheit, Fli-
ckerei, Lapperei etc. ; — ho hold sük 't
leiste mit allerhand klüteröen u]). — (f.
klütern.
kliiterer, Einer der klüterd, hz. sich mit
klütereen od. klütorkräm bcfasst.
kluterig, kluter'g, kliitri^, klumpig, Mas-
sig, bs. reich an, od. twtl von Klumpen od.
Klössen; — klnterige brei; — de melk word
kluterg etc. ; — daher auch von einem Wege,
auf dem viele Erdklumpen od. verhärtete
Kleiklüssc liegen: holpericht, uneben,
rauh etc. ; u. .so fig. wieder : abstossend, un-
freundlich, mürrisch, verdriesslich etc. ; —
de weg is so kluterg, dat de diifel 't hast net
ütholden kan, um d'r up to faren ; — he is
fan dage so klnterig un ferdretelk, dat d'r
hei net mit hum klär to worden is; — he
kek so kluterg (unfremidlich, mürrisch) üt,
dat ik man glik mok , dat ik wer fürt
.•; kwam, as 'k hum sen liarr'.
t klütern, klümpern, kliimpig u. klössig wer-
den etc. ,• — de melk kluterd ; — fig. (cf.
kluterig) uneben, rauh u. unfreundlich sein,
brummen, murren etc. ; — ■ he sitt de hele
dag hen to klütern.
klütern, in dilettantisclier u. kleinlicher
Weise arbeiten od. sich zum Zeitvertreib mit
kleinen u. feinen Arbeiten heschäftigen, fli-
cken, läppen, bz. zusammenflicken od. zu-
sammennageln u. leimen, eine Flickerei od.
kleinliche Arbeit machen etc. ; — he mag
niks lefer, as klütern; — wen d'r wat kört
is, he kan 't all' wer toregt klütern ; — he
klüterd de hele dag au. — Sprichw. : an
junge fröen un olde schäpen is altul wat to
klütern. — Nd. klütern. — cf. zu klütere auch
klötere u. ferner zu klütern auch mhd. klü-
terwort (eitles, unnützes Wort, bz. geringes,
nichtiges Wort) ; verklüteren (durch aller-
hand Machinationen verstricken, verketten),
lüobei man auch aiuiehmen kann, dass der
Stamm klüter mit dem ags. clüt (lamina,
pittacium), nfries. klütt (Flicken, Lappen,
od. urspr. Sprengstück, abgespaltenes od. ab-
gesprengtes, abgerissenes Etwas) zusammen-
hängt u. beim Vergleich von flik u. lap ne-
ben flek u. flekken ein klüterwort entweder
ein nichtswürdiges u. schlechles od. schmutzi-
ges, od. ein nicJdiges u. geringes Wort be-
i zeichnet, währetid unser klütern sowohl, als
■ das mhd. klütern in verklütern direct mit
dem von ags. clüt (lamina, pittacium), aengl.
clüt, engl, clout etc. (s. unier klute) loeiter
gebildeten (wie tlikken von flik) «^.s'. clütian
(consuere, clavare) ; aengl. (Stratmann)
clütien ; engl, clout (flicken, ausflicken, auf
eine plumpe u. ungeschickte Art verbinden
u. zusammenflicken) zusammenhängen kön-
nen, zu dem unser Iterat. klüteren ivenig-
stens sowohl formell als begrifflich besser
stimmt, als zu klOtern u. wo man bei mhd.
5 verklütern in der Bedtg. : durch Machina-
tionen verstricken, doch auch wohl an ein
f l i cken, z u s a m m e n flic k e n , bz. an
ein. V e r b i n den u. v e r s t r i cke n m it Et-
was denken kann. Das „t" im mhd. klü-
10 tern etc. erklärt sich dcd>ei ebenso leicht wie
in Klette ^= unserm kladde, bz. wie im
ags. clüd neben clüt, od. im engl, clod, ne-
ben clot etc., .s. unter klos, klot, klute, klun-
dcr = klunter etc. Beim Vergleich von flik
1,5 ti. flek, soivie klater etc. etc. ist jedenfalls
klar, dass auch mhd. (M. Lexer) klüter
(Fleck, Schmutz) etc. soicohl mit ags. clüt
u. unserm. klute, eds auch mit nhd., dün.
klitter (macala) u. unserm klitter etc. aus
20 derselben Quelle stammt.
klatje, Klümpchen, Klösschen etc. ; Di-
min. von klute; — 't sunt emer klütjes un
brokjes.
klutje, klütken. Dasselbe toie klütje, aber
25 speciell nur von einem kleineren od. grösse-
ren Mehlkloss gebraucht; — klfitjes in de
soppe ; — wi äten fan middag pären un
klütje (Mehlkloss, Blehl- Pudding). — Sprichw.:
he sügt so glad üt as 'u oflikten klütje ; —
30 de jung is net so rund un pol as 'n rasen
klütje.
klütjen, mit kleinen Klumpen, Klössen
(klütjes) od. Brocken u. Steincti, Schneebäl-
len etc. werfen ; — he mag niks lefer as
35 klütjen; — de jungens klütjen sük. — Nd.
(Schambach etc.) klütjen.
klutij»;, klntrig, *\ kluterig.
kinve, k luven etc., s. klufe etc.
knabbeln, s. knibbeln u. gnabbeln.
40 knäden, kneden, kneten, a) siossen, drü-
cken, od. mittelst der stossenden u. drücken-
den Hand, od. des stampfenden u. drücken-
den Fasses eine weiche Blasse (Teig, Thon,
Klei) bearbeiten u. auch drückend formen
45 u. bilden; — de deg (od. klei etc.) mut uog
i)äter knädt (od. dürkuädtj worden, diit se
weker un leniiger word; — he knädt d'r bröd
üt; — he knädt potten üt klei; — he knädt
(stösst, knuft etc.) hum dügtig wat dür ; —
50 he knädt 't all' kört, od. in 'u ander; —
1») treten, waten etc. ; — he is göd to klei
knäden (od. träden, pasen etc.), he hed brede
loten ; — wat brükst du dar al in de drek
herumknäden. — Nd., nid., mnd., mnld.
55 kneden (depsere, pinsere, pistare, pastare) ;
ahd. chnetan, cnetan ; mhd. kneten, kuetten ;
ags. cnedan ; aengl. cneden ; engl, kiiead ;
dän. knede; ivang. (Ehr en traut , I, 45)
kuide, kueid, kaithin (cf. tride, treid, tridin,
60 treten = unserm träden, treden). Daneben:
19*
KNAEFEL KNEFEL 292 KNAEFEL KNRPEL
((». knoda; ks7. linoila; »or«'. kiioila, knaada, ^wei Gegeustände ffeschluufjeuefi Tau (bz.
kiiüde, knoa , kniia, kiiaa; sihivcd. kn;1da durcli eiue darum gcsclilunfieiic Kette) steckt
(kneten). — A's gehört zu eineni ursjjr. germ. u. womit man dann das Tau oil. die Kette
Verb, giiidan, knidan (ifiiid, j;nad, gmid, gnii- durch Drehen dc.<^ knäfols i'^erkürzt u. die
dun, lic. knid, knad, kund, knudun) == (dierd. f) beiden betr. Gegenfitände zu.-<amme)isieht ti.
gnitan, chuitan, knitan (gnit otr. etc.) , ?ro- fc^t mit einander verkuppelt, — od. 3) ein
von unsere ]'erba : guiden, guidi lu, kuideln, derartiges Holz od. Eisen, wtis man wo quer
gnüdjen, kiuidjen, knudel ftc. abstammen u. od. der Länge nach zwischen steckt und
dessen y wohl gha, ghan, gliua gelautet ha- klemmt, od. wo hineinzwängt, um Etwas
ben mii-ss, weil sich hieraus am liesten alle 10 aufzubrechen od. aufzuzwängen u. auf-
Anlaute (auch isl. „li" in hnoda , s. oben) zusperren, bz. auf zu machen n. oß'en zu
am besten erklären. Wegen des Stammes halten , wie z. B. in ilas Maul eines Thic-
gni etc. aus gan , bz. idg. gban, glia otc, res etc. (sliik dat iM-rd 'n kniUel iu 't
umgesetzt ghna, vergl. M'eiteres unter gni- ninl, wen 't bek uet ajxMi nuiken, bz. apeu
don u. gnister u. knast otc. u. wegen kuad Ifi holdou wil), — od. 4) ein mit einem Stock
als Thema od. }' von knädon aucJt Kick, zugedrehtes Tau um die Oberliiipe od. Nase
HI, 4S, wobei es beim Vergleich von gast der Pferde etc., womit ihnen die Nasenlö-
zu lat. liostis u. kslav. bostis aus einer |/ eher zugeschnürt , od. zugeklemmt werden,
ghas ganz zweifellos ist, dass auch knädon wenn sie Medicin etc. einnehmen sollen u.
od. das Stammverb, knithxn, gnidan mit kslav. 20 nicht schlucken wollen, ähnlich wie dies auch
gnetiji (kneten, drücken) u. preuss. gnodo mit der Bremse od. Klemme (postomis,
(Teigtrog, cf. Fick, II, 555) auf eine mit hier meistens knip genannt) geschieht; —
„gb" anlautende ]/ zuriickzufithrcn ist. So- b) ein dickes od. dichtes, festes, gedrunge-
fern übrigens zu gniden, knidan (cf. Pott, nes u. starkes od. knotiges Etwas, bz. ein
Wurzelwb. I, zweite Abth,pag. 677 seq.) das 25 Etwas (Ding, Wesen, Geschöpf, Person etc.)
griech. knetbö etc. u. zu nhd. Knote, bz. w((s in sich fest u. geschlossen ist u. sich
unserm kniden etc. m. knudfl , knütte etc. nicht leicht von einander lösen lässt, u. wo
das (cf. Fick, I, 38) skr. kaiida in Be- die einzelnen Theile fest mit einander ver-
tracht kommen sollte, so würde für griech. bu)iden sind etc.; — 'n kiiär»'! tan 'n jierd
knaö etc. (cf. Pott, Wurzelwb. 1 , zweite 30 (ci)i junges starkes ungcbändigtes urkräfti-
Äbth., pag. 673 seq.) , bz. iinser gnagen u. ges u. tvildes Pferd); — 'u kiiät'el lau 'n böin
gnaueu etc. ttls Primit. eine idg. y ska, (ein stämmiger od. dicker, starker, urkräftiger
skan, u. für knad als germ. y von knidan, u. harter Baum); — de kniifel (sc. 1'an.jung
knudel, bz. skr. kanda etc. eine von ska, od. kerel) de wet nargens fan , de is net
skan enveitoie |'' skad, skand, «;)/t(7^?'. kand, 35 so gesund (od. bart nn fast) as 'n öst; —
umgesetzt knad (aus sknad) anzusetzen sein, be is 'n dikken tasten kiiiifel (ein dicker
worüber bei Fi c k, I, 235 bis L'3S das Wei- fester starker od. stinnmigcr knotiger Par-
iere zu vergleichen ist. Wegen ska als urspr. sehe). — Sodann wirdVwMA c) auch scherzh.
Schallwurzel, icovon auch skar u. skarbii in der Bedtg. : Schelm, durchtriebener Ge-
wohl nur secundäre u. tertiäre Weiterbil- 40 seile, od. wilder u. schlimmer Bursche, Aus-
dungen sind, bz. 2vegen Entstellung der ver- bund etc. (be is 'n regten UUjen knafel ; —
schiedenen Anlaute „g", „k", „cb", „b" aus de lütje knäfel bed 't dik agter de oieu ; —
urspr. „sk" vergl. auch noch das unter khim- de lütje knäfel geid gün se to bog etc.) ge-
pen (/. 1 klap licreits Gesagte. braucht, wobei jedoch zu bemerken ist, dass
knüt'el, linefei, a) Knebel od. ein kurzes 45 wir statt kniitVl in der Bedtg. sub h u. c
festes, ziemlich starkes od. dickes Stück Holz, auch knofel gebrauchen u. dass wir hiemit
od. kurzes starkes Endchen Eisen, bz. ein den Begriff des Ge me inen u. Nied er-
Etwas zum Festmachen, Festschliessen u. trächtigen etc., od. auch den eines r o-
Festhalten od. Klemmen von Etwas, wie hen u. groben Menschen verbinden.
z. B. 1) das Quer-Eisen am Ende einer 50 — Nd. (Seh ü t z e) kni'vd (Knöchel an den
Kette (Halfterkette, od. Halskette für die Fingern; Knebel, Prügel, Stück Holz ; nach
Stiere u. Ochsen etc.), womit man diese Ket- dem B r. ^\' b. auch ein Scheltwort für einen
ten beim Anziehen schliesst od. fcdmacht, loiderwärtigen Menschen), — (Dähnert)
indem man dasselbe quer durch einen daran kniiwel (ein Knebel , bz. ein querlicgendes
befindlichen Ring steckt, wo ibmn dieses 55 llolzslück an u. vor allerlei J)int/en zum
knätVl gcnanide Eisen es rerhinilert, dass Zuhalten, Zusammenzwingen od. sonst. Be-
die Kette sich wieder öffnet u. wo man es huf ; ferner auch: Knöchel, häufiger aber
demnach auch Seh 1 i ess- Ei se n nennen noch für die Finger od. J lande selbst ge-
könnte, — 2) das kurze starke Stück Holz braucht), — (Schambach) kntnvel (Kne-
od. Eisen, welches man quer durch ein um iU) bei); mnd. (Seh. u. L.) knevel (ein kurzes
KNAEFEL KNEFEL
293
KNAEFEL-BARD
dickes (Querholz; rjedreJitcr Fliiyel eines
Schnurfbar(es); nid. knr-vel (Si)annhaum,Knc-
hel, KncheJbnrt ; fig. ein starker Kerl, hz.
[nach van Dale] Alles loas gross u. stark
ist); innld. (KU.) kncvel (tiilcji, stipes, nial-
Icolus, üagclliim, sunulus, bacilliis; — iier-
vus, nervoiis fuiiis, lorum, resegmcn corij ;
— dentes venaliiili ; — anientum , loriiin
hastae missilis, haboiia, ansa, ansula, corri-
gia lanccao, vinculiim jaculi, nodus apiul si-
liuin et Btatiiini, lorum rcviuctiim in hastfi
media circitcr, qiiod mamii deiiule et primori-
bus digitis illigabatur levitcr; in emissu cum
imiietu solveiidum) ii. kiievel, knovid (nodus);
ahd. clint'bil, chenebil ; inhd. kn(_'I)el (colum-
bar, vinculum, bz. Joch, Kessel, Halsband,
Halseisen etc., cf. Grimm, Wb., unter
Knebel).
knäfel, bz. ahd. clincbil ist mit nhd. Knie-
bel u. Knebel (Knöchel, od. richtiger Ge-
lenkknoten [cf. dieserhalb auch kn ö ],
d. h. V erb in d u ngsstell c eines G e -
lenks, Stelle, tvo zivei Gelenke mit einan-
der verbunden sind, od. der runde Gelenk-
knochen [od. Knorpel, Knöchel] des einen
Schenkels od. Gliedes, der durch Sehnen mit
dem hohlen Gelenkknochen, vjorin er sich be-
ive.ijt u. dreht, verbunden, ist) wohl dasselbe
Wort a. loird der Stamm kncb, knii'b, knob,
bz. knef, knit', knof icohl derselbe sein wie ttn-
ser knüp = nhd. knüpf in knappe, knüp-
pen od. knob etc. in knobbc, knubbe, kuub-
bel, knoppc, knop etc., od. doch mit diesen,
von demselben (rrdverb. ali.staminen, da ihnen
sämmtlich ivohl die iJedlg. : winden (umwin-
den, drehen etc.), flechten, binden, stricken,
hz. festbinden, fesseln, festmachoi etc. zu
Grande liegt. Was nnn cdjer zunächst knä-
fel, knei'el, bz. ahd. cbnebil etc. betrifft, so
selieint mir dies am nächsten mit an., /.s/.
kuefa, kiu'ifa (arripcre, appreliendere, con-
torquere etc., bz. greifen, fassen, ainfassen,
nmschliessen, einscliliessen etc. od. halten,
fest machen u. fest setzen, fesseln, binden
etc. , cf. tbad Iiäri siaii , contorquere cri-
nes od. binde sit liaar; — tbad er knefad,
constitutum est od. det er fastset, fast be-
sluttet), kiieti (pugnus, dichte od. zusammen-
geballte u. geschlossene Hand), kneif (Angel,
Haken, Kischerhaken von grösstcm Schlag)
u. weiter auch mit an. laiaefr (forlis, acer)
verwandt, womit auch norw. (cf. I v. Aasen)
knüyva u. knefta (drücken, klemmen, zu-
sammenziehen etc.) anscheinend zusammen-
hängt u. wobei wegen kncti u. kneif zu be-
merken ist, dass daj'iir auch die Formen
hnefi u. hneif vorkommen. 'Au knefa u. na-
nierdlich zu knaefr (fortis etc.) würde auch
dithm. (Br. Wb. II, SM) kuäve (Stärke,
Kraft), kuävig (stark, cf. nhd. knotig),
bz. unser knäfel in der Bedtg. sub b (cf.
dazu nhd. Knote in der ßg. Bedtg.) gut
stimmen, wo beim Vergleich von klemme in
der Bedtg. sub b (nämlich in der von: Ei-
5 genschaft des Ilaltcns, Packens, Greifens
od. Kraft um Ktivas packen, klemmen u.
drücken od. zwingen zu können , bz. über-
haupt: Macht, Kraft etc.) auch dithm. knäve
dieselbe urspr. Bedtg. wie klemme gehabt
10 haben, kaiui. Dass aber alle Bedtgn. von
knäfel od. ahd. cbnebil auf die Bedtg. : fas-
sen, halten, klemmen, festhalten, festmachen,
schliessen, ein- od. nmschliessen etc. od. fes-
seln, binden etc. zurückgehen, ist loohl zicei-
15 fcllos u. i.st die Bedtg. : stipes , malleolus,
surculus etc. dahin zu erklären, dass in äl-
tester Zeit fast ausschliesslich dünne schlanke
Zweige od. Ruthen der Weiden, Haseln etc.
zum Binden, Fesseln, Hängen etc. od. Gar-
2(» rottiren (Umbinden des Halses mit einer
Gerte od. einem Weidenzweig u. Zuschnü-
ren des Halses damit bis zum Ersticken)
gebraucht wurden u. dass auch die Weide
(salix) ein Etwas zum Binden od. Ver-
gib binden, Flechten etc. bezeichnet u, mit goth.
vidan (binden, fesseln etc.) zusammenhängt.
Von der Bedtg.: Gerte, Zweig etc. gin-
gen dann aber wieder die Bedtgn. : Prügel,
Geissei etc., bz. Ding zum Schlagen (u. so
30 auch: Stock, Knüttel etc.) au.s, ivährend das
Verb, knebeln (cf. knäfelu) von Fessel
od. Bind-, S chnür - Ding etc. als Grdbdtg.
von Knebel die urspr. Bedtg. noch rein
bewahrte.
35 Was nun aber weiter das an. knefa, bz.
den Stamm knef od. kneb von knefa od.
Knebel (als knef- od. kneb-Z>/»^, bz. Ding
od. Etwas was bindet od. fesselt , od.
fasst, umfasst, umschliesst, einschliesst, fest-
40 macht, d. h. Etwas ivas, od. Zustand ivo
Etwas macht ivas knef od. kueb besagt) be-
trifft, so scJteint mir derselbe mit kuipen
(kneifen, drücken, klemmen etc.) in. der urspr.
Bedtg. : z usammenklapjien od. schlagen, zwi-
•15 sehen sich fassen (u. so drücken, klemmen,
bz. fassen, erfassen, um- u. einfassen [cf.
afries. klippa, kleppa, umkhunmern, umar-
men, umfassen etc. u. an. klippa, schneiden
etc. unter klii)pen u. dazu knippeu , sowie
50 kneif od. lauf, Messer] einschliessen , fest-
halten, packen etc.) von derselben y abzu-
stammen, worüber das Weitere dort zu er-
sehen ist; — cf. auch kuifeltonig.
knäfel- od. kiiofel-bi'ird, Knebelbart, Zwi-
55 ckelbart , bz. ein Schnarrbart, dessen zwei
Spitzen eine (^uerlinie bilden od. quer ste-
hen (cf. knäfel sub a, 1), od. dessen Spitzen
gedreht u. gewunden sind, wie eine Riithe
od. Weide, wenn sie als Knebel od. Band,
60 Tau etc. (lorum, viuculura etc.) zum Binden
KNAEFELN KNEFELN
294
KNAKE
tt. Fesseln gehraitcht inin(c. Im afries.
heisst clrr Knebdharl krni'i), Uancp, kuep, was
icolil eine i-crkürzlc Furm von kiiepel, hz.
aluL chenebil (s. oben unter kiiiitVl) ist u.
loozu noch bemerkt sei, dass ttuth unser knä-
pel im ntl. knäwi-1, bz. kiiuvol lautet, imlrs-
sen mit kiiatVl, kniiwcl (Knebel) u)iceru'((n(H
ist, wir unter kiiiipt'l zu ersehen.
kliiiteln, kiictVIii, knebeln, fest u. stark
binden od. svlinuren, zusdiiDuenschnüren,
klemmen, umfassend zusammendrücken u.
jires.sen etc. ; — hO knäfVld litiiii tlügtiij. —
jNV/. kniivelii, kiiawoln ; nid., mnid. ]<nv\'f]vn
(ligare, uoilare; mauiis viiiculis ilhuiucaiT,
vinoulis constrinireru niaiius, pollices etc.;
injicfie niauicas, occupaio aliiiiRiu luauicis;
grassari, latrocinari, exlorqucre).
kiiacen, .s". puatftn.
kiia:;^e, ku;«^', dickes unförnüiches Stück
(Oll. Jiroiken, Klumpen) , Knorren, harter
Ast im Holze, Baumstumpf, Wnrzelendc
eines Baumes; — 'ii knairgt! Inöd od. Jiolt
ptc. ; — ile knajrgeii utiiidcu t'tc. — Nd.,
mnd. kiiagge; cnifl. kuag (Knorren, Knoten,
vl.si, Knast, Höcker); aenifl. (St rat mann)
cuag; schalt, kiiag; norw. kiiaggo; schwed.
kiiagg ; dän. kuag (Knorren). Weitere Be-
dtfjn. als Leiste , Zapfen , J'Jlock, hölzerner
Wirbel etc. s. unter Knagr/e in Grimm,
Wb. V, 1333. We(/en der Abstammunr/ cf.
giiagcn, wonach kungf^a ebensowohl wie kuake,
kiiast, kuiist etc. auf der Bedtg. : nagen
in der urspr. Bedtg.: spalten beruht, wie
dies auch mit )ttnl. Kloben, bz. mit klos,
klöt, 2 killte, killte, kliinte, klarnpe etc. der
Fall ist.
knak (ablautend kuik), Schallwort wie
klak, khip od. knap etc., was ans crupitus
gleichfalls in die Bedtg. : Brach, Riss, Spalt
etc. überging , aber weder formell noch be-
grifflich so reif entwickelt /.s< wie diese; —
kiiak sä' 't, do was 't (z. B. das Glas, der
Topf, der Ofen etc.) kürt, od. bpiiiiigen, bür-
sten, raten etc.; — dat glas hed de kiuik
weg (das Glas hat den Stoss u. den da-
durch verursachten Bruch etc. weg, bz. ist
gespru}igcn etc.), od. hed 'n knak (Riss,
Bruch etc.) kriigeu ; — lie hed de knak weg
(er ist körperlich gebrochen u. kaput , od.
auch: er ist gei^chäftlich kaput u. bankerott) ;
— dal bed de büni (od. luini, liat lii'is etc.)
de knak (den Bruch, Sturz, Fall etc.) an-
dän ; — he hed dar 'n dii;.;ljgeii kuak (('on-
tusion mit Bruch) bt wegluagen. — Nd.,
nid. kuak ; aengl. (S trat m a n n) cnak ;
.^chwed. kuak; dan. kuag; niid. knack, ver-
stärkt knaks, wie k\a\)% u. khils von kbip ;(.
klat, wobei zu erwähnen ist, dass knack ((f.
Grimm, Wb. V, J3:JS unter knack sab 4
M. 5) auch wie nd. kuik w. nhd. Bruch
a) ein niedriges od. geknicktes, gebeugtes
Gebüsch (cf. indessen 2 kuik) bezeichnet, od.
die Bedtg.: Unterholz hat u. ferner h)
auch wie brikke od. graud , grind ein zer-
5 kleinerles od. in Stücke zerspaltcnes Ftwas
bedeutet od. die Bedtg. : Brocken, Brock-
steine, Bruchsteine, bz. Stein-Bruch, od.
Stein-Brocken (zerkleinerte Steine = unserm
grüs) hat.
10 Was nun diesen Schallstamm kuak be-
trifft, so ist er auch in den kelt. u. gdl.
Sprachen (ef. krlt., gäl. cnak ;= Krach,
Knall, reitschcnknall) bezeugt u. demnach
nicht anzune/tmen , dass derselbe aus kUik
15 (wie knilpel ii. kniii)pel waJirscheinl. aus kbi-
pel u. klüppel, bz. wie Icniiilulc aus kliiHuk)
odslanden ist, zumal auch neben knak die
Form gnak (cf. gnagcu, kuagen u. knagge
-= guagge, bz. giiarreu neben knarren etc )
2t) vor körn )nt. kläglich ist es daher wohl, dass
kuak au3 derselben. Grdform wie guag als
Stamm von guageu hervorging u. also loie
dies auf guagh (schlagen, hauen, sjialten etc.,
s. unter guageu) zurückgeht, wobei man dann
25 allerdings annehmen müsste, dass die Bedtg. :
cre[)itns, l'ragor etc. eben aus der älteren
von : s chla g e n, stos s e n , sp alte n od.
reissen, brechen etc. hervorging , wie
dies vielleicht auch mit fragor selbst der
;-50 /•'((// ist, wozu auch an. braka (prasseln,
krachen) u. brestr (Gekrach) noch verglichen
werden mögen, die ja zu brikan (cf. briikeu)
u. brestan (cf. barsten) im selben Verliidt-
niss stehen, wie fragor zu t'raugere. — Ver-
35 gleiche übrigens noch 1 — i knik u. W^eite-
res unter kuikken.
knake, od. knäkc, knak, Knochen, d. h.
a) das harte feste Bein des menschlichen od.
thierischen Körpers im Gegensatz zu Fleisch
10 u. Haut, wofür wir meistens das Wort blinke
gebrauchen; — 'n Hesknake (Fleisehknochen) ;
— niätje wat uienst du wol, ik wil wedden,
dat ik mit diu kuaken uog de pären tan de
börn sunt'. — b) (metaph.) Nacken od. liuckel
45 od. auch Glied etc. ; — du krigst glik wat
up de kuaken, wen du net niakst, dat du
fürt kumst; — he hüe (hauete) huin de kua-
ken briiu un blau; — all' min kuaken dön
Uli sdr; — ik hebb' 't so iu de kuaken, dat
50 ik Uli Uiii^l net rureu kau ; — daher SprichuK :
dat rno lienul up tie kiiakeu, dat andere up
de staken, oil. auch: dat ene hemd ujt de
buk, dat auilere up de struk; — cf. auch
die L'edensart: he fald afer sin egen kna-
55 ken, bz. siu egcii khinten; — c) ein hartes
dickes unförmliches Flwas, Knat/ge, Klum-
pen, Knorren etc. ; — 'u knak holt ; — 'n
kiuik brnd; — 'n knäk fan 'u Iiöm od. ke-
rel etc. — Nd. kiuike u. (S chamb ach)
tjo kuoke ; mnd. kuake, knoke ; nid. kuok, kuook ;
KNAKEDROEGE
295
KNAP
vmhl. kuoke, knake (os, ossis), kuoke (nodus
in arhori!, callus, tiiber), kuoke (taltiK); norw.
kuok u. kuoka (Knochen u. Kiukhel etc.)
etc., ver;)l. Weiteres in G r i in tu (WO.) un-
ter Knochen etc.
Die Bedtf/. ist von Hause (ins wohl die-
selbe wie Itei 2 kliitV;, od. loie hei kiiagge,
kiiui'P, kuast, kiiiist, kiuife od. Idiiti! etc, so-
wie waJirschei>il. iiucJi, lici him u. blinke u. ge-
hört es tvohl mit kiiokko, kiiükkcl zn kiiak-
ken in der richtif/e)t Form kuakaii od. kiiak-
jaii 00)1 dessen Prätcr. l<uii(ilv, kuök (I, rächte,
barst, spaltete) es weitergebildet sein initss,
wie klök von klakaii, bs. Idalgan , sofern
nämlich das „o" in knokc nrspr. lamj war
u. aus altem „uo" entstand. Da es indes-
sen auch möglich ist, dass das „o" urspr.
nicht lang war u. ans altem „u" entstanden.
ist, tvie wohl auch in knökkel, so kann auch
kiiako, kuoke mit kiiokke u. knokkcl wohl
auf ein cdtes knukau od. kuukjau ."uriick-
gehen, ivoraber Weiteres unter kuökkel. Von
der Grdbdtg. : s palt c n od. sp r i n g e n,
h e r s ten etc. ausgehend , darf man, daJter
wohl annehmen, dass es einerseits ein ab-
gespaltenes od. abgenagtes u. vom
Fleisch enlblösstes Etwas, andererseits aber
auch ein a b g e sp alte n e s n. abg espr eng-
te s Etwas (Splitter, Bruchstiick , Brocken,
Klumpen, dickes unförndiches Stück etc.) be-
deutet hat, wie dies auch mit kiiaggc u. an.
knakkr (Pflock, cf. auch kuokke u. uok) der
Fall ist.
küakodröRP, kiiilkdi'ö;:;!^ , so trocken wie
ein ausgebleichter, ausgedörrter Knochen.
kiKiki^, knochig, k>iorrig, ästig etc. ; —
'u kuakig sliik flesk ; — 'n kiiakig stük holt ;
— 'n knakigeu hörn.
knnkkcii (rect. kiuik-au , Präter. kuuok,
kuök), knacken, a) ein knackendes Geräusch
machen, krachen, cre])itare, iragorem edere
etc. ; — de lingers kuakken huni ; — he
knakd mit de lingers ; — de büin kuakd
(kracht, knarrt etc.) as of he bräkeu wil;
— b) brechen, bersten, reissen, springen, etc.,
d. i. Bruch etc. bekommen u. Bruch etc.
■machen od. kapnt gehen u. kaput machen ;
— de boni is knakd; — he knakd ü(?. knikd
de böni etc. ; — dat knakd all' üt 'n ander ;
— uöten kuakken (Nüsse knacken od. solche
aufmachen, indem man sie zwischen zwei
Etwas [Zange , Eiliger , Zahne ete.J zer-
drückt u. kaput macht) ; — hv fless' win
kuakken (eine Flasche Wein austrinken,
hz. sie öffnen od. ihr den Hals brechen u.
sie dann austrinken. — Nd., nid., innld.,
nhd. knakkeu od. knacken ; mnd. knaken ;
engl, knack; norw., sehwcd. kuaka; dän.
knagc.
knakkoi', Knacker; a) Einer der knackt
od. zerbricht, aufknackt etc. ; — b) Werk-
zeug womit man knackt ; — ■ ef. note-knakker.
klial, Knall od. ein lauter heftiger Schall,
wie er namentlich in Folge einer Explosion
5 od. überhaupt durch das plötzliche Entstehen
eines luftleeren Baumes ti. das darauf fol-
gende Zusammenklappen der Luft, od. durch
das plötzliche Eindringen derselben in den
luftleeren Baum entsteht. Vergl. weiter:
10 knallen, knallen, a) crepitare etc. ; — wat
knald dar? is d'r wat bansten of siirungeuV
— b) mit der Peitsche schlagen od. mit dem
Gewehre schiessen, dass es knallt; daher
überhaupt auch schlagen od. schiessen, feuern ;
15 — he kiuiJd d'r en mit de pitske afer; —
he kualde d'r tiiskeu , dat 't all' iit 'n an-
der stöf; — he knald de fögels all' weg; —
c) roden u. zwar speciell ,, Kartoffeln." ; — •
se sunt heu to kartuffels knallen; — d) (obsc.)
'JO cuitum exercere, coire cum alinua, coire pati ;
— he kiuild biir; — se knallen buk; — se
lelt siik knallen.
Her Stamm knal ist das Präter. vom. al-
ten knelleu u. zwar zunächst in der Bedtg. :
25 schallen, kiicllen (s. d), hat aber auch
die Bedtg. : kneifen, od. klemmen, drücken
etc., ivoraus wohl die Bedtg. sub d) entstand
u. eigentlich ivie bei kla))pen, klippen, knip-
pen , knipeu darauf beruht , ilass zwei zu-
30 sammenschlagende od. zusammenklajipende
Dinge einen Schall 'machen, zugleich aber
auch ein Drittes zwiscJien sich fassen u. es
so kneifen, drücken, pressen, klemmen etc.,
od. fangen, fassen u. halten etc., es abknei-
35 fen od. abschneiden etc. etc.
knaller-büsse, od. knap-biifSf^o, eine Knall-
od. Klatsch - Büchse tds Spielzeug für die
Kinder. — Nid. klakkebos.
knallorn, knallern. Iterat. von kualleu in
40 allen Bedtgn., mit der Erweiterung jedoch,
dass die Bedig.: feuern od. schiessen mit
dem Gewehr etc. in die allgemeine Bedtg.
feuern od. heizen, einheizen (he kuallerd
diigtig in) überging, obschon es auch mög-
45 lieh ist, dass es diese Bedtg. vom Prasseln,
Knastern od. Knistern eines hell brennen-
den Holzfeuers erhielt, toie wir auch von
einem solchen Feuer sagen: dat kuallerd
(brennt stark od. knistert laut) diigtig u.
50 anstatt: „he kuallerd diigtig in" — „he kual-
lerd hiim (den Ofen etc.) göd" — u. auch ein
prasselndes ii. hellbrennendes Feuer „kual-
lertje" (kamt juugeus, wi willen 'n kuallerlje
maken) nennen.
55 1. knaj), Sehallwort wie knak, knal etc.
u. auch einerseits zur Bezeichnung des Schal-
les eines Bruches, Spaltes od. Risses etc.
(kuap, sä' 't, do was 't kört), andererseits
aber auch des Braches etc. selbst (dat hed
(JO 'u kuap kragen) gebraucht, woher dann drit-
KNAP 296 KNAP
teiia dieses Wort (cf. 2 luiaj)) (ils Ade. v. — he is kiiap an uii kiiap of (l-nrz nnge-
Adj. wohl die Bedly.: kürt = nhd. knr;: bntiden, hz. kurz an u. kurz ab, z. B. im
(d. h. urspr. : ifebroihni, ffesprnnffeii, ije- od. Sprechen, in der Bede, im Antworten, im
zcrsjialten, tdKjespidien, nbfßelrennt, rietliciU, l'assen eines Beschlusses etc.); — - ho piotd
geri.'<sen od. kajnit) u. klein h(d, falls es in 5 (redet) im schrift so kiiap (kurz i(. bündig,
dieser Bedig. nicht etwa u-ie\iiiA\ ein l'räter. bestimmt decidirt etc.), dat d'r goii wörd to
ro» kni|>ppii ist, od. als Kiirzunij eines (dtrrn iol scc;d wonl, oil. {jen bökstäfc tn fOl in
kiiaiipc ,'» knappen //r/iö//. Vergl. diescrhalb : steid un 't dop all' pans düdelk un kläris;
■_'. knap (jlect. knapj)or, knapste), kurz, — en, de knapi)er (kürzer, bündiger, dent-
klein, gering etc. u. zwar sowohl in Bezug 10 licher, besser etc.) spiekd as he, kenn' 'k
auf Baum u. Zeit, als auch auf die Masse nt-t; — dat geid altid up 't knaiistc (Kürzeste)
u. Menge von Etwas, icobei dann die Bedtg. h\ luim of ; — ho wand d'r knap (kurz,
der kurzen u. kleinen Strecke u. Entfernung dicht, nahe, unmittelbar etc.) an; ■ — de hü-
in die der Nähe, des nalte od. dicht bei u. sen stän gans knap (unmittelbar) an 'n an-
an Seins, od. die des kurzen od. kleinoi u. 15 der; — dat is lo knap (zu kurz, zu klein,
geringen Baumes in die des nahen, engen zu beschränkt etc.) niäten, od. ofbateii, of-
u. hcchränkteti Baumes (gleichricl oh der snäden etc. ; - de köpman is d'r iör bekond,
Länge od. der Breite od. Höhe nach), — dat sin mät un wicht altid to knap (zu klein,
die der kurzen u. kleinen Zeit in die der zu gering etc.) is; — he liobl sin folk to
nahen u. unmittelbar od. dicht darauf fol- 20 knap (zu kurz, od. zu karg, i.sl zu geizig
genden Zeit u. die der kleinen u. geringen u. sparsam) ; — lie gifd sin folk (seinen
Masse in die der wenigen u. fast fehlenden Dienstboten etc.) man 'n knappen (dürftigen,
od. beschränkten ]\fasse od. Menge u. Zahl unausreichenden etc.) Um; — he hold sin
etc., od. der Begriff: kurz, klein, gering, bz. si^n so knai» (so kurz), dat he /jiii j)ennink
beschränkt, enger etc. auch in die von : kaum 25 fiir sni fergiiopen ittgafen kan ; — man mut
u. genau etc. überging, die aber aus der de perde knap (kurz in den Zügeln, od.
Bedtg.: enge u. dicht, od. wohl aus der auch kurz im Futter) holden, wen se en net
Grdbdtg.: gespalteti od. kurz u. klein, od. ddrt^'än sölen ; — he bitt, o'l. brckd, band
möglicherweise auch aus der von: gestutzt, etc. dat knap (kurz, nahe am Ende, bz.
abgeschnitten , geschoren ((f. knippen = 30 n((he an der M'^urzel etc.) of ; — he brök
schneiden, scheeren etc. u. dazu kip von kip- dat gosprok knap of un löt siik nargens mer
pen = kappen 0(^. H«^^r 2 klisper (/(«*• .sr/t?'vv/. uj) in; — dat word uns hir to knap (zn
kVn)sk u.k]\i)\)\)aucJi. wieder die fig. Bedtgn. : klein, enge, beschränkt) ; — so wanen dar
glatt, fein, nett, sauber, hübsch, gebildet, fä- so knap, dat se siik sülfst hast not bargen
hig etc. entwickelten. Vcrgl. diesrrhalb fol- 35 könen; — de weg is so knap (schmal), dat
gende Beispiele als: se lepeu so knap (nahe, d'r gen twe wagens tagen 'n ander up fa-
dicht, unmittelbar) agtor od. np 'n ander, reu kinien; — de slöt is so knap (schmal,
dat se sük bi elker trii' (Schritt, Tritt) an- enge, kurz od. klein im Durchsclmitt), dat.
stötden ; — dat fulpd to knap (zu kurz, zu dat watcr d'r hast not hen kan ; — he liod
bald, zn schnell, zu naJie, zu dicht, zu hau- 40 nii de kler fol's to knap (kurz, klein, enge)
fig, bz. zu unmittelbar, sodass keine Entfcr- niäkd, so dat ik se bei net drage», bz. d'r
nung, od. kein Baum, keine Zeit etc. bleibt) net inkamen kan; — ik sitt hir so knap
uji 'n ander; — dat band, od. slcid, dönnerd (beschränkt, enge, eingeklemmt, bz. auf einem
etc. al so knap up 'n ander, dat d'r liel gen so kleinen u. schnaden Baume etc.), dat ik
hot (Baum, Zwist hrnraum etc. der Zeit nach) 45 d'r knap (kaum) tüsken kan; — ik kann'
tiisken blift ; — knapper (kürzer, rascher, d'r knap (nur mit Noth, kaum) wer (itka-
schnellcr, unmittelbarer, bz. näher, dichter, men, so sat ik d'r tüsken beknäpen ; — dat
enger etc.) as knaj) (kurz, unmittelbar od. gung man knap (nur eben, nur mit Noth,
eng etc.) kan 't net kamen, wäsen od. stän, kaum etc.) od. knaj),jes, iifkes; — ik kunn'
Sitten etc. ; — dat ligt d'r to knap (za dicht, 50 d'r man knap (od. man iifon od. iifkes, kftm
zu nahe etc.) an od. up etc.; — he tireide etc.) dör; — dat geid d'r knap tüsken; —
sük so knap (kurz, rasch, schnell od. un- dat kan d'r knap stän, de rumte is därto to
mittelbar etc.) um, dat ik mi hast net för smal od. to kiirt, to big etc. ; -- dar is knap
bum wiken kunn'; — de wagen nani de drei' so fol güd an, dat d'r 'n kied üt kau; —
to knap (zu kurz, in zu geringer Distanz) 55 tüsken hunilord knap en ; — 't is knap ^/m»/h,
un tul in de sliit ; — de wagen dreide so eben, bz. kurz vor od. nach etc.) twalf lir ;
knap um (so kurz um), dat bum de asso — 't kan kna]) slän bebbon (es kann kaum,
knapde (brach od. /viy>«< ///»//^ ; - dat gung od. eben erst, vor ganz kurzer Zeit etc. ge-
knap (nahe, unmittelbar etc.) an do kante schlagen haben); — ik di'ir (darf) so knap
längs, od. an 't störten, an de död etc. of; 60 (kaum) fan dag kamen, so as 'k d'r nog
KNAP
297
KNAPE KNAP
ütse; — dat äten is fan middag regt kiiap
(sehr wenig od. gering, in sehr geringem od.
kleinem u. beschränktem Masse vorhanden) ;
— dat gcld od. de roggc etc. word rrgt
kiiap (das (ield etc. ivird wenig od. rar);
— dat geid hiim mau regt kuap (dürftig,
kümmerlich, ärmlich) ; — dat is upstünds
'n knappen tid (dürftige, kümmerliche, ärm-
liche, beschränkte, drückende, schlechte Zeit,
bz. eine Zeit, tvo man mit Allem zu kurz
kömmt u. es an Allem fehlt n. mangelt); —
dat kunid dar in hiis man kiiap (spärlich
etc.) um etc. — 't sitt all' (z. B. das Haar,
die Kleider etc.) knap (glatt, nett, schlicht,
hübsch, wohlgeordnet etc.) uii sligt; — dat
wicht (Mädchen) siigt so knap un (irdendiik
üt, dat 'n waren Itist is ; — dat is dar in
lifts all' so knap (ivohl geordnet u. sauber)
in Order, dat d'r gen en stük up de luiregte
stä' steid; — he hed sin saken all' kuap
(ßx u. gut) in örder ; — he is hei kuap (fix,
tüchtig, fähig etc.) in sin sakon un hed düg-
tig wat lerd ; — 'n knappe meid (eine fixe,
tüchtige, fähige, fertige, flinke Magd); —
he is 'n knappen (fixer, tüchtiger, hübscher,
od. flinker, adretter etc.) feut; — he is na
alle kauten heu knap un klär etc. — cf.
knappen u. die Compos. mit knai). - Nd.
kuapp etc., cf. Br. Wb. II, BIS seq. (we-
nig, sparsam, nicht viel, kurz; sparsam, ge-
nau, geisig ; enge; kurz von. Dauer, eilfertig,
gleich ; kaum) , Dähnert, Danneil ,
Schütze (nicht viel, zu wenig, zu leicht,
zu kurz, zu enge nach der Masse; genau;
sparsam ; kaum) , Seh a m h ach , knappe
(knapp, kurz, zu klein ; kaum) u. (Sahst.)
cf. Br. Wb. 11,819, knai)p (harte, trockne
Speise), Schambach, knap (Stich vom
Bier, dat ber het all' eu'n kuap od. knaks,
bz. ist sauer u. verdorben), was Alles wie
knapps bei Dähnert auf knap als Schal l-
ivort (s. oben 1 kuap) , bz. auf kuap])en (s.
d.) zurückgeht, wie desgl. auch nid. knap =
knak u. = Speise etc., od. das was man knajit.
Wang. knap; nid. knap; an.., isl. knappr;
norio., schwed. kuapp; dein, knap (wie bei
i uns, nänüich nicht blos in der Bedtg. : arc-
tus, sondern auch in der von: rasch, be-
hende etc.). Kiiian glossirt knap mit:
alacer, agilis, celer, gnavus, während mfläm.
knap gleich ist mit dapper {tapfer) u. dass
man dabei knap wohl für ein passendes
Thema od. Stammwort für Knabe (cf.
knape) halten könnte, ist doch sicher nicht
zu leugnen. Dass aber der Stamm knap im
mfläm. od. mnld. auch als Schallwort be-
kannt war, ist unter knappen, kuapkök etc.
zu ersehen.
Wie unter 1 knap ausgeführt, wird 2 knap
seine verschiedenen Bedtgn. urspr. wahr-
scheinl. aus 1 knap in der Bedtg. : k u r z
entwickelt haben.
Wenn man indessen 2 knap als das Prä-
ter. von kuippeu nimmt u. bedenkt, dass die-
5 ses ebenso loie klippcu eigentlich soviel heisst
als Zusammenschlagen n. so zwi-
schen zwei Etioas fassen u. dass
hieraus nicht cdlein die Bedtg. : sehne i-
den, sondern auch die von : k n e ifen,
10 klemmen, zivängcn, einengen, drü-
cken (cf. knipen) etc. ungesucht hervor-
geht, so kann man beim Vergleich von arc-
tus von arceo selbstredend auch annehmen,
dass alle Bedtgn. von knap sich aus der
\bvon: gekniffen, geklemmt, eingeengt, be-
schränkt etc. enttvickelt haben, ivobei es al-
lerdings zweifelhaft ist, ob sich hieraus
ebensogut wie aus kurz auch die Bedtgn. :
rasch, schnell, flink etc. (cf. oben u. mnld.
20 knap) entwickeln konnten. Da übrigens
knappen u. kuippeu auch wieder gleich sind,
so ist es an u. für sich gleichgültig, ob man
1 u. 2 kuap als Fräter. von kuippeu auf-
fasst, od. nicht.
25 Was übrigens die Herkunft u. Verivandt-
schaft von knap u. knip (mag man sie nun
als Schallwörtcr nehmen od. nicht) betrifft,
so sind sie mit der y knip von knipen so-
ivohl, als auch den Stämmen kuab, kuib,
30 gnab, guib, guit' etc. von kuabbelu, kuibbeln,
gnabbelu, guibbeln, guitt'eln etc. urspr. wohl
aus einem u. demselben Grdwort hervorge-
gangen, was auch unser m gnepeu od. gne-
peu etc. zu Grunde liegt, cf. dieserhalb zu
35 knap, bz. mnld. kuap das sgn. nid. guap;
mnld. gnap (guavus) ; mfläm. gnap (diligent,
prompte efc); wfries. (Jap ix) guep, guap,
kuap (nett, reinlich, hübsch, emsig, flink etc.)
u. wegen der Stämme knap, knip, bz. gnap
40 Weiteres unter knappen, knipen etc.
knap-blase, Schwcinemastdarm, der von
Kindern aufgeblasen, zugedreht u. zum schal-
lenden Aufjdatzen losgcschnellt , od. aufge-
stossen wird, damit er platzt u. einen knap
■15 od. Knall macht.
knap-bilsse; i. q. knallerbüsse.
kiinpe, knap (nur noch selten gebraucht
u. fast gänzlich durch jung', bz. junge ver-
drängt), Knabe, männliches Kind, junger
50 Bursche etc. — Afries. kuapa, knappa,
kuoppa (Knabe, Junge, unverheiratheter
junger Mann, Knecht) ; wfries. knape ; nid.
kuaaj) ; mnld., mfläm. knape, bz. cnaepe,
cnaep ; nd., mnd. kuapr; as. knapo; ags.
55 cnapa; aengl. cnape ; an., i.s/. kuapi, knappi,
knapr ; norio. knape, knaape ; schioed. knape ;
ahd. kuajjpo ; amhd. chuappe ; )nhd. knappe
(Knabe, Jüngling; junger Mann der sich
zum Bitter bildet. Knappe; Diener) u. da-
60 neben amhd. chuabe ; mhd. kuabe; aengl.
KN.\EPE KNAEP 298 KNAPPEN
cnave; cuf]!. kuave (Knabe, JünrjUng, Die- knapjes, kiiupkes, Diminutic-Form von
ner) ; schott. kim-wo, kwixy,-, \iun'\c (ein männl. 2 knaj», iianientlich in der Bedtg. kaum,
Kind od. Diener i(c.) n. kiiaiie {Diener de). wie fitkes ron iifeii.
Ks (/ehört rielleicht mit a/td. chuivdux ckjs. kiiap-kökf, Knitpiikuihen, bz. ein hartf/e-
cuävaii (kennen, wissen); lat. gnoscero ii. 5 backener ll<)ui(j- od. S!/nii)skuchen, so be-
uosctTO, sowie kcuiien u. küuL'u zu dersel- nannt, weil der-'^elbe beim Essen knappt od.
hen y jaii, gan, giia (:eu;/en etc.), wovon ein Knappen hören Idsst. — Nid. Icnaj^koek.
aueh lat. guatus, iiatiis, iiascor (statt gnascor), kiiajipeii ("/y'c/.knaii-aii (>(?.kiia])-jaii, Präter.
geuus etc., bz. goth. knoils (goiius) u. viel- kiiuoji, knoi). wie kiiippi'H eigt ntlie/i knipau,
leicht aueh dän. kiiüs (Harsche) ete. u. wozu lü \in;i\),kimi),k\ni[mn lautet), knaj)j)en, d. Ii. ma-
möglieherweise auch kuccht gehört. Oder dien, thun, beirirken, erzeuget'., hervorbringen
ist knape vielleicJtt von kiiap in der liedig.: od. bekommen v. erleiden etc., was 1 a. 2 kiiap
alaoer, agilis, celer, giiavis, bz. in der von: besagen.V^ergl.diescrJialb: diitk\\n\)tc(kn('.ektc,
tapfer is. unter '_' kiiap) weitergebildet, so- knallte od. sehallle) so linl, dat man 't 'k wet
dass kuaj)a eigentlich ein Jlinkes, munteres, 15 iiich war (od. wd wid) liurou kuuu'; — ik
lebhaftes, lebendiges, bz. rasches, gewandtes, hobb' wat luiajipcii hünl , d'r is gowis wat
thätiges, rüstiges od. tapferes W'esen bezeich- biustcii od. spnnigeu; — 't is beil kiiapt uii
net, was zur Bezeichnung eines Knaben (btch is knapt (das Kis hat gck)iallt u. i-st ge-
gewiss viel prägnanter ist, als da.ss man ein borsten od. gejdalzt, gebrochen, durchgebro-
Mädchen einfach wiclit (d. h. Wesen, Ding, 2(» dun etc.); — wi'l Iicil de tlosse kiia])p<'n la-
l'Jtwas etc., cf. wicbt) nennt. IcnV — dv liükscn is hiim bi de nad ot-
knäpP, knäp, klU'p, a) Kniff u. zwar: knapt; — de band (der Keif) od. dat band
/. sinnlich; — hi- hed d'r 'ii kuiip in dän (das Band, der Bindfaden etc.), de phitc, de
Oll. makd ^= er hat ein Etwas geknijjen Hesse ete. is knajtt (gesprungen, gerissen, gc-
u. gedrückt od. zusa)nmengekniffeu u. ein- 25 borsten, geplatzt etc.); -- he knapt (briehl)
gedrückt, .wdass dadurch enttceder ein dv. büm ot', od. de bOui isotkiia])t; — nöten
Bruch od. eine Kalte in dem betr. Et- knappen (Nüsse brechen od. anfmachen, zcr-
ivas entstand, od. dass man die Spur, bz. beisscn u. sie dann auch zerkanen, zermnl-
den Eindruck, das ßfaal etc. des kneifen- men u. essen; — he mag gern niilen, koken
den u. drückenden Kingers od. Nagels sc- 30 un allerhand lekkereen knappen (beissen,
hen kann; — man kan de kn;ip nog sen, t'.s.sc«, naschen etc.); — wat liest du dar nu
de du d'r in däu od. luäkd best; — ^.trop. al wer to knappen? ik iite twebak od. Mnin-
in der Bedtg.: hcindichcr listiger Anschlag, kes etc.; — he hed altid wat in de tabUe
unerlaubter KunstgriJ) , Schlich, loser Streich to knappen; — he knapt (beisst etc.) d'r so
etc., um Jemanden anzuführen od. zu über- 35 siit in, dat man wol sen kan, dat hnm l
vortheilen; — nim di in acht, he hed altid lekker smekd ; — 'n Hes win knappen (eim
allerlei knäpen bi d' enn' ; — dat siiut sin Flasche ]Vein verzehren); — he knapte dar
knapen, dat he snk so dum ansteld; — he (er brach davon, od. spaltete, biss, ass da-
sitt ful tau iiifeu un knäpen. -— (,'ompos. : davon) 'n stük of; — wel hed 'n stidc lau
düfenknäp. — Sprichw.: „dat sunt sin knä- 40 de kok ofknaptV — he hed for meniiigen
pen,** sä' de frö , as hör mau In 't starten gülden koke un andere snüpereen upiuiapt
dat gesigt fertruk ; — fan baten besteudtg, (aufgegessen, verzehrt). — Wegen 2 knap
kuäpeu inwendig. — b) Taille eines Kleides =^ kurz, bz. knappen = brechen, kapnt u.
od. Rockes etc.; — du best mi de knap to kurz machen, kürzen- od. schränken, ein-
eng' makd, de knipil mi so. — Nd. kneep, 45 u. beschränken etc. cf. weiter: he knapt hum
knejie; mnd. kuepe ; nid. kneep. — V\jm 'n daler tan sin löii oi' (er bricht od. svlinei-
Präter. knep, von knipen. det, kneift, kürzt etc. ihm einen Thaler von
kniipel, kliepel, Kli>/>jtel od. Schlägel in seinem Lohn ab); -- he wnl' hum sin Ion
der Glocke. — Nid. knepel, knejipel; ml. Iieknajijten (seinen Lohn beschneiden , od.
knäpel ; warnj. kneppcl etc. — Es entstand 50 verkürzen etc.); — he beknapt (bekürzet,
aus kläpel, klepel etc., itv'e knünok ««.s klut- hält kurz, beschränkt etc.) sin lue, od. sin
lök, kiHippel aus kliippel etc. t'olk, sin kinder, siu son etc. up alle maueren un
kltiip-liandi;;, r(ts(hhänilig, Jlink u. ge- tan alle kanten, 't mag wäsen in de Ion, of
wandt mit der Hand; — daher überhaupt: in 't äten ot (trinken, ot' in 't geld, ot' in dr
rasch, geschwind, behende, Jlink, gewandt 55 tid, ut' in 't spölen nn 't Ire herunilopcn
etc. ,• — du mnst knaphandig wer kamen ; etc. ; — he beknapt sük (er bekürzt od. be-
— lie mok dal knapliaudi'.' ot; — he is d'r regt schränkt sich, bz. schrankt sich ein a. sjxtrt,
knapliandig bi don. — Nd., nid. knajjhandig. d<irbl sich ab etc.) so iül as he man kan,
kiiiip-liolt, gelbe Wiesenraute (thalictrum nm dor de lid to kamen; — he bcKiiaiit
fiavum). t)0 sük od. hum so, dat he hast fan de buukeii
KNAPPEN
29»
KNAP-SAK
falil ; — h('' will' sin perd in 't für beknap-
pen; — ik iiiiit sen, of ik il'r nog wiit of-
knappeu (ud. olkiiipen) kau; — sc knapt
(kürst, sp<irt, darbt etc.) siik in '1 iitcn un
drinkeu of, wat si; für stät un upwanil t(j
föl iitgift; — ik mnt sen, of ilc inoigen 'n
stund' tids ofknappen (uhhnchcn) kau, um
bi di to kamt'ii ; — ferner zu knap in der
Bedlfj. : hübsch, sauber etc. od. cüjentUch
ivuhl: (jeschoren, beschnitten,, f/eslutzt, suf/e-
stntzt, Icurs (fcmacht etc. ; — t>a lion nu knap
(putze, stutze etc.) dl erst wat up, er du um
böskup g(Mst; — knap din här wat up, dat
't net so wild herunihanfrd; — he hed sin
tun wat u[)knai)pen (seinen Garten was auf-
putzen ud. in Ordnung hrin<jen u. sauber
machen) laten ; — wen 't tilgen ])inkster geid,
den laten alle (irdondlike lue hör hiis faii
binnen un fan hüten imn U])kiiappeu (auf-
putzen, od. reinigen u. färben etc.). — • Nd.,
nid. knappen (knaclccn , brechen, bersten,
beissen, essen ; kürzen, etc.) ; nuibl. knappen
(prehendere, apprehendere ; crepitare; con-
tVingere ; mandere, dentilius pinsere) ; acngl.
(S t r a t m a n n) gnappen, bz cnappen (mor-
dere?); engl, knap (knacken, brechen, ab-
brechen, kurz abbrechen ; schlagen ; pressen,
zusammendrücken, kneipen; stehlen) a. knap
(knacken , knappten ; einklappen ; greifen,
schnappen); schott. (Jami eso n) gnap (to
chirp ; to eat; to attempt) u. knap, knop (to
speak after tlie english maniier), to knop
suddrone (to speak like ihose who live South
from S.), knap (to clip words by a t'alse pro-
nunciation); noriv., schwed. kiiuppa. — Wie
schon unter 2 knap bemerkt, ist der Stamm
knap, ablautend knip u. knup od. knop mit
knab , knib, bz. guab, gnib in knahbelu,
gnabbeln, knibbeln etc., — knip in knipen,
— gnep in guepen, — gnif, unnf, gnub,
gnup, gnut, knuf <» gnifteln, gnull'clii, gnubbe,
guuppe, ijnubbei), knuÖ'en von Hause aus
gleich od. doch mit diesen aus einer u, der-
selben Grdform entstanden u. zuHvr aus einer
idg. Grdform (cf. Fick, J, (>!)) gabh iuit
der Nebenform gap, nasal, gambh, ganii),
bz. ganhh, ganp, versetzt gnabli, gnap, die
Fi c k (IJI, 48) auch für kiiiijon (cf. die'
ses) II. (III, 41) für kamb (cf. kam), sowie
für gaffen (cf. gapeu u. auch gabbeln etc.)
ansetzt. Wie nun snap u. snip (Stamm von
snappen, snaj)«, snippe etc.) Jedenfalls aucJt
Schallstiimme sind, so loird auch gabh, bz.
skr. jabh (cf. auch jappen) loohl urspr. ein
Schallstamm gcivesen sei)i od. die Bedtg. :
Schall od. sonus, crepitus (cf. fragor u.
frango) t"o» der Bedtg.: schnappen (urspr.
blos = Auf- u. Zu-Klappen) u. klaffen
od. spalten sich später entwickelt haben,
obschon ich eher glaube (cf. klap, klappen
= nhd. Klaf, klaffen) , dass die Be-
dtgn.: schnappen, beissen, klaß'en, gähnen
od. reissen, aufreissen, auf tnac/ten u. offen
stehen etc. aus der von: Schall od. sonus,
5 crepitus (cf. ««tV* crepare, wovon auch er e-
piren etc.) hervorgingen. Wie nun aber
neben an. gaj) (in ginnunga-gap = gähnen-
der Abgrund, gähnende Tiefe etc.) auch (cf.
Fick, I, 09 unter ga])) an. kaf (hohe See,
10 Tiefe) zu dieser J/ gehört , so erklärt sich
auch an., isl. gnap (mare, acqiior; syrtes,
brevia) als ein Abkömnding derselben y,
wovon knap u. gnap (s. auch unter 2 knap)
abstammen, wie desgl. auch an., isl. guapa
15 (intentus intueri; inhiaro; caeli saevitiae
exponi) sich beim Vergleich von gapen so-
fort als ein Abkömmling derselben germ. y
gnap, knap od. idg. gabh, gap, nasal, gambh,
gamp = skr. jabb, janihh (klaffen od. offen
20 stehen, gähnen, bz. sich von einander thun,
reissen, spalten, brechen, springoi, (cf. klap
u. klak) crgiebt. Vergleicht man nun aber
unser klöt, klute etc. , so ist es klar, dass
auch ags. cnäp ((jiipfel, Höhe, Bergjoch) ;
25 aengl. cnaji (vertex) ; tvetseh, ir., gäl. cnap
(bulla, colJis) ; kniip (globulus) ; an., isl.
kiiappr u. hnappr (globulus) ; norw. knapp,
kneppe ; schwed. knapp; dän. knap (Knopf,
Knauf, od. ein rundes Etwas) ; nd. (Scham-
30 bacJi) knap (Anhöhe, Hügel) etc., sowie un-
ser knoj), knop u. knubbe, knubbel etc.
sümmtUch mit knappen in der Bedtg.: spal-
ten, reissen (loie klöt u. klute von kliutau
od. klatau, kluot), bz. mit knap in der Be-
35 dtg. : Biss, Bruch, Spalt etc. zusammenhän-
gen müssen, worid>er noch Weiteres unter
knoi» etc. zu vergleichen ist.
1 . knapper, knapper, kurzer etc. ; s. 2 knap.
2. kniippei'j Bimin. knappei'tje, Blasen-
40 tung, od. eigentlich die daran befindliche
Blase, od. blasenförmige Anschwellung, die,
ins Feuer gelegt, mit einem Knall platzt.
knappem, Iterat. von knappen , jedoch
niclit in, der Bedtg. kürzen etc. ; — wat
45 knapperd dar; — wat hed he to kuap-
l)ern V etc.
knap-sak, Tasche, Beise-Tasche, Kamen,
l^jiersack, bz. ein über den Bücken gehäng-
ter Beutel mit einem Band od. Kiemen, auch
50 Schnapp sack genannt, wie reisende Hö-
ker, Boten u. Bettler solche tragen, um
darin allerlei Waare od. erbettelte Lebensmit-
tel zu tragen. — ik hebb' nog wat in min
knapsak ; — he stekd dat (od. hum) in sin
55 knapsak. — Sprichtv. : diu will' sitt in mo-
dcrs knapsak od. taske. — ■ Nd., mnd., nid.,
mnld. knapsak. — Fs bezeichnet einen Sack,
worin man Lebensmittel zum knappen od.
beissen, essen etc. trug u. ist es wohl von
60 dem Subst. kuap = Sp e i s e (s. unter 2 knap
KNAPSAK-DOK 300 KNASTERN
das nid. knap ii. nd. koapp) u. sak zufsam- Bedtg. : Bruch, Spalt od. BruchstücJc, Bro-
mengesetzt, wie auch KU. knapsack mit ckcu, Klumpen de. zurücligcht, wie dies auch
„pera in quam cibum (liuriium rocoiulit via- mit agst. cnäp; an. kuappr (s. unter kiiap-
tor" glossirt. — Davon franz. caiiapsa (Kan- j)eu (im Schlüsse), hz. unserm kiiop, knubhe
2en). 5 etc. der Fall i,st, od. auch mit klatto, klöt,
kna|tsak-(lük. Ta.'tchoUuch. kluto etr, etc. cf. kmirc, knast u. unter gnar-
knapsak.s-kcrel, Knirps, od. Kerl, den rcii u. kiiisen, o'l. giilscii das Weitere,
man in die J'asche steckoi kann. knarren, knarspii, .s-. uniarion, giiaison
knaj» -swarnitje, Knallschwärmcr , oder knast (auch kiiust, knüst), Knorren etc.,
Schwärmer (Rakete, Kcucrwcrkskörpcr), der 10 wie knarrt'; ////. ein derber, gedi nngencr,
beim Abbrennen knallt od. knappst. starker, abgehärteter Men.^ch etc.; - hr is
knari'e, knar, Knorren, dickes nnförm- 'ii oliU'n faxten knast od. 'n korel as 'n (ke.
liches Stück, unfiirndidier Klumpen, dickes Auch 'n rilvcn knast winl gesagt. — A^d.,
Wurzclendc eines Baumes od. ein unförm- dän., scliwed. knast. — Ks gehört wohl mit
liches wirr u. ijucr durcheinander gewach- 15 norw. knas {Bruch, Stuck, Brocken), giuisse
senes hartes Stück Holz, was sich nicht (ein muthigcr, man)ihaflcr, derber, starker,
spalten lasst etc.; ^ 'n knar holt od. linni, harter Kerl wie knat-sc u. Letzteres wohl
fles etc. ; — de knar is güil to 'n flösblok dasselbe wie unser kuaggo).
(od. hauMok), de goid nicli ligt kürt ; — de lieber den Urspru)ig cf. knarri-, wobei in-
kuar kan man hÄst ikH iit 'u ander hauen, 20 dessen noch zu bemerken ist, d<iss knast mit
so as de (l()r 'n ander wussen is. — i\'"(/. engl, gnasli, bz. unserm gnastern, gnister etc.
('iS'c Art »i 6« r/^ knarren ; nid., mnld. (Was- auch zu einer unter 2 gnister erwähnten y
senbe rgh) knarre u. knar (Knorpel) in knar- kas, nasal, kaus, versetzt knas gehören kann,
been, bz. (KU.) knarheenkcn (cartihigo) ; die Fick (cf. I, 4!) u. 5.^0 u. ö'Jl) zwar
icfries. (Jap ix, s. unter knüri') knarn; (een 25 nur mit: kratzen, stecken, Jucken, bz. kra-
knarre brea, ein Klumpen od. Humpen Brod, tzen, schaben h. mit: spalten, zerstcilien
ein hartes Stück Brod) ; acngl. (Strat- übersetzt, welche (d/er ebenso ivie unser k\n\\)
mann) knarre (nodus, tuber, vertex), knarry u. knip, bz. kluk, khip, klat (s. unter khitt')
(nodosus) ; engl, knar, gnar; schott. gnarr etc. zweifellos urspr. eine Schallwurzel war
(Knorren, Ast im Holze); norw. kuart (Kno- 30 u. sowohl den knirschenden u. knisternden
ten od Verdickung etc.). — Die Form knarre, JaiuI des Kratzens u. Schid>cns od. Tiitzens
gnarre etc. neben knorre, bz. unsertn knure. etc., als atich den des Zermalmens od. lleis-
knür erklärt sicli von selbst aus knarren, scns, Spaltens u. Brechens etc. naciiaiimte
giiarren , neben gnurcn u. knuren, bz. wie u. hieraus auch diese Bedlgn. selbst wieder
knap, gnap (s. unter knappen am Schlüsse), 85 (cf. auch unter grand, grinil etc. diescrhalb)
neben knop u. knubbe, knubbel, od. wie nn- entwickelte. Hieraus erklärt sich denn auch,
ser knast, neben knost, knüst etc. Zweifel- dass knast, knust (cf. Grimm, Wb. V,
haß bleibt es aber dennoch, welche Form 1357 das zweite Knast) auch die Bedtg.:
(nämlich mit „a" od. „o", „u") die ur.spr. Scabies (wie Krätze von kratzen u.
u. älteste ist. Vergleicht man indessen die 40 Grind von griudau, od. grinan, cf. giind)
Präterita: nhd. klomm = unserm klum, u. kuas})el (cf. Grimm, Wb.) wieder die
statt urspr. klani von klimmen (od. ursj)r. Bedtg.: Knöchel (cf. diescrhalb knake,
klimb-an, od. klimb-jaii , od. unserm bund, knökkel, knubbel und unter knappen am
nid. bond , statt band von binden etc. etc., Schlüsse das ags. cnäi» etc.) hat, während
so muss man wohl annehmen, dass knoire, 45 bei einer ganzen Reihe anderer, von dieser
bz. unser knure auch aus knarre verdampft Schallwurzel kas, kans, knas, bz. gcrm. gnas
wurden, dass dieses für urspr. \in&r-A,\!,\vAX-A «.knas iibslammenden Wörter (cf. Grimm,
steht, ivoraus auch ein verstärktes knara, Wb., von k naschein bis knast er n etc.,
gnära herrorgehcn konnte. Was nun aber bz. bei mir die Wörter: guastern, gnisen,
den Stamm knar, gnar betrifft, so ist der- 50 gnister, giiiisen, gm'isen i'lc.) mwh deutlich
selbe höclist umhrscheinlich aus knas, gnas die urspr. Bedtg.: sonare, crepare, crepitare
(cf. 1 bar, sou:ie nhd. Beere, aus golh. basi, *(/ j' ".'/'' tritt.
an. gier, statt gles, cf. glas) entstanden, so- kniisler od. knaster in geknäster, Ge-
dass knarre, bz. knara, gnara, knar, gnar knirsche etc. (gi'knäster mit de tandcn); s.
für älteres knasa, knas etc. steht u. mit dem 55 unter gnastern ii. kna,-.t.
syn. knast, knöst, knüst zu einem u. dem- knasloP-bjil't, od. ein mürrischer, verdricss-
selben Verb, knasen od. knisan, gnisan (cf. lic/ur Mensch; — 't is 'n oldeii kiiasterliart.
gnisen, knisen) gehört u. ebenso wie 2 gni- — Nd. knasterbart. cf. guastern etc. u.
ster (Knorpel) entweder auf die Bedtg. : cre- knäster.
pitare, od. auf die mit crepitus verbundene 60 knastern, .y. guastern.
KKAETERIG
30}
KNE
kiiätei'i^, veräricsslicJi, mürnsch etc. ; cf.
gnaddpriff, ffuälerifi,, ffuittori^- otc.
kiLattcni, kniiteni, knetern, a) hnnüern,
prossdii etc.; — <lat Iciiattonl od. kiiätord
ördcndlik, 2. B. vom Donner, einer Gewchr-
salve, eiiieiH prasselnden Holzfeuer etc.; —
b) svhiiicttern, sclimetternd od. laut, anhal-
tend u. mit harter n. dnrchdrinfjendcr Stimme
singen etc., z. B. von (.'anarienvöfieln etc. —
cf. gnäteni, knittein, gnittor- od. kiiitterslag
etc. n. unter giiid etc. das Weitere, wobei
noch zu ertvähnen , dass die Stammformen
kiiad, gnad, gnid etc. od. knat, gnat, hnat
«. nat, hz. kiiit, gnit, hnit n. iiit mit knad
u. kuid /// griech. kiiadallö u. kiiida (cf.
Fick, II, 67) etc., sowie unser knüt in
knütte auf eine a^is skad, skand (s. unter
knöp am Schlüsse) hervorgegangene)! y kad,
kand (umgesetzt kiiad) zurückgehen u. dass
sich hieraus auch erklärt, weshalb unsere
Stämme schad, schat, hz. schid, schit, od.
schand etc. soivohl, als auch snad, siiid od.
snat, snit (aus einer älteren germ. Form.
shnad etc.) so vielfach in ihrer Grdbdtg.
mit dem Stamm : kuad etc. etc. zusammen
treffen.
knävol etc., s. kaäfel etc.
klie, Knie; a) das bekannte knotige u.
knorpelige Gelenk zwischeu dem Schienhein
u. dem Oberschenkel .1 tvas daselbst einerseits
eine Verdickung od. einen K note n, Kn opf
(kuop, kiiiibbe, kniibbel) , andrerseits aber
als nach vornhin vorstehend u. an der hin-
teren Seite nach Innen eingebogen, od. über-
haupt als Stelle, tvo eine Beugung des gan-
zen Beines sich befindet auch eine Biegung
bildet; daher auch b) ein gebogenes u. (im
Winkel) gekrümmtes Etivas , wie z. B. ein
Krummholz im Schiffsbau etc., od. ein loin-
kelförmig gekrümmtes Bohr od. ein Knie-
rohr; — hebt du nig nog 'n kne liggen, wat
wi d'r tüsken satten künen, dat wi de biigt
lierüt krigea ? — dar mut '11 kne tiisken
setd worden ; — ferner c) der Knoten od.
knotige Absatz in verschiedenen Pflanzen-
schossen, wie z. B. im Schilfrohr od. Bieth,
too kne denn auch überhaupt wieder die
Bedtg. : Absatz, Knoten, od. Gelenk u. Glied
etc. (fan en kne [od, knubbel, lid etc.] to 't
ander) hat, wie z. B. : „dar sunt (od. bunt)
dre kneen in" sowohl besagt, dass in einem Et-
was drei Absätze od. Knoten (Verdickungoi,
Ausivüchse etc.), als auch drei Gelenkstellen
od. Krümmungen, Biegungen od. auch drei
Gelenke sind. Wie man nun aber sagt,
dass ein Jemand im ersten, zweiten od. drit-
ten Gliede od. Grade mit einem andern Je-
mand verivandt ist, so wurde bei uns kne
früher (cf. 0. L. B., pag. 158 u. bei von
Michthofen) auch in derselben Weise
zur Bezeichnung des Grades der Verwandt-
schaft (en kne nader) gebraucht, wie äfen-
kneed (d. h. gleichgeknieet) auch die Bedtg. :
,,gleich nahe verwandt^' hat. — Nd. knee;
5 mnd. kne, kny; nid. knie; afries. kniu, kni,
kne; nfries. kne, knei ; loang. kni; as. knio,
kneo ; ags. cneuv ; aengl. cneo ; engl., schalt.
knee ; an. kne ; nonv. kne ; schwed., dän.
knä; ahd. kniu, cLniu , knio, kneo, cneo,
10 chneo; mhd. chiiie, knie; md. kne; goth.
kniu. ~- Die Brechung in setzt wie in biu-
dan ^^ nhd. bieten (cf. beden) eine germ.
Grdform knu voraus, die aber mit skr. jriu
(in pra-jrin, kruminbeinig, bz. mit vorgebo-
15 gcnem, gekrümndem, Knie = griech. pro-
cbnu), zcnd. zhuu (Plur. Acc. zanva); griech.
gnu (in gnü-petos) , cbnu (in prö-chuu , s.
oben), bz. skr. jänu (Knie) ; griech. gönu
(Knie; Absatz, Knoten an den Halmge-
20 wachsen u. des Rohrs); lat. geuu auf eine
idg. Grdform ganu zurückgeht, ivelche Fiele,
(I, 556) zur y ga, bz. gan, gam (gehen)
stellt. Dass indessen das Knie urspr. als
ein gehendes od. schreite n des Et-
25 was aufgefasst sei, glaube ich schwerlich
u. wird es wohl eher auf ga in der eigentl.
Bedtg. : „sich bewege n" zurückgehen, bz.
als ein sich beioegendes, od. ein beioeg-
liches, gelenkiges, bieg sa m e s Etwas
30 genommen u. verstanden worden sein, sodass
es urspr. blos ein Gelenk bezeichnet hat,
tvas für alle Bedtgn. des Wortes ganu od.
Knie jedenfalls am besten passt. Dass
man aber Knie auch als ein Etivas (chuiu
35 hatte auch die Bedtg. : generatio u. ist auch
als Absatz od. Gelenkknoten ein Etwas,
ivo ein Zweites seinen Anfang nimmt od.
entsteht, bz. ein Etwas ivoraus ein Zweites
als Verlängerung eines Ersten entsteht od.
40 beginnt u. iceiter wächst) auffassen kann,
wo eine neue u. zweite Generation (od. Ge-
schlecht etc.) anfängt u. ivoraus sie Ibervor-
wächst u. entsteht, ist zweifellos u. ist es
deshalb ebenso leicht möglich, dass ganu,
45 genu etc. gar nicht mit der y ga (ge-
hen) , sondern vielmehr mit der y ga, gan
(zeugen, erzeugen etc., bz. entstehen, spros-
sen heraus od. hervor, wachsen etc.) zusam-
menhängt u. demnach mit skr. janu (Art,
50 Geschlecht), griech. genos ; lat. genus ; germ.
knö in kno-di, knö-sla (Geschlecht) etc. von
einer u. derselben y (s. unter kennen, bz.
unter könig u. kwäne) abstammt, die übri-
gens wahrscheinl. von Hause aus auch die
hh Bedtg.: bewegen (vor [cf. kamen] od.
heraus u. hervor [tprossen, spriesscn, wach-
sen, entstehen etc. , od. entstehen machen,
zeugen etc.]) hatte, gleichviel, ob man die
Grdbdtg.: bewegen, regen etc. im neu-
60 traten, od. activen (als sich od. ein Anderes
KNE-BOESSELN
m
KNEPEL
bewegen etc., hz. in der von : selbst sich be-
wegen ii. gehen, od. ein Anderes bewegen u.
gehen machen) Sinn auß'osst.
kne-büsselii, dem lUndvich das ITorn mit-
telst eines Stricks an ein Knie befestigen,
bz. ihm Jlorn u. Knie -u dein Ende enge
zusammensehntiren, nm das Ausbrechen n.
Umherrennen (schojeii, srluimon) desselben
zu verhindern.
kn«'-liiiirt I Knie-hueht), Kniekehle.
kiH'-ltiikso, Kiiiihose.
kiiedit ofl. knc'fi^t, Knecht; — a) Mann,
Junger Mann, dnnggeselle ; — lu"' is nog
fröjo knt'oht (nr» h freier, ungebundener, un-
verhciralheter Mann); — 1)) (rehülfe, IJn-
tergebe)ier , Diener etc., im Gegensatz zu
Herr. — Sprichw. : siegt is ile knocht, do
iiiks (h'id uiitiPSfgil; — 's lu-ron gehod is 's
knechten i)nlpr; — wilt (willsl) du 'n tröon
knecht liel»l)r>n, den d<> 't süllst; — lau de
knecht sin swet, word de liur nef het; —
so nienni'g km^gt, so niennig weg; — lecht-
mes lecht, is d' l>iir \\ knecht; lechtmes
dniiker, is d' luir 'n jiinker. — Nd., mnd.
nid. knocht; afries. kninclit, knpcht; tigs.
cnyht, cniht, cneoht; aeiigl. cnilit; engl.
knight; ahd. kni-ht, cni-lit, knecht, chni-ht,
khueht, chom-lit, gni-ht, gneclit ; mhd. knehl :
md. knecht (Knabe, diiiigling; Junger Krie-
ger, Soldat, streitbarer Mann; Held; Die-
ner, Knecht; Lehrling, dihigling, der sich
zum Bitter bildet, Knap}>e, Handwerksge-
selle); dän. knegt; .<<cliwed. knekt (Knecht).
kiiodeii, \. knäden.
kiieeii, knejoii, kniecn, das Knie beugen,
niederknieen, sich mit dem gebogenen Knie
auf Etwas legen od. toerfen etc. ; — lie
kneide för hnm, od. up hiini, np de gruiid
etc. — Afries. knia, kniaja ist blos in der
Bedtg. : „den Grad der Verwandtschaft (ge-
neratio) zählen, rechnen od. angeben'' belegt,
ioährend das ahd. chninjan od. kniujan da-
gegen die des heutigen knieen (genu Hec-
tere) hat.
kneipe, Kneipe, kleines Wirthshaus od.
kleine Schnapsschenke etc., meist mit der
Bedtg. : eine schlechte, elende u. abgelegene
Schenke ; s. Weiteres unter knipo u. knipen.
knei|>en, in eine Kneipe gehoi, bz. in
derselben sitzen u. zechen od. trinken etc. ;
— he geid fols to 101 ül )<t kneipen. — Da-
von : hekneipen (s(ik , sich) , betrinken, be-
saufen ; — ferkneipen (rertrinken, verzechen).
kiiellen, von zwei od. mehreren Seiten ein-
od. umfassen u. so: kneifen, zioicken, klem-
men, einengen, drücken, od. fest zusammen-
ziehen u. einschnüren, knebeln, fest ein-
schnüren etc.; — he knehl hnm dügtig; —
knellende handen ; — he kneld dat pak diig-
tig tosainen. — Nid. (v.Dulc, Weiland
etc.) kuellen (von allen Seiten einengen,
klemmen, drücken, zwicken, drängen, pres-
sen, quälen, ä)igstigen etc.); — Subst.: knol
(Zwicke, Klemme; Falle; Klemmung, Knei-
b fung) ; knelling (Beklemmung. Beengung,
Drückung etc.). — Es wird von Hause aus
dasselbe Wort sein, toie mhd. knellen (hal-
len od. knallen, hz. mit einem Knall zer-
springen od. platzen, rei.'iseH etc., was aber
10 in zorknollen nicht allein diese Bedtg., son-
der)! auch die von : zerdrücken, zerquetschen
etc. u. in zerknüllen die von: zerschlagen,
zerbläuen etc. hat, wie dies bei M. Lex er
zu ersehen ist) u. wie knalliMi, knillen, knnl-
in ien, knüllen auf den Schallstainm knil-knal
etc. zurückgehen, sei es in. der aus crei)itns
entstandenen Bedtg.: Bruch, Spalte, Ritze
etc., sodass knol od. knalla, knella urspr.
eine Spalte od. Ritze u. so auch einen
20 Engpass, engen Gang, od. ein schmales u.
enges Etwas etc., od. wie alid. chloho, ein
gespaltenes Etwas, ein gespaltenes Stück od.
Klotz zum Klemmen, Kassen u. Fangen (cf.
unter klüfe das ahd. chloho in der Bedtg. :
25 decipnla etc. , bz. unter knippe die^erhalb)
liedeutete, od. in der aus: knallen, wie bei
kliij)peu, klippen, knii)pen etc. abgeleiteten
Betltg.: zusammenschlagen od. zwei
Etwas auf einander zu bewegen, woraus auch
30 Ja klippen u. knippon ihre liedtgn.: schnei-
den u. kneifen, etc. (ef. auch knipe, kni-
pen etc.) 71. klappe die von: Falle, Vo-
gelschlag etc. herleiten. Weiter vergl.
auch knillen in der Bedtg. : knittern u. drü-
35 cken etc., sowie auch knidien ii. dazu knal-
len am Schlus-fe. Desgl. cf. knellen im
Grimm' seilen Wb. als Stammverb, von
knallen, womit auch engl, knell (Glocken-
sehlag, Glockengeläute, 7'odtenglocke) ; aengl.
40 cnul ; ags. cnyll (Zeichen mit der (rlocke),
cnyllan, cnellan (pnlsare, canipanae signnm
dare) zusammenhängen. J)ass demnach aber
die y knal, bz. das Verb, kniilan im Germ,
schon sehr alt ist u. frühe bestanden haben
45 mu.^s, ist klar, sowie auch, dass der Stamm
knal loahrscheinl. mit dem von gnarron, knar-
ren conne.f ist. cf. knülle etc.
kneller, ordinärer schivercr l'abak, der
im Rauchen Beklemmungen u. Jiesehwerde
50 od. Uebelkeit erregt n. macht. Zu knellen.
kiieniielik, kiienlik, knoiniolk, kneniiel,
fein, schmid, schmaehlig, dünn, mager; —
he is man knenlik od. sügt man knennelk
üt. — Nd. knenlik; mnd. knenlik. — Es
55 ist dasselbe Wort wie kleidik n. daraus ent-
stunden, wie kn;ii)el aus kl;i])el.
kne|». .s. kii.ipe.
kiic-|iitniie. kii«'"|tan (Knie-Pfanne), Knie-
seheibe.
60 kue]iel, $. knäpel.
KIESEN
30^
KNIK
kiiftsoii ; i. q. knisen, gnison.
knibliel, ^nibbel, Stückchen, Jirückchen,
f/crinf/c Kleini(fkeit, Ger in ff sie etc.; — Ik"'
IkhI (l'r 'n knibhol oflirakon od. of'knäpen ;
— he kan gen kiiilibol misten; — gif mi
(log en knibbel lau.
knlbbftln, »iiibbcilii; /. q. knaI)l)oln, gnab-
belii, nibbeln; — he knibbeld (niitjt, kneift
wiederholt elc.) d'r wat of, od. wat an her-
um. — Davon: geknibbel ((fekneife, Ge-
nage od. Abbrechen elc. von Hlücken u.
Brocken etc.), — knilibele (anhaltendes od.
wiederholtes Ab- od. Benagen, Ah- od. Be-
kneifen etc.); — knibheler = »Id. knibbe-
laar (Einer der knibbelt) etc. — NI<1. knib-
l)elen ; inl. knibbeln, gnibboln. — Mit nhd.
knabbern etc. von demselben Stamin wie
knappen n. knippen, bz. kuipen, näinlich von
knip od. knap, bz. gnap, s. unter knajipon.
— Zu knippon etc. cf. noch Pott, War-
zelwb. I, zweite Abth., pay. 679.
1. knidel, Knödel, Kloss, (jrobcs rundes
Wcissbrod od. Mehlgebäck ; — grandknidels
(Klös,<ie od. Bröclchen von grobem Mehl, cf.
grand). — Es ist mit nhd. Knödel u. im-
serm knndel, knndjo eines Ursprungs. M^enn
indessen Hildebrand (cf. Grimm, Wb.,
unier Knödel) Knödel direct von K n o-
ten (cf. kniitte) ableitet, so kann ich ihm
hierin nicht beipflichten, da ich vielmelir der
Ansicht bin., class knidel, knödel, knndel mit
knidel, knndel in geknidei, geknudel n. kni-
deln, knudeln, knndjen od. kuntjen zu dem-
selben Stammverb, gnidan etc. gehört, wovon
auch knäden (kneten etc.) abstammt u. class
knidel , knödel etc. als Mehl-Kloss urspr.
Mos ein geknetetes Etwas (ein Etwas,
ivas durch K n eten, Dr ü cken etc. ge-
formt n. zusammengeballt ist) bezeichnete.
2. knidel in geknidei, Geknete, Gestosse,
Gedrücke , drückendes od. stossendes Ge-
reibe, Gekneife etc., od. das knetende, drü-
ckende, kneifende Bearbeiten der Glieder
od. des Bauches mit Fäusten u. Fingern,
ivie dies Jemand thut, der sich sehr lebhaft
über Etwas freut, od. seine Schadenfreude
über Etwas kundgiebt, bz. einen Kitzel von
Etioas hat. — so 'n geknidei as fan hum,
do he sag , dat sin makker in 't water ful,
hebb' 'k lank net sen.
kiiidelii, giiidßln, wiederholt u. anhaltend
kneten od. drücken u. pressen , drückend
reiben etc. ; — daher : a) die Wäsche durch
drückendes Reiben od. durch darauf wie-
derholt ausgeübten Druck glätten; — b)
(sich) wiederholt n. anludlcnd kneten, od.
mit der Hand etc. drücken, kneifen u. drü-
ckend reihen etc.; — he knideld sük fan la-
chen od. fan freide; — c) Kitzel machen,
freuen etc.; — dat schul' (schulde, sollte)
hum knideln, wen he hörde, dat ik min man
dar so ankamen (dass ich dabei so schlecht
angekommen) hiin. — Es ist ein Iterativ von
gniden, bz. gniden. — Zu gnideii cf. noch
5 Pott, Wurzclwb. I, zweite Abth., pag. 077.
kllir, kni|), ein Messer u. ztvar speciell
ein starkes Gartenmesser, od. auch ein klei-
neres scharfes Schustermesser. — Nd. (cf.
Br. Wb., D ähnert etc.)\(n'ui{,kn'nv ; mnd.
10 knif, knip; nid. knijf; jhhW. knyf, cnyf (cnl-
ter, gladius) ; nfries. knüff ». (Sylt) knyf;
ags., aengl. cnif ; engl, kuife; schalt, knyft';
an. knifr; ist. knlfr, hnifr; schived. knif;
norw. kniv, niv ; dän. kniv ; nhd., bz. oberd.
15 kneif, kneip. — Davon: franz. canif (Fe-
dermesser), Dimin. ganivet, afra)iz. cnivet,
prov. canivet. — Es gehört zweifellos zu
knipen (kneifen) in der Bedtg. : ztvischen
zwei Etwas fas.'^en (wie der Krebs mit sei-
20 tien Scheeren thut) u. so zusammenllappend
drücken u. zwicken, looraus bei klippen u.
kni])pen auch die Bedtg.: schneiden, scliee-
ren etc. hervorging.
kiiiM-tönd, knifel-tond u. knifeltonig,
25 mit zusammengekniffenen u. einwärts
gekrümmten Zehen. — tönd ist = gezeh et,
wie timpd = gezipfelt, gespitzt, während
tönig =: Zell ig ist.
kni^gen, sich zusammenziehen od. schrump-
30 fen, dörren, trocknen etc. ; — he knigd al
Hier in 'n ander ; — he (od. de appel etc.)
ferknigd (verschrumpft, verknurpelt) gans;
— he sügt so ferknigd üt, as 'u drögten
perdekötel. — Der Stamm kuig od. knigge
35 wird ivohl Ablaut von knag, knagge sein u.
kniggen demnach soviel heissen als zu einem
knag od. Knorren, Knorpel, Knorg od.
Knurg (cf. kuürt = Zwerg) tverden.
1. kiiik, Genick, cervix; — he hed snk
40 de knik ofstödt; — he ful fan de bön un
brök de knik. — Nd. (D ähnert, Br.
Wb.) knik, gnik, nik; mnld. (KU), mfläm.
ghenick u. nack, neck, nick; mhd. genicke.
— Dieses knik, gnik ist ztveifellos aus ge-
45 nicke = ahd. (gi-, ki-, ga-, ka-nicko) con-
trahirt, tvährend das Stammwort nicke nach
mnld. nack, neck, nick (cervix) zweifellos
dasselbe Wort ist, wie das aus ahd. hnach,
od. linacha entstandene mhd. n&ckG (Nacken),
50 da, ja auch das mit ahd. linacho ident. ags.
hnecca (cf. iiakke) die Bedtg. cervix u. die-
ses neben Genick auch die von: Nacken
u. Hals hat. Dass übrigens dieses knik,
wie gleichfalls auch anscheinend das fol-
55 gende Wort als ein sich biegendes Et-
was, Biege- Ding auch mit 3 knik in
der Bedtg. : Bruc h od. Biegung etc. zu-
sammentrifft, bz. dass man dabei auch einen
unmittelbaren Zusammenhang mit knikken
60 für möglich halten kann, ist deshalb richtig,
KNIK
304
KNIK
weil ja mich das Genick od. knik das
sich biegende od. knikkonde Gelenk ist u.
auch nid. u. vißäin. knik dieselbe Bedtg.
wie uik ((/. /(. ei)ie Beugung mit dem Kopf
nach eorne, womit ma)i Jcmundem zu)iicfit 5
od. ihm einen Wink giebt) u. das franz.
uique hat u. also auch hier kuik ebensogut
wie auch )ihd. K n i .r (od. knicks) cu knik-
keu gehören könnte, falls es nicht mit nik-
ken ::usammenhängt, od. mit nhd. Genick 10
auf das ahd. gi-nicchen (niederbeugen) cu-
riivkgeht. cf. weder:
2. knik, Hecke od. lebendiger Zaun. —
Nd. knik ; mnd. knick. — Dieses Wort hatte
übrigois nach Seh. n. L. (cf. daselbst unter 15
knick sub 2) nicht allein die Bedtg.: Hecke
od. hagc, sondern auch von: Urd wall, od.
Wall zur Befestigung, Umwallung einer
Festung, Landwehr etc. u. kömmt mnd. (cf.
Seh. u. L., II, 60) auch in der Form gf'nick, 20
genicke vor, sodass man aucJi hier vielleicht
an eine Contraction «. Fntstehung aus ge-
nicke (cf. 1 knik), bz. idid. gi-, ki-uicchi,
kinichi etc. u. zwar in der urspr. Bedtg. :
gebogenes, rundliches Ftivas den- 25
ken kann. Vergleicht man nun aber das
von piokan, golli. Iiingau, nhd. biegen ab-
stammende ahd. piiliil (Bühel od. Iliigel,
rundliehe Erhaltung) u. auch das gleichfidls
davon abstammende ahd. püh , buh, pi'icli 30
(Bauch, cf. buk) u. mhd. buckol (cf. hüv;iii'\
u. pukkel), sowie das-; mnd. knick (cf. Seh.
u. L.) auch mit buch (Gebück, — auft" dem
buch oder knick wohl = urspr. auf dem
Bühel od. auf einem Hügel, einem Buckel, 35
bz. einer rundlichen Erhebung , od. einer
Anhöhe etc.) glossirt ivird , so erklärt sich
auch wieder leicht, dass knik als geboge-
nes, rundliches Etwas einerseits so-
icohl die Bedtg. : r u n dl i che Er h e b u n g, 40
Hügel, Berg etc., als andererseits auch
die von: Etwas od. Ding, 7oas ein an-
deres Etwas in einem Bogen od. rund-
lichen Biegung (circunivallatio) «w^tW*?
u. cinschliesst (wie ein Wall eine Festung) 45
haben kann, woraus sich dann von selbst
wieder die Bedtg.: Wall etc. sowohl, als
auch die von: sichernde ti. schützende
ü)n Wallung od. Wehr, Landwehr,
Schutz ding etc. ergab. Was nun aber 50
knik selbst betrifft, so vergleicht W. Ar-
nold (cf. dessen A n s i edlung e n u. IT« n-
der ungen de u tsche r S t ä m m e , pag.
467) das Wort „knik" (früher auch gnyg
in Gnyghugeu = Knickliageu) zu an. hneiki 55
in der Bedtg. cliviis od. eher vielleicht in
der von : sepes , obschon er sonst (cf. pag.
530) für Knick die Bedtg. : Berg, Anhöhe,
od. Hügel etc. annimmt, ivas sich indessen
möglicherweise beim Vergleich des Obigen 60
der Abstammung u. Grdbdtg. ivegen ganz
gleich bleibt. Vergleicht man nun aber ivei-
ter die öftere Synonymität von biegen «.
brechen, bz. dass beide Bedtgn. auch in
knikkou zusammen treffen, sowie ferner die
wechselnden Anlaute „gn" u. „kn" bei uns,
bz. die von „gn", „hu", „kn" in den nord.
Sprachen, so ist es fast zweifellos, dass das
für knik anzusetzende Thema knika von
kuik in der Bedtg.: Bruch, Biegung,
K r ü m m u n g (cf. 4 knik) weiter gebildet ist
u. dass ilcmnach auch ein nd. guik neben
kuik u. ahd. chnich etc. bestanden haben
kan)i, wovon durch Dehnung n. Einschie-
bung eines „e" selbst ein genik ebensogut
entstehen konnte, als franz. canif von knif
(s. unter kuif) , od. ein ahd. cheneht aus
cncht, cf. knecht.
Wegen dieses knik u. an. hneiki (clivus
od. sepes) vgl. Weiteres unter kuikken u.
kuokke etc.
3. knik, harter bündiger undurt Müssen-
der eisenschüssiger unfruchtbarer Thon, der
sich manchmal in einer zusammenhangen-
den Schicht unter dem fruchtbaren Marsch-
boden hinzieht u. der Bonität des betr. Lan-
des namentlich auch dadurch grossen Ab-
bruch thut, f/rt.s.s auf solchem Lande das sog.
M' ü h l e n (d. h. das tiefe Ausgraben der
frischen fruchtbaren JJntergrutidserde u. das
Ucberbreiten der (Jberjläche mit dieser) nicht
geschehen kann; — dar sitt knik nnder, däi*
kau uns 't wölen not helpen. — Wie knä-
pel aus kiäpel, — kiuitlök aus khlflok u. a.
m., so entstand dieses kuik wahrscheinl. aus
klik, sodass es dasselbe Wort ist wie mnd.
klick (Thon, Thonerde etc.) , s. unter klik.
4. kuik; i. q. kiiak etc. «. daher: a) ein
kurzer Ton od. Schall (crepitus etc.), wie
solcher durch einoi plötzlichen Bruch od.
das Brechen von Etwas entsteht; — b) Bruch,
Sprung, Riss etc. ; Bruch od. Riss etc. bis
zur Jfälfte od. mehr etc.; Bruclistelle, ge-
brochene Stelle, Stelle wo ein Etwas gebro-
chen od. gebogen u. gekrümmt ist; Biegung,
Krümmung etc. ; auch fig. Bruch od. Fall,
Sturz, Verderben, Untergang, Tod etc. ; —
de stok (od. stöl , böm , balke etc.) hed 'n
kuik kriigiMi (h(d einen Knick od. Bruch
bekommen, ist geknickt od. gebrochen); —
de niür' licd 'n kuik klagen (a. die Mauer
hat einen Bruch od. Riss bekommen ; — b.
sie hat eine Biegung bekommen, steht nicht
mehr gerade etc.);— hv hod 'n kuik (Bruch j
od. scharfe Biegung, eine Falte etc ) in de
karte niäkd ; — de last gaf de balke de knik
(die Last gab od. verursuchte dem Balken
de)i Bruch, machte, dass er knickte u. brach);
— de wiiul gat de böm de knik (der Wind
gab dem Baum den Knick od. Bruch,
KNIK-BENEN KNIK-BENTJEN
IJOr)
KNIKKEN
Sturz etc., machte, dass der Baum hrach od.
stürzte u. fiel) ; — de slag mit de bil gaf de
bötn de leste kuik (der Schlag mit dem Beil
gab dem Baum, den letzten Stoss od. Jiiss
etc. , hz. machte , dass er sofort brach od.
stürzte etc.); — dat lied liura de leste kiiik
gäfen (i]im den letzten Stoss gegeben, bz.
ihn sofort zu Vall gebracht od. gestürzt,
seinen sofortigen Fall, Untergang etc. [im
Geschäft seinen Bankerott , od. in Bezug
auf seine Gesundheit seinen Tod] verur-
sacht %i. herbeigeführt) ; — dat hed hiiin de
knik andäii (das hat ihm den Bruch od. das
Zusammenbrechen, den Sturz, Zusammen-
sturz, Fcdl, Bankerott, bz. den Untergang,
Tod etc.) andän; — dat uuglük (od. de fal,
de död fan sin sön, dat bräken faa de dik,
de bankrot fan sin goschaftsfründ etc.) lied
hum de knik andän, sodat be bold d'r na
stüi'f (od. arm wnrde etc. etc.) ; — dar sitt
'n knik (Biegung, Krümmung etc.) in de
weg ; — du mnst bi de darde knik ofdreien ;
— de böm hed to fol knikken (od. bugten),
de könen wi as büsbalke (od. stender) net
bruken. — Nd. , mnd. kuik (Bruch); nid.
knik (Bruch, Fcdl, Sturz, Verderben, Un-
glück; Biegung, Wendung; einmaliges Beu-
gen od. Nicken mit dem Kopfe, um Jeman-
dem einen Wink zu geben) ; engl, knick
(crepitus, hz. das Knicken, Knacken, Knir-
schen, Knarren); dein, knik, knek, knäk ;
norw. knekk; schived. knack (Knick, Brach,
Spcdt, Riss; Schaden etc.); nhd. Knick,
Knicks, Knix (dasselbe u. auch Knie-
beugung (ds weibl. Compliment). — Wei-
teres s. unter knikken.
kuik-benen, knik-bentjeu, mit den Bei-
nen ktticken, mit knickenden Beinen gehen,
in die Knie brechen; — he löpd to kuik-
benen, so swak is he ; — he knikbentjed
air ogenbbk. — Nd.(S c h a m bac h) knikeln.
knikken, knicken; a) ein knickendes od.
knackendes Geräusch machen, crepitare etc.,
^t'^e knakken etc. ; — ik höre dar so 'u
knikken ; brekd d'r wol wat ? — b) brechen,
so brechen od. bersten u. reissen, dass noch
ein Zusammenhang bleibt etc.; — de wind
hed 't all' knikd (geknickt, gebrochen u. ge-
stürzt), war he dörgan is ; — de balke (stok,
bom etc.) is kuikd; — de stöl is in de lene
knikd ; — de benen sunt hum in de schtin-
bunk kuikd ; — wen du net mäkst dat du
fiirt kumst, den knik ik di glik de beneu ;
— he knikde (machte eine rasche od. plötz-
liche Biegung od. Bewegung etc.) mit de
benen; — stu kneen knikken hum elkermäl
wen he totredt ; — dat knikd (bricht, fällt,
stürzt etc.) in 'n ander, as 'n old sepenfat ;
— de bom is ofknikd ; — he knikd dat in ;
— dat is man ilfen inknikd; — he hed de
J. ten Doornkaat Koülmau. Wörterbuch. II.
karte iukuikd (eine Biegung od. einen Bruch,
eine Falte in die Karte gemacht) ; — dat
knikd tosameii. — Nd. kuikken; humZ. kni-
cken (brecJie)i, halb brechen); nid. knikken
5 (einen Biss od. Bruch bekommen; mit dem
Kopfe nicken, bz. den Kopf beugen u. Ei-
nem zunicken, um Htm einen Wink zu ge-
ben); innld. knicken (nuere, nutare, nictare) ;
engl, knick (k)iicken, knacken, knirschen,
10 knirren, schnarren, p>feifen, knarren) ; nhd.
knicken (dasselbe uiie oben, aber auch wie
knakken, knappen u. knippen vom, Aufbeis-
sen der Nüsse etc., Zerspringen vom Glas,
Zerdrückoi der Läuse etc. etc., cf. Grimm,
15 Wb., unter knicken); schived. knokn (aus
Schwäche mit den Beizten knicken, od. in die
Beine si)>ken) u. knäkka; dän. kniikka; nonv.
knekka, knakk (brechen, bersten, entzwei
gehen) u. knekkja (knacken, knicken, bre-
20 chen ; schwächen, niederbeugen, überwinden).
Wenn man 1 u. 2 kuik u. mnld., mfläm.
knicken (nuere, bz. niqueter) vergleicht, so
ist es sehr fraglich, ob nicht dieses mit nd.
u. hochd. knicken auch eine Contract. von
25 ge-nikkeu = ahd. gi-, ki-, ge-, ke-, ga-, ka-
nicchen, giuichen (niederbeugen, ineurvare,
conterere, adterere, projicere) ist, wobei es
dann aber auch wieder sehr leicht möglich
iväre, dass sich mit diesem aus ahd. kinic-
30 chan, bz. knicchan hervorgegangenen knik-
ken ein mit knakken aus derselben Quelle
herstammendes zweites nd. knikken vermischt
hätte, weil eben beide begrifflich so nahe
verwandt sind u. sogar knikken u. knakken
35 etc. (die Wörter knik, knak , bz. knikken,
knakken sind in dieser Form sowohl im nd.
als hochd. anscheinoul noch gar nie! t sehr
alt) mit nikken sehr leicht aus derselben y
hervorgega)igen sein können, zumal es ja auch
40 sehr zweifelhaft ist, ob nicht auch lat, nico,
nicto beim Vergleich von natus, nodus, no-
men etc. aus guatus, gnodus, gnomen etc.
aus älterem guico, gnicto entstanden sind.
Mit einem älteren guico od. gnicare ivürde
45 das ahd., as. hnigan, nigan (sich neigen od.
beugen etc , cf. nigen) formell u. begrifflich
ganz übereinstimmen, loie auch nicare u.
ahd. nichen (nicken) nicht von einander zu
scheiden sind. Wie nun aber knab, gnab od.
50 knap etc. als Thema von knap, knip, knipen,
gnabbeln, kuihbeln etc. aus gabh, gambh,
gnabh (cf. auch knütte = nhd. Kno t en, lat.
nodus [statt gnodus], skr. ganda etc. von y
gadh) , so ging aus der Schallwurzel kak,
55 kank, knak neben kakeln u. nhd. gackern
etc. auch ein germ. Stammverb, knikan,
knak, knuk, kuukuu mit den Nebenformen
gnikan ti. hnikan sowohl, als auch knigau,
gnigau, hnigan u. aus dessen Präter. knak
GO wieder knakan, knuok, knOk (cf. kuake etc.)
20
IvNIKKEN 306 KNIKKEE
neben gnakaii, bn;\kau it. knagan, gnagau, Iciic, kuiic (sich Jirümmcn u. zusammenzie-
Imagan (cf. knagge, gnagon etc.) hervor, he»), kuncita (zusammengezogen, kraus, gc-
ZH welehem sich ausser Icnikkeu, kiuikkoii, ringelt), kiu'a (weihliche Brust, als Uilgel,
kuukkeu H. H«scn// kiiiicheu <<.(/«/(. giieggja, od. rundlich GcwüKdrs) ; lit. kankaras (i/«-
lineggja; ags. hnaogan; engl, neigli (liin- 5 gel, liiicJcel. llüclcer) : kaknd ((ripfel. Kuiipe);
nire) ; nd. (Schambach) guickorii (Id- red. k{i\im\ (.Mundhöhle, (räumen, Wölbung);
ehern, heimlich lachen etc.), sowie iiikkcn, slcr. cakra (Rad, Kreis, Rundung, Kriim-
uigen ». f/e« ITör^cr«.- guagcu, uagiMi,kiiaggo, mung, bz. ein Etwas was ein anderes Et-
kiiiggon ud. kiiake, knnkke, iiokko, nakkc xoas wie ein Ring umgiebt u. einschliesst)
etc. etc. auch wohlan, (cf. 3Iöbius)\nn'i\<y.\, 10 etc. zurückgehen.
kneikja (beugen, Icrümmen, neigen, nieder- Vergleicht man nun aber unter klöfe das
drücketi) , kueikja od. kneykja, kuekkja ahd. chlobo von kliuhan (spaltoi, brechen)
(stossen etc.), kiiykkja (reissen, abreissen od. u. wie in den Schallstämmen: klak, klap,
mit Gewalt ziehen), bz. ist. hnyckja (uiicaie), kuap etc. überall die Bcdtg.: Bruch, Spalt,
huokiim (rernuus, pionus, vorne übergeneigt 15 Riss etc., bz. Bruchstück, Brocken, Gering-
etc.) , hnocki (uuciuus), giiaka (knacken stes od. kleines Etwas (ef. auch klute, klos,
etc.) etc.; norw. (Aasen) kiiaka (dasselbe), klumpe etc., od. knagge, knake eto.) aus der
kueggja, neggja (hinnire, .v. oben), kueik von rrepitus hervorging , so kann man zu
(Krümmung, Biegung = knik) , knekka, dicker Schallwurzel kak auch wohl die von
knekkja (knicken), gniksa (knirren , knar- 20 Fick (I, 37) aufgestellten Themata kakva
ren , kreischen etc.), kneka, gnika, nika, (klein, gering) u. kaksta (Holzstück, bz.
gnigga, nigla (reissen, kratzen, schaben, rei- Kloben, Knüppel etc.) stellen. Wie kläpel
ben), gnikar (Knicker, Knauser, Geizhals, als Schlagding zu klapcii, kliipen, kloiipen,
cf. 2 knikker), kiickjen, gnikeii, kiiikjen, bz. klappen gehört u. klai)pen, sowie das zu
nikjeu , uekjen (knickerig) etc. etc. stellen 25 klakken od. klak gehörende franz. cldqu^r
lassen, S(Hvie desgl. auch ags. ciuicjan, cnoc- auch die Bedtg.: klatschen etc. hat, so
jun ; aengl. cnokjeu (tundere, pulsare, s<ossf//, wird auch ved. (G rassm ann , 3Q0) käyä
klopfen, schlagen, pulsiren etc.) u. ags. cneo- (Peitsche) icohl zu dieser Schallwurzcl kak
cau (knacken: stampfen, treten, pressen, gehören u. als Klatsche od. Ding zum
drücken) etc. etc. 30 klatschen od. .schlagen, bz. zum kuallern etc.
Zur Bedtg. : rauschen, lärmen, schreien, aufzufassen sein.
od. einen Schall machen etc. der y kik (cf. 1. knikkei", Thonkugcl , Thonkügelchen,
ka.ke\ncic.), gehört noch skr. kukk&ia, kslav. womit die Knaben spielen, nhd. auch
kokotii (Hahn) = engl, cock etc., ivobei Schnell- od. Knipp- Kugel u. nd. kh-
noch zu bemerken ist, dass Fick zu kak 35 cker genannt. Fig. auch ein kleines od. ge-
i)i dieser Bedtg. auch skr. käkalaka (Hals- ringcs Etwas, cf. SprichuK od. Redensart :
Wirbel, Kehlkopf), lit. kaklas (Hcds) stellt, dat is net so toi, as of man emand 'n knik-
icobei man indessen, wie bei 1 knik, bz. ker in de band stopd, bz. as 'u kuikker in
bnecca (cervix) wohl eher an die aus so- Antjemßs uärs. — Nd. , nid. knicker od.
nare, crepitare hervorgegcuigene Bedtg.: hre- 40 knikker. — Es ist sehr leicht möglich, dass
chen, biegen, krümmen etc. zu denken hcU, es wie knäpel aus kläpel, bz. ivie unser 3
welche dann xvieder in die von: ivinden, knik aus klik aus einem anscheinend älte-
umwinden, umgürten, mit einem Gurt, Gür- ren kiikker (s. unter klinker) entstand. Das
tel od. einem sonstigen Etwas (Wall, Band, nhd. Schnell-, od. Kn i pp- Kugel hängt
Fessel etc.) umgeben, bz. um- u. einschlics- 45 u'oJd mit kni])pcn in der Bedtg.: Schnei-
sen etc., od. in die von: flechten (cf. Hec- len, fo rt schnellen zusammen.
tere) u. binden etc. (cf. 2 knik u. knikkon) 2. knikker, Knicker, Knauser, Geizhals,
überging, auf ivelche verschiedene Bedlgn. — Xd. knicker, giiicker ; norw. (Aasen)
ja skr. kac, kanc (binden, gürten, umgür- gnikar u. auch: gnik, gnoek, knik. — Wie
len), kaca (Band), känci (Gürtel); gricch. 50 K n a u s e r mit unsermknnson, gnimou u. un-
käkalon (Ringmauer) , kigklis (Schranke) ; .scr gniser, kniser mit gnisen, knisen (wo-
lat. Cancer, cancellus, cingere, cinctus, ein- von auch knüsen , gniisen , gnösen etc.), so
gulum etc.; lit. kinkau (gürten, ansjian- hängt dieses knikker, gnicker etc. w/i knik-
nen, z. B. die Pferde), sowie das mit 2 knik ken, bz. dem alten kiiikan, ki)ikjan = norw.
sgn. ahd. liag soioohl, als auch skr. kaca 55 (Aasen) gnika, gncka, gnikka, abiocichend
(Band, Haupthaar), kAk>\ni (Gurt ; Achsel) ; knika, kneka, nika, neke n. gnigga, nigla
tat. coxa (Hüfte etc.); ahd. balisa (Hüfte, (s. unter knikken) zusammen, woraus sich
Kniegelenk der Pferde); lat. voxhn (hockend, auch die Formen: engl, niggard ; /,s7. nang-
kauernd, gekrümmt, od. mit geknickten, ge- gur, niugr (cf. B r. Wh. II, pag. SXi.'i un-
bogenen Beinen od. Knien sitzend); s/.;-. CO ter knicker) wohl erklären, weil eben neben
KNIKKERIG
307
KNlPE KNIP
knikau, gnikan auch ein altes linikan u. gni-
gan, Imigan mit der Bedt(j. : brechen, hieben,
beuf/en, hrünmien etc. besta)iilen Jutt, woraus
auch uigen n. nikken entstanden sein können.
Wegen norw. gnikasf/ nocli bemerkt, dass dies
aus der Grdbdtg. : k n ir s c h e n od. crei^itare,
bz. ans dem scJiarfen Laute den das liei-
ben, Zerreiben od. Kratzen u. Kritzeln macht,
neben: guide, strygo, skubbe (cf. diescrhalb
auch grindau von griiian unter grind u.
grand) auch die Bedtg. : kuuse, male (knuse
hat neben knirschen [cf. gnüsen, kniiseii]
auch die Bedtg. : knirscliend zermahnen, zer-
kleinern, zertrümmern, quetschen, zerdrücken,
pochen etc. u. so gnika, knika noch die von :
zerbrechen, schroten, mahlen etc.) hat u. da>in
aber loohl loieder aus brechen od. abbrechen,
verkürzen od. klein machen (cf. auch knap
=. karg, beschränkt etc. u. knappen = kür-
zen etc., ofknappen = abbrecJien, abkürzen,
vom Lohn abzieJien etc.) auch icieder die
von : kargen, sparsam sein etc. (= dem, gnie)
entioickelt, loobei noch zu erwähnen , dass
auch dän. gnic (kargen, geizen), guier {Knau-
ser, Knicker) mit unserm gülden od. gnideu
u. norw. gnidaetc. n. vielleicht auch mit gui-
sen, guüsen, kniisen (u. so auch mit Knau-
ser) aus einer u. derselben Quelle stammt,
worüber Weiteres unter gniden.
1. knikkerig, knikkerg, bestehend aus har-
tem, bündigem, undurchlassendem Thon, bz.
so beschaffen tvie 3 knik. — dat is so 'n
knikkerg stük land , dat man 't net wagen
dürd um 't to \vülen, of dep to plögen.
2. knikkei'ig, knikkerg, knickerig, knau-
serig, karg, geizig etc. ; — he is so knik-
kerg, dat he gen ürlje misten kan.
1. knikkeni, auf Knicker od. um Knicker
u. mit Knickern (Thon- od. Schnellkügel-
chen) werfen u. spielen; — wi willen fan
namiddag mit 'n ander knikkeru.
2. knikkeni, knickern, knausern, dingen,
feilschen etc.; — he kuikkerd um 'n 8rtje;
— he wil hum 'n peunink ofknikkern.
kuillen (Ablaut von knallen i)i der Bedtg. :
crepitare) a) knistern , knisternd brennen,
heftig brennen etc., wie z. B. ein grosses
Holz- od. Steinkohlen-Feuer thut ; — b) knit-
tern, zerknittern, kraus xi. faltig machen,
unordentlich zusammendrücken etc. ; — du
must dat göd net so knillen ; — he knild
de papiren tosamen. — cf. knellen u. kuüllen.
1. knip, Ablaut von knap u. tvie dieses
a) zur Bezeichnung eines kurzen, scharfen
Schalls (Jedoch feiner (ds bei knap) ge-
braucht, der durch plötzliches Bersten, Sprin-
gen, Reissen etc. soioohl, als auch durch das
Zu- u. Aufschlagen, bz. das Zusammenschla-
gen od. Zusammenldappen einer schneiden-
den Scheere od. das Zudrücken von Etwas,
od. überhaupt durch das plötzliche Ausein-
djidergehen u. das rasche Zusammenbewe-
gen luni zwei Etwas hörbar ivird; — knip! sä'
't, do was 't kort, od. do was 't d'r of, bz. dör-
5 snäden ; — knip ! Sil' de schär', do was 't d'r of ;
— knip ! sä' 't mest (das Messer), do slog 't
to ; — knip ! sä' 't, do was de lüs död ; —
ferner b) auch loie knap in der von: Sprung,
Biss, Spcdt, Schnitt etc. ; — d'r sitt 'n knip
10 in 't glas; — dat glas hed 'n knip kragen;
— wel hed dar 'n kuip (Schnitt, Einschnitt)
in dat linnen dän? — c) ein knippsender
Schlag od. Stoss, ein Schneller, Nasenstüber
etc. ; — he gaf hum 'n knip mit de finger.
15 — Nd. kuip; nid., mnld. knip, bei KU.
übrigens nur in der Bedtg.: talitrum, cre-
pitus digiti, recurvi digiti impressio, wäh-
rend es sonst im nid. auch wie bei uns die
Bedtg. : Ha c k od. S c h n i 1 1, Ker b etc. hat.
20 2. kuip, s. küippe.
knip, Ä'. kn'if u. kuipe.
knip-def, ein Lieb der sich mit dem Steh-
len von allerhand Kleinigkeiten befasst. Da-
her: knipdefen, Kleinigkeäen stehlen; —
25 knipdcfere, Stehlerei von Kleinigkeiten, kleine
Lieberei; — 't hed fan 't winter nog al göd
west mit 't stälen ; 't sunt all' mau so kuip-
deferecn west, de d'r förkamen sunt.
knipe, knip, a) Kneife, Klemme, Enge;
30 — he sitt so in de knipe (sinnl. u.fig.) dat
he fan alle kanten fast sitt; — he hed de
dum ttisken de dür un de räm in de knipe had;
— b) Klemmholz, Klemmeisen, bz. ein Klemm-
ding od. ein Etwas loomit geklemmt xi. geknif-
35 fen od. hart zusammengedrückt tvird; — he
sett' de hund de knip ('bremse, postomis)_up
de Stert; — sett' dat perd 'n kufp up de nöse;
— wen he de knip up de dum krigd, den
schal he wol bekennen ; — c) Falle, Fang-
40 eiseti etc.; — du must de knip upsetten (od.
upstellen), of du de rotte (od. ulke) net fan-
gen kaust. — Compos. : röttenknip, — ülke-
kuip. — Nd. knipe ; nid. knijp (Klemme) ;
mnd. knipe; mnld. knype (Fcdle, Fangeisen,
45 docipuhim etc.) ; norw. knipa (Kneife,
Klemme etc.; eine tiefe u. enge od. schmale
Mulde); schwed. kuip (Kneife, Klemme etc.)
u. knipa (Kneif ding, Kneifzange) ; dän.'kmhQ
(Klemme). — Zu knipen.
50 Zu kuipe sei noch bemerkt, dass davon
auch wohl kneipe in der Bedtg. : kleines
Wirthshaus od. kleine Schnappsschenke etc.
herstammt, od. dass es doch mit kneipen zu
knipen gehört, loozu die Formen cdlein stim-
55 men. im ersten Fall könnte es mit knipe
in der Bedtg.: Falle (od. Etwas, worin
man geräth od. kommt u. festsitzt od. sitzen
bleibt, bz. ivorin man gelockt u. gefangen
wird, um vom Wirth od. von Huren aus-
60 gepAündcrt zu iverden , cf. bei Seh. u. L.
20*
KXIPEN 308 KNIPEN
tmter knipe die Sätze: a) wo it mit knypfn angeführten Beispielen zu ersehen. — ik
untle Valien mochte sirypen ; — u namcnt- heb' mi so kniipen etc. dat 't blöd d'r üt
lieh b) locken in dyiier kuypen hol = lochen lep ; — he knep (Inüff, zwickte etc.) hör in
in deiner Fallen Jlöhlc; od. auch die Re- de wange, hz. in de uärs, in de billcn etc.;
densart: se hebben hum in de fall' krüLren 5 — he knep d'r 'n stük of; — he knipd de
uu dügtig her had , od. rein iitplünderd) spiker mit de kniptange in tween ; — du
ident. u. dann im fig. Sinn für ein geniei- must nog wat sukker knipen ; — dat knipd
nes Haus ud. eine Schnajjps- n. Huren- up de diun (%. == das brennt auf den Na-
Höhle. Bordell etc. gehraucht sein , wie ja gel) ; — he knipd (kneift, zwickt, zwackt,
auch stille knippe bei uns ein Bordell he- 10 2^>'csst, drückt etc.) hör bit up 't blöd , od.
zeichnet. Ha wir aber knipen auch im net so lank, bit se 't leste örtje iitdokken ;
Sinn von: heimlich Etwax thun u. sogar für — he knep siik l'an lachen, od. t'ör freide
heimlich trinken od. schnappscn fc/. knipen) etc.; — wen he de karten sügt, den is 't
gebrauchen u. auch im icfnl. knipen (cf. net, of wen hö knäpon word, um to spölen ;
Grimm, Wb., unter Kneipe sub 3, f) die 15 — wen 't knipd (wenn es kneift u. Noth
Bedtg.: schnapi)sen od. trinken hat, thut, bz. icenn es absolut sein muss u. nicht
so kann kneipe (ds Schenke, bz. kneipen in anders kann, od. wenn es darauf ankömmt
der Bedtg. : trinken, zechen etc. auch in die- etc.), den kan 'k net so göd dat of dat dön,
ser Beziehu)i<f jh/< knipen zusammenhängen. as du; ^ wen 't knipd un wer knipd (im
Wegen des Zusammenhanges mit knipe in 20 äussersten Nothfall) ; — he wil sin folk al-
der Bedtg.: Falle, od. Etwas, worin man fid wat fan hör lön ofknipen (abkneifen,
gefangen wird etc. vergl. auch dän. : kippe abzwacken, abziehen, abkürzen etc.) : — dat
(Kneipe, Kneipschenke, Bordell), horekippo knipd (kneift, zwickt, zwackt, druckt etc.) miso
(Hurenkneipe), was zweifellos mit mnld. mWii (im Leibe, im Bauche), OfZ. ik heb' so
kip (decipulum etc.), kippen (capero etc., s. 25 'n kiiipen (Kneifen, Zwicken, Grimmen etc.)
unter kippen) zusammenhängt u. wobei noeJt in 't lif; — he knep (kniff, floh, lief, rannte
zu erwähnen ist, dass auch unser knipiie etc.) gau in hiis od. gau üt, as he mi anka-
nn der Bedtg. Bordell wieder dasselbe men sag; — he knc]) gau äfen bi de sid üt,
Wort ist, wie mnld. knippe (decipulum), um sük en (d. h. einen Schnapps) to ko-
worüber Weiteres unter knippe. Desgl. sei 30 pen ; — he knep (floh, rannte) d'r längs,
noch erwähnt, dass nach T> i ez (II, 32Q) auch od. d'r üt, dat hum gin minsk wer inhaleu
das franz. gnenippe (liederliches, schmutziges kun'. — Die Bedensart: he knipd de kalte
Weibsbild , Vettel), dauph. ganippa von in düstern od. im stillen u. he knijul men-
m)dd. knyj)e (Falle) Jterstammen soll, ico nigmäl en im stillen iverden nur im ßg.
es dann aber Jedenfalls besser zu knippe 35 Sinn gebraucht u. zwar Erstere zunächst
in derselben Bedtg. (nämlich in der von: in der Bedtg. des heimlichen u. nnerlaub-
decipula) od. besser noch zu der unsrigen ten unzüchtigen Kneifens u. Drückens weib-
von Bordell od Ilurenhaus stimmt. licher Personen etc., dann aber beide über-
kniptMl (kiii])e od. knip, knipst, knipd od. haupt auch in der des heimlichen u. uner-
kuipt etc. ; — knepe od. knep, knepst, knep 40 laubten Betreibens von Unzucht, Hurerei u.
etc. ; — knäpen) kneifen, d. h. anfangs vor sonstigen Lastern, loie z. B. auch des heim-
dem Beginn des Kneifens offen stehen od. liehen Trinkens von Spirituosen etc. — Nd.,
klafl'en etc. od. zuerst sich öffnen, sich von mnd. knipen ; nid., mnld. knijpen ; wfries.
«. sich auseinander bewegen (gleichviel ob knypjen; srt//. knippe; an.,isl. kiiijia; norw.
man dies durch knap, knip od. klap, klip, 45 knipa (kneifen, klemmen, drücken; greifen,
bz. klaf, klif etc. machen u. erzeugen etc. liaschen , schnappen; geizen, kargen, sjm-
bezrichnet) u. dann wieder sich zusammen ren) ; scJiwed. kuipa; dän. knihe. — Das
bewegen, od. zusammenschlagen, zusammen von Fick (IIJ,4S) dafür angesetzte Thema
stossen, hart od. nahe an einander kommen, kiiib gcliört mit den Stämmen gnab , knab,
sich .<ichliessen etc., tvodurch dann erst das 50 gnib, knil) (von gnal)b(']ii, gnii)beln), knap,
entsteht, toas wir „kneifen" nennen u. knip (von knapi)en, knipi)en) etc. zu der un-
tcodurch dann beim Zusammenlegen od. Zu- tcr knappen bereits erwähnten }/ gabh r^
sammendrücken eines scliarfen Gegenstandes skr. jabh, zend. jab mit der Neboifonn gaj)
auf ein zweites stumpfes od. scheirfes Fl- :=r send, jap n. /.af etc., tvozu Fick auch
was selbstredend auch eine Trennung erfolgt 5") ///. znypiu (kneifen, beissen , das Lieht
od. erfolgen kann, wie dies auch bei den putzen), znypte (Zange, Lichtputzscheere,
von derselben y abstammenden Wörtern knap- Nussknacker) u. ( 1 1,.':!5 1 ) guyhui (kneifen) etc.
pen u. knippen der Fall ist. Dass daneben stellt u. tvozu auch wohl unser nipen, nepeu
knipen auch noch in verschiedenen bildlichen (aus älterem hiiijmn) u. an., isl. hnefa (adunca
Bedtgn. gebraucht wird, ist unten aus den GO manu prehendeie) , hnefi , kneti (pugnus).
KNIPER
309
KNIPPE KNIF
hncpi^a (ciu'vare, premere) etc. gehören können,
worüber wegen des tvechselnden Anlautes un-
ter knikkeii, knap, knif etc. das Weitere zu ver-
gleiehen ist u. toobei bezüglich des an. hnefi,
kiiefi noch bemerkt sei, dass Fick (JJI,
82) dieses zu griecJi. knaraptö , giiani])tö,
gamptö, kamptö (biegen, beugen, krümme)i,
bz. drücken, zusammendrücken etc. od. bre-
chen etc , cf. knikkt'ii) vergleicht, loo es je-
doch klar auf der Hand liegt, dass auch
griech. knamp, gnamp eine blosse Nasalation
von kamp, ganip od. dem daraus versetzten
knap, giiap ist u. diese Wörter gleichfalls
loic auch griech. kiiaptö , gnaptö (reissen, zer-
reissen, zerfleischen, verwunden, od. kratzen,
zerkratzen etc.) derselben J/ entstammen,
loie unsere Stämme knap, gnap als The-
mata von knippen, knappen, knibbelu, kuab-
beln, guabbein etc. etc. — Vergleicht man
übrigens griech, knipos u. sknipos (knicke-
rig, knauserig etc.), sknijjtö (kneifen, zwicken,
zwacken, knausern etc.), kulpöo (knickern
etc.), so sollte man eher glauben, dass knipa
etc. mit diesen Wörtern nicht von einer
y gabh, gap etc., sondern mit snippeln, snap-
pen , snabeln etc. von einer ]/ skap od.
skabli (cf. Schafen, scbabbig), skanip, sknap
etc. abstammt, ivoraus sich auch der Anlaut
„lin" besser erklärt.
kiiiper, Kneifer, Person die, od. Etwas
ivas kneift, klemmt, drückt etc. ; — daher
a) Bedrücker, Ztvacker, Knauser etc. ; —
he is 'u regten oklen kniper (Einer der die
Leute kneift u. drückt, zwackt etc. , od. ih-
nen am Preise od. Lohn etc. etwas abkneift
etc., bz, ein Knauser, Geizhals etc.) ; — b)
Scheere eines Krebses; — flu must de krabbe
sin knipers ofbräken, rlat he (od. se) ili net
knipd; — c) ein Kneiper im Leibe, bz. bei
kreisenden Frauen eine Wehe, Geburtswehe ;
— dar kumd wiir so 'u kuiper an ; — d)
ein dicker, fester, fetter, unverdaulicher
Pfannkuchen, der Verdauungsbeschwerden
macht; — 'n buk weiten kuiper.
knip-hiisoii, scherzhaft von ci)iem Knau-
ser; — he is fan kniphüsen uu holt'ast.
kiiipisk, knipsk, kneifisch; von einem Zu-
stand wo Etwas, — od. einem Etwas das,
— od. einer Person die kneift etc.; —
he hed mi de rok fols to knipsk (zu enge,
zu klein, bz. so, dass er mich kneift u. be-
engt etc.) mäkd; — de büksen sitt mi so
knipsk, dat ik nii d'r hast liel net in rüren
kan un bang' wäscn niut, dat he glik kuapd,
wen ik mi d'r mit bukken mut ; — he sügt
so knipsk (beengt u. zusammengedrückt u.
so auch: dünn, klein etc.) in de rok i'it, as
of he föl minder un kiener is as anders ; - -
ik mag hei net gern dingen uu minder be-
den as de lue fördern , dat sügt mi f Ols to
knipsk (engherzig, knauserig, schäbig etc.)
üt; — 'n knipsken kerel (ein engherziger,
Iniauseriger, hartherziger Mensch).
kiiipke, Dimin,. von kni|)pe u. zwar na-
5 mentlich in der Bedtg. sab 1».
knipkeii, knippsen, schnellen mit den Fin-
gern; — he knipked hum mit liitje bröd-
kugels; — he kan so 'n appelkörrel 'k wet
uig wo wid hen knipken. — Mnd. kuipken,
10 cf. knippen etc.
knip-mest, ein Einschlage- Messer, bz. ein
Messer, welches man zuknippen kann.
kiiip-ögen, mit den Augen knippen od.
zivinkern u. nicken; — he sitt al to knip-
15 ögen ; — he knipogd mi to, dat ik dat mau
dön schal.
knippe, knip' (Subst. zu knippeu), a) ein
beweglicher Stift od. Schieber, od. ein Rie-
gel mit einer Feder zum Ein- od. Zuknipj-
20 pen, bz. zum Verschlicssen von Etwas, da-
her überhaupt Verschluss- od. Schliessding
etc.; — hest du de knip 6k up de dör däu,
dat uns nüms in hiis löpd? — he hold de
knip up de bül (er hält das Schloss od. den
25 Damnen auf dem Beutel, ivill seinen Beu-
tel nicht aufthun od. ziehen, ist schwer zu
Ausgaben za beivegen etc.) ; — b) etn Beu-
tel od. eine Tasche mit verschliessbarer me-
tallener Einfassung, bz. ein Bügel, der mit
30 einer einspringenden u. schliessenden Feder
versehen ist, ivie z. B. kleinere Sammt-, Le-
der- od. Geldtaschen etc. (cf. nd. kuipptasch
bei Schütz e, II, SOG), wie die ehrsamen
Bürgerfrauen sie früher an, silbernen Ket-
35 ten an der Seite trugen , tvo dann selbstre-
dend die Einfassung od. der Bügel auch
von Silber war ; — min grötmodcr drög al-
tid 'u sülfern knip' up de sid, wen se iit-
gung of na de kark gung un in hiis harr'
40 se hör geld in sülfern knipke (Dimin. von
knippe); — c) ein gemeines WirtJtshaus od.
ein Bordell ('n stille knippe, ein heimliches
Bordell, ivelches nicht unter polizeilicher
Aufsicht steht), wo knippe übrigens, wie
45 auch nid. (s. unten) die Bedtg. : decipulum
od. Falle etc. (s. auch unter knipe am
Schlüsse wegen kneipe) hatte; ■ — d) ein
Bund, Bündel, od. eine gewisse Quantität,
die durch Schneiden od. Scheiden u. Tren-
50 nen, (Spalten etc.) entsteht; — 'n knip gä-
ren, ein geivisses Mass (od. Bund, Stück,
Theil etc.) Gar)i, von GOmaliger Länge des
Umfangs eines Garnhaspels, welcher so ein-
gerichtet ist, dass nach GOmaliger Umdre-
55 hang desselben durch einen Mechanismus
eine hölzerne Feder (sonst nd. auch kuipp
[cf. Schütze, II, pag. 100 unter haspel]
genannt) an denselben aufschlägt u. einer-
seits einen knip p senden Ton liörbar
00 macht u. dadurch das Zeichen giebt , dass
IvNIPPEN 310 KNIRD KNIRT
eine ßOmaJige Vmdrehunci Statt [fefinulen od. de fallo , de dörc etc.) knipt to od. is
hat, andrerseits aber auch durch einen kiiip tokiiipt. — A'^d., mnd., nid. mnld., mjläm.
(od. lUss, Bruch, od. eine Trennung der kiiippen, dasselbe. Jedoch )iicht in alten obi-
Fäden od. des Gespin)istcs anzeigt, dass gen liedtgn. belegt u. gebraucht, ivie dies
das betr. 3/(j.ss od. die betr. 3Ia.sse (Thcil, 5 auch mit dem nhd. od. oberd. knippen
Stück, Bund etc.) gesponnen (ik hob' tau od. knii)psen nicht der Fall ist. Wei-
dage tein kiiip gären spunnen) u. ahgehas- tcrcs s. unter knappen.
})elt ist. cf. hiezu an., isl. hncppi, hnippi, knippor. Nur in lüsenknipper, cf. knip-
knij)pi; schiced. knippa; dän. knippc (Ilinid, pen suh c.
Bündel), wobei man beim Vergleich von 10 kiiipperi^, kilipperg, mit kleinen Bissen,
norw. knippa (bjergkuold, fjoldtop) vielleicht Borsten, Spalten, Ritzen etc. behaftet, knit-
an eine ähnliche Begriffsoitwickelung ivic tcrig, zerknittert etc.; — dat glas (od. de
bei knop denken muss, da Ja norw. knippa telior etc.) is so knip])evg , dat man 't hei
dieselbe Bcdtg. wie das ags. cniip etc. etc. (od. hum) net niür hinken an upsetten diird ;
($. u)iter knappen am Schlüsse) hat. Wegen 15 — knipperg h'r (Lcder, welches viele Sprünge
knippe (Bund, Bündel) sei bemerkt, dass u. Bisse hat, namentlich in dem Lack); —
Diez (II,:M4) davon das franz. mpi>c (wo- knipperige banden (zerborstene, zerrissene,
von auchü\i)i)vs,bz. unser Nippsache) ableitet. zerknitterte , od. aufgesprungene , rissige,
knipppn, knippen, kn ipp.se n ; — a) ein ranhc Hände, ivic z. B. im Winter durch
durch knip bezeichnetes Geräusch maclicn, 20 Kälte, Frost). — Zu knippen.
crepitare etc.; — ik heb' wat knippen (od. knippcrn, a) knistern etc.; — wat knip-
knippern) höid; — he knipt (od. kni[)ket, perd dar? — dat lacht (lAcht, Kerze,
knipst) mit de tingers, d. h. macht ein Flamme der Kerze) knipperd; — b) sjyrin-
knickcndes od. knackendes Geräusch mit den gen, bersten etc. ; — dat knii)perd iit 'u ander.
Fingern, indem er entweder die Finger 2') knip-scliäre, Knippscheere, Haarscheerc
rasch von einander schnellen lässt, od. sie od. auch kleine Scheere {^ov^c\\\di) zum Aus-
auf einander schlägt, od. damit schnalzt; sehneiden (ütkiiippen) von feinen Sachen.
— dat niest knipt, wen 't tosleid; — bj kni|t-s(hul(lPii ;/.'/. kliiischalden. 6;>r/c7tw..-
springen, reissen, platzen, spalten etc.; — stofregen un knipscluilden dringen dör.
dat glas (od. de Hesse) is knipt; — du mast 30 knipsk, s. knipisk.
mi de tellers net knippen laten ; — c) sjnin- kni\)-!^\i\f^., ])lötzlicher, unerwarteter Schlag,
gen od. platzen machen, zersprengen, zer- Schneller, Nasenstüber etc.; — hc gaf luim
drücken, z. B. Oelsamen zwischen den Nu- 'n knipslag in 't gcsigt od. an de iiösc etc.
geln der beiden Daumen , Läuse mit dem knip-tange, Kneifzange. Scherzh. auch
Daumennagel, woher der Daumen auch lii- 35 eine eng anschliessende Kniehose.
senknipper heisst ; — d) schneiden, stutzen, knii'd, knii't od. knird, kiiirt, Druck,
kürzen; — här, nageis, bladeii, papir etc. Drang, dringende od. zwingende Kraft, Ge-
knippen, od. ofknippen, inkniitpen etc.; — walt ; fig. Trieb, Antrieb, Eifer etc. ; — dar
e) knicken, krausen, fälteln etc., z. B. Krau- sitt gen knird (nichts was drückt od. presst
scn, Kragen, Spitzen etc. mit der Knipp- 40 ti. treibt, bz. einen Stoss, Anstoss, Antrieb
maschine: — f) blinzeln, zwinkern od. etc. giebt) agter, dat wil net förgels; — \vi
nicken mit den Augenlidern ; — du niii^t nig niiitteu d'r insen wat nier knird agter set-
altid Sitten mit de ögen to knippen; — he ten, of 't den net bater furüt geid; — da
knipt (od. knipogd) mi to ; — g) knippsen, niust d'r mür knird andon (melir Kraft od.
schnellen. Etwas ivcgschnellen, einen Schnei- 45 Gewalt od. mehr Anstrengung, Eifer it.
ler versetzen; — he knipt ('or/. knipket) dat Fteiss daran wenden), den kumst du Ok bä-
weg, z. B. kleine Kügclchen od. Kärner, ter föriit; — d'r sitt gen knird ("/V/t'ft, 7!/'//c/',
Kerne etc., indem er diese auf den Daumen File etc., od. nichts uns iliii drängt u. treibt
legt u. sie mit dem Finger jilötzli<h weg- etc.) in hum un darum blift he ük so wid
schnellt; — h»; knipt (od. knipket) hum an 50 tagen sin makkers torüg. — Dieses son.st
de nßsc (giebt ihm einen kleinen Schlag an anscheinend unbekannte Wort wird wohl mit
die Nase, bz. einen Nasenstüber mit dem ags. cnyrd, cneord (eifrig, ßeissig , cf. H.
rasch vom Daumen abgeschnellten Finger); Leo) unmittelbar verwandt sein, falls es
— h) springen od. schlagen, klappen etc. ; richtig ist, dass ags. cnyrd aucJi, tvie unser
— de fär fan 't slöt is in-, bz. tokn]\)t (die 55 knird auf die sinnl. Bedtg.: drücken,
Feder des Schlosses ist ein-, hz. zugesprun- drängen (drängen od. treiben an u. vor-
gen u. somit das Schloss auch gesclilossen ; icärts, antreiben) zurückgeht u. ursjtr. die
— da mast de bögel fan 't knipke (cf. knippe Bedtg. : gedrängt od. getrieben (von Etiras)
sub b) toknij)pen (zuschlagen od. dicht schla- hatte. Wcts nun aber ags. cnyrd, cneord
gen, zudrücken, schliessen etc.); — dat mcst GO betrifft, so setzt es ebenso loic unser knird
KNIREN
311
KNOJEN
ein altes germ. Vcrh. kiiiran od. knirjan
voraus, was mit knireii, gnircu (Invirren,
knirschen), hz. ags. gnyrran (stridere) etc.
ident. ivar u. dann aus der Bedtg. knir-
schen loieder die Bedtg. : drücken, pressen,
quetsc]ie)i, kneifen etc. entwickelte, tveil eben
das Knirschen in Folge eines starken
Drucks (z. B. heim Schnee) od. durch das
Z&rdrücken von Etioas entsteht u. auch ja
das mit gniren od. gniren sgn. gnlseii die
Bedtg.: drücken od. stark zusammenpressen,
kneifen etc. hat, hz. man hei knird (es kirir-
ret od. knirscht, hz. es hat geknirret etc.)
auch unwillkürlich an einen starken Druck,
tcodurch das Knirschen entsteht, denkt.
knire, knir; ^. q. klire u. tvohl daraus
entstanden, loie knäpel aus kläpel, kiuiflök
aus klüflök etc. Oder ist es mit kuarre,
knüre connex, sodass es urspr. nur einen
Klumpen od. eine Verdickung, Knoten, An-
Schwellung (nodiis, tuber etc. , cf. knarre)
bezeichnete, ivie auch das Wort Niere
wohl selbst, was früher Ja auch wie unser
klote od. klöte die Bedtg. Hodc hatte?
kiiiren, s. gniren.
knisen, s. gnisen.
kniser, knisor, .<;. gmser.
knittei'-gold,i?«H.sc/i5fo?f?. cf. klatergold etc,
knitterig, s. gnitterig.
knitter-kop, Blurrkopf, Mensch der knit-
terig od. gnitterig (murr ich , verdriesslich
etc.) ist.
kilittei'-kopd, murrköpfig, mürrisch etc.
knittern, s. gnittern.
knitter-slag, s. gnitterslag.
knofe, s. knufe etc.
knöfel ; i. q. knäfel in der Bedtg. suh b ;
— 'n knöfel tan 'u jung, od. fan 'n böm etc.
knojen od. knöien, a) mühsam, hart an-
strengend u. schwer (mit od. unter Druck
etc.) arbeiten, sich mühen u. quälen etc.;
— 't geid en net as de slafen, man kan kno-
jen so lank as man läfd un kumd dog net
förüt; — 'k wul man, dat ik död was, den
dat knojen fangd des morgens an iin hold
des afends wer up (von Frauen mitunter
im Missmuth gesagt, die sich fortwährend
in ihrem Haushalt viiihen u. abquälen müs-
sen u. keinen Augenblick haben, loo sie frei
sind u. sich erholen können etc.) ; ■ — man
raut sük hast dod knojen, so as man hir ar-
heiden mut ; — he knoid (mühet, plaget etc.)
sük hast cf un kan dog hast net so föl fer-
denen, dat he 't bröd für sin kinder hed ;
— dat knojen (das mühsame Arbeiten u.
Quälen etc., hz. das sich Mühen u. Quälen,
Abarbeiten etc.) hold erder net up, as bit
man dod is; — h) drücken, kneten, inein-
ander u. durcheinander drücken u. kneten,
hz. mit Druck (sinnl.) wirken u. arbeiten,
unordentlich wirken u. arbeiten, pfuschen
etc. etc.; — se knöid (od. kiu'idjcd) dat god
man so tosamen ; — knoi' (knete, drücke od.
loirke, arbeite etc.) dat dog net all' dör 'n
.5 ander ; — se knoid (wirkt, arbeitet etc., od.
drückt, knetet etc.) dat äten all' dor 'n an-
der un so mal (schlecht) un unördendlik to-
regt, dat 't gans gen ansen hed un 't hast
gen minsk äten kan ; — he kncMd (od. grerad
10 etc.) d'r wat mit herum ; — wat knoist (wir-
kest, arbeitest od. pfuschest etc.) du dar nü
wer toregt (od. in 'n ander)? — he ferknoid
(od. fergremd, ferkleid etc. vcrwirthschaftet,
verarbeitet u. verpfuschet etc.) sin geld un
15 god; — he hed dat ganse schouerlike stük
holt wer ferknoid (in einer Weise he- od.
verarbeitet, dass nichts Gutes mehr daraus
gemacht iverden kann u. es ganz verdorben
ist etc.) ; — de stäfels sunt gans ferknoid
20 (verpfuschet) un ferdürfcn. — Davon: knö-
jer, a) Einer der hart u. schwer arbeiten
muss ; — b) ein Pfuscher, scldechter Arbei-
ter etc. ; — knöjere, a) Quälerei, Plackerei
etc.; — ik heb' fan 't ganse läfend niks as
25 knöjere had un nu kan 'k up rain olde da-
gen nog bädeln gän; — b) Pfuscherei, Pfu-
scherarbeit etc.; — 't is all' knöjere, wat
he mäkd un wat man fan lium sügt. — Nid.
knoeijen od. knoeien, nachlässig u. schlecht
30 arbeiten od. bearbeiten, pjfuschen etc.; fer-
ner (provinz., cf. v. Dal e) : stossen, schla-
gen, drücken, quälen, misshandeln etc., wie
auch ivfries. (Jap ix) knoeyen. — Die ei-
gentliche Bedtg. wird toohl : stossen, drücken,
35 quälen (u. so auch : sich quälen u. mühen,
schwer arbeiten etc.) etc. sein u. toürde es
beim Vergleich von bleien, bloien = nid.
bloeijen od. bloeien, engl, blow, ahd. pluoan
etc. mit Schott, know (to press down with
40 the fists etc.) ident. sein können, tcas J a-
m ieso n zu einem schwed. knoga (pugnis
genibusque eniti) vergleicht u. wohl auch
dasselbe Wort ist wie dän. knuge (drücken,
klemmen) u. noriv. knua (mit den Finger-
45 knöcheln drücken) u. gnugga (drücken), was
mit Schott, know, knowe (kleiner Hügel od.
Haufe) ; isl. hnüa (tuber) ; an. kni'ii ; norw.
knue (knuv, knu, gnue, nue, knoe) ; schwed.
knoge; dän knoe, kno (Knöchel, Knöbel),
50 soioie ferner auch loohl an. knyja, kuiidha
(stossen , schlagen) , gnyja , gnüdha (tosen,
rauschen) etc. wohl auf ein altes germ. Verb.
gniuan , kniuan = an. gnya , guiia u. auf
eine y gnu od. ghnu etc. zurückgeht , wor-
55 über unter gnauen, gniden, knäden etc. das
Weitere zu vergleichen ist u. toozu auch
ivahrscheinlich unser knüdjen u. knüdel etc.
gehört. Vergleicht man übrigens schröjen
= nid. schroejen aus schroden = nid.
60 schroeden (schroten), so inuss knojen un-
KNOJER
312
KNOP
mittelbar mit unserm kuüdjon, guiuljen «.
knüdeln etc. verwandt sciu , was iinhsseii
(cf. scliroden od. schröjcn, schroten von y
skru, skiir) auch mit kniidon ». an. knoila
auf eine ]' gnu, ghiiu od. knu zuriul^ijeht,
wozu auch griech. chnaiiö, knauü, kui'iö,
knäö (schaben , kratzen , reiben etc.) u.
ausser gnauei\ etc. auch wohl gnageu ge-
hört.
knojor, s. unter knöjen.
knojere. s. unter kuöjen.
knokke, knok, a) eine Kaute (od. ein
Bündel, Bund etc.) gehechelten u. zusam-
mengedrehten Flachses in kolbiger Form,
von einer bestimmten Menge. — Nd., vtnd.
knocke, knucke ; — b) der südliche od. süd-
^cestliche befestigte Vorsjirung (Spitze, Land-
zunge, krumme od. rundlich gebogene vor-
stehende Kcke etc.) des Amtes Emden an
der Oster Ems; — he hed 't schij) bi do
knok anlegd. — Es ist dasselbe Wort wie
knake (Knochen), bz. wie knoke in der Be-
dtg. nodus, tuber od. oherd. knocke (Knö-
chel, vorspringende Spitze des gekrümmten
Fingers etc., od. rundlicher Höcker etc., cf.
kniikkcl) u. aengl. (St r a t m a n n) knucclie,
knoclie (Bündel etc.), wozu auch engl, knitch
(Holzbündel), schott. knilch (Bündel) fl«.s'
aengl. (cf St rat mann) kniccho begrifflich
stimmt u. woraus auch weiter erhellt, dass
knako, knoke, knokkel ttc, bz. knokke etc. «.
aengl. knicclio, knnccho etc. sänuntlich mit
kuakken (knakan, knakjau), knikken, knukkeu
(s. unter knake u. knökkel) , bz. den Schall-
stämmen knak, knik etc. u. zwar einesthcils
in der Bedtg.: Bruch od. Knick als Bie-
gung, Krümmung (u. so cds Gebogenes,
Gekrümmtes, rundlich Gebogenes u. Vorste-
hendes, Vorspringendes, Erhöhung, Höcker)
od. als ein sich biegendes u. k r ü m m e n-
des Gelenk, biegsames Etwas etc., andern-
theils aber auch in der Bedtg. : Bruch od.
Bruchstück, Brocken, Klumpen, Humjicn,
Knorren etc. (cf. knarre, knast etc.) zusam-
menhängen. — Zu knokke vergl. auch nokke
u. dann dazu auch ivieder an., isl. Imocki
(uncinus), hnokinn (cernuus, pronns) loegcn
der schon unter knikken erwähnten An-
laute kn, hn u. n.
knükkel, Knöchel (talus), rundlich vor-
stehender Gelenkknochen, bz. rundliche Er-
höhung od. Höcker, gebildet durch die ver-
dickten Enden der Gelenkknochcn der Hände,
Arme u. Fü.sse etc. ; — ile knükkels dön ini
all' 80 ser, as wen 'k de jiclit d'r in heb'.
— Afries. knokele, knokle ; wfries. kneu-
kel ; Jiclg. knückel ; nid. kneukel, knckel,
knokel, knokkel; mnld., »»//«/». knokel ; nd.
knukkel ;/. ('/^a/t » r /-^^ kniicliel ; «(»r7. kno-
kel ; ags. cnucl ; aengl. kuokil ; engl, knuckle ;
norw. knukia; dän. knokkel; schived. knjo-
kel, knokkel, s. Weiteres unter Knöchel
in Grimm, Wb.
Die Grdbdtg. ist vielleicht „kleiner Hö-
5 cAer" od. „kleine ^^erdickung'', als Dimin.
von knoke (Knochen, cf. knake) od. knocke
(nodus, tnber, s. unter knokke). Da indes-
sen die Endung el in der Begel ebenso ivie
„er" od. „e" etc. nur ein Etwas (Gegen-
10 stand, Ding, Zustand etc.) bezeichnet, so ist
es icahrscheinlicher, dass knokel, cnncl etc.
ursijr. dieselbe Bedtg. wie knoke, bz. knake
u. knokke hatte «. mit diesen Wörtern di-
rect von einem alten knukan, knukjau (von
15 einem Stamm kunk (ds Ablaut von knik od.
knak, od. von knuk aus altem knikan, knak,
knuk, cf. knikken) abstammt, was gleich ist
mit ags. cuocjan, cnucjan (pulsare) u. mit
cnoocan, cnucan (knacken, j^ressen etc., cf.
20 //. Leo, pag. 358), bz. aengl. cnokien (pul-
sare); norw. knoka (pressen, drücken, klem-
men etc ) etc. u. einestheils wie knakkeu u.
knikken die Bedtg.: crepitare etc., andern-
theils auch die aus crepitare od. Geräusch
2.5 u. Lärm machen etc. hervorgegangene Be-
dtg. : stossen, schlagsn, drücken, treten, stam-
pfen etc. (cf. kloppen von klappen) hat.
knop, a) Knauf; — knop up de stöl etc.;
— dar sitt gen knop up 't deksel, war mau
30 't bi antaten kan ; — b) Knospe, Bßanzen-
auge, Blüthenknospc ; — de knoppen fau de
bomen worden al reut dik nn wen de sünne
nog iuiige dagen so varm schind, den brii-
keu be bold üt, bz. apen ; — C'öhijjos. .• blöni-
35 knoppen, rosienkuoppen etc. , — c) Frucht-
od. Samen-Knoten ; — de knop^ien fau 't
Has (od. 't linsät) si\nt nog net np. — Nd.
(D ähner t) knop (ivie b u. c); mnd. knop
(cf. Seh. u. L. unter knop, wo es mit kü()[)
40 als ident. angesehen ivird, indessen in den
Bedtgn. : Knauf [vom Degen] u. Knoten
[von Gewächsen, Früchten] mit knop eins
u. ebenso wie unser knop, trotz der Sg-
nongmität, von knop zu scheiden ist); nid.
45 knop (wie sab a, b u. c) ; mnld. knoppe
(nodus, nexus; globulus, bulla, tibularia, ehi-
vns; gemnia, ocnlus arboruin, tlorum etc.;
calix etc.); afries. knop, knap (Knoten, bz.
dasselbe wie unser knubbe, kuubbel, z. B.
50 am Halse, od. hinten am Steiss) ; wang.,
hclg. knop (Knauf, Knopf); aengl. (St rat-
mann) knop; engl, knop (Knospe etc.);
all iL chnoph, cnopt', chnopf; mhd. knoph,
knoiif (Knoten; Knopf, Knauf; Knospe),
55 s. Weiteres unter knop.
kiiöp, a) Knopf zum Zuknöpfen; — de
knöpen tan de rok sunt ofrätcu ; — b) Knauf
zum Anfassen, z. B. auf einem Stock etc.;
r) Knoten (nodus) der geknüpft wird; —
00 'n knup in (od. für) de dräd niaken od. slän.
KNOP
313
KNOETTE
— Bedensart. : de knop iip de bül holden
(den Beutel dicht halten); — dat is 'ii tau
Sünder knopen (ein Tau loas weder zum
Festhalten noch zum Schlagen dienlich n.
brauchbar ist) ; — dar kamen altid nog so
föl kiiOpen im kamelsgärn (Znthatcn za
Kleidern, die der Schneider speciell auf
Bechnung stellt) bi, dat 't en altid nt de
haud fald, wen de räken kumd. — Nd.,
mnd., nid., mnld. knöp od. knoop ; wfäl.
knaup; götting. (Schambach) knäp (das-
selbe). — Fs ist formell n. auch begrifßich
(d. h. in der Grdbdtg., s. unten) gleich mit
nhd. Knauf, bz. mhd. knouf, was soivohl
(cf. M. Lex er) dieselbe Bcdtg. ivie unser
knop II. noppe (Flachshnoten, od. überhaupt
ein dickes, rundliches Etivas), als auch die
von: globus, globulus, od. die von: Knopf
u. Kopf, bz. unseres knubbu ii. knubbel
hat. — Was nun knop = ahd. chnoph etc.
betrifft, so ist auch dieses aus knup, bz.
einem Thema knupa, bz. knnba, kiiubha,
knupha, knupfa etc. (s. unter knüppen) od.
kuup-ä hervorgegangen, dessen Stamm kaup
eine Ablautform von kuip , bz. knap ist u.
also auch mit dem unter knappen (s. am
Schlüsse) schon angeführten ir., gäl. cnap
(bulla, collis) etc. in der Grdbdtg. zusam-
menfällt, ganz wie dies auch mit dem for-
mell anscheinend von knop verschiedenen
knöp der Fall ist, toas ich am liebsten cds
ein aus dem Brüter, knuop, knöp von einem
für knappen anzunehmenden alteren knapan
hervorgegangenes Subst. anseJien möchte. We-
got der schon unter knappen erwähnten
Grdbdtg. von ir., gäl. cnap , bz. unseres
knop, knöp, knubbe etc. (iiämlich dass diese
Wörter urspr. ebenso ivie klatte, klotc, klute
etc. die Bcdtg.: Bruchstück, Klumpen etc.
hatten) sei noch erwähnt, dass auch Fiele
(I, 38) die für knütte, bz. nhd. Knoten
etc. angesetzte Stammform kanda (Knolle,
Zivicbel, Gelenkknoten etc.) zu kand, b3. kad
od. skad (beissen, d. h. spalten, brechen etc.
u. dies aus crepitare od. sonare als urspr.
Bedtg. wie auch bei grindan [s. unter grind
u. grand] u. knakken, knikken, knappen etc.)
stellt u. dass hieraus auch also erhellt, loie
u. in welcher Weise unser knalle mit knal-
len, knillen, knüllen u. knarre, kuure etc.
mit knarren, bz. gnarren zusammenhängen.
Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass das
erst spät mhd. erscheinende knospe ivahr-
scheinlich ebenso ivie wespe aus wepse u.
gaspe aus gapse (cf. gapse u. wepse) etc. aus
knopse versetzt ist, ivie Ja die erst spät auf-
tauchenden Wörter knasper, knisper, knus-
pcr (s. in G r i m m , Wb.) ebensogut aus
knapser, knipser, knupser, bz. knapsel etc.
versetzt u. entstanden sein u. mit knappen.
knippen etc. zusammenhängen können , als
mit einem aus einem ahd. knaz = unserm
knat, gnat (cf. gnattern, kuatlern, gnittern
etc.) entstandenen knatsen, knassen etc., od.
5 mit unserm gnisen, kiiiseu, ivovon auch un-
ser gnüsen, knüsen u. mhd. knusen, knüssen
(kneten, stossen, schlagen etc.) etc. Vergl.
dieserhalb auch mnld. knopsel u. die so)ist
auch in Grimm (Wb.) unter Knospe
10 angeführten deutschen Formen knopsel, bz.
unser knüpsel.
knupeu, a) knöpfen ; — de rok apen (od.
to) knöpen; — b) knüpyfen; — früudskup
anknöpen mit emand. — Nid. knopen. Zu
15 knöp.
knoppen (fast obs.) knospen. — Nd. (Br.
W b.) knobben. Zu knop.
knösen, s. gnösen.
knost ; /. q. knüst, bz. knast.
20 knöt, s. knütte.
knötel, grob, stolz, störrisch, ividcrspen-
stig etc. — Im nid. ist knoet ein grober
Kerl, plumper roher Geselle etc. u. .somit
wohl dasselbe ivie nhd. Knote od. Kno-
25 ten in der fig. Bedtg., wie ja auch nhd.
knotig eine ähnliche fig., bz. dieselbe Be-
dtg. wie nid. knoetig (grob, bäurisch, roh,
plump etc.) hat, wonach denn auch knotel
(nid. kneutel, knotel) ivohl mit Knote, bz.
30 uüserm knütte u. knütte conncx sein wird.
1. knoter, geil, üppig etc.; vom viännl.
Geschlecht. Wahrsclieinl. mit knötel des-
selben Ursprungs u. urspr. wohl = roh, un-
zart, obscön etc. cf. weiter:
35 2. knöter, kleiner Knirps, kleines dickes
Kind, bz. ein kleines dickes knotiges Etwas ;
— 'n lütjen knöter; — 'n dikken knoter
fan 'n jung. — Wohl auch desselben Ur-
sprungs ivie knötel etc. Vergl. indessen
iO auch nid. (v.Dale) knoetel, knoedel =
nhd. Knödel, was übrigens auch wieder
mit unserm knudel, knudeln, knüdje etc. so-
ivohl, als mit knütte, knütte, bz. nhd. Kno-
ten etc. zusammenhängt, wie ja auch mfläm.
45 knoet die Bedtg. „Kloss", bz. unsers klute hat.
knOtern, stossweise od. in Absätzen einen
Schall hören lassen od. hören machen, sei
es dass dieses sprccliend od. singend, bz. in
heiteren u. lustigen, od. in mürrischen u.
50 verdriesslichen Tönen geschieht, daher: a)
stockend sprechen, im Sprechen anstossen,
stottern etc. ; — b) schmetternd singen (von
Vögeln); — c) mürrisch u.verdriesslieh Je-
mand unfcüiren, murren etc. — Nid. kneu-
55 teren, kuoteren etc. — Mit gnattern, knat-
tern , od. knätern etc. u. gnittern , knit-
tern, — gnattern, knuttern eines Ur-
sptrungs.
kiiötte, Knote, Samenknote, Samenkopf
60 od. Samenknopf ; — de knötten fan 't flas.
KNOETTEN
314
KNÜFE
— Compos. : flas-, Itn-knütten. — Nd. knutte;
)üd. kiiot ; s. Weiteres unter knütte.
kliötteii, die Samcukiiotcn od. Sa)iici>kö}>fe
alistrcifen od. ahriijifen etc. ; — 't tias kau
bulil kiiütd wonk'ii. — j\7(/. knotteii.
knötteri^, s. knütterig.
knöve, s. knufe.
kniibbo , Knorren, dickes tinfürmlichcs
Stück, Knoten, Höcker, Beule etc. ; — 'ii
godon knublu- holt od. Itiöd etc. ; — dar
Sitten all' sükke (solcJic) kimbl)eu (Knorren,
unförmliche , dicke Auswüchse etc.) iip; —
kmihlieii (Knorren od. Aesie etc., cf. knast,
kiuirri' etc.) an de bünieii, bz. in 't holt; —
kimblten (od. kimbbols) uj) de liiid; — 'n
kniibbe tan 'n kerel (ein dicker, unförmli-
cher, hz. grober, plumper roher Kerl). —
Nd. knobbe, kniibbe; nid. knobbe ; mnld.,
mnd. knobbe, kniibbe (Knorren, Erhöhung,
Höcker, Beule etc.); acngl. cnobbc; engl.
knob (Knopf, Knorren, Knoten, Ast im
Hohe etc.); schwed. , norm, knuhb; dün.
kniib etc., (/. Weiteres unter Knobbe,
Knubbe in Grimm, \Vb. — Es ist das-
selbe u'ie knop m. knüppe etc. u. geht wie
diese auf eine gcrm. Grdform knupa zurück.
knHbl)e-;2:arsio, eine Art Sommergerste,
deren Aehren in der Beife die Grannen
verlieren u. viel dicker u. kürzer (bz. kol-
biger etc.) sind als bei der gewöhnlichen
Gerste, ivas auch mit davon herrührt, dass
die einzelnen Körner viel dicker, runder u.
schwerer sind eds die von der sonstigen
Sommer- u. Winter- Gerste.
kniibbel (von knubbe). — hc hed dar
sükke (solche) knubbels (od. bülen, biilten)
Sitten ; — knubbels (Knöchel) up de band ;
— de böm sitt t'ul fan knubbels (Knorren,
knotigen Auswüchsen etc.); — de stok hed
so fT)l knubl)els. — ^Y/(/. knobbel (dasselbe);
amhd. chiiubil; ndid. kiiübel; md. knubel;
mnd., mnld. knovel (Knöchel) etc.; s. M^ei-
teres unter Kn öbel und Knübel in
Grimm, Wb.
kniibboli^, kiiubbol^. knorrig, höckerig
etc., bz. mit knubbeii od. knui)bels behaftet,
voll von Knoten, Höckern, Beulen, knorri-
gen Auswüchsen etc.; — knubbclige ban-
den; — 'n knubbeligen böm; — 'u knub-
belg (knorriges, ästiges etc.) stük holt.
kniichei], linsten, hüsteln, hustend an-
stossen od. stossweise u. mit Athembesr.hwerde
husten; — lie kuüclit de hole dag an. —
Auch subst. : dat kniichen hold bi hum hei
n«'t up; de am geid luun d'r hast bi iit; —
davon: gcknüche (Gehuste, Gehüslcl etc.);
— dat is je 'n old geknüche mit dl. — Wohl
mit nhd. knncken (cf. nd. knuk ?<. knuk-
ken im Br. Wb., II, 830) zu knikken u.
knakken als Schalhvort. cf. auch küchen.
knudel od. kufulel, Knäuel, Klumpen,
verworrener dichtgedrängter Haufen etc. ; —
he (od. de hund etc.) sniitt sfik dar in 'n
knudel hcn ; — dat göd ligt in 'n knudel
5 (Knäuel, Klumpen, Bündel etc.) tosamen ;
— se stän all' in en knudel bi 'n ander;
— I'Js ist formell u. begrifjlich ivohl eins
mit nhd. Knödel, bz. nid. knoedel, knoe-
tcl ; jläm. knoedel , knoddel , knuddel etc.,
10 dessen verschiedoie Bedtgn. (cf. Grimm,
Wb. unter Knödel) sich sämmtlich von
ahd. knodo (s. unter knütte u. knö/te) her-
leiten. Vergleicht man fibrigens gnüd etc.,
soioie gnüdjc, knüdje, bz. knudeln, knüdjeu
15 etc., so kann auch (s. knudel) ein directer
Zusammenhang mit gniden, kntdeln u. knä-
den angenommen werden.
kniideii;::;, knudel^', kiifidlig, kiiiwijeri^,
kliudJiU'^, unordentlich, zerknittert, fallig,
20 kraus etc. ; — du must mi dat güd uet so
knudelg tosamen pakken od. loggen, bz. not
so kinuielg maUcn ; — ■ dat is so kuüdjerig
tosanieiipakd, dat 't all' krüs uii t'ul fohlen is.
knudeln od. knüdeln, einen knudel od.
25 Knäuel von Etwas machen. Etwas unor-
dentlich u. ohne Bücksicht darauf, ob es
kraus wird, zusammenpacken od. zusammcn-
u. ineinanderdrücken etc., bz. id>erhaupt
(freq.) drücken etc. ; — he knudeld dat god
30 (Zeug, WäscJie etc.) all' in 'n ander; —
du must dat göd uet so knudeln, den mäkst
du mi 't air krüs ; — se knudeld (drückt
wiederholt etc.) dat kind tTils to l'öl. — j\7(/.
knuidelen, knocdelcn. cf. knideln u. knudjen.
35 knfidje; i. q. knudel; — dat sitt in "n
knüdje (Knäuel, KUDupen etc.) tosamen; —
he sitt in "n knüdje (ganz zusammengeduckt
od. zusammengekauert, bz. so, dass er fast
einen runden Klumpen bildet) up de stöl.
40 knüdjen, fjnfidjen, drücken, kneten, pres-
sen etc. mit der Nebe)d)dtg., dass dadurch
eine wirre krause Masse (od. Haufe, Klum-
pen) entsteht, bz. dass es in unordenllicher
Weise geschieht ; — he knüdjcd dat man
45 all' so in 'n ander un d<>r 'n ander ; — hö
knüdjed (od. gremd, knöid etc.) d'r wat mit
herum; — du must dat göd (Zeug, Wäsche
etc.) net so knüdjeu un krüs makcn. cf.
knudel etc.
50 knmlli^ etc., .s. knudelig.
kniif, Knuff, d. i. Stoss, Schlag etc., na-
menüicli. mit der gebeulten Jland od. der
Faust; — he gaf hum 'n knuf (od. knup,
kiuips, gnup etc., cf. gnubbe etc.), dat lie
55 afer de ko|) flog. — Nid. Knuf etc.; s. Wei-
teres unter knuffen u. giuip etc.
knufe od. kuüfe, kniife, knöfe, unförm-
liches dickes Stück, J lumpen, Klumpm,
Knorren, Kloben, Klotz etc.; — 'n knüf
60 bröd, od. holt etc.; — de jung' krigtjo alle
KNUFEN
315
KNÜLLE KNUL
morgen 'n piir knüfcn brod in de miclicl,
dat man hast net begript, wo he 't fcrkiiu-
scn kan. — Es loircl wie kniif in kniiflök
aus khife (cf. 2 klufe) versetzt sein, loic
auch (las folgende:
kmif«n od. knilfeii; i. q. kh'ifeu; — he
hed d'r wat mit to knnfen, dat he 't kört
krigt; — he knuft d'r 'n stük of. — Nid.
knuiven (rodere etc ).
knall'elii, kiiüffeln (Iterat. von knnffen) ;
— he knuffekl hum dügtig wat dor. — Nid.
knuffelen, knoffeleu.
knuffels, Knüffe, Püffe, Fanststösse etc.;
— he hed ördendlik knuflfels had.
kniifl'eil, stossen, schlagen, drücken, kne-
ten, bz. imff'en, mit der Faust od. den Knö-
cheln bearbeiten u. durchiveichen etc.; —
he knulfde hum so, dat hum de am d'r hast
fan iitgung. — Nd. (Schütze etc.) knuf-
fen; engl, knuble etc., cf. Weiteres unter
knuffen in Grimm, Wb. u. dazu nd. (Br.
Wb.) knuffen, gnuffen ; nid. knuffen (grun-
zen), soivie tveiter unser gnubbe etc. u. knup,
kuups = knuf, bz. unser gnubben, gnuft'en,
nubben etc.
knutfiiE;, s. gnuffig.
knüf-lök, Knoblauch. Nd. knuflök, knuf-
läk, knofläk; mnd. knuflök, knuftlök; nid.
knoflook, knooplook, knoplook ; mnld., mfläm.
knoeflook , knooplook ; mhd. knobelouch,
chnovelouch etc., was (cf. kuäpel aus kUl-
pel, — nhd. Knäuel aus Kläuel etc.) aus
ahd. klobelouh, klohilouch, chlobilouh, chlo-
valouhc, chlovolouc, clofohxuh, chlofolauh ;
mhd. chlobelouch; mnd. kluflök entstand,
dessoi erste Sylbe klobe etc. ebenso loie ahd.
chlobo (Kloben, s. hinter klöfe) ii. khift zu
klioban (spalten etc., cf. klöfen) gehört u.
urspr. entweder ein dickes Etivas , einen
Klumpen, od. einen Kloss, eine Knolle (cf.
kUite, knülle) etc. od. ivahrscheinlicher noch
ein g e Spalt en es od. sich sp alt cndes
M. th eilend es Etwas bezeichnet, iveil der
Knoblauch ebenso ivie die Lilien einen in sog.
Zehen ges palten en Wurzelknollen hat.
knul, s. knülle.
knül, betrunken, besoff'en etc. ; — de ke-
rel was gans kniil (vollständig voll, vollstän-
dig betrunken) , od. (wie loir auch sagen)
gans dik nn düii, — gans knüppeldik. —
Nd. (S chamb ach, Dann eil etc.) knül.
Davon knüllen in : sük beknüllen (sich voll
saufen, sich betrinken), tvofür wir auch sa-
gen: sük bekuüppeln u. wonach dann auch
knül in der Bedtg.: dick, voll etc. u. be-
kuüllen von knülle, knul entlehnt sein wird.
Vergleicht man iihrigens bei KU. mnld.
knol (ebrius cerevisia) , knol, kuolle (genus
cerevisiae), knollen (ingurgitare se potu, cu-
mulate et confertim ingerere cerevisiam), so
kann man knül mit mnld. knol auch von
knüllen (in beknüllen) = mnld. knollen ab-
leiten u. dieses so deuten, dass es urspr. so
viel hiess, cds sich zu einem Knollen ma-
5 chen, bz. sich dick u. voll saufen wie eine
Knolle etc. Zu knüllen (saufen etc.); cf.
auch knüppeln.
knülle, knul, Knolle; — a) Klumpen,
Humpen, Knorren, Höcker, rundliche Ver-
10 dickung od. rundlicher unförmlicher Aus-
ivuchs etc. ; — 'n knul bröd (ein dickes un-
förmliches Stück, od. ein Klum})en, Knor-
ren Brod); — dar sitten all' sükkc (sülke,
solche) knüllen (Auswüchse, Höcker etc.) an
15 de kartuffels, dat se sük hol net göd schu-
len laten; — b) rundlicher Auswuchs an den
Wurzeln verschiedener Fßa7izen (under de rö-
fen un de kartuffels sitten fan 't jar gode knül-
len under ; — Compos. knulleugewas) u. na-
20 mentlich speciell: die tvcisse od. gelbe Rübe,
die namentlich als Futtcrgeioächs für Mensch
u. Vieh vielfach gebaut loird ; — daher
Sprichio. : de knüllen eidt (egget), mut net
umkiken; — de knülle is de moder fan de
25 mesfolt un de mesfolt is de fader fan de
hele bürdere ; — c) fig. ein dicker, klobiger,
klotziger, ungeschlachter u. roher Mensch;
— 'n knul fan 'n kerel ; — 't is so 'n reg-
ten knul. — Nd. knülle, knüll (Knorren
30 im Holz ; dickes unförmliches Stück Brod ;
grosse Beule od. harte Geschwulst am Leibe ;
fig. grober unschicklicher Kerl) ; nid. knol ;
mnld. knolle (glomus, globus; rapa) ; ags.
cnol od. cnoll (coUis, cacumen, Hügel, Gip-
35 fei, Anhöhe, Spitze) ; aengl. cnol (collis) ;
engl, knol (kleiner Hügel; Spitze eines Hü-
gels; eine grosse Rübenart); norw. knoll «.
"knolte, knolt (Gipfel, Spitze, Berggipfel,
Kulm) ; dün. knold (dasselbe u. auch : Knolle,
40 Wurzelknolle) ; schwed. knöl (Knollen, Knor-
ren, rundliche Hervorragung , Knöchel,
Höcker, Puckel u. dialect. auch: Berggipfel,
Bergspitze etc.) ; mhd. knolle (Klumpen, Erd-
klumpen, Erdscholle; fig. grober, plumper
45 Mensch etc.). — Das Wort: ags. cnol, od.
cnoll, bz. unser knülle etc. gehört mit knül-
len, knüllen zu knellen, bz. dem alten knil-
lao, knal, knul, knulun (s. unter knellen,
knallen, knillen), wobei man wegen der ver-
50 schiedenen Bedtgn. von knolle (s. dieserhalb
in Grimm, Wb., unter Knolle) ebensowe-
nig ioie bei nhd. Scholle von schellen od.
klippe von klippen etc. u. Iclattc vom Schall-
stamm klat (cf. auch klak etc.) daran den-
55 ken muss, dass diese verschiedenen Bedtgn.
von knolle od. cnol auf die Grdbdtg.: Schall
od. Geräusch (wie z. B. engl, knoll [läuten ;
wie Geläute klingen] u. das bereits unter
knellen erwähnte engl, knell , aengl. cnul ;
60 ags. cnyll etc.), bz. crepitus etc. zurückge-
KNÜLLEN KNÜELLEN
316
KNÜEPPEN
hen, sondern vielmehr (wie hei klute, knubbe,
knnp, knop, kuast, kniist, kniireetc.) darauf
beruhen , dass das Stamiiivhi». knillau aus
crepitaie etc., bz. der Stamm, knil, knal,
kniil aus cre|)itu-; etc. die Bedtg. : reisse»,
sjjalten, brechen, bersten etc., &^. die von :
Bruch, Eiss, liitce, Sjtalte etc. od. die von:
Bruehstiiek, Brocken, Klumpen etc., od. die
von: abfferi.ssener u. einzeln stellender Fels
(u. so auch: ein einzeln hervorragendes u.
für sich allein stehende.^ J'Jtir((s, eine Siiitze,
od. ein Grat etc., s. unter klak, klaj), klippe,
klatte etc.) entwickelten, ganz wie dies auch
bei klute, kliimpo, klos, knast, kiuire etc.
der l'hll ist, ivo auch die Bedtg. : brechen,
reissen, bersten, si)alten etc. aus der urs])r.
von crepitus od. crepitare Jiervorging u. man
beim Vergleich von kiiik (Biegung, Krüm-
mung) ». knikkcn (brechen, biegen etc.) auch
noch annehmen kann, dass die Bedtg.: Buckel
od. Höcker, Hügel etc. sich aus der von:
breche n in der Bedtg. : biege n, k r ü m-
men u. nicht in der von: reissen, sj) al-
ten hervorging, tvie dies ja auch mit lat.
cacumcn etc. u. unser m liög, honte, Iiuke etc.
(cf. Fick, 1,36 u. III, 76 seq.) ivahrschein-
lich der Fall i.st. Dass übrigens kuollo,
kmille od. kiiille auch im Deutschen in der
Bedtg.: ciilinen, collis, vortcx vorkam u.
schon alt ist, geht aus dem von W. Ar-
nold (j>ag. 311) augefithrtcn Ortsnamen:
KiiilltVld, Kiiillwich^i'ii, ilkcskmil, Kiiülclieii,
Kiiiill, Waldkiiiill etc. hervor. — Dass nach
dem ivechselnden Anlaute gii, hn, kii ««. u
(s. tinter 1 u. 2 kiiik, knikken, kiiap, knap-
pen, kiii])en etc.) übrigens auch das ags.. ahd.
liiiol, nol, nollo (Sj)ilze, Gipfel, Scheitel, Hü-
gel), soicie das ghnchhedentende huel, ne), iiclla
schwerlich vunAiwoWa zu trennen u. mit die-
sem desselben Ursjirungs sind, ist ivohl
ebenso sicher, als der Zusammenhang von
norw., schwed. irnella, iiolla (kreischen, knir-
schen etc.), giiell, giioll etc. mit knellcn in
der Bedtg. : Schall od. Ton, Geräusch etc.
machen etc.
1. kiiulloii, knüllen . laut reden od.
schwatzen, prahlen, aufschneiden, flunkern
etc. ; — he Kinilld iiil wat for; — de kerel hed
dar siiteii to knulK-ii für tfewald. Didier
ferknuUen statt forkiiulleii (vorjlunkern, vor-
lügen) , was dort fälschlich mit ferkuulleu
(zerknüllen) als gleich aufgeführt ist. —
Die Grdbdtg. ist: schallen, bz. lärmen,
schreien etc. u. gehört es mit dem folgenden
kiiiillen ZK kiielleii.
2. knüllen, knüllen, knüllen, knillen, knit-
tern, in Falten od. kraus drücken, bz. über-
haupt drücken etc.; — he kiüilld dat all'
man so tosamen; — warum tokniillst (zer-
drückst, zerknitterst etc.) du ml dat so V —
Daher ferknulleu , ferkuüllen (zerdrücken
etc.). — Xd. knüllen, knüllen etc., «. Wei-
teres in Grimm (Wb.) unter knüllen.
3Ian kann es wie bei knittern direct
5 von knellcn in der Bedtg. : Geräusch ma-
chen etc., od. auch in der von: drücken,
s 1 0 s s e )i etc. ableiten, wo die Bedtg. : tun-
dere i)idessen wie bei mJid. knüllen (stossen,
sehlagen etc.) auch wieder aus der von G e-
10 rausch machen etc. hervorging.
knüllen, in heknüllen (lietrinken, besau-
fen), s. unter knül.
knnnsoln ; /. 7. Uiuiseln.
knni», knnps: /. 7. knuf, gnup, ^-~. gnubbe.
15 knü|i|)e. knüp, Knoten; — 'n knüp in de
dOk; — Sprichw. : 'n knüp für de dräd is
'n goden räd, od. auch: 'n knüp für de dräd,
is Ülenspegels räd; — Fs ist dasselbe Wort
wie knop, bz. knoppe, knuppe, knubbe (s.
20 unter knop u. knubbe), wird indessen aus-
schliesslicJi,, wie auch knütte, nur in der
Bedtg.: uodus, bz. eines geknüpften od.
g e s e h l u n g e n e n. K n oten s gebraucht.
knüppel, a) Knüppel, Knüttel, Prügel,
25 Kloben, Knorren etc.; auch. ßg. von einem
dicken, starken (reschöpf od. Menschen; —
Bedensart: de knüjipel ligt bi de huud, od.
de kiiüppel is an de hnnd bunden; — ■ 'n
eken knü2)|)cl (ein eichener Knüttel od.
30 Stock); — 'n knüi)pel (ScJieit, Kloben) holt;
— 'n knü|tpel (Knorren, dickes starkes Kt-
was) fan 'n böni ; — 'n knüppel fan '11 perd
od. kerel, junge, kind; — b) Ortscheit am
sog. silt, looran die Stränge der Pferde bc-
35 festigt (od. geknüpft) werden; — de stren-
gen an de knüppeis släu; — c) Klöppel zum
Klöppeln (knüppeln) von Spitzen od. geklöp-
jiclten S(h)iüren etc. — Nd. knüppel; vuid.
knui)ptl ; nid. knüppel. — Fs ist wahr-
10 scheint, in allen Bedtgn. (wie kniipel ans
kläi)el etc.) aus klup])el, bz. kloppel (.s. un-
ter 1 kloppor) entstanden, doch kann es zum
Tlu'il auch mit knüllen od. knoj), knubbu,
knubbel u. namentlich in der Bedtg. subh auch
45 mit kniipiH' od. knüpj)en zusammenliängen.
kniip|>el-(lik, kniippel-dün, vollständig od.
schwer betnuikcn.
knii|>iiol-k(iko, knüppelkök , ein fester,
fetter, sriurerer Kuchoi, der aus kleineren
50 harten u. dichten Klassen zusammengesetzt ist.
knüppeln, a) klöppeln ; — b) mit einem
Knüpjiel od. Knüttel schlagen; — he knüp-
])eld luun dügtig dör; ■ — c) unmässig trin-
ken od. saufen; daher : sük beknüppeln {sicli,
55 besaufen).
knappen (nicht so gebräuchlich wie kniit-
len), knüpfen, uectere; — anknüppen, t'ast-
kuüppen etc. — Nd., vrnd. knappen ; ahd.
chnuplijan, clinui)han , kniitVen , knüpfen,
GO chnupfen; awi/u/. chuuppheu ; *«/;(/. knüpfen.
KNUPPERN
317
KNUETTERIG
knuppern, hiuppcm , hmspcrn etc. —
Ahlautform von knappem.
kuure od. knfire, knfir, Knorren etc.;
cf. gniir«! «. knarre. — Nd. knurre ; nid.
knorre ; mhd. knurre, kuorre ; cnril. kuur,
knor etc. Im Wunij. Jieisst die Hüfte (cf.
Ehrentrant, I, 376) kuur, ivährend das
engl, knur, knor auch ehien Knirps od.
Zioerg (wie unser knurt) bedeutet.
knnren od. knüren, s. gnürcn.
knur-hän, Knurrhahn (Trigla liirundo).
So benannt, loeil dieser Fisch loie edle See-
hähnc einen kmirr enden od. grunzenden Laut
von sich giebt, ivenn, er aus dem Wasser
genommen ioird.
knurt, ein kurzes dickes gedrmigenes, bz.
nicht ausgewachsenes u. verkrüppeltes Et-
was, Knirps, Zwerg etc. ; — 'n knurt fan
'n boni od. der, kerel, junge etc. — Engl.
knor, knur.
knurtje (Dimin. von knure u. knurt) ; —
'n knurtje (kleiner Knorren od. kleiner Hum-
pen etc.) brod ; — 'n knurtje fan 'u kind etc.
knuseln ; i. q. kniidjeu, kuudela etc. «.
ist Iterat. von knusen.
knusen od. knüsou, s. gnüsen.
knust, s. kaast etc.; — 'n knüst hrüd
od. holt etc.; — 'n knüst fau 'n böm od.
kerel etc. — Sprichio. : de to 'n knüst (har-
ter, schtver zu beissender unverdaulicher,
Klumpen od. Knorren etc.) bakken is, word
sin läfen giu brod.
knustig, knorrig, knotig, plump, grob,
dick, schwer, fest, hart etc. ; — 'n knüstigen
böm od. kerel; — 'n knüstig stük holt; —
dat is IUI to knüslig (zu knorrig, knotig,
klobig, grob etc. , od. zu fest, hart, unver-
daulich etc.); — 'n knüstig stük wark od.
arbeid (ein hartes, schioeres, saures Stück
Werk od. Arbeit).
knütje ; ^. q. knüdje etc.
kniitje, kleiner Knoten etc.
knutje, s. karnütje.
kniit-sädel (Knotzettel), susammcngckno-
tetes od. in Form eines Knotens zusammen-
gefaltetes Billet.
kniitsel, Knoten, Verschlingung.
knütte, knüt, Knote, Knoten (nodus, no-
xus), speciell ein geknüpfter od. geschlun-
gener Knoten, eine Verschlingung od. ein
in einander ge- u. verschlungenes, schwer
zu entwirrendes u. zu lösendes Etivas ; —
du must d'r 'n knüt in slän ; — d'r hed
sük 'n knüt in 't gären (od. tau etc.) slän ;
— 't sitt all' in d' knütte (es sitzt alles in-
od. durcheinander geknotet u. verschlun-
gen u. ist gar nicht zu entwirren) ; — dat
gären sitt so in d' knüt (so in- u. durch-
einander verschlungen u. verivickelt, bz. so
in Verwirrung, Verwicklung etc.) , dat 't
hast hei net wer üt 'n ander to krigen is ;
— du must uppassen, dat de budel (die
Sache, die Geschichte etc.) net iu de knütte
(nicJit in Verwicklung od. Verwirrung) kumd.
5 — Nd. knütte, knütte; mnd. knütte (Kno-
ten, Flachsknoten od. Flachsknopif ; erste
Anlage zum Stricken, cf. Dähnert u. s.
unter knütten) ; nid. kiiot, knut (Flachskno-
ten, cf. knötte ; Bündel, Büschel) u. knod
10 (Knote, Knauf, Knopf, Höcker = knop u.
kniibbel) ; ninld. knod (Knöchel, condylus),
knodde (nodus, nexus u. auch dasselbe wie
imser knubbel) u. knütte (nodus), kuuttel
(tuber, tuberculum, i)anus ; fustis) ; wang.
15 knot (Knoten); ags. cnot (Knoten), cnotta
(Knoten; Gebinde, Kranz); aengl. cnotte
od. knotle ; engl, knot (Knoten; Knorren;
Auge, Knospe; Knopf); an. knütr; ist.
knütr, huütr; norw. kuiit (in verschiedetien
20 Bcdtgn., cf. Iv. Aasen) ; schioed. knut ; dän.
knud ■ ; ahd. chnodo, kinotho, kiuoto ; mlid.
knode, knod, knote (Knoten, durch feste
Verschlingung entstandener Knopjf an einem
Faden, Strick n. dergl. ; harter Auswuchs
25 an Pfla)izen ; Flachsknoten ; Auge an Bäu-
men; Knöchel; lorum, Riemen, verschlun-
gener Lederstreifen ; verschlungener Zeug-
streifen). — Es loird von Fick (III, 49,
bz. I, 561) mit lat. nodus für guodus; skr.
30 gauda (Knoten, Knolle, Knäuel) aus einer
zu gan gehörenden Stammform gandha ab-
geleitet, loährend er an., isl. hnütr (s. oben)
u. hnüta (Gelenk, Knöchel) mit griech. kon-
dos (Würfelknochen), kondülos (Knochen-
35 gelenk am Finger, Knöchel), lat. condylus
(s. oben knod etc.) mit skr. kanda (Knolle,
Zwiebel, Gelenkkoten) von der ]/ kad, skad,
kand, skand (bcissen, bz. spalten od. bre-
chen etc., cf. I, 38 u. 805 u. s. unter knäden)
40 ableitet. Dass aber unser knütte etc. (cf.
knop , knarre , knast etc.) besser zu den
Schallstämmen knit, knat, knut in der Be-
dtg. : crepitus u. in der von : Spalt, Bruch
etc., bz. zu einem. Verb, knitan, knit, knat,
45 knut, knutum (crepitare etc. , cf. knittern,
knattern, bz. guittern, gnattern, gnuttern)
stimmt u. aus einer Schallwurzel skad so-
icohl die Anlaute „g", als „k" u. „h" etc.
hervorgehen können (Fick stellt z. B. I,
50 60,9 auch griech. knephas u. knöphos zu 4
skap) ist auch unter knap u. knappen etc.
zu ersehen.
kniittol-dök, Knüpftuch, Tuch was man
u)n den Hals etc. knüpft, bz. ivorin man
55 Etwas beknüpft. — Wang. knotteldauk.
knütten, knoten, knüpfen, stricken (z. B.
Netze etc.).
knütterig, knötterig, knütterg, voller
Knoten, Auswüchse, Höcker etc. Zu knütte,
60 knötte.
KNUTTERIG IvNUTTERG 318 KOGGE KOG
knntterig, knutterg, s. gnutterig etc. ags. doppa (mergus, tr. Taucher) von deö-
knutterii, s. gnuttern. pan vergleicht, so loürde coppa zu ceöpan
kniive, A". kiiufe. zu stellen sein. Da nun aber die kobbeu
kö (Flur. kOjen), Knh. — Sprichw. : be- wie alle Möven gierige Fresser u. Vcr-
drög (Uli kö Uli se bodrügt dt wer; — wcidt 5 schlinger sind (ef. auch engl. guU [Möve]
'i\ kü up Stoppel of bi'iile, so ferU'sd jl de n. unser 2 gul = l^abliaa etc.), so würde
melk Uli messe alle beide; — de kö mut dür coppa, hz. kobbe vielleicht einen Nehmen-
de bek niulken worden; — de kö ett mit od. Greifer etc. fr/, accipiter ro» accipio)
fif nniiulen ; — he hed uöt so fßl beniil as bezeichnen, eine Deutung, die Woeste (cf.
'n kö; — de kö sett de tafel to; — de kö 10 Zeitschr. für deutsche Philologie von Hijpf-
hör tit, de geid d'r mit; — de kö is shin- ncr, III, ■^56 seq.) auch für ags. coppa
ker as de katte; — borgen is göil, man en- anninnnt.
dt'lk wil de bür de kö betäld hebben ; — kö-h^st, ein Kuh-Rind od. tveibliches Rind,
net trder fan de kö, as 't kalf d'r is ; — cf. böst = Rind.
d'r het gtn kö blär, oi' se lied ök 'n wit 15 kodscil, s. kotscn (vomere).
liär; — de köjen in 'n pläts fan ossen für kolfe, kütje, Kaffee. — f'^pricliw. : de iiii
de i)lög (od. wagen) spaud, mag sin perde bejägen wil up 't beste, de gilf mi fan de
melken; — de de kö slagt, geid de melk kofje 't örste un fan de te 't leste. — Das
kwit; — de de kö liörd, lät se bi de ho- Wort Kaffee stammt aus dem arah. qah-
rens; — wat help 't, wen de kö 'u emnicr 20 vah, was auch einen aus Beeren gekochten
ful melk gift un smit hum wer um; — mit Trank bezeichnet.
ferlöf steld man dv bür de kö; — he is so kofjoi-dik, der dicke u. trübe Kaffee-Bo-
ful kumpelmenten, as de ko ful muskateu ; densatz. — Daher die ironische Redensart :
— fruger het 't „pleif nig um "n kö , gif dat is so klär as kotjedik.
lefer eu to", mau nu het 't „pleit not um 25 kö-füt, Kuhfuss. Speciell: eine unten mit
'n kö, gif lefer twe to" ; — de hed gen kö- einem gespaltenen Kuss, od. einer Klaue
Jen, hed ök giu mojen (Mühen) ; — he is versehene Brechstange = nhd. Gcissfuss.
so försigtig as de köster sin kö, de gung 1. kögel ? — ^Vie im Hochd. die Re-
dre dage für de ragen na hiis un kreg dog densart mit Kind ti. Kegel soviel he-
de Stert nat; — he stürd d'r up lös, as de 30 deutet, als: mit Allem u. Jeglichem,
kö uj) 't ferkerde kalf; — d'r is gin frö so od. mit dem ganzen Haushalt u.Be-
rik, of se geid mit de. kö glik ; — he nimd sitz, so gebrauchen wir dafür die Redens-
sük 'n kö mit 'n kalf d'r to; — de grotte art: mit kap un kögel.
deid uöt, süust kwem de kö den hasen für; 2. kSgcl, a) eine hohe Frauen-Mütze ; —
— Rüthsel: tweben sitt up drehen under 35 b) eine hutähidichc Papierlaternc (cf. kip-
ferben. — Nd. koh, bz. ko; mnd. ko, ku, kap-kögel), welche die Kinder zum St. Mar-
koe; nlcl. koe ; afries., ivang., satl. kii; tinsfeste tragen. — Fs ist dasselbe Wort
lefries. kuw ; helg. kü; nfries. kü, kii; as. loie nd. (Br. Wb. etc.) kagel ; mnd. kogel,
kö, kü; ags. cü ; acngl. kü ; engl, cow ; an. koggel, kagel; nid. kogel; ahd. cuculä, cu-
kyr; norw. ku, kyr; schwed., dein, ko ; aiid. 40 gulä, cugelä; mhd. kugele, kugel, gugele,
chuo, chua, chö; amhd. ehuo ; mhd. kuo. gugel, kogel (Kaputze, Kappe über den
Mit skr. gö; zend. gäo; hzv. gö ; 2^(^^^-i Kopf zu ziehen etc.) u. mit mlat. cuculla
npers. gäv; buchar. gäo etc. (Rind, Stier, aus lat. cucuUus (Kaputze, Kappe) ent-
Kuh) von der Schallwurzel gu (cf. Fick, standen.
I, 70) u. sonach nach dem Brummen od. 45 1. kogge, kog ; /. q. kobbe.
Bridlen, loie auch unser (danach jetzt al- 2. kogge, kog (obs.), altfriesisches See-
lerdings pleonastisch) bükö u. mükö , be- schiff von breiter u. plumper Bauart, vorne
nannt. Bei unserm bükö, bz. der Onoma- u. hinten rund n. stumpf zulaufend. Die
topöie bü denkt man aucli unwillkürlich an koggen waren sowohl Handels- als Kriegs-
griech. boüs u. /rtY. bos, bz. air. bö; cambr. 50 schiff'e u. werden sie in der fries. Geschichte
buch (Kuh), ivas doch schtvcrlich aus gö, zur Zeit der Kreuzzüge oft erwähnt, da die
bz. gau entstand. Friesen in diesen Schiffen die Fahrt nach
kobbe, se-kobI»e, Silbermöve, Härings- Palästina machten, ivie dies z. B. noch im
möve (Larus fiiscus). — Helg. kobb; nfries. Jahre 1:200 (cf. Klopp, ostfries. Gesch. T,
kub ; nid. kobbe, kob (dasselbe); engl, cob 55 130 seq.) der Fall war. Dieses afries., nid.
(Möve), seacob (Seemöve). — Nach engl. kog, kogge; mnld. , anld. kogghe; mnd.
cob = kop u. coi) (Spinne) = ags. coppa kogge; ahd. kocho ; mhil. kocke; an., isl.
in attorcoppa (araneae) , mnld. (KU.) koj) kuggi, kuggr; schwed. kogg ist mit franz.
in kopweblte (tela araneae) etc. steht auch coche ; afra)iz. coipie ; ital. cocca ; sjmh.
kobbe wohl für ursjjr. koppa u. wenn man 60 coca; ki/mr. cwch (cf. Diez, I, 131) aus
KO-HOEDER
rno
KOEL
dem lat. conclia hervorgegangen, was mit
dem gleichhcdeute)iden griech. kogclie u. skr.
^ariklia (Muachel) ivahrsclieiidich auf eine
Basis kak od. kak (greifen, fassen, umfas-
sen, -insichfasseii, um- u. cinscldiessen etc , 5
cf. liangeii, liago, hageii) zuriiclcgeht.
kö-llö(ler, Kuhhider, Kahhirte. SpricJuv. :
„ik legg' de denst dal," sil' de köhöder, as
he markde, dat se lium wegjagen wulJen.
koje, köi , ein Icleiner enger Brettervcr- 10
schlag od. abgezimmerter Baum, der nament-
lich auf Schiffen u. auch überhaupt als
Schlafstätte dient, dann aber ferner auch
wie ein Käfig od. Kasten etc. dazu gebraucht
wird, um Jemanden od. Ettvas darin ein- 15
zusperren u. wegzuschliessen ; — he ligd
nog in stn koi (in seiner Schlafstätte, bz. in
seinem Bett) ; — to koi gfiu (zu Bett gelten,
schlafen gehen) ; — he sitt iu de koi (er
sitzt im Kasten od. im Gefängniss etc.). — 20
Nd., mnd. koje; nid. kooi ; mnld. koje (ca-
vea, septum, cors od. chors, stabuluni, hara
etc.). — Es entstand wahrscheinlich aus äl-
terem kouwe od. kauwe u. ist dann eine
Nebenfm'm von, bz. urspr. dasselbe loie kau 25
od. kaue. Vergl. dieserhalb oje (Mutter-
schaf) von ahd. ouwi etc. (s. unter 2 ei) u.
nid. hooi von houwe (s. unter heu) etc.
koit, s. keut.
kok, Koch. — Sprichio. : 't sunt all' gm 30
koks (Köche), de lauge mesten (Messer)
drageu; — „God ferdübbel min traktenient
(Gehalt),"" sä' de kok, do wulde he sük fer-
flöken.
kök, s. gök. 35
kö-kalf, kö-kalf, kSikalf, Kuh-Kalb, iveib-
liches Kalb.
koke (Dimin. von kö), Kuhchen, kleine
Kuh.
koke, kok, Kuchen. — Compos.: ask-, 40
duf-, sak-, honuig-, syrops-, pan-, ölje-, räp-,
lin-kok etc. ; — kökbakker, kökdeg etc. —
Nd. koke ; nid. koek ; aengl. u. engl, cake ;
schott. caik ; an., isl. kaka ; norio. kake, koke ;
schwed. kake; dä7i. kage; vfries. (Outzcn) 45
kaag', kaak' ; wang. kauk ; ahd. kuocho,
chuocho ; mhd. kuoche. — Die xirspr. Be-
dtg. ist wohl : g eback enes Etto a s , od.
Backgegenstand, Back ding etc. u.
stammen die germ. Formen : koke , koek, 50
kuocho etc. aus dem vom., bz. mit cat. coca;
chw. cocca ; occit. coco ; jje'c. couque ; ital.
cucca (Kuchen od. Gebackenes) von lat. co-
quere (kochen, backen). Wie es sich in-
dessen mit dem aengl. cake u. isl., an. kaka 55
etc. verhält, bz. ob diese Formen aus einem
alten rom. coca od. coco entstanden u. ent-
lehnt sind, ist ziveifelhaft, ebenso loie es ja
auch zweifelhaft ist, ob nicht kochen od.
coquere (cf. 1 kaken) eher zu einer y kak 60
od. skak in der Grdbdtg. : sonare (od. brau-
sen, sausen etc.) gehört als zu einer y pak.
kökele, kökeln, s. gokele, gökein etc.
koken ; i. q. 1 kaken.
kilkeii, Küche.
kokje, köktjo, kleiner Kuchen.
kokinje (IHur. kokinjes), ein aus gekoch-
tem Zucker, od. gekochtem u. eingedicktem
Sgrup gefertigter kleiner Kuchen, loelcher
als Naschwerk für Kinder häufig auf Jahr-
märkten od. auch sonst ausgeboten wird.
Dieses Wort hängt zioeifellos mit koke
(Kuchen) zusammen u. kann möglicherioeise
ein Dimin. davon sein, sodass es aus ko-
ken-je (d. i. Kuchen-chen, cf. Diminidiv-
endung je) entstand.
koker; i. q. kakcr.
kok-ineid, Kochmagd, Köchin.
koksereii, kochen, mit dem Nebenbegriff
des leckerhaften u. häufigen.
kökske, Köchin.
koks-iiiät, Kochsmaat, Gehülfe eines
Schiff'skochs.
koi', s. kolde.
köl, Kohl, — Fig. : dummes Zeug etc. ;
— köl maken od. proten. cf. kölen. —
Sprrichio. : bäter 'n lüs in de köl, as gans
gen fet, — od. bäter 'n Strunk io de köl,
as gans gen wurst. — Nd., nid. kool ; ahd.,
mhd. chöl, köl etc. — Wort u. Sache von
den Körnern entnommen, wie die meisten Ge-
müse — u. Gemüse-Namen u. zioar aus lat. cau-
lis od. colis, ivelches urspr. loie griech. kaulos
blos den Strunk od. Stengel, Stiel, Schaft
etc. verschiedener Gewächse bezeichnete u.
nach Fi c k (II, 48) mit lit. kaulas (Knochen) ;
lett. kaulas (Knochen; Stengel) ident. ist.
G. (Jurtius (cf. pag. 156 sub Nr. 79)
glaubt, dass diese Wörter urspr. ein hoh-
les Etwas, bz. eine hohle Bohre bezeichne-
ten u. mit griech. koilos m. unser m hol auf
eine y ku (fassen, schwanger sein etc., cf.
Fick, I, 59 etc. die y ku, schivellen etc.)
zurückgehen , loobei indessen zu bemerken
ist, dass Fick unser hol mit helan (cf. 2
hälen) etc. von einer ti. derselben y ableitet.
kOl, kühl, kalt, frisch etc.; — k8l water
(kühles Wasser); — 'n kölen wind; — 'n
kölen drunk etc. — Nd. k8l u. (Scham-
bach) koil ; nid. koel (gespr. kül) ; ags. cöl,
cele (cyle) ; aengl. cöl ; engl, cool ; norw.
kjölen; ahd. chuoli, chuole; mlul. küele. —
Es setzt (cf. föl, fög, fögen etc.) ein urspr.
Verb. : kalan, kuol, köl (kalt sein u. iver-
den) voraus, loas nur im an. kala, köl (frie-
ren, kcdt sein, kalt werden. Kälte empiinden
u. leiden) belegt ist u. ivovon ausser kalt.
Kälte (cf. kold etc.) etc. auch norw. kale
(Kälte, Frost), kalen (erfroren etc.) etc. ab-
stammt. Fick (I, 73) führt an. kala mit
KOEL-BAKKE 320 KOLDE FÜEft
lat. gclüre ii. skr. jala (kalt, starr, stumpf) iu nd. kulbaars , »ind. kiilbars etc. , bs. in
unter derselben y gar a»/, loozu er auch nhd. Kaulbar seh u. Kaulqtiapp e das-
quellen u. Qual stellt. Vergleicht man selbe Wort ist, wie uDild. kul, mud. kule
nun aber unter kellen das entjl. cliill u. nid. (Ilode etc.) u. dass sich dieses Wort dann
killen, so ist es wohl :: weifellos, dass diese 5 (cf. '^ Kaule in Grimm, Wb. u. auch
mit an. kala m. lat. ireläre su derselben y mnd. 2 kule bei Hch. u. L.) ferner auch
gar gehören u. dass man für diese Wörter mit dem aus kugele (t/. kugol) contraliirtcn
vielleicht die Bedtg.: starr (hart, trocken, nid. knie vermischt hat, währoid dann wei-
steif, unbeweglich, still etc.) od. fodt wer- ter auch unser 1 ». 2 kiilo sowohl, als auch
den, bz. starr u. todt etc. machen zu 10 unser knie od. külo einerseits mit lat. coh's,
Grunde legen 7nuss, die nebst quäl e )) (mar- caulis u. andererseits »;/< colous zusammen-
tern, Scherz machen) u. quellen tvohl aus: hängen können, worüber Weiteres unter die-
brennen, dörren etc. hervorgehen konn- sen Wörtern (cf. auch kolswin) zu verglei-
ten, wie Ja hU. frigo «. frigeo wahrsclieitd. chcn ist.
derselben y entstammen u. die Wörter: 15 Was nun aber weiter den zweiten Theil
Bach, Born od. Brunnen mit backen des obigen kolbür etc. betrifft, so könnte es
n. brennen, bz. unser süil (Brunnen) mit von Hause aus ivohl mit 3 bure (Feuer,
sOden (sieden) zusammenhängt. Wie nun Brand, od. Gluth, Hitze) ident. sein, tvcnn
aber sengen aus singen in der Bedtg.: es nicht etwa mit buren = ahd. puren in
tönen, sausen, rauschen od. k n i- 20 der Bedtg.: heben, erheben, herausheben etc.
Stern hervorging, so kann auch die Bedtg.: connex ist.
brennen neben quellen u. fliessen, kohl (ßcct. kolder, kolltr; — koldste,
strömen etc. aus der urspr. Bedtg.: rau- kollste), kalt; — 'n kolden lüclit; — koUl
sehen, tönen etc. der y gar hervorge- water; — be bed kold blöd; — old un kold
gangen sein, ganz wie auch Ja ahd. clingo 25 etc. = Nd. kold, koohl, kool ; mnd. kold;
(Gebirgsbach, rauschender Bergstrom) von nid. kouil ; midd. kold, koud ; afries. kald ;
tlingan (klingen, rauschen, rieseln etc., cf. %ofries. (Japi.v) käd ; nfries. kuld, kould ;
1 klingen) stammt u. dann auch tmser 2 sali, köld; xoang. kol; helg. kül ; as. kald;
klingen (dörren, trocknen) wieder nicht von ags. ceald, cald ; aengl. cald, cbald; engl.
1 klingen zu trennen ist. 30 cold; an. kaldr; norw. kald; schwcd. kall ;
kol-bakke, Kühlbacke, Backe od. Behäl- dän. kold; goth. kalds; ahd. caU, kalt, ehalt;
ter zum Abkühlen von Flüssigkeiten. mhd. kalt. — Wie gelitl-us von geläre u. kold
köl-biu', Kohlbauer, Gemüsebauer. (gekühlt, abgekühlt) aus koled etc. von kölen,
kol-bür 0(1. kol-biire (obsc), sperma vir. so kald ((».skaled etc. rou kalan; s. nnter k^\.
ejac. — JJer erste Theil dieses Wortes hat 35 kold-lilödifj, kaltblütig.
entioeder die Bedtg. Ho de od. männli- koldblödi^'beid, Kaltblütigkeit.
ches Zeugtingsglied u. ist ident. mit 1. kohle, koUe, Kalte; — dat kolde
nhl, mnld., mud.kal, tvas sowohl (cf. KU. lat d'r erst oflopen ; — fan 't kolde in 't
u. auch Seh. u. L. unter kule sub 3) die hete etc.
Bedtg. tobticulus als penis hat u. diese volle 40 2. kolde, kolle, a) Kälte, Frost; — be bed
Form kule od. kule, kulle in der Bedtg. so lank in de kolde stau; — dat was fan 't
penis (od. coles, colis , nieutula, veretrum) winter 'n groten kolde ; — fan de kolde in
jedenfalls aus lat. coles od. cöles, cölis, cau- de bitte ; — he bed de kolde (od. kolle,
lis (dieses hatte nicht allein die Bedtg. Sten- koll') in de banden uu föteu ; — b) kcdte
gel, Schaft etc. [cf. kol], sondern auch die 45 Fieber, Wechsel ßeber ; — se bed d' kolde
von penis od. mentula u. ferner auch die (od. kolle, koll') under de laden; — se bed
von Kiel od. hohler Stengel einer Feder, wol al 'n jär lank^an d' koll' lüden un kau
Federkiel) entstand, ivährend kal od. kule se hei net wer kwit worden; - se bed de
in der Bedtg. Ho de od. \eaucn\ns zunächst anderdagse kolde od. anderdägskoll' (das
aus älterem franz. eouillon od. coil (rf. bei 50 um den zweiten Tag wiederkehrende Wech-
Kil. sein zweites kn], was er mit nid. klo.s, seljleber). — Sprichw. : inbilden is slininier,
klosken fcf. klos «. klot etc.] , bz. mit co- as de dardedägse kolde.
U'n<, h-isüa etc. übersetzt), bz. prov., franz. kolde braiid , kolle brand , koli-braiid,
coillon etc. entlehnt lourde u. mit ital. cog- kalte Brand od. Kalibrand ; — df K(dil)rand
liune etc. (cf.l)iez, I, Vl'J) aus lat. coleus 65 (gangraena) is d'r bi kamen un do was 't i'it
(Hode) hervorging. Wie nun aber unser mit hum ; — de kollbrand sitt in de wunde,
klüt soivohl die Bedtg.: Kugel als Hode, kohle feber, kolle l'eber, od. koll-febei',
bz. rundliches u. dickes Ftwas hat, kedte Fieber od. Kaltjieber.
so erklärt sich auch hieraus, dass mnd. ka\v kolde fi'ir, kolle lul', (nl. kollfur (kalte
(Kaidquappe) , bz. kül, kul u. nhd. Kaul GO Feuer od. Kaltfcuer) ; i. q. kolde brandete.
KOLDE FUST
321
KOLKE
kohle fast, kolle l'iist, od. kollfust (kalte
Faust od. Kaltfaust), s. das folgende:
kolde haiul, kollo liand, od. kollliaiid
(kalte Hand od. Kalthand). Speciell wird
hierunter, soioie auch unter kolde fust ein
eiserner, am Herde hängender Handgriff ver-
standen, mit loelcJtem man die heissen Töpfe
od. den Kessel vom Feuer hebt.
kolde kler (kalte Kleider), die äusseren
od. oberen Kleider im Gegensatz zu den di-
rect auf dem Leibe getragenen u. deshalb
stets warmen Unterkleidern. — Redensart:
dat kunul niT nich an mm kolde kler, das
kommt mir nicht an meine kalten Kleider
(u. viel iveniger noch an die warmen), bz.
das rührt od. berührt mich nicht im Ge-
ringsten, — das lässt mich ganz kalt etc.
kolden, kollen, a) kalten, kalttverden etc.;
— dat koldt all' mer of; — b) kälten; cf.
ferkolden.
kolde pisse, kolle pisse, koll-pisse ßalte
Pisse od. Kaltpisse), Entzündung der Harn-
röhre, Harnzwang (stranguria) , eine, das
Uriniren behindernde Krankheit.
kole, kOle, kSl, s. kalc.
kölen, kohlen (von köl in der Bedtg.:
dummes Zeug!), dummes Zeug maeheu od.
schwatzen, faseln etc. ; — lie köld ; — wat
kolst du dar nu wer toregt.
kolen, kühlen, kühl machen od. werden;
— dat niut kBld worden ; — he kfild sük
of ; — de wind kold (kühlt, stillt etc.) of etc.
kol-fat, Kühlfass.
kolfe, kolf, Kolbe; s. unter kalf u. kulp.
kolig, kühlig, kühl etc. ; — kölig wer (küh-
les Wetter); — 'n kÖlig fertrek (ein kühles
Zimmer) etc.
kolk (Flur, kolken) ein Loch od. eine
Vertiefung in der Erde, ivelches beim Durch-
bruch od. Biss eines Deiches durch das mit
Gewalt einströmende u. die Erde heraus-
wühlende Seewasser odsteht (loie z. B. 1825
bei der grossen Sturmßuth der über hundert
Fuss tiefe kolk bei dem Dorfe Larrelt, od.
der Larrelter kolk , loobei das Seewasser
Haus-grosse Stücke darg aus der Erde her-
ausspüUe u. iveithin über die Marschlande
hintrieb), od. auch ein Loch (Vertiefung,
Grube etc.), tooraus die Erde mittelst des
Spatens ausgegraben od. herau.sgewühlt loird.
— Nd., mnd. kolk, kulk; nid. kolk (Loch,
Herdloch, Grube, Tiefe, Schlund, Wirbel,
Strudel etc.); mnld. kolck (vertex, vorago,
gurges, eluvics) ; africs. kolk (Grube, Ver-
tiefung, Augenhöhle) ; wfries. kolcke ; ivang.
kolk; nfries. (cf. Outzen unter kii]) kolok
(Grube); dän. kulk (Gurgel, Schlund). Wie
nd. draai-kolk (Wasser wirbel, Schlund, Ab-
grund; Charybdis) eigentlich eine drehende
trichterförmige Vertiefung im Wasser ist,
J. ten üoorukaat Koolman. Wörterbuch. II.
toelche loie der Mahlstrom durch die %oir-
helndc Bewegung des strömenden sowohl, als
auch des in od. durch ein Loch hinurder-
laufenden Wassers entsteht, wobei man zu-
5 gleich ein gurgelndes u. schluckendes Ge-
räusch (wenn man in einen auf ein Fass
gesetzten grossen Trichter eine Flüssigkeit
giesst u. diese durch das Loch desselben in
das Fass hinunterläuft, so entsteht über dem
10 Loch in der Flüssigkeit eine wirbelnde Ver-
tiefung, wobei zugleich ein immer stärker
werdendes gurgelndes Ger auch hörbar wird)
vernimmt u. eben das lat. gurges u. gurgu-
lio, bz. nhd. Gur g cl nach diesem gurgeln-
15 den u. schluckenden Geräusch so benannt
ist, so ist es zioeifellos, dass das aus kolka,
kulka (d. i. urspr. kurka) gekürzte obige
kolk, kulk (vertex, vorago, gurges etc.) zu-
nächst mit ahd. querca u. querecliela; an.,
20 norw. kverk (Gurgel, Schlund, Kehle, Hals)
u. weiter mit lat. gurges u. gurgulio; gricch.
gergoros (Kehle, Schlund etc.), skr. gargara
(Schlund, Strudel, Wasserwirbel) von der-
selben y gar (sonare, mussare etc.) stammt,
25 die aus sonare etc. (cf. auch kluk, klukken
u. sink, sinke, sinken etc.) auch die Bedtg. :
schlucken, schlingen etc. enttvickelte u. aus
deren reduplicirter Form (od. deren Liten-
siv) gargar neben skr. gargara, griech. g6r-
30 geros ti. lat. gurgulio (s. oben) auch griech.
gargarizö (gurgeln) u. gorgi'ire (Schlingloch,
Cloake etc.) hervorging, während skr. gala ;
lat. gula ; ags. ceole, bz. nhd. Kehle (cf.
käle etc.) auf die einfache y gar (a. rau-
35 sehen etc. u. b. schlucken) zurückgeht. Was
nun aber iveiter unser kolk in der urspr.
Bedtg. gurges, bz. Letzteres selbst betrifft,
so gehört es wahrscheinlich mit unserm kluk
(als Schallstamm sowohl , wie auch in der
40 Bedtg. Schluck) zu der aus gar enveiter-
ten y garg (sonare, bz. ein unarticulirtes
Geräusch machen u. so auch: schreien,
krächzen etc., od. klagen etc., cf. klagen),
die übrigens auch eine blosse Kürzung der
45 reduplicirten Stammform gargar (s. oben)
sein kann u. aus deren germ. Form kark,
umgesetzt krak , nicht allein unser kraken
u. klak, sowie nhd. krächzen u. k rähe n
loahnscheinlich hervorgingen, sondern be-
50 stimmt auch (cf. kamen, kwam , bz. goth.
qiman etc. von y gam) neben einer Stamm-
form kwark (für obiges ahd. querca u. an.
kverk, Gurgel etc.) auch ein Schallstamm
kurk u. kulk, der cüs kurk in unserm kurk-
55 halsen (s. d.) u. als kulk od. kolk ausser in
kolk u. kolken auch in kolke u. kolkrafe
.steckt.
kolke od. kolk-äntc, schwarze Taucher-
Ente. — Der Name loird sich loie bei kolk-
GO rafe wohl auch auf das laute Kreischen
21
KOLKEN
3^2
KOELLE KOELLEN
od. scharfe Schreien dieses Vogels be-
ziehen u. sonach kolke soviel toie Krei-
scher etc. sein u. da alle Taucher laut u.
scharf kreischen od. schreien, so wird auch
der Eidertaucher, hz. die Eideryans
od. E i d erente im seh ott. (J a m ieson)
davon den Namen colk haben. Wegen der
y s. unter kolk.
külke, bz. köleke, Bimin. von kölo, bz.
kale (Kohle); — 'n kolke (Kohlchen) für.
kolken, a) einen Kolk od. eine Vertiefung,
Loch etc. in die Erde machen od. ivühlcn,
graben etc. ; — daher : iitkolkcn (austiefen,
ausgraben, hcrausiciihlen etc.); — b) kollern,
od. ein dumpfes rollendes od. gurgelndes Ge-
räusch machen, icie z. B. die Blähungen im
Bauche od. in den Gedärmen (was wir auch
mit riininicln bezeichnen) od. wenn der kla-
gen leer ist, wo man sagt, dass der Magen
knurrt od. grunzt etc.; — dat kolkt ml
in 't lif. — Xld. kolken (wirbeln, strudeln ;
kollern, rumoren); mnld, kolckon (ingiirgi-
tare; mjläm. kolckon (enszloutir, avaller) ; nd.
(Dälmert) \i(A\\iQü, (Danneil) kolks'n,
külks'n; hess. (V ilmar , pag. 198) kolken
(sich erbrechen) etc. — cf. Weiteres in
Grimm (Wb.) unter kolken, welches auch
die Bedtg. : r ü Ipse n hat u. in tvelchcm sich
die Grilbdtg. sonare der l^garg noch ausgepräg-
ter erhalten hat, wie in dem Sahst, \io\k selbst.
kolk-rafp, Kolkrabe (corax nobilis). Er
hat seinen Xamen von seinem Geschrei u.
da dieses Wort sonach dieselbe Bedtg. wie
klnnkrafo (d. i. Krächz-Eabe) hat, so muss
man fast annehmen, dass es urspr. sogar
ein von der ]/ garg (sonare , clamarc etc.,
s. hinter kolk) abstammendes altes ngerm. Verb.
kolkan od. kiilkan, kiirkan gab, von welcJtrm
eben die Wörter: kolk, kulk, kolke, kolken,
bz. kurk in knrkhalsen etc. abstammen.
kölle, köU, tvci.sser Stirn-Fleck, od. loeis-
ses Abzeichen (blesse) vor dem Kopf der
Pferde %i. Rinder. — Nid. kol ; nd., mnd.
kolle, kol (dasselbe u. auch Kopf, od. auch
[cf. Danneil, 11:1] küll'), der oberste Theil
einer Bjlanze, bz. die Spitze der Bäume, wo-
von das Verb, köll'n od. kiillen, köpfen, den
Kopf od. den Wipfel, die Spitze abhauen);
nfries. (Outzen) kol (Kopf); hochd. (cf.
Grimm, Wb.) kol (Scheitel, vertex, omi-
ncnlior pars capitis) u. kolle (Federbusch od.
Zopf [cf. top] auf dem Kojif der Vögel);
an. kollr (Kopf) ; isl. kollr (Haupt, llirn-
schäilcl, Kopf, Spitze etc.) ; norw. (Iv. A a-
sen) koll n. kull (Haupt, Kopf, Spitze,
Scheitel, Federbusch od. Jfaarzopf; Bcrg-
spitze, steile Anhöhe etc.) ; schwed. knll (das
Oberste od. die Spitze von Etwas) u. kulle
(Gipfel, Spitze, Bergspitze, Scheitel, ^]'irbel
auf dem Kopf eines Hutes). Es soll auch
ein ags. colla (vertex) geben, was jedoch un-
belegt ist, doch durfte das von H. Leo
(Spalte 572, Zeile 26) aufgeführte ags. col
(a. Helm ; — b. 'Terrainbezeichnung einer
5 steilen Höhe) wohl da.'iselbc Wort sein wie
an. kollr u. dieses auch in ags. collcnferdh
(hochsinnig) stecken, wie aengl. (cf. Grimm,
M''b., unter kol) chol (hcad) auch mit an.
kollr ident. ist.
10 Wegen des Vergleichs mit ajn-euss. gallü,
glawo; lit. galva (Kopf) etc. cf. Fick, II,
552, sowie iceiter auch I, 76 das skr. gola
(rundes Gefäss), welche Bedtg. sowohl zu
unserm kop stimmt als auch zu a)i., isl.
15 kollr (cranium, caput etc.). — Gehört es in-
dessen nicht eher als das Hohe, Erhabene,
Hochragende etc. zu der }'' (cf. Bopp,
Gloss.) gur (tollere, sublevare), loelche (cf.
Grassmann) eine Verdampfung von gir,
20 bz. älterem gar u. von der (cf. Bopp, Gloss.)
giirv eine Nebenform ist? — Vergl. dieser-
halb auch skr. giri; zcnd. gairi; hzv. gar;
kslav. gora (Berg) etc., was Fick (I, 73)
mit garii, bz. skr. guru etc. zur }/ gar =
25 skr. gal (fallen , bz. quellen) stellt , wovon
man beim Vergleich von klak od. klat (cf.
kladilo, klatte etc.) indessen viel eher an-
nehmen muss, dass die y gar aus der Grd-
bdtg.: sonare od. crepitare etc. zunächst die
30 Bedtg.: Eiss, Bruch, Sjndt etc., bz. die von:
reissen, bersten, spalten, auseinandergehen
etc. u. so tveiter die von: sich ausdehnen,
schwellen, dick, gross u. stark teer den, sich
erheben etc. (cf. y pbal, spalten etc. n. phull,
35 sich ausdelinen etc.) entwickelt hat u. also
gar od. gur (sich erheben od. schwellen etc.)
eine blosse Nebenform von der |/ gar (so-
nare etc., cf. unter kolk) /.s<. Zu der Bedtg.:
sich ausdehnen, sich aufblähen , schwellen,
40 dick, gross u. stark werden, sich erheben etc.
stimmt jedenfalls ausser giri, gora (Berg)
auch skr. garta (hoher Stuld, Thron, erhöh-
ter Platz etc.) u. garva (Hochmuth, Stolz,
Dünkel) tf. vielleicht auch garn, guru (schwer
45 etc., cf. Grassmann) besser, als zu einer
anderen u. namentlich besser, als zu der von
fa II en etc., woraus Fi c k (I, 73) die Bedtg.
der obigen Wörter ableitet.
kölIc, köllon, kölii, Pfefferkraut od. Boh-
50 nenkraut (satureja hortensis). — Nd. kolle,
kolln, kolln, köU ; idd., mnld. keulc ; mjlüm.
kenlt'ii.
Wahrscheinlich icie die meisten Gemüse-
u. Küchenkräuter-Namen aus dem Lat. u.
55 dann wohl ebenso wie das nid. (van Dale) |||
gleicJibcdeutende kuuu, kenne (cf. küuneko)
aus conila, cnmhi, griech. konile, einer Pjlanze
aus der (rdttung Origaiium , zumal da die
Blüthenkrone von Origaniiin vulgare n. sa-
Üü turpja hortensis ganz gleich ist u. auch beide
KOLLE
ä2S
KOMMA
Pflamenarten zu den stark duftenden u.
würzig schmcclcendcn Kräutern, gehören.
kollo etc., s. kolde etc.
köUij?, hochfahrend, auffahrend, zornig,
toll, verrückt, hz. so loie Jemand „de de kop
upstekd" od. „koppig" ist. — Zu kölle, bz.
knlle in der Bedtg.: Kojjf.
kolpcii, kölpen, külpeii, külpseii, Blä-
hungen aufstossen, ridpscn. — Nd. kolpen ;
haijr. kolpern u. kolpezen; nass. kolbern.
— Wie kolken auch in der Bedtg. : kollern,
sich erbrechen, aufstossen, rülj^sen etc. doch
auf kolk in der Bedtg. gurgos zurückgeht,
so auch kolpen als Nebenform von gulpen,
bz. mnld. golpen (ingurgitare) auf golpe (gur-
ges), worüber Weiteres unter gulf. cf. auch
schived. kulp (hörbarer Schluck) zu gulp u.
nhd. kolpern in Grimm, Wb.
kol-pisse, s. kolde pisse.
sind u. oft mit einander identificirt werden,
so glaube ich eher, dass die erste Si/lbe kol,
köl, kjül etc. in kolswiu, od. kjülsvill 2irspr.
dasselbe Wort ist loie ags. ceol ; an. kjöU ;
5 isl. kiöll (Schiff, Schiffsboden) u. demnach
das ivahrscheiniich aus kolswil , bz. an.
kjöllsvill, isl. kiüllsvill, nonv. kjüllsvill etc.
verderbte kolswin od. kolswin etc. urspr.
tvirklich die Bedtg. „SchiffschweUe"
10 hatte und somit die Schwelle od. den
G r u nd- u. Tragebalkcn des Schiffs
bezeichnete. Dass dieses Wort jedenfalls
schon sehr (dt ist u. die Formen mit aus-
lautendem „1" sicJo nicht blos zufällig im
15 Wang. u. Norw. erhcdten haben, sondern
auf cütnord. od. ags.-fries. Ursprungs zu-
rückgehen, ist ganz zweifellos, da die Be-
wohner von Norivegen soivohl, als auch die
Angelsachsen u. Friesen schon von uralter
köl-pot, Kohltopf. — Sprichw. : dat passt 20 Zeit her tüchtige Seefahrer waren u. gros
as de liaspel up de kolpot, sere Schiffe mit Masten u. Segeln hatten it.
kol-swin (Naut.) , Kielschwein od. sonach der Schiff s-Grundbalken,ioelcher jetzt
dei' über den Bauch- u. Piekstücken der den obigen Namen führt, auch im ScJiiffs-
Spanten liegende schivere Balken (aucJi Saat- bau von ihnen angewandt u. mit einem ptas-
holz od. Gegenkiel genannt), tvelcher 25 senden Namen genannt loorden ist.
diese auf den Kiel des Schiffes niederdrückt kolte, Kühle, Kühlte, kühler, frischer
u. in welchem auch die Spuren für die Ma- Wind etc.; — 's morgens in de költe; —
sten eingekappt sind, sodass derselbe auch dar kumd 'n költe up. — Nd. (Br. Wb.)
zugleich Träger der Masten ist. — Nid. költe, kölde ; nid. koelte; icang.'keWi; ahd.
kolzwijn, kolsem; engl, keelson, kelson; dän. 30 chuolida, cliuolitha; md. kuolde, kulde; mhä.
kjülsviin ; schived. kölsvin. — Da im nd. (küelde)- Zu kölen = ahd. cliuoljan, chuo-
dieser Balken auch kiclswien, kielschwin, lan etc. u. von cliuolid, chuolith (kühlet,
kielscliwinne , kielschwinge hcisst, so wird
der erste Theil (nämlich kol) icohl auch mit
2 kil ident. u. ebenso wie das loang. kiöl 35
od. kiöl (Kiel) aus dem an. kjolr od. besser
vielleicht, ivie engl, keel aus dem ags. ciol,
ceol od. ciöl, ceöl entstanden sein. — Was
jedoch den zweiten Theil (nämlich swtn od.
kühlt, bz. gekühlt) tvcitergebildet.
költje ; i. rp kolke, bz. kalke.
köl-tün, Kohl- od. Gemüse- Garten. —
Redensart: he löpt gen biir in de költiiu.
köl-water, Kühhvasser.
köl-wedei", Kohl-, Gemüse-Gäter, bz. eine
Hacke od. Karst zum Hacken u. Güten von
swin) betriff't, so halte ich dafür, dass die- 40 Gemüse.
ser aus swil verderbt ist, iveil dieser Balken koiii-, kam-l)üse, Schiffsküche etc. ; s. un-
im wang. (Ehrentraut., I, 575) noch ier kabüs.
kiölswil od. kiölswil heisst u. diese Form kö-me!ker (Kuhmelker, od. Kuhmilcher),
auch noch im norw. (Iv. Aasen) kjölsvill Einer der eine Milchwirthschaft hat u. diese
erhalten ist. Vergleicht man nun aber wei- 45 als Geioerbe betreibt.
ter, dass svill die norw. Form von nhd. kö-melkere (Kuhmelkerei od. KuhmilcJie-
S chic eile ist u. dieses Wort auch den rei), kleine Milchwirthschaft zum Verkauf
Grundbalken (od. eigentlich die Stütze von Milch tt. daraus gewonnener Butter u.
od. der Tr ag ebalken von Etwas) bezeich- Buttermilch etc. ; — he hed 'u kOmelkere
net u. dazu unter 2 kil , dass ahd. kiol ; 50 anfangen.
ags. ciol od. ciöl etc. urspr. die Bedtg. : konieii, s. kamen.
Schiff hatte u. dieses Wort im an. kjöll kö-niesse, köiiies, Kuhmist.
lautet, bz. dass das hiemit ident. isl. kiöll koiniiia, Komma, der Strich od. Theil-
ausser : Schiff, Schiffsboden, Un- strich (,) wodurch man einen Satz in Glie-
t er st es vom Schiff auch ebenso toie an. 55 der theilt od. das Glied eines Satzes bildet,
kjölr u. isl. kiölr etc. die Bedtg. Kiel hat bz. den man hinter einem Worte od. Satze
u. überhaupt beide urspr. ganz verschiedene macht, um diese von den nachfolgenden Wor-
Wörter sich begrifflich u. lautlich so nahe ten zu trennen. Mit lat. comma aus griech.
liegen, dass sie (cf. z. B. 0. Schade un- körama, was zunächst die Bedtg.: Schlag
ter ahd. kiol) kaum auseinander zu halten GO od. Ha u etc. hatte u. dann auch das G e-
21*
KOMMODE 324 KOENINK KOENIG
schlag enc ol. Gehauene, Eingc- können (scire, nosse, posse) ; rt/nes. kunna,
hauenc etc. (Gepräge einer Müme, einge- konna ; «'//•/<■«. kiin neu; S(J?/. könne ; as. knn-
schlagenes Zeichen; Kerb, Einschnitt etc.) nan; rt//.s\ cunnan; ae n gl. cxmnon; an,norw.,
beseichnete u. ferner aus schlagen, hauen, schwcd. kunna; (hin. kunne; goth. knnnan ;
zerhauen, thcilcn, spalten etc. auch 5 ahd. kimnan, chunnan; mhd. kiuincn, küii-
(lievon: Theil, Abschnitt, Glied eines Satzes neu (u-isscn, verstehen, Verständniss haben,
etc. entwickelte. — Nach G. Curtins (cf. umzugehen wissen mit, Bescheid wissen mit,
pag. i>~* unter GS b) hängt es mit griech. sich verstehen auf, Etwas möglich zu ina-
küptö (ich haue) zusammen, was von Fick chen icissen, können). — Die erste Person
(I, 23S) zur y skap (hauen etc.) gestellt 10 praes. „kau" ist urspr. das l^rätcr. eines
wird. älteren verlornen Stammverb, kinnan, bz. ki-
koDlinode, s. kemode. nan, über dessen y n. liegriß'scnt wickln ng
kiin (obs.'O Backe, Wange. — Kid. koon ; das Weitere unter koniieu zu vergleichen ist.
viofries. (Cad. 31 ü 11 er) kohn (dasselbe); köniiik, köni^, König. — Die Form kü-
mnld. koon (gena, mala). — Gekürzt aus 15 nink ist hauj>tsächlich nur noch in der lie-
älttrem kone u. mit kelt. gana; lat. gena etc. densart: kru})ol of küniuk (Krüpjjcl od. Kö-
(s. Weiteres unter km) desselben Urs2)rungs. nig) gebräuchlich, die sehr oft auf irage-
kön, kühn, dreist, unverzagt etc. — Nid., halsige. Alles jtuf eine Karte setzende Men-
mnld., mjläm. koen, bz. koene; mnd. köne, sehen (he spüld kropel of kuuink; — ilat
kocne; ags. cOno, cyne; aengl. fS^rni- 20 geldt kiüpel of könink etc.) rj«r/c«.'rt»r/< ?<?m/,
»;« « »j kene; c»i//. keen; <(7i(Z. kuoni, cluioni, tcührend sonst , mit einzelnen Ausnahmen,
chuone, kuani, cliöni, clionni; mhd. küene; auch hier schon fast allgemein die nhd.
md. küne. — Wie kfll (kühl) auf altes ka- Form künig (Flur, künigen) im Gebrauch
lau (knol, kül etc.), so geht kfiu etc. icohl ist u. nicht allein wie im Nhd. den König
auf ein altes verlornes kanan (kuon, kön) 2.5 als Herrscher u. Inhaber der obersten Be-
zurück, dessen germ. y kau dieselbe wie gierungsgewalt, bz. als König in verschiede-
von kennen u. können ist u. ^vahrscheinlich nen Spielen etc. bezeichnet, sundern auch Be-
dicselbe Bedtg. wie können (cf. könen) nennung der aufrecht stehenden Ilauptwellc
hatte, wonach dann das von kuon etc. ivei- in einer Mühle ist. — Nd. kOuig u. (Däh-
tergebildcte knoüi etc. einen Zustand bezeich- 30 ncrt) konning ; mnd. koning, konink, kou-
ncte, ICO ein Jemand bereits wusste, verstand nink, küning, kuning; »/(/.koning; mnld.
u. konnte etc., bz. bereits Wissen, Kenntniss koniiigh, koniack, bz. coninc ; mfläm. koninc;
(od. Verstand, Klugheit, Erfahrung etc.) u. afries. kiniug, kiiiig, keuing, kenig, keneng.
Können (od. Vermögen, Geschick u. Macht keueg, koning, konig; wfries. koning, keu-
elc.) hatte u. demnach sowohl klug u. erfah- 35 ning; nfries. konning; sali, koning o(/. keu-
ren etc., als auch geschickt, vermögend u. ning; wang. kr.ning, helg. könneng; as. kn-
mächtig war n. deshalb auch das Gefühl ning, kunig; ags. cyning, cynig, cyng; engl,
dieser Eigenschaften in dem Masse besass, king; an. kouuugr, kongr; norw. kong;
dass er mit Selbstvertrauen Andern gegen- schwed. konung, kong, kung; dän. konge;
über auftrat u. wo es galt ein selbstoertrau- 40 ahd. cnning, kuning, cliuning, knniuc, kliu-
cndes, kühnes, unverzagtes Wesen zeigte. Ist ninc, cluining, cunig, chnnig, kunic; amhd.
dieses nun richtig, so ist mit ahd. knoni etc. cliunich ; mhd. kiinic, küncc, künc. — Es
das an. koenu (erfahren, kundig, klug, ge- wird gewöhnlich angenommen, dass dieses
schickt); isl. kaenu (poritus, solers); norw. Wort mit dem Batrongmicum ing (cf. ing,
kjön (klug, geschickt, kundig; keck, miithig, 45 bz. ig od. ig) von goth. kuni; as. kunni etc.
munter; stolz etc.) etc. von Hause aus iden- (>f. 2 kiinni) zusammengesetzt, bz. mit ing
tisch, dessen Vocal beim Vergleich von isl. davon weitergebildet sei u. eigentlich ,,einen
kiieki (kühlen) etc. zu ahd. chnoli (kühl) u. Abkömmling od. Angehörigen eines (edeln)
cliuoljan (kühlen) auch zu ahd. knoni etc. Geschlechts" bezeichnet habe. Da indessen
stinniit. 50 die an. Form konungr nicht zu an. kyn
küneu od. kfineii (kan, kanst, kan, könen ; (Geschlecht etc.) stimmt, so sind dagegen
— kuu' od. kunn' statt künde, kunst od. mancherseits Bedenken erhoben, worüber
kannst .^tatt kündest, kun' od. kunn statt Weiteres bei Ilild cbrand (cf. Grimm,
künde, knnnen statt künden) können, d. i. Wb., unter König), sowie bei Ma.c M ül-
kennen, verstehen etc.;— ik kan (ich kenne, 55 ler(Vorles. über die Wissensch. der Sprache,
wei.^s etc.) min leks fan buten; — ik kau II, 555, Note 23) u. Bopp (vergl. Gramm.
breiden (ich kann stricken, bz. ich kenne u. III, i'^^) etc. zu ersehen ist.
verstehe od. vermag zu stricken) etc.; cf. Bemerkt sei hiezu weiter noch: a) dass
kannen. — Nd. könen; mnd. knnnen, kon- auch Fick (III, 39) die Stammform ko-
uen, konen; nid. kunuen ; mnld. kunnon, GO umga. gleichfalls als eine Weiterbildung von
KONREBBERSWEG
325
KOP
konja (GeschlecJd) ansieht, hei koniuga in-
dessen für konj.i die Bcdtg.: „der Ad-
liche" SU Grunde legt u. b) dass auch
das (cf. H. Leo, Spalte 176 seq.) a(js. ein-
fache cyne schon einen Adliclien od. Häupt-
ling etc. hezcichncte u. dieses Wort i)i mehr-
fachen Zusaunncnsetzungen selbst die Bedtg.:
„König"- hatte, ivonacli dann koninga od.
ags. cyning auch zunächst einen Königs-
Verwandten, od. Angehörigen (Sohn etc.)
eines Edlen od. Königs bedeutet haben Jcann
ti. dann selbst auch wieder in die Bedtg. : „Ed-
ler", od. „Häuptling" u. „König" überging.
Zum Schlüsse sei übrigens noch bemerkt,
dass unser germ. kuniiig, od. konung (Thema:
koninga) möglicherweise schon ebenso urspr.
ist, IV ie das mit skr. janu, lat. genu-s etc.
ident. goth. kuni, od. das mit skr. gna, zend.
ghena ident. goth. qino ; ahd. quinä ; aii. kona
etc. u. ags. cveu , engl, qiieen (cf. kwäne)
etc. u. dann direct aus der von der ]/ gaii
(gignere etc.) mit a -+- ka iceitergebildeten
urspr. idg. Form ganaka = skr. jilnaka
(ivegen der germ. Formen: qim od. kam,
kwam, kom, kiim etc. aus gam, cf. kamen)
entstand, icelches Letztere als Adj. die Be-
dtg. : generalis u. als Subst. die von genitor,
pater hatte u. hieraus ganz naturgemäss
nach altpatriarchalischer Anschauung u. Sitte
in die Bedtg. S t a m m es- Oberhaupt od.
G eschlechtshcrr u. König überging.
konrebbersvveg, s. kunrebbersweg.
ko|) (Flur, koppen), Kopf; — a) der
Kopf od. der oberste u. vorderste Tlieil le-
bender Geschöpfe u. so als Gefüss des Ge-
hirns u. Sitz des Verstandes n. Denkvermö-
gens etc., fig. atich im Sinn von Verstand,
Wille, Eigemoille, Selbstständigkeit etc. ge-
braucht; — Bedensart. u. Sprichw.: he hed
(od. krigt) 'n kop as 'n puter ; — war man
sülfst net kumd , dar word eu de kop net
wusken ; — de up de kop steid, word dwilsk ;
— menst du, dat ik mi tan di up de kop
schiten lät? — se hebben hum 'n kop liit-
jeder mäkd. — wat man net in de kop hed,
dat mut man in de foten hebben ; — emand
för de kop stöten; — he wil altid mit de
kop dör de wand ; — he stekd de kop up
(er wird böse etc.); — he hed de kop ful
spinnewäfen (od. spinnewebbeu); — up siu
kop bestän od. sin kop wärup settcu (z. B.
dass dasjenige geschieht, loas der Betreffende
will) ; — sin kop tönen (seinen Kopf od. seinen
Eigemvillen zeigen, eigenwillig u. halsstar-
rig sein etc.) ; — 't is hum ia de kop sla-
gen (er ist irrsinnig geworden) ; — dar sitt
so 'n kop up de junge, dat he hei net to
sturen is; — he is (od. he hed) 'u goden
kop ; — he hed 'u ferslagcn (verschmitzten)
kop as 'n ambolt (ironisch) ; — b) der oberste
od. vorderste TJieil lebloser Dinge; — de
ko])pou fall bomen , slengen , blömeu etc.
(blumkoppen = BHUhoiköpfe od. Blumen-
knospen, — mim\iO\)\)G\\ =: Moh)ikö[)fe etc.) ;
5 — c) Schröpf köpf ; — he hed siik die'; Jvop-
pen setton laten; — d) Hohlgefäss wie z. B.
Tasse, rundliches Trinkglas, Schale, Napf
etc. ; — 'n koj) (od. kopke) kofte ; — Com-
pos. kesekop, brandewinskop etc. ; — Be-
10 densart : för kop uu schöttel in 't gasthüs
kamen (mit dem Anrecht auf Trank ti.
Speise ins Armenhaus kommen). — Nd.,
nid., afries. kop ; ags. copp , cu])pa ; engl.
cup; an. koppr; norw., scJiwed. kopp; dän.
15 kop ; ahd. chupli, c]in])f, choph, chol', copf,
cliopf, cbopph ; amhd. chopph ; mhd. koph,
köpf; md. kof (Trinkschale, Becher, Hirn-
schale, Kopf, Kehlkopf). — Es ivird ge-
wöhnlich angenommen, dass es mit ital.
20 (D i e z, I, 139) coppa ; franz. coupe ; loal.
cofe (Becher) u. ital. coppo (Trinkgcfäss)
etc. aus ??i?((<. cuppa, bz. ((). Schade) vdat.
copa (Fass) u. weiter aus lat. cüpa (cf. kupe)
entsand, doch werden andererseits (s. unter
25 Kopf in Grimm, Wb. V, Spalte 1746
seq.) hiegcgen Bedenken erhoben, wie es ja
bei der weiten Verbreitung dieses Wortes
auch sehr leicht möglich ist, dass es mit einer
ganzen Gruppe verwandter Wörter (cf. auch
30 griech. küpe [Vertiefung etc.], kuphe, kube,
kiimbt? [Kopf] kumbos [Gefäss, Becher] etc.)
gar nicht auf (Fick, I, 536) eine y kup
(ivallcn etc.), sondern mit nhd. Schopf,
bz. unser m schap, schip etc. auf eine idg.
35 y skap (hauen, spalten, klaff'en etc., bz.
stossen, stechen, graben, schneiden etc.) zu-
rückgeht, loozu Fick (I, 807 seq.) ausser
verschiedenen Formell mit cap od. kap auch
das begrifflich ident. griech. skäphos «. skü-
40 phos (Becher etc.) stellt. — Vergl. dieserhalb
auch noch Weiteres unter nappe.
köj), Kauf, Handel etc.; — he hed dar
'n goden kup dän ; — de köp (Kauf, Han-
del, Kaufgeschäft etc.) is klär; — de köp
45 (Kauf, Verkauf etc.) is dörgän; — dat hiis
(od. hmd etc.) is (od. steid) to köp (ist [od.
steht] zu kaufen, — ist feil, loird zum Kauf
ausgehoten, bz. steht zum Verkauf); — dar
is net föl kop (Gewinn, Vortheil etc.) an ;
50 — wat to köp hebben, etwas feilbieten, aus-
bieten, od. öffentlich ausrufen ; (fig.) seine
Meinung od. Ansicht aussprechen od. laut
loerden lassen, drein reden, vorlaut u. nase-
weis sein etc. ; — wat best du nu wer to
55 köp ? bunt dat diu saken, dat du d'r mit iu-
protcn must? — kinder mutten net altid so
föl to köp hebben, de mutten swigen. — Nd.,
nid. koop ; afries. k;\p ; lofries. keap ; nfries.
köp, kup ; sali, helg., wang. köp ; as. köp ;
60 ags. ceäp ; engl, cheap ; an., isl. kaup ; norio.
KO-PAD 326 KOPEN-SKÜP
kaup, kjöp; schwed. küp; dän. kjöb; aM. ferner auch, dass dieses kaup ebenso wie
kouf, cliouf, cauf; mhd. kouf. — Es wird der Stamm kaup ro/f kaupon (kaufen) auf
oft (cf. z. B. 0. Schade, ahd. Wh. unter eine urspr. Stammform kiip zurückgeht, die
kouf) angenommen, dass dieses Wort zu- für kaupat-jau, hz. dem dafür vorauszu-
nächst von ahd. koufo od. clioulo (Kauf- 5 setzenden älteren ]^erb. kaui)au (schlagen od.
Person, Handelsmann etc.) u. weiter mit kla2)i)sen etc.) formell dieselbe ist, ivic für
diesem aus lat. caujjo entstand, währnid kaupon od. afries. käpia u. ags. ccäpicn etc.
dieses andererseits (cf. z.B. Grimm, Wb., in der Bedtg.: kaufen od. einen II and el
unter k au fe n, bz. Weig an d unter Kauf abschliessen. Vergleicht man nun aber fer-
u. ferner IL Leo, Spalte 350) in Zweifel 10 ner, dass nicht allein früher, sondern auch
od. Abrede gestellt wird, worüber noch Wei- noch jetzt im geicöhnlichoi Leben ein Ilan-
teres unter köpou. del od. Kauf auf den Märkten sowohl, wie
k«')-|)ad od. kö-pat, a) Knhpfad, Pfad od. auch sonst dadurcJi abgeschlossen u. i^erfect
M'^eg einer Kuh od. Kuhheerde, ausgetrete- tvird, dass Käufer u. Verkaufer sich gegen-
ner, gewohnter u. bekan)iter Pfad, Gewohn- 15 seitig in die Hand schlagen, bz. sich einen
heitspfad : — he geid altid siu oldc köpad ; Kla]>ps geben u. dass wir noch jetzt sa-
— b) Milchstrasse, auch molkpad genannt. gen: he hed hum de ko ofklaj)! od. ofsh'in,
köppll od. kopon (küp', küfst, küfd od. leenn der Käufer vom Verkäufer eine Kuh
köt't, kopen ; — k(ifde, küfdst, küfd, küfdeu ; zu einem bestimmten Preise acceptirt u. kauft
— küfd od. küft, gekauft), kaufen, einen 20 (cergl. auch das Kinderlied : klapp' iu de
Kauf machen od. abschliessen, durch Kauf liaiid, ferköp' diu laiid, ferkup' din kO etc.),
erwerben etc.; — Sprichic: köp' 't in tid so muss man fast 7nit Bestimmtheit glauben,
un biiik' 't in nod; — de köfd wat afeiflö- dass der Stamm kaup von kaupon od. bes-
dig is, ferküfd bold wat he nödig is; — kö- ser tcohl kaupjau von dem für goth. kaupat-
j)en un biifen sündcr nöd, stehl (stiehlt) de 25 jau, bz. dem dafür anzusetzenden älteren
l)otter fan 't brüd ; — godköp kopen, deid kaupan od. kaupjan nicht verschieden ist n.
de budcl ferlöjien. — Auch subst. (das) Kau- derselbe ursjjr. lediglich die Bedtg. : Schlag
fen; — Sprichw.: do 't kopen upkanieu is, od. Klapps hatte. Ich thue od. mache
is 't gäfen ofkanien, — JS'd., tdd. kopen od. kaup würde dann einerseits bedeuten: ich
koopen: afries. käpia; wrstfries. keapjen; 30 thue od. mache Schlag od. Klapp u. an-
satl. köpje; as. köpon, kopan u. kopiau (in dererseits als Besiegelung eines abgeschlos-
for-küpian) ; ags. ceäpian: ((engl, clieapien; sencn Handels: ich thue od. mache Kauf,
engl, cheapeu ; an., norw. kaupa ; schwed. ivährend kaupan od. kaupjan zunächst die
köpa; dän. kjöbe; goth. kaupon; ahd. kou- sinnl. Bedtg.: S chlag od. Klapp machen,
fön, coufön, choufon u. couffan, koufen, 35 bz. geben (schlagen, klajijiscn) gehabt haben
choufcn, chaufan, chaufen, caufen; H(7i(/. kou- u. hieraus von selbst auch die von: Kauf
fen, keufen. — Es giebt ein goth. ]ia.\.\i>Sitja.n od. Handel abschliessen, kaufen etc.
(schlagen, bz. klappsen, ohrfeigen, einen entstanden sein müsste. — he sleid (Of?. klapt)
Klapps geben), dessen Stamm ka,i\i)&t formell hum de ko of, od. he küft hum de ko of
u. begrifflich mit slagt od. shiclit, bz. ahd. 40 ist auch ja jetzt noch für uns sgnongm n.
slaht als Stamm von aJid. shxhta. (das Schla- wenn man an die Bedtg. von: Zuschlag
gen od. Erschlagen, die Schlachtung, die ti. zuschlagen beim Kauf od. beim kau-
Schlacht etc.) u. slagten = cdtd. slahtön etc. fen denkt, so erhellt auch hieraus, dass in
zusammenfällt u. demnach dieselbe Bedtg. diesen Wörtern gleichfalls die Bedtg.: Ab-
tvie dieses aus slahat (d. i. geschlagel) con- 45 schluss eines Kaufes, od. Kauf ab-
trahirte slaht od. slagt haben muss u. tvo- schliessen aus der sinnl. von Schlag, od.
nach dann auch kaupat-jan wörtlich soviel s c hl ag e n (zuod.gegen Einen hin) entstand,
hcisst als g eschla g et machen, looraus dann Was die ]/ kup von kaupatjan od. kau-
von selbst auch wieder die Bedtg. von: Je- pen in der Bedtg. klappen od. schlagen be-
m andern e in en Schi ag versetzen (bz. 50 trifft, so icird sie eine Ablautform von kap
ihn effectiv schlagen od. klappsen, ohrfeigen u. kip in derselben Bedtg. wie klap etc. sein,
etc.) hervorging. Dass nun aber dieses goth. wie es ja auch kuppen u. küiipen in der-
kaupat nach der Analogie von slahat od. selben Bedtg. wie kappen u. kippen (cf.
slaht von slagen od. slahan auch wieder ein G r i m m, Wb., diescrhalb) giebt.
urspr. goth. Verb, kaupan mit der Bedtg. : 55 kopoii-skiip, a) Kaufgeschäft, Kaufhan-
schlag en od. klappsen, ohrfeigen del, Handel etc.; — he wil 'n kopenskup
(einen kaup od. Klapps, Schlag etc. vcr- anfangen; — he geid up de kopenskup üt;
setzen) u. dieses dann ferner einen goth. — b) Kauf- od. Handelswaare ; — lie Kipd
Stamm kaup mit der Bedtg.: Klapps od. mit, koi)Cuskup dör de marsk. — Afries.
Schlag etc. voraussetzt, ist klar, sowie 60 käpcuskip; isl. kaupskapr (niercatura).
KÖPER
327
KOP-SUENE KOPSUEN
koper od. koper, Käufer ; — Sprichw. :
alle kopers sunt giu kcimcrs.
kopoi', s. kaper.
kop-fast (hopffest, festen u. dnriccn Kop-
fes), a) nicht leicht schivindelig, toofilr ivir
auch sagen: he is fast iu de kop; — b)
stark von Gedüchtniss.
kop-handel, Kaufhandel.
kopje, kopke, Jjimin. von kop in allen
Bedeutungen.
kop-lüs, kopflos, des Kopfes berauht, ohne
Kopf; — koplose liäriiigs (Häringe ohne
Kopjf, hz. im Gegensatz zu {\\\\vÄv\\v;i,?>\ auch
überhaupt: verstümmelte od. defecte Häringe) ;
— kopflos, besinnungslos, bestürzt etc.
köp-maii (Hur. köp-lüde, kop-lüe), Kauf-
mann. — Sprichio.: 'n köpman Sünder geld
is 'n Stümper in de weit; — lie is 'n köp-
man in iilfellen (flg. ein Kleinigkeitskrämer) ;
— koplüde bunt löplüde ; — wen dnmme
lüde to markt kamen, den fcrdeneu de köp-
lüde geld.
köpinans-göd, Kaufman nsgut, Kaufmanns-
vermögen etc. ; — Sprichw. : köpmansgöd hold
ebb' un flöd.
koppel, Koppel, Kupjpel; — a) Riemen,
Leine, Strick etc., tvomit man Etioas bindet
u. fest macht, bz. mit eiiiander verbindet;
— be lied de liund an de koppel legd; —
Compos. : dägenkoppel ; — b) Kette od. eine
mit einander zusammenhängende u. unter
sich verbundene Schaar, Haufe, Menge etc. ;
— 'n koppel hüner od. änten etc. (eine Kette
od. eine Schaar Hühner od. Enten etc.); —
se stän all' in en koppel bi 'n ander ; — 'n
helen koppel minsken etc. — Nd., nid. kop-
pel; mnld. koppele; afries. kepi)cl; mhd.
kupel, kuppel ; schived. koppel ; engl. couidIc
etc. aus lat. copula, tvelches Letztere aus
co-apula zusammengesetzt u. contrahirt ist.
— Das Subst. ü'puldi gehurt mit ipio, bz. epio
(aus apio) in co-epio (coepio) zur y ap (er-
reichen, erlangen, ergreifen, fassen, halten,
fesseln, binden, knüpfen etc.) ; s. unter äp.
koppel-jagd, koppehvclde, Mitjagd, Mit-
weiderecht. cf. Stbg., ostfries. Wb.
koppel-kneclit, Koppelknecht, bz. Knecht
eines Pferdehändlers, der die gekoppelten
Ff erde führt.
koppeln, koppeln, kuppeln, binden, knüp-
fen, verbinden, zusammenbinden, vereinigen,
schaaren etc. ; — he koppeld dat an 'n an-
der fast ; — de ossen matten koppeld (zu
Ziceien mit einander verbunden) worden; —
se koppeln (verbinden, vereinigen, scJiaaren
etc.) sük tosameu (od. b'l 'n ander) etc. —
Nid. koppeleu; afries. kepla; amhd. chupc-
len ; mhd. kuppeln, koppeln etc. , aus lat.
copulare (copuliren) u. dies von copula; s.
unter koppel.
ko|)pel-stok, KoppcMock, bz. der Stock
(auch lonn od. lönn genannt), womit zwei
Stück Vieh an einander gekoppelt werden.
koppeii, köpfen; — a) den Kopf od. die
5 Spitze ahscJdagen etc. ; — b) zu Kopfe stei-
gen, berauschen etc; — dat her is rai to
swär, dat kopd to dül.
koi»|)ei*, s. kaper, koper (Kupfer).
kojtper-siiüte (Kupferschnauze), ein Pferd
10 (gewöhnlich von schwarzer Farbe), dessen
Schnauze (bz. Nase u. Lippen) fahl- od.
ItcUbraun gefärbt ist.
koppi;£;, köpfig, einen Kopf habend, mit
einem Kop>f versehen (dik-, liard-, stif-koppig
15 etc.) ; eigemoiliig , eigensinnig, halsstarrig,
hochmüthig, stolz, auffahrend, gereizt, zor-
nig etc.
kop-pin, Kopfpein, Kojjfschmerzen.
kO])-settcil, Schröpf kopf-setzen , schröjifen
20 etc. ; — he wil hen un laten sük kopsetten etc.
kopsk, köpfisch (stifkopsk); eigensinnig,
halsstarrig, stolz, auff\üirend etc. ; s. kop^ng.
kopskheid, Köpfischkeit, Eigensinn etc.
— Mnd. koppischeit.
25 kop-slager, kopper-slager; i. q. kaper-
slager.
kop-sten, Kopfstein. Die Strassenpflasterer
nennen die grösseren Kieselsteine, welche
sie an den Ecken einer Keihe setzen „kop-
30 stenen", während sie diejenigen, ioelche sie
an den Seiten der Strasse od. Chaussee als
Einfassung liinsetzen „bördstenen" heissen,
u. bei den Maurern tvird derjenige Mauer-
stein kopsten genannt, ivelcher quer durch
35 die 3Iauer liegt u. dessen schmale Seite vorne
zu sehen ist, während ein der Länge nach
in der Mauer liegender «. seiner Längsseite
nach mit der Mauer gleichlaufender 3Iauer-
stein „streksten" heisst.
40 kop-stolterii, kopfüberstürzen, einen Pur-
zelbaum schlagen; — he kopstolterd d'r hen;
s. stoltern.
kop-stübber, ein „stübber" (Staubbesen,
Stäuber) von langen Schweinshaaren , der
45 kopfförmig gestaltet u. an einem langen Stiel
befestigt ist, um damit die Decken u. Wände
der Zimmer abzustäuben u. von Spinngewe-
ben zu reinigen u. der namottlich auch zum
Peinigen u. Abwaschen der Aussenseiten der
50 Fenster gebraucht tvird. — Scherzhaft tvird
auch ein Kopf mit langem starrendem Haar,
bz. der Besitzer eines solchen Kop)fes, kop-
stübber genannt.
koit-stük, Kopfstück; speciell ein Gemälde
55 od. Bild, loorauf Mos der Kopf zu sehen ist.
köp-siine, köpsün, zum Kauf, bz. Ein-
kauf einladend, od. lockend, leicht verkauf-
bar, verkäuflich (vendibilis) ; — dat is gin
köpsüne wäre. — Nd. (B r. W b.) koopsünig ;
60 mnd. (Seh. u, L.) koopsune. — süne od.
KOP-SUENIG 328 KOER-BOM
sune ist elenso loie süiug von sün weiterge- hzv. karp; arm. kerp etc. zu derselben y wie
bildet M. da suii (cf. dieses) ausser Gesicht alid. href (Leib, cf. 2 rif) gehört,
etc. früher auch die Bedfg.: Schauen u. ö. k«r, s. kürdo.
Ansehen hatte, so heittst süuo od. sünig 1. kör od. k'^v, wählerisch, delikat, lecker-
auch soviel als sc hau ig od. auch soviel 5 haß, eigen etc., bz. stets nach dem Besten
als mit Ansehen behaftet, Ansehen suchend od. das Beste wählend etc.; — k6r
habend u. besit ce nd etc., tconach dann up ilc bottor od. up 't iitcii, up de wiclitcr
kupsüne etc. tcörtl. soviel hcisstals: Kauf- etc. — Nid. keur; vfr ies. kicr etc. Mit
sc hau ig, ud. besser noch: mit Kauf- od. dem folgenden kür etc. u. kis zu kesen.
Ei n lauf -Ansehen behaftet, Ansehen 10 2. kör od. kOl', küre, KUhr, prüfende
zum Kauf habend etc., woraus sich Wald, Beurthedung, Belieben, Auswahl, das
dann von selbst die von: zum Kauf rci- Auserlesenste u. Beste etc.; — dat stoid in
zend u.l eckend, leicht verkauf bar sin kör, of he 't don wil of uet ; — ^lie hod
etc. ergab, cf. iceiter : 'n goden kür dän; — du kanst hir in de
köp-siini^, xcörtl: Kauf-sparsam, Kauf- 15 kür gun, d'r is fan allcns genug; — de kfir
selten, Kauf-rar etc. u. daher: sparsam, od. is d'r_ üt ; wat d'r nog aferbläfcn is, dat dögt
wenig, selten, rar etc. zu Kauf u. so über- uet föl mür. — Compos.: wilknr (Willkür),
haupt rar u. theuer etc.; — de rogge is so — güdkOr (Gutheissung, bz. Gutbeliebung
küpsünig, dat d'r für gcld liast uiks niür to etc.) etc. — Nd. kör ; nind. kör, köre, Ivur,
hel)l)en is. — cf. sünig in der Bcdtg.: spar- 20 kure; nid. keur; mnld. keur, keure, köre;
sam etc. ahd. cluiri, chure ; vdid. küre, kür ; vid. köre,
koptein, Capitain, Befehlshaber, Schiffs- ki)ro (J'rüfung, Ucbcrlegung, prüfende Wald;
capitain. — liedensart: de is göd to 'n kop- auf reijticher Uebcrlcgung gegründeter Ent-
tein ; de lied göde scluuiken. ^ Aus franz. schluss; Wahl, WaJdact; Zahl der Ausgc-
cajjitaine ; ital. capitäno von lat. caput; cf. 25 ividdten; Auswahl, Sorte, Beschaffenheit,
Jifitd H. hfifdling. ^Ir; u. Weise); afries. kere (Kühre, Bc-
koptein-scllili), (\qntainschaft, Befehlsha- Hebung, Festsetzung, Gesetz, Wahl); wang.
ber.$chaft etc. ; — mit sin kopteinschup is 't üt. kiri ; satl. keur od. kör; ags. cyre; aengl.
köp-tel, ein durch Kauf erstandenes u. eure; norw. kor; dän. kaar. — Bemerkt sei
so wieder verkaufbares „tel", im Gegensatz 30 hiezu , dass die obigen Formen sämmtlich
SU arftel ; s. unter tel. auf einen Stamm kor, bz. kur zurückgehen
1. kor, a) der Chor, als Vereinigung von u. dass dieser für urspr. kos, bz. kus steht,
Personen, um einen Gesang od. Tanz auf- sowie ferner, dass dieses kus ebenso wie
zuführen u. vorzutragen ; — b) das Chor goth. kaus = unserm kös (mit ,,r" statt „s"
in der Kirche, worin sich der Altar befindet 35 = kör) ein cdtes Präter. von goth. kiusan
u.xeelches oft durch ein Gilter von dem Schiff' in der sinrd. Bedtg.: sehnt ecken (od. mit
getrennt ist. — Nd., nid. koor; ahd. chör; der Zange i)rüfcn etc., cf. kesen etc.) ist,
amhd., mhd. cbör, kör (Chor, Abtheilung, ivonach dann das aus kus etc. entstandene
Schaar; Ilinterthcil in der Kirche cds Ort kur, kor urspr. die Bedtg. (ich) schmeckte
für die singenden Geistlichen). — Aus lat. 40 (od. prüfte etc.) od. (ich habe bereits) ge-
chorus, bz. gricch. diorös (Chortanz, Beigen, schmeckt (od. geprüft, gekostet, probirt
mit Gesang verbundener Tanz; TanzpUdz), etc.) hatte u. demnach das für kust od. kosi
was einerseds ein ge- od. aneinander stehende Subst. kuri etc. wörtlich einen Zu-
geschlossenes u. andererseits ein v m- stand bezeichnete, wo man Etwas schmeckte
u. abgeschlossenes Etivas bezeichnete 45 (od. prüfte etc.), bz. bereits geschmeckt
u. ivahrscheinlieh mit griech. cheir (Hand), (od. gekostet, geprüft, probirt etc.) hatte u.
cliöris (((ussen, bz. aus- u. abgeschlossen von) dieses Etwas (weil man Geschmack daran
zur y ghar (greifen, fassen, umfassen, um- fand u. es Jür geschmackvoll erkannte) auch
schliessen etc., cf. 3 gären) gehört. wieder auserlas u. wählte (od. liebte, beliebte),
2. kdr, Haufe, Ablhciluug, Schaar etc.; 50 woraus dann von selbst auch wieder die Be-
— 'n kör dikers. — Obgleich das ahd. chör dtg. von Z ustand woEtwas ein Schmecken
(s. 1 kör) auch die Bedtg. Abtheil nng u. u. Prüfen vorgenommen hatte od. vornahm
Schaar hatte, so ist dieses 2 kör doch locdir- sowohl, als a uch die von Zu st an d, wo man
scJieinlich das in der Ausspraclic damit Etwas für gut erkannte u. ivählte (od.
übereinstimmende u. aus dem franz. entlehnte 55 liebte, beliebte) od. eine Wahl, Ausu: ahl
Corps, was eigentlich eine G esammtheit, (von Per.wnen od. Gegenstänilcn), bz. Be-
bz. ein in sich verbundenes unge- liebung, Entscheidung etc. traf od.
t heilt es Ganze , od. ein Ganzes be- bereits getroffen hatte etc. hervorging, cf.
zeichnet u. aus lat. corpus entstand u. mit 1 kören, köring, körmester etc.
dem gleichbedeutenden zend. kchrp, kercf; <J0 kOr-liom, der Kührbaum od. ausgesuchte
KORD
329
KOREN-MAKLER
u. beste Baum, als Gegensatz zu fiilbom,
dem faulen u. stinkenden Baum. — Spr/chiv.
in Bezug auf wählerische Freier od. Freie-
rinnen: de kOrböm söcht, de fülhora ruult.
— JVc^. köi'boom ; ?»/((?. korbom; davon Verb.
(Seh. u. L.) korbomcn (wählerisch sein),
ivie von fiilböm auch ein Verb, fiilbomeu
gebildet ist.
Kord, ml. Name = nhd. Kurt; — Ge-
scMn. Kordes,
kor-dans, a) Chortanz, lieihentanz; —
b) Seiltanz; s. kurde.
kör-dansen, Seiltanzen.
koi'-danser, Seiltänzer. — Nid. koordc-
daiisor, koordauser.
kördp, küre, kör, gedrehte Schnur, Seil.
— Nid. koord, koorde; mnld. koorde (fu-
nis, restis, nerviis, chorda etc.) aus franz.
cordc u. mit diesem u. ital. corda; span.
kordel, cordon etc. von lat. chorda als Ent-
lehnung des griech. chorde (Darm, Darm-
saite), was wahrscheinlich mit an. garnir
(Eingeweide, Gedärme) ; ahd. garni in mitti-
garni (arvina) etc. zu derselben y toie 3 gä-
reu (Garn) gehört.
köre, küre, s. 2 kör.
1. kören od. kören, küren, prüfen, küh-
ren, prüfend wählen, er- od. auswählen, neh-
men, belieben etc.; — perde od. hingsten
kören (Pferde od. Hengste p)rüfen auf ihre
Tauglichkeit u. sie nach bestandener Probe
M. Gutbefund öffentlich als tauglich ansehen
u. als auserlesen [elegaus] anerkennen) ; —
he is d'r to körd (geprüft u. auserwählt, bz.
gekühret etc.) ; — he k8rd sük dat beste d'r
lit ; — de körmesters kördeu (prüften u.
ivühUen) dat j^erd an, bz. of; — he körde
(kiihrte, beliebte, hiess etc.) dat göd. — Auch
subst.: dat kören. — Africs. (Hettema)
kera; wfries. (Jap ix) kerren ; satl. köre;
nid. keuren ; mnld. keuren, koren, karen
(gustare, tentare, eligere , deligere) ; anld.
kieren ; schwed. kora ; dän. kaare. — Zu
kor, bz. köre. — Compos. : bekören, aukö-
ren, ofkören, gödkören (gutheissen, billigen,
genehmigen, bz. für gut ansehen od. aner-
kennen etc.), ütköreu etc. — Vergl. auch
3 küren etc. u. Weiteres unter kesen, soivie
in Grimm (Wb.) unter koren, kören u.
küren.
2. kören od. koren und auch küren,
schwatzen, p)laudern, sich vertraulich unter-
halten etc. ; — se sitten dar bi 'n ander to
kören ; — wat hei ji dar mit 'n ander to
küren? — Nd. (Br. Wb.) kören, käreu,
k üren, (S cha m bac h) kören, (D a n n e i l)
käürn ; mnd. koren. — Beim Vergleich von
nhd. kor (in erkor) aus kos (in erkos),
bz. unserm karen, koren aus kosen von ke-
sen liegt es sehr nahe, dieses Wort mit kö-
seln als aus ahd. chösön, köson (kosen,
sprechen, plaudern) entstanden anzusehen,
worüber Weiteres unter kOsehi. — Vergleicht
man indessen mhd. kurn , kürn etc. aus
5 quem, bz. goth. qairiuis (cf. kwern u. karn),
so ist es auch sehr leicht möglich, dass die-
ses küren beim Vergleich von nhd. Klatsch
u. klatschen (cf. klats etc.) urspr. blas
ein Ger ä u s c h m ache n bezeichnet u. mit
10 unserm kurrehi sotvohl, als nd. (Dähnert)
klirren (murren) ; an. kura (Klage etc.) ;
mnld. (KU.) koereii, koerien, karien (gur-
ren loie die Tauben; seufzen aus Herzens-
angst); ahd. qucrau (geniere etc.) u. unserm
15 kwarreu etc. zusammodiängt, bz. mit diesen
Wörtern aus derselben y hervorging, loic
karig, wozu beim Vergleich von kotsen auch
o kören wohl gehört.
3. kören od. kören, brechen, erbrechen
20 etc.; — he k8rd sük d'r fan (er erbricht
sich davon, od. es icird ihm übel u. ekel
davon). — Nid. koren; mnld. koren, karen,
kereu ; mfläm. karen , koren ; nd. kören ;
mnd. (Seh. u. L.) koren, koeren. — Wenn
25 man das gleichbedeutende hess. kolken un-
ter kolken sub b vergleicht, so ist es klar
(cf. auch kotsen), dass dieses Wort jeden-
falls mit mnld. koeren etc. u. den tvcitern
unter 2 kören angezogenen Wörtern co)inex
30 ist u. urspr. Mos ein unarticxdirtes Geräusch
bezeichnet hat.
koren, körn, Korn ; — a) einzelnes Korn
u. bildl. das Kleinste od. eine Kleinigkeit
etc. mit dem Dimin. koi'entje od. körnlje u.
35 dem von körrel entleluden Plural körrels,
anstatt des nhd. Körner; — he kau gen
körn (od. körntje) misten; — he gifd ml
gm koren (od. korentje) fan ; — heb' ji nich
'n korentje äten: — Sprichto.: „dat is 'n
40 ander körn as 'n roggekörrel," sä' de mül-
1er, do bet he up 'n müskötel; — b) Ge-
treide od. die Körnerfrüchte als Weizen,
Bocken, Gerste u. Hafer; — he is mit ko-
ren na 't markt faren : — 't koren steid all'
45 göd un wen 't göd arnt worden mag, den
könen wi fan 't jär 'n göd gewas ferwach-
ten wäsen. — Sprichw.: he geid dör gras
un koru; — steid 't körn digt un stak, gifd
föl in de schür un min in de sak. — Nd.,
50 mnd., nid., mnld. koren, koorn ; afries. körn ;
as. körn, korni, kurni; ags., engl, corn; an.,
schived., dän. körn; norw. körn u. (abioei-
chend) koorn, kaarn ; goth. kaum, kaurnö ;
ahd. corn, körn, cliorn, choron, choren, cho-
55 rin ; mhd. körn. — Wegen der Verivandt-
schaft n. ]/ cf. 1 kern.
koren-bön, Kornboden.
koren-börse, Kornbörse.
koren-koper, Kornkäufer, Getreidehändler.
60 koren-niäkler, Getreidemäkler.
KOREN-MARKT 330 KOERSTE KOERST
koren-niarkt, GetreidemarJct. kleinen harten Körpern hestehend, von grütz-
koren-jn'is, Korn-, Getreidepreis. artiger Beschaffenheit.
koren-scliale, koreusclidl, Getreidewaage ; körrelkp, körlke u. körrelfje, körltje,
unmentlich ilie kleine Handwaage zur Kr- Diuiin. nni kürnl.
mittelting des Börsengewichtes. 5 köi'i'pl-küte, körrelkut, körlküte, Rogen-
koren-schiippp, Korn-, Getreideschippe. od. Fischcier-Behidter , der junge Fischro-
kiirl' I l'lur. killten). Korb. — Bedensart: gen od. der noch zu einem Ganzen verbun-
'n küif krigeii od. 'i\ kiirf frafon (einem dene weibliche Saamoi der Fische vor dem
Freier); — dOr de kürf fallen (im Kramen Ausscidiijifcn. Gegensatz von niclkküto.
durchfallen, bz. nicht bestehen). — iW(/. 10 1. kcirs, Kurs, Strich etc.; -- hö kan c^ön
korv etc. aus lat. corbis u. dies nach F ick körs lioUlon ; — hö is net god bi körs (er
(IT, 74) mit unscrm warf, warfen von einem ist nicht gut bei Kurs etc.; fig.: er ist nicht
Thema kvarp (drehen, winden, flechten etc.). gut zu JSIuthe, ist unwohl etc., od. auch: er
kiirfeil, durchfallen lassen im Kxamen. ist etwas benebelt). — Bäthscl: wi seilen mit
kiirin^, kören, Köhrung, Briifung, prü- 15 de uordewiud, flak für de wind; norden
finde V)dersuvhung etc., verbunden mit Brä- was de körs im norden lag et an. räd, wo
mienvertheilung. was de wind?
kiirisk, korsk, wählerisch, lecker etc. — 2. körs u. körts (Blur. körtsen), Fieber;
iS''(/. körsch ; nfries.hävBch; hess. (V ilmar) — galkürs (Gallenfiebrr), Wechselfieber; —
koerisch, koersch. 20 dredägse körs. — Nid. koorts; mnld., bz.
kork, kurk, Kork, Korkholz, bz. Kork- ««/(/. kortse; mnd. (Seh. u. L.) kdvtSjCortzv,
rinde, Bfropfen od. Stöjjscl von Korkholz; koerts. — Dieses hier nur einzeln u. haupt-
— dat snukd , bz. dat is so drüge as kork sächlich an der holt. Grenze gehörte, allge-
(od. kiirk). — In der Bedtg. Bfropfoi mein aber in Holland gebräuchliche Wort
lautet der Blur. korken od. ki'irken. — Nid., 25 haben unsere alten Vorfahren direct mit
mnld., mnd. kork «. dies aus (Diez, II, aus ihrer indischen Heimath gebracht, da
115) span. coi'clio, von lat. cortex. es mit skr. (Bopp, Gloss. comp., pag. 154,
kOriik, körelk, ausgesucht, j^rächtig, her r- zweite Spalte) jürti (febris) zweifellos ideid.
lieh etc.; — kürelk niöi. — Nid. kcurlijk. ist, sowie ferner auch mit hib. gurt (pain,
Zu kör. 30 trouble, fiereeness) u. jedenfalls mit diesen
kör-mester, der Meister od. Leiter des Wörtern u. mit skr. jvara (nach Be nfei/ :
Köhrungsgeschäfts. fever; sorrow; — nach Bopp: aegritndo,
körn, s. koren. molestia, difficultas etc.; — nach Fick:
körnen, körnen, bz. das gedroschene Korn Gluth) u. jvalä (flngrans, tlammans; llanima)
od. Getreide durch Treten od. sonst ange- 35 etc. zur y skr. .jvar, jval, bz. idg. gvar (glü-
■wandte Mittel von den Hidscn u. Grannen hen, fiebern etc., bz. nach Bopp: aegrotare;
befreien, damit die einzelnen Körner recht febiire, llamraaro etc.) gehört. Diese y
glatt u. rundlich loerden ; — de garste is jvar od. gvar ist indessen ebenso wie jnrv,
net god körnd. bz. (Fick, I, 78) garv aus gur, bz. gar (cf,
körntjo, n. unter koren. 40 Grass mann, 479, 3 jar) entstanden ii.
körrel. körl, karrel, kurl, kennel (Blur. demnach auch ta-sjn'. dieselbe, wie die für
kürrels), A'or«, Kern; Krümel, Geringste, Qualu. quäle n anzusetzende y gur, wor-
Klcinigkeit etc. ; — appelkörrel, roggekörrel, über Weiteres unter kwäl u. köl, kellen etc.
sädkörrel, brödkürrel etc. ; — 'n körrel brod ; zu vergleichen ist.
— he kau gen körrel misten; — is d'r net 45 \i.»Fs-iu-\\ü^, fieberJiaftig, fieberhaft.
'n körrel ätcn för mi afer bliifen? — hei 'n korset, Schnürleib, Leibchen. — Nach
körrel drinken för mi? — Beim: körl, körl, Diez (II, 250) ist dieses franz. Wort von
kriidigam, war wand nun brüdifram? na Osten, dan aus lat. corpus (Körper, Leib) contrah.
na Westen ; spring to min allcrliesten. Die franz. eors weitergebildet, wie das gleichbc-
jungen Mädchen nehmen beim Apfelessen 50 deutende ital. corpetto von corpus.
die Kerne zwischen Daumen u. Finger, wo- körsk, s. körisk.
bei sie vorstellenden Beim hersagen. Die körste, körst, kost, Kruste, harte Binde
Bichtung, 7iach welcher der Kern hinspringt, od. Decke etc.; — kinsten fan 't bröd; —
bezeichnet die Gegend, wo der zukünftige du must dat Hes 'n bitjc fei braden laten,
Bräutigam loohnt. — Nid. körrel. — Wohl 55 dat d'r 'n mojen brünen körst afer kumd;
von körn mit el tceitergebildet u. dann für — d'r hed sük 'n körst afer setd (z. B. über
urspr. kornel stehend, wie kennel für kcrnel eine Wunde, ein Geschnür, über weichem
u. engl, kernel von kern. Dreck etc.). — Nd. körsto, koste, korste,
körrelig, körrelg, körlifj, körnig, wie koste; mnd. korste, kost; «W. korste. — JKs
Körner beschaffen, aus kleinen Körnern, bz. 60 ist versetzt aus and. croste, was mit ahd.
KOERSTEN
331
KOESELN KOESKEN
krustä, mhd. kruste aus lat. crusta entlehnt
ist. Dieses selbst aber stammt von einem
aus kru weitergebildctcn Tlicma Icrus (rauh
u. hart sein etc.) , worüber Weiteres unter
kros u. ros, hs. unter rufe, rofc.
köi'steii, Icrusten, eine Kruste od. Binde
etc. belxommen od. ansetzen. Davon: be-
körsten, bekrusten, vernarben etc. ; — dat
bröd (od. de swello, wunde, (^rde, mudder,
dat land etc.) bekörstd, bz. is bekörstd, lied
siik bekörstd etc.
körster, köster, Backwerk od. Gebratenes
mit einer harten braunen, knuspernden
Kruste ; (fig.) leckerer Braten. — In einem
unserer ISt. Martins- Lieder hcisst es bezüg-
lich der gebratenen Gänse: bradeii np 'n
röster, smaken s' as 'ii köster etc.
kört (flect. körter, körtste, körtst), kurz,
nicht lang, klein, gering, unzureichend etc.;
klein, kaput, in Stücke etc.; — kört uu dik,
dat bed gm schik ; — 'u körten büksen (a.
eine kurze, bz. nicht lange Hose; — b. eine
kaputte, zerrissene Hose) ; — 'n körten stok
(a. ein kurzer, bz. nicht langer Stock; —
b. ein kaputter od. zerbrochener Stock) ; —
de stok (od. de planke, balke etc.) is 'n fot
to kört; — be is bi 't delen to kört ka-
men ; — lie hokl bum kört ; — sin wcten
(od. krackt, magt etc.) is to kört; — kört
fau dür ; — 'n körten tid ; — kört an ; —
kört of ; — kört un göd ; — kört fan be-
grip ; — kört fan resoliitje etc. ; — be haud
't all' kört un klen ; — 't fald kört ; — kört
as rausterd (kapiit, zerkleinert, zerrieben od.
fein ivie Senf) ; — kört malen (kaput od.
klein mahlen, zermahlen, zerschroten) ; —
wurtels kört suiden (od. stöten, bakkeu etc.)
etc. cf. körten, körtför etc. — Nd., mnd.,
nid., mnld. kort; afries. kort, kurt; ivang.
kort; soi/. kurt, küt; lielg. kmt; ivfries. kirt;
as. kurt ; isl. kortr ; norw., dein, kort ; schwed.
kärt, kort ; ahd. kurt, cburt «. kurz, churz ;
mhd. kurz ; md. kurt u. korz. — Zunächst
loohl entlehnt aus lat. curtus, ivas selbst viel-
leicht mit dem gleichbedeutenden ahd. skurz;
ags. sceort, scert, scort ; acngl. scbort ; engl.
Short etc., sowie weiter mit unserm schüren
(reissen, spalten etc.) u. schären (sclieren,
sehneiden etc.) etc. zu der idg. y skar
(schneiden etc.) gehört, obschon es auch mög-
lich ist, dass das lat. curtus mit ahd. scurz
zunächst unverioandt ist u. vielmehr mit kslav.
kratükü (kurz) ; crita (schneiden) ; lit. kertu,
kirsti (schneiden, mähen) ; lett. zertu, zirst
(hauen) etc., soivie iveiter mit griech. krötos,
kroteö ; skr. kart (schneiden) etc. auf eine
aus kar erweiterte ]/ kart zurückgeht, loo-
bei kar indessen auch aus idg. skar (cf.
schär, schären etc.) hervorging.
körte, Kürze ; — de körte fan de tid lett
dat net to ; — in de körte fan de dagen (in
der Kürze od. der Kleinheit der Tage, bz.
in der Zeit, wo die Tage kurz od. klein sind,
= in den kurzen Tagen, od. zur Winters-
5 zeit); — in 't körte kam ik bi di. — Nid.,
mnd. körte; ahd. kurti, churti u. kurzl,
churzi, chui'za.
köi'te-jaii, Zaunkönig.
körtelik, körtelk, kürzlich.
10 körten, kürzen, kurz inachen, schneiden,
stutzen etc. ; — he körtd de stok ; — de här
körten laten ; — de häge körten etc. ; —
kurz iverden; — de dagen kürten. — Com-
pos.: ofkörten, bekörten, ferkörten, inkörteii,
15 npkörten etc. — Nid., mnd. körten; nd.
körten ; afries. korta , kerta , kirta ; ahd.
(kurzjan), kurzen ; amhd. churzen ; mhd. kur-
zen, kürzen ; md. kürten.
körteiis, körts, kürzlich, vor od. seit Kur-
20 zem etc. ; — be is d'r körtens erst west. —
Nd., nid. korteus.
kört-för (Kurz-Futter), Kle in- Futter , bz.
Futter ivas aus kleinen od. zerkleinerten
Körpern (Stücken, Theilen) als Hafer, Ge-
25 treide-Schrot, Mehl, Häcksel, bz. Brodschnit-
ten od. zerbrocktem Brod besteht. Der Ge-
gensatz von körtför ist rügför (Rauh- Futter)
als Heu, Stroh etc. ; — du kanst de perde
nog wol erst wat körtför gäfen.
30 kört-kop (Kurz-Kopf), ein Mensch, der
kurz angebunden, bz. nicht langmüthig u.
geduldig ist «. leicht aufbraust u. in Zorn
geräth, ein Hitzkopf, Brausekopf etc. ; ■ — uira
dl in acht, he is 'n körtkoj), de sük net föl seg-
35 gen un andun lett. — Nd. (Br. Wb.) kortkopp.
kört-koppij;, körtko])sk, körtkopd, leicht
reizbar od. leicht gereizt u. zornig, kurz an-
gebunden etc. ; — he is so ferdömd kört-
kopsk, dat mau hast niks seggen dürd, of 't
40 is in 't wilde. — Nd. (Br. Wb., Dähnert
etc.) kortkoppisch, kortköppscb.
körts, s. körtens.
kört«, s. 2 körs.
kört-str«, Kurzstroh. Gegensatz von lang-
45 strö.
kört-wil, Kurzioeil; — kört-wileu, kurz-
tceilen.
kose, Wahl, Ausivahl etc. ; — he bed 'n
goden kose dän. — Nid. keuze, keus ; mnld.
50 keuse, koose etc. — Zu kesen, cf. 2 kör.
küsele, kSskere, geköske, Plauderei,
Schwätzerei, Geschwätze, leichte freundschaft-
liche Zwiesprach etc. — • Die erste Form kö-
sele gehört mit nd. (S chambach) käselie
55 (Albernheit, Dummheit etc.) zu kösebi etc.,
ivährend köskere n. geköske zu dem mit kö-
seln sgnongmen köskcn gehört, worüber Wei-
teres unter dem folgenden:
kü.seln, köskeii, schwatzen., plaudern, in
60 leichter freundschaftlicher u. vertraulicher
KOESKE
332
KOESTER
Weise sich mit einander unterhalten etc. ;
— se Sitten in dunkern wat mit 'n ander
to kosein. — Die -iceite Fort» kosken, hz.
köseken ist ein Dimin. vom ungihrüHclili-
chen kosen od. richtiger eine Weitcrbildiiii;/
von kSske , als dem Dimin. vo)i einem mit
ahd. kösi (s. unten) idcnt. unr/ehräuchh'choi
köse, während kuseln = nd. (Scham buch)
käsein (Albernheiten s2)rcchcn etc.); nid. keu-
zcleu (.^tatt kozelen) ein Iterativ von nid.
kozen (in liefkozen) =: mnd. kosen; ahd.
chösön, kösün, cösän ; amhd. chöseu ; mhd.
kosen (reden, sprechen, plaudern, kosen
etc.) ist. Dieses ahd. oliösön etc. (wovon
vielleicht das franz. coser, plaudern etc.)
stammt mit Hai. cusare (behaupten) ; prov.
chausar; afranz. choser (zanken, streiten)
von lat. causari, während ahd. kösi, cliusi,
köse; amhd. cliöse; mhd. köse, koese (Gc-
sjmich, liedc, Geschwätz) mit ahd. kösa,
chösa; mhd. köse (liechts/iandel ; Gespräch);
ital., s2)an., 2>'>rt., prov. (Diez, I, 141) cosa;
franz. chose (Sache, Ding) etc. von lat. causa
entstand, woraus auch icohl das afries. kaso
od. käse (Streit, Ztvist, Gefecht); ags. ceäs
(lis) hervorging, wie sich auch dieselben Be-
dtgn. in sake (ef. dieses) finden.
küske , kleine, freundschaftliche Zwie-
sprach ^ kleine l'lauderei etc.; — 'n liitjet
köske liolden. — Dimin. von kose = ahd.
kö?i etc., .s'. unter kosein.
kriskeii. koskere, s. kosele u. köseln.
1. kiist, .s'. kiirste.
'2. kost, Kost, Nahrung, Speise u. Trank
zum Unterhalt, bz. Siicisung, Beköstigung etc. ;
— s\vartl)röd is 'ii gesuntle kost ; — für 'n
meid räkene ik de kost up hundcrd daler
in 't jär ; — bö kunul ligt an de (od. bi de)
kost; — in küst un lön. — Sprich w.: bäter
de hiik barsten, as de kost ferdarfen. —
Uebertragen: Mahl, Schmaus, Festmahl,
Hoehzeitsschmaus ; — kost uu kiiidelber to
giiker tld beiden. — Nd. kost, kost (I.etz-
teres auch in der Bedtg. : Festmahl od.
Schmaus, cf. Danncil, pag. HS); mnd.,
nid., afries., tvfries. kost ; nfries. käst, kost ;
an. kostr; schwed., dün., norw. kost; mhd.
koste, kost. Davon entlehnt: slov. kösta ;
tcend. khöst. — Fs bezeichnet wohl zunächst
dasjenige tvas man kostet od. prüft u.
schmeckt u. obschon es der Lautrerschie-
bung nach ebenso wie ahd. kust, chust etc.
u. goth. kustus (Prüfung etc.), sowie ags.
cyst (auscrwählte Figenschaft etc.); an. kostr
(Wahl, Lage, Beschaffenheit etc.); norw.
kost (dasselbe) etc., sowie ahd. cliost (arbi-
trium) zu lat. gustus stimmt, so stammt es
doch wohl mit den obigen germ. Wörtern
direct von goth. kiusan ; ahd. kiosan etc. (cf.
kesen) ab, icic ja auch ahd. chostön, kostön ;
as. kostöu (kosten, prüfen etc.) von einem
zu kiusan, kiosan etc. gehörenden Stamm
cbost, kost, bz. von dem ahd. cbost (arbi-
triuni) weitergebildet ist. Nach Ililde-
5 brand (ef. Grimm, Wb. V, Spalte JS46)
kömmt kost (Schweiz, kust, cbust) übrigens
auch in derselben Bedtg. wie lat. gustus
(nämlich in der von : G e s c h m a c k) im nhd.
vor. Weiteres vergl. übriffcns unter :i Kost
10 in Grimm, Wb. (V, Sjialtc 181!)), reo H 11-
debrand es mit dem folgenden kost, koste
//( der Bedtg. : A ufw a n d für Ftwas etc.
identificirt, loorüber Weiteres unter dem fol-
genden:
15 kost, koste, kosten, Kost, Kosten, Aus-
gabe u. Aufwand für Ftwas od. für den
Frwerb einer Sache, bz. das worauf ein Ft-
was Jemandem zu stehen kömmt etc.; —
dar kau ik net ffil an to kost leggen ; —
20 dat mäkd mi to ful kosten; — he bcd d'r
föl kosten fan bad (bz. an dän), dat be dat
biis wer niöi kragen bcd. — Nd., mnd. kost,
koste; nid. kost; ahd. cbosta; mhd. koste,
kost (Wcrth, Breis einer Waare, Aus(j((ben,
25 Aufwand : ferner auch fef. Oscar Schade,
ahd. Wb.] : Lebensunterhalt, Zchrung, Speise).
— Dieses Wort ist aus ital. eosto; span.
Costa (Breis, Werth, Geldausgabe wofür etc.)
entlehnt u. stammt mit span. costar; ital.
30 eostare ; afranz. conster; nf ranz. c.ouXav von
lat. constare. Wegen der Bedtg.: Lebens-
unterhalt, Zehrung, Speise etc. dieses Wor-
tes, bz. der Identificirung desselben mit 2
kost (s. am Schlüsse desselben) sei noch be-
35 merkt, dass das an. kostr (cf. Grimm, Wb.
V, Spalte 18J6, unter 2 Kost) auch .schon
die Bedtg. : Speise, Speisung etc., sowie fer-
ner, dass auch lat. gustus neben Kosten,
Prüfen, Geschmack etc. die von: Ge-
40 »«SS, Vorgericht, Trunk hatte u.
dass dieses icohl dafür spricht, dass 2 kost
etc. eher mit ahd. cbost u. cbostön zu kiu-
san etc. gehört, als da.ss es dasselbe Wort
ist, wie das aus dem rom. entlehnte obige
45 ahd. cbosta.
köstelik, koste] k, köstlich.
kosten, kosten, zu stehen kommen etc.
1. köster, s. kiirster.
2. köster, Küster. — Sprichw.: kösters
50 kö weidt up 't karkliof; — „wen 't hart
man swai-t is," sä' de köster, do drög be 'u
roden weste up 't trostclber; — .„ärd lett
net fan ärd," s;i' de köster , as sin dogter
dre kinder up 'n mal krög, „mi gung in 't
55 erst just so"; — 't is buiii entgliidcu, as de
köster 't ei ; — net all' in päps niirs ; köster-
öm ök wat; — kösteröm un pastör gedra-
gen sük fäk as 'n dör; — kösteröm un pa-
stör ferdrägd jo as spek un köl to för ; — ■■
60 „wat ik net wet, wct raiu köster," sä' del
KOESTERE
333
KOTE KOT
pastor; — „rigt jo," sä' de köstcr, do harr'
he e n junge för de düde ; — de klok geid
as de küster de kop steid; — he hangd siik
up, as de küster an de klokke; — „ei is 'n
ei," sä' de küster, do langde he na 't gösoi ;
— „wat fedder, wat fri'ind," segd de küster,
„jung' trek de hüksen of;" — „fol kinder,
föl segeu," sa' de küster, do stak he de dilp-
schilliiig in de taske; — „alle handwarken
sunt smerig," sa' 't küsters wif, do kreg se
'n endje kers üt de karke. — Beim: bum,
hani, beier, de küster mag gen eier, wat
mag he den ? 'n stük spek in d' paun, —
fi wat 'n ollen lekkerman (od. dar word d'
küster lekker fan). — Nd. küster; )dd. ko-
ster; mnd., mnld. koster, küster; afries.
küster; ahd. custor, gustor; mhd. küster,
guster etc. — Mit kustjus (s. dieses) aus
lat, custos u. urspr. der Wächter, Aufseher
od. Hüter der Kirchcnlclcinodien u. heiligen
Gefässe. ^
1. köstere, Küsterei.
2. köstere, s. küstern.
kösterii, schulme ister )i, Jiofmeisiern, Je-
mandes Thun u. Lassen in anmassender
Weise tadelnd besprechen, tadeln, schelten
etc. ; — he hed altid afer alles an elk un
6n wat to küstern; — du must di dat kü-
stern wat ofwennen nn net altid afer alle
lue wat to seggen hebben. — Daher: be-
küstern, behofmeistern (se wil 't altid all' be-
küstern wat 'n ander segd un deid). — Subst. :
küstere od. geküster, Hofmeister ei od. Gc-
hofmeister etc. (ik wil mi din küstere od.
geküster net altid gefallen laten, ik wet net
so göd as du, wat ik to dön un to laten
heb') ; — dat geküster (Gehofmcister, Ge-
sclmlmeister, Getadel, Gescheite etc.) mut en-
delk 'n ende hebben, dat is je gans net
mer iittoholden ; — dat is je 'n old geküster
mit dl; hold' dog dm rand. — küstern ».
küsteren heisst ivijrtl. soviel als den Küster
machen od. spielen, wie ja die Küster
früher zugleich oft auch den Schulmei-
ster -Die n s t versahen.
köst-j2;anger, Kostgänger; — Redensart:
unse lefe hergod hed wunderlike küstgangers.
köst-hüs, Kosthaus, Haus loo Jemand die
Kost u. Speisung hat.
kostuni, kestüni, Costüm; — a) Gewohn-
heit, Brauch, Gehrauch, Sitte etc.; — na
de olde kostüraen un wetten, nach den al-
ten Getvohnheiten (od. Gebräuchen etc.) u.
Gesetzen; — b) Kleidung, Tracht, äusser-
licher Aufputz, bz. Erscheinung, Gestalt etc.;
— 'n wunderlik kestüm. — Aus mlat., ital.,
prov. costuma, bz. ital, port., frans, costume
etc. u. dies (cf. Die z, 1, 143) aus lat. coii-
suetudo von consuesco, bz. consueo, dessen
Stammverb, suesco, bz. sueo eigentlich „ich
eigene^' od. „ich mache (mir) eigen" etc. be-
deutet u. mit se, sibi, suus von derselben }/
abstammt wie unser sin (sein, sein eigen etc.)
u. siik (sich) etc.
5 köt, Koth, stcrcus, merda. Es ist urspr.
dasselbe Wort wie kwäd (s. d.) , wird hier
aber fast nie gebraucht u. kömmt es haupt-
sächlich nur in dem Compos. 1 kötslän auf
dem Lande vor , was vielleicht darauf bc-
10 ruht, dass das Subst. kwäd, bz. quaad
(ebenso zoic nid. quaet, quat u. kaet, keet)
früher auch hier (cf. O. Ij. R., pag. 777)
in der Bedtg. stercus od. Unflath ge-
braucht wurde, wie auch nfries. (Johan-
15 sen,pag. 105) kuad, kiat (Schmutz) das-
selbe Wort wie Koth ist.
kote, köt, Knöchel (talus), besonders der
Knöchel od. Gelenkknochen im Fussgelenk
der Pferde, sodann aber auch die Fessel od.
20 das Fesselgelenk selbst; ferner (übertragen) :
der Huf u. die Klaue div. Thiere m. ganz
allgemein auch (selbst von Menschen) der
Fuss, meist mit dem Nebenbegriff des Plum-
pen etc. ; — fast uji sin koten stän ; — barg
25 din koten, dat man d'r nich afer fald ; —
he haut d'r mit sin koten in, dat de schite
huni afer de kop flügt. — Mnd. kote, kute
(Huf, Klaue; Fessel; Knöchel); nid. koot;
mnJd. kote (talus) ; afries. kate, kaet (Ge-
30 lenk, Gelenkknochen, Knöchel) ; lofries. keate
(dasselbe, wie z. B. das Gelenk od. Glied
einer Kette nach Ja 2^ ix auch durch ke&te
bezeichnet icird) ; schott. (Jamieson) coot,
cute, queet (talus); norto. kaatra (dasselbe
35 tt. nach Iv. Aasen ident. mit an. kvatra,
bz. isl. kotra); schwed. kota (Gelenk, Wir-
bel am Knochen) ; dän. koda (Fessel, unter-
stes Gelenk am Pferdefuss); nhd. Köt he
(dasselbe). Weitere Formen cf. bei Hil-
40 debra n d in G r i m m ' s Wb. V, Spalte
1885 seq. — kote als Gelenk u. Gelenkknochen
bezeichnet ein biegsames od. sich bie-
g e n des Etwas u. falls es gleichfalls wie kate
ei)i der Lautverschiebung entgangenes Wort
45 ist, so gehört es mit ved. (Grassman)i,
Spalte 332) küta (Stirnhein, Hörn), sowie
wahrscheinlich auch mit nono. kyta (bügle,
fremstaaende fold eller rynke) u. mnld. (KU.)
kote, kot (luxata membra, articuli loco moti
50 etc.) etc. zu derselben y kut od. kut (bie-
gen, krümmen, ivölben) , ivozu bereits auch
kate gestellt lourde.
Vergleicht man 1 l)uchel (Beule, Höcker
etc.) von bügen (biegen etc.), so würde zu
55 dem obigen noriv. kyta (bügle, bz. Beule etc.)
auch das von H i 1 debra n d (G r i m m ,
Wb. V, Spalte 1886) aufgeführte nhd. küte
(Geschtoür, Geschwulst), bz. das von Die-
fenbach aufgeführte chot, chüt (bulla),
GO sowie ndrhein. küt (Blüthchen od. Finnen
KOETEL 334 KRABBE KRAB
im Gesicht), nd. (Dann eil) küt (weiches loic xoir z. B. von Jemandem, der heim Kc-
Geschwür), sowie möglicherweise auch unser gelspielcn die Ku(jel nicht ordentlich wirft
ki'ite od. küt (Wade, cf. 1 küto) zu verglei- od. loerfen will u. kann, sagen: he köljod,
chen sein. od. he kiltjed wat herum.
kdtel, Küthel, ein einzelnes comjiactes 5 kotiii«;, s. kwating.
rundliches Klümpchen (od. Klumpen) Ex- kd-tittP, Kuh-Zitze,
crcment, welches bei Pferden auch Apfel krab-aiikcr (Hausbau), ein eiserner An-
genannt wird. — Compos.: müs-, perde-, leer )nit gekrümmter Spitze od. Klaue zum
schäp-kOtel etc. — Spricliw.: du schast FestJudten von ]\Iauerplatten u. Bcüken.
(schalst, sollst) nog lütje kotels schiten. — 10 kotsPii od. kodseii, speien, brechen, er-
Kd. kütel ; mnd. kotcl ; nid. koutel ; vinld., brechen, vomiren etc.; — he kotsd 't alT
mflnm. kotel, keutel ; hess. (V ilmar) k'dic}, wer üt; — he kotsd sük d'r fan. — Nd.
kdttel, kiittel, kittel «/. koctel. — Wohl Wei- kotsen; nid., mnld., mjläm. kidsen, kitscu
tcrbildung von kot ti. soviel als: Koth- od. etc. Da dieses auch mit andern Vocalcn
Dr eck -Ding, zumal (ef. Grimm, Wb. 15 (cf. kotz c n in G r imm, Wb.) erscheinende
iiider kütliol) dafür auch die Form quättel Wort auch die Bedtg. : husten, räuspern etc.
in der Bedtg. Kuhfladen vorkömmt. hat, so ist es zweifellos ein Schallwort u.
kötoln , a) Küthels od. Dreckklümpchen vielleicht mit kwatscn eines Ursprungs,
machen od. fallen lassen; — dat schäp kö- 1. köt-üUin, Kothschlagcn ; i. q.scharnsVXn.
tokl ; — h) (fig.) in abgerissenen Sätzen reden. 20 2. kot-sluu , ein Knabenspiel auf dem.
1. kßtor, Köther, Köthner, kleiner Bauer Jjande, zvas darin besteht, dass die Ivncdioi
od. Betcohner u. Besitzer einer Kothe (s. mit krummen Stöcken nach einem kotcn
kAtv) mit geringem Landbesitz u. daher über- (Klaue einer Kuh, bz. einem Binds-Fuss-
haupl ei)i 3Tensch od. 3[ann von geringer knöchel) schlagen u. diesen in ein in der
(reitung u. geringem Ansehen, od. geringer 25 3Iitte ihres Kreises befindliches Loch trei-
Macht etc. , woraus dann wieder die allge- ben müssen.
meine Bedtg. : Geringer, Kleiner, Gemeiner kovo, kleines Gemach od. Gelass. — Wohl
od. Machtloser etc. hervorging ; — wat wult dasselbe «o/e kouwc etc., bz.xinserkn.\x ?f. koje.
du kOtcr (od. du Hitje köter) wol? — Nd. 1. krabbo, krab, a) Krebs; hier allein i-
kütor, käter; mnd. kotor, koterer, kotenere; 30 ger Name aller Arten Krebse, gleichviel oJ>
nid. (provinz.) kater, koter etc. gross od. klein u. ob mit od. ohne Schccren ;
2. köter, Köter od. ein kleiner Hund, — Sprichio. : wcu d'r anders \\\k% is, den is
urspr. aber (wie nd. köter; mnd. koter u. de krahbe uk 'n fisk; — b) ein kleiner
koterliuud etc.) ein Bauern-Hund von ge- schwarzbrauner Rüsselkäfer, dessen braune
meiner Art (nach Dähncrt ein Bauer- u. 35 od. schwarze Ixirve (Kornbohrer , Kortt-
Scliäferhund) od. richtiger lüohl „Hund eines krebs, brauner od. scJuvarzer Korn wurm,
Köthners od. kleinen Bauern" u. so auch cahmdra grauaria) sich in das Korn hinein-
(da ein solcher keinen grossen angeketteten bohrt u. das Mehl auffrisst; — c) (in ilher-
Jlofhund halten kann u. braucht) überhaupt tragener Bedtg. u. theUs mit Bezug auf
ein kleinerer Hund von gemeiner llace, wie 40 krabbeln u. krabben etc.), ein kleines Kind.
auch mnd. koter im Gegensatz zu rekel welches ivie ein Krebs auf allen Vieren, b:.
(grosser Hofhund) .steht. mit Händen u. Füssen auf dem Boden her-
kütei'-bür, Köther-Bauer, kleiner od. ge- umkrahhelt u. kriecht, bz. was noch nicht
ringer Bauer. — Nid. (provinz.) koter-, gehen, sondern erst kriechen kann (de lütje
keuterboer. 45 krabbon krabbeln un krupcui en all' um de
kütje (Dimin. von kote), a) kleiner Knö- fotcn herum) od. auch eine kleine kratzende,
chel od. kleiner Gelenkknochen, womit die lebhafte u. streitsüchtige Person ('t is so 'n
Kinder (wie mit bikkels) spielen; — b) klei- regten lütjen krabbe, cf. krabkater«. kribbe),
ncr Huf od. kleiner Fuss eines mit Hufen sowie auch ein widerstrebender od. wider-
M. Klauen bewehrten Thicres, wie z. B. eines 50 haariger u. unwilliger Mensch (der störrisch
Lammes od. Ferkels. ist, loie ein Krebs, bz. sich wie ein Krebs
k»tje; i. q. 1 koter in der Bedtg.: Klei- überall an feslklammt od. rückwärts geht,
ner. Geringer, Machtloser, loenig od. nichts loenn er voraus soll), von dem wir sagen:
vermögender Mensch; — du biist 'u regten he is 'n regten krabbe, war niks mit anto-
kßfje; du kanst je niks. — Daher auch 55 fangen is. — iV(/. krabbe, krawwe ; nid., mnld.
kftfjobiir = köterbür. krab, krabbe; ags. crabba; aengl. crabbe ;
kotjen, in kleinlicher Weise, od. in ge- engl, crab; an., isl. krabbi ; norio., schwcd. ,
ringem IJmfange Etwas beireiben, bz. so krabba; dän. krabbe. — Davon weitergebil-
handeln u. tJtun, tvie ein kleiner, schwacher, dct (aus der Grdform krabaii od. kraba, bz.
machtloser u. nichts vermögender Mensch, 60 einem ahd. crapo) : ahd. chrepazo (and. kra-
KtlABBE KRAB
335
KRABBEN
bata?), crebiz ; mliä. krebeze, chrebze, krc-
bez, krcbz; mnd. krevet, kroft; nd. krcved,
krewet, krecvd; dithm. (Schütze, 11,337)
kraut (aus krawet := krabet); nid. krecft;
7mild. krevet, kreft (auch Harnisch, bz. tho- 5
rax, scutum etc.) , wovon afranz. escrevissc
(a,uch Harnisch) ; franz. ecrcvissc ; nprov.
escrabissa, escrevici ; tvall. gravcse, gravase,
graviche (Krebs), während aus afranz. es-
crevissc etc. neben dem altern engl, crcvis, 10
crevishe (cf. K i l. tmter krevisso) auch tvoJd
mnld. krevisse, krcvitse hervorging/. — krabbc,
bz. kraban ivird von Fi c k (III, 50) ebenso
wie krabbeln etc. zur germ. y karb (ker-
ben, cf. karten) gestellt, wonach dann die 15
krabben od. Krebse urspr. cntiveder als
Kerbthier e od. Kerfe (wie die Insec-
ten) od. als Bitz- od. Kr atzthier e (cf.
krabben) aufgefasst sind.
2. krabbe, krab, eine kleine Hacke od. 20
Karst mit im Winkel gebogenen Zinken zum
Aufkratzen u. Lockern des Erdreichs. Zu
krabben.
krabbele od. gekrabbel, Krabbelei, Kraize-
lei etc. od. Gckrabbel, Gekratzcl, Gekrieche etc. 25
krabbeler, Einer, der ivorauf herum-krab-
belt w. herum-kriecht.
krabbeln (Iterativ von krabben), krabbeln,
kratzein, krauein, kritzeln, ritzein, bz. die
mit kratzenden, ritzenden u. haken- 30
d e n hornigen Spitzen (Nägeln, Klauen etc.)
beioehrten Extremitäten wiederholt tastend
an, auf od. in Etwas herumbewegen, od. da-
mit an u. auf Etwas herumkriechen etc.,
toodurch dann zugleich vom häufigen u. wie- 35
derholten Bewegen des betr. Gliedes aucli
ein toimmclndes Geivoge (cf. auch kribbehi)
entsteht; — be krabbeld (kratzclt, krauelt,
bz. kratzt sich loiederholt) sük up de kop ;
— wat krabbeld (kratzelt etc. , kratzt loie- 40
derholt n. fortgesetzt, ivodurch zugleich auch
ein kratzendes GeräuscJt entsteht) dar an de
dör? dat is gewis 'n miis of 'n lütjed kind;
— dar krabbeld (kratzelt u. kriechclt od.
kribbelt etc., in Verbindung mit einem jucken- 45
den Gefühl) nn al so wat in de nak berum;
kik' insen to, wat dat für 'n der is ; — de
liitje kinder krabbeln up de däle (od. in 't
sand etc.) berum ; — de niiisen krabbeln
(kratzein und rascheln od. bewegen sich 50
kralzelnd u. raschelnd) in 't strö berum ; —
wat krabbeld un krupt dar in 't sand berum ?
dat sunt cmer migbamels ; — be krabbelde
sük d'r gau wer üt (z. B. aus einem Loch
od. Graben, indem er mit Händen u. Fiis- 55
sen sich an die Kante anklammerte u. so
daran emporklomm u. aus dem Loche etc.
herauskroch) ; — be krabbeld sük gau wer
up etc. — Nd. kral)beln, krawwcln ; mnd.
krabbeln (krabbeln, herumkriechen etc.) ; nid., 60
mnld. krabbelen (unguibus arare , rädere ;
inepte pingere, scribere sive exarare) ; engl.
crawl (krabbeln, kriechen etc.) ; an. krafla ;
isl. krabla; schwed. krafla; norw. kravla;
dän. krafle ; nlid. krabbeln, krabeln, krap-
pein etc., cf. Grimm., Wb. V, Sandte 1911
u. weiter auch kribbeln.
krabbe)!, kratzen, krauen, ritzen, scha-
ben, scharren etc. ; — all' wat scbarp, spits
of rüg is, dat krabd ; — be krabd sük de
kop ; — be krabde (od. kleide) sük üt fer-
liigcnbcid agter de ören ; — de katto bed
mi krabd, dat 't blöd d'r ütlöpd ; — de bök-
stafon fitkrabben ; — an de müre krabben ;
— ■ de müre ofkrabben ; — de füligbeid d'r
ofkrabben; — lic krabd (scharrt, gräbt mit
den Händen, bz. den Nägeln etc.) sük 'n
gat in de erde ; — he krabd (scharrt, wühlt
etc.) de kertuffels in de erde; — be krabd
d'r sand afer ; — be krabd in 't strö herum ;
— he bekrabd sük d'r mit od. in ; — • he
krabd (scharrt, begräbt, loühlt etc.) sük in
't strö, od. in 't bedde; — he krabd sük
d'r wer üt; — he krabde sük gau üt 't
bedde; — he krabd (rafft) sük up ; — he
krabd (scharrt, schrappt, rafft etc.) föl geld
tosamen ; — he krabd (rafft, reisst etc) 't
all' na sük; — he krabd (schreibt, ritzt mit
dem Griff^el od. der Feder, bz. schreibt
schlecht, kritzelt, kleckst etc.) dar wat hen
(od. toregt) , wat hast gen minsk läsen kan
etc. — Bezüglich der Bedensart: lie bed
d'r wat mit to krabben, dat he de budel in
Order hold, od. he hed d'r wat mit to krab-
ben had, dat he 't klär kreg (vergl. auch
Danneil, pag. 168 unter rack'n, kratzen,
reinigen etc) sei noch bemerkt, dass krab-
ben hier meiner Ansicht nach nicht gerade
die Bedtg. : t h u n, arbeiten od. besch äf-
tigt sein etc., sondern zunächst die von:
reinigen od. abkratzen, schaben
etc. (ab s chaben, glätten, hob ein etc.
u. so auch putzen, blank machen) hat, 2oo-
bci noch bemerkt sei, dass ivir schummeln
(reinigen, sätibern etc.) auch rejle.v. in der
Bedtg. : sich anstrengen, beeifern, wehren,
stark bemühen (he schummeld sük d'r ta-
gen ; — du must di d'r tagen schummeln
[od. sotten, weren etc.], dat du klär worst
etc.) gebrauchen u. dass auch Dann eil
an der obigen Stelle ja gerade krabben in
der Bedensart: „ick heff so väöl to krabben
hat" mit rakken (kratzen, reinigen etc.) für
syn. erklärt. — Nd., nid., mnld. krabben
(scalpere, scabere, rädere, arare, fodere, la-
cerare unguibus) ; wfries, kraebjen; an. krafsa,
krapsa (nach Fick einem ahd. chrapisun
entsprechend) ; norio. krafsa, kravsa ; schtved.
krafsa (kratzen, scharren) u. daneben auch
norw. krabba (krabbeln ; grappsen^ raffen etc.) ;
KRABBEN-PLOG 336 KRACHT KRAFT
schiceä. krabba ßrahbcht, kricbeJn etc.) ; nhcl, Auflcratzen od. Anfreissen u. Aufloclcern des
oberd. krähen (krabbeln ctv.) und kräboii Erdteichs, bz. zum Anscliarren u. Anerdcn
(kratzen, krauen). — Zunächst mit krabbe der Kartoffeln u. sonstiger Gemüsepjianzcn ;
u. karfeu von einer germ. y karb, krab — d) Person die kratzt ii. ritzt, z. B. mit
(kratzen, ritzen etc.), die aber nac]t schrab- 5 den Nägeln; — du lütje krabbei' od. krab-
ben (wie dies auch schon unter karfen er- kattc etc.; — e) Person die kratzt u. scharrt
wähnt) auf eine idg. y skarp od. skarbh = Schar rcr. Geiziger, filziger Mensch etc.;
(als Erweiterung von skar) zurückgeht. Falls — f) Einer der Ritze od. Striche ohne Plan
nicht aus dem Dcutschett entlehnt, würde auf dem Eise od. dem Papier macht ; ein
sich daher auch lit. (Schleicher, Chrest., 10 schlechter Scldittsthuhläufer , ein schlechter
310) kribzdii, krobzdii (kribbeln, krabbeln, Schreiber, ein Kritzeier etc.
wimmeln) u. krapztau (kratzen) mit unserm krabbi^, kratzig, streit- u. zanksüchtig,
krabbon etc. hiezu stellen lassen. widerharig, iciderstebend etc., cf kiibbii^-.
krabben-plög, Wörtl.: ein Krabben- krab-kator od. krab-kalte, Kratz-Kater
od. Krebsen-Pflug, bz. ein mit Krcb- 15 od. Kratz-Kcdze, hauptsächlich als Schelt-
sen bespannter u. c())i Kr cb sen gezogener wort auf kratzende Kinder od. Personen
Pflug, od. auch (cf. plö": in der Bedtg.: angewandt. — AVHrZovr/wi ; krabkater spriing
Gespann, Kopijjcl, Verbindung, Rotte etc.): in 't watcr, wul tiskon fantfou, blcf in 't not
einKrabben- od. Kr ebsen- Gespann, bcliangon.
bz. ein Gespann od. eine Genossen- 20 krahsel ; i. q. sclirabscl oc?. scliäfscl, «äw-
schaft etc. von Krebsen. Daher (von lieh das mit einem kiabbcr od. sonstigen
der Wesenheit u. dem Gebühren der Krebse scharfen Etwas (Nagel od. Geräth) Abge-
abgelcit) fig.: a) (masc.) ein Etwas (Ding, kratzte (rasura) od. Abgeschrappte (Ab-
Gegenstand, Sache etc.) icomit man nicht schabsei etc.), bz. der Abfall der durch od.
vorwärts ko)nmen kann, od. was nicht vor- 25 beim Kratzen entsteht, wie nhd. Kratze,
tcärts geht, weil Krebse davor gespannt sind; Krätze, Kretze, cf. Grimm, Wb. V, ii072
— dat is je 'n kral)benplög, de bndol wii je seq. Kratze n. Krätze sub 2.
nicb tiPigeis; — b) (neutr.) , eine Vereini- kracht, kral't (Plur. kiacbten u. kräften
gung od. Rotte etc. von Menschen die, wie od. kvviU'u), Kraft, Vermngrn, Stärke, Macht,
ein Krebsen - Gespann , entweder langsam 30 Geuudt etc.; — de kracht is d'r i'it; — dar
kriechen u. nicht vorwärts kommen ti. wol- sitt gin kracht (od. kraft) achter ; — mit
len, od. bald vorwärts %i. bald rückwärts ge- f nUe krachten ; — sin krefton hobben bum
hen, bz. nach verschiedenen Seiten hinziehen ferlaten. — Nd., mnd. kraclit, kraft; nUl.
u. zerren, nicht nach einem u. demselben kracht; mnld. kracht, kraft; afries., ufries.
Ziel hinstreben etc., od. die, loie die Krebse, 35 kreft; satl. kraft; wang. kräft; as. kraft;
retograde Beicegungen machen u. mit dem ags. cräft od. cracft; acngl. craeft; engl.
Zeitgeist nicht fortgehen, Reactionäre, Duck- craft ; an. kraptr u. krapti; norw. , dän.,
mäusern. Finsterlinge etc. sind; — mit dat scJtwed. kraft; ahd. craft, kraft, cbraft,
krabbeu])h"ig kan man je nicli forgels kamen; chrapht, khraft, craf, chraf; mhd. kraft.
— mit dat krabbcnplüg fan folk wil 'k niks 40 Bemerkt sei zunächst, dass das ags. cräft
to dün hol)ben, de willen altid rüggels; — od. craeft neben vis, robur, potentia, facul-
c) Vereinigung od. Knäuel von Krtisen cds tas etc. auch in der Bedtg.: ars, artificium
Bild einer sich wirr durcheinander bewegen- etc. gebraucht ivurde u. dass liicvon das
den u. durcheinander wirbelnden Masse u. engl, craft die von dem deutschen Kraft
so fig. auch einer wirren u. verwirrten Sache 45 (dnceichende Bedtg.: Kunst, Fertigkeit,
«. Angelegenheit od. grossen Verwirrung (r e schick lieh k eit, List etc. sowohl,
überhaupt; — dat krabboiiplog sitt je all' als auch die von: Handwerk, Gewerbe
dür 'n ander beiidör; — dat is so 'n krab- etc. hat, während wieder andererseits das
benplög, dat 't hei net wer üt 'n ander to Wort kraft im as. n. ahd. aus Macht od.
krigen is. 50 V er mag en. Stärke etc. auch in die von:
krabber, Kratzer, bz. Kratz-Ding u. Kratz- Heeres m a c h t, M an n seh aft, Sc h a a r,
Wesen. Daher: a) Nagel od. Kralle von Menge, Fülle etc. überging, welche Be-
Men.'ich u. Thier ; — ik mut di din lütje dtgn. sich indessen später toieder verloren
krabbers hold insen wat ofsniden, se worden haben.
wat to lank; — b) Krcdzwerkzeug, bz. eiser- 55 Fick (cf. III, 49) meint, dass das Thema
nes Geräth tvomit man Mauern, Wände, krafti eigentlich Zusammenz ichung ,
Bäume etc. abkratzt u. reinigt od. Ding u. Anspannung bedeutet u. stellt es daher
Vorrichtung, ivorauf man die Sohlen des mit nhd. J\ram}>f, Kramjic, kr i mpfen
Schuhwerks abkratzt; — c) eine Hacke od. etc. (cf. kram etc. u. ]ir\m\)Cü) zu einer germ.
Karst mit kleineren u. grösseren Zinken zum GO y krap, kramp (zusammenziehen), ivozu er
KRACHT KRAFT
sa?
KRAEFEN
auch (III, 51) klap, klamp (cf. klap, klap-
pen, bz. klam, klainpc, klampoii etc.) ver-
gleicht ti. bei Letztere»! wieder auf lit.
ap-glebiu, ap-glebti (mit den Armen umfas-
sen etc., cf. III, 51 u. II, 352 unter glab)
etc. verweist, dessen Thema gliib mit slav. (II,
347) garb, gramb eins sei)i kann u. jeden-
falls auch formell u. begrifflich zu slav. (II,
556) grab (greifen, fassen, timfassen etc.)
stimmt. Gehört mm aber lett. griba (Wille,
Verlangen etc.) mit lit. greübiii, grebti (er-
greifen etc.) u. lett. gräbju, gräbt (greifen
etc.) zu slav. grab, bz. skr. grabh, idg. garbh,
grbh, greifen, fassen, timfassen etc. (wozu
Fick ausser gripen aucJi, kalf, nebst lat.
galba etc. stellt), so dürfte das ags. crafjan
(loolten, verlangen, fordern etc., cf. IL Leo,
40) = aengl. craven, engl, crave, an. krefja,
nortv. krevja, dän. kraeve , schtved. krätja
od. krilfva mit isl, cm. krafa, schtved. kraf,
norio., dän. krav (Forderung, Verlangen
etc.) wohl auch mit dem obigen lett. griba
(Wille, Verlangen etc.) zu diesem idg. garbh,
grabh (greifen u. langen toonach etc.) zu
stellen u. demnach das für kraf-jan etc. auf-
zustellende germ. Thema kraf mit idg. garbh
tdent. sein. Da nun aber im germ. das
Präter. in der Regel dem urspr. Thema ent-
spricht, so ist tüohl anzunehmen, dass (cf.
grabbeln, grappeu, grabbeln etc. von gripen)
urspr. neben, gripan aucJi ein germ. Verb.
krifan (od. auch kripau, kriphan etc.), kraf,
kruf, krufun mit derselbeii Bcdtg. toie gri-
pau bestand u. dass von dessen Präter. kraf
(od. krap, kraph, krapf, chraph etc.) in der
Bedlg. : (ich od. es) g r iff etc. eben das ags.
craf-jan mit der Grdbdtg.: Griff machen
od. greifen u. langest tvonacJt, (bz. die
greifende Hand nach Etwas ausstrecken,
um es zu erlangen ti. zu bekommen., Etwas
greifen u. haben ivollen , Etwas verlangen
u. fordern od. begehren etc.) loeitergebildet
wurde. Dass nun aber neben krafjau auch
von, kraf ein Verb, krafan (kruof, krof) mit
der Bcdtg. : Griff machen, od. greifen etc.
bestanden haben kann, ist klar, sowie auch,
dass beim Vergleich unsers kräfd od. kraft
vo)i kräfen, bz. karfd od. karft (gekerbt) von
karfen, sowohl von einem ags. crafan als
crafjan (cf. H. Leo, pag. 40, der für craf-
jan u. cräft ein, Primitiv crafan [arriperc]
aufstellt u. crafjan zunächst mit: erzwin-
gen, an sich reissen übersetzt, während
er für cräft [Kraft, Kunst, Wissenschaft
etc.] die Bedlg.: Fähigkeit des An-
sichr eissens etc. zu Grunde legt), auch
ein Stamm craft od. cräft (als 3. Pers. praes.,
od. als Pcrfectum = ge-craft od. ge-kräft
mit der Bedtg. : packet, greifet, fasst, hält
etc. od. [hat] gegriffen, gepackt, ge-
J. teu Doorukaat Koolman. Wörterbuch. II.
fasst etc.) bestand u. tvenn man nun ver-
gleicht, Wie klemme aus der Bedtg.: Klemm-
Eig e nschaft (cf. klemme sub b) in die
von: Klemm- Vermöge n etc. u. weiter
5 die von: Kraft, Maclit, zwingende
Macht etc. überging, so ist es aucJi eben-
sogut denkbar, dass von einem, agerm. kra-
fan (cf. magt von magan) od. krafjan (grei-
fen od. Griff machen) auch ein Subst. krai't
10 (Thema krafti) entstand, was ähnlich toie
klemme zunächst „einen Zustand od. eine
Eig e nschaft wo Jemand od. Etwas
packt od. greift u. fasst etc. u. eines
Dinges mächtig ivird, bz. wo Jemand od.
15 Etwas bereits gegriffen u. g epackt od.
gefasst hat" bezeichnete u. dann hieraus
die von: Macht od. Vermögen sowohl,
als auch die von: Kunst, Kenntnis s,
Wi ssenschaft (als das geistig Gegrif-
20 fene u. Gefasste) etc. hervorging. Für einen
urspr. Stamm kraf für krafti, bz. für einen
Zusammenhang des Subst. Kraft mit ags.
crafjan, an. krefja, isl. krafa (erlangen, od.
greifen toonach) od. einem alten krafan (grei-
25 fen, fassen, halten etc.) sjjricht auch wohl
das an., isl. kraefr (fortis, robustus) = norio.
kraev, was (cf. H. Leo, 40 unter crafan)
möglicherweise für kroefr od. kröfr (cf. an.
klaek, kloek = klök, bz. klökr in Ziisam-
30 mensetzungen) steht u. dann aus einem Prä-
ter. kruf von krafa hervorging.
kracht-(lä(l, Kraftthat, Machtthat, kräf-
tige, mächtige Thai, Ileldenthat etc. ; — dör
sin krachtdaden is de slagt wunnen.
35 ki'aclit-diulig, kraftthätig, Kraft u. Blaclit
zeigend u. ausübend, mächtig, gewaltig etc.,
bz. mit Kraft, Macht od. Energie etc. han-
delnd u. wirkend, sehr thatkräftig od. ener-
gisch etc. ; — 'n krachtdädigen kerel (od.
40 wind etc.) ; — dat weid (od. störmd) gans
krachtdädig.
kraciitelös, kracht-los, kräftelos, kraftlos.
krachten, kräftcn, stärken etc. Davon Com-
pos. : ferkrachten (verkraften, verstärken etc.) ;
45 — untkrachtcn (entkräften etc.) ; — bekrach-
ten (bekräften, bestärken, bekräftiget etc.).
kraclitig, kräftig, mächtig, stark etc., bz.
Kraft u. Macht etc. habend u. besitzend etc.
kraclltigon, kräftigen, stärken etc. ; —
50 dat krachtigd lium. — cf. bekrachtigen (be-
kräftigen, bestärken etc.).
ki'aclit-lo.iiglieit, Kraftlosigkeit.
ki'aclit-wörd, Kraft-, Machtwort etc.; —
'n kraciitwort spräken.
55 kräfd od. kl'iil't, gekerbt etc. ; s. kräfen.
kräfo od. ki'äve, Kerbe, Kerb, Einschnitt,
Vertiefung, Falte, Runzel etc.; — 'n kräfe
in 't holt; — kräfen in de hud etc. — cf.
karfe u. schräfe.
CO kl'äfeii, kerben, einschneiden, ritzen, Ein-
22
KRAFT
3^8
KRAIEN KREIEN
schnitte «. Vertiefungen machen etc. ; cf.
karfen.
kraft, .». kracht.
ki'äf:-bunk, s. kragebunke.
kra^p, Kragen; — u) Hals, Gurgel,
Schlund; — 't imit all' dür de krage in de
mage; — h) Hals, Genick, Xacken ; — hö
füt hum 1)1 de krage uii sinet laim baten do
döro ; — ik kreg hum bi de krage un walkde
kregel (muthig, stark, kräftig): »md. (Seh.
u. Tj.) kregel, krighel ; nid. kregel, krijgel,
kriege! ; mnld. krjghel (pertinax, obstinatns,
praefractus, durae cervicis) ; mßäm. kryghel
5 (dasselbe); ahd. kregil, bz. cregil, chriegil,
gregil in widarcregil etc. (obstinatns); mhd.
(M. Lc.ver) kriege, kriegel (widerstrebend,
störrig, streitbar). — ])ass dieses Wort in der
Bedtg. : j)Crtinax, obstinatns etc., bz. wider-
hnm dügtig dOr; — c) ein Etwas, was imui 10 strebend etc. ebenso wie mhd. kriegio, krie-
um den Hals legt od. trägt, bz. eine Ein-
fassung u. Bekleidung des Halses (coUare),
sei CS lose für sieh od. auf ein Kleidungs-
stück aufgenäht; — du ninst mi 'n krage
umdön ; — Conipos.: siiitseukrage ; — rok-,
henuls-krage etc.; — d) der einfassende u.
vorstehende Hand od. der Kandbesatz eines
Bohrs od. einer Pumpe etc. ; — up dat rfir
inut 'ii neen krage (Flantsche) upsettd wor-
den, de olde is dorfriiten. — Xd. kragen ;
mnil. krage; nid. kraag; nudd., vijläm. kraeghe
od. craeglie ; ivfries. kreage ; engl, crag ; schott.
(Jamieson) crag, crage, craig (wie sab a
u. b) ; isl. kragi ; norw., schwed. krage; dän.
15
20
giscli u. kriec, bz. krieg (widerstrebend, wi-
dersetzlich , kriegerisch , cf. S c h m eller ,
zweite Aujl. von Fr omma nn, I, ISCS)
von krieg (das Streben nacli u. gegen Et-
2oas, ]\"iderstreben etc., cf. krig) loeitergebil-
dct ist bz. zu krigen (kreg, kragen) in der
urspr. Bedtg. gehört, ist klar u. hat also
kriegel, kryghel ursjir. einen Zustand vo)i
Wi de r str eh en od. Wide r s tan d ii.
Widersetzlichkeit, bz. des sich A uf-
richtens u. Aufbau mens (gegen Et-
7oas) bezeichnet, ivoraus sich dann (im nid.
ist die Form kregel Jetzt auch die gebräuch-
lichste) die Bedlgn. : hartnäckig, unnachgie-
krave (Kragen, Halskragen); ahd. clirago; 25 big, unbeugsam, trotzig, ungebeugt u. gerade
amhd. cbrage ; mhd. krage (Hals, Schlund)
— Wahrscheinlich mit tat. gnrges u. alid.
qnerea (Kehle, Schlund) etc. zu einem igd.
Thema garg, grag = skr. garj (cf. Bnpp,
Gloss. comp., ll.'i, erste Spalte) als Erwei- 30
terung der y gar (cf. kille), od. (cf. Fick,
I, .56o) zu garg als Verkürzung von gargar
als Intensiv, von gar, falls es nicht etwa mit
krigen, bz. mhd. krieg u. afries. kriga (Ver-
drehung, Verrenkung?, s. unter krigen am 35
Schlüsse) zu dcrtielben y gargh, gragh, grangh
(drehen etc. od. krümmen beugen-etc.) geliört,
da der Hals auch als ein sich biegendes
u. drehendes, od. als ein biegsames,
g elenk i g e s Etwas gefasst sein kann.
kragen-bunkp , ki-ägliuiik, Halsknochen,
Schlüsselbein, Genick; — he hed siik de
krägbunk ofstödt.
krä^el, kre<;el, trotzig, stolz, kühn, mu-
auf gerichtet, stolz, kühn, mutliig, fest, kraft-
voll, kräftig etc. weiter fortgebildet haben.
Vcrgl. VVeitcres unter krig u. krigen n. cf.
das folgende :
ki'ägcl-, kiTjijelkop, Steifkopf, Trotzkopf
etc., bz. ein steif köpßger, trotziger, unbeug-
samer, stolzer, ividcrharigcr u. leicht gereiz-
ter, streitsüchtiger Mensch; — he is so 'n
regten liitjen kriigelkoi), war man niks mit
35 anfangen kan nn de glik de kop upstekd,
wen hum wat net na 't sin is.
kraie. krui, krcie, krel, Krähe. — Sprichw.:
en krai hakd de andere gen ügi>n üt ; — „de
tiden worden alle dageu slerhter," sä' de
40 kreie, as se sag dat de galge ofbrakeu wurr';
— he wet d'r net so toi fan, as de Icrei' tan
de söndag. — Nd. kraie, kreie; mnd. krä,
' räe, krage, kreie, kreige ; idd. kraai, kraij ;
mnld. kraeye; wfries. krie; as. kräe; ags.
thig, ungebeugt, kraftvoll, kräftig, stark, 45 crave; aengl. cräwe, crüwe ; engl, cvow (dia-
frisch (körperlich u. geistig), lebhaft, mun- lect.) , craw, cra, crag; an. kräka; norw.
ter, gesund etc.; — he löpd d'r noi' net so kraaka; schwed. knlka ; dän. krage; ahd.
kragel hen , as 'n junge kerel in sin beste chräa, cräa, cräja, kräja, chräja, cräwa, crä,
Jaren; — 'n kriigeln (gerader starker kräf- chrä; inhd. krä, kraeje, krege, kreige, kreie.
liger) bom ; — d:it körn steid all' so krägel 50 — An. kräka gehört wolil mit lat. graculus
un lik np as 't mau kan ; — he was so krä-
gel (frisch u. munter etc.) as 'n lisk ; — he
hed all' siilkc krägele (kräftige, gesunde,
frische etc.) kinder, dat 'n lüst is um se to
sen; — he is nu wer nüt so krägel un ge-
sund (od. he sügt nu wer net so krägel un
gesund üt), aa früger fiir sin krankheid. —
Sprichw.: bäter lüljed un krägel, den gröt
un 'n flägel. — Nd. kregel; hess. (V ilmar)
kreirel, krel (kräftig, frisch, munter) ; wfries.
60
u. gracillare zu der ans gar (sonare, cf.
kraicn) erweiterten Stammform grak (krä-
h'ju, kräclizen etc.), loährcnd kraie, bz. ahd.
chräja etc. direet von kraieii abgeleitet ist.
kraieii, ki'(Meu od. kraijen, kroijen, krä-
hen (speciell vom Hahn ; kreischen, laut u.
scharf schreien u. lachen (von Säuglingen,
od. kleineu Kindern, Jungen Mädchen etc.) ;
laut sprechen, prahlen etc. ; — Sjirichw. :
dar kraiil gen hiuid (rrd. Huhn'?) of hau
KRAIER KREIER
339
KRAKELN
na; — wur 'a go^^eü han is, diir kreid gen
honn'. — Nd. kraicn, kreien ; mnd. kreicu,
kregeu, kreigeu; tild. kraaijeu; mnld.,injläm.
kracijen ; satl. krioe ; loang. Jvfö : as. kräan
(auch kriul, das Krähen im Compos. ha-
iiokrad, cf. Heliand von M. Heyne); ags.
oi'ävaii, cracvan ; aeugl. (Stratmann)cv{\-
wcn ; engl, crow; alul. cliiäjan, khrajan, crä-
wan, cräen, kräen, krähen; ainJtd. cräjen,
cräeu; mhd. kraejen ; md. kriswcu. — Nach
Fiele (II, 346 u. III) 43) mit ahd. cliräja
(cf. kraie etc.), sowie kslav. graja, grajati
(krächsen) , graj (Lied, Bede); lit. grojii,
groti (krächzen, schmähen) etc. von der ]/
gar (souare etc.), s. unter klagen.
kraior, kreier, Kräher, Schreier etc.; —
't is so 'n regten liitjen kreier.
kraite, s. kreite.
krak od. kräk, Krach, krachendes Ge-
räusch etc. ; — 't hed kräk segd ; pass up,
glik brekd 't. — Nid. kraak ; mnld. crac,
krack, kraeck (fragor, strepitus) ; ahd. chrac ;
mhd. krac, krach (Miss, Sprung, Scharte; Ge-
räusch, Krach, z. B. vom Schall der Po-
sauen, vom Zusammenstoss im Turnier, vom
Brechen eines Glases od. einer Lanze etc.,
vom Knistern des Feuers, vom Krachen od.
ScJiall u. Getöse des Donners, Donnerkrach
etc.); dän. krak; engl, crack. Davon gäl.
crac; franz. crac u. craqner. — Mit klak,
hz. ahd. ckxc, mhd. klac u. klakken von der-
selben y garg od. grag, als Bezeichnung ir-
gend eines unhestimmten Geräusches od.
Schalls. Vergl. dieserhalb das auch dazu
gehörende kymr. greg (gackern etc.) etc. ; an.
klaka (schreien, klagen etc.); skr. garj, gar-
jati (clamare, strcpere, crepare etc.) ; zend.
garez (klagen etc.) etc. u. iveiter das fol-
gende krake etc., sowie krakeln, kraken etc.
krake od. krfik in gekrake, gokrak, Ge-
hrache, Geknarre, bz. cmhalteiidcs Krachen
etc., was wir auch in der Bedtg. : Geklage,
Gestöhne, Geächze, Gewimmer, Geschrei etc.
(von hochschwangern od. kreisenden Frauen,
kranken u. schwachen Personen, bz. von
Kindern u. Säuglingen) gebrauchen, sowie
ferner auch vom Zustand, bz. dem anhaltenden
Kränkeln schwacher Personen, cf. kraken.
krakel, Krakeel, icüstes Geschrei, Lärm,
etc.; — de kinder niaken so 'n krakel; —
he mut altid krakel maken , bz. anfangen ;
— lärmender Zwist, Zank, Streit, Hader
etc.; — hei' (habt ihr) al wer krakel mit
'n ander? kün' j' den hei gen frilc mer mit
'n ander holden ? — Nd., nid., ivfries. kra-
keel ; mnld. krackeel (litigium, rixa, alter-
catio, controversia, calnmnia); vuid. krakele
(Geschrei, Lärm ; lauter Zank u. Streit) ;
dän. krakeel ; schived. krakel. Weitere ober-
deutsche u. cüuUre Formen als: krachel,
grachel, kragel, krageil, kregell, gregell, gra-
göl, gragel, graköl etc. 6'. in Grimm (Wü.
V, l'J7S) unter krakeel. ■ — Es ist loahr-
scheinl. ein and. od. anld. Wort u. vielleicht
5 aus der vollen Form krakel ie (Krackelei,
Krachelei) gekürzt, wobei der früher auf
der F)idung ie (ei) liegende Ton leicht auf
das e in el, bz. mnd. ele übergehen konnte.
Vergleicht man nämlich kakele u. gekakel
10 zu kakeln, bz. kakele u. gekäkcl zu käkelti
u. dass das mnd. (Seh. u. L.) krakele od.
krakcMe auch vom Geschrei u. Lärm der Vögel
gebraucht ivird, so ist es zweifellos einer-
seits, dass es auch ein mit krakeln ti. kra-
15 ken zusammenhängendes and. od. anld. kra-
kelie gegeben haben wird u. andererseits,
dass auch krakel u. krakelen sich begrifflich
zu nahe mit krakeln (s. d.) berührt, cds dass
es damit nicht auch formell znsammenhän-
20 gen sollte.
krakele, Krachelei, gelindes od. anhalten-
des Krachen u. Knarren etc.; cf. krakeln.
krakelen, krakelen, laut schreien, lärmen,
lärmend streiten u. zanken etc. ; — de hlik-
25 semse junge krakeld de hele dag an un
mäkd niks as enier spectakel un ferdret ; —
se krakelen mit 'n ander.
krakeler, Krakclcr, Schreier, Lärmer,
Spektakelmacher, streitsüchtiger Mensch, Zän-
30 ker etc. ; — he is 'n regten lütjen krakeler.
krakelere, Krakclerei, das Treiben eines
Krakelers.
krakelerig, krakelig, krakclerig, zänkisch,
streitsüclitig etc. — Nid. krakeelig, krak-
35 keelig.
krakeliug, kräkliiig, hart gcbackene
Bretzel od. Kringel, so benannt, weil sie im
Zerbeissen krachen, bz. mit einem Krach
zerbrechen. — Nid. kraakeling; mnld. cra-
40 kelinc, kraeckeling; wfäl. kräkeling; da-
von: franz. craquclin etc., cf. in Grimm
(Wb.) Kr ach eiche n.
krakel -maker, Krakel-, Lärm-, Zank-
Macher.
45 krakeln (verkleinertes kraken), krachein,
bz. gelinde od. leicht krachen od. knarren,
mit gelinder knarrender od. krähender u.
kreischender Stimme schreien, gackern etc. ;
— dat kind fangd so 'n hitje an to krakeln;
50 — he krakeld d'r al tilgen au ; — de huner
krakeln. — Nd. (Br. Wb., Schambach,
Danneil etc.) krakeln, krakeln, krakeln
(freq. krachen u. knarren ; krächzen , krä-
hen, schreien od. gackern etc. wie die Doh-
55 len, Hühner etc.; unverständliche Laute ma-
chen od. lallen loie kleine Kinder; unzufrie-
den murren u. ioidersprechen , zänkeln u.
sfreiteln, bz. in gelinder Weise zanken ^(.
hadern etc.) ; mnd. krakelen (lautes Geschrei
GO einleben, gackern); engl, crackle, knackern,
22*
KRAKEN
340
KRAKKE
Jcnastern, knistern, knittern, krachen, mit
krachendem Tone platzen etc.); sckwed.
krilckla (zanken, unzeitig u. 7niirrisch ta-
deln etc.); nhd., oberd. etc. (cf. Grimm,
Wb.) kvachelii, krächeln, krackolii, kriickclii,
kräu'pln, kraffcln, kretroln, krakeln, krakeln etc.
krakeii (krako, kräkst, kräkd od. kräkt
etc. ; — kräkde od. kraktc statt älteren u.
2irsi)r. krük, irie wuk von waken ; — is od.
hed kräkd od. kräkt) ; — a) krachen, knacken,
knarren etc.: 't kräkd all' wat d"r is; —
dat hele hiis liräkdc d'r fan, so diwinerd 't ;
— de düre kräkd (knarrt od. kreischt) so;
du must de hengcn ins wat snieren, dat so
>yat ligtcr lüpd ; — b) krachend brechoi od.
zerbrechen u. zerbeissen etc. ; — he kräkt
't all' kört an klen ; — c) (von kleinen Kin-
dern) mit knarrender od. krähender Stimme
schreien u. toeinen od. derartige Töne von
sich geben; — 't kind is in 't kamen, 't
kräkd al; — wen 't kind anfangd to kra-
ken, den nim 't man üt de wege un gif mi
't her, den wil 'k de borst gäfeii ; — d) (ro)i
hochschwangeren od. kreisenden Frauen od
von schwachen stets kränkelndoi Personen)
stöhnen, klagen, bz. kreisen, od. schwach tver-
den, kränkeln etc.; — min fro kräkd al sul
langer tid, se geid np 't leste; — min frö
ligd to kraken ; — min fro word oUl nn
swak un kräkd al lank wat herum. ~
Sprichw. (fig. von stöhnenden, schiväch li-
ehen Personen): krakende wagens lopen
lank. — Nd., mnd., nid. kraken (krachen,
knacken etc.) u. krakken (einen Knacks be-
kommen, schwach werden); mnld. kracken,
kraecken ; satl. krakje ; ags. cearcian (crea-
ciaii od. cracien) ; aengl. (S tratma n n)
crakien u. charkin, clierkin; engl, crack n.
dial. chark (woher cliark, lUlze, Spalt etc.) ;
Schott, crack, crak ; ahd. clirachön, clirah-
hön ; mhd. krachen ; nhd. krachen u. kracken.
— Zu krak, kräk u. mit klakkeu von der-
selben y garg, falls man nicht überhaupt
die Stämme krik, krak, kruk u. klik, khik
etc. anstatt zu garg, skr. garj lieher mit
skr. kharj (knarren etc.), ((n. skark (fic-
räusch) ; griecJi. kerchue (Thurmfalke) etc.
zu der von skar (sonare etc ) erweiterten ]/
skark, skarg (kreischen, kratzen etc., cf.
Fick, I, f<l'i) stellen will, loorüber Wei-
teres auch unter kreke, kriko, krikke (anas
crecca) zu vergleichen ist u. wozu noch be-
merkt tverdcn mag, dass die skr. y kaik
(tönen, krächzen etc., cf. Fick, 1,42) eben-
sowohl ivie k.ir (tönen) u. kar (machen) auf
skar (erweitert skark etc.) zurückgeht. —
Wegen nhd. krächzen (vergl. ächzen
von ach, bz. einem Verb, achen) sei noch
erwähnt, dass dies ein Intensiv von krachen
ist u. ahd. krachizaii voraussetzt, was indes-
sen nicht belegt ist, während ein diesem for-
mell u. begrifflich entsprechendes ags. cra-
cetan, bz. ereacetan, cearcetan (stridere, cro-
citare) bestand.
5 1. krakke, a) altes scJtwaches abgetriebenes
]'ferd; — he hed so 'n pär oldc krakken
für de wagen, dat se huin d'r hast für um-
fallen; — h) altes baufälliges Haus; — c)
(titcr elender schwacher abgelebter Mensch,
10 Stü))ijier. — Xd. (Schamb a ch) krake
(schlechtes, abqetriebenes u. auch phnnpes,
starkknochiges Pferd), (Tir. Wh. de.; krak ke
(wie sub a u. h); nid. krak (ein altes bau-
fälliges Haus); mnld. (KU.) kraecke (do-
15 mus ruinosa ; jumcntum coriaginosnm) ; mfläm.
krake, kraecke (maison presto ätomber; nn
cheval qui a le dos rompu de coups) ; nfries.
krack (elenden Pferd); norw. (Iv. Aasen)
krake, krakje (ein sieches, schiväehliches od.
20 sehr ansgemagertes Thier) = schwed. krako
(om Hoste); dän. krak, krakke (ein gerin-
ges, elendes Pferd). — Dass unser )id. Jcrakke
mit kraken, krakken, bz. mit kräk od krak
(Krach etc., bz. Jiiss, Bruch etc.) connex
25 ist, .scheint zweifellos, wie desgl. auch, dass
das scJiwed. krak (Plunder, Ausschuss od.
(rerümpel etc.) n. nd.-pomm. (Dähnert)
kraak (schlechtes nichtswürdiges Ding, Aus-
ivurf etc. u. persönl. als Scheltwort = du
30 L u mp u. schlechter Kerl etc.) etc. sich da-
von ableitet, zumal wenn ma)t vergleicht, dass
das schwed. krak sich begrifflich so nahe
mit unserm wrak berührt u. das mnd. (Seh.
n. L.) krack (Unterholz, od. ttrsjir. wohl
P.5 Krüppelholz, od. dasselbe wie Bruch
od. wie 2 knik) doch auch wohl mit krak
u. kraken zusammoiJiängt, woher denn krick
als Ablaut von krak, bz. <lessen Plur. krickon
im mflilm. auch die Bedtg. charbonnettes,
40 menn ciiarbon hatte. — Erwägt man nun
ferner, dass ebenso wie bei klik u. klak od.
knik u. knak etc. neben krak auch die Ab-
lautform krik vorkommt, bz. neben kraken,
Icrarcken auch midd. krekon ». kricken u.
45 dass man für die Stämme krak, kruk, so-
loie krek, krok (cf. auch krükke u. krok,
kroken etc.) etc. überhaupt ein alles germ.
]'erb. krikan, krak, kruk mit der Bedtg.:
crepare etc. u. so auch: brechen, biegen,
50 krümmoi (<f. knikkeii) etc., bz. springen,
bersten, rcissen, spalten etc. (cf. auch die
mit klik (f. klak etc. od. klip u. klap etc.,
bz. mit kiiip u. knap etc. zusammenhängen-
den Wörter) zu Grunde legen muss, tvobei
55 von krakan wieder ein Prät. kruok, krök
entstand, ivnvon sich eben die auf der Grd-
bdtg.: brechen, biegen, krümmen, bz. knicken
etc. beruhrnilen Wörter herleiten, sofern sie
nicht direct mit den Stämmen krik, krak,
GO kruk in beiden Bedtgn. (näinlicJi : brechen
KRAKKE 341 KRALLE KRAL
etc. u. sprinfien etc.) zusammenhängen.^ so knak u. krak (nämlich zuerst cropitus, fra-
erklären sich hieraus auch die von IUI de- gor u. dann auch Bruch etc. u. dass sich
hrand (Grimm, Wh. V, 1927 seq.) un- dann wieder aus Bruch od. Knick die
ier kracke beigebrachten verschiedenen For- Bedtg. : Biegung, Krümmung oder
men nicht (dlein, sondern auch die verschie- 5 Krummes von selbst ergab,
denen ahtveichenden Bedtgn. derselben leicht. 2. krakko (obs., cf. Sthg.: krakk), ein
Vergleicht man nun aber tveiter die urspr. Hohlziegel, hohler Dachziegel. So genannt
Gleichheit der Stämme: klap, klip od. krap, von der gehriunmten Form. ■ — Zu krikan,
krip clc. M. klamp, klimp od. kramp, krimp krak, kriik (brechen, knicken, biegen, krüm-
(die Bedtg.: krümmen, u. zusammenziehen 10 men etc.), loie nfries. krick (Winkel etc.);
etc. geht aus der früheren von: breclien, dän. krig (Winkel; Leiste, Weiche) etc. u.
biegen etc. hervor), hz. von klik, klak u. wie unser krok etc. zu krakeii, krök etc. ;
\i\\\\k,\&A\\\<i (^ic, so geliören auch die Stämme: s. Weiteres unter 1 krekke u. krükke.
krink, krank, krnnk sicherlich von Hause ki'äk-stöl, a) Krachstuhl, Stuhl der in
aus zu der aus idg. garg, grag entstände- 15 allen Fugen kracht w. knarrt, wenn man
neu germ. y krak (sonare, crepitare etc.), sich darauf setzt, tcie dies gewöhnlieh ein
ivoriiber Weiteres unter den von den nasa- lange gebrauchter, altersschwacher od. über-
lirten Stämmen krank, krink etc. gebildeten haupt ein schivachcr u. schlecht zusammen-
Wörtern zu vergleichen ist. gefügter Stuhl fhut; — dat is so 'a olden
Zum Schlüsse sei übrigens noch bemerkt, 20 kräkstöl, dar mag de düfel up sitten, de kuu
dass Hildebrand zu unserm nd. krakko w/)l tosamonbräkeii ; — L) bequemer Lehn-
manches heranzieht, ivas nicht direct damit stuhl, Grossvaterstulü , Krankenstuhl, bz.
zusammenhängt u. keinenfalls von Hause Stuhl für alte, schivache, ächzende, stöh-
aus dasselbe Wort ist wie Kr acke (d. h. nende, klagende, bz. schwache u. kränkelnde
Krach-Ding, od. Ding, Gegenstand, Etioas 25 (krakende) Leide; — min olde hed al jarcu
etc., was kracht u. bricht u. dem der Sturz lank in de kräkstOl säten um dat he altid
od. Ein.sturz etc. droht), sondern dass manche so swak im kriinkelk was.
der von ihm verglichenen Wörter eben nur kl'jik-wa,c;en, Krachwagen od. Wagen der
formell u. begrifflich mit dem oben enoähn- in edlen Fugen kracJä, knarrt, ächzt etc. ;
ten krikan, krak etc., bz. kraken, krök etc. 30 — flg. auch ein scJtwacher, ächzender Mensch ;
zusammenhängen u. derselben y krak ent- — dalier Sprichw. : kräkwagens gäu (od.
stammen. läfen) lank , loas in Bezug auf solche Per-
Endlich sei noch wegen des auch von sonen gebraucht loird, welche trotz ihres vie-
Hildebrand angezogenen an. kraki od. Icn Aechzens u. Klagens, od. trotz ihrer
krakr (cf. Möbius) erwähnt, dass auch 35 schwachen Constitution, bz. trotz ihres ste-
dieses zum Stamm krak gehörende Wort ten Kränkeins doch ein höheres Alter er-
uri^pr. wohl ein B r uch- od. Br ech- Ding reichen cds man von ihnen erwartet hätte,
od. besser noch ein Knick -Ding, hz. einen 1. kralle, kräl, Kralle, Klaue, gekrümm-
geknickten od. knickende n Gegen- ter od. hakenförmiger scharfer Nagel der
stand bezeichnete u. dass sich hieraus die 40 Bauhthierc etc.; übertr. auch: Tatze, Pfote
Bedtg. : leicht brechendes od. schwa- etc. ; — de krallen d'r in slän ; — wat lie
ches, dünnes, schwankes, sc hl an- t-rst in sin krallen hed, dat let he 6k nich
kes, schmächtig es Etwas sowohl, als so ligt wijr lös, — In der obigen Form
auch die von: gebr echliches, hinken- kömmt dieses Wort erst im 18. Jahrhundert
des, lahmes Etwas entwickelte, ivie ja die- 45 vor, während es im 16. (cf. Grimm, Wb.,
ses Wort in den nord. Sprachen einerseits unter Kralle) krale od. kräle , krahle,
soivohl eine dünne, schwanke, schlanke krähle etc., od. kräl, kräl, krel geschrieben
Stange, hz. eine Stange von, einem dünnen, wurde. Dass nun diese letzteren Formen
schwanken-, schmächtigen Baum, als auch als aus ahd. crawil , chrawil , crewil , rrowil,
Beiname des Königs Hrölfr entweder ein 50 chrowil , crouwil; mhd. kröuwel, kreuwcl,
schwaches, schlankes u. sehmäch- krewel, kriul, krüul, kreul (Kralle; dreizin-
tiges etc., od. ein g ebr echliches Iah- kige gekrümmte Gabel etc. od. Gabel mit ha-
rnendes Wesen bezeichnet zu haben scheint, kenförmigen Spitzen, fuscina, tridens, un-
Vei-gl. dieserhalb auch Iv. Aasen unter gula) = nhd. (Grimm, Wb.) kräucl; mnd.
krake u. dazu schwed. krake, wozu noch bc- 55 krauwcl, krouwel, kriiwel, krawel ; nid. kraa-
merkt sei, dass die von Iv. Aasen ange- wel, kraauwel ; mnld. krauwel ; afries. kra-
gebene Bedtg.: Haken od. Ge krümm- \\e\, kraul etc. entstanden, bz. aas kravfil etc.
tes. Krummes sich auch leicht erklärt, od. dessen Stammform kr&mla, krauwila etc.
tvenn man erwägt (s. auch unter krank), (dem Dimin. eines mit klawa, klauwa [Klaue,
dass auch knik begrifflich dasselbe ist, wie 60 Kralle] ident. altern u. urspr. krawa, krauwa
KRALLE KKAL
342
KRALLE KRAL'
contraJiirt sind, scheint fast ziveifeUos. Was
nun aber dieses krauwila o<l. das alte Sahst.
krauwa betriff, so f/ehürt dieses mit aiiihd.
chromvcn; mhd. krauwen, crawen ßratzen;
jucken, beissen) = nhd. krauen zu ei)iem
altern kriuwaii etc., bz. einer tjerm. ]' lim,
2Corid)er Weiteres unter klaue u. krauen etc.
Zu kralle sei noch erwähnt, dass man,
nach nnserni krille, krillen u. krullo, kral-
len etc. zu rechnen, fast mit Sicherheit das
frühere Bestehen eines urspr. germ. Verb.
krilan od. krillan, kral, krul (zusammenzie-
hen, krümmen, biegen etc., bs. Biegungen,
Krümmungen od. Ringel u. Locken etc.
machen) annehtnen kann, ivovon dann auch
kral le als k r u m m es od. g ebog enes
Etipas allerdings besser abzuleiten wäre,
als dass man es als aus ahd. chrawila ent-
standen ansieht, nie denn neben Andern
auch Hildebrand (s. G r i m m, Wb. un-
ter Kralle u. k r all c n, kralle n) dieses
anzunehmen geneigt ist u. sich dabei vntcr
k r alt e 7i (kratzen) aitf scJt ived. krälla (krie-
chen, icimmcln) n. krilla (Jucken, kribbeln)
beruft. Vergleicht man nun aber, dass das
schived. kräka ; norw. krcka ; isl. kreika =
mnld. krieken, nhd. kriechen, ahd. chri-
ochan etc. ist, so ist es zoohl zweifellos, dass
schwed. (Möller) kriila, krälla (kriechen;
ivimmeln, kriebeln) u. krälla (sich kriechend
u. windend bewegen, sich tvtnden u. krüm-
men als ein Wtirm) ; norw. kraala (kriebeln,
icimmcln) u. krella (schaudern, sich ekeln
etc., s. unten das mnd. krcveln) ; isl. kriäla
u. dän. krille (kitzeln, kriebeln, jucken etc.)
mit dem nid. krielen (kriebeln, kribbeln,
wimmeln, voll sein etc.); mnld , mfläm. krie-
len ident. sind, ivie auch nid., mnld. kriel
M. kril ganz dieselben Wörter sind u. als
Subst. nicht allein das Kr iebeln (Kratzein,
Jucken etc. u. Wimmeln, Krimmein) od. den
Krieh el- Zustan d, sondern, auch das
kr iechelnde, kriebelnde, krabbelnde,
k r i m m e In d e, iv i m m ein de Zeug (aller-
hand kriechelndes Gewürm u. krimmclndes,
loimmelndes Gethier, kleines Zeug, kleine
Ameisen etc.) bezeichnen, ganz tvie das mit
schtvcd. kräka (kriechen etc.) connexe schwed.
kräk. Da nun aber nid. statt kriel, kril
auch noch krevel (das Kriebeln od. Krib-
beln, Krätzcln, Jucken etc.) hat, bz. krielen
mit kiTvclcn (kriebeln, bz. leviter tVirarc aut
mnliiJitarc, prurire, niotitarc, mobilitari, sal-
titarc) ident. u. nid. krovelkruid = nlid.
Kriebelkraut ist, so ist es klar, dass
die nid. u. mnld. Stämme kriel u. kril Con-
tractc von kriovcl , krevel sind u. wahr-
scheinlich auch nhd. kriebeln nicht aus
mit kvahhcw C(>n)ie.iem kribben entstand, son-
dern vielmehr ;= älteres krieweln (durch
Verhärtung des inlautenden „w" zu „b") ist.
Was )>un aber dieses krieweln u. mnld. kre-
velcn, bz. mnd. (Seh. a. Ij.) kreveln (krib-
beln, schaudern) betrifft, so sind diese ein
5 freq. u. verkleinerndes Kratzen u. Jucken
u. auch zugleich, wie krabbeln u. kribbeln,
ein freq. Kriechen od. Wimmeln etc. be-
zeichnenden Vcrba entweder beim Vergleich
von ahd. crewil od. nhd. Kreuel == ahd.
10 crawil od. krauwil etc. (s. oben) als Neben-
form von nhd. kr au ein (vgl. in Grimm,
Wb., unter krauein die Formen: krailen,
krälen, krelen, krölen etc. u. auch Krele
od. Krehle = Kralle u. die nid. For-
15 men unter krauein) anzusehen u. direct mit
krauen connex, od. sie stammen mit krauen,
kr au ein u. ahd. crawil, crewil od. crawila
etc. (u. so auch die älteren hochd. Formen
kräle, krälc, krele etc. statt kralle) direct
20 von dem betr. Stammverb, chriuwan (kratzen,
jucken), ivovon ja auch ein mit kral)l)eln ».
kribbeln synonymes rhriuwelen , chriwelen
(kratzein, kriebeln etc.) entstehen konnte.
Wie nun aber nid. kriel od. kriele zu kril,
25 krille ii. schwed. kräla zu krälla od. krella
(krall, krullid, wovon krallgäns, wurmför-
mige Bewegung od. das sich krümmende
Gedärme etc. u. krollliöna, ein Huhn mit
umgekehrt od. zurückgebogenen Federn) n.
30 krilla (vcrgl. auch in Grimm, Wb. , die
Form krelen statt krallen od. krcllen, welche
mit nid. krielen od. kreelcn stimmt) tourdc,
so ging auch aus crawil, crewil, bz. crawila,
crewila u. dessen Contraction kräl, kröl, bz.
35 kräle, krele die neuere Form kralle, krolle
hervor, loährend aus einem von crawil, cre-
wil tveitergebildeten crawilon, crewilon zu-
nächst ein Contractum krälen, krelen u.
dann zveiter die neuere Form krallen, kräl-
40 len, krellen (mit der Kralle packen, fas-
sen, halten u. umklammern etc., bz. mit
der Kralle kratzen, ritzen etc.) entstand,
tcovon .statt von krauein od. von clirin-
wan (s. oben) auch mnd. od. midd. kreveln
iö (kratzein , kriebeln, jucken, wimmeln etc.)
entstehen konnte, während die Bedtg. krüm-
men, sich winden etc. unsers krillen entwe-
der aus der Bedtg.: krummer Haken
od. k r u mmg ebog euer Nagel des ahd.
50 crawil (s. oben) hervorging, od. wie beim
•schwed. krälla (s. oben) aus der von: krie-
chen, sich i n K r ü m m u ng e n bewe-
gen, sich Windol etc. loie ein Wurm.
Weiteres vrrgl. noch unter krillen.
55 2. kralle, krsU', Coralle. Hier gebraucht
man dies Wort nur von einer runden Ku-
gel, ivelchr mit andern auf eine Schnur ge-
reiht u. als Schmuck um den Hals getragen
ivird u. da hiezu sUdt der frühem aus ro-
GO then Corallen gedrehten Kugeln (zu den
I
KRAL-OGD
343
KRAM
Paternoster- k. liosenJcränzen in erster Statt
gehraucht u. dann sjiäter auch auf Bänder
(fereiht cds HalsschnnicJc f/etraf/en) schon, seit
langen Zeiten hier meistentheils Bernstei)i-
Kugeln od. Granaten u. Ferien verwandt
wurden, so versteht man im Volke unter
diesem Worte auch nur derartige kostbarere
Kugeln, tvelche aus obigen Stoffen bestehen
11. aufgereiht als Halsschmuck getragen wer-
den. Fig. tüird daher ein solcher kräl (Di-
min. krälke) genannter Schmuckgegenstand
überhaupt auch von seltenen u. theuren Ge-
genständen od. ausgezeichneten u. geliebten
Personen gebraucht, tvie z. B. : 't is 'n kräl
(Perle, Edelstein etc.) fan 'n wicht od. fau
'n kiiul ; — min kräl (mein Schatz, od. Lieb-
chen etc.); — kum her, mtn krälke, sett di
wat 1)1 mi etc. — Nid. koraal, kraal; midd.
korael, krael ; mnd. koralle, kralle, krale «.
(umgesetzt) karle etc. — Aus lat. corallum,
corallinum u. dies aus griech. korällion od.
korälion, kourälion, worunter hauptsächlich
die rothe Coralle verstanden wurde u. was
anscheinend ein Dimin. von köre (Mädchen ;
Nymplte; Pappe von Wachs od. Thon etc.)
ist, lüo denn korällion iirspr. ein Püpp-
chen od. eine kleine puppenartige
Figur bezeichnete , tvomit die Enden der-
selben ivohl Aehnlichkeit haben.
kral-ögd, mit krälogen od. glänzenden,
strahlenden, lachenden etc. Augen begabt;
— - dat wicht (od. kind) sügt so krälögd üt,
dat 't 'n pleser is, um 't to sen.
kräl-oge, kriilOjS;', Glanz- od. Strahl-Auge,
bz. eine Person (Kind, Mädchen etc.) was
glänzende u. strahlende od. lebhafte, mun-
tere Augen hat; — dat kind (od. wicht) hed
jo 'n pär möje krälogen in de kop ; — 't is
'u krälög' fan 'n kind etc. — Es ist ivie
nd. kralloge vielleicht ident. mit grel- od.
grall-oge, doch wird es bei itns durch An-
lehnung an 2 kralle in der Bcdtg. : Perle
od. glänzende Kugel etc. nicht ganz in
derselben Bedtg. ivie grel-öge gehraucht u.
loenn es urspr. blos ein lebhaftes munteres
Auge bezeichnete, so icird die erste Sglbe
kral dasselbe Wort sein, wie nd. krall (leb-
haft etc.), worüber das Weitere unter kril-
len zu vergleichen ist.
kriiiii, Kram; — a) Leinenzelt, bz. Bude
od. Verschlag von Holz, mit leinenem Wet-
terdach, toorin auf Jahrmärkten od. bei son-
stigen Gelegenheiten, wo sich viel Volk sam-
melt, allerhand Waaren zum Verkauf feil
geboten iverden; — d'r stän fan 't jär so
f6l kramen up 't marked, as d'r in jaren net
west sunt; — b) (collect.) Kramwaare od.
idlerhand Zeug, das in einer solchen Bude
verkauft od. womit überliaupt gehandeUivird ;
daher auch ganz allgemein: Zeug, Gut, Be-
sitz, Habe, Sache etc. , — smit de (od. dat)
kräm weg; — he lett sin hele kram ferkö-
pen ; — mit de kräm wil 'k niks to dön heb-
ben; — he hed sin kräm göd in ürder; —
5 dat ))ast mi net in min kräm ; — ('ompos. :
kiiider-, klOter-, pujjpen-, schit-kräm etc. ; —
c) dasselbe ivie Wochen (se is in de kräm
od. wäken kam(>n ; — se hed 'n goden kräm
od. wäken holden) in der Bedtg. als Zeit
10 od. hier vielmehr als Stand od. Baum u.
Ort der Niederkunft (daher auch oft =
Wochenbett, z. B. se ligd in de kräm etc.),
da kräm auch liier urspr. in den Zeiten,
100 die Familien noch keine festen Wohn-
15 sitze hatten, od. loo die Familie noch in
einem u. demselben Räume zusammen ivohnte
u. schlief, odweder nur ein von Leinen auf-
geschlagenes Zelt od. ein Zelt- n. Schutz-
dach bezeichnete, ivelches speciell für die
20 Wöclüierin bestimmt ivar u. wo die Nieder-
kunft Statt fand, od. die Bedtg. eines durch
ausgespanntes Leinen od. vorgesetzte Schirme
von Leinen od. Brettern (bz. durch einen
Vorhang od. eine Gardine etc.) von dem
25 allgemeinen Wohnraum abgesonderten Ver-
schlages (bz. einer Koje od. kleinen Bude,
eines Alkovens etc.) hatte, toorin die Wöch-
nerin getrennt von der sonstigen Familie,
ihre Niederkunft auf einem besonderen La-
30 ger od. Bette erwartete, sodass die Redens-
art: „min frö kumd hold in de kräm" od.
„is in de kräm kamen" eigentlich so viel
heisst als: „meine Frau kömmt bald in das
Gezelt (bz. in den Verschlag etc.), wo sie
35 ihre Niederkunft hält", od. „sie ist in das
Gezelt (bz. in den Verschlag etc.) gekom-
men, wo die Niederkunft vor sich geht, od.
vor sich ging"'. Wie bei Seh. u. L. unter
krame sub 4. zu ersehen, waren solche Räume,
40 ii]o die Wöchnerinnen lagen, auch unter den
besonderen Schutz des Gesetzes gestellt, ganz
wie dies früher auch mit den Kirchen u.
Friedhöfen der L\dl ivar. — Besondere Re-
densart: in de kräm (a. Krambude u. b.
45 Wochenbett) is föl to köp ; — he kumd d'r
mit in de kräm (er kömmt damit in das
Wochenbettzimmer, d. h. dahin, ivo es
nicht hingehört u. somit an den unpassen-
den u. ungelegenen Ort etc.). — Nd. , nid.
50 kraam ; mnd., mnld. krame, kraeme od. kräm,
kraem ; afries. kräm ; satl. kräm ; tvang.
krom; wfries. kream; ahd. chräm, cräm;
mhd. kräm, krame, kraeme, kreme. Auch
an., isl. kram, norw. kram, kraam ; schwed.,
55 (län. kram. Letztere nur in der Bedtg. :
merx od. Kramwaare u. daher wohl aus
don nd. z. Z. der Hanse entlehnt, ivie auch
poln. kram ; böhm. kräm ; illyr. krama ; ivend.
klamy (Plur.) ; lit. krömas durch den Ein-
60 fluss deutscher Kaufleute nach dem Osten.
KKA:M 344 KRAMME
Die äUefite Bedtg. ist wohl Zelt od Zelt- kräni-ltcddo, Woclicnhett : — min fro ligd
dach, Zeltdccl-e, SchutzdncJi od. in *t kramboiUle.
ausffexpnuutcs Tuch etc. siim Schtdz od. ::itm kränioii (von Icram suh b), kramen, han-
VerhüUcn u. Verbergen etc. n. kan)i die da- dein, Geschäft machen, fertig tccrden, scliaf-
für anzusetzende Grdform ki-ama od. krama 5 fen ; ha)ithicren, ordnen, packen, legen etc. ;
vielleicht mit aslav. (cf. IUI de br and in — il'r is siegt mit hnm to knimen un mit
Grimm, ^^1)., unter kram) gramü u. gro- hum handclsi'ns im klär to worden; — ik
minica (canpona) direct vericandt sein, da kan mit hum uöt krämcu; — he hed d'r
auch dies ursjyr. wohl nur ein Zelt od. wat mit to kramen, dat he klär word; —
Schutzdach etc., od. einen abgeschiitzten 10 wat hest du dar all' to kramen ? — he krämd
Bretterverschlag bezeichnete. Formell würde d'r wat mit (od. in) herum; — he krämd
nun dazu auch skr. grama od. gräma (pa- sin hudel iit (od. in, up, weg etc.). — Nd.
gus, vicus, bz. Dorf, Dorfschaft, Gemeinde; kramen (dasselbe u. auch [wie nid. kramen]:
Schaar, Haufe etc., bz. Verein, Dorfschaft ein Wochcnhrtt hcdtcn) ; vudd. kviicmQn {mor-
etc.) u. slav. gramnta (Haufe etc.) stimmen, 15 cari, nundinari, mcrces exponere); mhd. krä-
was Fick (1, 347) zur ]/ gar (kehren, icen- men (Kramhandel treiben, handeln ; kaufen,
den ; zusammenkommen) = skr. jar (sich einkaufen etc.).
nahen, herbeikommen etc., od. 7irs}^r. icohl: krämer. s. kremer.
gehen zu, kommen zu, sich vereinigen u. kramere, Kramerei, Hanthiererei , Ge-
verbinden etc.) stellt, während Bopp (Gloss. 20 krame; — se hed altid so föl kramere In
comp., 1^3) es als wahrschei)d. aus grähma de ende; — Hanthierung, Handel, Wirtlt-
entstanden ansieht u. zur y garh, grah, bz. schaft, Sache etc.; — mit de krämere wil
garbh, grab (caperc, sumere, accipere etc.) 'k niks to dun hebl)en. — Son.<ft cf. kremere.
stellt. Hicvon nun abgesehen, so sei zu krain-frd, Kindbctterin , Wöchnerin. —
grama bemerkt, dass die Grdbdtg. desselben, 25 Nid. kraamvrouw.
nämlich: Vereinigung, Verbindung krain-hw'. Mann einer Kindbetterin. —
etc., hz. die von : vereinigen, zusammoifü- Nid. kraamheer.
gen, verbinden, vor- od. aneinander-knilpfen, krämi^, s. kremmig.
etc. auch wohl für ein aus Stangen u. Fei- kraiii-kaiiier od. kraiii-stüfc, Wochenstube
Jen od. (in iceiter vorgeschrittener Zeit) Tu- 30 od. Kammer, too die Wöchnerin liegt n. sich
ehern u. Leinen gefertigtes Gezelt , od. für die Zeit über aufhidt, bis sie sich wieder
ein aus Stöcken u. Brettern zusammenge- nach dem mit ihrem Manne abgcstaitcten
fügtes Etwas (Vereinigung od. Gefüge von Kirchengange öffentlich zeigt, welches ge-
Stangen u. Fellen, bz. Brettern) ebensogut wöhtdich nach Ablauf von 4 od. 6 Wochoi
für unser kräm ?«. aslav. gramü (canpona 35 geschieht.
od. = griech. kaprleion) passt, wie für skr. kramker, ein Krambudenhaltcr, bz. Einer
grama in der Bedtg. pagus etc., welch letzte- der mit der Krambude zu Markt zieht n.
res mit pango, pago etc. n. mit pax, pactum Kramwaarcn feil bietet.
etc. n. griech. pegma (gefügtes Eticas, od. krum-iiiarkod, kramniarkd, Krammarkt,
Gefüge, Gestell etc.) zur y pac (fassen, hal- 40 Markt, worauf od. an toelchem Krambuden
ten, festmachen, fesseln, binden etc.) gehört. errichtet u. Kramwaaren ziun Verkauf auf -
1. kram od.V.TSiV\v\ (ohne l'lur.), Krampf, gestellt werden. Gegensatz zu femarked.
mit Schmerz verbundenes krankhaftes Zu- kramiiio, kvaiiiiii, kram u. (selten) krampe,
sammenziehcn der Muskeln; — kram in 't kramp, Krampe, Klammer, Haken etc., bz.
lif od. in de foten etc. ; — \\v hed de kram 45 ein gekrümmtes od. zusammengebogenes Et-
krägen. — iNT«?. kramm, kramj) ; )«»f/. krampe; was zum Klammern, Festhaken od. Klem-
nld. kramp; mnid. krampe; a.s. kramp; ags. men u. Festhalten etc. von Etwas, sei es, dass
cramp cromp; acngl. crampe ; engl, cramp; es toie ein Buchhaken mit einer gekrümmten
schwed. kram]); rfa«. krampe ; cf/jr/. crainjiho ; u. krailenförmigen Spitze über u. in ein an-
mhd. kramj)f, cramph h. kram, kramme. — 50 derex Etwas einhakt, od. dass es bogen- od.
Die Formen mit „!>", woraus auch unser tvinkclfönnig gekrümmt mit seinen zwei
kram gekürzt ist, gehören zu krimpen (cf. Spitzen über ein anderes Etwas hinfasst u.
dieses) etc., von dessen älterem Prät. Icramp in Holz etc. eingetrieben, dieses Etwas ein-
ctc. es mit ahd. chrampli, chramf (gekrümmt u. festklemmt , od. mit aus dem Holz, od.
etc.) u. nhd. Krampe (if. kramme) gebil- 55 der Mauer vorstehender rundlicher Oeffnung
det ist. Das mhd. kram dagegen gehört zu eine Oese bildet, in welcher ein Haken etc.
ahd. chrimman, krimman (kratzen, kneipen, ei)ifasst, od. durch welche ein Tau etc. ge-
drücken, klemmen etc.), worüber Weiteres steckt wird, um Etwas daran aufzuhängen
unter krimmein u. kremmo. od. fe-'^tzu machen etc.; — du must de kram
2. kram, .s\ kramme. 60 fan 't buk digt maken ; — shV d'r 'n kram
KRAMMEN
345
KRANK
■■lier, (lat 't ankor god fast sitt ; — däi- sitt
'n goden kram in de balkc, war du de kct-
tonliake inliakoii kaust, hz. war wol 'ii osse
anhangen kan; — slä' 'n kram in de müre
un liang' 't d'r an up ; — stilk 'n tau dör
de kram un bind' 't d'r an fast. — NcL,
mnd. krampe; nlä. kram (Krnvrpc , KJam-
nier, Klampc, Haken, Hie(jel, Schlicsshalcen) ;
mnJd. krampe; loang. kramp; aenr/l. cranip;
eiiyl. kramp (gcwöhnJ. cramp-iron) ; iioriv.,
dün. krampe; schivcd. krampa; nhd., oherd.
(cf. Grimm, Wb.) krammc, krampe, kramjjf
u. ulid. chrami)h, chrnmpho. Danehen aucJi
ahd. crapho, clirapho, crapo, chrapfo, chraffo ;
mhd. chrape, chrapfe, krapfc (Haken, Klam-
mer), toovon ital. (Diez, I, 224) grappa;
span., port. grapa (Klammer, Kralle) ; ital.
grappa (das Zugreifen) ; prov. gi-aps (manus
curva) ; span. grapon (dasselbe) ; franz. grap-
pin (Anker); venet. grapeia (Klette); ital.
grai)pare, aggrappare ; norm, grapper ; pric.
agraper (packen), wie desgl. auch ital. grappo,
grappolo ; franz. grappe ; afranz., pic, champ.
crape (Traubenkamm , Traube etc.); vld.
grappe, krappe ; engl, grape (Traube etc.),
ivährend ital. grampa (Kralle), aggrampare
(häkeln) ; franz. crarape (Krampf), crampon
(Klammer) ; bürg, se crampir (sich anklam-
mern); afranz. craiipi (zusammengekrümmt)
nach Diez (I, 223) von ahd. cramph (ge-
krümmt) stammt, obschon es loalirscheinli-
cher ist, dass sie thcils auf mnld. krampe
od. ahd. crampho (Krampe, Haken) u. theils
auf mnld krampe etc. (Krampf) zurückge-
hen u. nur afranz. cranpi von ahd. cramph
(gekrümmt) stammt.
Da.ss kramme od. krampe vom Präter.
kramp von krimpen gebildet wurde (cf. auch
krempe), ist wohl sicher, soioie auch, dass
sich kramme od. krampe formell u. begriff-
lich mit klampc so nahe berührt, dass beide
Wörter (cf. auch kremme zu klemme) tvahr-
scheinlich von Hause aus ident. waren, od.
doch derselben ]/ angehören u. ist dieser-
halb unter klampe u. klampen das Weitere
zu vergleichen.
krammen, krampen, klammern, verbinden,
aneinander fest machen, od feststecken, nä-
hen etc. ; — du kaust de schöttel (od. pot
etc.) wol äfen wer krammen, dat he net üt
'n ander fall; — de l)iiksen (od. dat klcd
etc.) mut wat kramd worden, de uäd is up-
lopen ; — de dik mut nog Icramd worden,
d. h., das auf dem Deich vorgestreute lose
Stroh muss noch mit quer darüber hinge-
legten u. mitteltst einer grossen Nadel (stik-
natel genannt) in etwa sechszölligen Abstän-
den in die Erde hineingetriebenen Stroh-
streifen auf dem Deich festgesteckt icerden.
cf. krampen im Br. Wb., II, pag. 864 u.
dann weiter auch nid. krammen, sowie klam-
jien etc.
kruiu-iiior, Hebamme, cf. fromor.
kraiu-potje, Laus, Kopflaus, pcdiculus. —
5 WörtlicJi tvohl K r allen- od. K l a u e n-
Füsschen, von kramme od. krampe in
der liedtg. : Kralle, Klaue, Haken etc., s.
in Grimm. (Wb.) unter 2 Krampe.
krains-to^el, .s'. kransfOgel.
10 krjun-stikken (Kram- od. Budenpflöcke?),
geringfügige Sachen od. Kleinigkeiten.
kraiii-telt, Kramzelt, mit Leinen gedeckte
grössere Bude.
krain-waren, die WocJioistube od. das
15 Wochenbett loahren u. hüten , bz. Wärter-
dienste bei der Wöchnerin thun u. Alles was
im Wochenbett od. hei einer Wöchnerin (in
de kram) vorkömmt u. zu besorgen ist, ver-
richten. — se geid üt to krämwaren, od. se
20 deid 't kramwaren.
kräm-wäi'ster, Wochenbett - Hüterin od.
Wärterin bei einer Wöchnerin. — Nid.
kraamhewaarster.
kran, a) Krahn od. Geräth mit langer,
25 beweglicher, loeithin reichender Stange zum
Heben von Lasten, bz. zum Aufwinden der
Anker, zur Entlöschung od. Beladung der
Schife u. Wagen etc. ; — dat schip iigd
under de kran, um to lössen; — b) Hahn
30 zum Verzapfen von Flüssigkeiten; — släg'
de krau in 't fat un tapp' her. — In bei-
den Bedtgn. haben diese Geräthe ihren Na-
men von ihrer, einem. Kr anich ähnelnder,
Gestalt (wie auch das „Hahn"' genannte Ab-
35 znpfrohr von Hahn) u. ist kran, bz. nid.
kraan ident. mit ags. cran od. crane; aoigl.
crane ; and. od. anld. crane, craene ; mnd.
(Seh. u. L.) kran, krön (Kranich), was mit
ahd. cranuh, cran oh, cranih etc. (der Stamm-
40 form von nhd. Kranich) u. griech. gera-
nos ; cornio. garan (Kranich) ; lit. garnys
(Storch, Beiher) etc. von derselben ]/ gar
ab.Htammt, loie unser kraie u. kniieu.
ki'än-l)alke, der bewegliche Balken (od..
45 Baum, Stange etc) des Krahns, worin od.
tvoran auf Schiffen der Anker hängt u. auf-
gewunden lüird.
krank, krank, ungesund, schwach, elend,
schlecht, verdorben etc. ; — 'n krank minsk,
50 perd etc. ; — 'n kranken böm ; — krank
löf: — kranke kartuÖVls; — krank her od.
kranke geste (Hefen) ; — krank fan older-
dum ; — he hed 'n kranken kop (er hat
ein.en kranken od. ivehen Kopf; od. auch:
55 er hat einen Katzenjammer ; od. auch: er
hat einen fkörperlich u. geistig] schwachen
Kopf) ; — krank in de kop (körperlich u.
geistig krank od. schwach im Kopf, cf. krank-
sinnig) : — krank um. od. na 't v^'ichi (krank
GO um, od. nach dem Mädchen, vor heftigem
KRANK 346 KRAN-MESTER
Verlmiffcn od. Sehnsucht etc.) : — Sjjrichw.: Jcnicktcs l'Jtwas etc., Alles Bedtgn., wie sie
diit It'tt siik denken, thit kranke Ifie nich güd soicohl im (ujs. crinsjan, crincaii (cranc, ge-
to färd sunt; — d'r is niks ungesunder, as cranc, — crangen, crancen) , (ds auch in
krank -wäseii. — Nid., nd., m)dd., vnid. krank ((/leichviel ob ursj))-. cj ehr oehen,
krank, crank ; afries., iifries., ,<iatl., wanij. 5 r/ c k n i cht, g est ü r zt etc., od. ob: brechend,
kronk; /ic/^. krank ; ((^6\ cranc; sc/io<^. crank; fallend etc., od. ge- u. zer-brechlich, liinfäl-
an. krankr; norw., scluved. krank; mhd. lig etc., da es überall nur einen g ebr oche-
crank, krank. — Im ags. hatte es die Bedtg. : ii e n u. geh n ickten, gebe u gtcn etc. Zu-
gebrechlich, hinfällig, schwach etc., währoid stand etc. od. einen Bruch- u. Knick-Zu-
es mhd. die von: schwach, dann, schvu'ich- 10 sta>id bezeichnet) etc. zu Tage treten u. wor-
tig, schlank, armselig, schlecht, gering; über Weiteres auch noch unter 2 klingen,
schicach, leidend, krank od. siech etc. u. krengen, kringen, kriukel etc. etc. zu ver-
mnd. u. mnld. die von: schwach, gering, gleichen ist. cf. sek etc.
schlecht elend (infirnuis, dehilis etc.) u. dan)i kränke, krenke, Kränke, Krankheit, Ge-
auch die von: siech od. krank im heutigen 15 brecldicJikeit od. s(»istiges böses körperliclics
Sinn (morbidus etc.) hatte. — Die volle Gebrechen ?f. Leiden etc.; fig. Schwerenoth
Form kranka od. kranki (welche auch für etc.; — dat du de kränke kregst, od. dat
vdid. krank od. kranc [Schwachheit, Fehler, di de kränke kreg, dat wul 'k. — Mnld.
Makel, Gebrechen; Abbruch, Schaden] an- krencke (dehilitas, morbus, vitium); mhd.
zusetzen ist) würde sich beim Vergleich von 20 krenke (Geringheit, Mangel; schwacher od.
Gebreste u. bresthaft von brestan (ber- scJilanker u. dünner TJteil des menschlichen
sten, brechen, spaUen, spri}igrn, reissen etc.) Leibes .zwisclioi Brustkasten n. llüfle, Taille).
ganz ungesucht als aus kraka etc. nasalirt kriinkel»"?, krenkele, Kränkelei, (rckrän-
u. demnach als eine Weiterbildung von krak kel, anhaltendes krank- u. schwachsein.
(Bruch, Biss, Si)alt etc. od. [rgl. auch knak 25 kl'jinkelik, kroukelik, kriinkclk etc.,
a<. knik, knikken etc.] n»c/j.' Biegung, Knick, kränklich, schwächlich etc.
Krümmung etc.) nehmen u. fassen lassen, kriinklikheicl, krenklikheid, kränkolk-
sodass es mit kraken u. krakke direct zu- heid, Kränklichkeit.
samm engehören könnte u. dann kranka etc. kränkeln, krenkeln, krä)ikeln. — Iterat.
ebenso wie kraka etc. tirspr. einen Krach 30 u. Dimin. von kranken.
= Bruch od. = Knick-Zustand bedeutet kranken, kranken, krank u. leidend sein ;
hätte, woraus sich die^ Bedtgn. : gebrech- — lie krankd al lank ; — de böni etc. krankd.
lieh etc. od. schwach etc. von selbst er- kränken, krenken, kränken, d. h. krank,
gaben. VergleicJtt man indessen, dass sich leidend u. schwach machen, schwächen, er-
„g" u. „k" sowohl an- u. in-, (ds auch aus- 35 niedrigen, heruntersetzen, Leid, Schaden u.
lautend so sehr oft vertreten, so ist es klar, Nachtheil zufügen, beleidigen, schädigen,
dass man das Thema kranka auch als von vermindern, Abbruch tliun etc.; — he hcd
einem Stamm kräng, kranch, krank als Prä- nii bister krankd; — dat krankd mi in min
ter. eines Verb, kringan, krinchan, krinkan äre; — dat krankd min rop, ori min aftaren
(kräng, krank — krungcn, kranken) ansehen 40 etc. — I\''/tZ. krenken; mnld. krencken; vfrics.
kann, ivas mit unserm 2 klingen, klinken krinkjen; nd., mnd., mhd. krenken (krank
sowohl, als auch mit krengen, kringen u. machen, schwach machen, schicächen, schmä-
dem für krinkel, krunkel, ki-unken anzu- lern, mindern, erniedrigen, herabsetzen, zu
setzenden obs. krluki'n von Hause aus ident. nichtc machen); ahd. (chranc-jan). Davon
ist u. aus dessoi Grdbdtg.: brechen sich 45 das mit kränke sgnon. mnd. krenkede,
leicht (die in diesen Wörtern zu Tage Ire- krenkte, bz. (Seh. u. L.) krankede, krankte ;
tenden verschiedenen Bedtgn. entwickeln mnld. kranckte, krenckte.
konnten. Die dafür anzusetzende y garg, kranken-ltedde, Krankenbett.
grag ist dieselbe toie von kraken u. ent- kraiikeii-stö], Krankenstuhl,
loickelle dann (vergl. auch die von: klap ?<. 50 krän - kette , Krahnkette , Zugkette am
klip, (jd. klak u. klik etc , bz. klamp u. Krahn.
klimp — klank u. klink etc. abstammende)! krankheid, Krankheit, Kranksein, kran-
Wörter) ebenso ivie bei knikken u. kraken ker Zustand etc.; — • an wat für krankheid
etc. aus crepitns, crepitare etc. die von: is he starten V
Bruch, brechen u. hieraus wieder : Sturz, 55 krank-sinnig, scJtwachsinnig, schwach von
Fall, bz. stürzen, fallen, niedersinken etc., Sinnen, nicht zurechnungsfäJtig, blödsinnig,
od. auch (cf. knikken vom Schallstamm knik verrückt etc. — Nid. krankzinnig.
od. knak) die von: biegen, krümmen (sich ]ivan\i-Hii\n\g;\iQiu\,Schioachsinnigkeit,Blöd-
zusammenziehen u. verkürzen, einschrumpfen sinni;/keit etc.
etc.) knicken, zusammenklappen wie ein gc- GO krän-mester, od. krän-bäs, Krdhnmeister,
KRANS
347
KRANT
hz. der heim Kr ahn angestellte Meister u.
Aufseher.
kraus, Kranz; — kraus um de kop; —
kransen un krönen ; — se stän d'r in 'n
krans um herum. — Nd, nid. krans; iniild.
krants ; nfries. krans ; älter engl, crants ;
aschott. crance ; isl., schivcd., norm, krans ;
dän. krauds; an. kränz; esthn. krauts etc.,
Alles wohl Entlehnung des hochd. Krans,
bs. des ahd. chranz, cranz ; mhd. kränz (reif-
förmiges Ziergejlecht, besonders von Blumen,
als Kopfschmucl; corona, diadema, vitta),
dem selbst aber wieder (cf. Fi c k, III, 4!))
eine ältere Form kranta od. kranti zu Grunde
liegt, die Fiele (II, 352) mit lit. grandis
(Bing, Armhand, lieif eines Bades) ver-
gleicht. Begrifflich am nächsten berührt es
sich als GescJilungenes , Gewundenes , IJm-
loundenes od. Gebundoies etc., od. auch als
Geflochtenes, bz. als rundlich Gebogenes,
Bundes, Gekrümmtes etc. (cf. Windung =
Krümmung etc. u. winden = binden, flech-
ten etc. u. = krümmen etc. od. rund um
Etwas herumdrehen etc. , bz. Knoten =
Schlinge, Verschlingung u. auch = Win-
dung od. was sich rund um Etwas legt u.
es einfasst od. umfasst) mit skr. granthi
(Knoten, Verschlingung etc.) , grantliin (gc-
od. verschlungen , zusammen geschlungen),
grantha (über, codex ; conjunctio), bz. gratli,
grantli , tvas Bopp (Gloss. comp.) sowohl
mit incurvatuni, inflexum esse, als jüngere,
nectere, serere, componere glossirt. Ob je-
doch dessen th zum lit. „d" u. germ. t od.
z von graudis u. kranta, bz. kränz stimmt,
lasse ich dahin gestellt sein u. ivill ich nur
bemerken, dass beim Vergleich der E)it-
stehiing der Bedtg. : brechen , biege n,
krümmen etc., bz. Bruch, Knick, Krüm-
mung etc. in den Wörtern knikkcn n. knik
od. kraken, kräk u. krinken, krank, kran-
ken, bz. krank etc. aiis der von Geräusch
od. Schall etc. u. aus Bruch etc. man
auf germ. Gebiete zu dem aus kraz nasalir-
ten kränz attch das aus kraz (es ist auch
der Stamm von nhd. kratzen, kritzeln etc.,
cf. kratsen etc., ivas jedenfalls auch ivohl
zunächst lautmalende Wörter waren wie un-
ser kritea ti. erhellt die Identität von klat
u. ki-at auch aus dem unter klatte angezo-
genen klate, klatte in der Bedtg. : Kralle,
Klaue etc.) entstandenen mhd. klaz (crcpi-
tus, fragor), bz. der Stcunm. klat unseres Ida-
ter, klatte, klitter etc. heranholen könnte 'un-
ter der Annahme, dass aucJt, hier tvieder aus
Schall od. Ger ä u s c h etc. sich die Be-
dtg.: Bruch, Knack, Knick etc. od. brechen,
biegen, knicken, krümmen etc. entivickelte u.
dass demnach das von krat, krant weiterge-
bildete kranta (Kranz od. Beif, Bing etc.)
hieraus die Bedtg. g e h o g enes od. g e-
k r ü m m t e s Etwas erhielt.
Wegen einer Entstellung mit grieeh. ko-
röne ; lat. corona (cf. kröne) von einer y
5 skar, erioeitert skard, s. unter kroite am
Schlüsse.
kraus-, krams-io^el, Krammetsvogel. —
Nid., bz. mnld., mjläm. krammct-, kramet-,
krams-vogkcl ; fZ«/;. kramsfugel ; norw.,schwed.
10 kramsfogcl. — Er hat den Namen vom obcrd.,
haj/r., östr. kramniet (Wacholder) , loeil er
gern die Wacholderbeeren (daher atich
schiveiz. reckholdervogel = Wacholdervogel)
frisst u. ist kramraet aus ahd. chranawitu ;
1.5 mhd. chrannewitc, clirambid, später hochd.
kranwet; bagr. kranewctt (Wacholder) ent-
standen, tvie auch statt krammetvogel die
Form : kranwit-, kranwid-, kranbit-vogel vor-
kömmt. Die Endung witu in ahd. chrana-
20 witu ist das ahd. witu (Holz), ivas ivahr-
scheinlich mit Wette (cf. wedde), von ahd.
wetan ; goth. vidan (binden, knüpfen etc.)
abstammt. Ob nun aber der erste Theil
clirana mit chrana (Kranich, cf. krän) ident.
25 ist u. der W aciiold er Strauch sowohl, als auch
die kran-bere (cf. Sc hm., II, 387) genannte
Wacholderbeere (vgl. auch krönsbeje) davon
den Namen hat, ist schwer zu entscheiden,
zumal die schon cdte Form granwiden auch
30 die Möglichkeit zulässt, dass clirana, krana
mit ahd. grana, craua (stachligtes Haar od.
überhaupt ein spitzes, scharfes, stachligtes
u. stechendes Etioas), bz. norio. gran (Fichte,
od. Nadelbaum etc., s. unter grau) ident.
35 ist u. also in diesem Fall das ahd. chrana-
witu gleichfalls wörtlich ein Nadelholz
od. überhaupt ein mit Nadeln od. Sta-
cheln beivehrtes Holz bezeichnet haben
kann. Für diese Beutung spricht auch,
40 dass der Ginster od. das Pfriemen-
kraut gleichfalls grauwide (Stachel-, od.
mit Stacheln u. Pfriemen bewehrtes Holz ?)
genannt loird u. dass neben chranawitu auch
chranapoum in derselben Bedtg. vorkömmt,
45 loas denn auch = Nadel- od. Fichten-
baum etc. iväre.
Zum Schlüsse sei hiezu übrigens noch er-
wähn t , dass A. Holtzm. a n n (deutsche
Mi/th., pag. 78 seq.) ein auch im Namen
50 Aquisgrani der Stadt Aachen vorkom-
mendes grani mit ahd. chrana etc. zu dem
(gcdl. kelt.) Namen Grannus des Gottes
Apollo vergleicht u. meint, dass chrana-
witu das liolz od. der Baum des Gottes
55 Grannus (als des Beschützers u. Herstel-
lers der Gesundheit) bedeute.
krans - oge (Krähen - Auge) , Brechnuss
(strychnou, nux vomica). — Nid. kraanoog;
mnld. kraeyenoge.
60 kraut, Zeitung; — 6k wat ueis in de
KRAPEN
348
KRAETE KRETE
krantc ? — i\7(/. kraut. Aus franz. cou-
rant.
krapeiK .s. krupen,
krapjie, iskrappe, Kis-<i)oni, hz. eine breite
Klammer od. Krampe, deren beide umgebo-
genen od. winkelförmig gehrümmte Enden
um den Kuss fassen , u-äJirend der mittlere
flache, unter der Sohle des Fasses liegende
Theil mit eisernen Spitzen od. Eisnägcln
besetzt ist. ]\[an schnallt diese krappcn bei
Glaiteis od. wenn man auf dem Eise gehen
will, unter die Küsse, um nicht zu gleiten u.
zu fallen. — Es ist dasselbe Wort tvie hess.-
nd. (Vilmar) krappe; nhd. Krapfen;
ahd. craplio etc. (Haken etc.); s. unter
kramme.
ki'äs. kratzend od. krat-zig, scharf, rauh,
hart, laut, heftig, grob, stark etc.; — 'n kras-
sen täl (eine kratzende, knarrende, rauhe,
scharfe, harte, schrille, das Ohr beleidigende
od. auch laute u. grobe, polternde Stim)ne
od. Sprache: — dat kumd il'r bi lium all'
so kräs (scharf, rauh, hart, heftig, laut, grob
etc., bz. veru-undend u. beleidigend etc.) iit ;
— he fürd 'n krassen täl (er füJirt eine
scharfe, heftige, abstossende u. beleidigende
Sprache); — 'n kiäs w6rd hold 'n kerel
tan 't lif (ein scharfes, hartes, starkes, lau-
tes, kräftiges, bz. grobes Wort hält einen
Kerl vom Leibe); — kräs (bitter, beleidi-
gend, verwundend, abstossend etc.) in sin iit-
dri'ikkou; — dat sniekd so kräs (kratzend
u. den Hals rauh machend, bz. scharf, bit-
ter, unangenehm) ; — dat is ml to kräs, um
dat to drinken ; — dat is to kräs (rauh, ivi-
derwärtig, unangenehm, arg, stark etc.), um
dat to hören od. to löfen ; — ferner auch:
stark, robust, kräftig, rüstig etc. in Bezug
auf die Constitution eines Menschen ; — he
is, od. hold sük nog al kräs na sin older ;
— he Jüpd d'r nog net so Icräs hen, as 'n
junge kerel. — Nid. kras (a. Onomafopuic
eines kratzenden, krächzenden, kreischenden
od. scharfen, rauhen, harten u. knarrenden
Lautes, icie z. B., wenn man mit dem Ka-
gel od. einem sonstigen scharfen u. spitzen
Geräth auf einer Schiefertafel kratzt, od.
auch vom Krächzen der Haben, vom Ge-
räusch einer Säge od. einer knarrenden 1'hür
etc. ; — b. (als Subst.) ein Kratz od. eine
Schramme, liitz etc. mit einer Kralle, einem
Nagel od. .'sonstigen spitzen Etwas; — c.
(als Adj.) arg, grob, stark (dat is kras);
stark, kräftig, rüstig (een krasse kerel; —
een kras wijt' etc.). — Es scheint mir, dass
sich in ttnserm kräs zwei ursjtr. ganz ver-
schiedene Wörter mit einander grmischt ha-
ben u. zwar einerseits das mit mhd. kraz
(einmaliges Kratzen u. davon entstehende
Schramme od. Kitze, Wunde etc.) ident. nid.
kras sub a u. h u. a)idcrerseifs das aus franz.
crasse (dick, grob, stark, kräftig) entlehnte
nid. kras sub c, wobei auch grob, stark
etc. in die Bedtg. : unangenehm, beleidigend
5 etc. od. laut, heftig etc. (in Bezug auf Stimme,
Sprache u. Wesen) überging. ITrts nun zu-
nächst das letztere nid. kras, bz. das frans.
crasse betrifft, so stammt es mit mhd. pras-
sus, bz. ital. (Diez, I, 2ii4) gvniso; franz.
10 ijras (dick, fett etc.) von lat. crassus, was
Fick (I, 47, bz. 525) unter kart (flechten
etc.) als aus crattus entstanden ansieht u.
wobei erwähnt werden mag, dass zu dieser
y kart auch lat. crates (Flechtwerk, Gefloch-
\'i tenrs) gehört, ivovou das ahd. cratto etc.
ivalirschcinlich entstand, worüber Weiteres
unter kreite.
Wegen kräs, bz. nid. kras = mhd. kraz
s. Weiteres unter kratsen.
20 1. kritt, kret, lauter Schrei od. lautes
Schreien, Geschrei, Gejammer etc. — Sprichio.:
fOrbesihed mäkd agtenui gen kret. — Nid.
kroct ; nuild. krijt (lauter Schrei etc.); nd.
krcet, kreit ; mnd. krrt, kreit, krit (Zank,
25 Streit, Hader) ; md. krit (Knack, Krach etc.).
— Zu kriten wie blt u. bfit (Biss) zu biton,
von y bhid.
2. ki'iit, s. 1 u. 2 kräte, krete.
1. kräte, krcte, krat, kret, Runzel, Furche,
30 Falte, Kerbe, Kitze etc. : — kräten in de luid,
bz. für de kop, in de lianden od. in de fo-
ten, in "t lif; — kräten in de stok od. müre;
— kräten in (od. up) de horens. — Nd.
(Br. Wb., Schütze) kräte, krote, kreet;
3ö mnd. krete; ivang. (Ehrentraut , fries.
Archiv, I, 3t7) krittel. — Es ist, tvie kräte
= karte (Kerbe), zweifellos eins mit mfläm.,
mnld. kerte (crena, incisura etc.) , doch ist
es beim Vergleich von bersten aus bre-
40 sten (cf. barsten) «. mnld. bernen aus bren-
nen (cf. bariien xi. brannen) sehr fraglich,
ob nicht gerade die Form krete die ursjyr.
ist u. ob diese nicht mit nhd. kratzen u.
k ritzen (ritzen, reissen, verwunden) zu-
45 sammenhängt u. ebenso tvie dieses selbst auf
den Stamm kraz, a)id. krat (urs))r. loie mhd.
klaz ivohlblos Schallnachahmung irgend eines
unartikulirten Geräusches, od. in der Bedtg.
crepitus etc. u. daraus wie klak u. klaz, bz.
50 unser klat die Bedtg.: Bruch, Eiss, Sjialt,
Kitze, Sclirammc, Wunde etc. entwickelnd,
welche mhd. kraz u. nid. kras [s. unter kräs]
ja hat, die auch zugleich die Grdform von
klaz ist) zurückgeht, od. von dem für die-
55 ses kraz, krat u. klaz, klat (s. unter klatte
am Schlüsse) anzusetzende ursjyr. Verb, kri-
zan, kritan in der Bedtg.: brechen, knicken,
bersten, spalten, reissen, ritzen etc. abstammt,
wobei wegen der Identität von krat u. klat,
60 bz. ahd. chraz «. chlaz in der Bedtg. :
KRAETE KRETE
349
KRATSEN
Bruch , Kniclc etc. , auch nd. (S c h ü t .:■ c)
krat, krattbusch ; dein, krat, kratskov (Bruch,
od. Knick, Unterholz, niedriges Gestrüpp od.
Gebüsch etc.) zu vergleichen ist. Wie nun
aber karfeii u. scharten od. sclirabben u.
schraft'elii, bz. kräfe %i. scliriife sich begriff-
lich u. formell zu nahe berühren, als dass
sie nicht von Hause aus einer j/ angehören
sollten, so stimmt zu kräte, krcto auch un-
ser släte, siete, bz. zu einem and. kritaa od.
kriteu auch wieder unser sliten , was ei)ier
y skard, skrad , skraiul (als Erweiterung
von skar) angehört, indem eben sliten für
altes sklitan, skritan (sknit) steht u. es nach
don Vorherigen sowohl, ivie auch nach dem
■unter klampen bereits Gesagten sehr leicht
möglich ist , dass kräte u. mhd. kraz, ahd.
chrazzon (cf. kratzen), soivie möglicheriveise
auch unser kriten (s. d.) derselben y eid-
stammen wie goth. skreitan u. unser sliteu.
2. kräte, ki'ete, krät, kret, eine Meine
Birne; wahrscheinlich dieselbe, wie so)ist
auch Kötel- od. Kütel-Birne genannte pyrus
pyraster. — • Ob urs2)r. ein runzligtes od.
verschrumpftes, unvollkommenes od. klein ge-
bliebenes Etioas u, dann mit 1 kräte als
Runzel connex?
kräten, s. kriten.
krats ; i. q. nid. kras = mhd. kraz, als
NachaJtmung eines Geräusches (Tones, Lau-
tes etc.), was durch Kratzen etc. entsteht,
bz. dabei hörbar wird. Der Ablaut krits
bezeicJuiet ein feineres Kratzen od. einen
kritzelnden Ton u. tvird beides gewöhnlich
zusammen durch krits-krats (nid. kris-kras)
bezeichnet, cf. dazu auch klik-klak, — klip-
klap etc.
kratse, Geräth zum Kratzen od. Krüm-
pein der Wolle u. Heede etc. ; auch krempel
(s. d.) genannt.
kratsen, kratzen. — Es wird hier ausser
im Sinn von Krumpeln od. Kratzen der Wolle
etc. (wnlle kratsen) nicht so selir loie unser
krabben im Sinn von scabcre, rädere etc.,
als vielmehr wie reissen, in der von: sich
schnell entfernen, eilen etc. gebraucht; —
he kratst d'r dör (od. i'it), dat 't so 'n ärd
hed. — Nd. kratsen, kratzen, krasclien, krä-
schen ; mnd. kratzen, krassen ; nid. krassen ;
mnld., mfläm. kratsen, kretsen ; wang. kratsjo;
schwed. kratsa; rf««. kradse ; ahd. chrazzon,
chrazöu, crazon -^rnhd. crazen, kratzen, kretzen
(ahd. chrazjan , chrezzan). Davon (Diez,
I, 224) : ital. grattare ; span., prov. gratar ;
franz. gratter (kratzen) etc.
Wie schon unter 1 kräte bemerkt, sind
die Stämme kraz, klaz, soivie kriz, kHz, bz.
krat, klat u. krit, klit (s. auch unter klatte
am Schlüsse, sowie unter klits, klitseu, klit-
ton etc.) von Hause aus ident. u. kann kraz
od. krat ebensogut wie klak, klap u. klaz od.
klat (die auch als klad in kladde, kladden,
kladdern etc. erscheint) urspr. ein blosser
Schallstamm gewesen sein, der entweder aus
5 crepitns die Bedtg.: Bruch, Biss , Spalt,
Ritze, Wunde etc. entwickelte, od. blos das
kratzende, kreischende, kritzelnde od. schar-
rende Geräusch (wie klak u. klaz dasjenige
eines Bruches od. Risses etc.) nachahmte,
10 ivas dadurch entsteht, loenn mit einem schar-
fen u. spitzen Etwas auf ein entsprechendes
anderes Etwas ein Kratz od. Ritz gemacht
wurde, loie ja die Interjection krits-krats,
nid. kris - kras für einen solchen scharfen
15 kritzelnden u. kratzelnden Ton gebraucht
wird u. wir auch den Ton des Reissens von
Etwas auch durch rits-rats-ruts bezeichnen
u. ruts auch zugleich ein Riss etc. ist.
Sind nun aber die Stämme kraz od. krat,
20 bz. kriz od. krit u. deren Nebenformen (wie
klad von klat) krad u. krid urs^jr. blosse
Schallwörter [cf. dieserhalb auch amhd. chra-
ken, kratzen, kratzend klauben etc., ivas doch
zweifellos von ahd. chrac , Krach, Riss,
25 Sprung, Ritze, Scharte etc. weitergebildet
ist), die irgend ein unarticulirtes Geräusch
(gleichviel von wem od. durch ivas dasselbe
ausgeht od. wodurch dasselbe entsteht) be-
zeichneten, so ergicbt sich doch ungesucht ein
30 nicht blos formeller, .sondern auch begriff-
licher Zusammenhang zwischen den Stäm-
men krat, krit od. kraz von and. (kratau) od.
(kratjan), bz. (kritan, krat) = ahd. chrazan,
chrazjan, bz. krizan (nhd. kritzeln ist ^=
35 älteres krizeln, als Iterat. von krizan) u. den
gleichfalls auf eine von agerm. kva.t ablautende
y krit (sonas, crepitus, fragor, clamor etc.)
zurückgehoiden Wörtern: md. krit (Knack,
ICrach) ; mnld. crit (Schrei) u. kriten; nid.
40 kreet (lauter Schrei od. Ruf, cf. krät); nd.
(Br. Wh.) kreet (Zank, 'Hader, Streit),
worüber Weiteres unter kriten u. kriddeln
etc. zu vergleichen ist u. wozu schon hier
bemerkt werden mag, dass M. Lex er ne-
45 ben krizen (schreien, kreischen etc.) auch
ein zweites krizen (einen Kreis machen, krei-
sen ; gähren, schäumen , gischen , zischen ;
kratzen) aufführt, was Alles sich nur er-
klären lässt, loenn man annimmt, dass die
50 dafür anzusetzende germ. ]/ krit (cf. biten,
beissen etc., von ]/ bhid, germ. bit) urspr.
eine Schallwurzel ioar, die für germ. kratan
ti. kritan sowohl die aus gar (rauschen,
schnattern, rufen, schreien, lärmen etc.) er-
55 iveiterte y gard, grd (sonare etc., cf. Bopp,
Benfeg etc.), als auch die aus skar (tö-
nen, rauschen, kreischen, lärmen, springen
etc.) erweiterte y skard, skrd (die auch ja
für n hd. seh r eissen u. schlei sse n [s.
60 unter 1 kräte] anzusetzen ist) sein kann u.
KRAUELN 350 KKEITE KREI-f
icovoti griech. krizö (kreischen etc.) auch Bezirk, Gau). — Die nä., nid. Formen mit
vielleicht abstammt. auslautendem s, ts sind zweifellos auf das
kraueln, krauein, krabbeln etc.; — Nd. ahd. creiz zurückzuführen, während dieses
krancln; ivfries. kreauweljen; nid. krieuwe- selbst mit wild, kiiet or?. krit m. mnd. kreit,
len, krevelen , krioelen, krielcn .(krabbeln, 5 kret ebenso wie nhd. reissen auf r'izen,
kricbeln, wimmeln etc.). ritan, bz. writau (cf. riten), auf eine ältere
krauen, krauen, kratzen, reiben etc.; — Form ahd. ki'iz, kriz; and. krlt, krit , bz.
hö kraml sük up de kop, bz. aittor de örcn ; auf ein Verb, knzau (cf. bei Lex er das
— be krauile (od. krabde, klaudo) sük wer mhd. krizcn, eine Kreislinie machen ; kratzen
uji. — Xtd. kraanwen, krauwen ; nd. krauen ; 10 od. kritzen = ritzen etc.) , bz. and. kritan
mnd. kraweii ; afries. krawa; (did. cbrowöu (urspr. wohl kritau, krat, krutuu), zurück-
(elirawön) ; amhd. chrouweii, cbroweii ; mhd. [/eht, was mit riteii, as. writau, goth. vreitau
krouweu, krauwou, cräwcn (kratzen ; jucken, sowohl, ivie auch mit nhd. kratzen n.
beissen). cf. klaueu ». s. unter kralle u. kritzen dieselbe Bcdtg. (nämlich: ritzen,
klaue ]Veiteres. 15 reissen, Hitze od. Bisse etc. machen) hatte
ki'ävo etc., s. kräfe. u. ebenso wie ahd. crazau von einer gcrm.
krawiil, Krawall, Aufruhr, Sjyektakel, y krut u. ablautend krit abstammt, die ursjjr.
Lärm etc.; — so willen krawäl makeu; — ebenso wie k]i\k, krak etc. eine Hchalhcurzel
wat is dat dar för 'u krawäl. — Wegen der war u. worüber Weiteres unter kratzeu u.
Entstehung dieses Wortes aus franz. cliari- 20 kriteu zu cergleichen ist. Dass demnac/i ahd.
vari cf. Grimm, Wb. V, 212G, od. aus ereiz etc., bz. and. krit etc. urspr. nichts
Ge-Bebelle, Vilmar, hess. Idiot., 224. anderes als eine B itze od. einen Biss (od.
krawoi, s. karwci. Spalt, Vertiefung, Kerbe, Einschnitt u. so
kre^t'l, .s. krägel. auch ein Etwas, was scheidet u. trennt od.
kreie. kreicii etc., .s\ kraie etc. _ 25 ein Etwas abschliesst u. einschliesst etc.,
krcip, kreier, kreuer, kroier, krojer, eine z. B., wie eine Grenze od. ein Graben etc.)
Art Sclilitten , icehhc nur auf den Watten bezeichnete, ist klar «. ist dieserhalb auch
an der JMündung der Ems, bz. des Dollarts 1 kräte zu vergleichen.
gebraucht werden , um damit die Fische, Für die Annahme, dass die Stämme krit,
ähnlich wie mit dem but-äk (s. d.), aus den 30 krat nrspr. die Bedtg. : sonus, crepitus, cla-
Beusen zu holen. Das Wort bezeichnet nior hatten, spricht nicht allein die Ident.
wörtl. ein Schieb -Ding od. Geräth nnscrs kriteu (schreien) mit kritau od. kri-
toas Einer schiebt etc. tt. gehört dies Wort zau (ritzen etc.), sondern auch, dass es nc-
zu kröjeu (= älteres krodeu, nid. kruijeu), ben kreiz (Kreis, Umkreis, od. Bitz-Ding,
bewegen, schieben etc. Des Vocalwechsels 35 geritztes Etwas) auch ein mhd. creiz mit
ivegen cf. bleieu, grcieu etc. der Bedtg.: Schrei, Lärm etc. gab.
krei-, kreu-jafjer, ein Mann, der den kreite, kreit od. kratte etc., a) das aus
kreie od. Wattschlitten jagt od. treibt, bz. leichten Latten u. Sparren gezimmerte Sei-
damit auf das Watt hinausjagt, tun die tenheck eines Wagens, deren zioei zusam-
Fische aus den Beusen zu holen. Fig. loird 40 men mit dem Vorder- u. Hinter-Heck den
auch ein schlechter Schlittschuhläufer so ge- sog. Wagenkorb bilden. Diese kreiteu sind
nannt, was wohl daher kömmt, weil ein krei- mehr als doppelt so hoch, wie die gewöhn-
jager nur mit einem Beine od. Fusse ar- liehen Wagenleitern u. sind die damit ver-
beitet, bz. mit einem Fusse in der kreie scheuen Wagen früher hauptsächlich zum-
stehend, denselben mit dem andern auf dem \!j lleufahrcn gehraucht, während sie jetzt ttach
glatten Schliek vorwärts treibt. u. nach mehr ausser Gebrauch kommen; —
kreierii, kreuern etc., den kreier genann- b) ein leichter aus Latten od, Stäben ge-
ten Schlitten mit dem einen Fusse fortbc- zimmerter mit Handhaben zum Tragen ver-
wegen, sehener ziemlich grosser Kasten zum Trans-
krcis, kreits, Kreis. — Als einfaches 50 j^ort von Torf, Gras etc. bestimmt; — du
Wort selten vorkommend; dagegen ist das uuist d'r für sürgeu , dat d'r 'u pär kreiteu
f'omjios. mnkre\s od. umkrcits desto gebrauch- ful tiu-f bi de kätel hrogt wordcu, wi wiHeu
licher. — Nid. kreits, krits (Kreis, Zirkel, ninrgeu brüeii ; — häl 'u kreit ful gras uu
Bezirk, Landschaft ; Laufbahn) u. krijt (cir- sett iium iu de stal, den kaust du de i)erdc
cus, eingehegter Kampfplatz) ; mnld. (KU.) 55 d'r für uu na wat fau iu de rOpse gäfeu.
kriet, kryt, kreyt, kries; nd. (Br. Wb.) — Dieses Wort ist zweifellos ident. mit
kreit; mnd. (Seh. u. L.) kreis, kreit, kret; mnfries. (('ad. Müller) krait (Wagen) n.
Schott, cvo'itch -.aschwed.kn'ys, kr i^yts;schwe(l. w/dd aus kreie, krate entstanden, sodass es
krets ; r/ä». kreds ; ahd., amhd. creiz, clireiz; demnach auch eins ist mit nid. (o. Dale)
vdid. kreiz (Kreis, Umkreis, Kauipfphdz ; CO krat, kret (loses Ilinterheck eines Wagens;
I
KREK
351
KREKE
[provinz.J Vorderbank desselben); krat (f/c-
flochtener Weidenkorb, worin Erde verfah-
ren loird) ; mnld. krat (capsus rliedae, od.
tvohl der sog. Korb des War/eiis , bz. der
meist aus Weiden (jcjlochtenc u. früher häu-
fig mit Leinen überspannte, auf den Hadern
aufliegende, obere Theil einer Kutsche) ,\\.väXie
(corbis, liscella, fiscina), kretse (corbis vimine
textus) II. kretse (aviarium, saginariuni) ; ahd.
cratto; mhd. kratte, gratto u. ahd. crozzo ;
amhd. cbrezzc ; mhd. kretzc; kreze (Korb,
Tragkorb, Trage); Schweiz, chracza (ge-
schlossener geflochtener Tragi: orb etc.); bayr.
kritzcn (Gitter stall für Hüh)ter), kratteii (zwei-
rädriger Karren); ags. erat (Wagen, Korb
des Wagens); aengl. (S tratmann) crete
(Korb) ; engl, crate (grosser grober Korb)
u. cratsh (Krippe ; Packkorb, Tragkorb) etc.,
von dessen Dimin. ahd. crettili das ital. gre-
tola (Stäbchen des Käfigs, cf. D i c z, II, 35)
loahrscheitüich entstand, tväJirend das ahd.
cratto (crato, cbrato) toohl mit ital. (Diez,
I, 322) grada; span., xiort. grade (Gitter);
ital. gradella (geflochtener Fischbehälter) etc.
aus lat. crates (Flechiwerk , s. hinter kräs)
hervorging. Da indessen neben ahd. crozzo,
mhd. kretze auch amhd. chrenze ; mhd.
krenze, krinze u. eine neuere Form krcinze,
sowie (cf. Grimm, Wb. V, 2073 seq. un-
ter Krätze sab II, d) auch ahd. creito
(Korb) vorkömmt, so bezweifelt IUI de -
h r a n d (s. unter K ratte, in G r i m m,
Wb.) für alid. chratto ii. amhd. chrenze etc.
eine F)Ulehnung aus lat. crates u. meint,
dass sie beide wohl mit kränz (cf. kraus)
zusammenhängen, währoul 0. Schade ahd.
cratto u. crezzo (nlid. Kratte u. Krätze)
beide als aus lat, crates entstanden ansieht
u. nur amhd. cbrenze etc. zu ki-anz stellt.
Vergleicht man nun aber loieder unter
Kratte, Krätze (Korb) Alles von Hil-
debrand dazu Verglichene, sowie dass
Fick (I, 810) das gricch. korönos (ge-
krümmt, gebogen) mit koröne (Krone) u.
koröuis (a. gewundener u. verschlungener
Federzug, Schnörkel; — b. Kranz; — c.
Verzierung am Capital der Säuleti.) zu einer
y skar (erweitert skard) stellt, so würde man
(von der Bedtg. : drehen, runden, wenden,
winden etc. ausgehend) auch für ahd. crauz
soivohl, tvie für cratto u. dessen. Nebenfor-
men u. ausserdeutschen Verivandten viel-
leicht dieselbe |/ skar, skard, skrd ansetzen
dürfen , wie ich eine formelle gleiche auch
für krate u. kratsen etc. für möglich hielt.
krek, gerade, recht, richtig, just, recht,
nett, ordentlich etc.; — 't is krek twalf; —
't bed krek twalf slän ; — 't is all' krek
lik, es ist Alles gerade (od. vollkommen,
ganz etc.) gleich; — be sügt krek (geradeso
od. ebenso, ganz so etc.) iit, as sin fader; —
't is nii krek (ganz, vollkommen) en, of du
't deist of net; — 't is krek (od. net etc.),
as wen 't diu is ; — krekker (gerader, gc-
5 rechter, richtiger, correcter, besser etc.) as
krek kan 't net; — 't is up 't krekste mäkd
Oll. ütfttrd ; — he is 'n krekken (netter, or-
dentlicher etc.) kerel ; — 'n krekken meid
etc. — Nid. krek, krekt. — Wohl aus franz.
10 correct, bz. lat. correctus, obschon möglicher-
xveise beide Formoi. auch aus ahd. gerebt,
kireht, careht, greht, creiit (gerecht, gerade,
richtig, recht, passend, geschickt, bereit etc.),
bz. ahd. gerecho, grecbo ; 7nhd. gereche (or-
15 dentlich, recht, richtig, genau), od. ahd. ge-
rech, kerecb, grecb (ordnungsmässig, wohl-
geordnet, recht, geschickt, bereit); mnld.
gherekc (ornatus, apparatus, instructus) u.
gberekt (dasselbe) entstanden sein könnten.
20 1. kreke od. kreke, krek, krike, krik,
kleiner sich schlängelnder Fluss od. Bach,
bz. ein Geioässer, das sich in Krümmungen
durch die Wiese windet. — Nid. kreek (das-
selbe u. auch: Bucht, kleiner Meerbusen,
25 Schlupf hafen ; grösseres Binnenwasser, loel-
ches sich von früheren Sturmjluthen etc.
durch Deichbrüchc verursachte Ueberschwem-
mungen herscJt reibt) ; mnld. kreke (vorago in-
curva, fossa verticosa ; crepido); engl, creek,
30 älter (cf. KU.) creke (Bucht, Bai, kleine
Landzunge, kleiner Meerbusen, Schlupfha-
fen; kleine krumme Gasse; Erhöhu)ig an
einer sich toindenden Küste ; kleiner Fluss).
— Es ist entweder von einem Stamm, krek,
35 krik als Ablaut von krak weitergebildet od.
geht beim Vergleich von nid. beke, beek =
nhd. Bach direct auf kraken (vergl. ahd.
chrachon zu ahd. pacban, backen) zurück,
falls es nicht etwa (cf. beden = nhd. bie-
40 ten, nid. bieden, goth. biiulan, od. seden =
nhd. sied en etc.) für älteres krieke steht
u. dann mit nhd. kriechen direct zusam-
menhängt. Für die letztere Annahme spricht
nämlich der Umstand, dass das aengl. creke
45 (sporta, od. Korb) soivohl ivurzelhaft als be-
grifflich (die Bedtg. : flechten etc. ist wohl
aus biegen, kr ü m m e n , lo i n den etc.
hervorgegangen, cf. krans u. unter kreite)
mit kreke zusammenhängen dürfte, sowie
50 dass kreke od. kreke die Bedtg. : Krüm-
mung, Biegung, Bucht etc. od. krummes, ge-
bogenes, bz. sich krümmendes u. biegendes
Etwas ]iat u. dass das nhd. k riechen =
ahd. chriochan etc. (die andern alten For-
55 men würden sein: goth. krinkau ; an. krji'ika,
krjöka ; as. kriokan ; ags. creökan ; aengl.
creoken, creken ; afries. kriaka, krieka etc.,
wovon sich isl. kreika [lente progredi], kreik
[lentus gradus] ; norw. kreka ; schwed. kräka
60 [kriechen], kräk [kriechendes Etwas, Wurmj
KREKE
352
KREKE
Gewürm] etc. soicohl, wie auch unser kr8k,
krök etc. tcohl noch herschreiht) urspr. auch
die Beätg.: sich krummen, biegen u. 2ci>i-
(Icn etc., hz. Irumme, gebogene, schlangcn-
förmige Bewegungen machen (od. überluiupt
Curvcn ziehen u. machen u. so auch: sich
hei jeder Krümmung zusammenziehen) hatte
u. also dessen 'Thema kriik ur.'npr. die Bc-
dtg.: Biegung, Krümmung, Windung etc.,
bz. biegen etc. gehabt haben muss. Ver-
gleicht man nun aber tvie bei knak u. knik
ans fragor, crepitus etc. dieBedtg.: Bruch,
Knick etc., bz. Brechung, Biegung, Kriim-
iHung etc. hervorgeht, so ist es fast zweifel-
los, da.^s die für ahd. clirioclian, chraucli
etc. anzusetzende y kruk von Hause aus
eine Ablautform von kivik (cf. kräk u. kra-
kon) ist u. aus der Bedtg. : Bruch od.
Knick die von: Biegung, Krümmung,
Windung etc. (od. auch: Zusammen.:iehung,
Ki)iziehung, Zusammenschrumpfung, Falte,
Bunzel etc., weil Ja durch Biegen u. Krii.n-
men etc. eine Verkürzung der Linie und
durch Brechung u. Knick auch eine Falte
etc. in Etwas entsteht u. überhaupt ein
Knick in Kttoas nicht allein ein Durchbie-
gen u. Krümmen u. dadurch ein Verkürzen
u. Zusammenziehen verursacht, sondern aucli
ein voller Knick wieder einen vollen Winkel
nach Innen u. einen spitzen Vorsprung
[Ecke, Spitze, Erhöhung etc., cf. auch liög,
högle, hük, buk etc. von der y kuc, biegen,
krümmen, wölben] nach Aussen hin bildet,
wie ja auch kreke die Bedtg. : Vorsprung
etc. hat) schon in sehr früher Zeit entwickelt
hat.
Wegen der Bedtg.: Knick, Bruch od.
Biegung, Krümmung, Knickung , Nickung,
Neigung, Duckung, Bückung etc. im Stamm
krik, bz. der von : geknicktes, niedergeboge-
nes u. somit aucli niedriges u. kleines J^Jt-
was etc., cf. mnd. (Seh. u. L.) kricko
(Knickerbsen?), mecklenb. krick-arften (nie-
drig wachsende Erbsen) , mnd. krickolmore
(kleine runzligte Kilben), nid. (v. Dale)
krik (Buschkohl), engl, crickle (sich bücken,
stell krümmen, sich krumm halten, krumm
u. gebückt gehen) etc. u. cf. dicscrhalb auch un-
ter 1 n. 2 krakke das Weitere.
Schliesslich .sc/' zu den Stämmen krak, krik
etc. bemerkt, dass von krikaii od. krikjan
auch ein Bräter. u. Stamm krak, ablautend
krek (cf. nhd. klacken = (dul. klac-jan
unter klakkon) , — von krakan od. Icrak-
jan ein Brüter, u. Stamm krnok , krök (cf.
klok) n. von krukan, kriiikan ein l'rüler.
krank, krök, bz. auch sonstige Stämme, wie
z. B. kriik (cf. buk = nhd. Bauch u.
bog = nhd. Bug) eidstehen konnte, worauf
hier nur wegen der nachfolgenden Wörter:
kreke, kreken etc etc., krök, krök etc., kruke
etc. aufmerksam gemacht wird.
2. kreke od. kriko, kleine, blaue Pflaume,
nh d. Kr iec h e (kleine IIa f er pfla ume,Schleh en-
.5 pflaume, Ilundspflaumc, Frucht von pniims
iiisititia). — JW. krccko, kroiko; j«»rZ. kreke,
kreyke ; sclnved. krikon ; dän. krägo, crequc.
Bretagn. grcgou (wilde Pflaume od. Schlehe) ;
mhd. krieche (Pflaumen-Schlehe). — Fer-
10 )ier : nid. kriek (Vogelkirsche, kleine rothe
Kirsche mit einem langen Stiel); vndd.
kriccke (cerasum), swarte kriecke (Morelle,
Sauerkirsche, cerasum actium) , S})aensche
kriecke (cerasum duraciuum, sjxDiische Knor-
15 pelkirschc), roodc kriecke (cerasum Apronia-
nium, wilde Kirsche); mfläm. kriecke (das-
selbe) ; ahd. (cbriehbe) nach chrielipoum (ci-
nus, carasus, d. i. cerasus). — Sollte dieses
Wort in seiner anscheinend ältesten u. urspr.
20 Bedtg. „Kirsche" nicht aus ital. ciriegia
(contrah. criegia?) entstanden u. dann spä-
ter (ds das aus lat. cerasus entstandene
kirsa cdlgcmcincr wurde, in Deutschland auf
die kleinen Schlehen- Pflaumoi u. in IIol-
25 land auf die Vogelkirsche übergegangen sein ?
— Ital. ciriegia etc. betr., so entstand sol-
ches nach Diez (1, 129) mit ciriegio (Kirsch-
baum) aus einem Adject. ceraseus.
Zu ahd. chrieli-poum sei übrigens noch
30 bemerkt, dass clirieh od. cbricch formell mit
ahd. Chriecb (Grieche) vollständig gleich ist
u. demnach cliriech - poum möglicherweise
auch soviel als Griechen-Baum, von
Griechen erhcdtencm od. eingeführtem
35 Baum sein könnte u. dann davon nachher
die Frucht desselben cbricche genannt sei,
od. dass iiberhaupt darunter früher eine
griechische Fr ucht od, ein gr iech i-
sches Erzeugniss verstanden ivorden
40 ist. Vergl. dieserhalb auch G r i m m, Wb.,
unter Krieche am Schlüsse.
3. ki'cke od. krike, krikke od. krik-äute,
kleine wilde Ente, Krickente, anas crecca. —
Nd. krikke; nid. (p,ovinz., cf. v. Dale) krik
45 (wiuter-taling od. toling, eine kleine Art Ente
= oigl. tcal od. Krickente) ; mnld., mfläm.
kricke (qucrquedula , auas parva); schwed.
(dialect.) kräcka; dän. krikand. — Der
Name bezieht sich wohl ebenso wie bei der
50 auch wohl Icrikke genannten K n ä c k -Ente
(anas qaerquedula, circia), od. der Krühe
(cf. kraie etc.) u. andern Vögeln auf das
Geschrei dieser Ente u. ist krik (cf. krik
etc.) u. krikken, soivic nid. kriekcn eine Ne-
55 benform von krak u. kraken , wobei toegen
schwed. kräcka auch kräckia (kreischen, zan-
ken) verglichen iverden mag. Weiter vergl.
noch nid. Krekcl u. kriek (Grille, Heim-
chen), kreken (zirpen, schrillen), ivas sich
üO auch jedenfalls auf das krickende Geschrei
KREKEN KRIKEN
353
KREMME KREMM
dieses Thierchens besieht u. demnach auch
mit krekeu, kricken als Ablaut von krakcn
zusammenhänyt, obschon es auch möglich ist,
dass dieses Wort mit dem (/leichbedeutenden
(Diez, II, 259) norm. cv'u{iivt, nproo. cri-
cot, engl, crickct, pic. croquuillon, crinchoii,
Icymr. ci'iccll, loenn nicht mit franz. criqucr
auch krikkeu direct auf g riech, krikein, kri-
zeia (zirpen, schrillen) zurückgeht, -was auch
wohl mit klazö, kiMzö zu einer SchaUwurzel
krak, kark, idg. skaric, skarg (s. unter kra-
keu am Schlüsse, bz. bei Fiele //, 41 seq.]
kar, kai'kara u. kaik, bz. europ. krik [schreien]
u. dazu [I, 812] skar, skark u. die dazu ge-
stellten WiJrter, ivozu auch unser klak, klik
etc. als Schallstamni stimmt) gehört, loomit
beim Vergleich von klappen u. kloppen etc.
auch wohl griech. krekö (schlagen) zusam-
menhängt, ebensogut als das von Fick dazu
gestellte kercline (Thurmfalke) u. kerchö (hei-
ser, rauh u. trocken machen od. sein) etc.
Zum Schlüsse sei zu kreke, krike etc.
(anas querquedula) noch erwähnt, dass nach
Diez (1, 123) das gleichbedeutende itcd.
cerceta, span. port. zarzeta, prov. sercela,
franz. cercelle, sircelle, cat. masc. xerxet u.
mlat. cricella aus lat. querqucdnla entstan-
den sein soll, dessen erster Theil querqne
wohl jedenfcdls auch auf eine aus kar od.
skav erweiterte y kark od. skark {tönen,
krächzen) zurückgeht , da der Name doch
auch vom Geschrei desselben entlehnt ist.
kreken, krikeii od. krikeii, das Kommen,
hz. der Anbruch od. das Anbrechen (des
Tages), die Zeit der ersten Morgendämme-
rung od. die Zeit, loo die Sonne sich dem
Bande des Horisonts nähert u. allmälig
zum Vorschein kommt, sodass der Schein
der Morgenröthe den Himmel erhellt u. die
Dunkelheit der Nacht anfängt der Helle des
Tages zu weichen. — de dag is in 't kreken
od. kriken (od. iu 't kamen, in 't anbräken) ;
— bi 't kriken fan de dag upstän od. np
de reise gän; — he is för 't kriken fan de
dag na sin wark gän. — Nd. (Br. Wb.)
krik (Schein, Glanz, bz. Anbruch etc., de
Krik vani Dage) ; mfläm. kriecken, kriecke-
len (resplendir, relniro), 't kriecken des daecbs
(l'aube ou point du jour) ; mnld. kriecke,
krieekelinglie; scliott. (J amies on) creek ;
engl, screek, scrcik (aurora nitilans, primuin
diluculum, matutinus splendor, crepusculiim) ;
mnld. kriecken, krieckulcn (rutilare); nid.
(W eil and) krieki.n (bet doorbreken der
eerste stralen van liet morgenlicbt, aan den
gezigteinder) ; Belegst, daselbst: 't krieken
van den allerschoonsten dagb ; — zoo hvng
de dag zal krieken ; — van daar de dagen
krieken ; — de daagraad (Morgenröthe, Däm-
merung etc.) kriekt ; — het kriekeude oosten
J, ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II.
pronkt met koele roozekransen. — Da nach
W e i l a n d statt krieken auch kraken in der-
selben liedtg. gebraucht sein soll, so muss
man fast a>mehmen , dass dieses Wort auf
5 der sinnl. Bedtg. : knacken, brechen, spalten
etc od. aufknacken, aufbrechen (offen machen,
öffnen, eröß'nen, aufthun) etc. beruht u. das
Subst. krik, kricke od. kriecke wörtl. die
Bedtg. : Bruch, Aufbruch, Eröffnung, Auf-
10 machung etc. od. Anbruch etc. hat. Mit
nhd. kriechen, bz. ist. kreike (lente pro-
gredi, s. unter 1 kreke) ivürde es dann gänz-
lich u)uier wandt sein, obschon es an u. für
sich auch denkbar wäre, dass dieses kreken
15 od. kriken sicii urspr. auf das langsame u.
cdlmälige Hervorkriechen u. Aufsteigen der
Sonne (cf. aus dem Wasser od. aus dem
Bette kriechen) bezogen hätte, od. überhaupt
ein langsames u. allmäliges Kommen von
20 Etwas (hier des Lichtes, od. des Tages etc.)
bezeichnet hätte.
Die Form nid. krieken (es bezeichnet ein
feineres crepitare als kraken, sowie auch zir-
pen u. schrillen etc.) ist entweder aus
25 dem vom Stamm krik tveitergebildeten kri-
ken, krikken (urspr. wohl krikjan, od. den
Laut krik machen u. hören lassen), od. aus
kreken als Ablaut von kraken entstanden,
lole sowohl nid., mnld., nd. kreken /«/• kra-
30 ken vorkömmt u. auch mhd. kracken (mit
Schall zerplatzen, knacken, krachen), sowie
ahd. chregen, chrcken, kreken (crepitare, re-
sonare) beim Vergleich von ahd. kieken (s.
unter klakken) auch wohl für urspr. chrach-
35 Jan steht.
kreni, s. kremnie.
kremer od. kremer u. (selten) kranier,
Krämer, Händler, Ladenhalter od. Einer
der Waaren feil hält. Unter k r e m e r al-
40 lein tvird der Detaillist in Colonial- u. Spe-
ccrei- Waaren verstanden, während der De-
taillist in Eisemvaaren isder-, od. iser-, isen-
kremer heisst. — Nd., nid. kremer, kramer,
kraemer ; ahd. krämari ; mhd. krämaere, krä-
45 mer, kraemer, kremer (institor, tabernarius).
Zu kräni.
kremere od, kreniere, Kramerei, Jjaden-
gescliäft , Kleinhandel mit Colonialwaaren ;
— be hed 'n kremere anfangen.
50 kremerii od kremoni, krämern, handeln,
feilschen, markten etc. ; — ■ he kreinerd d'r
mit herum ; — he kreraerd mi d'r föls to
lank afer.
kreninie, kremin', krem, Greif-, Pack-,
55 Halt- Eigenschaf t (od. Vermögen, Kraft), bz.
Greif-, Pack-, Halt-Znstand u. so überhaupt
(cf. klemme sub b) : Kraft, Stärke etc., bz.
Kräftigkeit, Festigkeit, Hcdtbarkeit etc. ; —
he hed nog kremm' iu de füsten ; — dar sitt
GO uog kremm' genug in de kerel, wen he 6k
23
KREMMIG KRAEMIG 354 KREMPEL
al wat old is; — dar sitt gen kremm' in dat scharf, durcJulringend ; (von Pferden etc.)
laken, dat is fSls to lös wfifd; — d;'ir sitt kräftig, »luthie/, feurig, lebhaft, munter;
gen kremm' (Kraft, Nachdruck etc.) genug (Dann eil) krimig (ron Geschmack u. Gc-
agter, dat hoipt so niks; — wen d'r gen ruch), stark, kräftig, scharf etc. ; (Br. Wb.)
kremm' (Kraft, Gehalt etc.) in 't ber (od. 5 krimig (von Bier, Wein etc.), kriiftig, stark,
in de ho])i)e etc.) sitt, den dögt (taugt) 't scharf etc.; (con Temperament) muthig, hitzig,
niks ; — de kremm' is d'r üt, z. B. aus dem leicht aufgebracht etc.
Fleische, dem Biere, dem Hopfen etc., wenn Anstatt dass ich dieses kremmig, krimig
es Kraft, Gehalt, Saft od. Würzkraft etc. als von kremmc in der Bcdtg. : Kraft, Stärke
verloren hat, bz. nicht kräftig, .^^tark od. ge- 10 etc. abgeleitet ansehe, scheint llildcbrand
würzig mehr i.st od. schmeckt u. riecht. — (cf. Grimm, Wb. V, X!309 unier 2, c)
Es ist dasselbe Wort wie nd. (Br. W b.) eher geneigt, die Bedtg. scharf als die
kriem ; mnd. krime, was dort zwar mit ursj)r. anzusehen u. krimig direct von kri-
Schärfe wiedergegeben wird, indessen ei- men, krimmen in der Bedtg. kratzen ab-
gentlich den kräftigen (cf. kremmig) Gc- 15 zuleiten , was ich indessen beim Vergleich
schmück «. Geruch sowohl, als auch die von kremme </. mnd. krime zu klemme für
Kraft u. den Gehalt des Bieres etc. bezcich- unrichtig lialle.
net, wie auch die im m)id. Wb. angezogene Zu kremmig, kriimig sei ferner noch be-
Belegstelle „setlie im hoppen nene kryme, wat merkt, dass bayr. (Sc hm., I, Spalte 13GS)
dochten de blade dennt-" ganz deutlich beim 20 kriuiimig von kramm (Krampf, cf. 1 kram)
Vergleich der obigen Beispiele dies zeigt, in- weitergebildet ist u. neben krampfig, zusam-
dem eben das „süsse im Hopfen keine kryme, mengezogen, steif, krumm etc. auclt die Bc-
was taugten die Blätter denn'' sich auf den dtg. : zusammengeschrumpft, eingeschrumpft,
Gehalt u. die Würzkraft des Hopfens bezieht. dürr, mager, schwächlich, kränklicli etc. hat.
Die Herkunft betr. (vcrgl. auch kremmig), 25 krempo, Krampe, bz. der auf- um- od.
so ergiebt sich beim Vergleich mit klemme zurück- gebogene Rand von Etwas u. zwar
sofort, dass es (wie dieses mit klam u. klein- spcciell des Hutes. — Nd. krenipe, krempel,
men zu klimmen) mit kram zu krimmen in krem|)igl (der umgeschlagene Band vom Hut
der Bedtg. : klemmen, packen, drücken, kiiei- ol. am Aermel des Bocks etc.). — Es be-
pen etc. gehört (es stellt für urs2)r. kraiiux 30 zeichnet eine Krümmung od. Um- u. Zu-
od. krima, wie krimmen für kriman, falls es rückbiegung, bz. ein gekrümmtes od. um- n.
nicht aus krimban entstand u. loürde dann zurückgcbogoies Etwas u. steht wie kärntJin.
das vom Präter. kram ivj« kriman, krimman (cf. Gr imm, Wb. V, ^007 unter 1 Krampe
gebildete krama zu kramma, kremme od. das sab 4) krempe (Bug, Krümmung) für älte-
alte krima zu krime, krimme u. Letzteres 35 res krampe, icie dies auch durch idd. kramp-
wieder zu kremme geworden sein), was auch lioed (Krämp-Hut, Jlut mit ei)ier Krampe)
durch die Synongmität von ndid. krimvogel, bezeugt wird u. gehört es demnach mit krampe
bz. mnld. krimmende vogbel (accipiter) mit (cf. kramine) zu krimpen.
klem- od. klemmende vogel (cf. klemfOgel) 1. ki'ciupel, Wollkamm, Kraisgeräth zum
bezeugt icird , wofür übrigens auch krem- 40 Wullkämmen, bz. )nit Häkchen od. mit rück-
mende u. krümmende vogel vorkommt, was ivärts gebogenen Drathstiften versehenes Ge-
eben das Piirt. präs. von mnd. kremmen (a. räth zum Kämmen u. Kratzen der \Volle.
mit gekrwiimter Klaue packen; — b. sik — Wohl zu \\vc\n'[)C, Haken etc. (cj.^vsanmo);
kremmen, sich in die Brust werfen, sich eine s. weiter :
stolze Haltung geben, indem man den Kopf 45 2. krenipol, Krempel; — a) Haufe von
zurück biegt u. Leib u. Brust vorbiegt, so- cdlcrhand schlechten, geringen od. tcerthlosen
rZfj.s.9 der Körper nach aussen hin krumm Dingen, schlechtes wcrthloses Zeug od. der-
gebogen ist, cf. schwcd. kronia, kräma) ist. artige Sachen, derartiger Kram etc., iiber-
Wegen krimmen s. Weiteres unter krim- hanpt : Trödel, Plunder etc.; — nim de
mein, womit es, loie die obigen Wörter wohl 50 krempel man mit, ik icann d'r dog niks fan
zu kram (drücken, kneipen, Fick, III, 50) bruken ; — he smitt de ganse krempel in 't
gehört. ^ für, bz. to 't fenster heriit od. up de mes-
kremniiff, kriimig, kräftig, stark, gehalt- folt etc. ; — b) überhaupt: Kram, Sache,
voll etc.; — dat is 'n krcmmigen kerel (oil. od. auch: Streit, Streitsache, Handel etc.;
böm); — dat ber (od. de Hoppe, dat hei 55 — he b.'d sin ganse krempel ferköpen laten ;
etc.) smekd (od. rukt) regt kremmig; — de — ik wil fan de ganse krempel niks mür we-
jenüfer od. ätik etc. is mi to kremmig (kräf- ten (od. hören); — hilf mi mit de krempel
tig, .stark, scharf od. sauer etc.), as dat ik fan de hals ; — dilr geid de kri'm])el lös etc. ;
se drinken kan. — Nd. (Sehambach) kv\- — Compos. krempel - kräm (Plunderkram,
inig (von Geschmack u. Geruch) kräftig, 60 Trödelkram, schlechter Kram etc.); — mit
KREMPELN
355
KRENGEN
de krempelkram gäf 'k mi net gern of. —
Nhd, (cf. Grimm, Wb. V, 2007) krilrapcl,
grempel; schwcd. krämpel.
Es toird mit dem vorigen kromi)el (Woll-
kamm od. Krats-Geräth; T)i)uj od. Gerälh,
was mit krummen Haken od. Klauen zum
Kratzen der Wolle versehen ist [also = Ha-
ken-Ding, Haken-Gerüth], od. überhaupt:
gekrümmtes u. hakenförmiges i?^M'asj krampe
(gekrümmtes u. zusammengebogenes Etwas,
cf. krammo) u. krempe, krempon etc. auch
tvohl zu krimpen gehören, da es möglicher-
xoeise urspr. auch ja ein gekrümmtes, zu-
sammengebogenes, od. zusammengedrücktes
u. zerknittertes etc., od. auch ein krauses,
wirres Etwas (eine zusammengedrückte u.
zerknitterte, faltige, krause u. tvirre Masse,
cf. knüdje, knüdjon, kuudel, kniuleln) be-
deutet ha, loie ja hieraus die collectivische
Bedtg. von krempel sehr leicht hervorgehen
konnte. Die sonst, in Grimm, Wb., unter
dem ersten Kr ä mp e l u. dem ersten k r ä m-
2) ein (trödeln, hökern, mit geringen u. klei-
nen Sachen handeln etc.) erwähnten Bedtgn.
würden sich dann aus den verschiedenen von
Trödel etc. ergeben, während die andern
sich wieder aus dem krempel genannten
Geräth (cf. kramp ein = Wolle kratzen etc.
od. auch überhaupt: kratzen, hacken etc.)
ableiten lassen,
1. krempeln, s. krempen, ioozu es ein
Iterativum ist.
2. krempeln, krumpeln, kämmen, kratzen
etc., bz. Wolle etc. mit dem Krämpel (s. 1
k^vem\)Q\) genannten Kratz-Gcräth bearbeiten
u. verfeinern, damit sie sich besser spinnen
lässt; — de walle (od. hede) mut god krem-
peld worden , dat se regt fin uu wek word
im d'r bi 't spinnen gen dotten in 't gärn
kamen.
krempen u. krempeln, krampen, kräm-
peln, biegen, krümmen, bz. eine Krampe (cf.
krempe) machen au Etwas, — he krempd
de höd (od. de büksen) up ; — de mauen
umkrempen (umbiegen, umschlagen etc.). —
Nd. krempen.
krengen (krung, statt älteres kräng; —
krungen) , a) einen Druck anivenden u. da-
durch Etwas niederdrücken u. auf die Seite
legen, auf die Seite fallen machen, od. einen
Druck empfangen u. erleiden u. dadurch
sich auf die Seite neigen od. legen, wie z. B.
dies bei Schiffen dadurch geschieht, loenn
die Ladung überschiesst u. das Geioicht der-
selben das Schiff an der betr. Seite nieder-
drückt u. auf die Seite legt ; — dat schip
miit erst krengd (nieder- od. auf die Seite
gelegt) worden, anders könen wi In de un-
dere kante net blkamen, nra 't to kalfatern ; —
dat schip krengd to stark (legt sich auf die od.
liegt so sehr auf der Seite) ; — b) (von einer
Mühle) sich in sich selbst, bz. im Getriebe
dreJten u. winden, ivenn sie drang u. schwer
geht; — de niolen fangd an to krengen (od.
5 wringen), du must wol hast en sten ofset-
ton; — de mölen krengd sük, du must nich
to lol in fallen laten. — Nid. (v. Dale)
krengen, einen Dreh od. eine Wendung,
Biegung, Krümmung etc. machen, abdrehen,
10 zur Seite drehen (im Beiten od. Fahren);
auf die Seite legen (ein Schiff, um es zu kal-
fatern), auf die Seite legen od. fallen, bz.
sich auf die Seite legen (im Segeln) ; genau
dingen od. stark bedingen, feilschen etc., bz.
15 im Handel den Preis drücken od. denselben
durch starkes Dingen u. Feilschen herunter-
drücken, wofür anstatt krengen auch kren-
gelen gebraucht tvird ; nd. krengen; schwed.
- kränga (nur von Schiffen, die auf der Seite
20 liegen od. auf die Seite fallen, sich auf die
Seite legen u. tverfen etc.); dän. kraenge
(dasselbe u. auch : schinden , streifen, ab-
streifen, abziehen) ; nfries. (Outzen)krenge,
krönge (pressen, kneifen, drücken, zwacken
25 ctc; zum Fallen od. Umfallen bringen, stür-
zen etc.).
Vergleicht man der Form wegen brengen
(bringen), so ist es klar, dass krengen für
kringen steht u. wenn man erioägt , dass
30 wir es von Mühlen in derselben Bedtg. wie
wringen (nämlich drang od. gedrang u.
schwer drehen u. gehen in Folge starken
Druckes od. starker Zusammendrückung u.
Pressung) gebrauchen u. unser kringen (s.
35 d.) auch sonst dieselbe Bedtg. wie wringen
(nämlich: drehen, krümmen, 20inden, ringen
etc.) hat, so tvird kringen von Hause aus
auch icohlmit wringen, wrung (urspr. wrang),
wrungen, bz. mnld. wringhen, wrough, wron-
40 ghen {torquere, contorquere, urgere, premere,
constringere) begrifflich eins sein, od. sich
ivenigstens vielfach damit identificiren lassen,
wie unten tveiter zu vergleichen ist.
Was nun aber das für kringen stehende
45 krengen betriff't, so ist es sowohl eins mit
unserm kringen sub b, als namentlich auch
eins mit ivfries. (cf. Jap ix und dazu
Outzen unter krenge) kringjen (dringen,
drängen, drücken, pressen, bz. Drang od.
50 Drang machen, einengen, zusammendrücken
etc. od. premere, coarctare etc.), soioie auch
tvohl mit ags. cringan (occumbere, mori, bz.
collabi, mori, perire), wofür Fi ck (II, .352)
wegen krank (s. d.) eine Form crincan, cranc
55 etc. ansetzt u. wovon sich das mnld. krenge ;
nid. kreng (Cadaver, Aas, bz. Todtes od.
Gefallenes, Gestürztes etc.), sotvic auch das
wang. (Ehrentraut, 11,35 unten) kreng
(Cadaver, todter Körper) in siiich-kreng
60 (Seehunds - Körper , od. Seehunds - Leiche,
23*
KRENGEN 356 KRENGEN
Seehunds-Aas, so genannt, nachdem die Haut a) an. (Edda Sa c m u n d i 1, 606) kränga
abgezogen ist) noch herschreiht u. also he- (drang od. schwer u. mit Muhe gehen etc.,
weist, dass ein mit ags. cringan (stürzen, fal- cf. I v. Aasen unter krauglog, bescJiwrrlicJi,
len, sterben etc., bz. urspr. brechen od. drang etc. u. oben nfrics. krenge, drücJicn,
knicken etc.) sgnoni/mes kringAn od. krcii- 5 klemmen etc., bz. unser kreiigiMi = wringon
gan auch im as. ii. afries. besta>iden haben von Miütlen) ; — kräiigr (olfliquns, scacvus,
viuss, obschon das afries. kringa (cf. v. piMviis etc., (/. kreiigeii = seitwärts abdrehen
Eichthofen) allerdings nicht zu dem ar/.w etc.): — kräiigaligr (strigosiim); — /*7. kriinga-
criiigan in der obigen Bcdtg. stimmt. We- legr (teuer, gracilis) u. krangi (colliim avis
gen des nun für krongeii etc. anzusetzen- 10 lougiiiii et teiieruiu) , wobei man wieder a)i
den 'Themas kraiig od. krank (.s-. unten we- dieselbe Bcdtg. von ahd. chrauc (nändich:
gen kriiigaa u. kriiikau) sei zundchst auf scJuvacIi, dünn etc.) od. von mhd. kreuke
das bereits unter krank u. l «. 2 klinke et^-. (Taille, od. schwacJier, dünner, stfibDiker
Gesagte i-erwiesen, wo nachgewiesen wurde, Theil des menschlichen Körpers) erinnert
dass aus einem zu einer y garg, grag ge- 15 wird, obschon diese Bedtg. von kn'ingaligr
hiJrendcn Schallstamin krik-krak, nas(d. etc. beim Vergleich von norw. krangaleg
krink-krank neben sonns, cropitus zunächst sich toohl eher aus der Bedtg. : pressen, zu-
die Bedtg.: Br uch, Kn i ck od.: brechen, sanimenpressen u. drücken, drängen n. be-
knicken etc. hervorging u. dass dann hier- engen, eng u. schmid machen etc., bz. zusain-
aus einerseits wohl die für ags. cringan od. 20 mendrehoi u. einsch)rüre)i etc. herschreibt,
crincan (s. auch unter krinkel n. krinkeln, da das norw. (I v. Aasen) krangaleg u.
krinkeu etc.) belegte Bcdtg. : stürzen, fallen, krangliitt od. (proeinz.) kranglct auch die
niedersinken etc. od. zusammenbrechen, in Bedtg.: drang etc. hat; — schwcd. krSiigel
die Kniee sinken etc. entstand, während an- (Krickelei, krumme od. Winkelzüge etc., auch
dererseits brechen u. knicken etc. wie- 2.5 im fig. Sinn), kih\<i]a (dlerhand Krümmun-
der in die von: biegen, krümmen, sich zu- gen od. Wendungen u. J)rehu>igcn machen,
sammenziehen etc. (als die für kring, krin- abdrehen, Curven Itin u. her machoi, Win-
sen, krinkel, krnnkel, ki'inkelu etc. erfor- kclzüge machrn etc.), kriing\avc (Krickeler, od.
derliche Bedtg.) überging u. dann ferner Einer der Winkelzüge macht u. ausweicht
aus kr ütn me n od. biegen von selbst auch 30 ctc.),kr^ag\ig(krickclig, Winkelzüge machend
wieder die Bedtgn.: winden, drehen, Jlech- etc.); — norw. kranghi (eine Sache durch un-
ten, schlingen (Krümmungen, Windu)igcn, nölhige Einwendungen od. Winkelzüge ver-
Drehungen, Schlingungen, U)nschlingungen wickeln , Streit machoi etc.) , krangi od.
etc. machen) etc., od. auch die von: zusam- krangling (Winkelzug , ungegründetc Ein-
menbiegcnu. krümmen, od. zusammendrücken, 35 wendung od. Widerspruch etc.) u. an., isl.
enge u. gedrang maclien, pressen etc. entstan- kri'uigr, krumm- od. Puckcl-rücket, pucklig,
den, wie sie zum Theil auch Ja in den obi- bz. gibber, gibba etc., von krengen, krung
gen Wörtern u. in unserm kriiigen (nament- otc. in der Bedtg. : krümmen, biegot. etc.),
lieh auch im Vergleich derselben mit wrin- wovon sich auch norw. krnngla (ein gekrümm-
gen) zu Tage treten u. wozu noch erwähnt 40 ttr u. höckeriger, knotiger, knorriger Baum
sei, dassL.Ettmüller neben cringan (oc- od. Stamm) u. knmg\ntt (krumm, gekrümmt,
cumbere etc.) auch ein crincan (tiectero, knorrig etc.) herschreibt.
te.xero) aufstellt, von welch Letzterem er (u. b) aengl. cranke, engl, crank (girgillus,
nicht wie die Andern von cringan, occnni- Kurbel, Krummzapfen, Wirbel, Schwengel
bere etc.) neben cranc (textnra) , crancsläf 45 etc. ; krummer (rang, Windung, Krümmung,
(instrnmentnm textoris), croncostre (textrix) Verdrehung , Winkelzug etc.), engl, crauk
auch das Adj. cranc (debilis, niorihumlub) (in Zacken od. Ecken u. Winkeln etc. zer-
ableitet, indem er dafür die GrdbJlg. tloxus brechen = knicken etc), crank (sich von
annimmt, was insofern ivohl verwerjlich ist, einer Seite auf die andere biegend od. nei-
als auch aus der Bedtg.: gekrümmt, gebu- 50 gend, rank, beweglicli, lustig, munter, keck,
gen, gebeugt etc. die von schwach etc. frisrh, gesund etc., f/. rank «. riukel), crank
(vergl. dieserhcd/i meine Scldussbemerkung (sich schlängeln od. in Krümmungen bewc-
zu krank) leicht hervorgehen konnte. Vergl. wegen u. fliessen, sicii schlangcnförmig win-
Weileres dach ««/er kriiik 1, 2 klingen, kiiii- den), crankle (dasselbe, bz. im Zickzack lau-
ken, 1 u. 2 klinke etc. otc. u. zu klingen 55 fen), crankle (umschlängetn), crankle (Krüm-
(sich zusammenzielien etc.) u. den obigen mung, Biegung, Drehung, Windung, schlan-
Wörtern, der Bedtg. ivegen, auch krimpen. genförmige liewegung) , crincnm - crancnm
Als wohl mit krengen etc., bz. ags. crin- (Krikel-Krakel, schlechte Schreiberei etc., cf.
gan, crincan i)i deren verschiedenen Bedtgn. oben schwed. kräiigel etc.) etc., von cringan,
zusammenhängend, sei hier noch angeführt: GO crincan (cf kringen u. krinkeln, krunkeln
KRENIG
357
KRENSSELN
etc.), flcctere, hz. krümmen, biegen etc., wo-
von auch wohl aengl. (S trat m a n n) cren-
chen u. crenclon.
c) nid. (provinz., Geldern) krani,' (ver-
dreht, verkehrt) n. nhd. ((rrimm, Wb.)
kränge (anguiätiae, Bcdrä)igniss, Noth etc. 'f),
cf. krt'iigcn (pressen, drücken, drängen, be-
drängen etc.); — kränge (eingejlochtcnes
Etwas, Ring, Kranz etc. etc.) von krengcn
(biegen, krümmen, flectere etc.); — kraiigol
( Verseil! in gung , Verschränkung , Verivick-
lung, Krümmung etc. ; — Bedrängung od.
Bedrängniss, Noth, Armuth etc. ; — Kricke-
lei, Streit, Zank etc., cf. oben schwed. krän-
gel etc. n. norw. kraugla etc.) ; — 1 2«. 2
krangoln (ringeln, kräuseln, versehlingen etc.,
bz. sich drehen u. wenden etc. etc., cf. oben
krengen, einen Dreh, od. eine Windung tt.
Krümmung machen); — krangcln, krengeln
(quälen, ärgern etc., bz. Winkelzüge machen,
Streit u. Zank machen od. erregen) ; — krän-
gen (feilschen, markten, handeln etc., bz. Je-
manden im Handel drücken, od. ihm den
Breis bckneifen, bz. ihn kneifen n. zwacken,
damit er die Waare billig lässt etc.), cf. oben
nid. krengen u. krengelen u. Weiteres unter
kring, krink etc. etc.
Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass Fick
(II, 352 u. 555 seq.) ags. cringan od. crin-
can (occnmbere etc.) u. cranc (krank) mit
lit. grimzdzin , grimsti (versinken) ; kslav.
gryzg, gr^zeti, gr^zna etc. (sinken etc.) etc.
zu einem, 'Thema grag, grang, bz. garg (s.
unter kraken u. krank) stellt, loas ja gerade
die Schalhourzcl garg ist, die eben aus so-
nare, cropitare die Bedtg. : brechen, stürzen,
fallen etc. enttoickelte. Dagegen stellt er für
kring u. demnach auch fiir krengen in der
Bedtg.: drehen etc., sowie für lit. gryzu
(drehen, tvendcn etc.), gri,\z5'ti (kehren, wen-
den etc.) ein Thema grangh, bz. gragli, gargh
auf, das indessen ebenso tvie garg eine Wei-
terbildung von gar ist u. ivobei zu bemer-
ken sein möchte, dass unser krengen n. ags.
cringan od. crincan, soivie unser krinkel u.
auch lit. gr^^zn ?<. gri^izai (Kehr etc.) ebenso-
gut zu einem Thema grang stimmt, loie ags.
cringan (occuml)ere etc.).
kreni^. Dieses nur in Compos. : sär-
krenig (weh- od. sehmerz - wiinmerig , od.
durch Weh u. Schmerz leicht zum Aeehzen,
Stöhnen, Klagen od. Weinen gebracht u.
so: weh-gefühlig, tveich- od. schwachherzig,
sehr empfindlicli etc.) vorkommende Wort,
scheint mir für krönig zu stehen u. demnach
mit krönen in der Bedtg. : ächzen, stöhnen
etc. connex zu sein. — he is so sarkrenig,
dat he al aufangd to blarren , wen he sük
man mit 'n spelde in de finger stekd.
krenke, s. unter kränke etc.
krenkole, s. unter kränke etc.
krenken etc., s. unter kränke etc.
krcMissoJn, Korn mittelst der Wanne od.
Futter schiv in ge von Aehrcnstücken , Gran-
5 nen u. sonstigem leichten Unrath reinigen.
— Wang. (Ehrentrant, JI, 210) kräns-
selje ; nid. krensolen u. krinsen , krijnsen;
mnld., mfläm. krinsen; mnd. (Seh. u. L.)
kriiizen, crieiizen (purgare frnmeutum). —
10 Subst. mnd. krinse (purgamentnni frumenti) ;
vxnld. krinse, kritse (acus [-eris], i)urgamen-
tum frumenti, bz. acus, palea, festuca);
mfläm. krinse, kritse (paille, bz. Kaff, Spreu
etc.). — SoUtc etwa das Subst. krinse für
15 krintse stehen u. dieses aus kritse nasalirt
u. dann weiter das Verb, krinsi'n (loie z. B.
M-atern von water) vom Subst. krinse in der
Bedtg. Kaff, Sp r e u etc. furtgebildet sein ?
— kritse in der Bedtg. palea od. Kaff,
20 Spreu betr., so gicbt es nämlich mnld. u.
mfläm. noch ein zioeites kritse mit der Be-
dtg. minutissima mica, atomus, ^vas beim
Vergleich von kaf (Zerkleinertes, Zermalm-
tes, Zerriebenes etc.) od. von dust (Spreu,
25 Staub etc.) zweifellos mit kritse (palea etc.)
identisch ist u. mit diesem, loahrscheinlich zu
kritsen (kratzen etc.) gehört, od. aus kretse,
kratse (Abgekratztes, Abgeschabtes etc.) ent-
stand u. dann dasselbe Wort ist wie nhd.
30 Kratze, Krätze (Boden- od. Topf scharre
etc., bz. rameiitum etc., cf. krahsel u. schäfe),
ivomit auch nd. kretse, kritse (cf. Br. Wb.,
II, 870 etc. die Redensart in de kretse gaan
u. dazu Grimm, Wb. V, 2072 «. 2073
ST) unter Kr atze u. Krätze sab 2) ident. ist.
Der Form wegen vergl. auch die statt
Krätze, Kr et ze od. nid. kretse (Korb,
Tragreff etc., cf G r i m m, Wb. V, 2074
sub 2) vorkommende Form krenze = nid.
40 krentze u. krense, die auch dafür spricht,
dass auch obiges krinse aus kritse nasalirt
u. eben krinse (purgamentum frumenti) loahr-
scheinlich mit kritse (palea etc.) u. kritse
(minutissima mica etc.) synonym ist u. ebenso
45 wie nhd. Kratse, Krätze (abgekratztes
od. ahgeschrapptes , abgeschabtes Etwas,
Abfall, ramentum) von Hause aus ein Etwas
bedeutet haben loird, was durch Kratzen u.
Schcdjen od. Reiben etc. entsteht. — Zu
50 krensi'ln vergl. auch rinseln, ob dies viel-
leicht aus rintseln, bz. ritsehi (von ritsen,
bz. rits, rats, ruts = ahd. rizan, riz etc.)
entstand, soivie nd. (Danneil) krinzehi
(kratzein, kritzeln, kribbeln, kriebeln, freq.
55 jucken u. stechen), ivofür ivir das Iterat.
kribbeln gebrauchen.
Zum Schlüsse sei übrigens zu krensein,
bz. krinsen, krynsen od. krinzen, crienzen
noch bemerkt, dass diese mit wannen (von
GO wanne = a) geflochtener breiter, rundlicher
KREP 358 KRESSE
Korb zum Beinigen von Getreide durch nhd. Kr epp (die lodere, Irause Verfihung
Schütteln u. Schuingeu : — h) Behälter etc., der Haare), sowie (bz. von crispare) franz.
cf. Bade-M'anne) f/anz si/no)ii/inen Verba sich crepor, älter cresper tt. nd., nid. kreppen;
auch ungesucht von den aus dem obigen nhd. mnld. kerspeu ; )did. Jrreppen; engl, crape
Krätze, Kretze, bz. »//iW. kretse (Korb 5 (kraus machen, kräuseln, fälteln etc.). Das
od. Weidengeßccht, cf. kreitc) odstatidcncn lat. crispus stellt Fick (T, 5:^0 seq.) mit
Formen kreiuze, krenze (cf. Grimm, Wb. carpcri' etc. ?<. o/trf. hraspüu « hiiinfau, rini-
V, Q144 V. ^'168) od. krinze (in der Bedtg. plian, riini)fan zu kaip, krasp (raffen, rupfen
'iVanne od. Kornsieb etc. ableiten las- etc.), worüber Weiteres «H^^r raspeii, rispen,
sen), zumal da die mnld. u. mnd. Formen 10 riiii])ol etc.
vollständig zu den unter nhd. Krenze er- krPi»|tt'ii, s. unter kiep.
wähnten oberd. Verben kiinzeu , kreinzcn, kl'oseii, Kröse, Gergel od. Girgel, bz. die
od. krinczen, kreiuzen (mit dem Kornsiebe inwendige Kerbe od. schmale Fuge in einem
od. der M'anne reinigen) .'Stimmen ?<. tvohl Fasse, ivorin der Boden eingelassen wird,
zweifellos damit ident. sind. Was dann 15 — Nd. kröse, krösen ; nid. kreus, kroos (a.
aber das mnld., mjläm. kriiise, kritse (i)alea dasselbe; — b. der aussen über dem Boden
od. Kaff, Dust) u. kritse (minutissima niica, des Fasses vorstehende Band , loie auch
atoinus) bctrff't, so könnte dies Hubst. na- kimme dieselbe Doppelbedtg. hat; — c. das
mentlich in der letzten Bedtg. allerdings wohl Geräth , tvomit diese Fuge im Fass einge-
mit dem nhd. Krätze, )id. krcfse, kritse in 20 ritzt zvird) ; waldeck, krasen. — Fs muss
der Bedtg. (ranientum etc., s. oben) ident. tcohl soviel als Bitz-Ding sein u. in der
sein, aber andererseits auch ebensogut (wie Bedtg. : Fuge, Spalte, Bitzc, Kerbe ein Et-
dieses Krätze etc. von kratzen) von was bezeichnen, tvas durch Bi tz en entsteht,
krinzen, kreinzeii, kreuzen (wannen od. mit während es in der Bedtg. sab c das Ding
dem Kornsieb reinigen) abstammen, zumal 25 od. Etwas ist, toas ritzt od. tvomit Einer
da neben krinzen etc. von krenze, krinze ritzt, bz. tvas Bitzen etc. macht. Hält
(Wanne od. Korbgejlecht) von der altern man nun aber die Bedtg. Bitz- D ing fest.
Form kratze od. kretze, kretse aucli ein so mu.ss der Stamm kros (nach nnserm kre-
Verb. krotzcn in derselben, Bedtg. (nämlich seu u. waldeck, krasen ist das nid. kroos
in der von wannen od. mit der Kretze 30 aus krose gekürzt u. das „o"' deshalb urspr.
reinigen) entstehen konnte u. wahrscheinlich kurz u. tvahrscheinlich aus älterem „a" ent-
auch bestanden hat (ein von Krätze in standen, icie auch im nid. nens, engl, nose,
der Bedtg.: Korb, Tragereff von Weidenge- nhd. Nase etc.) schon selbst die Bedtg.:
jlecht etc. abgeleitetes Verb, kratzen [auf Biss, Bitz (ahd. riz) od. Spalt gehabt
dem Bücken tragen] ist ja auch belegt), wo 35 haben ti. toenn ?««» nun weiter vergleicht,
dann mnd. krinse (/. mnld., mfläm. kriiise, dass die Stämme klak, klaz, knak, krak,
kritse (purgamentum frunienti, od. der durch krap etc. (cf. die vom Stamm klak, klik,
krinsen ausgeschiedene Unrath, wozu, ausser kluk stammenden Wörter) aus cre])itus etc.
den Aehren-, Grannen-, Strohtheilchen, auch die Bedtg.: Bruch, Biss, Bitze, Spalt etc.
ja der Staub u. sonstiger Unrcdh gehört) 40 entwickelten , so wird der Stamm kros od.
sowohl, als auch kritse (minntissinui mica, kres, kras j;oh kresen, krose etc. «/s Ji e / s.s-
aiomus) eben das durch 'krinscwykreüi^cn od. od. Bitz-Ding wahrscheinlich derselbe
kretsen (wannen, sieben, reinigen etc.) ent- sein, tcic von (cf. Grimm, Wb. V, 2409)
standene Etwas, od. der dadurch ausgeschie- kr o sen (knirschen, knistern, knirschend
dene Unrath (das Ausgewannte od. Ausge- 45 zerbrechen u. zermalmen etc.), worüber Wei-
siebte etc., cf. siifsel von säten, sieben, aus- tcrcs unter kros, krös u. wovon sich auch
sieben, reinigen etc.) allerlei Art bezeichnet der Name des krösel od. kresel , kressel
haben tcürde, der ja eben aus allerlei klei- ((rrimm, Wb. V, 2408) genannten Gläser-
nen u. kleinsten Theilchen von Stroh etc. u. geräths (sonst auch F'uge eisen genannt)
Erde besteht. 50 herschreibt, weil dies auch ein Werkzeug ist,
krep, Krepp, Flor, schwarzes wollenes tvomit man die kleinen vorstehenden Eck-
lockeres y>eug, das eticas kraus aussieht, bz. chen an den Seiten der Glasscheiben unter
leicht kraus icird, od. sich leicht kräuselt. knirschendem Geräusch abkneift od. ab-
— Nd. krep, krip; in)dd. (KU.) krespe u. bricht, bz. diese knirschend zermalmt.
kerspe (iiebula linea, vestis coa, byssns) ; 55 kresse, Kresse, Brunnenkresse (nastur-
sc/joW. crisp, crispe ; /rcfH..-. crepe, äWer Crespo ; tium), ein Kraut mit frisch od. erfrischend
ttal. Crespo von lat. (pannus) crispus, wie bilterm (rcschmack. — Ags. cresse , cärse ;
von crispus auch franz. (cf. KU. unter aengl. (Stratmann) cresse, kerse; engl.
kersp) crespu (kraus), »*//«)«. kcrsp, k<'rspel cress, kers; schott. kerssc (gern im Blur.
(kraus, gekrollt etc.), nid. krep (Kraushaar), 60 kersses, wie auch engl, cresses) ; as. cressa;
KRET
359
KRIDDELN
and. cressa, crasse ; mnd. kerse, karsc ; md.
kirsc ; nd. (Schamhach) kasso, (Br. Wh.)
kassen (im Flur.); mnld. kcrsso ; nid. kors,
kors ; dnn. karse ; norw. kars ; fschwcd. krasse,
krässa ; cdid. cliresso, criisso, creisso, krijsso
II. crüssa; iiihd. clirüsse , krijsse. Ob das
gleichbedeutende ital. crescione; franz. cres-
8011 ; iiprov. crcissouii ; cat. crexeii (offenbar
mit Anlehnung an lat. cresceri' u. dann
tüohl ivegcn seines raschen Wachsthums so
benannt), die ur.'^pr. u. älteste Benennung
dieses Krautes u. davon das gerni. cressa,
cresso etc. entlehnt ist, od. die roman. Wör-
ter (vielleicht mit Ausnahme des frans, cres-
son lt. nprov. creissoun, übrigens doch ge-
tviss mit Anlehnung an crescere) mit russ.
kres ; lett. krasse ; estn. kärsid aus dem germ.
übernommen sind, darüber vergl. Dies (I,
145), sowie Hild cbr and (in G r i m m, Wb.
V, 2171) u. Wcigand, welch Letzterer es
mit ahd. cresso, chresso (aus cresjo, crasjo ;
goth. krasja); mltd. chresse, kresse; and.
grasse ; ndrhein. crasse ; mnd. krasse (Kresse,
Krcssling, Gründling) von ahd. crijsan, kre-
san, chresan, cliresen ; mhd. crüseii , kresen
(Jivicchen, serpere, rejjere) ableitet, indem
der G r ü n dli n g ein auf dem Boden k r i e-
ch ender u. schleichender KiscJi ist u. dem-
nach auch die Kresse od. Brunnenhrcsse
(nasturtium) nach seinen kriechenden
Stengeln davon so benannt sein soll.
kret, s. krät.
1. u. 2. kretc, s. 1 u. 2 kräte.
3. kreto, kleine Pflaume, kleine Mira-
belle ; — grüne kreten. — Wohl dasselbe
tvie kreke u. dann daraus verderbt. Vergl.
übrigens auch 2 kräte.
krctiiP, Kreatur, grosses Biest; — wat is
(lat i'ör 'n mal kretür; — so 'ii kretür faa
^n osse heb' 'k raiii dage iiog iiet sen. —
Uas lat. creatura gehört mit creator «. cre-
atio SU creo, ivas nach Kick für ccro ste-
hen soll u. zur y kar, skar (machen, schaf-
fen etc. od. urspr. schlagen, spaltoi, schnei-
den etc.) gehört.
krowel, s. kcrwel.
kfibbe, krib, ein leicht gereister, sänki-
scher, .streitsüchtiger, unfriedfertiger Mensch ;
— he (od. se) is so 'ii kribbc , dat he hei
gen frä' mit 'u ander rainsk holden kan. —
Nid. krib (dasselbe, indessen nur von einer
tveibl. Person). Zu kribben, loovon auch
gekribbe, (Gesä)ike etc.), kribbig etc.
ki'ibbe-, krib-kop ; i. q. kribbe ; — davon :
krib-kop 1 (leicht gereist, bösköpfig).
kribbele, Kribbelei, Beizelei, Gejucke,
Prickelei etc. ; — kribbele in de hals od. up
de kop.
kribbelig, kribbelg, krittlich, verdriess-
lich , leicht gereizt, kratzig, ärgerlich
etc. ; — he is ferdömd kribbelg od. krib-
belkopd.
kribbel-k(»)>, Ph'ner der sehr krittlich u.
leicht verdriesslich od. leicht gereizt ti. jäh-
5 zornig ist. — Nid. kribbelkop. — Davon:
kribbelkopd (leicht gereizt etc.).
kribbeln (ablautendes krabbeln u. soviel
als wiederholt kratzen od. kritzen, bz. ritzen,
reizen, verwunden [flg.] ärgern, zornigmachen
10 etc.), kribbeln, kritseln, krcdjbcln (kratseln,
Jucken, prickeln), kriebeln, krimmein, wim-
meln etc., od. auch subst. : Krihtieln etc. ; —
be kribbeld (kritselt, macht Crekrilsel, schreibt
schlecht u. nnleserlich etc.) d'r man so wat
15 hen, wat hast gen miusk läsen kan; — dat
kribbekl (kratselt, kritselt, ritselt, pjrickelt
od. macht ein kratsendes zum Husten rei-
sendes Gefühl) ml al so in de hals, dat ik
hast heltid an hosten mut; — ik f8l so 'n
20 kribbeln (kratzein u. anhcdtendes Jucken
etc.) up de kop od. in de nöse etc. ; — ik
heb' so 'n kribbeln (anhaltendes Jucken od.
juckendes Schmerzgefühl , Prickeln etc.) in
de banden (od. de laden , de kop etc.) ; —
2-5 dat kribbelde mi in de kop (kritzelte od.
ritseltc mir in dem Kopf u. ntachte mich
gereizt u. aufgebracht od. ärgerlich u. ver-
driesslich), as ik dat sag, dat he dat kind
so gemen un siegt behandelde; — dat krib-
30 beld un wibbeld fan allerlei lütje deren. —
Nd. (Br. Wb., Dähnert etc.) kribbeln;
nid. kribbeleu. — Davon: gekribbel (Ge-
kritzel; Gekrabbel, Gekratsel; Gewimmel) u.
kribbele (s. d.).
3.5 kribben, hadern, zanken, streiten etc.,
auch subst. ; — se mutten altid mit 'n an-
der kribben ; — hold dat kribben tüsken jo
beiden den hei net up? — Nid. kribben
(zanken etc.); nd. kribben (reizen, ärgern).
40 — Als ablautendes krabben bedeutet es von
Hause aus wohl soviel als : kratzen, kritzen,
ritzen etc. u. so auch (fig.) verivunden, rei-
zen, ärgern etc., loie ja auch reizen u.
Beiz ^= sinnlich ritzen u. Kitz ist.
45 kribbig, kratzig, zänkisch, streitsüchtig,
leicht gereizt u. zornig od. ärgerlich etc. —
Nid. kribbig; nd. kribbisch, kribsch.
kriddele, Krittelei, Mäkelei, Zänkerei. —
Nd. (B r. Wb. , S c h a m bach, D a n n c i l
50 etc.) kriddelije, krittelte, kreiteli.
ki'iddeler, Kritteler, Zänker, Haderer, Mä-
keier, tadelsüchtiger, verdriesslicher 3Iensch
etc. — Nd. (Br. Wb., Danneil) kridde-
1er, kreitler.
65 kriddeln , a) ein wiederholtes Kratzen,
Kritzen, Ritzen od. Reizen (Kribbeln od.
Kriebeln, Kritzeln etc.) empfinden od. haben
u. davon empfindlich berührt u. gereizt, är-
gerlich, ungeduldig od. krittlich tverden od.
60 sein ; — dat kriddelde (od. kribbelde, s. krib-
KRIDDELN
3fiO
KRIDDELN
beln) mi iu ilc kop, do ik dat liuidc, tlat lu"'
sin olde moder hast forhungern im iu ("'loml
umkamcu K't ; -- b) krittr}», schelten, titdeln,
mäkeln etc.; — hv hed altid wat to krid-
deln im is nargcns mit tofraden iin iufci-
stän. — X'.L (Br. Wh.) kriddoln (zanlcen,
hadern etc. ; äü'Ä ärgern , verdriesstich u.
unzufrieden seiti), (Schdmbach) kiittidn
(sich leicht ii. anhaltend ärgern, h~. anJial-
tend gereist u. ärgerlich sein etc.), (Dan-
neil) kreitelii (kritteln, zanken. Streit an-
fangen etc.\ (Däh n ert) kritteln (mit klei-
nen Fe}ilern unzufrieden sein, murren, schel-
ten, zänkeln, mäkeln etc.): nhd. kritteln
(kleinlieh mäkelnd urtheilen, bemäkeln, be-
mängeln, tadeln, schelten etc.) u. früher auch
gritteln h. sonst auch krcteln, kiocteln etc.,
cf. Grimm, Wh., unter kritteln.
Die i'crschiedoien Farmen stimmen dem
Vocal nach durchaus mit kiddoln (kitzeln,
d. h. Kitzel od. lieiz = si)inl. Ritz, bz.
riz [von rizan, ritzen, rcisscn, reizen, ver-
wunden, stechen etc.] machen ii. verursachen
feinem Andern n. sich selbstj n. so auch
Heiz u. Kitzel cmpfmdett) u. wie dies von
einem Stamm kitol, ahd. cizcl (ah Weiter-
bildung v'>n einem Thema kit , kiz od. ciz,
s. tmter kiddcln) fortgebildet, so i.'<t krid-
deln od. kriddclcn, krittelon von einem Stamm
kritcl, aJid. chrizcd od. krizcl (u. dies von
einem Thema krit, ahd. chriz, kriz) iveiter-
gebildrt, der mit unser m Adv. kritel (s. d.)
smcohl , als auch mit nhd. Kritzel ident.
ist. Vergleicht ma)> nun aber — a) dass das
Thema krit als Ablaut von krat, ahd. cliraz
(s. unter kratzrn) 7(rs2}r. ein Schall-^ftamm
war u. aus der Bcdtg. : sonus, clamor, fra-
gor, crepitus etc. ebenso vie mhd. klac (s.
unter klak u. klakkcn, bz. klik u. klikkon)
auch die Brdtg. : Bruch, Biss, Bitz, Bitze,
Spalt etc. entwickelte u. dass die Wörter :
nhd. Kratz n. Kritz in der Bedtg.: Biss,
Bitz, Bitze, Schramme, Wunde etc. sich ja
hierin mit mhd. clac begegnen, u. dass es
sich hieraus auch blas erklärt, weshalb un-
ser kriten = mhd. krizon od. krizen einer-
seits die Bedtg.: schreien, kreischen etc. hat,
während andererseits das nach tinserm
kriite, krotc od. krat, krct (Kerbe, Bitze
etc.) auch nd. bestandene kriten u. mhd.
krizen (cf. Lex er) neben ritzen, reissen
(einen Kreis od. eine Bitze machen od.
ziehen) u. kratzen od. k ritzen auch die
Bedtg. : gähren, brodeln, zischen, schäumen,
etc., bz. ur.spr. ein brausendes od. zischendes
Geräusch machen etc. hat — u. h) bei
kiikeln, kifken etc. loie die Bedtgn.: zanken,
streiten etc. auch aus der von: ein G c-
r ä u s c h machen od. aus s ehr ei c n etc.
hervorgehen können, bz. dass auch nhd.
k r i c k l i c h, K r i ck e l e i, k r i ekeln, k r a-
keln etc. zu einem Schallst((mm Kr ick, bz.
Krack od. krak gehören, so /.s'i es sehr
leicht denkbar, dass auch dem Verb, krid-
5 dein, kritteln etc. = wspr. kritelii n. ahd.,
mhd. krizeln, bz. dessen Stamm krit(d, kii-
zel = krittel, krizzel, kritzel (nach kiddeln
etc. von kitel, kittel) sowohl ein Stamm krit,
kriz in der Bedtg. sonus, clamor etc., als
10 auch ein Stamm krit etc. in der Bedtg.:
Bruch, Biss, Bitz, Bitze, Spalte, Wunde,
Schramme etc. zu Grunde liegt u. dass dem-
nach kriddcln, kritteln in seinen verschie-
denen Bedtgn. einerseits sowohl mit mhd.
15 krizeln (u-icderltolt od. atihaltend u. hiftig
schreien, kreischen etc. u. so auch: schelten,
tadeln, zanken, hadern etc.), als dem Bercd.
■von krtzeu (kreischen etc.), wie andererseits
auch mit krizeln in der Bedtg. kritzeln od.
20 ritzein, kratzein etc. od. toiederholt u. an-
hfdtend kritzen od. kratzen, ritzen u. ver-
wiDidcn u. so auch: reizen, stacheln etc.
als dem Iterat. von krizen (ritzen od kritzen,
kratzen etc.) von Hause aus ident. ist. —
25 Da^s indessen ein zu krit, kriz in der Be-
dtg.: Biss, Bitz, Schramme etc., bz. zum
Verb, krifan , krizan od. kritan (reissen,
ritzen, schrammen etc.) gehörender Stamm
kritel, krizel (^ Kratz-, Kritz- od. Bitz-
30 Zustand etc. u. = Kratz-, Kritz- od. Bit.:-
Gegenstand od. Bitz-Ding u. so auch: Bitze,
Schramme, Wunde etc.) indessen vollständig
ausreicht (auch ivang. [Eh r e n traut I,
S77J krittel, Bunzel, Falte etc. u. kritteli.ir,
35 runzligt, faltig etc., beim Vergleich »».srjvs
kräte, Kerb, Falte etc.), um sämmtliche Bv-
dtgn. von un.serm kriddeln (dies ist ganz
sicherlich soviel als: wiederholt kratzen, \
kritzen, ritzen v. dann ident. mit nhd.
40 kritzeln), bz. dem nd. kriddeln, kritteln,
kreiteln, kretcln etc. zu erklären, ist zwei-
fellos u. braucht man sich dabei nur zu ver-
gcgotwärt/gen, dass kritteln wörtl. soviel
hei-'fst als kritel, krittel od. krizel, kritzel
45 (d. h. ivie kribhel ein Kratzen od. Kritzoi,
Bitzen, Beizen etc.) machen od. verur.iachen
(einem Andern od. sich selbst) u. dass man
dadurch nicht edlein einem Andern das
macht od. antliut, verur.mcht u. zur Fm-
50 jißndung bringt, was kritel (vergl. dazu der
Form u. Bedtg. wegen eitel n. Kitzel
zu nnserm kritel u. nhd. Kritzel, bz. Ge-
kritzel) besagt, sondern dass man dies auch
sich selber macht, anthut od. verursacht n.
55 empfinden lässt, tvoraus von selbst die Br-
dtg. : einen Andern od. sich selbst ritzen,
verwunden, reizen, ärgern etc. od. ärgerlieh,
unzufrieden, tadelsüchtig u. scheltend machen
u. ärgerlich, etc. sein Jievorgehen musste. We-
TiO ge)i der C'onncxität mit kriten (kreischen,
KRroDELIG KRIDLIG
361
KRIGEN
lärmen, schelten, toben etc.) od. mit kritcii
(Icratzen, kritzen, ritzen, verwunden, reizen
etc.) vgl. noch nd,., bz. innd. kret, ki'eit,
krt'itl, krit = ahd. creiz, cnz (Zank, Streit,
Hader, l'crdrus.s etc.), krolek' (kleine Ritze
etc.), kretfii, kritou (zattken, streiten, keifen
etc.), kreton, kriten, kryteu (provocare etc.),
kretten (reizen, quälen, belästigen, necken,
foppen, ve.viren) , krcyten, knieten (provo-
care, irritare, exasperare), sik kretten od. kre-
ten (sicJt, streiten u. sanken etc.), kreter
(Zänker, Streuer, Hader er, besonders der
den Streit eines Andern vor Gericht führt,
procurator etc.) etc. , ivas Alles ebensoioohl
zu kriten (kreischen, schreien, lärmen, schel-
ten, keifen etc.), als zu kriten = ahd. cri-
zan (kritzen, kratzen, ritzen, reizen, ärgern,
böse machen, aufreizen, erregt it. zornig
machen etc.) gehören kann , obschon diese
Wörter augenscheinlich näher zu kritrn
(kreischen etc.) als zu kriten (kritzen,
kratzen, ritzen etc.) liegen u. demnach auch
das für kriteln stehende kritteln = älter
hochd. krizeln sehr leicht dasselbe Wort sein
kann, tvie mhd. krizeln = mnd. kriteln (an-
haltend od. iviederholt kreischen u. schreien
etc.) als dem Itcrat. von krizcn = unscrm
kriten.
kriddclig:, kridlig, kriddclg u. kriddig,
krittlig, kricklig, empfindlich, verdriesslich,
gereizt, ärgerlich, zänkisch, haderig, streit-
süchtig, zum Tadeln, Schelten, Mäkeln od.
Widersprechen etc. geneigt etc. — Nd. (Br.
Wb., Scha m bach etc.) kriflclelig, krittelig.
krig, Krieg, Kampf, Zwist, Zwietracht,
Streit, Zank etc. ; — he is in de krig nm-
kamen; — de Franzosen un de Dütsers heb-
ben krig mit 'n ander ; — se kregcn d'r krTg
um, wel 't meste krigcn scliull', bz. wel de
stärkste was; — nmtt ji bliksems jungens
den altid krig mit 'n ander hebben? — de
man un fro läfen in krig mit 'n ander ; —
de fögels hebben krig mit 'n ander. — Nd.
krieg od. krig; mnd. krich, krfgh, criec;
tdd. krijg; mnld. krygh , kriegh ; mhd.
(Lex er) kriec, krieg (Anstrengung, Stre-
ben nach Etwas, Streben gegen Etwas, das
Widerstreben od. Widersetzen gegen Etwas,
der Widerstand etc.; Anfechtung; Streit,
Kampf mit Worten, Wettstreit, JRechtsstreit,
Zwist, Zwietracht, handgreiflicher Streit,
Kampf zwischen Zweien, Streit mit Waffen,
Kampif, Krieg). — Vergleicht man ahd.
winnä (Anstrengung, Mühe, Arbeit, Kampf,
Streit)^ winnan (sich anstrengen, mühen,
kämpfen, streiten etc., bz. streben nach Et-
was u. so auch erlangen, erreichen, gewin-
nen, bekommen etc.), gawin (Anstrengung
etc., labor, ccrtamen, conflictus, Erioerb, Ge-
winn etc.), gewinnan (durch Anstrengung,
Mühe, Kampf etc. crreicJten, erlangen ; über-
haupt erlangen, erhalten, erwerben, gewin-
nen etc.), dän. krig (Wille od. das Streben
u. Trachten nach Etwas), so ist es zweifel-
5 los, dass auch das obige Subst. krig mit
krigen (s. d.) in der urspr. Bedtg. zusam-
mcuhängt u. davon (ebenso wie winna etc.
von winnan) mit mhd. krige, Icrigel (loider-
strebend etc., cf. krilgel) cdtgeleitet werden
10 muss. Was die Eorm (dier betrifft, so ist
dflfür (auch ahd. gawin ist wohl Kürzung
von gawinnä. od gawinni) ei)ie vollere Form
kriga od. krigi anzusetzen, die einen Zu-
sta n d vo)i Anstre n g u n g od. von S tre-
ib ben (irgend wohin od. gegen irgend Ettvas
an) bezeichnet haben tvird , ivoraus dann
später die andern Bedtgn. des nicht allein
as. u. ahd. schon sicher bekannten, sondern
nach dän. krig (Wille od. Streben) auch in
20 den nord. Sprachen früher gewiss lebenden
obigen Suhstantivums hervorgegangen sind.
Wegen der Ableitung dieses Subst. krig vom
Verb, krigen sei noch erwähnt, dass es noch
ein zweites kriec, krieg (cf. Lexer u.
25 Grimm, Wb. V, 2211) gab od. giebt, ivel-
chcs im mhd. mit: grosses He be- G eräth,
Winde, Haspel id)er setzt wird,tvas eine
Kürzung einer älteren Eorm krigä od. krigi
zu sein u. in seiner Bedtg. Wi nde- G e-
30 r ä t h od. W i n de- Ding , Dr eh- D i n g
etc. darauf hinzudeuten scheint, dass das
Verb, krigen iirspr. die Bedtg.: drehen,
■w i n d e n etc. hatte n. dass sich hieraus die
im ;»/(rf. kriegen auftauchende Bedtg.: rin-
35 gen (cf. ringen aus wringen, tvovon auch
Bing kämpf) u. so loeiter die von: (sich)
a n strengen u. strebe n etc. enttcickelte,
liwrüber das Weitere unter krigen zu ver-
gleichen ist.
40 1. krigen od. krigen, kriegen, streiten,
Zwisten etc.; — se krigen mit 'n ander; —
se hebben krigd. — Dieses icenig gebrauchte
Verb, ist von Hause aus eins mit dem fol-
genden krigen u. dort das Weitere zu er-
45 sehen.
2. krigen od. krigen (krige, krigst, krigd
od. krigt etc. ; — kreg etc. ; — kragen),
kriegen, bekommen, erlangen, erreichen, er-
halten, nehmen, fassen etc.; — ik krig hun-
50 derd daler für dat perd; — ik kan dat net
to faten krigen (nicht zu fassen bekommen) ;
— he kreg 'n pukkel ful slage ; — dat is
net to krigen (nicht zu bekommen, nicht zu
haben etc.); — wi krigen fan dage gcwis
55 nog Rwärwer; de lacht is föls to swöl ; —
he krigt d'r niks fan ; — krig' di 'n appel
nt de körf; — he kreg (nahm, fasste etc.)
luim bi de krage un sniet hum butcn de
döre; — lic kan de perde net herum kri-
GO gen ; — he krigt hura d'r göd für ; — ik
KRIGEN 362 KRILLE KRIL
kan dat iiet wer torept krigen ; — lii" krigd zweifellos ein Geräth tvar , ivas gedreht
(bekömmt od. nimmt, bs. spannt) austat sia icnrde it. womit schwere Ger/cnstände auf-
pürd siii cioto hund för de wagen.— Com- ff cw linden u. in die Höhe gehoben tcitr-
pos. : t'erkrigen (bekommen, erlangen etc.), den, um anderswohin versetzt zu icerdcn,
unikrigcn etc. — Bäthsel : wen man für 'n 5 bz. zur Vernichtung der Feinde od. zur
puiul hotter sritVu groskeu krigt, wat krigt Zerstörung ihrer Schutzdächer bei Bela-
mau den für 'n för liei (ein Fuder Heu)? gerungen etc. auf dieselben niedergestürzt
Antu: : twe perde. — Xd. kriegen od. kri- od. herumgeschleudert zu werden, womit
geii; mnd. krigen; nid. krijgeu ; innld. kry- auch dtts stimmt, dass dieses krieg ausser
glien ; afries. kriga; lofries. kryeu; satl. 10 mit Winde etc. auclt mit hallistj. glossirt wird.
kriga (bekommen, erlangen, erreichen, er- Wegen der urspr. Bcdtg.: drehe n, xoen-
halten etc.) u. nid. krijgen ; )nnld. kryghcii, den etc. von krigen vergl. auch das afries.
krieglieu; mnd. krigen (bellare, pugnare, al- lialskriga, was in den Gesetzen (c. Bicht-
tercari, eertare etc.); mhd. (Lex er) krie- hofen, afries. Gesetze, pag. 220, Zeile 5
gen (sich an.'<trengen, ringen, streben, trach- 15 u. 335, 24) mit einer Busse von 15 Schii-
ten [körperlich u. geistig] ; mit Worten strei- lingen od. 15 Mark belegt xcar u. von Hei-
ten, zanken, disputircn, behaupten; hand- tema (230) mit coWi dolociiüo glossirt rvird,
greiflich streiten, kämpfen, Fehde od. Krieg zweifellos aber nichts anderes als eine ge-
führen; bekämpfen od. auch fü. Schade] : tcaUsamc Hals- Verdrehung od. Hals-
widerstrcben ; kämpfen etc.). Weiter vergl. 20 Verrenkung ist u. also auch bestätigt,
Hildebrand (Grimm, Wb. V, 2223) dass das Verb, krigan urspr. die Bedtg.
unterkriegen (niti, pugnare, capere, ac- dr ehe n, wenden etc. hatte, die aber selbst-
cipere). redend wieder aus brechen, knicken.
Wie schon unter krig am Schlüsse ange- biegen, krümmen etc. (s. unter krengen
deutet, ist loohl anzunehmen, dass das mhd. 25 u. kring etc.) hervorgegangen sein kann.
kriegen zunächst die Bedtg. ringen (ganz Wegen des urspr. kurzen Vocals „i" in
abstract für sich u. ahne Beziehung auf ein krigen, ef. klifan vom Thema klib n. xcegen
Anderes u. dann auch mit Beziehung auf der Verwandtschaft mit dem Verb, kringau,
ein Anderes, mit der Xebenbedtg,: nach od. bz. des Themas krig mit kring u. kräng (s.
um Etwas etc.) hatte u. dass daraus dann 30 unter krengen) vergl. auch die Zusammen-
iceiler die Bedtgn. : sich anstrengen u. be- Stellung (Fick, III, 52) von klib »f/Y klimb
mühen (um Etwas) od. kämpfen u. streiten u. klamb (s. unter klimmen //. klani etc.) ;
etc., bz. die von : streben u. trachten (nach s. ^Veiteres auch nocli unter krig.
Etwas) etc. u. so iceiter die andern Bedtgn. 1. kriger od. kl'lger, Krieger, Soldat,
von selbst entwickelt haben, indem aus rin- 35 Kämpfer, Tapferer etc.; — he hörd nog to
gen u. streben (nach Etwas u. icohin) de olde krigers tan anno dartein; — 'n ol-
ocl. aus streben u. trachten (nach Et- den kriger lett siik niks ierdreten.
tcas) auch wieder die Bedtg. langen (nach 2. kriger od. kriger, das Krirge- od.
Etwas) u. greifen, fassen etc. od. aus Hasche-Spiel der Kinder ; — känid juugeus,
trachten (wohin) die von kommen (zu), 40 liit' uns kriger spSlen. — Zi« krigen in der
erreichen, erlangen, bekommen, fas- Bedtg. fassen, greifen etc.
sen etc. hervorging. Vergleichen wir nun krik, in krik-krak, bz. gekrik-krak, Ge-
aber tveitcr, dass das nhd. ringen mit nn- krache etc. — Xcbenform od. Ablaut von krak.
serm wringen von Hause aus ident. ist n. krik (ohs.) od. (mofries., (' ad. Müller,
dieses in der Bedtg. dr ehen, winden etc. 45 33) krieck, ein Schilderhäuschen. — Wohl
auch icicder mit krengen od. klingen stimnd, dasselbe wie nfries. (Outzen), dithm. krik
so halte ich dafür, dass es urspr. ein as., (Winkel, Ecke); an., isl. kryki (angulus,
ahd. Feri;. krigan od. doch ein germ. Thema sccessus; inguina etc.); norw. krik (Haken,
krig mit der Bedtg.: drehen, wenden, win- Gekrümmtes ; ^Vinkel, Ecke), krike (Haken
den, ringen etc. gegeben haben muss, rvas 50 od. Krümmung , Beugung; Winkel etc.);
mit kring u. krengen (s. daselbst am Schlüsse) dän. kY\g (Winkel, Ecke; Weiche, Leiste,
zu derselben }/ gargh od. gragh , nasal. Schambiig etc.) etc.; s. Weiteres unter Ikrcke.
grangh gehört, die Fick (II, 352) auch krik-finte, *■. 3 krckc.
//(;• lit. gr^,'zu (drehen, wenden, kehren, win- krike od. krike, s. 1, 2 u. 3 kreke.
den) etc. aufstellt u. wovon ausser krigen 55 kriken, .s. kreken.
(ringen, sich anstrengen , sich wenden u. krille, kril , a) Biegung, Krümmung,
kehren gegen Etwas od. Jemanden, streben Drehung, Verdrehung, Verschlingung, fal-
ete.), tt. krieg (Anstrengung, Bingen, Stre- scher Knoten, bz. einen Hinget, od. ein rund-
ben) auch mhd. krieg (Winde, Haspcl, He- lichcs Etwas, was durch Birgen, Krümmen
begcräth) abstammt, da dies Letztere doch 60 od. Zusammendrehen entsteht; — 'n kril
KRILLEN
363
KRIMPE
(Ringel) in de stert (Schwanz); — 'u kril
(Ringel, Verschlingu ng, Zummmendrehiing,
Knoten etc , cf, kriukel u. drull^r) in de
driid; — 'n kiil (od. draller, kitik) in 't
tun; — b) ein umgebogener u. mit Fäden
heschlängeltcr od. mnschlungener Saum an
leinenen Sachen. — Redensart: de kril iu
de Stert heblieu od. krigen (verdreht u. ei-
gensinnig od. widerspenstig sein od. werden.)
— Zu krillen.
krilleii, a) biegen, krümmen, drehen, rin-
geln, schlingen, toinden, bz. drückend zu-
sammendrehen etc. ; — dat 'isder krilld (biegt,
krümmt) sük; — dat swin kriWd (ringelt etc.)
mi Stert ; — dat tau (od. de dräd etc.) krilld
sük (dreht sich um sich selbst , bz. es ent-
steht eine Drehung od. Verschlingung etc.
in dem Tau etc.) ; — dat krilld sük (dreht
u. loindet sich) um de stok ; — de slange
krilld (ringelt) sük tosamen ; — he krilld
(krümmt, windet etc.) sük fan pin; — he
krilld sük (krallt sich mit gekrümmten Fin-
gern, bz. klemmt sich etc.) d'r an fast ; —
lie krilld (krümmt od. biegt etc.) sin band
fast tosamen ; — he krilld (windet od. schlingt
etc.) sük d'r In up ; — he krilld (toickelt
etc.) dat up; — dat krilld sük um etc.; —
h) einen Saum machen, säumen, umnähen,
bz. mit einem Faden umschlingen u. fest-
nähen. — Nfries. (Outzen) krele, krellen,
krillen (drehen, umdrehen, verdrehen, kräu-
seln, ringeln); nd. (Br. Wb., Schütze)
krillen (kraus machen; am Leineng er äthe
einen kleinen mit Fäden beschlängelten Saum
machen), uiikrillen; — krellen (drehen), ver-
krellen (verdrehen) ; — krall (toas sich leicht
dreht, od. tcas fest zusammengedreht ist, cf.
se spinnt so krall , od. loie wir sagen ivür-
den: so drall); krellen (kraus od. schrumpf-
lich machen; cf. sleen krellen, heisses Was-
ser auf Schlehen giessen, dass sie kraus
werden). Dazu vergl. nd. (Dann eil) "kvAl
(munter, lebendig, lebhaft, gesund etc.),
(Schambach) krall (lebhaft etc., nur von
den Augen), was im Br. Wb. zu grall od.
grell (cf. grel) verglichen tcird , nach krall
bei Schütze (s. oben) indessen nichts an-
deres bedeutet als a) gedreht, bz. fest zusam-
mengedreht etc. (wie unser dral, da ein kral
wicht bei uns ein dral wicht hcisst u. dies
auch ein dickes, starkes, gesundes Mädchen
bezeichnet) , od. b) drehend od. drehig, als
das was sich leicht u. schnell dreht, woraus
auch wieder die Bedtgn. : rasch, flink, mun-
ter, beweglich etc. entstehen konnten u. zwar
sowohl in Bezug auf die Bewegungen der
Glieder als auch der Augen, tvonach dann
krall auch in Bezug auf lebhafte Augen
nichts mit unserm grel gemein hat, sondern
sich aus krillen (drehen, drehend u. tan-
zend bewegen etc.) von selbst erklärt, wie
unser dral u. draller von drillen.
Es wird tvie mhd. krellen (kratzen) loohl
mit ahd. chravvila, bz. einem Itcrat. chriu-
5 weleii, chriwelen (kndzeln, kriebeln etc.) con-
ne.r. sein, worüber Weiteres unter 1 kralle.
Sofern dies indessen niclit der Fall sein
.sollte, so möchte ein altes gcrm. Verb.: kri-
lan, kral, krul, krulum (biegen, krümmen,
10 bcugoi, ivinden etc.) angenommen werden,
ivovon dann auch 1 kralle u. unser kruUe,
krullen etc. abzuleiten ist. Da indessen
ausser den schon unter 1 kralle angeführ-
ten Wörtern u. einem aengl. krallen (was
15 Str atniann zu einem germ. krallen [tor-
quere, crispare ?] vergleicht) , sowie aengl.
krelle (geflochtener Korb, .si)orta) in den al-
tern germ. Sprachen kein Wort vorkömmt,
ivas das fridierc Bestehen eines agerm. Verb.
20 krilan etc. in der Bedtg. flectere etc. gera-
dezu nöthig macht, so dürfte der tinter 1
kralle nachgewiesene Ursprung der Wörter
kralle, krillen etc. ivohl richtig sein. — Vergl.
übrigens auch noch krul u. 2 krulle.
25 ki'immeln, krimmein, kribbeln, wimmeln
etc. ; — dat krimmeld un wimmeld fan mins-
ken. — Davon: gekrimmcl (Gewimmel). —
Nd., md. krimmein n. nd. (Br. Wb.) kre-
mein. — Es ist ztveifellos ein Iterat. von
30 krimmen, bz. ahd. chrimman , krimman
(drücken [zusammendrücken u. biegen, krüm-
men etc.], pressen, klemmen, kneipen, mit
Klauen kratzen etc.), s. Weiteres unter
kremrae u. kröme etc. — Wegen der jetzi-
35 gen Bedtg. „tvimmeln" vergl. krabbeln u.
kribbeln u. Weiteres in Grimm (Wb. V,
2304) tmter k r i m m ein.
krimpe, a) die Biegungs- od. Krümmungs-
stelle, wo zwei od. mehrere Dächer in einen
40 Winkel zusammenstossen , bz. die Stelle tvo
zwei Dächer schräg zusammenlaufen ti. sich
der Zwischenrcnim zwischen denselben all-
mälig mehr u. mehr verengt u. auf ein mi-
nimum zusammenzieht u. einschrumpft, sonst
45 auch Dachkehle genannt; — dat dak
lekd in de krimpe; — he set in de krimpe
fan 't dak; — b) eine Falte od. Runzel,
icodurch zugleich an der betreffenden Stelle
auch eine Zusammen Ziehung u. oft auch eine
50 Krümmung des betreffenden Etwas entsteht;
— dar sitt 'n krimp in de hüd (od. in de
darm , pause etc.) ; — c) der Frozess, wo-
durch das Tuch sich zusammenzieht u. ein-
schrumpft od. decatirt wird, die Decatissage
55 od. Krampe; — dat laken mut erst 'n
pär dagen in de krimpe setd worden, dat 't
naderhand net mer krimpd, wen du rok klär
is; — d) Enge etc.; Abnahme, Schwinden
etc. — Redensart: in de krimpe sitten
60 (1. in der Enge od. Kneife sitzen ; — 2. in
KRIMPEN 364 KRIMPEN
Noth II. Mangel sitzen od. sich befinde ii) ; v)>id., nid., nnihl. kv'un-pen; wf ries. krimpjen;
— 't geld geid to krimpe (das Geld wird ahd. (clinniiihan), krinifaii; ainhd, clirim-
knapj) od. nimmt id>, schwindet ctc ). — JNV/. phcu : mhd. kviniiiheii, kriin2)foii. — Dass
krimpt' (dm^ Kinschninijifcn, die Ahnahme: dieses Verb, aucfi as., ci<js., afries. u. viel-
M<ui(/el etc.); )dd. krimp (ManoeJ, Xoth) ; 5 leicht auch in den nord. Sprachen bestan-
ninld. krimpe (spasmus; aqiiarium, lavatriiia, den hat, geht ausser den unter 1 kram (/.
lorus aiiLru-tns inter iiarietes). kramme aufgeführten Wörtern, sowie aus
krimpen (kriimp, krumppn), ^"/-»wjwfH, ir//(- der Vertn-eitu)ig des Wortes krumm (cf.
den, ein- od. zusammenziehen, scJirumiifen, krum) aurJi aus aengl. crompcu (to coiitract,
knapp, enge, kurzer, minder ctc. werden etc.; 1" rcstrain, cf. krompcii), crimjiil (rufra),crimpliii
— he krimpil sük fan kolde od. fan pin etc. (rugare) ; engl, crimp (ringeln, kräuseln, cf.
(er krümmt u. windet sich etc. von Kidtc krillen), crimpk' (zusammenziehen, krimjifen,
od. vor Schmerzen, zieht sich vor Kalte od. zerknittern etc.); schott. (J am i es on) crim'p;
Schmerzen zusammen etc.); — hö krumpd sehwed. krympa ctc. hervor, l^asa aber die
sük as 'ii wurm; — hv krimpd (krümmt 15 germ. Stämme krap u. krainj) ebenso wie
sich, zieht sich zusammen, od. .^tchaudert, auch wohl klaj) u. klamp (cf. khimpe, klam-
friert etc.) fan kolde ; — hc sitt bi 't für jicii etc.) von llausc aus ident. sind, wird
to krimpen (zu frieren od. zu schaudern ausser durch ahd. craplio etc. (s. unter
vor Kälte); — ik hchh'' ]irnm\>cn (gefroren) kramme) auch durch o??., /s7. krcp[)a, kreppi
as 'n sinder; — dat lakeii is krumiten (das 20 (incurvare, coarctarc) , krcpi)a (coarctatio ;
Tuch ist durch Nässe zusammcngeschrumjift aiignstiae) etc. etc. bezeugt u. wird die germ.
u. zwar entweder von selbst, od. absichtlieh y krap, kramp von Fick, IT, 41) u. öO)
durch das sog. Decatiren) ; — de büksen zu slar. garb, grab, gramb (ef. Fick, II,
is so krnmpen (zusammengezogen, einge- .'>47) verglichen, die aber nach kslav. grah]yA
schrumpft 7t. von allen Seiten kleiner u. en- 25 grai)iti (greifen, fassen, packen etc.) nicht
ger geworden), dat he mi fols to liifjed im von der ]/ garbb, grabli (greifen, cf. gripeii)
to knap worden is un ik d'r liel net mer in- verschieden sein kann u. ivo man dann
kamen kan; — dat krimpd gans in 'n anib'r auch annehmen kihvde, dass das ahd. crim-
(das schrumpft ganz in einander, od. ganz ])luin nrspr. die IJedtg.: mit gekrümm-
zusammen) ; — • lie krimpd gans tosamen (er 30 toi Fingern od. Klauen packen od.
schrumpft ganz zusammen, wird immer klei- umgreifen hatte u. dass sich dann daraus
ner od. magerer, nimmt an Grv-^se v. Um- die liedig.: umfassen, f est Ji alten ii.
fang immer mehr ab); — de wind krimpd zusammenziehen, einziehen, krumm
(der Wi)id ist rückläufig, dreht sich der zusammenbiegen ctc. entwickelt hat, so-
Sonne entgegen, kürzt sich so zu sagen vom 35 wie ferner auch die von: mit Fingern od.
Stande der Sonne aus betrachtet ein, cds Ge- Klauen packen, sie einhaken od. fest-
gensatz von: de wind schütt iit) ; — krim- haken in Etwas, bz. sie ins Fleisch haken
pende winden (rückläufige Winde) gäfen sei- «. so auch: kratzen etc., wie Ja auch kral)-
den fast wer (Wetter). — Davon: bekrum- ben einer gleichen y garbh, grabli angchb-
pen (s. d.) icozu hier noch einige Beispiele, 40 renmuss. Die Bedtg.: greifen u. packen
als: dat kumd dar man bekrumpen (be- ka)tn aber auch in die von: zusammen-
schränkt, knapp, ärmlich etc.) um in hiis ; drücken u. so auch wieder in drücken
— 't sügt dar in hns man bekrumpen iit; od. kneipen u. kr atze n etc. od. auch in
— de antwörd kumd dY man bekrumpen krümmen u. zusammenziehen etc.
(a. beschränkt, kurz, unvollständig etc. u. b. 45 übergegangen sein u. ivenn man die Wör-
beklommen, ängstlich, gedrückt, unsicher etc.) ter klampc u. kb mme, klemmen, sowie krampe,
üt; — he sügt so bekrumpen (beklommen, krammen, krcmme etc. u. weiter das unter
beklemmt, gedrückt, ängstlich, traurig, be- kracht Gesagte vergleicht, so kann man sehr
kümmert etc.) iit etc. — Compos.: ferkrim- gut begreifen, wie die y garlih. grabli (grei-
pcn (rerschrumjifen etc.), — ferkrumpen (ver- 50 fcn od. Etwas mit gekrümmten Fingern um-
schrumpft, verknorpelt etc.); — inkrimpen greifen ii. .<^o festhalten u. zusammendrücken,
(einschrumpfen, sieh in sich zusammenziehen pressen etc.) in den verschiedenen dazu for-
II. kürzer od. kleiner icerden etc.); — um- mell stimmenden Wörtern auch in allerhand
krimpen (umkrümmen, umbiegen, umivenden sonstige Bedtgn. übergi)ig, ganz abgese-
etc.); — de wind krimjtd um; — upkrimpen 55 hen davon, elass die Bedtg : greifen od.
(auf- od. zusammenschrumpfen, rückwärts j^rtr/tc«, umkrümmen, mnsclilicssen gar keine
od. gegen die Sonne sich einziehen etc.) ; — ur.'<2tr. gewesen sein toird u. diese schon wie-
dat krimpd up od. tosamen; — de wind der voraussetzt, dass ein Etwas (Hand,
krimpd up (ilcr Wind kürzt sich ein, zieht Tatze, Finger etc.) sich um ein anderes Et-
sich ein, tvird rückläufig etc.) etc. — Nd., GO tvas rund herumbiegt u. krümmt, um es zu
KRIMPER KRIMPERD
365
KRINKELN
umschliessen u. zu packen u. dass also auch
biegen ii. k r ü m m e n die iirspr. BcdUj. der
y garbb, grabh gewesen sein kann.
krimpei', kriiuperd, a) Wehe, GehurLs-
loehe (cf. kniper sab c), bs. kramjtfhaftes
Zusammenziehen od. krampfhafter Schmerz
im Leibe; — b) rückläufiger Wind; — c)
ein frostiger od. leicht frierender Menscli,
auch krimphakke, kriiupkattc (od. klöiiKi-,
klönibakkc, kl8iukatte etc.) genannt.
kring, Kring, Kreis, Ring (der zugleich
auch etwas ein- u. uinschliesst), geschlosse-
ner Kreis von Menschen od. Thieren, ge-
schlossene Gesellschaft, ganz od. auch nur
halb od. iheilweise um Etwas JierumgeJien-
der Kerb od. Ei)ischititt, Rinne etc.; —
kring um de man od. süuu'; — blaue krin-
gen uui de ögen; — klingen in 't water,
de uutstäii, wen man d'r 'n st(*n inplumpsen
lett ; — wi willen d'r 'n kring um to ma-
lten od. trekken ; — lie steid miJden in de
kring; — de kring sluten od. 'n kring slu-
ten ; — is d'r nüms in dissen kriiig, de ik
kan baleu ? — in de kring fau min bekaut-
skup ; — in unse kringen lett lie sük net
sen ; — he hed kringen in de öuger od. in
de hals etc. ; — kringen in de büm od. up
de horus etc. — Nd., mnd , nid., mnld.,
nfries., dithm. kring, krink ; an., isl. kringr ;
7iorw. kring, — Es gehört zu krengeu, krin-
gr n in der Bedtg.: drehen, krümmen, eine
Curve machen od. ziehen etc., od. in der
von: drücken, pressen, zusammendrücken, zu-
sammenbiegen etc. ; s. unter krengen u. kringen.
kringel, a) Ringel, Kring; — b) Krin-
gel od. Bretzel, meistens aus einem IJoppel-
ring bestehend. — Sprichw. : „hed de diifel
all' sin dage al so 'n krum bröd sen", sä'
de junge, do et he kringeis. — Nd., nid.
kringel ti. sonst nd. auch krengel.
kringeln, ringeln; — dat kringeld sük
d'r um to ; — cf. krinkeln.
kringen, a) einen Kring od. Kreis bil-
den; — se kringen sük; — b) sich krüm-
men, lüinden od. wringen, ringen vor Schmerz ;
— he kringd sük für piii as 'n wurm. —
Zu der Bedlg. sub b cf. krengeu k. das dort
Beigebrachte, wozu hier noch engl, cringe
(zusammenziehen , krümmen , cf. krimpen ;
das Gesicht verziehen od. verzerren vor
Schmerz), cringe (sich tief beugen od. nei-
gen, sich krümmen, kriechen, schmeicheln
etc.) hinzugefügt tvird u. dann Weiteres auch
noch unter 2 klingen , krinkel etc. zu ver-
gleichen ist.
kring -wurm, Ilautauschlag od. Haut-
krankheit, welche sich in ringförmiger Ge-
stalt, kriechend loie ein Wurm , über die
betr. Stelle verbeitet , sonst auch Flechte
od. Salzfluss (herpes) genannt.
krinkol (cf. kringel), Krümmung, Ringel,
Verschlingung, falscher Knoten etc.; — 'u
krinkel in 't tau. — Nid. krinkel (Krüm-
mung, Bucht); engl, crinkle (Falte, Win-
5 dang, Bug, bogenförmige Krümmung, krum-
mer Gang) etc. cf. engl, crenkles, crengles
(Flur.) = cringk'S als Flur, von crinkle u.
von cringle (Weidenruthe zum Umschlingen
u. Befestigen von Etwas ; Stücke von 'Tauen,
10 welche an einander gesplisst werden, sodass
sie einen Ring od. einen Ringel bilden),
sodann unser krinkeln, krunkel und nd.
(Schütz e) krökel, krükkel (Falte, Bruch,
Ru)izel, gebrochene od. geknickte Blätter im
1.5 Buche etc.), ivoraus aucli, wieder hervorgeht,
dass die Stämme krik, krak, kruk, — krink,
krank, krunk, — krig, krag etc., — kring,
kräng, kriiug etc. i'on Hause aus mit ein-
ander verwandt sitid u. dann auch die
20 Stämme klik, klak etc., — klink, klank etc.,
— klig, klag etc., — kling, klang (s. unter
kraken, kreken, kröken etc., — krank etc.,
— krengeu, kringen, kring etc., — krigen
etc., — klik, klak etc., — klink, klank etc.,
25 — kling, klang clc. u. deren Weiterbildun-
gen) mit denselben von einer idg. Grdforin
garg, grag, grang od. gargh; gragh, grangh
als Weiterbildungen von gar (sonare, crepi-
tarc, clamare etc.) herstammen u. dass die
30 von diesen Stämmen tveitergebildeten Wör-
ter dieserhalb zum Theil nocli die Bedtg.
sonare, clamare, crepitare etc. behalten ha-
ben, andererseits aber aus breclien, knicken
etc. die Bedtg. : biegen, krümmen, sich dre-
35 hen und winden, sich zusammen ziehen,
schrumpfen etc. od. stürzen, fallen etc. od.
aus Spalte, Riss, Ritze etc., bz. spalten,
reissen, ritzen etc. auch die Bedtg. : kratzen
etc. u. noch viele andere Bedtgn. entwickelt
40 haben od. entlvickebi konnten, zvie dies unter
den mit den oben encähnten Stämmen zu-
sammenhängenden Wörtern weiter zu ersehen
ist. — Zu krinken als Nebenform von kringen
u. krengen in der urspr. Bedtg. : brechen,
4,5 biegen etc. cf. dazu aucli unter kröken das
nd. krükel, krükelu = krnnkel, krnnkeln.
krinkel» (cf. kringeln), ringeln, schlän-
geln, mehrfach verschlingen u. krümmen etc.,
od. auch mehrfach schlingen u. wiiiden (um
50 sich od. ein anderes Etivas herum); — de
bund krinkeld siu stert; — dat tau kria-
keld sük; — he krinkeld dat tosamen ; —
dat krinkeld sük tosamen od. um sük herum,
— sük d'r umto etc. — Nid. krinkelen, kriu-
55 gelen (ik kriukelde, heb en ben gekrinkeld),
ringeln, schlängeln, icinden, ranlcen, etc. ;
knittern etc. , cf. krunkeln ; engl, crinkle
(schiveifen, ausschweifen, ausbiegen ; uneben
u. kraus machen, falten, zerknittern), crinkle
60 (sich winden, sich schlängeln, Krümmungen
KRINKEN 366 KRITEL
machen, sich ausbuchten etc.), loozu St rat- was fasst u. hält, sodass es darnach auch
mann auch aengh crenclcn vergleicht u. dasselbe Wort ist, wie nd. (Dann eil)
was also beweiset, dass neben ags. crintjan, kripps, giipps, FassungsJcraß, Verstand od.
crincan (orcumbcre etc., s. unter krcngon) B e gr i ff etc., als das greifende u. fassende
auch ein gleiches Verb, mit der Bedtg. : hie- 5 Etwas.
gen, Tcrihnmen, flcctcre etc.) bestanden hat, kl'iselke, kriseltjo, Krümmelchen, Körn-
bz. da.^s criugan, criiicau aus brechen, chen. Geringstes etc. — Wohl ident. mit
knicken etc. einerseits die Bedtg.: stür- nid. grizeltjo von griseln = nhd. g rieseln
zen, fallen, zusammenbrechen , in die Knie in der Bedtg. : zermalmen, zerreiben etc. od.
fallen, niedersinken etc. u. andererseits auch 10 nochmaliges Dimin. von einem dem mhd.
die von: knicken, biegen, krümmen od. zu- griuzel (Körnchen etc.) entsprechenden nd.
sammenknicken etc. entwickelt haben mu.ts grisel, knse], .s. unter gnselen.
u. dass eben die letztere Bedtg. nur nicht krissPH, Lakritzen; krisseiisaft (od. sap-
.schriftlich belegt ist. kok), Lakritzensaft, eingedickter Saft des
krinken, brechen, biegen, krümmen, zu- 15 Süssholzbaumes, bz. der Wurzeln desselben,
sammenbrechen, falten etc. — Nur noch in Das spätmhd. lakerize, lokritzo enlsand aus
dem Partie, kruuken (gebrochen, geknickt, mlat. liquiricia, liqiiiritia u. dies aus griech.
gekrümmt, zusammengeknickt, zerknickt, zer- lat. glycir-rhiza, griech. glykyr-rhiza (Siiss-
knittert od. faltig, runzlig u. kraus gemacht) tüurzcl) von griech. glykys (süss) u. riza
gebrüuchlicli u. von Hause aus dasselbe ivic 20 (Wurzel).
krengcn, kringen u. «//s. cringan etc. f.s. ««- kl'ite od. ki'ite, Kreide; — rorlo krito
^er kreiigiMi) u. zunächst das Stammverb. (liöthel) ; — ^watIo lu-itc (Zeichen-Schiefer),
von krank, krinkel u. krunkel etc. — Bedensart: in de krite stän (angekreidet
Krhio od. Kryiio, nd. Name. stehen, Schulden haben); — lie steid bi liuni
kl'inte, Corinthe; ron der Stadt Corinth 25 in de krite. — Nd. krite; nid. krijt; mnld.
benannt. kryte ; ahd. crida; vdid. kride. Mit ital.
krinte- od. krinteii-bfird, (scher zh.), Aus- CYHA;s2)an.,port.(frQ\\si\ franz. cvA\c(Kreide)>
schlag um den Mund, wobei die bekrusteten craynn (Stück Kreide) aus lat. creta, Krdc
Pusteln den Corinthen ähnlich sehen u. da- von der Insel Kreta, welche die Römer
mit verglichen werden. 30 zum Weissen der Kleider u. zum Schmin-
ki'inte - kakkpi' (Corinthen - Scheisscr), ken gebrauchten. Die Insel Kr eta (griech.
(scherzh.), kleinlicher, ängstlicher, cngherzi- krete) heisst jetzt Candia u. wird dieser
ger Mensch, Kleinigkeitskrämer, Geizhals. Name wohl mit cando, candeo, candidns zu-
kriiitcn-inuskPn, kleines Weissbrod mit sammenhängen , sodass sie diesen Namen
Corinthen. — Zu müskeii, cf. möskc (Zc)'- 35 von der loeissen Farbe ihrer Kreidefel-
Ideincrtcs, Schuft etc.). sen hat. Möglicherweise kann der Name
kriiit-imffert, Mchlpudding mit Corinthen. Candia (d)er auch, ebenso wie kandi mit der
kriiit-stiito, Corinthcnstollen. ]/ kliand, khad (brechen, bersten, springen,
ki'iiileii ; /. q. das zweite karjolon. spalten, reissen etc.) zusam)nenhängen u.
kripse? — Bedensart: en bi de kripse 40 diese Insel davon so benan)d sein, weil sie
(od. krage, wikkel, slalitje, nal(ke, kantslia- ein stark zerklüftetes Gestade hat, od. viel-
ken etc.) krigen (Einen bei dem Kragen etc. fach zerklüftet u. zerrissen ist. Ist dies
fassen). — TJ7c kans-, od. kantshaken (d. i. Letztere tvirklich der Kall, so würde auch
kantes-, od. Seiten- Ifaken), fig. im Sinne von der Name Kreta sich vielleicht mit griech.
Arme als die greifenden u. fassenden Sei- 45 (ef. Fick, I, 239, Sil u. 812 etc.) kritos
ten-Ectr emitäten gebraucht wird u. „en bi (ausgeschieden, getrennt von etc.), krites
de kansliaken krigen" .'ioriel heisst als „Ei- (Scheider, Entscheider), krisis (Trennung,
neu bei den Armen od. Scitcn-E.ctrcmitäten Scheidung etc.), krinö (scheiden, trennen,
fassen", so tvird für kripse demnach auch aus- u. entscheiden etc.) etc. u. lat. cerno,
wohl eine ähnliche Bedtg., wie für kans- 50 certus, cretus etc. von der }/ skar (spalten,
haken, anzunehmen sein. Das nach Scham- schneiden, scheiden, trennen, reissen etc.)
hach (vcrgl. daselbst pag. GS: en 'n bin cd/leiten lassen, wovon neben Scheerc,
gripse krigen) für gripse stehende kripse scheeren etc. auch das an. sker (Klippe,
gehört daher mit gripsen (rasch zugreifen), Klippen-Insel) stammt, bz. die Scheeren
sowie unser grajjs (Griff; greifende Hand) 55 genannten schwcd. Felseninseln ihren Na-
u. grapsen (cf. grappen) zu gripen (greifen, men haben.
fassen) u. bezeichnet kripse, gripse einer- kl'ilel, krittlich, gereizt, empfindlich, streit-
seits ein greifendes n. fassendes Et- süchtig etc.; — be is so foi'dAmd kritel, dat
tvas, andererseits aber auch ein Etwas (cf man liäst gön wörd scggen diird , of 't is
Griff -= Handhabe etc.), woran man Et- 00 ferkerd ; s. vnter kriddeln das Weitere.
KRiTEN
U1
KROBDE
1. ki'iten, h-ciden; — lie krttd hum au;
— lie liod hum ankntd. — Zu krite.
2. ki'itcu od. kl'ifen (kritc od. krit, krittst,
kritt etc. ; — kret, kretst, krrt etc. ; — kril-
ten), schreien, heulen, krciscJieii, laut wei-
nen, jammern, Iclagen etc. ; — he kritt für
])iu; — he kritt um sin fader; — he kret
as 'n kind; — dat kind sügt to bekriUeii
(vermeint) iit. — Sprichw. : kriten holpt net,
de büksen mut of; — liid gokrilten, is bold
fergäten. — Nd. (Br. Wh.) kriten u.
(S c h amh a e h) kreiten (sanken); mnd. kri-
ten; nid. krijten ; mnld., mfläni. criten, kri-
ten, kryten ; mhd. krizen (scharf schreien,
kreischen, stöhnen). — Es ist dasselbe Wort
wie mhd. (Lexe r) krizen (ritzen, eine Kreis-
linie machen; kratzen) u. der Stamm krit,
ahd. kriz, ebenso tvie krat, ahd. kraz nrspr. ein
Schallstamm, worüber Weiteres unter krat-
sen (cf. auch 1 kräte, kreis, kriddeln etc.)
zu vcrfjleichen ist. — Von kritan, ahd. kri-
zan (sonare , crcpitare , clamare) stammen
ausser nhd. K reis auch nhd. k r eise n
od. kr ei SS en (in Geburtswehen stöhnen n.
schreien) u. k r eis che n, Gekreisch etc.,
soivie loeiter auch kritzeln (mhd. krizehi)
u. Gekritzel etc. loelch letztere Wörter
sich von Hause ans blos auf das scharfe
Geräusch beziehen, tvelches durch das Kratzen
mit einem spitzen Etwas (Griffel, Nagel etc.)
auf einer Schiefertafel od. einem ähnlichen
harten Gegenstand entsteht.
krits, Ablaut von krats. Buher: krits-
krats od. nid. kris-kras ; nhd. Kritz-Kralz.
Davon :
krits - kratsen, kratzend kritzeln oder
kritzelnd kratzen, kratzend u. kreischend
gleiten , — ■ de kinder kritskratsen mit hör
schöfels up 't IS herum ; — dat kritskratsd
all' dör 'n ander un um 'n ander lierum. —
Nid. kris-krassen.
ki'it-, krite-süp, scharf od. beissend sauer,
herbsauer, so sauer dass es den Mund zu-
sammenzieht, wie z. B. sehr starker Essig,
unreife Pflaumen etc. — Stbg. denkt da-
bei an kriten (loeinen). Es hcit aber dieses
Compos. ivahrscheinl. tveder mit kriten (wei-
nen etc.) , noch mit kriten = mhd. krizen
(ritzen, kratzen) etwas gemein, da es ivohl
eher ein von krit-siir, idd. krijt-zuur, nhd.
Kreide- od. Kreiden-Säure (Kohlensäure
aus Kreide gewonnen) gehildetes Adj. ist,
zumal da unser sür u. nid. zuur sowohl die
Bedtg. „Säure" als „sauer" hat.
1. krodde od. (seltener) kriidde, a) eine
Art Hederich u. dasselbe wie krök u. kid-
dik sub b ; — b) Spikgel ; — c) die von
den Grashalmen abgelösten Aehrentheile od.
Blüthenköpfe des getrockneten Heues, nebst
den darin enthaltenen Samenkörnern der
betr. Gräser, auch heukrodde genannt. —
krodde steht für älteres krode, krude u. ist
loahrscheinl. Weiterbildung von krüd (Kraut,
Grü)ies) , tüonach krode , krodde soviel als
5 Kraut-Zeug (od. Etwas loas zum Kr aut
gehört u. von Kraut ist u. stammt) od.
Grünzeug, Gras zeug etc. bedeutet. —
Nid. krodde (dasselbe tvie sub a, cf. van
D a le, W e i l a n d etc.) ; nach Anderen aber
10 auch Bart- od. Bauh- Hafer. Der
Form ivegen vergl. auch das von nd. krüd,
nhd. Krut (Kraut, cf. Grimm, Wb.) ab-
stammende nd. (Dähnert) krude (gestickte
Blumen u. Kräuterioerk auf Kleidungs-
15 stücken) u. krüde (ausgekochter Saft aus
Früchten, Gewürz) u. dann weiter auch
2 krodde etc. Sodann sei noch wegen des
von Stbg. zu diesem krodde angezogenen
nid. kroot bemerkt, dass dieses Wort in den
20 verschiedenen Wörterbüchern (v.Dale) mit
beetwortel od. „rothe Rübe" übersetzt tvird
u. )iach Weiland lediglich ein Contract.
von karoot (Carotte) ist, also mit krodde
nichts gemein hat.
25 Zum Schlüsse sei übrigens noch bemerkt,
dass dieses krodde als allgemeine Bezeich-
nung für das lästige u. schwer zu vertil-
gende Unkraut (wie das krodde od. kiddik
genannte Unkraut bekanntlich ist) auch mit
30 nhd. Krot (Belästigung etc.) zu krodeu in
der ursjjr. Bedtg. gehören kann, ivorüber
Weiteres unter kroden zu vergleichen ist.
2. krodde u. (seltener) kroddig, hübsch
frisirt u. ge.'itriegelt, hübsch geschmückt, ge-
35 2^11't^i (^if^- od. auch: schmuck, elegant, hübsch,
schön, zierlich; geziert, stutzerhaft etc. u.
subst. (d. h. krodde) auch: Elegant, Stutzer
etc.; — sin här steid so krodde (hübsch
frisirt od. gekräuselt u. lockig, hübsch
40 gekämmt u. schmuck etc.) ; — krod' här
(Jiübsches, lockiges, krauses, tcolligtes od.
schmuckes Haar) ; — 'n krodden höd od.
rok etc. (ein hübscher glatt gebürsteter, schö-
ner Hut etc.) ; — he is fan dage so krodde
45 (gestriegelt, geschmückt u. geputzt etc., bz.
schmuck, hübsch u. elegant gekleidet xi. fri-
sirt etc.), as wen he up freersfoten geid, od.
as wen 't sin geburtsdag is ; — he is 'n krod-
den (schmucker, hübscher, eleganter, zierli-
50 eher etc.) fent od. kerel ; — 'n krod' wicht
(ein schmuckes, hübsches etc. Mädchen); —
de höd sitt hum so krod' (elegant, stutzer-
haft etc.) up de kop ; — he dragt un kledt
sük so krod', as en , de anders niks in de
55 weit to dön hed , as sük möi to maken un
bl de strate herum to giingeln ; — he word
wo older, wo krodder; — wo krodder, wo
krüser ; — hö löpd d'r uog so krod' (ele-
gant IL stutzerhaft , bz. selbstbewusst, stolz,
60 gerade aufgerichtet, muthig etc.) hen, as 'n
KRODDIG KROEDDIG
368
KRODEN KRÜDEN
jungen fent fan twintig jaren ; — he is 'n
lütjeii kroiUle od. 'u rcjiten Jan-krodde (Jo-
liann-SlHt:er, Johann- Eleyant). — Da auch
kiiUli^' (kräuti(j, (icwiirzi() etc.) ii. das zweite
kriidig wohl dieselben }Vörtcr sind, so könnte
auch dieses krodde od. kroddig mit knul
(Kraut, (Ti-iines, Gewürz etc.) connex sein
od. dies für krude (cf. Itei Dähncrt krude,
(jestickte JUuine u. Kräuterwerk) stehende
kiodde vielleicht mit dem Verb, kriideu in
der ßcdtg. : Kraut n. Grünes holen od.
machen woran, sich schmücken mit Kr((ut
od. Grün wie ein Geburtstagskind (cf. nhd.
krauten in der Bedtg. Kraut holen
etc. u. in der von würzen = Kraut od.
Gewürz machen xcoran, schmackhaft u.
lecker machen) zusammenhängen.
Sollte dieses krodde iibrigens nicht mit
krüd od. kriidiMi c())inc.r seilt , .so würde es
gleichfalls ebenso wie 1 krodde mit ki'oden
t'tc. zusammenliängen können u. ist darüber
noch Weiteres unter krodeu zu vergleichen.
1. ki'oddi^', kröddi;,', mit Hederich od.
Sjiörgel (s. 1 krodde sab a u. h) verunrei-
nigt, bz. behaftet od. be- u. durchstunden
mit diesem Unkraut; — 'n kroddig stiik
land; — 'n kroddig stiik haf^'r.
2. ki'oddi^. s. 2 krodde.
krödeii, kriideu u. ((f. röjrii, schröien etr.)
krilieii, ki-üljeii, kriiijen, schieben, weg-
schieben, verschieben, nach dem Winde dre-
hen u. richten, drehen, umdrehen, versetzen
etc.; — törf na 't sehip lien krüden; — lie
krödt (od. krOid) de törf mit de kroikare
(Schubkarren) in 't scliip; — krßie dat fat
iifen na de Sil heu, man du must 't up de
michelkarc (grosse Karre) leggeii, den de
andere kare is d'r to swak un min to, um
d'r so 'n swär fat mit wog to brengen; —
de niolen kroien (die Mühle mittelst der
krui-asse verschieben o l. drehen u. nach dem
Winde richten); — de mölen krPiid (die
Mühle verschiebt sieh od. dreht sich etc.);
— de wind fangd an to krßien od. kroid
sük (der Wind fängt an sich zu drehen,
od. zu versetzen, verschieben etc., bz. er dreltt
II. verschiebt sich) ; — krOio (schiebe) de
wagen äfun iit, dat d'r wat bot in de schür
kumd. — Compos.: ferkröden, ferkrAien, um-
krHien etc. — Nid. kruien, kruljon (krooi,
hfl) gekrooijeu od. krood, heb gekroden),
karren, im Schubkarren schieben od. fort-
führen u. toegbringcn, treiben, aufeinander
schieben, forttreiben, sich fortbewegen, in
Fluss od. in Bewegung kommen (vom Eise,
wenn es im Frühling aufbricht) ; mnld. kro-
den (cf. krodewaghen =: kruywaghen bei
KU.) od. croden, cruden, später kruij n,
kruyden (trudere, protrudere, pellere, pro-
pellere) u. krdyen (protrudere cnrriculimi,
vectare, subvectare) ; wfries. (Jap ix) kroad-
jen (sjouwen [d. i. schwer tragen od. ziehen
u. schleppen etc., cf. sj.uien], voeren , vcr-
voeren, overvoeren ; op zieh nemen, zieh be-
5 Insten waarmede, dragen) ; nfrics. (() atzen,
s. unter krage) krocii», krodje, kroje, kraaje,
krage; süddän. kraade (drängen, antreiben,
nidhigcn) ; ags. creödaii, cröod, crodun, cru-
den (pelli, pellere ; promi, premere, od. nach
10 IL Leo: concurrere, condensare); aengl.
(•rüden (pellere, trudere); engl, ciowd (drän-
gen, pressen, zusammendrängen, vollmachen,
voll stopfen, anfüllen, überfüllen) u. crowd
(sich drängeti u. slossen ; sich in Bienge ver-
15 sammeln, wimmeln od. voll sein etc.); mnd.
kroden ; kruden, croeden, Druck, Last od.
Beschwerde machen (sich od. einem Andern),
belästigen (Jemanden), zu sciiaffcn machen,
hindern; sich belasten u. beschweren od. be-
20 fa.^sen womit, sich kümmern ii. sorgen iim ;
eine Person od. Sache in Ansj)ruch nehmen,
bz. sie womit belasten u. beauftragen od. be-
helligen, Anspruch u. Klage erheben etc.;
nd. (Br. W b.) sik kriiden, krüen, bekrüen
25 (.s/c7t bemühen womit u. worum, sich eines
annehmen etc.); mhd. (L e .v e r) kroti^n, krO-
ten, kruden (einem Etwas od. Jemandem
Druck u. Last machen, belästigen, bedrän-
gen, hindern; sich selbst Druck u. ImsI
30 machen u. auflegen, sich womit belasten u.
bebürden, sich einer Sache annehmen, sich
bekümmern um Etwas, Sorge tragen um u.
für Etwas). Weitere Formen als krotteu,
krütteu, krudden u. (mit i für ü) kritten,
35 kridden (cf. auch wfries. kritsjen 7teben kro-
adjen = nid. kruyen, bz. älteres kruyden,
kroden, kruden bei Jap ix), s. bei Hilde-
brand (Grimm, Wb.) unter kroten.
Hildebrand (cf. G r i m m , Wb. V,
40 241^ unter Krot) nimmt an, dass unser
kroden, kruion soviel als „angestrengt schie-
ben" bedeute, obgleich es ganz klar ist, dass
die Bedtg n . : s chi ebe n od. fortbewe-
g e n , bz. b e weg e n u. d r e h c n ol. ric h-
•15 ten wohin etc. sich ebenso wie beim mnld.
kruyen , kruyden aus der nrsjn'. Bedtg. :
d r äuge n , d r ü c k e n u. stos s e n ent-
wickelte, bz. dass die Bedtg. trudere u. pel-
lere or/. protrudere etc. aus drängen (wozu
50 od. icohin, fort etc. , cf. er drängt od. nö-
ihigt u. treibt ihn dazu) entstand, während
an dererseits die Bedtg. d r ä n g e n, d r ü cken,
pressen etc. xvieder in die von: Drang,
Druck u. Jjast od. Noth it. Mühe machen
55 (einem Etwas od. Jemandem, bz. sich selbst)
etc. überging u. dann hieraus wieder die
von: (Jemanden od. sich) belästigen u. Last
machen, (Einen od. sich) belasten od bebür-
den n. beauftragen (womit) etc. etc. ent-
GO stand. Dass nun aber das zu diesem Verb.:
KRÖDER KROETER
B69
KROG
ags. creödan, as. (kriidan), alul. (chrütan,
chrötan etc.) gehörende Subst.: agn. crod,
croda, mnd, krodde, kriuldo od. krod, krud,
mild, krot etc. sowohl die Bedtg. : Gedränge,
Gewimmel etc. od. Zusammengedrängtes
(Hanfe, Menge, Schaar etc.), als auch die
von: Drang, Drucl-, Pressung, Bedrängung,
Belästigung, Schädigung etc., od. : Bedräng-
niss, Sorge, Kummer, Noth, Verdruss, Aer-
ger etc. hat, ist nicht befremdend u. da
drängen u. drücken ja id)erhaupt auch. = be-
lästigen etc. ist, so kann auch unser 1 krodde,
da es ein so lästiges u. schiver zu vertilgen-
des, sehr scliädliches Unkraut ist, sehr gut
mit dem md. krodde cu creödan, od. krüdan
etc. in der Bedtg. : Besehwerde, Last u. JSfofh
machen, belästigen etc. gehören. Vergleicht
man nun aber weiter, dass drängen od.
drücken, pressen , bz. z u s a m m en-
d r ä ngen u. dr ü cken auch wieder in die
von: beengen, einengen od. klemmen etc.
übergeht u. dass das Adj. drang mit enge,
beengt od. knapp si/n. ist, so würde sich
beim Vergleich unsers knap in der Bedtg. :
hübsch, nett, sauber, tvohlgeordnet n. auch
unser 2 krodde u. kroddiij', sowie vielleicht
auch 2 krüdig besser zu diesem alten krü-
den stellen lassen cds zu krfid (Kraut) od.
krüden (krauten) , worüber noch Weiteres
unter 2 krüdig verglichen iverdcn mag.
Wegen der }/ krud von ags. creödan, bz.
knidan sei bemerkt, dass dafür ein idg.
Thema gurdh, grudli als Ablaut von gardh,
gradh, grandh anzusetzen ist, das jedenfalls
formell hiezu besser stimmt, als zu nhd.
G u r t, Gürtel, gürten (cf. görde, gürden) etc.
dessen Bedtg. : tvmgeben, nm- u. einscltlics-
sen, umfassen etc. leicht in die von : zusani-
menfassen, zusammendrücken, ptr essen etc.
übergehen konnte.
krod er, kroier, kröijer, Schieber, Kärr-
ner; — törfkroder, Person die den Torf
schiebt od. ins Schiff karret.
krög, Krug, d. i. kleines Wirthshaus od.
Schenke auf dem Lande; — he sitt alle
afend bit in de nagt lienin in de krog; —
grote-, liitje-, lutsliörger-krög (div. Schenken
in hiesiger Umgegend).— Nd.kvoog,kra\g;
mnd. kroch , krfich , krögh ; nid. kroeg
(Schenke); mnld. kroegh, krogh (soria, se-
riola, amphora, dolinm iictile ; taberna cere-
visiaria aiit vinaria), kroegh (Topf od. Ge-
fäss für gedämpfte od. gelöschte Kohlen) ;
mfläm. kroech (irdener Buttertopf) ; afries.
krocha, crocha (irdenes Kohlengefäss, Koh-
lentopf); nfries. krog, kraag; wanq. (Ehren-
traut, I, 377 H. 198) krog (Hafen, Topf)
u. krauch ; satl. krüg, kruche (Schenke, klei-
nes Wirthshaus) ; ahd. kruog, cruag, kruag,
chruag, chruac, crög, croc ; mhd. krnoc (Krug,
J. ten Doornkaat Koolman. Wörterbnch, II,
higena, amphora). — Ich stelle hier die obi-
gen beiden begrifflich v er seh i ede-
nen Wörter zusammot u. füge ihnen auch
'noch das ditlim. (Schütze, II, 35H) krnog
f) (mit einem Wall, Graben od. Zaun umge-
benes Stück Land) ; mnd. (Seh. u. L.) kroch
(Stück Land) hinzu, da alle drei Wörter
wahrscheinlich einerlei Ursjjrungs sind. Ver-
gleicht man nämlich tinserhdk u. hürn (Ecke,
10 Winkel; Gegend, Landstrich etc.), buk (klei-
ner Verschlag, kleines Gelass, abgepferchter
Stall etc.), winke! (Winkel, Ecke, Verschlag,
Laden zum Verkauf, Kramladen, Schank-
laden etc.) u. höker (Kleinkrämer =^ nid.
15 winkelier) «. äke (kleines Stück Land od.
wahrscheinlich eine Ecke Land) u. dazu
weiter isl. krö (Hütte; Ecke, Winkel; Ge-
häge, Koben etc.; Beule od. rundliche An-
scliwellung, Höcker etc.; Verschlag od. La-
20 den zum Verkauf u. Ausschank von Geträn-
ken od. Schenke etc., caupona), krä (Haus-
ecke, Ecke in einem Hause); norw. kraa,
krö (dasselbe); dän. kro (Schenke, Krug,
Herberge), so lassen sich alle drei obigen
25 Wörter leicht zusammen von einem urspr.
Verb, kragan, kruog, krög, krugun mit der
Bedtg.: brechen, knicken, biegen, krümmen,
wölben, icinden, drehen, flechten, wickeln (bz.
umivinden, 'umwickeln, umgürten, krümmend
30 u. biegend umgeben u. umschliessen, cingere
etc.) ableiten, da tvohl auch Krug als ir-
denes Gefäss auf die Bedtg. : krümmen, biegen,
wölben, ausbauchen, rundlich gebogen, formen
etc. zurückgeht n. entweder ein rundlich
B5 gebog en es, b a u c h ig e s, r u n dl ich g e-
formtes Gefäss, od. ein Gefäss mit rund-
lich gebogenem Bauche u. Halse (cf. auch
krdkc) bezeichnet, währendkrog als Schenke
ebenso tote isl. u. dän. krö od. kro in der
40 Bedtg. Schenke etc. urspr. die Bedtg.:
Ecke, Winkel, od. Biegung, Krümmung,
Knick n. so auch Hausecke od. Verschlag
etc. (cf. unser huk u. hök, nebst nhd. Höcker
von der J/ kuk , biegen, krümmen, wölben
45 etc. als Nebenform von kak, cingere od.
zcrspr. biegen, krümmen, rundlich formen
u. umziehen etc., wovon auch kakud f Gipfel,
Kuppe] u. kakra fRad, Kreis etc.] u. lat.
cingere etc.) hatte, ebenso tvie unser winkel
50 in der Bedtg. Verkaufsladen etc. u.
endlich das mnd. kroch (Stück Land) u.
dithm. krög (mit einem Wall, Graben od.
Zaun umgebenes Stück Land) entweder urspr.
wie unser bök, hiU'n u. örd eine Gegend od.
55 einen Landstrich, od. eine Landerke, Ecke
od. Stück Land bezeichnet, od. als einge-
friedigtes Stück Land auf die aus biegen,
krümmen, rundlich umgeben u. umziehen
entstandene Bedtg. cingere od. circumein-
60 gere zurückgeht. Ob nun aber isl, norw.
24
kilOG 3^0 KROElv
krö, kra u. dän. krö für älteres krog steht kroßer, kl'll^er, Krüger, Krugwirth. —
tt. auch isl. krOa (circnmcingere, circimisf- krogerske, Krugwirthin.
piie, incliuloro) aus urspr. kiOga entstand, kröscr-döl'us , Schenlstube eines Krug-
n-as nach ist. krügi (infans fasciis involutus, ivirths.
Wickel- od. Windel-Kind, od. Kind was 5 ki'oien, ki'oicr, s. krodon, kroder.
itocfi in Bündeln eingewickelt ist) fast an- kl'oi-kare, Schieb- od. Schubkarre,
zunehmen ist, lasse ich dahingestellt sein u. kl'i)i-\va^eii, Schiebwagen, JLindwagen od.
will ich )nir noch bemerken, dass ein altes grösserer Handkarren zum Wegbringen
Verb, kragau, kruog, krug (brechen, biegen, schtoererer Sachen etc. — Nid. kniiwageu
krümmen) ebenso wie ein altes kvigiin, krag 10 (Handkarren); mnld. krodc-, kruywagheu
». kringan, kräng mit krcngcn, kringon ». (vchiculnm trusatilo); holst. (S ch üt z e, II,
krigon etc. (s. unter diesen \Vörtcr)i am :):ii>) krüwagcu (grosser Schiebkarren).
Schlüsse) von einer t(. derselben y abgelei- krök ; /. q. Iciodde sub a u. kiddik sub h.
tet werden muss u. dass zu kreiigoii, krin- — Das nid. Icrok (schnadblättrige Wicke,
gou in der Bedtg.: biegen, krümmen etc. 15 kleine Wicke, rauhe Wicke), mnld. krock
auch isl. kriingr, norw. krugg (gibbor, gibba, (aractis, vitium fnunonti) ist wie nhd. Kracke
Puckel, Höcker etc.; kruminrückig od. gc- (Vogelwickc) das entlehnte lat. cracca u. hat
bogen im lUicken, krumm, puckelig etc.) unser livdk damit nichts gemein, sofern nicht
gehört. krok auch cds vitium fninienti aufgcfasst ist
Zum Schlüsse sei zu nhd. Krug (urceus, 20 u. dann krök für krok steht, in ivelch lelz-
amphora etc.) «wc/< bemerkt, dass 0. Schade ierem Fall es aber auch mit krök (Mayigel
das alid. kniog etc. mit afries. krocha, od. Nachtheil etc.) ident. sein kann, da die-
nfries. krog; mjUim. kroecli etc. u. unscrm ses für älteres ki'ok od. kroke steht ti. zu
kriikc, sowie franz. cruclie, alt cruyc ; gase. krökoii gehört.
criiga , prov. criigO etc. von kelt., kgmr. crwc 25 krök, Mangel, Entbehrung, Noth, Jlun-
(Eimer) ableitet, was Diez (II, ^GO) als ger u. Kummer etc.; Nachtheil, Schaden,
ein gerundetes Gefäss bezeichnet u. 2vobei Verlust etc. ; Bruch, Knick, Zusammenbruch,
er bemerkt, dass das ahd. criioc, crög u. Sturz, Fall etc.; — ht; hcd al lauk krök
((fries. kroclia, ags. crocca (s. unter kruke) (od. gobrek etc.) lüden , darum siigt he ök
u. churw. cruog, hruog weiter davon absteht 30 so elend un krank iit; — he nuit nog erst
u. wozu hier noch bemerkt sei, dass O. krök liden, er he sin stolte kop bugen lerd ;
Schade unter cdul. kruog auch ein an. — de kmder liden krök, si" kiigen 's niid-
krOkr u. dän. krog mit aufführt, als ob dägs uiks ördendliks in de michel (Magen);
dies dieselben Wörter sind ivie cüid. kruog. — he licd krök (Schaden, Nachtheil, Ver-
Da nun aber an. krökr von Mob ins mit 35 lud etc.) bi hum laden; — dat deid hum de
Win k el. Ecke etc. übersetzt wird u. auch krök (ad. knik etc.) an, dat he so dül spe-
dün. krog nebe7i Wi)ikel, Ecke (od. kulei'd hed ; — hö hed hum de krök (od.
Knick, Biegung, Krümmung etc) die Be- knik) andän (er hat ihn geschäftlich gestürzt
dtg. : Haken, Kröpfe, Krampe od. gekrümm- u. ruinirt od. zu Grunde gerichtet); — he
tes u. gebogenes Etwas hat ». mit unserm 40 hed sük anders nog al tak holden, man de
krök M. kröken (womit auch kruke zweifei- död fan sin öntsigste sön de hed hum de
los conncx ist) zusamme)ihängt, so müsste, krök audän (hat ihn geknickt t«. gebrochen
falls an. krökr etc. wirklich auch dieselbe od. ihn getödtet, ihm den letzten Best gege-
liedtg. wie das ahd. kruog angenommen ben). — Es gehört su krÖken (brechen etc.)
hätte, diese Bedtg. sich auch aus der von 45 «• ergeben sich die verschiedenen Bedtgn.
krummes u. gebogenes Ettvas etc. entwickelt von selbst aus brechen, gebrochen etc. od.
haben. Das kgmr. crwc (Eimer) betr., so aus Bruch, Knick etc. Wie kröken für
tvird dies wohl zweifellos auch ein bau- kroken, so steht auch krök ^= nid. kreuk
chigtes od. rundliches Etwas bezeich- (Knick, Falte, Runzel, Fehler, Gebrechen,
net haben u. demnach auch auf die Bedtg.: 50 Schandfleck) für krook u. ist demnach un-
Itrechen od. biegen, krümmen etc. zurückge- ser krOk von Hause aus mit mnld. kroke,
hen u. da es jedenfalls nicht älter ist, als krooke (fle.xus, Hexura, curvatura, plicatiira,
das germ., ahd. cruoz od. das ags. crocca ruga ; ciucinnus); mnd. kroke, krake, (Di-
ctc, so ka)in man es ivohl unbedenklich mit min.) krokcle, krakele; nd. krökel, krükel
kruke als aus derselben Grdform hervorgc- 55 (Falte, Bruch, liunzel etc.), Adj. krükelig,
gangen ansehoi. — Wegen der Bedtg.: krukelig, kriikklig (faltig, runzlig, knitterig
krummes od. gebogenes u. so auch geioölbtes, etc.); ndrhein. Kröchet (ruga); aengl.
rundliches u. hohles Etwas vergl. auch lat. kroke, kiöke (cincinnus), sowie lociter auch
cavus u. cavea, sowie auch unser 2 kiif am mit aengl. crük (unciis ; pedum ; falx; frans);
Schlüsse, 00 engl, crook (Krümmung ; jedes gekrümmte
KROEKEN 371 KROJEME KROEM
WerJczeitg ; Haken, Sehürhaken; Jlirtcttstah; hriimmeii, gehofjen u. krumm sein); scliott.
Galgen; Kunstgriff; Teufel); scJiott. crook (Jamieson) crook (einen JImiveg od. eine
(a halt = Halt oder richtiger: Umweg, Abschweifung u. einen Aufenthalt im Gehen
Aufenthalt etc., s. icnlen das isl. krökr u. od. auf einem Spaziergang machen); an.,
schott. crook unter kiöken); ((n. krökr 5 isl. kroka od. kröka (krümmen, beugen etc.)
(Krümmung etc. od. Knick, Biegung etc., u. krokna od. krökna (sich krümmen u. zu-
Winkel, Ecke etc.; Haken etc., cf. kroka- sammenziehen, kr impfen etc.); an. kroekja
spjot, Hakenspiess ; kröksvida, Stange od. (krümmen, krumm machen, umkrümmen, ha-
Stock mit einem Haken); isl. krOkr (iincus, ken, einhaken, umhaken etc.); norm, kroka
unciniis; angulus; diverticiiliim viac, itineris 10 (einen krummen Gang gehen, viele Wen-
flectio = Abweg, Umweg od. dän. la-iagel- düngen u. Drehungen machen; eine Sache
krog (ansa; flexio, flexura); norio., schwed. krümmen u. verdrehen, einen Haken setzen
krok ; dän. krog (Haken, Angel; Kr um- auf); kroka (sich zusammenbiegen u. krüm-
mung, Biegung, Umweg; Stockpjlug , od. men, den Bücken krümmen etc.; provinz.
Hakenjiflug ?) ; kymr. crög; franz., prov., 15 dttc/t krokeu, krokna, kriika) ; ,sc7iwef7. kroka
chw. croc (Haken, cf. Diez, 11,259) wohl (einen Umiveg machen od. gehen; Umschiveife
ein u. dasselbe Wort, da hiefür wohl ein zu machen), kröka (krümmen, krumm biegen ;
kroken od. krökca (cf. krökeii) gehörendes abbiegen od. Abdrehen vom Wege) ; dän.
Thema kroka od. kröka (Bruch, Knick, kroge (krümmen, krumm machen) u. kröge
Biegung, Krümmung etc. etc.) anzusetzen 20 (krümmen, biegen). — Anstatt dieses Verb,
ist. cf. auch krükke, kriikkeln etc. mit dem von M. Kr am er aufgeführten
krökeii (fig.) , brechen , knicken , biegen, k r öchen (ein tvenig zerbrechen od. zer-
krümmen, beugen, drücken, unterdrücken, stossen) von einem Stamm krok od. kruk
Unrecht thun, kränken etc.; — he krökd (Bruch, Miss, Spalt od. urspr. crepitus, fra-
(beugt u. krümmt) dat regt; — he krökd 25 gor etc.) als Ablaut von krik u. krak (cf.
de armen (er beugt od. drückt, unterdrückt, dieses bei Hildebrand in Grimm, Wb.
od. schädigt benachtheiligt die Armen, er unter kröchen u. dem zweiten Krock)
thut ihnen Unrecht etc. an); — dat krökd abzuleiten, glaube ich eher, dass man es mit
hum (das knickt ihn, od. das beugt u. drückt den unter krök angeführten Wörtern wegen
ihn nieder, od. auch: das kränkt ihn etc.); 30 des anscheinend urspr. langen ö besser von
— dat kan mi net kröken (niederbeugen, einem Stamm krök, ahd. cruoch, als dem
den Muth verlieren machen etc. , od. auch : Präter. von krakan (krachen etc., cf. kraken)
nicht kränken u. keinen Kummer machen ableitet, ivobei dann ebenso ivie bei knik u.
etc.). — Nid. kreuken, (mdartl. u. fläm.) koak od. knikken die Bedtg. des schon ge-
kroken (brechen, knicken, beugen, knittern, 35 schehenen u. vollendeten Brtiches od. Knickes
zerknittern, zerknüllen, Brüche, Falten u. in die von: Bruch u. Knick machen
Bunzeln machen worin ; fig. : knicken, krüm- od. die active Bedtg. : brechen , knicken,
men, beugen etc.; sich unterwerfen, ergeben krümmen, biegen etc. od. knittern, zer-
etc.) ; — het gekreukte od. gekrookte riet knittern, kraus machen etc., bz. falten,
(das geknickte od. gebrochene Bohr od. 40 runzeln etc. überging u. davon auch das
Biet) ; — het regt kreuken ; — zijn mood für krök u. die dazu angeführten Wörter
is gekreukt (sein Muth ist gebrochen, od. angenommene Thema kröka die Bedtg. :
geknickt etc.) ; — zijne eer is gekreukt ^mne Bruch-, Knick- od. Winkel- Zustand od.
Elire ist geschädigt od. beschmutzt, in den Gegenstand erhielt, od. ein Etwas bezeichnete,
Staub getreten etc., bz. gekränkt u. beleidigt 45 ivas bereits g ebrochen , ge k n ickt, g e-
etc); — met gekrcukter knie (mit gcboge- beugt, g ekrümmt, gebogen etc. war
nem od. geknicktem Knie); — zij krenkten u. also sowohl einen vollendeten u. bereits
(beugten od. unterwarfen u. ergaben sich) gemachtenBruch od. Knick (Biegung, Krüm-
op de eerste opeisch ; — de rauts is gekreukt mung, Falte, Runzel etc.) od. auch ein ge-
(die Mütze od. Haube ist zerknittert etc.) ; — 50 bogenes u. gekrümmtes Etwas (einen Haken,
mnld., mfläm. kroken, verkroken (quassare, od. eine Ecke, Winkel, Umiveg) etc. be-
rumpere, frangere), kroken (plicare, curvare, zeichnen konnte.
flectere, rugare, striare); w?»f?. kroken (run- krol, s. krul.
zeln), daher nd. (Br. Wb.) krüke], krökel kröme, kröm (Dimin. krBmke) Krume,
(Falte, Bunzel = krunkel), krükelig (runz- 55 Brocken, Kleinigkeit, Geringstes; — d'r is
lig, knitterig, kraus etc.), kriikeln = krün- gen kr8m aferbläfen; — hei nich 'n krßm
kein etc.; acngl. (Stratmann) crökin, äten (of 'n kröm drinken, 'n kr8m her etc.)
später (cf. KU.) cvok(t\\\ engl, crook (krüm- för mi? — gen kröm kan de olde gitserd
men, krumm biegen, beugen, schweifen ; vom misten. — Sp)richw. : krömen (od. krömkes)
rechten Wege ableiten etc.) u. crook (sich 00 raaken broden. — Kd. (Br. Wb.) kröme,
24*
KROEMEN
37^
KRONS-BEJE
(Schambach) kraumc; mnd. krome; nid
kriiim; vmld. kruyine (medulla panis, mica);
md. krunio ; ags. crnnic; (wnf/l. cninio, rrniiio;
etiffl. cruin, cruinl». — J'Js bczeicluict ei» ccr-
dniektrs, zerquctschtis, ccrmolintcs Etwas, 5
Itz. das was durch IJriicIcoi, Zusammen-
dritcl-oi, J'nssoi etc. entsteht u. gehört es
denuiach mit kroimiio ». krimmoln otc. c»
kriminan, kriman , kram, kriini . kninuii
(drücken, zusanuuendrücke)) etc.), 10
kröiiioii, Irinuen, brocken, zerreiben etc. ;
— Sjirichw,: lu"- hed wat (od. uiks) in tlo
molk to kroiiUMi. — Nd. knimon ; innd. kro-
mon; idd. kriiimoii ; tnnid. knijmon; sali.
kriliiijo; engl, oruiii. Zu kröme. IH
ki'iiniko, .s. kriimc.
ki'iiiiimi'l (l)inüu. kiümmolke), Krümel;
— In"' mäkil ömer krömmols fan sin stiito;
— hl- kau göii kröinmelke misten ; — go-
kröTüiuv] ((rckrinnel). — A"/t/. kniimcl ; mnid. 20
krnymol.
kröiinnele, Krümelei, Gekrümel. — Nd.
(Sc li d m b a c b) kroimclie.
kröiiniK'ln, krümeln; — kr kn)ninK'l(l dat
killt od. wog otc. — iVc/. krümeln, kniinioln; 25
nbl. kminiplcii ; acngl. cnimolon ; engl, crumlilo.
kroiu', krön, Krone, in allen Bedtgn.,
z. li. auch in der von Schädel od. Kopf
als Spitze, Oberstes etc.; — Compos.: aus-
ser andern auch : gärcnkrono ((Jarntcinde, ?.0
tcelche auf einer aufrecht stehenden Stange
läuft). — Kedensart : liö hod wat in de knni
(er hat ivas im Kopf, ist berauscht); — dat
stekd linm in de krön (das pikirt ihn etc.).
— J\7c/. kroon, krnin ; mnld. krono, krnyno 35
etc. etc. — Aus lat. coroiia u. dirs mit
griech. korönös (krumm, gekrümmt, gebogen),
koröne (alles Gebogene n. Gekrümmte, Ring,
Kranz, Krone etc.) u. lat. ciirvns etc. zn
einer y knr, kvar, kar, die xvohl auch für 40
lat. cornii etc. (cf. hörn u. liörn) anzusetzen
ist u. wobei dann wieder die Hcdtg. : biegen,
krümmen etc. aus brechen, knicken (ef. krök,
kroken u. knik etc.) eiUstanden sein kön)de,
da die skr. y (-av, verletzen (cf. Kick, I, 45
oT «. 58) ivohl aus idg. skar (brechen, .sjyal-
ten, schneiden, ritzen, renounden, kratzen,
scharren etc.) entstand, obschon man auch
annehmen kann, dass aus skar (sonare, cla-
mare, crei)itare) auch wieder die Brdig. 50
brechen, reissen, springen etc., bz. knicken,
biegen, krümmen, drehen, wenden etc. (cf.
knik, knikken, bz. kraken u. kröken) ?'.
dan)i weiter aus: .'springen, reissen, spidten
etc. auch die von: ritzen, schecren, schnri- 55
den rte. hervorging , da die von Fick (I,
HJß bis HVi) aufgrführtrn skar iirb.ft sjcai,
.sojü/c auch (I, iS7.s;) skru = sknr wohl \'er-
anlassung zu dieser Annahme geben u. sich
auch urspr. aus einer Schallwureel wohl 60
ähnliche Bedtgn. entuu'ckelt haben werden,
ivie dies aus den Schallstämmen klat, klap,
kiuik, knap, krak etc. u. ihren Ablautfor-
men geschah.
kninpii, krönen ; — bekroueu, bekrönen.
kriUicii, weineti u. ächzen etc. machen,
rühren, gerührt machen, Kummer machen,
nahe gehen, wehe thun, schmerzen, härmen,
grämen etc.; — dat kiTind (rührt, macht
Kummer u. Verdruss, bekümmert, kümmert
etc.) mi net , dat he fan de pläts nuit ; —
he krdnd siik d'r net nm, of 't 'n ander
minsk göd geid of siegt ; — dat krOnd
(macht ihn klagen u. stöhnen, betrübt u.
schmerzt ihn etc.) linm so lank as he läfd ;
— lie krilnd siik afer de död fan sin frö ; —
Nid. krennen (ächzen, seufzen, ivimmern ;
kümmern, bekümmern, sich woran kehren
etc.); mnld. krönen, krennen (gemere, ge-
niiscere, conqneri); mjläm. krönen, krnenen,
krennen; nd. (B r. Wb.: Dimin.) krönken
(wimmern) u. (Dähnert) krönniken {lal-
len, undeutlich od. unverständlich sj)reeJien
etc. wie Betru)ikenc) , (Schambach) krö-
nen (rühren, bewegen etc.); mnd. krönen,
croonen (brummen, murren, schelten, zan-
ken; klagen, gerichtlidi klagen, Widerspruch
erheben, od. eigentlich „Geschrei u. Länn
machen" wegen einer Sache) ; ahd. (O.
Sc h a d e) (chrönjan) , chrönnan , chrönan,
krönen (garrire, plaudern, schwatzen, im
Scherze reden ; jactare , prahlen) ; mhd.
(Le.xcr) kroenen (schwatzen, lallen, brum-
men, schelten). Mit ahd. (chrön od. chröni),
mhd. krön (Gezwitscher der Vögel), ahd.
chrön, crön (garrulus) den Vocalen nach
(cf. z. B. ahd. cröni, gruoni etc. ; nid. groen
etc. = nhd. grün, — mnd. grone, nid.
groene , alid. gruoni, Grünheit, das Grüne ;
— mnd. gronen ; )dd. groenen. grünen) wohl
von einem Stamm chrnon, chrön, krön (cf.
klök, fröd etc.) als l'räter. eines nrsjir. Verb.
kranan (krnon, krön) mit der urspr. Bedtg.:
sonare, claniare etc., was mit and. crane etc.
(Kranich, cf. kran) zur y gar, gra (rau-
schen, schnattern etc.) zu stellen .s'c/h dürfte.
Dass übrigens krönen auch mit mnld.
gronen etc. (gemere etc.) von Hause aus
ident. sein kann ?f. dc.^gl. auch mit kUlnen
formell it. begrifflich stimnd, ist nnter 2 grö-
men u. klonen (s. dasselbe u. dazu die
Schlussbemerkung) zu vergleichen.
kr(Mis-lM''je, Krons-, Preissei-, Moos- od.
Sumpf-Beere (vaccininm vitis Idaea). — Nd.
krön- od. kiönes-, kröns-herc, kröns-hiir;
engl, croneherry; nhd. Kranichbeere n.
K r a )i b c e r e ; engl, cranherry, Sie hat die-
sen Nctmen daher, weil der Kr a n / r h (krane,
cran, krän, krön etc., s. unter krän) sie liebt.
Aus dem nd. kranebere, engl, cranberry od.
KRONTJE
373
KROP
dem entsprechenden anld. cranebesie, crane-
besse entstand vielleicht das (ßeichbedeiitendc
frans, canueberge ; prov. canabcrge , (/.
Hildebrd n d , hz. G r i m m , WO., unter
Kraniclibec rc.
1. krönt je (Dcmin. vunkronc), Krönchen,
kleine Krone. Fig. : das od. der Beste,
Schönste, Werthvollstc etc.; — he hcd 't
kröntje d'r dt söcht ; — dat is de kröntje
tau de hele budel ; — lie is de kröiitje faii
Norden.
2. kröntje, Säbelschnabler (Reciirvirostra).
— I)a dieser Vogel seinem Bau u. .seinem
Gange nach sehr viel Aehnlichkeit mit einem
Kr a n i c h hat u. mit seinen langen Stelz-
fiissen ebenso loie dieser iw, Wasser ivatet,
um seine Nahrung aus demselben aufzufischen,
so wird dieses Wort wohl ein JÜemin. von
krön, kräii (Kranich, cf. kräii) sein.
kr(ip, Kropf; a) rundliche Geschwulst od.
Fettwulst, Verdickung, Auswuchs etc. an der
Kehle od am Halse ; — he hed dar so 'ü
krop silteu ; — b) Vormagen der Vögel od.
auch : Magen, Wanst, Bauch etc., bz. Hals,
Gurgel etc. od. Hers, Brust, iveibl. Brust
(mamilla, raamma), Kopf ; — de dufen hebbeii
de krop ful boneu ; — he frett sük de krop
ful ; — 't mut all' dör de krop ; — he jagt 't
all' dör de krop ; — wat best du iu de krop V
(was hast du in dem Herzen od. in der
Brust für Gedanken?) ; — wat stekd di m
de kropV (was steckt dir in der Brust od.
im Kopf?); — he stekd de krop (od. kop)
up ; — dat wicht hed jo 'u pär kroppeu (od.
borsten) ; — de slät (Salat) sett uog geu
kroppeu ; — kropsalät (Kopfsalat), — slät-
kroppen (Salatköpfe), — kölkroppeu (kleine
krause Kohlköpfe u. zwar namentlich vom
Bosenkohl) etc. ; — du must blöt de kroppeu
i'au de brünkol (die krausen Köpfe des
Braunkohls) nämen uu toregt makeu ; —
c) Kojif od. Zopf eines Sackes, auch
grude od. top genannt; — de krop fan de
sak is uet dik uu lank geuug, dat tau strfipd
d'r to ligt of, bz. mau kau de sak d'r luist
uet bi faten ; — d) Zojif od. Federbusch
auf dem Kopfe der Vögel; — 'ii krop up
de koj); — e) das Vorder- od. Hauptstück
des Fßugeisens. — Nd. (Br. Wb. etc.) kropp
(Auswuchs an der Kehle ; Doppelkinn, Uider-
kinn ; Kroj)f der Vögel); vy/ufl krop (struma,
tuber ; brauca, guttur pulli, Kropf am Halse
der Vögel u. anderer Thiere , sowie der
Menschen ; — ruma, Schlund, Kehle etc.) ;
nid. krop (Krojif, verhärtete Geschwulst;
Kropf od. Vormagen der Vögel; Hals, Kehle;
Magen, Brust, Kopf vom Salat etc.); mnld.
krop, kroppe (ingluvies, vesicula gutturis,
ruma, rumeu ; jugiilus, jugulum, guttur; sto-
machus, bilis, indiguatio, pertiuacia ; struma,
Bcrofula) ; ufrics. (Jap ix) kroppe (Kropf,
ruma etc.; fig.: das Gemüth, Herz etc.);
ags. cvo\)]) (Krojif der Vögel, gutturis vesica ;
Spitze od. Kopf, Wipfel [cf. toj) = Zojif,
5 ids Spitze, Wipfel etc. u. auch als den
Kopf krönender Federbusch der Vögel
= unser m krop] etc. der Bäume od. des
Halms u. so auch Aehr e , spica ; Traube,
cinia, corymbus); aengl. crop (dasselbe);
10 engl, crop (Krojif der Vögel; Kopf od. Spitze,
Gipfel, Sprosse, Arhre) ; ahd. clu'oph, crof,
cliropf, kropli ; mhd. kröpf (Kropf am Halse,
Struma, verächtlich auch: Hals etc.; Kropf
od. Vornuigen der Vögel, iibertr. auch auf
15 den Menschen) ; kijmr. croi)a (Kropf). —
Daneben aber auch: an., z'.s/. kroppr (corpus,
cuticula ; truucus corporis, od. der Bumpf
ohne Kopf od. Spitze etc.) ; norw., schwed.
kropp (Körper, Leib ; Leichnam) ; dän. krop
20 (dasselbe); nfries. (Outzcn) \ii-o\) (Körper,
das Ganze), womit auch engl, crop (das Ab-
geschnittene, Abgekürzte, (restutzte , Stutz,
Stumpf, truucus; das abgeschnittene, kurz
geschorene Haar, Stutzkopf, Stutzschwanz
25 etc.) ident. ist.
Vergleicht man nun gripen, grap etc. von
der y garbli, so würde krop, bz. das Thenm
krop-a, kroppa formell zu idg., skr. garbh-a
(gremium, Uterus) stimmen, tvomit Fick (I,
30 568) unter andern auch tat., galt, galba
(Schmeer-, Dick-Bauch) stellt. Sieht man
nun aber weiter ags. hrif; ahd. href (veuter,
Uterus) rt7.s' ident. (Fick I, 48) mit zend.
keref, kehrp (Körper, Fleisch etc.), lat.
35 corpus etc., soivie dass unser Leib sowohl
den ganzen Körper od. das fleischliche Kleid
der Seele, den Leichnam od. die Leiche, als
auch den Bauch ohne Glieder u. den Mutter-
leib bezeichnet, so ist es fast zweifellos, dass
40 das an. kroppr od. dessen Thema kroppa mit
dem skr. garbha urspr. ident. ist u. sich die
Bedtg. : veuter , gremium , uterus des skr.
garbha beim an. kroppr etc. einerseits in die
des ganzen Körpers und Leibes erweiterte,
45 dann aber als truncus corporis entweder den
Leib od. Bauch, ohne Kopf und Glieder etc.,
bz. den L^eib od. Bauch für sich allein, od.
lüie norio. kropp bloss den todten Leib od.
den Leichnam , die Leiche etc. bezeichnet
50 hat, da die Bedtg. des skr. garblia ebensogut
in die von corpus idiergchen konnte, loie um-
gekehrt die von corpus in die von gremium,
veuter, uterus etc. des ahd. href etc. (s. oben
u. cf. 2 rif) u. ags. lirif etc. Vergleichen
55 wir nun aber ferner, dass das skr. garljha
zur y garbh, grabh (greifen, fassen, halten,
nehmen etc., bz. um- u. begreifen, umfassen,
einfassen, tim- u. einschliessen, in sich be-
fassen etc.) gehört und demnach garbha als
CO gremium, uterus, veuter etc. ein Fkvas bc-
KROP-DUFE 374 KROEPEL BÜSK
zeiclmd, was ein andereti Etwas fasst u. in to 'n krOpel schateu: — de oltlo kiopel (od.
sich aufnimmt etc. od. in sich beßisst, ein- stakkonl, stumnu'l, stüniper etc.) kumd hast
M. timsihtiesst (cf. slr. iirhhi, in sich fassend uct iit ile stii'. — S]>richu\ : „dat was inis,"
etc., gr'ia, f>c. grbha, ILuis, als das in .s/c/t sä' do kröpcl, do l)öt de liimd lium in 't
fassende od. in sich aufnehmende, in s^ich 5 holten hi'ü ; — eii tau beiden, kiopel of
schliessende , den aufnehmenden u. nm- künijj (aut Caesar aut nihil), od. auch: he
schliessenden Haum etc., was B 02^ P iibrifjens spold kröpcl of köui?;, — 't geid kröpel of
als das Innere, hz. das Umschlossene, Ein- könig. — Nd. kröpel, kräöpel ; mnd. krepel,
gefriediffte etc. deutet), so wi'trdr sich dacon kröpel, kreppcl, kroppel; «W. kreupol; mnld.
auch das «<7^s. cropp, ahd. chroph (Kropf k. 10 krcuiicljkropel, krepel ; »»//ä;». kröpel, kruepel,
Vormagen der Vögel) leicht als das die kreiipel; afries. kreppel ; nfrics. (Outzen)
Speise in sich aufnehmende u. in sich he- krahel, krebcl; ags. crvple, crypel ; arngl.
schliessende, bz. als ein fasse n d es u. in creptl, cripel, crnpel ; f»/y/. crceple, cripple;
sich aufnehmendes Etwas leicht er- an. (Möbius)kryi)\\\ (gebrechlicher Mensch);
kkiren lassen, od. auch als das (den Samen) 15 norw.'kvy\)v\ (seh wache, gebrechliche Person) :
empfangende, iti sich au f nehm ende amhd. (O. Schade) cruppel ; md. knippel
u. (die Frucht) u m schl icssende Etwas {eontn\c\us, Krüppel) ; mhd. (Le.v er) krüpv],
mit skr. garbha begrifflich stimmen. Sieht krüppel (dasselbe) u. daneben an., isl. kryp-
man nun aber weiter, dass garbha ausser lingr, kripplingr ; »or»-. krypling; f7«H. kröli-
uterus, floruni calix, pars interior auch die 20 ling; schwed. krymi)ling {Krüppel). — Es
Bedtg.: t'octus, proles, natus (cf. Bopp, gehört schwerlich zu kinyicn (kriechen), too-
Gloss. comp. u. dazu unter krojipen das zu Fick (III, 51) u. Andere es stellen,
zweite engl, crop) od. (cf. Grass manyi) sondern ivahrschcinlicher zu einem mit 'kr'im-
ungeborne Leibesfrucht, Leibesfrucht, Brut, pen, kramp, kruinp, krunipeii sgn. u. gleich-
Frucht, Fruchtkeim, neugehornesKind, Kind, 2b fidls zu krap, kramp (zusammenziehen,
Junges od. idterhaupt die von Spross hat, krümmen, schrumpfen etc., wozu Fick auch
so lassen sich damit auch wieder die Bedtg.: kslav. grübü [Bücken; Berg] stellt) gehören-
Spross u. Zweig (cf. II ildebran d, den alten Verb, kripan, krap, krup, krupun,
bz. Grimm, M'b. V, 2390 sub S^, u. oben wozu eben auch krniivn gehört u. wovon auch
das engl. cio\) in der Bedtg. : Spro sse etc.) 30 ahd. crapho ete. (s. unter kramine) u. an.,
sowohl als auch Wipfel, Spitz e, Aehr e, isl. kreppa (iucurvare, coarctare, contrahcrc).
Oberstes, Kopf gut vereinigen, ivährend kreppa (coarctatio etc ), krepping (contrac-
die Bedtg.: Herz, Brust, Gemüth (s. oben) tura), kreptr (contractus etc.), krippa od.
sich leicht mit der Bedtg.: pars interior (s. kryppa (gibbus, curvamen etc.), kryppil
oben bei Bopp) über ein bringen lassen 35 (gibbosus etc.) abstammen, cf. die Com-
würden. Was nun aber weiter die Bedtg. : posita.
Geschwulst od. Fettgeschtculst, Fettwulst, 2. krOpel, verwachsen, verknurzelt, ver-
Auswuchs etc. von Kr opf betrifft, so könnte krüppelt od. krüppelhaft, gebrechlich, con-
man diese zu l(d. ga,]ha. (Fettwanst, Schmeer- tract, steif, lahm, hinkend, milde u. ah etc.;
bauch etc., s. oben) vergleichen, od. als Aus- 40 — 'ü kröpel kiudjc; — 'n kröpeln böm ; —
wuchs etc. von der Bedtg.: Spross etc. he hed hum kröpel un lam hauen; — dat
ableiten, od. auch annehmen, dass die rund- pi'rd is kröpcl, dat kan net gän ; — ik süQ
liehe u. vorstehende Form des Kropfes der net so kröjjcl as 'n hund. — Nd. kröpel ;
Vögel Veranlassung zu dieser Bedtg. von nid. kreu})el ; ndrhein. (im Tcuth.) cropel ;
Kropf gegeben hat, zu welchen verschie- 45 (/ä«. kröbbcl ; engl. cripi)lc etc.
denen Annahmen auch unser krop in der krilpel-aclifiii;, krüiqulhaftig, krüppelhaft,
Bedtg.: Brust, weibliche Brust, mamma, etc. gebrechlich etc. — Nid. kreupelachtig.
zu vergleichen ist, sofern nicht Brust kvÖ\H'\-hask, -.x) (collect.) kleines, niedriges,
ebenso wie Herz zuerst als i)ars interior verknurzeltes, krumm u. schief durcheinander
auch gefasst ist u. dann auch auf die ausser- 50 gewachsenes Gebüsch od. auch: krüppelhaftes,
liehe Brust bezoge)i wurde. im Wüchse zurückgebliebenes, verkümmertes
krop-diife, Kropftaube (columba guttu- Gebüsch, Krüppelgebüsch, kleines, elendes
rosa). Gestrüpp etc.; — 't i? niks as emer kröpcl-
1. kv{)\ie\, Krü}>pel, ein elendes, schwaches, bnsk, wat dar wast; — dat kröpelbusk
gebrechliches, krüppliches, rrrkrüppelles, ver- 55 (kleine, elende Gestrüpp etc.) rüde man üt
wachsenes, verschrumpftes, verknurzeltes Et- un lät 't man kört hauen nn upbranden, 't
was (od. Ding, Wesen, Person etc.); — 'n kröpel is anders dog net to brnken ; — b) ein
fan 'n böm od. fan 'n hüs, perd, kind ete. ; krüjipliches, verkümmertes Gewächs (Staude,
— kropels fan appels; — 't is 'n ollen kröpel, Strauch etc) ; — 't bunt emer kröpelbusken,
he hed hast gen arm of bcn mür ; — he is GO de dar stan.
KROEPELE 375 KRÖPFEN
kropele, Krüi)pel('i, kriippJichcn od. IcrüiJ- dör de, tid; h« kropeld siik d'r mit of;
peJhaftei), lahmes, hinffsmnes , mühseliges — he kropeld (arheücl sich hmr/sam u.
Gehen od. Fortkommen, Arbeiten etc., Arbeit mühselig) siik d'r In up ; - - h("' kropeld sük
womit es nicht fort will, mühselige, schioere wer up ; — c) lirüppel od. gebrechlich, lahm,
Arbeit, 3IühseligPeit , Mühe etc.; — 't is 5 hinkend, bz. alt, elend, krank etc. werdm
so 'ii kropele mit liuni, he kumd hei nct etc. ; — he fangd an to kropelu, he word
(od. d'r hei net mit) förgels un forut ; — cid im swak ; — de böm fangd an to kropeln
't is so 'n kropele mit hum, dat he dör de (krüpjjel zu irerden, abzusterben etc.) ; —
tid kiimd ; — 't is so 'n kropele mit de daher: ferkropeln , verkrüppeln, contract
perde, mau kumd d'r hei net mit förgels; — 10 werden, verschrumpfen, zusainmenschrumpfen
— 't is so 'n kropele mit de raölen, dat he etc.; — dat kind fo(?. de böm etc.) ferkropeld
uet ördeutlik gäu wil; — ik hebb' d'r föl gans od. is gans ferkropeld etc. — Nd.
kropele mit had, dat ik 't klär kreg ; — dat kröpeln ; nhl. la-eupelen; engl, cripple; satl.
(od. he) mäkd mi so fol kropele (Mühe, krepelje, ferkrepelje etc.
Beschwerlichkeit u. Kopfzerbrechen), dat ik 15 kröpels-kracht (eines Krüppels od. Gc-
hel net wet, wo ik d'r mit (od. mit hum) an brcchlichen etc. Kraft). Dieses Wort wird
sal ; — 't gift altid allerhand kropeleen hier in dem Sinne von sehr laut, bz. aus
(Sachen od. Arbeiten, die lahm u. gebrech- voller Kraft gebraucht u. bedeutet viel-
lich gehen, nicht von Statten kommen, viel leicht soviel als aus co ntrahirter u. z u-
3'lnhe u. Arbeit etc. machen etc.) in de weit 20 sammeng ez og euer Kraft; — he rard
(od. mau hed altid allerhand kropeleen), war kröpclskracht, od. üt kröpelskracht.
mau sük mit ofslafen (ahsclaven, abmühen, kröpel-tüg, Kriqjjjclzeug , verkrüppeltes,
abquälen) un herumslan mut. — Nd. (Br. verknurzeltes , verschrumpftes Zeug; —
Wb., Scham ba eh etc.) kröpeleije, kröpe- kröpeltug fan api>els etc.
lie. — Zu kröpeln. 25 kröpel-wai'k , Krüppelwerk, krüppliche,
kröpeler, kröpler, Krüppeler, Einer der gebrechliche, schlechte, p)fusch.crhafte Arbeit ;
krüppclt od. Einer der krüppel, gebrechlich, — 't is emer kröpelwark wat he mäkd.
hinkend u. lahm ist u. geht = Krüppel- kröpel-wer ? — Nur in der Bcdensart :
Person od. Gebrechlicher, Gelähmter, Lah- „he spöld (spielt) kröpelwer", ivelche die
mender, Hinkender etc.; — he is 'n olden 30 Bedtg.: er spielt ein gewagtes Spiel,
kröpeler, de hei net förixt kan un kumd. od. setzt alles auf eine Karte, bz.
ki'öpel-göd ; i. q. kröpeltug. tcagt es auf das Aeusser ste hat u.
kröpel-gras, Krüppelgras, kleines, niedrig ivahrscheinl. soviel bedeutet als: er lässt es
gebliebenes, verkümmertes, elendes Gras. — darauf ankommen od. wagt es darauf, dass
Nid. kreupelgras. 35 od. ober schlechtes , widerwärtiges
kröpelig, kroplig, krüpplich, gebrechlich, Wetter (cf. wer = nid. weer, weder, nlid.
lahm, hinkend, langsam, schlecht etc.; — he Wetter) trifft od. er riskirt es auf schlecht es
is kropllg; — dat geid so kröplig etc. Wetter. Vergl. übrigens auch -wi'V = icider,
kröpel-kräiii , Krüppelkram, Kram, der gegen od. loiederum, wiederholt etc., ivobci
krüppel ist, gebrechlicher, alter, elender, iO man dann auch annehmen könnte, dass diese
schlechter Kram, od. Zeug, Sache etc.; — Bedensart urspr. : he spöld kröpel wer kröpel
de olde kröpelkräm kanst man ferkopen gelautet, dann das zweite kröpel nachher in
laten, de is dog net föl mer werd ; — 't is der Bede tvcggclassen hätte u. damit hätte
all' kröpelkräm (elender Kram, Pfuscher- sagen wollen : er spielt Kr üppel gegen
arbeit etc.) wat he mäkd; — mit all' sükse 45 (od. um) Krüppel.
kröpelkräm (Kram, der od. Zeug, das, Sache, kroppen od. (Iterat.) krüi»perii, kröpfen,
die krüppel od. fehlerhaft u. verkommen, ver- einen Kroj^f machen etc. ; — a) (sich) brüsten,
dorben etc. ist) dar gäf 'k ml nct mit of; aufblähen, stolz u. aufgeblasen thun etc.; —
— mit de kröpelkräm, dar hold ik ml nct de dnlfert (Tauber) kroppt (od. kroppert)
mit up. 50 sük; — Sprichiv.: he kroppt sük as 'u
kropelu , Z:r((j>7)t'Z/« ; a) krüppel od. ge- dübbeltjes klukhenne; — kropp di, m"'" doch-
brechlich, lahm, hinkend, langsam, schlecht, ter, d'r kumd 'n landpastör; — b) kröpfen,
schwer, mühsam etc. gehen u. vorwärts kam- den Kropf od. Mage)i vollstopfen u. füllen,
men, hinken etc.; ~ he kropeld d'r hen; — schlucken, fressen etc.; — jußgc äuteu
nu! wo geid 'tV a! dat kropeld d'r nog wat 55 ki-oppen; — he kroppt sük f ul ; — daher:
hen; — de perde focZ. de wagen, möleu etc.) ferkroppen, verschlucken, verfressen, ver-
kropeld d'r so wat hen ; — b) (sich) lang- kauen, verdauen od. hinunterschlucken etc. ;
sam u. mühsam etc. vorivärts bringen od. — de lütje fogels könen gen bonen fer-
durcharbeiten, schtver u. mühsam arbeiten, kroppen; — f^.^ he kan dat nich ferkroppen ;
quälen etc. ; — he kropeld sük so langsam 60 — he hed al fSl arger un ferdret in (od. bi)
KROPPER 376 KROS KROES
sük ferkroppeu niust ; — c) enge od. beengt, sttiniin = uihd. klaz, s. unter kladde, klater,
beklemmt etc. machen, ihitckcn, .•schmerzen, klatte, klitter, klöter i'tc.) «. dem iirspr.
leid thitn etc.-, dalicr: bekroppcii, /leengcn, Stamm ruii nhd. kratzen (cf. kratseii,
bedrücken etc. (cf. übrigens auch liekiüpi'U kritskratseu etc.) ist. Da nun aber ein
u.Wtitcrc.'i unter V.vi\\)Cü)\ — dat bckroppde 5 Stamm krot etc. od. mlid. kroz i'tc. neben
ini Bo, as k liiim dar so uär liggcu sag, dat krots, kros, b~. krosz, krotz auch durch un-
ik fall beiuuidlieid weglopou imis; — dat gehängtes cli zu krosch, krotsch (cf. z. IL
kau eu n'gt bekroppt'ii, wtu so 'ii arineu nJid. Klatsch = (thd. klaz otc. od. Burscli
miiisk so liden uii luiugorii iniit. — Nd. aus Burs etc.) wird, so stammen von dem
(Dähnert, l)a)ineil) kri>i)p'ii, köpfen, 10 für unser kros anzusct.toiden Schiülstamm
den Wipfel od. die Zweige nehmen, stutzen krot u. kroz, bz. urspr. krat, kraz od. krut,
etc. (s. unter krop die Bedtg. Kopf, Wijifel kriiz (crepitus, fragor, souus, dainor etc. ;
etc., od. auch an. kroppr in der Bedtg. Bruch, Biss , Spalt, Borste, Bitzc etc. u.
truncus), (B r. Wh.) kroppi-n, sik kroppeu Bruchf<lück, Splitter etc., cf. nhd. Biss, Bitze
(ein Unterkinn od. einen Kropf machen), 15 u. Beiz aus urspr. riz u. riz, bz. von rizan,
iiikroppen (cinschlucken, hineinfressen), ver- tvie Biss und Beize, beizen etc. von hizaii,
kroi)i)(.'ii (verdauen, vertragen, verschmerzen od. u)iscrm bit, bat u. bit etc. von biteii)
etc.); mnd. kro]tpeu (sich den Kropf füllen, ivohl zweifellos ab:
fressen etc.); nid. »inld. kroppen (sagiiiare, a) mnd. kros, welches Wort zwar vuir
iugluviem avium farcire etc.; vorare, dcvo- 20 Dr. Lübben (cf. vind. Wb. von Seh. u.
ran-, glutire etc.); hess. krüpfeu (leid thun, L.) mit spitz übersetzt wird, indessen ivahr-
ärgcrn etc., s. oben sab c) ; engl, crop (ab- scheinlicher die Bedtg.: zerbrochen, zer-
schneiden, beschneiden, abhauen, stutzen, ab- spalten, zersplittert etc. hat, da das
brechen, abjijtücken, abfressen) a. crop (Er- Gehen auf dem betr. BerijC im Vergleich zu
trag od. Ernte, Frucht etc. geben, eintragen; 25 dem Gehen auf kros(Mi f^cherWvlcn sich ivohl
Frucht bekommen, schwanger werden etc., darauf bezieht, dass der Berg mit Steingeröll
cf. unter krop die Bedtg. Aehre etc. des u. Trümmerstücken von Granit od. sonstigen
engl, crop u. noch besser die von foetus etc. Felsarten übersäet war ?(. dass unter dem
des dazu verglichenen skr. garbhaj ; schott. kroseu schertVelcn demnach auch zunächst
crop (to kcep etc.) etc.; vergl. weiter in 30 wohl zertrümmerte od. zcrsp altcnc
Grimm, Wb., kröpfen, kröpfen. u. zersplitterte Scherben (die selbst-
krojippr, Kröpfer, Kropftaube. redend aber auch kantig, eckig, spitz n.
krO|)-slät. Kropf-, Kopf-Salat. scharf sind u. die Schuhe zerreissen, bz. die
kros, kros, was hart u. mürbe, bz. leicht Füsse verwunden u. das Gehen sehr be-
zu brechen u. zu beissen ist od. was leicht 35 schwerlich machen) von Steinen, Töpfen od.
zerbricht u. dabei zugleich auch ein krachen- Glas etc. zu verstehen sind. Vergl. dicscr-
des, knusperndes Geräusch macht; — de halb auch das von llildebrand (Grimm,
twebak is recht kros (7<rtri ?<. /««ric^ bakkeu, Wb. V, :2i()S) als Splitter gedeutete
de lett sük licht biteu ; — dat ties is so recht krose;
kros (liart u. knusperig od. mit harter 40 b) älter hochd. (Gri)nm, Wb.) kros, krüs
brauner Kruste, die im Schneiden u. Kauen (ein geröstetes, hartes u. knusperitdes Ge-
kracht) bradeu, du kaust in! wol wat f\ui de back, wie der Krapfen od. unser kräk-
butcrste kaute ofsuideu, dat snickd up 't ling) ». (Grimm. Wb. V, 2108) wohl eins
lekkerste; — dat brod hed 'u krosseu kiirste; mit kros in krosei, wie auch begrifflich mit
— Nd. (Br. Wb., Schütze, Schambach 45 dem vielleicht damit zusatnmenhänficnden
etc.) kross od. kros, krosch (dasselbe). c) nid. (cf. v. Dnic) krostel (leichtes
Es ist ein Wort, was sich sowohl auf das Kuchen- od, Bastetengebäck, was hart u.
Geräusch od. Krachen (crepitus, fragor), .'<ehr leicht gebrechlich u. zugleich hohl ist,
welches beim Brechen, Spalten, Beissen, Zer- ivie unser wind [c.Dale übersetzt es auch
splittern etc. von Etwas hörbar wird, wie 50 mit windbolj genanntes Zuckergebäck, was
auch auf das Brechen, Bersten etc. des betr. aus zu Schauju geschlagenem Eiwciss u.
Etwas selbst bezieht u. also ein Schallstamm weissem Zucker gebacken wird), da dies auch
wie ahd. chraz, chriz, cliruz = and. krat, ivohl ein Etwas, was krost od. kracht, u.
krit, krut, verstärkt krats, krits, kruts, er- leicht bricht (s. sab e), bezeichnet;
weicht kras, kris, krus, bz. kres m. kros, 55 d) mnd. krose, kruse, krosele, kriisele;
wie denn unser kros nach klos = ahd. nhd. ((rrimm, Wb.) kroscl, sowie auch
fhloz, kloz; mhd. kloz, klotz (s. unter khs) icahrscheinl. (s. unten'/) nhd. krosi)el, knis-
auch für urspr. a/t(/. chroz, kroz ; and.kroi pel, kruspcl etc. ; »(/u/. krospel etc. (Knorpel)
(verstärkt krots etc.) steht u. demnach auch (ds das beim Zermalmen od. Zerbeisscn
ein Ablaut von ahd. chv&z (als ursjjr. Schall- 60 knirschende etc. Etwas, s. weiter:
KROS KROES 377 KROS
e) nhd. (Grimm, Wb.) kroseu m. krust'ii auch dieselben Bedtyn. wie diese hat, so
(knirschen, knistern, rauschen, crcpert' slri- könnte man auch annehmen , dass solche
dere etc.; knirscliend zermalmen, zer- aus essen ad. packen mit den Zäh-
quetschen, zersjdittern, zerbrechen etc.) mnd. n e n auch die Bedlij. : beissen, spalten od.
(Seh. II. L.) krosseu (zerbrechen, zersplittern 5 zcrbcissen, zerbrechen, zermalmen, zerreiben,
etc.) etc. ; schived., norw. kras (zerkleinert, zerkleinern (mit knirschendem Geräusch etc.)
zersplittert etc.), krasd (in Stücke zerschlage)i od. auch die von: zerfleischen, zerreissen,
od. zerdrücken , zerquetschen etc. ; schwcd. vcnvunden, ritzen u. kratzen etc. entwickelt
krossa (dasselbe) etc. ; aoajl. craseii (cre- hätte, ivo diese y ^ras dann, ebensogut für
pare, fraugere) ; engl, crasli (zerbrechen, zer- 10 unser kros u. dm sub a bis li aufgeführten
schmettern, zermalmen, zerknirschen etc.; Wörtern, cds auch für an., isl. kiass (crebra
krachen, knarren; lärmen, lustig u. laut decussatio, dilaceratio) vr. Icrassa (pertVicare,
sei)i) u. crush (zer quetsche )i, zerdrücken, dilaceraro) zu Grunde gelegt werden kann,
zermalmen etc.) etc. u. unser kro.ssen. Dann zumal da diesen Wörtern doch schwerlich
aber vergl. auch ^ry^/t. krotoii, gakrotoii (-jcr- 15 eine andere y zu Grunde liegt, wie dem an.
malmen), ivas ein ahd. chrozon n. eine y kräs, kros (Mahlzeit od. leckere Speise);
gard, grad voraussetzt u. wovon auch idd. skr. gnisa (Mundcoll , Happen; Futter,
krot(Zerm(dmtes, Zerkleinertes, Schmutz etc.), Vorrath, Speise), grasati (essen, beissen,
mnld. krotte (lutiim vestibus liaereus) wohl nagen) etc.
herstammt; 20 1. kl'ös, Krug, Kanne, hölzernes od. me-
t) nhd. (Grimm, Wb.) kröscheii (krei- tallenes (meist von Zinn) Uohlgefäss, hier
sehen ; prasseln u. knistern etc.); mnd. kvn- aber ausschliesslich cds Gemäss in der Grösse
sclieu (kreischen) etc. ; des deutschen Kannen- od. Krug - Masses
g) ahd. (Graff 4, 616) chrose (frixiini, ('n krös ber od. kartuffels, — 30 krös gäii
Geröstetes u. sonach auch hart u. knusperig 25 up 'ii ferp ber, — 27 up 'ii aiiker janäfer
etc.); mhd. krusp (hart geröstet, knusperig etc. — uii 141 up 'n tüime rogge etc.) ge-
etc.), loas übrigens auch der Stamm von braucht, da wir für das nhd. Krug als
krospel, kruspel (Knorpel, s. sub d) sein einfaches Hohlgefäss unser kruke u. piUle
kann ; verwenden. — Nd. kroos a. (S c h a in bac h)
h) ahd. crusc od. crusb, crusch; Schweiz. 30 krau.s, kriis; mnd. krös, krüs; nid. kroes ;
krnach.( Kleie, i'uTh\v)^= Zermalmtes, Zerriebe- mnld. kroes u. (nach kroesen, kroseu [po-
nes etc. (s. imtcr kleeu etc.) u. andere mehr. tare etc.] zu rechnen) auch ivold krös (cya-
Wegen des „s" aus urs2}r. „t" u. „z" thus, calix, acetabuluni, scyplms, carcbestuiu),
vergl. auch grüs u. grusen sub 2, sowie auch sowie kruyse (vas potorium) ; loang. krüs ;
gruseu u. grusig loegen der begrifflichen 35 nfries. (Outzen) kruas , kröss; tvfries.
Verwandtschaft mit den obigen Wörtern, kroes ; aengl. cruse ; engl, cruse , cruise ;
wobei noch weiter bemerkt sei, dass die schott. (Jamicson) Dimin. cruiskcu; an.
obigen Wörter mit goth. klismo (Schelle, isl. krüs; nonv., schwed. krus ; cZö«. kraus;
Klingel) wenigstens zum Theil auch dircct mhd. krüse ; nhd. Kratise; hess. (Vil-
zur y gars, grs (souare etc.) gehören können, 40 mar) krüs, kraus, krause; schwäb., bayr.,
die eine Weiterbildung von y gar (souare, Schweiz, kraus etc.
crepare etc.), welche die y von ags. cearu, Es liegt formell so nahe zu krüs (kraus,
as. kara (Leid, Wehklagen etc., cf. karig) zerknittert, faltig etc., bz. geknickt, gebogen,
u. ags. crau (Kranich, cf. krau) ist u. für rundlich gebogen, lockig), dass man beim
die urspr. der Stamm kras, kros jedenfalls 45 Vergleich von krög u. kruke auch loiedcr
am besten stimmt, dann aber auch für an., daran denken könnte, dass es urs^jr. ebenso
isl. krassa (perfricare , dilacerare , krcdzen, loie diese (vergl. auch unter kuf am Schlüsse
ritzen etc., s. unter kratsen auch mrdd. wegen der Bedtg. krumm u. rundlich ge-
krasseu) angesetzt werden kann, da dieselbe bogen, gewölbt u. so auch hohl etc.) ein
beim Vergleich von mhd. krizen (a. kritzen, 50 rundlich gebogenes od. g eb au cht es
ritzen etc. ; — b. kreischen, schreien etc., s. Etwas bezeichnete u. demnach ivie krüse,
unter kriteu, kriddelu etc.) auch für dieses krüse, bz. nhd. Krause (Kalte etc.) von
ohne Bedenken angesetzt icerden kann. krüs weitergebildet sei.
Vergleicht man übrigens an. (Fiele II, Eine Entlehnung aus griech. krössös
34.5) kras, kros (Mahlzeit, bz. leckere Speise, 55 (Eimer, Krug) ist jedenfalls abzuiveisen u.
mattea, pulpanientum) von der y gras, die eine Entstehung u. Verstümmelung aus
als Weiterbildung von skr., zend. gar (schiin- mied, crucibulus , später crusibulus (Becher
gen, .schlucken, verschlingen, verschlucken, in Kreuzesform, cf. Wcigand) bei der
verzehren, essen, trinken ; greifen, ergreifen, weiten Vevbreitung dieses doch gewiss schon
packen mit dem Munde od. den Zähnen etc.) 60 sehr alten germ. Wortes kaum denkbar.
KROS
378
KROST
2. kros, a) Wasserlinse, Entengrün (Lem-
ua); — 1>) Tcinff , Seetany. — Nhl. kroos,
kroost; mnhl.. vißüin. kroos, kroost, kroi's,
kroest. — lläiujt auch dieses Wort wie
vielleicht 1 kros u. kröse mit kn'is, nid.
kroes ßraus etc.) zusammen ii. haben diese
Gewiiehse daher ihren Namen, iveil sie so
l'raus «. ioirr durcheinander waclisen ii. so
kraus u. knoikelig aussehen ? cf. krösc.
kröse, ^ekröso, Gekröse, Gedärme u. son-
stiges, was aus der Hauehhijhle heim Schlachten
n. Ueffnen des BaucJtes herausgenommen wird,
intestina. — Nid. kroos; j««W. kroos, kroes,
kroost, kroest ; m]id. kroese, kroes, gekroose.
— is hat den Namen u-ohl daher, weil es
kraus u. krunkelig (r. Dalc übersetzt kroos
mit kronkeligc inuewanilcii) ist u. gehört da-
her auch dieses Wort wohl zu kriis od.
kruscu (ky'aus, krunkelig u. faltig od. runzlig
machen) etc., was auch dadurch wahrscheinl.
2vird, dass nhd. Kröse od. Krös auch
dieselbe Bedtg. wie Krause (gefalteter
Kragen) hat u. dass nid. kroos u. kroost
(cf. Weiland) unter andern auch ron den
Gesichts- Zügen od. den vertief toi Linioi,
Falten od. liunzcln des Gesichts (de gehiats-
trekkeu etc., cf. unser krüse) gebraucht wird,
worüber noch Weiteres unter krost ver-
glichen icerden mag. Daher auch wohl ge-
kröse (Gewimmel kleiner Wesen od. Zeug,
welches kraus u. wirr durcheinander ivogt ;
— dat liitje gekröse (od. kiudergekröse)
löpd en al um de foten (od. tüsken de
benen) lieriim ; — dat is jo hlr 'n gekröse,
dat man hast gen föt selten kan, of man
tredt d'r up.
kröse-. kros-ki'äni, krauser od. krunkeliger,
loirrer, verwirrter Kram, icirrer, unordent-
licher Haufe von allerlei Sachen, unordent-
licher, schmutziger Kram od. Sache etc.,
Schmierkram etc.; — de kröskräm sitt so
dör 'n ander, dat se hast liel net wer iit 'n
ander to krigen is; — de oldo kröskräm
kaust du liohlen, dar kan ik niks tau bruken;
— mit de kröskräm (od. smerbudel etc.)
mag 'k niks to dön hebben; — de krHskram
mag "k uet, de kanst du siilt'st fräten.
ki'ossen . )nit den Knöcheln od. Fäusicn
stüssen, kneten, drücken etc. u. auch reiben
zugleich, dass es weh thut; — de beiden
krossen siik od. lieliben sük diigtig krosd.
— cf. unter kros sub c das mnd. krosseii
od. engl, crush in der Bedtg. : (luctsrhcn,
zerquetschen etc., da unser krosscn auch
icohl eigentlich ein Quetschen od. starkes
Drücken der Glieder bezeichnet.
krÖ8t f7to//. Grenze), das Erzeugte od. Er-
zielte u. so auch die gc- od. erzeugten Kinder
n. Kindeskinder , od. die Nachkommen u.
Nachkommenschaft, bz. der Same als die
Frucht etc. der Begattung u. der Blumen
etc.; daher: uakröst (Nachkommen , Ge-
schlecht etc.); — min krost (od. nakröst)
sal uet fergän. — Nid. kroost (Nachkommen,
5 Kinder, Brut, Gezücht etc. ; het kroost van
Abraham, die Kinder od. der Same Abra-
hams; — gijAdderukroost, /Vir iV«Werf/e^McA<
od. Natterbrut).
Wie schon unter kröse bemerkt, hat das
10 nid. kroos , kroost auch die collect. Bedtg.
„trekken (od. Züge, Linien, Furchen, Falten,
liunzcln) van liet gezicht of het antlaat"
u. bedeutet kroost - künde soviel (ds die
Kunde od. Kenntniss u. Wissenschaft, um
15 aus den Zügen u. Linien des Gesichts (bz.
der Physiognomie) doi Charakter eines
Menschen zu erschliesscn, loie doin auch
kroostkuiule mit gelaatskunde (Antlitz- od.
Gesichts-Kunde, bz. Bhgsiognomik) si/n. ist.
20 Von diesem kroos, kroost (ivas Jedenfalls
mit unserm krüse , I'\ilte etc., krüsen u.
krüsen, kraus u. fallig machen etc. [he
krüst od. kriist, mnld. kroest etc., bz. dat
is krfist od. krüst, gekrauset, gefaltet, gc-
25 furchet etc.j n. ivciter mit krüs, nid. kroes
etc. zusammenhängt u. einesthcils das Kraus e
M. ander)itheils das Gekräuselte, Ge-
krauste, od. mit Linien u. Furchen
etc. durchzogene Etwas ti. collect, die Ge-
30 sichtsz üge od. trekken des Gesichts be-
zeichnet) nun ausgehend, toollen (cf. Wei-
land etc.) nid. Sprachgelehrte darthun, dass
sich daher auch die obige Bedtg. von kroos
od. kroost herschreibt, während es sehr viel
35 wahrscheinlicher ist, dass kroos od. kroost
in der Bedtg. : Erzieltes od. Frucht, Ertrag,
Same, Kinder, Nachkommenschaft etc.
dasselbe Wort /.si loie nhl. kroos (Wachs-
thum, Ertrag, Einkommen, Rente), bz. mnld.
40 (r. Dale, s. unter dem letzten kroos) croys,
od. (KU.) kroos (incrementum , hierum,
foeuus) ; mfläm. kroos (augmeutatiou, usure,
gaing etc., bz. Gewinn, Ertrug etc.). Da
nun aber incrementum das inwendig Ge-
45 wachsene etc. u. auch der Same sowohl
als das Korn, das inwendig in einem Et-
was Gewachsene u. Geu^ordenc u. weiter cds
Korn u. Kern auch das in den Schoten,
der Jfüise u. Schale Eingeschlossene od.
50 überhaupt das Inwendige ist, so ist es
sehr leicht denkbar, dass dieses kroos od.
Icroost von Hause aus dasselbe Wort, wie
nudd., mßäm. kroo/, kroes, kroost, kroest
(Gekröse, intestina) u. als die inneren Thcile
55 der Bauchhöhle od. das dieselbe füllende
Etwas sowohl in die Bedtg. : incrementum
als in die von X e i b e sfr u cht u. so weiter
in die von: Samen, Frucht, Getragenes,
Ertrag, Kind, Nachkommenschaft etc. od.
60 überhaupt in die von erzeugtes od. erzieltes
KROETE
379
KRUD
Etwas übergimf. Venjl. übrigens auch noch
gros u. das unter grüni Gesagte.
kröte, kröt, Kröte, hier jedoch nur biUlL
von einer kleinen lebhaften od. übermüthigen
kecken Person od. überhaupt von kleinen
Kindern od. Knirpsen , kleinen Dingen u.
sonstigem kleinen Zeug (auch kleines Geld)
gebraucht, da tcir die Kröte selbst pudde,
purre nennen; — du lütje kröte, wat wult
du? wult du wol makeii, dat du wog kunist;
— 't is so 'n regten lütjeu krot, man mut
hör göd uppasseu ; — de kroteu (die Knirpse)
fau kinder lopen en al tiisken de beneii
herum ; — kröten fan appels od. kartuffels ;
— he sed sin leste kroteu d'r an wiigd. —
Nd. kröte «. (D a n n e i l) kräöt ; mnd. krodc ;
mnld., mfläm. krodde ; alid. krota, chrota;
mild, krote, krotte, krot u. ahd. creta, chreta ;
md. krete; ndrhein. crüdc (Kröte); siebenb.
krode (Frosch); schtved. groda (dasselbe);
norio. gro (Kröte). — Das schwcd., norw.
groda, gro wird wohl in der Zeit der Hansa
dahin gekommen u. demnach nicht urspr.
nord. , sondern aus nd. krode übernommen
u. entstanden sein, wo dann auch ein Zu-
sammenhang (cf. unter K röte in G r i m m,
Wb. sub 1, h) des and. krode, ohd. chrota
mit goth. grudja in usgrudja (trüge , lass,
müde) u. grids (Schritt) kaum anzunehmen
ist. Vielleicht liegt eine Venvandtschaft
vor mit ahd. (clirot, crot) ; mhd. krot, krut
(Belästigung, Bedrängniss , Kummer, Be-
schwerde), krudc (Bedrängniss, Geivaltthat,
Grausamkeit), Verb. mhd. kröten , kroten,
kruden (belästigen, bedrängen, hindern,
hemmen etc.), da ja die Kröte urspr.
sehr leicht als ein lästiges u. belästigendes
Ungeziefer gefasst sein kann, bekanntlich
auch für boshaft u. ihr Saft für giftig (cf.
auch franz. crapaud ivegen der Dopjicl-
bedeutung) gilt u. mit Schlangen u. ähn-
lichem Ungeziefer auf eine Linie gestellt
wird. Wegen krot (Belästigung etc.) cf.
krodde u. s. Weiteres unter kroden.
kl'öter ; i. q. kröte in der bildl. Bedtg. ;
— 't is so '_n regten lütjeu kröter; — du
ferdamde kröter.
krnbbe (Borkum), Kellerassel , sonst all-
gemein sten- od. mur-tike genannt. Ob viel-
leicht das dän. kryb (kriechendes Gethicr),
was zu krybe, norw. (mmidartl., Jacdercn)
kroba (kriechen etc., cf. krupen) gehört ? —
Oder bezeichnet es ein Kruste n thie r,
sodass es mit engl, crub (Kruste, Rinde) zu-
sammenhängt? — Vergl. übrigens auch
krabbe als Kerbthier , mit dem es
dann zu kerben (cf. karten, kräfe etc.)
gehören könnte.
kriibbe, a) Krippe, praesepe; — b) ein
mit Hölzstäben gitterartig eingefasstes Kinder-
bett. — Nd. krübbe, krubbc ; mnd. krubbe,
kribbf ; nid. krib, krcl) ; mnld. kribbe, kn^bbc;
africs. kribbe; wfrirs. kriblic ; satl. krebli ;
tvang. krüb; as. kribbia; ags. crybbe, cribb ;
5 aengl. cribbe ; engl, crib ; norw., schwed.
krubI)C; dän. krybbe; ahd. cripi)ea, crippa,
krippha , chripha ; mhd. krij)pe , kripfe. —
Davon- (D i c z I, 3:25) : Ual. grci))iia, (mdarll.
crojipia) ; prov. crepia , crejjcha ; afranz.
10 crebc, grechc; franz. creclie u. fwj» krubbe)
prov. crupia ; piem., ven. grupia ; gen.
groejjpia ; romagn. gropia. — Nach as.
kribbia u. dem ital. grei)pia etc. zu schliessen
ist dafür ein and. Thema kribja, ahd.
15 krib-ja anzusetzen, dessen gcrm. Stainm krib,
krip ivohl heim Vergleich von goth. kalbon
(junge Kuh); ahd. calp (Kalb) zu skr.
garbka (s. unter kalf u. krop), ebenso toie
gripen , zu der J/ garbb , grabh (greifen,
20 fassen, halten, um- u. ein- od. in sich fassen
u. schliessen etc.) gehört, da die Krippe
doch ein Futter - Behälter etc. od.
doch jedenfalls ein e i n- u. u m schliesse n-
des Etwas is. Vertoandt damit sind (d. h.
25 entiveder direct mit kriibbe als Behälter,
Gefäss , Fassendes etc. od. cds ein Etivas
in sich b efa ssendcs od. e i n- u. u m-
schli e s s e n des Ettvas od. von derselben
y garljh abstammend) auch tvohl an., isl.
30 krubba (ampulla), krubbufat (mazonomum,
ein tiefes Gefäss od. Schale etc.); an.
krubba (lectus vilis) ; schott. (J a m ieso n)
cruban (a wooden paunier fixed on a horse's
back) etc., crufe (Schiceinekoben) etc. Vergl.
35 auch engl, crib (Hütte, Häuschen, Haus;
Wiege ; eine Art Schober zum Aufbewahren
von Mais; ledernes Bchältniss unter dem
Kutschensitz ; Hürde , Korb etc.) u. crib
(ein schliessen, einsperren ; stehlen) u. weiter die
40 von Hi Idcbra n d unter Kr ipp e (Gr imm,
Wb. V, 2332) erwähnten sonstigen Bedtgn.,
die doch auch sämmtlich zu der Bedtg. :
greifen, fassen etc. od. Gefäss, Behälter, bz.
Fassendes, Haltendes etc. od. ein Ettvas in
45 sich befassendes u. ein- u. nnischliessendes
Ettvas stimmen, cf. auch krübbe-stöl.
ki'iibben-biter, Krippenbeisser, ein Pferd,
das die üble Gewohnheit hat, in die Krippe
zu beisscn, bz. diese zu zerbcissen.
50 kriibbe-, ki-üb-stöl, ein Stuhl, der rund
timher od. zum Theil mit Sprossen od. Latten
eingefriedigt t(. umscJilosscn ist. Es g lebt hier
sotvohl krübstoleu//o- kleine Kinder, als auch
einzelne, lose stehende derartige Stühle in
55 der Kirche, die gelegentlich weggenommen
tverden können.
ki'üd , Kraut; im allertveitesten Sinne
Alles , ivas in, Blättern aus dem Boden
spriesst. Sodann vorzugsivcise jedes nütz-
60 liehe u. brauchbare Kraut (od. heilkräftige,
KRUEDELN
380
KRÜEDER-PUET
woher das andere Unkraut heisst) it.
namentlich das in der Küche ::iitn Witr::en
der Speisen fjebrauchtc Kraut, sowie allerlei
Heilkraut (vf. 2 knulen), weshalb denn auch
der Garten, worin diese Art Kräuter u. die
gewiirxig riechenden Blumen ijezogen werden
im Gegensatz; zu dem eigentlichen Gcmiisc-
u. Küchengarten bei uns kriultiui heisst.
Von dem frischen Gewürzkraut ging nun
aber diese Bedtg. auf alles u. jedes Gewürz
u. SU iceiter wieder auf das gestossene, zer-
kleinerte u. jJ'dverisirte Gewürz (s. indessen
um Schlüsse) über, woher es denn auch
kommt, dass dieses M''ort auch die Bedtg.
Pulver (rötti'nknul, l{attcn2)uU'er, Arsenik;
— Iiüskiüd, nid. Imskniiil , Buchscniiulvcr,
Schiessjiulvcr ; — knulhöni, Pulrerhorn; —
kriul uu luil, Pulver n. Blei) erhielt. Auch
wird kriul .//V/. im Sinne von Mensch od.
Geschöpf ('t is jo 'n wuudorlik kriul) gc-
brrucht. — Sprichw. : 't sitt (od. ^tvn\,
ligd etc.) dör 'n iiudcr, as kriid im röten;
— lu- hed all' sin krüd terschati-n. — Nd.
kiuud ; mnd. krüd, kn'it ; nid. kriiid ; mnld.
kryd ; afries. kriul ; wfries. krinvd ; nfries.
krüdd ; wang. kriith; .•^atl., hclg. knid ; as.
krüd; ohd. chrüt, crüt, krüt; mhd. krüt. —
Davon entlehnt ivohl : an., isl. krydd ; norw.,
schwed. kryddd (Kraut, Gewürz, gewürzige
Kräuter), Plnr. krydder, dün. krydor (Kräu-
ter, Gewürzkräuter, Speccreien etc.) u. norw.,
schwed. laut (Pulver, Schicsspulvcr), da
kryd od. krud in der Bedtg. Kraut als
aus dem Boden sjiriesscndcs Blattgewächs
den nord. Sprachen abgeht. — Sollte dieses
Wort nicht urspr. eine dichte, ge-
d r ängte 31 asse od. ein Etwas was
dicht u. gedrängt steht (tcic das Gras
u. das Kraut auf dem Felde, od. das Haar
auf dem Haupte) u. masse nhaft wächst
bezeichnet haben tt. demnach von Hause aus
dasselbe Wort sein icic aengl. crüd, engl.
crowd (Masse, Haufe, Menge, Gedränge, bz.
das tcas nahe zusammengedrängt ist u. steht),
was zu ags. crcödau (i)ellrre, prcniere, tru-
dcre) gehört. Nid. kruijd stimmt auch zu
nid. kruijdon etc. (s. unter krüdeu) u. wäre
es dann sogar auch möglich, dass die Bedtg. :
Pulver von krüd gar nicht aus der von
Gewürz entstanden wäre, sondern dass
eben auch diese schon von Jeher im Worte
Kraut gelegen hcdte u. demnach in der
Bedtg. : Zerstossenes, Z er dr ü ckte s,
Zerquetschtes aus der Bedtg. ])elk're,
t rudere von creödan (ahd. cliriotan, cbriutau,
chi'ütan) licrrorgegangen wäre.
krüdeln, sich verlauten od. hören u. ver-
nehmen lassoi , ein Lebenszeichen durch
Töne von sich geben, pfeifen, zwitschern etc. ;
— de kükcus krüdeln (od. klötern) al in
de dop; — he krudeld nog, he is iiog n^t
doli ; — he krudelde 6k nog od. harr' ök
nog wat to krudeln (er Hess sich auch noch
vernehmen , hatte auch noch was zu sagen
5 od. zu krähen etc.); — lie krudeld sük (er
verlautet sich, lässt sich verlauten, schreit
tt. spricht od. kridit so, thut so laut u.
wichtig, brüstet sich etc.) as 'a jungen liän.
- Sprichw.: so as de olden sungen , so
10 krüdeln de jungen. — Ob dies nicht ein
Iterat. von einem obs. krüdeu , kruden in
der Bedtg. stossen etc. (cf ags. creödan,
aengl. crüdeu in der Bedtg. : pellere , tru-
dere ete.) u. demnach ein verklenirrlcs krü-
l^) den ist, welches urs2>r. ein häufiges u. wieder-
holtes leichtes u. leises Stossen u.
Klopfen od. Ticken, Picken etc. an-
zeigt u. demnach mit klötern sgn. ist ? Die
Bedtg. : tönen, lauten, bz. sich verlauten u.
20 hören lassen etc. ergäbe sich daraus von
selbst.
1. kriiden od. kriicn, kriiijoii, .s\ krödeu.
2. kl'iidcii (I'lur. von kvml), Kräuter, Ge-
würzkräuter , Heilkräuter , hauptsächlich
25 Camillen, Fliedern u. ähnliche Heilkräuter
im getrockneten Zustande ; — du niiist 'u
bitje krüdeu fau de aptek haleu lateu uu de
trekken laten im den dat nat d'r tan driuken ;
— du inusf wat krüdeu in 'u linueu pütje
30 dön un se den u]) 't 6ge leggeu, dat dat de
liitse d'r üttrekd.
knideii, krüden, krauten, a) Kraut sam-
meln u. ausreissen, )ianu'ntlich das als Un-
kraut im Getreide wachsende Kraut; — b)
35 Kraut od. Gewürz machen an od. in Etwas,
loürzen; — dat niet (gehackte Fleisch zu
Wurst) is nog net krüdt. — Nd. kruden,
krüdeu ; nid. kruideu; mnd. kruden (krauten,
gätrn , würzen etc.); isl., norw., schwed.
40 krydda (würzen).
kvMenh', Gewürzkrämer, Specereihändtcr,
Coloinalwaarcnhändler. — A7(Z kruideiiicr ;
nd. kruudkramer; mud. krudeuere (Gewürz-,
Specerei-Hündler, Apotheker etc.).
45 kriideiiers-wareii, Specer ci- u. (.'oloniul-
Waaren.
kriideiiei's-wiiikel, Laden eines Gcwürs-
krämers od. ( 'olonialwaarenhändlers.
krüdere, allerhand Kräuter u. Würze od.
50 Heilkräuter etc. ; — ik hebb' nog' allerhand
krüdere (od. krüdereen) stau; — he hed de
bön l'ul krüdereen litrgen. — Nd. krüderije.
kriidori,!;, kriider^, kräuterig , gewürzig
etc. — dat binekd od. rukd so krüderg.
55 krii(ler-|)üt, püt od. Beutel, Sückchen etc.,
worin sich würzige od. heilende Kräuter
befinden «. was zur Linderung der Schmerzen
od. zur Heilung u. Vertreibung der Ge-
schwulst etc. auf den Leib od. das Auge
60 etc. gelegt wird; — wen du lifpin best, dcu
KRTTF,T)ER-TE
381
KRTTEKKE KRTTEK
must (In 'n krüderpüt nemeii un de so bot
up 't lif leggen, as du 't fitholdcn kaust ; —
loggo 'n krüderpüt iip 't ogo, dat do swiilst
d'r fit geid un de hitte sük wat fortrckd.
krü(lei'-te, Kräiiterthec, Thec iion Gc-
würzkräutern u. namentlich von ('amillcn n.
Fliedern etc.
kriidje, Kraut chen , kleines Kraut; —
krudje rßr mi iiig (mimosa jiudica od. noli
nie tangere. — Nid. kruidoken roort mij
niet. ~ Redensart: he is 'n krudje rör nit
nig (er ist ein .^ehr empfindlicher n. leicht
gereizter Mensch, den man niclit rühren od.
anriiliren darf).
1. krfidi^ (kräutig), würzig, gewürzig,
lecker, schmackhaft, kräftig etc.; — dat
rukd hir so krüdig ; — 'n krüdigon appel
od. kese etc. ; — dat lied 'n krfuligen smak ;
dar kan man nog wat fan priifon. — Nid.
kruidig (gewürzig etc.); nd. krüdich, kriiich
H. älter nd. crudig ; mhd. krutec , später
krntig, krütig ; nhd. krautig, kräutig (herba-
ceus, berbidus).
2. ki'üdlg (krautig ?) ; — be is nog regt
krüdig (a. kräftig od. frisch, lebhaft, munter,
üppig, stolz, voll Selbstgefühl etc. — od. auch :
b. elegant, schön geputzt, stutzerhaft etc.)
na sin jaren ; — he löpd d'r nog so krüdig
(frisch, munter, lustig etc., bz. kräftig etc.
od. mutliig , keck u. stolz etc., hz. geziert,
stutzerhaft u. voll Selbstgefühl, wichtig etc.)
lien as 'u jungen kerel; — be geid d'r so
krüdig hen , as wen he up freijers foten
geid. — Nid. kruidig (a. keck, übermüthig,
hochmüthig, aufgeblasen, stolz, wichtig etc.:
— b. herrlich, prächtig, niedlich, nett ge-
putzt, geziert, stutzerhaft). — Da die Form
mit 1 krüdig eins ist u. auch oherd. k r a u-
tig, Schweiz, krutig die Becltg. : tvichtig etc.,
daneben schioeiz. krutig, krautig if. chrutig
aucJt die von : munter, gesund etc. od. kraus,
hunt , mulhwillig etc. hat, so wird auch
unser krüdig in den obigen verschiedenen
Bedtgn. wohl mit schioeiz. krutig etc. n.
oberd. krautig von krüd, bz. kriit, kraut
mittelst der Endung Tg weitergebildet sein
u. soviel heissen als: „loie Kraut be-
s chaffcn" (od. ihm gleich u. ähnlich) etc.,
tine Kraut so frisch u. grün (schön glänzend
od. bunt u. kraus cts.) od. so frisch, fröh-
lich u. lustig anzuschauen etc., od. loie
Kraut so üppig, kräftig u. geil beschaffen
u. geioachsen etc., woraus sich alle obigen
Bedtgn. sehr leicht entwickeln konnten, ganz
abgesehen davon, dass sich andere Bedtgn.
von krüdig od. krautig auch ivieder von der
Bedtg. II e i l- u. G e tv ü r zkra u t, Gewürz,
Specerci etc., od. auch von der von Pulver
enttvickelt haben können, da krüdig ja nur
soviel heisst als : icie krüd beschaffen u. die
Eigenschaften desselben habend u. sich also
krüdig auch mit auf die Eigenschaften des
Gewürzes u. Pulvers beziehen kann. Vergl.
auch nonv. (provinz.) krydig (frisch, lustig,
5 frech, geil, üp}>ig etc.), was zwar von Jv.
Aasen zu kry, .schwcd. kry (lebhaft, ge-
sund, munter, frisch) gestellt u. (ds mit
kryug ident. angesehen ivird, indesseti eben-
soioohl auch mit unserm krüdig, bz. and.
10 krüdig urspr. eins gewesen n. durch nd.
Schiffer u. Kaufleute in der Ilansezeit dahin
gekommen sein kann.
krüd-kese, Gewürzkäse, bz. Käse, der
mit römischem Kümmel u. Curcumä ge-
If) ioürst ist.
ki'iid-tün, a) Kraut- od. Küchengarten im
Gegensatz zu koltftu ; — b) Blumengarten
im Gegensatz zum Gemüsegarten u. Obst-
garten.
20 " kr-ük, s. krükkc.
kruke, kpuk, Kruke, irdenes Gefäss (od.
Behälter etc.) für Flüssigkeiten. — Sprichw.:
de kruke geid so lank to water, bit dat be
brekd. — Nd., mnd. kruke; )dd. kruik;
25 mnM.,mfläm.kvuycko.\ ic/j-ics. kruwck ; nfries.
krück ; helg. kriik; as. kruka; ags. (Ett-
m ü Her) croce (urceus, lagena etc.), crocca
(oUa) «. cruce (olla, urceus etc.) od. (H.
Leo) croc (cacabus), cröca (Krug); aengl.
30 (Str a t m a n n) crocke, crouke ; engl, crock ;
an., isl. krucka; norto. krukka; schwed.
kruka; fZä». krukke. Mit norw. kruk, krok
(Krümmung, Gclcrümmtes etc.); aengl. crok
(uncus etc.); schott. cruke (Cirkel , Kreis,
35 Umfang etc.) etc., soioie ags. cruc (cf. krükke)
wohl zu kröken , kroken (breciien , biegen,
krümmen) od. dem auch toohl hierfür an-
zusetzenden Stammverb, krikan, krak, kruk,
krukun (cf. 1 kreke), da kruke doch wohl
40 ein r und lieh gebogenes, ba n c h i c h-
tes Etwas bezeichnet, cf. krog, krus u.
auch unter 2 kuf am Schlüsse.
krük-füt (Krück-Fuss), Glasschmalz (sa-
bcornia herbacea), dessen dicke fleischige
45 Stengel wie Krückenarme abstehen u. mehr-
fach gegliedert (gekniet, gebogen, geknickt,
gekrümmt etc.) u. sehr verästelt sind. Oder
ist krük mit nd. (S cha m bac h) krik
(Zweig , Glied , Extremität etc., s. unter
50 krükke) ident., sodass krükföt = Zweig-
od. Glied- Fuss ist , weil der Fuss od.
Stamm so vielfach gegliedert u. verästelt ist ?
krükke, krük, Krücke; — a) ein Stock.
od. Stab, welcher oben mit einem g e k r ü m m-
55 ten od. in einem Winkel stehenden Haken
versehen ist, od. tvorauf oben ein nach zwei
Seiten aufstehendes mit den Spitzen nach
oben gerichtetes k r u m m e s Stück Holz be-
festigt ist, worin der Arm od. die Hand
60 ruht u. worauf sich der schwache u. ge-
KRUEKKE KRUEK
3$^
KRTTL KRÖL
hrechliche Mensch im Gehen stützt; — he
löpd mit 'n kriik, od. up twe kiiikkon, um
dat hü so swak an f;elprokkelk is ; — h)
ein aus Höh od. Metall grferti(jter (rriff
cum Aufdrehen od. Oeffnen eines Thiir-
Schlosses, auf dessen gerade stehendem kurzen
Ende oben ein entweder nach einer od. auch
nach beiden Seiten hinstihendes (^hlt'rhol:
od. (^luerstiicfc befestigt ist, icelchcs zu dem
hleineren u. dickeren Stücke einen od. zwei
Winkel bildet, wie ein Knie od. Doppelknic
eines Rohrs; — du inust de krük l'an de
dörc not mit smi-rigc haiuloii aufutou, ik
liolib' hum iit'on örst ofwiskot un schon mäkd ;
— de krük is d'r oftallen, du must hum d'r
t-rst wei' up fast makon, anders kanst du de
döre nrt ajien krigcn ; — ik hehb' all' swarte
holten dörkrükken an min düren makeii
latfn, mit de mesken (messingenen) is alto-
tlil to putsen ; — c) eine mehrfach gekniete
od. winkelförmig gebogene starke eiserne
Welle in den Säge- «. Wassermühlen,
woran die Sägen u. Pumpen etc. befestigt
sind u. wodurch der Hub derselben bewerk-
stelligt wird; — d) der Kurbel od. Dreher
eines Schleifsteins ; — e) ßg.: Krüptprl,
Stümper; — 'a kriik fan 'n kerel od. böm
etc. — Nd. krükke, krnkke (Krücke; Wir-
bel od. Griff an einer Geige zum Drehen n.
Anspannen der Saiten n. so wohl dasselbe
icie oben sub h; fig.: ein Krüppel); mnd.
kracke, krocke, cruk (Krücke, Krückstock;
gekrümmtes od. mit einem Haken versehenes
Werkzeug, um ctivas zi(sammen zu scharren
od. zu schüren, rutabulum, traba, arpagio,
trartula) ; nid. kruk; mnld. kracke u. krick,
kriccke (scipio, baculus, fulcimentum etc.) ;
ntßäm. krick , kricke , kracke (baston il
s'appuyer , qainette, potence) ; ags. (Ett-
VI ül le r) cryce, crice u. (H. Leo) cruc
(crace); aengl. (Stratmann) cruoche, croke;
engl, cratch ; nengl. crech ; noriv. krykkja ;
schwed. krycka; aschwed. krykkia; dcui.
krykke ; ahd. chruckja , kracka , chrucha ;
vihd. kracke, knicke, kriike, krache. —
Der Stamm krak ist eine Ablautform von
krik u. krak in der Bedtg. : Bruch od.
Knick (cf. knik, knak u. krik, krak) n.
ist es ganz gleichgültig, ob man das Thema
krukja als eine directr Weiterbildung von
diesem Stamm ansieht od. von einem Verb.
krakjan, krukan, krukkan (Bruch od. Knick
machen [cf. ahd. klacjan , nlid. kl ecken
etc. unter klakken] brechen, knicken, biegen,
krümmen etc) ableitet, weil kriikke sowohl
als ein Knick- Ding (Ding was Knicken
od. irinkelförmige Biegungen u. Krümmun-
gen hat) od. auch als ein geknicktes,
gebogenes, gekrümmtes Etwas (Krumm-
siockj Hakenstock, Krummstah , Hirtenstab
etc.) aufgefasst icerden kann. Ob nicht
auch ital. (Diez I, HG) croccia, graccia
(Krücke), craccia (Grabscheit); aspan. croza;
prov. crossa; franz. Crosse (Krummstab,
5 Krücke, Feuerhaken); soicie ital. crocco,
franz. croc (Haken); mlat. crocia, crocca,
croca (Krückstock) besser von diesem agerm.
krukja, als von lat. crax od. einem Adj.
cracea herzuleiten ist? — Vergl. auch krake
10 u. kröken etc. u. weiter zu kriu'ke nd.
(Schambach) krick (Zweig, Glied), sojt'/e
krikel, krekel (a. Griff, womit IVtüroi auf-
u. zugedreht werden ; — b) Griff' od. wohl
eher „Kurbel'\ womit die Kornreinigungs-
15 maschine in Bewegung gesetzt icird; — c.
Haken , ioomit der Fensterladen an der
Wand befestigt wird); krak (Griff, womit
die Fenster auf- u. zu-gemacht werden), tcas
doch jedenfalls zu krak n. krik (Bruch,
20 Knick, Biegung, Winkel, Krümmung etc.)
gestellt werden muss, da diese Bedtgn. ja
dieselben sind, %oie die von kriikke sub b)
t(. d). — Weiteres s. auch bei Hildebrand
in G rimm, Wb., unter Krücke.
25 krükkeln, gehen wie Jemand der auf
Kr ü c k e n geht; langsam, mühsam, gebrech-
lich u. elend gehest ; — dat (he, de wagen etc.)
kriikkcld d'r so wat hen. — Iterat. von hier
ungebräuchlicherem krükken n. nid. krukken,
30 auf Krücken gehen. — Daher: gekrükkel u.
krükkele, langsames, mühseliges, gebrechliches
Gehen, schlechter, elender Fortgang.
krul , krol , kraus , lockig od. wollig
gekräuselt u. geringelt, gerollt etc.; — de
35 här steid so krul od. sitt so kraller di
kral; — fig.: kraus, prunkend, dickthuig,
üppig, anmassend , frech, keck etc.; —
he word so kral. — Wfries. krol (das-
selbe sowohl sinnl. als ßg., cf. das fries.
40 Schiboleth [0. L. B., pag. 791 unten in der
Note] : dyr is nin klyrk [clericusj so krol,
als klyrkamster [klarekampster , bz. der
vom Kloster klarekamp J krolherede klyrck ;
aller klyrcken is hij to krol) ; mnld., mfläm.
45 krol, krul (fastaosus, arrogans, aadacalas) ;
vihd. krol; md. krul; aengl. cral , crolle,
crulle (kraus, lockig , crispus). Dieses zu
krillon gehörende Wort macht es (nament-
lich auch beim Vergleich von 2 kridle) doc?i
50 7vo)tl fast nöthig , das frühere Bestellen
eines alten germ. Stammverb, krilan od.
kriljan, krillan, kral, krul, krulun (knicken,
biegen, krümmen, carvare etc., od. brechen,
knicken, falten, runzeln, kräuseln od. knit-
55 terig, faltig, runzlig u. kraus machen, cris-
parc etc.) anzunehmen, weil die iveite Ver-
breitung u. das jedenfalls hohe Alter der
auf ein solches Verb, zurückweisenden , bz.
zu dem Stamm kril, krcl, kral gehörenden
CO Wörter sich sonst kaum erklären lässt.
KRTTEL 38S KRüM
Vergleicht man nun die Wörter vom Stamm hcrfithalen, dat diit für mer lacht krigt un
gral, grel, gril, grol, grul als tvohl sh der biltcr braiiuen kaun. —
y ghar od. gar etc. (jchörcnd, sowie auch Ks ist dasselbe Wort ivie nid. krol (khü-
skr. ^.rila , ?rira von der \/ (,;ri, .so tcürde nes , elendes Uduschen, Hätte, Spelunlce :
auch für krille» eine y gar (soiiaro, crc- 5 kleines Gelass , kleines Zimmer etc., toovon
pitare etc.), hz. ein Thema grara, grala, krollig, mit kleinen engen Gelassen [od.
germ. krala («onus, crepitiis), gekürzt kral, kleinen Räumlichkeiten, kleinen Zimmern
anzusetzen sein, wovon krillaii in der Bedtg. etc.] versehen, — een krollig huis od. hiüsje),
sonare, cropitare od. crepittis , Krach u. was sonst auch mit Vvoi (enge elende Woh-
ßruch (Knick, Biegung, Krümmung) machen, 10 nung. Loch, Spelunke, Hurenhaus) als syn.
hz. brechen, knicken etc. abzuleiten wäre u. erklärt loird. Sodann ist es auch loohl das-
ivozu dann auch 2 krullo in der nrspr. selbe icie wang. (Ehreniraut II, 377)
Bedtg. : Spalt, Kitze, Riss, Loch, Oeffnung, krul (Behälter von Lehm, tvorin Feuer ge-
Schlund, Höhle, Spelunke etc. sich begrifflich legt wird), tvozu der Form wegen nd. kriuil
gilt stellen lüsst. l-f") (s. Grimm, Wb. V, 2352, unter kroll V>)
kl'ül, .s. krülle. u. mnld. (KU.) kriiyllen statt krollen ver-
krul-hake, Haken od. Harke, Kratzer etc., glichen iverden mag.
womit die Asche aus dem Aschenloch (cf. Die eigentliche Bedtg. ist: Spelunke od.
2 krullc) gezogen u. herausgekratzt wird ; Höhle, Loch (cf. gat) od. Spalt etc.; s.
— gif mi de krulhäk äfeii her. — cf. auch 20 Weiteres unter krul am Schlüsse.
helhake. krülle, kriill-bän, männl. Glied, penis. —
krul-häi', lockiges, krauses Haar, bz. Wohl zu krillen (sich um-, od. auf- u.
Jemand der solches Haar hat, Kremskopf ; zurückbiegen, rücküber legen etc.), od. zu
— he is 'n krulhär. krul in der Bedtg. : iq^pig, geil etc.
krnl-liärd , lockig od. kraus gehaaret, 25 krulleke, krullke, Krollehen, Ringelchen,
ringet- od. kraushaarig, krausköpfig; — he iMckehen, kleiner krummer Zug od. Schnör-
is krulhärd fan ärd uu fau sin. kel etc.; — krullkes in 't har. — Nd.
krnlke, s. krulleke. (Schambach) krülke, krulke.
1. krülle, krull, krul, ein gekrümmtes u. krallen, krollen, ringeln, kräuseln etc., cf.
gebogenes od. krummes u. krauses Etwas, 30 krillen;^ — dat krulld sük tosamen; — he
Ringel , fjocke , krummer od. krauser Zug krulld sin här. — Nd., mnd. krulUjn ; nid.
mit der Schreibfeder, Schnörkel etc.; — mnld., mfiäm. krollen; mhd. krüllen; aengl.
kriillen fofi. krillen) in de Stert; — krullen crullon ; engl.cwvX ('s. inj^cr 1 krülle) ; schott.
m 't här; — he häld 'n krul under sin näni (Jamieson) crulge (to conti'act, to draw
od. um sin näm herum ; — bökstafen (od. 35 together), tvovon wohl crulge (a confused
letters) mit krullen; — du mäkst föls to föl coalition or conjunction, cf. isl. krull unter
krullen (od, krullers) an de bökstafen; — 1 krülle «. das folgende) ; isl. krulla (con-
Sprichw.: Märt (März, Märzmonat) hcd 'n fundere; calamistrare, crispare) ; «orw. krulla
krul in de stärt. — Nid. krul (geringelter (krollen, kräuseln; sich krümmen, biegen,
Span, Haarlocke, Ringel, Schnecke, Schnör- 40 ringeln etc. ; sich zusammenhäufen etc., s.
kel etc.; fig. auch: Grille, Ijaune) ; mnld. unter! krülle); schwed. krulla; dän. kröUe.
krol, krolle (crispus capillus, crobylus) ; nd., kriiUer; i. q. 1 kruUe; — krullers in 't
mnd. krülle; mhd. krolle, krülle, krol; nhd. här; — krullers up 't paptr (od. up 't is)
krolle, kroll, kröll ; hess. (Vilmar) krülle; halen.
an., isl. krull (confusio, d.h.toohl: krauser, 45 kruUerig, krnllerg, voll von Krollen od.
wirrer Zustand, s. 7veiter unter krullen); Locken, Kräuseln; — krnllerg här.
norw. krull (Ringel, Ijocke; Kreis, Ver- krullerii ; /. q. krullen.
Sammlung, kleiner Haufe etc., cf. kring) u. kriil-lilje (Kroll- Lilie), Türkenbund (Li-
(mit umgesprungenem r) kurle, wie engl. lium martagon). So genannt, iveil die Blu-
curl ; schwed. (dialect.) kruller ; dän. krolle 50 menblätter .sich aufrollen od. ringeln.
etc., cf. krullen. kriim (krummer, krumste), krumm, ge-
2. kralle, krull, krul, Heerd- u. Aschen- bogen, gebückt, schief; — h6 word old un
Loch od. Vertiefung, Grube, Jjoch etc. vor krum; — he löpd so krum; — he hed 'n
einem Brenn- od. Braukessel, od. auch unter krummen rügge; — he hed nu dat krum
demselben als das Ascheiüoch, od. die Grube, 55 namen; — he föt dat krum up. — Nd.,
lüorin die Asche fidlt u. sich sammelt; — mnd. krum; idd. krom; afries., as. krumb;
he steid in de krul, un smit törf under de ags., aengl. crumb ; engl. (L u cas) crump ;
ketel; — du muss gen türf in de krul liggen ahd. crumb, krumb, chrumb, crump, chrump ;
laten, dat kumd dar to ligt in de brand ; — mhd. krump, krumm, krum. — Wenn auch
du must de aske mit de krulhäk fit de krul GO begrifflich, so lässt es sich formell doch
KRTTM-HOK 384 tCRtIP
nicht äireci von krimpen ahleiteu , ohftcho)i tüto), VoUsnamr des Zunge oci. tunge
es uifspr. damit ebenso zusaviincnJinngt, icic (jenanntcn Plattßsches (solea vulgaris), so
(ui. kliimlu-a (Fiel-, III, 51) etc.; ahd. lieiiavnt, weil derselbe ein Iriimnies od. schiefes
clilaiiiplicrou ; mhd. klomhern otc. mit dem Maul hat.
mit krinippii, )iihd. krinipfoii urs}))'. ident. 5 ]<.Vünk?],Knick,iJinbief/ini(/, Falte, liiin^el,
nihil. kliniptVn (cusatinuencielieii, kriimmen). Krause etc.; — du niust nu gvn krunkt>ls
ki'inii-liök, >\ kriimmc-hök. in 't papir (od. kltVl etc.) luaken; — sin ge-
knniiiiio. Krumme, krumme-^ Etwas, das sigt sitt fnl kninkols nn knisoii. — Nd.
krumme od. gebogene Fndc od. Stück, b::. knnikcl; )dd. kronkol (Fidle, liunzel etc.);
der krumme Theil von Etwas; — du must 10 m)ild , injläm. kroiirkol (crispiis, intortiis);
dat krumme d'r tüsken wegsniilcn od. d'r mud. krunke (Falte, Kanzel, Krause). —
ofsniden. Es ist entweder Ablaut von krinkol, od. von
krniinne-hök, krmn-li»k. krum-houk, od. einem zu krinken, krank, krunk, krunken
kruuiuio-liiirn, kriiin-llörii. Name des frü- als dem Stammrcrb. von krinkoln gehörenden
here» (j re e t.-^ i e l e r A m t es (mit dem A)nts- 15 Stanim krunk )iiit o\ weitergehildet. Vergt.
sitz zu I'eicsum, alt Paweshom) od. die auch unter krüken das nd. kriikol, kriikol
nordwestliehe Ecke von (htfriesland. Seinen als Beweis dafür, dass die Stämme krik,
Namen krunilink od. krumlitirn (d. h. krumme krak, kruk u. krink, krank, krunk urspr.
Ecke) hat es daher, weil die Küste de.<^selben, gleich sind u. wohl ursjyr. sämmtlicli Schall-
hz. der diesen fruchtbaren u. sehr Dörfer- 20 .stamme wie kiak u. klank, klik «. klink etc.
reichen Land.<itrich umgebende Deich sehr (cf krak, krank otc. etc.) waren, zu denen
viele Krümmungen hat u. weil auch die unter Andern auch engl, crunk, crunkle
dasselbe früher durchschneidenden Wege v\it (wie ein Kranich schreien), nhd. krunken
Ausnahme des Konrebberswcges (König (■stöhnen, ächzen etc.), kröclion , kriicholn
Radhorls-Weges) ungemein viele Krümmun- 2.') otc. (cf. Grimm, Wb.) gehören.
gen hatten. — Sprichw.: w un Jawal, soggou ki'unkeleii , ki'itiikeln , knittern, zer-
de krumhoukstors all'. knittern, mehrfach knicken u. brechen,
krummen, krumm machen, krümmen; — knitterig, kraus, faltig u. runzlig machen
ilat krunnl sük ; - Iw. schal dl gf-n lu'ir etc.; — ho kruukold datpapir; — dat klt^d
kruninifu. 30 is gans tokrunkold un krüs, sodat ik 't hol
krump, krumpen, s. krimpen. not mi-r dragon kau; — he krunikeld dat
krumpol ; /. </. krunkol, rimpel, schrumpol. god man all' tosamcn. — Sprichzo. : krnnkel
— Zu knunp, Ik-. krimpen. nu de krage not ! ik l)ün t'an Jovor. — Nd.
kVüm\)e\n, sich mehrfach zusammenziehen, kruiikeln ; nid. kronkolen (knittern, falten;
schrumjifeln ; — dat krunipold; is fer- 3h sich falten, roll Falten werden; sich krümmefi
krnmpeld. u. biegen, schlängeln etc.) ; mnld. krouckelen
kriim-sti'i't (Krummschwanz), eine alte (crispare, intorquere, siuuaro, Hcctoro).
Silbermünze im ^\^erthc des sechsten Theiles ki'iiiikeli^, krmikli^, kriinkcl^, knitterig,
eines leichten ostfries. Guldens (also unge- voller Knicke, Brüche u. Falten etc., kraus,
fähr ]8\'2 Pfennige). Auf dem Avers ((). 40 faltig, runzlig etc.; — 't is all' krunklig un
L. B., .jö) befand sich ein aufrechtstchender krus worden.
Löive mit einem krummen, stark zurück- kriinkel-pud, krnnkel-we^, f/H /.»•(/wmer,
gebogenen Schtcanze , dem Abdena' sehen vielfach gewundener u. verschlungener u.
Wappen. Es gab übrigens auch in Olden- krauser Pfad od. Weg, hz. ein Pfad od.
bürg (Seh. u. L.) u. in Holland friüier 45 Weg, der viele Biegungen od. Krümmungen
solche kleine Silbermünzen, die krumstort u. Knicke hat ; daher auch -- Wirrweg, Irr-
o'l. kroiiistoort Jiiessen. toegctc; — de krunkoliiaden tan 't niinskelke
ki-iiiii-stok, der krumme Stock, woran die läfen. — Nid. kronkelpad, kronkol wog.
geschlachteten Schweine etc. mit den Hinter- kl'up, Croup, häutige Bräune, Kehlkopf-
fassen an der Leiter hängen. — Sprichw. : 50 u. Luftröhren - Entzündung. Durch zeitig
liö is so lik as 'n krumsfok. angewandte Brechpulver wird in der Regel
krümle, die Krümme od. Krümmung, die (ieftdir dieser tückischen Krankheit be-
Biigung etc.; — 'n krumfo in de weg etc.; seitigt. — Ob dieses Wort nicht uri^pr. aus
— in de krumto tan de dik. — Nid. kronite. dem and., bz. anld. stammt u. mit unserm
Aus ki'ummeto, krnnimoto = ahd. (crumhida, 55 krupoii in derBedtg.: sich zusammenziehen
crumpida), mhd. (krumhodo), von krunihid u. verengen, zusammenschnüren etc. zu-
= krümmet , krümmt (gekrümmt) -\- a sitnnnenhängt, sodass krüp, nid. kroep otc.
= Etwas was gekrünnnt n. gebogen od. urspr. eine Z usammen z i ehun g od.
krumm ist. Zusammensehnürung u. Verengung der Kehle
krnm-tüte (Krumm- od. Schief-Maul, cf. GO od. des Halses bezeichnete , die den Er-
KRÜP-AFER-SID
385
KRUPKE KRUPJE
sticlcungstod herbeifüJirt ? — krup könnte
übrigens auch das kriechende u. sclt.1 ei-
chende Ettoas sein u. der Name daher
stammen, weil es eine so schleichende u.
heimlich kommende heimtückische Krank-
heit ist.
krfip - al'er - sid (Kriech - über - Seite, od.
Kric ch-bei- Seite) , Verstecke-Spiel der Kinder;
— kämdjungens! l;it' uns kriipafersld spölen.
krup-ai'l'te, Kriech-Krbse, Zwerg-Erbse, u.
kri'ip-büiio, Kricch-Bohne od. Zwerg-Viets-
Bohne , so benannt wegen ihres niedrigen
zwerghaften Wuchses, bz. weil die Stengel
sich kriechend über dem Boden atisbreiten.
— cf. kriipen, krCipke etc.
kr ilp-d ö r- (1 e-t un (Kriech-durch-den-Zaun
od. den Garten), Geissfuss (aegopodium),
auch hers etc. genannt.
krupeii (krüpe od. krüp, krupst, krupd
od. krupt etc. ; — krop, kropst etc. ; — kra-
pen), kriechen (repere, serpere), Zusammen-
ziehungen, Krümmungen v. Biegungen ma-
chen, od. sich in Krümmungen u. Windungen
beioegen u. so auch langsam, leise u. unver-
merkt vorwärts gehen u. kommen, schleichen
etc., bz. (von Mensch u. Thier) nicht auf-
recht, sondern in gebückter Stellung od. auf
der Erde liegend über den Boden hingehen
u. rutschen, sich ein- u. zusammenziehen u.
krümmen, sich klein machen u. ducken, sich
bücken u. erniedrigen etc. ; — up de grund
längs (od. bi de mür, de böm up) krüpen;
— dat kind (od. de wurm etc.) krupt; —
he kau man äfen krupen (langsam u. mit
Mühe gehen etc.) ; — dat water krupt d'r
lien ; — he hed hör bekrapen (beschlichen
etc., cf. bekriipen) ; — he krupt dör de häge
(er kriecht durch die Hecke, d. h. er duckt,
krümmt u. bückt sich erst u. windet sich dann
durch die Hecke) ; — he kröp för hum as
'n hund ; — wen de Uie för elk un en krüpen,
den dögen se net föl un den is hör net to
troen ; — he krupt elk un en iu de ners
(er kriecht Jedermann in den Arsch, bz. er
erniedrigt u. entwürdigt sich vor Jedermann).
— Daher Eedensart: ,,krüp in min ners,
krüp üt min ners" in Bezug auf Jemanden,
der ein Kriecher, Schmeichler ti. Heuchler
etc. ist. — Sprichw. : büst du warm, krüp
in 'n darm; büst du kold, krüp in 't liolt.
— Auch subst. : dat krüpen. — mennig en
is mit krüpen wider kamen, as mit löpen un
rennen tosamen. — Compos. : be-, fer-, in-,
of-, under-, up-, üt-krüpen. — Nd., mnd.
krupen ; nid., mnld. kruipen ; afries. kriapa ;
wfrics. (Japix) krippen ; nfries. krepen;
loang. kriup ; satl. kriope ; helg. krepe; as.
criopan; ags. creopan; aengl. creopen ; engl.
creep; an. krjüpa; iicrw. krjupa; schwed.
krypa; däyx. krybe; md. krüfen; hcss. (Vil-
J. ten Doorakaat Koolman. Wörterbuch. II.
mar) krufen (kraufen, kroffen, kröffen) u.
krupen; oberd. kriefen. — Wenn die für
krüjien anzusetzende y krup die Bedtg. :
sich zusammenziehen u. krümmen etc. hat,
D WAS durch schott. (J a m ieso n) to creep in
(to shrink), kruppen in (shrivelled) sowohl,
als auch durch unser bekrüpen (be-engen
etc.) auch loahr scheinlich gemacht uurd, so
V)ürde auch unser kroppen in bekroppen (s.
10 d.) tvohl von derselben y krup abgeleitet werden
müssen, die ja auch doch für kröpel, sowie für
den mit krimpen syn. an., isl. kroppna (ri-
gescere,stupescere, cf. Jamieson unter creep
= isl. kroppna) u. für isl. kropning (genuflectio
15 etc.) angesetzt tverden muss, falls nicht isl.
kroppna u. kropning mit an. kroppin geradezu
mit krjüpa (kryp, kraup, krupum, kropinn)
zusammenhängt, was nach Biörn Halder-
sonja vom Beugen der Knie gebraucht
20 wird, ebenso wie auch afries. kriopa die Be-
dtg. : knien, niederknien od. knien u. sich
beugen (vor Jemandem od. Etwas) hat.
Davon wohl (Diez II, 258) : franz.
crapaud ; jjrot». crapaut, grapaut; cai. gripau;
25 lim. gropal (Kröte), wie engl, creeper (Un-
geziefer od. kriechendes Gewürm) von creep
u. wie nd., mnd. krüp, krop (Vieh) von
krüpen, ivo krüp im Gegensatz einerseits zu
den aufrecht gehenden Menschen u. andrer-
30 seits zu den Vögeln (cf. Alles was da kreucht
u. fleugt) steht u. eben nur das gebückt u.
geduckt, bz. auf allen Vieren gehende Ge-
thier, od. überhaupt das Gebückte u. vorn
über g eben gt Gehende bezeichnet.
35 Wegen der Abstammung s. Weiteres unter
1 kröpel.
krüper, Kriecher; a) ein Wesen, was
kriecht od. auf allen Vieren geht; — he is
nog so 'n lütjen krüper;— b) Mensch, der
40 vor Jedem, sich bückt u. im Staube kriecht
u. eine niedrige gemeine Denkungsart be-
sitzt; — he is 'n krüper (od. 'n regt krüp-äs)
un 'n gemenen kerel. — Nd. krüper ; nid.
kruiper ; engl, creeper (Kriecher, kriechendes
45 Thier; kriechendes Gethier , Ungeziefer;
kriechende Pflanze, Schlingpflanze etc.).
krupere, gekriipe, Kriecherei, Gekrieche.
kruperke, kleiner Kriecher, kleines Kind,
toas noch nicht gehen kann. Besonders auch
50 der Zaunkönig , toeil er sich gewöhnlich
niedrig an der Erde hält u. durch Hecken
u. Gesträuch schlüpft u. kriecht.
krupke, krüpje, krüptje, a) kleines krie-
chendes Wesen, kleines Wesen, Zwerg; —
55 't is nog so 'n krüpke fan 'n kind; — 't is
un 't blift all' sin Ulfen so 'n krüpke; he
word hei niks groter ; — b) das Zioerghuhn. —
Es ist Dimin. von einem ungebräuchlicheren
krüpe, krüp (kriechendes Etwas) = norw,
60 krjup, kryp (Kriecher).
25
KRUESS
386
KRUESEL
krüs, s. kruss.
kriis (sin)il. u. bildl), kraus, vielfach ge-
kniclt u. gefurcht od. gekrümwt etc., knitte-
rig, faltig, gefältelt^, runzlig, wollig, lockig
etc.; — du niiist mi dat göd net krüs makcn;
— dat watcr steid so krüs ; — hö dragt 'u
krüs (gekräuseltes, hiibsch gefaltete.*!) afer-
htiiul : — liö lied krüs här od. 'n krüsen kop
(.■<innl. u. hildi); — de köl is so krüs; —
hö trekd 'n krüsen nösc ; — he mök 'n krüs
gesigt ; — he mäkd 't alte krüs (kraus, bunt,
toll etc.) ; — de sake is mi to krüs, (hir kan
ik 1111 iii>t dörfiiiden; — he iiiäkd iiii gaiis
krüs un wikl, — he is faii dage so krüs iu
de kop, dat man hei niks mit hiim anfangen
kan ; — de rogge steid so krüs (roll, reich,
üppig) as 't man kan ; — he word so krüs
(üppig, mächtig u. reich), dat lie döii kan,
wat he wil; — dat steid d'r in hüs regt
krüs (i'ippig u. reich etc.) to; — Sprichw.:
d'r is gen Junker so krüs (üppig, reich,
übermüthig, stolz), of he hed ök nog wol 'n
lüs; — he sügt so krüs üt, as de sehüppen-
hür (der beste Bauer im Kartenspiel) ; —
krüs här! krüs sin! — krüse här un krüse
sin, dar sitt de dütel dremäl in. — Nd.,
mnd. krüs ; nid., mnld., mfläm. kroes, kruys.
kraus; ufries. kroes; wang. krüs; mhd. krüs;
aengl. (St ratm a nn) crüs, crous; schwed.,
dän. krus.
Ob dieses Wort nicht von einem verlornen
Verb. : goth. kriusan ; ags. creösan ; ahd.
cliriosan etc. abstammt, was iirsjir. die Bedtg. :
crepare, crepitare, sonare etc. hatte u. dann
hieraus wieder die Bedtg. : bersten, brechen,
knicken, krümmen, biegen, falten, runzeln,
furchen etc. (cf. kruse etc.) entwickelte? —
Ein altes kriusan ist Jedenfalls auch für den
Stamm kriust von goth. krinstan (knirschen
etc.) anzusetzen u. ist die y krus dann die-
selbe, welche für kros m. krosen (knirschen
etc., s. unter kros) anzusetzen ist. krus
selbst ist aber wohl nur tvicder eine Ablaut-
form von kris u. kras, wovon (cf. kras,
kratsen, kresen etc.) soivohl nhd. krasen
(kratzen, krempeln, kämmen, cf. Grimm,
Wb.), kräscheln (knistern, rascheln), kräsen
(schreien etc.) etc. abgeleitet icerden müssen.
Vergl. die folgenden Weiterbildungen von
krüs, iconach das Wort auch noch weiter ver-
breitet gewesen sein muss, als oben das em-
fachclirus schriftlich belegt nachgewiesen ist.
krüs-afei'henul, Ueberhcmd od. Vorhemd
mit einer schön gefältelten Krause, die vorne
aus der zum Theil offen stehenden Weste
stark gebauscht vorstand u. nur von vor-
nehmen Leuten u. bei festlichen Gelegen-
heiten getragen wurde.
kruse, Krause, krauses od. gekraustes,
gefaltetes Etwas.
krüse, Krause, Falte, Runzel, Furche etc. ;
— de krüsen fan 't aferhenid sunt regt fin
un egal mäkd ; — krüsen in 't kled, od.
iu 't gosigt, för de kop etc.
5 krüse-, krüs-beje , (rauhe) Stachelbeere,
Grossclbccrc (uvacrispa, grossuhiria). — Nid.,
mnld. kroes-, kruyshezie, kroesilhezie, kruys
hezie, kroesbai^ye ; dan., schwed. krusbiir.
krüsebejen-brei , Stachelbeerenbrei, wozu
10 nur kleine unreife Beeren verwandt werden.
1. krüsel, Krauset, kleine Falte etc. —
Kd. krrtsel ; Schweiz, chruseli, chrusla ;
vorarlb. krüsele. — Zu krüs, bz. krüse.
2. krüscl, leichter Rausch etc.; — he hed
15 'ii lütjon krüsel in de kop; — he hed sük
'u krüsel andruiiken. — Es hat wohl eigent-
lich die Bedtg.: Taumel od. Zustand, too
man taumelt, od. taumelnd u. unsicher
Jiin- u. herschioankt u. wobei sich Alles mit
20 Einem im Kreise dreht od. wo man wirbe-
lig im Kopfe ist, u. ist es demnach zweifel-
los dasselbe Wort ivie nhd. (Grimm, Wb.
V, S09C)) Krauset od. kreusel, krausei
(turbo, iroclius, Kreisel; Drehtanz, Wirbel
25 etc.); ostpreuss. krüsel, kriesel (Taumel);
nd. (Br. Wb) krüsel (Kreisel, fig. auch
ein kleines drolliges, sich viel hin- u. her-
bewegendes, od. sich rasch tummelndes Mäd-
chen, cf. Schütze IJ, S61); md. krüsel
30 (wahrscheinl. Knicker od. Schusser, bz kleine
Kugel, cf. dicscrhalb unter Krauset, trochus
u. dazu unter küselwind das mnld. keusel),
krausei (gemma) etc. — Wenn man keusol
(s. unter küselwind) in der Bedtg. : topf,
35 toupie, bz. Haarkräusel od. gekräuselter, ge-
drehter Zopf od. Schopf vergleicht u. dass
dieses Wort auch die Bedtg. Kreisel (turho)
hat, so iM es höchst wahrscheinlich, dass auch
dieses krüsel wie 1 krüsel zu krüs od. krüse
40 gehört u. zunächst entweder die Bedtg. :
krauses wirres Etwas (Krausei, Wirrcl) od.
geringeltes Etioas, geringelte Haarlocke od.
Ringet (cf. krüs := lockig od. gelockt, ge-
ringelt) gehabt hat u. dass sich hieraus die
45 Bedtg. : wirrelndes od. ivirbelndes Etwas, od.
rundliches u. rundlich gedrehtes Etwas, bz.
Etwas, was durch Drehen entsteht u. erzeugt
wird, (u. so auch Wirbel, Kreisel, kleine
Kugel, Knicker etc. od. Schwindel, Taumel
50 etc.) iveiter entwickelte.
3. krüsel, eine von geringen Leuten ge-
brauchte kleine Lampe von Eisenblech, mit
einer kleinen, aufwärtsgerichteten Tute,ivorin
der in der Lampe liegende Docht ausmündet.
55 Diese kleinen Lampen hingen entweder mit
einer Kette am Boden, od. sie wurden auf
den sog. schürsteinshossem gesetzt. Der
Docht war entweder der gewöhnliche baum-
wollene od. früher auch ein Binsendocht u.
60 das gewöhnliche Brennmaterial Thran, wes-
KRUSELN
387
KRUWEL-KRUM
halb sie auch gewöhnlich trän-krusel heissen.
— Nd. krüsel, krösc'l, kreusel ; mnd. krusel,
krusele, crusele (Lampe, Lichttiegel) ; nid.,
mnld. kruysel, krosel (lychnuchus od. lampas
pensilis); franz. (cf. Br. Wb., II, 888)
croissol ; aspan. crisuelo ; baslc. criselua, cru-
selua, criselu, cruslu (Lampe). — Wohl mit
span. crisol (Schmclztiegel); bask. crisuela
(unteres Gefäss einer Lampe) ; mittelrhein.
crusel (obba); md. krüsel; oberd. krausei
(Napf, Tiegel, Topf) dasselbe tvie nhd.
(Grimm, Wb.) Krausei, Kr du sei,
oberd., bayr., schwüb. krussel, krusel (Kanne,
Bier-, Milch-Kanne) ; schioeiz. krusle, krusel
(Beckelkrug) ; appcnz. chrosla, krusla (irde-
ner Becher), dem urspr. Dimin. von mhd.
krüse (cf. 1 kros), sodass es urspr. überhaupt
nur ein kleines Gefäss od. Thongeschirr be-
zeichnete u. wobei dann span. crisol ; aspan.
crisuelo ; bask. criselua, cruselua etc. aus dem.
germ. entlehnt sind ti. auf ein ahd. clirüselin,
mhd. kruseliu, nd., and. krüsele zurückgehen,
was entweder in den Zeiten der Völker-
wanderung nach Spanien etc. kam, od. durch
unsere die dortige Küste besuchenden Schiffe
dort bekannt wurde.
krüseln, krausein, kraus, faltig, knitterig
etc. machen, unordentlich zusammen nehmen
etc. — du kriiselst dat göd je so, dat 't
nargens mer na likt.
ki'üse - münte , Krause - Münze , Krause-
Minze.
krüsen, krausen, kraus, faltig u. knitte-
rig machen; — dat göd is all' tokrüsd. —
Nd., mnd. krusen ; nid., mnld. kroesen, kruy-
sen ; an., isl. kriisa etc.
krüsen, in Krausen od. Falten machen
u. legen; — 'n kled od. mütse (Haube) etc.
krüsen.
krüske, s. krüsske.
ki'üsken, krüsling, Karausche. — Nd.
kruuske; mnd. karuske, karusse; dän. ka-
ruse etc., s. weitere Formen in Grimm
( Wb.) unter Karausche, die sämm tlich
auf lat. coracinus (griech. korakinos) zu-
rückgehen.
krfis - kop , Krauskopf ; — a) Mensch,
der einen Kopf mit krausem Haar hat;
— b) Mensch, der einen krausen, wunder-
lichen, leicht erregten Sinti hat u. leicht
böse wird.
ki'üss, krüs, krüts (Dimin. krüsske, krüske,
krütske), Kreuz, in allen Bedtgn. (sinnl. u.
bildl.) wie im Hochdeutschen ; — unse lefe
heiland is för uns an 't krüts stürfen ; —
dat hüs (od. de mölen etc.) steid in 't krüts ;
— 't krüss (Brett in Kreuzesform) fan de
karnpuls ; — he dragt 'n krüts up de borst ;
— he mäkd (od. trekd) 'n krüts (Zeichen
des Kreuzes); — ik hebb' 't so in 't krüss
fan de ri'igge ; — elk mut stn krüts dragen ;
— he hed föl krüss uu elend in hüs ; —
krüts (adv.) un kwer. — Sprichio. : de 't
krüss hed, sägend sük sülfen toerst; — elk
5 hed sin krüts, man de müller hed dat grotste
(die gekreuzten Flügel der Windmühle) ; —
elk hüskcn hed sin krüsken. — Nd. krüts ;
mnd. kriize, kruce, kruse; nid. kruis; mnld.
kruys; afries. crioce, kriose, krüs; wfries.
10 krjues; nfries. krütz, krötz, kross, korss;
toang. krüs; helg. krüts; satl. krjus; as.
kruci ; aengl. cros , cruche ; engl, cross,
crouch; an., isl. kross; norw. kross, kors:
schwed., dän. kors ; ahd. crüci, crüzi, krüci ,
15 krüzi, chrüci, chrüce, chrüze, chriuce, chriuze ;
amhd. crüce, krüce, kriuce ; mhd. kriuze ;
kriutze, kriuz etc. aus lat. crux, crucis, tvas
Fick (1,813) mit kslav. kroze (quer durch)
u. nhd. sehr äg e etc. zu einer y skark
20 (verschränken, schräg gehen) stellt, ivorüber
Weiteres unter schräg, schräge etc.
krüssel - brade , krüselbrä', Braten aus
dem sog. Kreuz (dem oberen Bückentheil)
des Rindes. — Nd., mnd. krüsel-, kruselbrade,
25 krusebrade. — Zu krüss u. nicht zu 3 krüsel,
ioie im Br. Wb. angegeben ist. Wegen der
Form vergl. mnd. kruse (Kreuz) unter krüss,
sowie das folgende;
krüssel-wai'k, krüsswark, ein ins Kreuz
30 od. in Kreuzesform gearbeitetes u. verlau-
fendes od. kreuzförmig zusammengestelltes
Werk, wie z. B. a) ein Gebäude in Kreuzes-
form od. mit gekreuztem Dach; — b) das
obere Holzgestell einer Windmühle, icelches
35 kreuzförmig zusammengestellt u. in der Kreuz
u. Quere durch Streben mit einander ver-
bunden ist, weil innerhalb desselben sich das
ganze Triebwerk befindet; — wen 't^krüssel-
wark man erst steid, den hebben wi 't bold
40 wunneu ; — c) die durch das sog. Kreuz
des Bückgrates bedingte Bückenbildung eines
Thieres ; — dat der hed 'n göd krüssel- od.
krüss-wark.
krüsske, krüske (Dimin., s. krüss), ein
45 kleines Weissbrod in Kreuzesform.
krüss-wark, s. krüsselwark.
krüss-wurtel, Kreuzkraut, Kreuzwurzel
(Senecio vulgaris).
krütsen, kreuzen; — a) das Zeichen des
50 Kreuzes machen ; — he krütst (od. bekrütst)
sük; — b) sich kreuzweise schneiden od.
vorbeigehen u. begegnen ; — de wägen krüt-
sen sük hir; — wi hebben uns krütst; —
c) hin- u. herfahren; — dat schip mut
55 krütsen.
krüts- , krüss- , krüs - strate , Kreuz-
strasse od. die Stelle, wo zwei Strassen
sich kreuzen.
krnwel-kram, stark gekrümmt, sehr krumm
60 etc. — Afries. krawelkrumb, kraulkrum
25*
KSJU
388
KÜCHELN
ßruwm icie ein Haien), cf. afries. krawcl
etc. unter 1 kiallc.
ksjü; /. q. sjü.
kübbe, küb, eine ans Weiden gefloehlene
Fischreuse. — NUL kub (Fischreuse). —
Da scncohl koboii als kobor in der Bedtg.
„Fangvorrichtunff für Fische" od. „Eeuse"
(cf. Grimm, MIk unter Koben sub :J^,
u. Kober sub 2) vorkömmt, ,so toird es
(cf. auch kübbiug) von Hause aus wohl
da.^sclbe Wort se<« wie mhd. kobe (Stall
od. Behälter).
kiibbiii^, kübben (gewöhnlicher iitkübbing
od. iitküblien genannt), ein abgeldeideter
Raum an der niedrigen Seite einer Scheune,
seitwärts von der Dreschdiele, worin sou-ohl
das Kleinvieh (Kälber, Schafe, Gänse etc.),
als auch der Torf u. andere Sachen auf-
bewahrt iverden. — NW. kubbiiiff; mnld.
kiibbingh (aiipeiulix tugurii); ?u/. kübbting
(cf. mnd. kiibben -droiipe bei Seh. n. L.).
Mit nd. (Dimin., cf Br. Wb., II, 890)
kubjo von kübbe -^ mhd. kobe (Stall, Be-
hälter, Koben); tf. Grimm, Wb., tinter
Koben sub .ܰ, n. Weiteres unter kau
M. 2 kuf.
kucbel (Fem. u. Keutr.), gemeine Person,
die allerhand Heimlichkeiten hat u. allerlei
Heimlichkeiten, Schlechtigkeiten u. schmutzi-
ge Geschichten treibt, sich bei der Strasse
herumtreibt u. ihre Wirthschaft vernach-
lässigt, hinter dem Bücken ihres 3Iannes
ihm seine Sachen verschleppt u. verkauft od.
heimliche Schulden macht u. das Geld mit
guten Freundinnen verprasst od. mit einem
heimlichen Liebhaber verthut, liederliche Per-
son, Hure etc. ; — 't is so 'ii regten olden
(od. regt cid) kucliel fau wif, de hör man
up alle kanten bedrügt un altid allerband
kucheleen mäkd. — Nid. (v. D a l e) kochel,
(W eil and) koghel (Hurentoirth, Person
die Huren hält od. eine Hurenirirthschaft
hat, od. überhaupt ein heimliches, gemeines,
schlechtes u. schmutsiges Gewerbe treibt). —
Da die Endung „el" übcrhatipt nur ein
Etwas (gleichviel ob Ding, Sache od. Wesen,
Geschöpf, Person) bezeichnet, so muss im
Sta))im kucb, nid. koch überhaupt der Be-
griff des H e i m liehen u. Verborge n c n
etc., od. des Schmutzigen, Gemeinen
u. Schlechte n etc. liegen, tvorüber Wei-
teres unter kücheln, cf. auch kinken, kunkel
etc. II. xoeiter :
kucliple, heimliche, lichtscheuende, be-
trügerische, od. faule, schmutzige, .■schmie-
rige , gemeine Geschichte od. Steche etc. ;
— mit so 'n kuchelß mag 'k niks to dön
bebbcn etc.
kiicheler, kncliler, Einer, der sich mit
gemeinen, schmutzigen, anrüchigen u. ver-
botenen Dingen befasst od. dergl. Geschäfte
betreibt u. vermittelt; daher auch : gemeiner
Wucherer, Hehler, Betrüger, Kuppler etc.
kuchelprskp. kiiclilorskc , (Dimin. von
5 kucbi'l<M), M'eib od. Mädchoi, die dasselbe
thut wie ein kiicheler.
kucliol-hacbai'iEjo, gemeine Herberge od.
Kneipe, wo gemeines Pack logirt u. aller-
hand gemeine, betrügerische ?<. schmutzige
10 Geschichten betrieben tverden, die das Licht
scheuen.
kiit'liPl-hfis, gemeines Haus, worin Strolche,
Diebe, Huren etc. Aufnahme finden od. ver-
kehren u. ihr Wesen treiben, od. worin Je-
15 mand wohnt, der lichtscheue Geschäfte mit
solchem Gesindel macht. — Nid. kochel-,
koghclluüs, Hurenhaus etc.
kucliol -kraiii , gemeiner, betrügerischer,
lichtscheuer , schmutziger Kram, Schmutz-
20 kram, Hurenkram.
kiicholn , a) faule, schmutzige, schlechte,
betrügerische, heimliche Geschichten machen
od. betreiben, heimlich verkaufen, u. ver-
tauschen od. verschleppen u. wegbringen ;
25 — se mag niks Icfi-r as kücheln od. küchele,
kuchclkräm maken; — se ferkucheld hör
mans güd; — b) schmutzen, schmieren,
mantschen etc.; — se kucheld d'r wat mit
herum ; — se kucheld 't alP dör 'n ander ;
30 — sc kucheld wat toregt etc. — Vergleicht
man unser klatte (schmutziges, gemeines
Weib) vom Schallstamm klat, — klüngel
= kuchel (s. oben) u. klüngcln vom Präter.
klung, von klingen (sonare etc.), — kunkel,
35 kunkeln vom Präter. kunk, von kinken, so-
tcie iveiter, dass die Stämme kik, kich —
kiuk, kinch — kucb, kunk als Schallstamm
ebenso wie klat «. klak neben sonus, crepi-
tus , fragor etc. od. Geräusch , Krach u.
40 Bruch etc. auch die Bedtg. macula , Fleck,
ScJimittz etc. entwickeln konnten, so ist es
beim Vergleich von kunkeln, von kinken,
kunk etc., sowie von kink in kink - host
(Keuchhusten) zu kuclien (keuchen, husten
45 etc., cf. kuchen) fast zweifellos, dass sich
auch von diesem Sehallstamm kuch = aengl.
cough, cogh (s. unter kinken), nid. kuch,
koch od. kugh, kogh auch loieder die Bedtg. :
macula schon früher entwickelt hat u. dass
50 demnach kuchel (s. oben) xirspr. dieselbe
Bedtg. wie klatte, klüngel, klunker, kunkel
etc. hatte. Bestätigt wird dies auch durch
das mit dem Stamm kuch, kugh od. kug
formell ident. engl. (Lucas) cauch (ekel-
55 hafte Mischung) , was ur.^ipr. wohl die
Bedtg.: macula, bz. Fleck, Schmutz, Unrath,
Koth etc. (cf. klak u. klatte, kladde etc.)
hatte, lüobei beim Vergleich von nid. smet
(Klecks, Schmutz, anhaftender Schmutz od.
60 Stoff), smetstof (Schmutzstoff, Anstcckungs-
KUCHEN KUECHEN
389
KUEDDE
Stoff etc.), smetten (flecken, besudeln etc. ;
anstecken mit einer Seuche etc.) mich ivohl
das mnld. koghe ; mnd. kogo (coiitagium,
Seuche, ansteckende Krankheit), koge, koege
(behaftet mit, od. anr/esteckt von einer Seuche
etc, cf. nid. besmetd, beschmutzt, angesteckt
von einer Krankheit) mit engl, coucli (ekel-
haftes Etwas) auf einen Stamm kiig, kuch,
kog, kogli etc. in der Bedtg. : Schmutz etc.
zurückgehen, zumal dieses koge od. kog
(Grimm, Wb. V, 1577) in den oberd.
Mundarten die Bedtg. : Aas (Verb.kögo^cn,
nach Aas riechen, stinken etc.) hat u. auch
Schimpf wort in der Bedtg.: Schelm, Schuft
etc. ist.
Zum ScJilusse sei übrigens noch er-
7oähnt, dass kücheln sich auch sehr nahe
mit mnd. (Seh. u. L.) kochclen, gaukeln,
Gaukelei u. Betrügerei treiben, cf. coeclilen
(joculari, ftircinare), cocclilor (varonde man,
uettelboeve) berührt n. demnaclt, auch leicht
mit diesem ident. u. also ein Iterativ von
dem unter gökeln etc. bereits angeführten
kochen sein könnte.
klldieii , küclieii (com kurzen , harten
trockenen Husten), husten, hüsteln, hustend
anstossen od. stossiveise u. mit Athembß-
schwerde husten. — Auch subst. : dat knchen
od. küchen. — Nd. kuchen, küclien, kücheln
(dasselbe u. auch: keuchen, kurzathmig sein) ;
nid. kuch (trockner Husten; Lungenseuche),
kuchen od. kugcheu (husten, hüsteln; keu-
chen) 11. kuichen (keuchen), soivie kuk-
lialzen (schluchzen); ioang. kugje; aengl.
cough od. coughe, coghe (tussis), coughen,
coghen (tussire) ; engl, cough (trockner Hu-
sten), cough (husten). Wie kinken, kakeln,
kikken u. higen, hikken u. mhd. lachen
(keichen, keuchen etc.) etc. zu einem Scliall-
stamm kik od. kak , so gehört kuchen mit
mhd. küchen u. buchen (hauchen) zu einer
Schcdlivurzel kuk, die ebenso loie unser
Schallstamm : klak, knak, krak etc. aus der
Bedtg. : sonus, fragor, crepitiis auch toieder
die von: Bruch, Knick, Biegung, Krümmung,
od. Bruch, Spalt, Riss etc. erzeugte «. laut-
verschoben die y von hokke, büke, hok,
buk , hog , hugen «. nhd. h a u ehe n (s.
unter den obigen Wörtern u. unter higen,
hikken etc.), dann aber unverschoben auch
die y von kuchen u. nhd. kauclien (hauchen)
u. kauchen (kauern od. hocken, sich knicken
od. biegen, od. krümmen, zusammenziehen
etc., sich ducken) ist u. auch in ausser-
deutschen Wörtern theils verschoben, theils
unverschoben fortlebt, wie dies in G r i m m
(Wb. V, 305 etc.) unter 1 ti. 2 kauchen zu
ersehen ist. Vergleicht man nun aber weiter
das unter higen Gesagte, so ist es klar, dass
auch das ags. ceöcjan (mag es nun [cf.
E 1 1 m ü 1 1 e rj die Bedtg. : ruminaro, consi-
derarc od. [cf. H. L e o] die von : loürgen,
brechen etc. haben) u. an., ist. kykja u.
koka (deglutire), kok (gula, fauces etc.) wohl
5 auch zu derselben Schallwurzel kuk od. kug
(sonare, tonare, clamare etc., cf. Fick I,
49 u. 50) gehören, da .ja auch die y gar
(schlucken, schlingen etc.) von gar (rauschen,
tönen) nicht verschieden ist u. die davon er-
10 loeiterte y garg nicht allein die y von Int.
gurges etc., sondern auch die von. an. klaka
etc. (s. unter krak) ist.
kiidde, Haufe, Koppel, JIcerde etc. ; —
'n küdde schapen , gosen , patrisen etc. —
1.5 Nid., mnld., mnd. kuddo ; afries. keddo;
nfries. ked ; ahd. cutti , chutti ; bagr.,
Schweiz, kütt ; oberd. u. nhd. Kü tte, Kitte,
Kette etc. — Sollte dieses Wort in ähn-
licher Weise loie engl, chib (geschlossene
20 Gesellschaft, Vereinigung etc.) mit club
(Keule, Knüttel od. Kloben, dickes Stück
Holz := urspr. : gespaltenes od. abgcspcdtenes
Etivas u. so auch: Stück, Theil etc., bz.
Abtheilung, Schaar etc. [von clioban, kliuban,
25 klub etc.], spalten etc., cf. kliifcn u. Iduft, kliift)
vielleicht mit mnld. kodde, kuddo od. kodsp,
kudse (clava nodosa, stipcs nodosus) ; schott.
(Jamieson) cud (a strong staf; a club);
engl, cudgel (Knüppel, Brügel etc.) verwa)tdt
30 sein? — • Nach der ivahrscheinlichen Ver-
toandtschnft von engl, club mit clioban (cf.
kluft ti. klöfeu) od. mit Kiifen od. klimmen,
klampe u. klumpe (s. unter klampe, klimpe,
klnmpe u. cf. auch klatte loegen der Bedtg. :
35 dickes Stück, Klumpen, Haufe etc.) loürde
man nämlich davon ausgehen können, dass
die Bedtg. : Klumpe, Haufe, Knäuel, Schaar,
Heerde etc. entweder auf die Grdbdtg. :
spalten, trennen, scheiden (cf. schär, von
40 scheren) etc., od.: kleben, zusammenkleben,
sich zusammenballen etc., od. überhaupt auf
die von: fassen, haften, halten etc., od.
binden , verbinden , vereinigen etc. zurück-
geht, in icelch ersterem Fall man annehmen
45 müsste, dass es ursp)r. ein germ. Verb, kidan,
kad, kud, kudun gegeben hätte, dem zunächst
(cf. klatte, klak, krak, knak) ein Schallstamm
kad (cf. skr. gad, dicere, loqui, bz. urspr. :
Geräusch machen, einen Schall od. Laut
50 hörbar machen u. von sich geben etc. u. mit
gad, gand, tonare od. sonare urspr. eins) in
der Bedtg.: sonus, crepitus, fragor etc. zu
Grunde lag u. dann hieraus ebenso wie
knak, krak etc. die Bedtg. : Bruch, Riss,
55 Spcdte od. ivie klak «. klat (cf. kladde etc.)
die von Fleck (macula), Schmutz, Schmiere
entivickelte , eine Bedtg., die soivohl (da
Schmiere auch klebt od. ein Klebestoff ist)
für nhd. Kitt (urspr. kütt od. ahd. chutta)
60 ?t, kitten, wie auch für nhd. Koth =
KüDDEL-MUPDEL
390
KÜDER-WALSK KÜTERWALSK
iüiserm kwäd (dies erfordert Alles eine
germ. Grdform kutla, ahd. cliuta, chutta,
gekürzt kiul u. dies = kwail, cf. kwäd)
pusst , icegen deren lathrscheinlichen un-
mitteiharen Verwandtschaft dieser Wörter
in G r i ?h tn (IVb.) nachzusehen sind. Wäre
die Bedtg. : Haufe etc. aber nicht aus der
von : zusammen od. aneinander klebendes
Eticas hervorgegangen, so könnte man an-
statt von Fleck, Schmutz etc. (als der
Bedtg. des Schallstamms kad od. kid, kud)
auch von der Bedtg. : Bruch, Sjtalt, od.
breche n etc. ausgehen u. kudde als Bruch-
theil, Stück, Theil (als abgebrochenes od.
abgespaltenes od. abgescJinittcnes Etioas)
«. so wieder als Ahthcilung od. Schaar
etc. von diesem Stammverb, ableiten , zvas
sich der Sache nach auch ja ganz gleich
bleibt n. ivobei dann Ja auch das schon
oben erwähnte mnld. kodde etc. mit küddc
sich ganz ungesucht von derselben j/ ab-
leiten lässt.
Zum Schluss sei übrigens noch enoähnt,
dass die y gadh, gandb, von gaden (fassen,
halten, festhalten, binden, verbinden, ver-
einigen etc.) auch für ein für K i tt u. ahd.
cutti anzunehmendes Verb, kidan (kad, kud)
in der Bedtg. : binden, verbinden, vereinigen
etc. nicht allein begrifflich, sondern auch
formell ganz genau stimmt, icährend die |/
gadh (verderben, vernichten etc. od. urspr.
loohl: brechen, knicken etc. od. spalten, zer-
kleinern, zermcdmen, zersplittern etc.) auch
wieder für unser kwäd ii. nlid. Koth so-
wohl, als auch für Kitt (vergl. die Bedtg. :
lutura , argilla etc. od. = lapidam frag-
menta etc. unter Kitt sub 3^, in Grimm,
M^b.) 2)asst. Da nun aber die Bedtg. :
quellen enttcedcr auf der Bedtg.: rau-
schen (cf. kakcn u. wellen, kwellen) od.
hr echen , hervorbreche n etc. beruht,
so würde sich auch das von Hildebrand
(cf Grimm, Wb.) erwähnte Kett, sofern
dies wirklich die Bedtg. : Quelle hatte,
auch zu der obigen Wortgruppe stellen lassen,
obschon es wahrscheinlicher ist, dass dieses
Kett ebenso wie ahd. ketti (cf. 0. Scha de)
die Bedtg. : Grube, Grab etc. (d. h. urspr.
Spalt, Kluft, Höhle od. Bruch, Ritze, Loch)
hatte u. demnach in der Bedtg.: Bruch etc.
zu der obigen ]/ gehört, cf. auch kiinte etc.
in der Bedtg. Spalt.
knddel - mnrtdel , ivirres Durcheinander,
Lumpenpack , Lumpenkram , Schmutzkram,
Schmierkram etc.; — 't is all' en kiuldcl-
rauddel. — Wie muddel tvohl mit niuddor
u. nhd. Moder zusammenhängt, so dürfte
kuddel irohl = kudel (Lumpen, Fetzen
etc.? od. wirres Durcheinander, L^oden,
wirre Haare) od. = koder (Fetzen, Lappen,
Lumpen etc.) sein. — Vergl. diese Wörter
in Grimm, Wb., ?/. s. icegen der Ent-
stehung des Begriffs LMppe, Fetze etc. u.
Schmutz etc. aus einem Schallstamm das
5 Weitere unter kladde u. klatlc , wonach
dann auch dieses kuddol od. kudcl , koder
wohl zur Schallwurzel kiit (s. unter kiuler-
wälsk, kautcr, kütjcu u. dem vorigen küdde)
gehört. m
10 kudcr-wrilsk, knterwälsk, kauderioelsch, ^
fremdlän discli , fron da ri ig , u n verstau dlich,
wunderlich, sonderbar, verdreht etc.; —
lie prötd (redet) so knderwälsk (od. he is
so 'n kuderwälskcn iirotor), dat man hum
15 hast hc'l nOt forstän kan; — 't is so 'n fer-
droidon kuterwälskcn kcrel, dat man hei net
wet, wo man mit hum d'r an is ; — dat is ■
so 'n kuterwälslcen kiäm (od. sügt so kuter- ■
wälsk üt), dat ik d'r niks fan begr'ip ; — he
20 sag so knterwälsk üt, as of he net regt
dägc was. — Kid. koeterwaalsch; mnd.
kuderwalisch ; Schweiz, küderwelsh. — Das
nid. koeterwaalsch ist unmittelbar von (cf.
Weiland, v. Dale etc.) koeterwaal
25 (kauderwelsch) u. koctcrwaleu (kauder-
ivclschen, kauderwelsch reden), koet(>rwaal
(Kaudenvelschcr, od. ein Wa 1 e, Wa Hon e,
Franzose od. Roma n c, der das Nieder-
ländische radebricht od. fremdartig u. un-
30 verständlich spricht) weiter gebildet, während
die Vorsglbe koeter (bz. kiiter, kiider, Kau-
dcr, Kauter) entweder einen unverständlich
redenden Menschen od. Schivätzer etc. be-
zeichnet, od. dieselbe Bedtg. tvie Klatsch
35 u. Schwatz in Klatsch- od. Schwatz- Maul,
od. eine ähnliche Bedtg. (cf. unter kauter)
wie P läpp er in Plapper-Maul u. Ge-
plapper hat, da dieses koeter das Stamm-
2vort von nid. koeteren (radebrechen, ge-
40 brechlich u. unverständlich reden, od. plap-
pern u. lallen etc. wie die Kinder etc.) ist.
Was nun aber koeter (wegen waal, waalsk
etc. s. unten) u. koeteren (kudern, kutern,
kaudern, kautern) betrifft, so liegt diesem
45 entweder ein Verb, kuten, kauten (schwatzen,
lärmen, unver ständlieh reden etc.) zu Grunde,
od. der Stamm kuter, kuder ist in ähnlicher
Weise wie Klapper, Klatscher, Flapper etc.
n. ebenso wie kuten, kauten direct von einem
50 Schallstamm kut (urspr. germ. kut od. kuth,
bz. kwat od. kwath, kat, kath od. kwit,
kwith, kit, kith) iveiter gebildet, der selbst-
redend als Schallwort auch im germ nn-
ver schoben geblieben sein u. sowohl idg. kat
55 als (wenn verschoben) gat gelautet haben
kann , u. sowohl unserm kattcrn (lärmen,
plaudern, schnattern ; knattern) als kwatjen,
kwatteln, kwäteln u. vielleicht auch 2 kettern
zu Grunde liegt. Erwägt man nun aber
GO ferner , dass alle Verba mit der Bedtg.:
KUDER-WALSK KUTERWALSK
391
KUF
sjj r ec h en, reden, s i ii ff e n etc. a iif
Schttlhvnrscln zur ilcJc gehen , so ist es auch
höchst wcJirscheinlicli, dass die idy. ]/ Icat
(cf. lat. (jua u. CO aus i(Uj. k;i), Jünnoi,
schwatzen, schelten, xnahlen, riihmcn etc.
(od. urspr. : rauschen u. schallen , soiiare,
tonare, crepitare etc.) ausser für die ohiffcn
Wörter auch für ffoth. qithan, qat, qut ; as.
quethan ; africs. (luctlia (sprechen, safjen) n.
mnd. kideren ; VHinq. quidderoii (schwatzen,
s. u. kwattelu, kwiiteln), sowie ferner für
das obige nid. koetcron u. oherd. kauderii,
kauteru (schreien, Jcollern loie der loelsche
Hahn) u. Alles loas IUI d ehr and unter
dem 3. hau dem beibringt anzusetzen ist.
Weiter vergl. noch: mhd. knie; mnld. kuter,
kuyter (columbns), so benannt nach dem
Girren, Gurren od. Grollen etc., icas der
Tauber hören lässt, — vmld. kout(colloqniuni,
fabula, migac), loas KU. geradezu durch
nid. klap (sijn. mit nhd. Kl at seh) erklärt
u. tvovon kouteii (fabulari , nngari , sermo-
cinari), kouter (fabulator) etc. loeitergcbildet
sind, was ja zweifellos mit mnd. (Sc h. u.
L.) kuten, kueteu (sirrechen, schwatzen) u.
mhd. kiuten (dasselbe) ident. ist , od. doch
demselben Schallstamm kut, kwat atigehört.
Diesemnach nun ivürde nid. koeter- od.
kouter- waal wörtl. soviel als Fl au der-,
P l app er- Wale , bz. ein pl app e r n d c r
Fr an z ose od. lio m a n e sein, der selbst-
redend ja auch für den Niederländer
u. Deutschen fremdartig u. unverständlich
spricht u. überhaupt das ist, was man 2üohl
von jeher unter kaudertuelsch verstanden
hat. Sollte übrigens der 1379 in Bagern
schon vorkommende Name „khawderwalch"
(walch ist ganz dasselbe wie nid. waal , da
beide Formen auf v e a 1 li als Bezeichnung
eines Fremden u. besonders eines Franzosen
od. Italieners zurückgehen, loie unter walsk
zu ersehen) urspr. einen welschen Krämer
od. Händler bezeichnet haben u. das Wort
wie Handel- od. Schacher-Jude von Kauder
u. Walch zusammengesetzt sein (s. darüber
Gri m m, Wb., unter Katcderiv elsch am
Schlüsse) , so dürfte auch das nid. koeter-
■waal urspr. die gleiche Bedtg. gehabt haben
u. erst später die Vorsylhe koeter mit
koeteren (auch dies scheint ein aus dem
deutschen kutern, kudern, od. kautern, kau-
dern entlehntes Wort, fcdls es nicht wie mhd.
kutern, kuttern von kute, von mnld. kuyter,
kuter [Tauber, columbus] zveiter gebildet u.
mit diesem auf ein altes kuten als Schall-
verb, vom Schallstamm kut — kwat zurück-
geht) in der Bedtg. : l ollen od. ein lallen-
des, gurrendes Geräusch machen u. so auch
undeutlich reden etc., zusammen gestellt u.
in Verbindung gebracht sein. Wegen kuter
od. kauter, kauder in der Bedtg.: Händ-
ler od. Krämer sei dann noch bemerkt,
dass dieses Wort urspr. loohl einen Mann
bezeich}icte, der Tausch- od. Zwischen-
5 Handel trieb, da dieses Wort zweifellos mit
nhd. kut (Tausch), bz. unserm kütjen (s. d.)
zusammenhängt.
1. kill', ein Schwein, meistens aber als
Lockwort für das Schwein (kuf! kuf! —
10 kum kuf!) gebraucht u. dann auch wieder
iu, Verbindung mit swin (kut'swiii), statt kuf
od. swiu allein. — Nd. (Br. Wb.) kuf
(Lockwort für Schiveine), ivovon auch die
Compos. : kui'swien u. kufvarkoii für Scliioein
15 u. Ferkel.
Fs ist ein ScJudl- od. ein Ton-malendes
Wort u. zunächst icohl Ablaut von kif in
kifon, kifken, was aber loegcn des dumpfen
u-Lautes auf den kurzen grunzenden
20 Ton des ScJnvcins bezogen ivurde u. dann
cds Benennung auf das Schivein selbst
überging, tvie dies bekanntlich bei so vielen
Thier-Namen der Fall ist. Als Schallstamm
steckt es daher auch (cf. kloppen zu klippeu
25 n. klappen) loohl im nd. (D ä h n ert) kuffen
(mit gebcdlten Fäusten schlagen od. stossen,
puffen, knuff'en), (Schütze) kuffeu (ohr-
feigen); nhd. (Grimm, Wb.) Kuffen
(Prügel, Schläge); sächs. kuffen (prügeln
30 etc.) ; schwed. kuffa (stossen, schlagen) ; engl.
cuff (Faustschlag, Schlag mit den Klauen
etc.), cuft" (mit Fäusten schlagen, durch-
ivalken, knuffen, mit den Flügeln od. Klauen
schlagen, mit den Knien aneinander schla-
35 gen, die Hände um die Brust schlagen, um
sicJi, zu erwärmen), cuff (sich schlagen, sich
balgen), tvobei sich beim Vergleich des mit
kuffen, engl, cuff etc. ganz syn. knuffen,
gnuffen, gnubben (s. d.) auch das Merk-
40 loürdige ergiebt, dass knuffen im nid. loieder
die Bedtg. : y r u n z e n (od. wie v. Laie
sagt: knorren als varkens) hat u. das Subst.
knuf (cf. V. Dale) nicht cdlein einen ein-
maligen grunzenden Ton, sondern auch ein
45 Etwas od. Wesen das, od. Person, die
grunzt, bz. ein grunzendes u. knurrendes
Etwas, od. einen Grunz er (Grunz-Wesen,
Grunz-Person) bezeichnet u. sich dadurch
auch ivieder unser kuf einestheils cds Ono-
50 matopöie eines dumpfen grunzenden Tons
■u. ander ntheils als Benennung des S chw e i-
nes als grunzendes Wesen u. drittens
auch (ebenso loie der Schallstamm knuf,
gnuf) von knuffen wieder cds den Stamm von
55 kuffen u. engl, cuff bestätigt. Vergleicht
man nun aber wieder den wechselnden An-
laut von knuffen, gnuffen, so liegt der Stamm
guf von guffel (alberner thörichter Mensch,
Narr) u. unserm guffeln (dumpf u. albern
60 lachen), engl, schott., bayr. guff, goff (Dumm-
KÜF
392
KÜF KUF-SCHIP
Tcopf, Thor, Narr) lautlich u. begrifflich so
nahe zu kuf, rfas*- die urspr. Gleichheit
beider Schallstämme kaum abzuweisen ist,
ti. icenn 7noit nun oben unser guttel u. schalt.
guff, goff (S. unter guffeln) zu schott. chuf
(clown), cufe (a simpletou) u. coof, cufe (a
silly dastiU'illy fellow) venjleivht (Ja m i es o n
sagt von cliuf : evideutly tlie sanie with cufe),
so dürfte auch dies u. beim Vergleich von
knuffig ('ii knuffigen kerel, ein ungeschlachter,
grober Kerl) zu knuffen aucJi vielleicht das
aengl. (St rat man n) cliuffo, choffe (rusti-
cus), engl, cbuft' (Grobian, Lümmel, Bauer,
Dummkopf etc.) mit den obigen Wörtern zu-
sammenhängen. Ob nun aber das engl, cuff
(Mann od. Person etc.; an old ouff) u.
aengl. cuffe, engl, cuff (Manschette, Iland-
krause, Aermelumschlag od. Aufschlag am
Ende des Aermels) auch mit engl, cuff'
(Schlag od. sich schlagen etc.), od. nicht viel-
mehr mit an., isl. kuti (persona, larva; cu-
cullus), bz. mit unscrm küfke u. 2 kuf, od.
überhaupt mit dem u-citverbreitetcn Stamm
„kuf" als Bezeichnung dessen, was Etwas
ein-, um- od. in sich fasst, od. icas ein
anderes Etwas bedeckt etc. (cf. kappe u.
kop etc., sowie auch, dass unser dop [u.
auch wohl dobbe] formell u. begrifflich das-
selbe wie nhd. Topf u. dagegen unser top
[isl. ki'ifr ist auch = dän. top] wieder for-
mell dasselbe wie nhd. Zopf ist) u. auch
die Spitze etc. von Etwas ist, zusammen-
hängt, icage ich nicJit zu entscheiden. Ver-
gleicht man indessen, dass stülpe ei)i Sturz-
Ding bezeichnet u. stülpen auch die Bedtg. :
stürzen etc. Juit, bz. dass das Stammverb.
stilpau (hemmen, aufhalten) icahrscheinl.
urspr. die Bedtg. : Stoss, Fall od. Sturz etc.
machen (ein Stoss od. Prall hemmt auch
den Fortgang von Etwas) od. stossen, nieder-
stossen, stürzen, Fall machen, bz. schlagen,
puffen, niederschlagen u. stürzen hatte, so
tcürde sich auch von kuffen od. dem Schall-
stamm „kuf" als Bezeichnung eines Schlages,
od. Stosses, Pralls u. Falls od. Sturzes etc.
auch das engl, cuff' (Manschette od. Aermel-
Aufschlag, bz. dasselbe wie Stulpe = Sturz-
Ding) icohl von kuffen (schlagen, puffen,
einen Stoss od. Puff geben u. einen Puff' od.
Sturz, Fall [auf Etwas] machen od. einen
Prall [u. so auch eine Hemmung] geben,
wodurch ein Etwas eine Zurückbewegung
macht M. über ein anderes Etwas Jiin über-
stürzt u. sich darüber hinlegt) ableiten lassen,
da ein Aermelumschlag ja auch ein
zurückschlagendes od. zurückprallendes Et-
was ist u. auch eine Manschette ein Um-
schlag (um Etwas herum) ist, wie Ja auch
u m s 1 a g die Bedtg. : Hülse od. Tute
etc. u. Schutzding etc. hat.
2. knf, od. kuf-schip, Seeschiff von breiter
plumper Bauart, mit zwei Masten u. rundem
Spiegel. Sie icerden wohl nur hier an der
Küste u. in Holland gebaut; iind den
5 Schmacken ähnlich , doch meistens grösser,
u. untersclieiden sich von diesen hauptsäch-
lich dadurch, dass der Besahnmast nicht
wie auf den Sehmacken niedergelegt werden
kann, sondern feststeht. — Sprichw. : kuffen
10 un smakken sunt wareibakken. — Xld. kof.
kuf. — Da die Bedtg. : Behälter od. Gefäss
etc., Boot od. Kahn, Kasten, Schiff u. Hütte,
kleines Haus etc. sich öfters in ein u. dem-
.<ielben Worte, od. doch sehr nahe verwandten
15 Wörtern vereinigt finden (cf. z. B. 1 bot,
od. 2 kare, od. scbap u. scbip etc., sowie
u)Uer kupe, bz. nhd. Kufe in Grimm,
Wb.) so ist wohl anzunehmen, dass dieses
Wort von nid. kof, kuf; mnd. kuffe, küffe,
20 kift'e; nd. (Br. Wb., Schambach etc.)
kitfe, küöe ; schwed. kyffe (Haus, Hütte,
gemeines, schlechtes Haus, Kneipe, Bordell,
Spelunke etc.), wobei (vergleiche auch bei
Seh. u. L. im mnd. Wb. die unter kuffe
25 etc. angefahrten Stellen, wonach zwischen
kuft'e u. kifte anscheinend ein Unterschied
besta)id, da dort Ja küfeuer, cosathe u.
kiftner auch anscheinend Dorfbewohner ver-
schiedenen Standes sind) kiöe tcohl mit
30 dän. kippe; schott. kip (Kneipe, kleine
Schenke, gemeines Haus, Bordell) ident.
u. woJil mit Kiepe (cf. kipe u. s. Wei-
teres unter Kiepe u. Kiffe in Grimm,
Wb.) eines Ursprungs ist, während kuffe
35 lautlich u. begrifflich zu an., isl. koti (tu-
gurium) etc. stimmt u. dann von Hause aus
auch wieder daS'^elbc Wort wie ags. cofa
od. icohl auf alle Fälle desselben Stammes
wie dieses u. ags. cufie etc. sein tcird u.
40 dann vielleicht mit diesem zu einer }/ gup
(s. unter kau) gehört, wobei noch zu be-
merken, dass nhd. Koben (s. unter kubbe
u. kübbing) u. Kober beide auch mit ags.
cofa unmittelbar zusammenhängen od. doch
45 auch derselben y angehören.
Vergleicht man nun aber iveiter die schon
unter 1 ku( angezitgenen Wörter: an. kuti
(persona, larva; cucullus), ki'ifr (convexitas
od. dän. top), tialla-küfr (nebula moutium
50 apices tegens) zu den verschiedenen Bedtgn.
von hüfe, kappe u. kop «. den dazu ange-
zogenen Wörtern, sowie auch (Fick I,
536 seq.) die zur }' kup u. kubli gestellten
Wörter: grieeh. kiii)to (bücken), küphos
55 (Buckel, Krümmung, Wölbung), knhos (Wür-
fel), kübiton, kübölon (Ellenbogen), küpe
(Vertiefung), kupbe, kube, künibö (Kopf),
kumbos (Gefäss, Becher), kumbö (dasselbe
u. auch Kahn od. Boot, kleines Schiff),
GO kübas (Urne, Aschenkrug) etc. ; lat. cumbo
KUFFER 393 KUGEL
ßiegen, cf. dazu auch ags. cofo, Lager, (ahruudeu, ahstunqyfen; aufhäufen etc.) ver-
Bett etc.), ciihhum (EUcnboc/cn), cn\)a (Grab- %vandt ist, da das deutsche Kuppe od.
nische, hs.Fass, Tonne, cf. kupe) ; skr. urspr. ku[^a od. ku]^]\a genau einejn an. kufa,
kupa (WagebaRen), küpa (Grube, Höhle, entspricht. Weiteres vergl unter kop u.
Brunnen), knmba (Kopf, dicJies Ende eines 5 2 kiif etc., bz. unter kau, sowie H. Leo
Holzes, weiblicher Kopfpidz), kumbha (Kopf, (pag. 355), der neben ags. cofa auch ein
Krug, Urne, Ascheulcrug), kakubh (Kuppe, ags. cufRe (Haube, KopfbedecTcung etc.) an-
Gipfel etc., cf. an. kufr, ^Top od. Gipfel etc., führt, ivas für ital. cuffia formell am besten
bz. convexitas) etc.; lit. kumpis (krumm), stimmt. Weiter vergl. auch aengl. cuffe,
kupstas (Hügel), kiipra (Höc/rcr), knpeta 10 engl, cuff (Manschette, Handkrause, Aermel-
(Heuhaufen)^kiiph(Haufe)i),kM\\)as(Haufe) Umschlag), was vielleicht besser hierher zu
etc, ; ahd. hovar (Buckel), hubil (Hügel), ziehen ist, cds zu den unier 1 «. 2 kuf er-
hüfo (Haufe, cf. B höp u. zu der Bedtg. : wähnten Wörtern.
krümmen u.toölben etc. auch2hoi^)eic., so mu.'is ku^e], Kugel. — Die Composita meist wie
man beim Vergleich des von Fick (1,537) 15 im Hochdeutschen. — Nid. kogel ; miild.,
atifgestellten 1 kumbha (cf. dazu kumme), mfläm. koghcl, keuche], kughel, koeghel ; 7id.
kubha (Kopf, Kuppe, Haube, cf. unser hüfe kugcl it. (S chamb ach) koüe; mhd. kugele;
u. küfke) auch 1 kuf u. an. kofi, sowie auch md. kugele m. (contrah.) knie, ivie auch
an. kufl u. kufr (s. oben) als unmittelbar schwed. kula, /.s7. kula (globus, tumor, tuber)
mit einander verwandt ansehen u. auch 20 u. norw. kula (wegen kiila s. übrigens unter
fast annehmen, dass ihnen .mmmtlich eine 2 kullern); an. kogla (nach kogla, kugeln,
y mit der Bedtg.: krümmen, biegen, icöl- zu schliessen) ; dän. kugle; mlat. cogilnm u.
ben etc. (mag s'ie nun urspr. gup, gubh, (cf. KU.) ital. cogula. — Es bezeichnet ein
gumbh, od. kup, kubh, kumbh gelandet haben) rundes od. rundliches Etwas (gleichviel ob
zu Grunde liegt. Ha^^s übrigens manchem 25 völlig rund, od. ob länglich- od. flachrund
dieser Wörter auch eine y gabh, gap, ab- u. halbrund etc., bz. eine Erhabenheit od.
lautend guhh, gup mit der Bedtg. : gaffen eine Verdickitng etc.) wie: Knauf, Knopf,
od. klaffen (cf. gapen , jappeu etc.), bz. Knäuel, kugelförmiges Ende od. die End-
spalten etc. zu Grunde liegen kann u. selbst verdickung des Arm- od. Schenkelbeins,
die Wurzeln kap, kup aus idg. skap, skup 30 Knauf des SchweHes, Beule, Geschioür etc.
entstanden sein können, darüber vergl. auch (cf. das zweite Kugel in Grimm, Wb.)
kop, soivie scbip u. schap etc. u. ist demnach auch mfläm. kogbel (manche
kuffer (nimin.knfiorije),Koffer od. Kiste, de l'espee ou glaive) , mnld. (KU.) koghel
Truhe etc., huuptsächlich zur Benutzung auf (ensis, pila cajmlaris), bz. koghe (capulus
Eeisen. — Bekanntlich aus franz. cofre (an- 35 gladii od. cogilum, in legibus ripuar. Fran-
geblich aus lat. cophinus, (/. Diez I, 133) corum, cf. KU, pag. 310), soioie ausser
od. nach Andern vielleicht aus dem deutschen norio. (Jv. Aasen) kjogla, kula (kugel-
Kober in nd. Lautstufe kovQv 0(7. kofer förmiger Ausiouchs eines Baumes) auch wohl
= ags. ceoie],ceoü (Korb), ivnr über Weiteres norw. kogla (mit den Nebenformen: kugla,
bei Hildebrand (Grimm, Wb.) unter 40 kogoll, kokla, kokul, kjuka, kongla, cf Jv.
Kober u. Koffer zu ersehen. Aasen), dän. kogle (Fichtenapfel, Tannen-
küfeke, kufke, Häubchen od. auch ein zapfen), isl. könguU od. köugull (strobilus
Hütchen was oben auf dem Kojjfe sitzt u. sive semen pinuum abietum etc.) urspr. das-
demselben keinen od. doch nur geringen selbe wie kugel u. in seiner allgemeinen
Schutz gewährt; — se hed 'n küfke up de 45 Bedtg. nicht davon verschieden. Zu norw.
kop ; — sett' dat küfke dog of un sett' 'n kogla u. den Nebenformen kogoll, kongla «.
ördendliken hod up, dat ding sügt je ferriikt kokla, kokul vergleicht Jv. Aasen isl.
üt. — Wie hüfke od. hüfeke von hüfe, so köggull, lods einerseits wie isl. köckull die
ist küieke ein Dimin. von einem ^mgebräuch- Bedtg.: Klumpe, Kloss etc., bz. gleba, gru-
lichen küfe, kufe = 7nnd. kofe, koyfe ; nid. 50 raus pultis, andrerseits aber auch die von:
kuif (Haube, Kopfzeug, Kappe, frisirter Knöchel (articulus digitorum) hat u. damit
Haarbusch, Haube od. Federbusch der 'i'^ögel), auch zu kugel in der Bedtg.: Endverdickung
Bimin. kuifje (Häubchen etc.), tvas zunächst des Arm- od. Schenkelbeins, od. kugelför-
loohl mit mnld. koyife od. coifie (cf. Diez miges Haupt desselben od. auch = Kothe
I, 149 u. Weiteres unter hüfo) aus franz. 55 im Fesselgelenk der Pferde (cf. Grimm,
coiffe od. ital. cuffia entlehnt ist, jedoch auch Wb., unter Kugel sub 5<^) stimmt, während
soivohl mit an., isl. kufl (cucullus etc.) als die Bedtg. : rundliches, dickes, klumpiges
küfr (convexitas od. Kuppe, Gipfel, Scheitel Etwas von isl. köngull od. köngull auch
etc. = dän. top); norw. kuv (rundlicher toohl durch das Compos. köngul-lö (aranea,
Gipfel, runde Erhöhung, Buckel etc.), kuva 60 cf. das zweite kongla = Spinne u. Weiteres
KUGELN KUEGELN
394
KUKELÜREN
unter kougur-vaava = ish küngul-vofa, so-
icie auch kongiil l'raubc Ot.L Haufe, Klum-
2)en von Beeren od ähnlichen Früchten, bei
Jv. Aase n) bestätigt icircl, da dieses kün-
gull (sei es nun in den Vompos. kougul-lö
u. köngul-vofa, od. i)i dem einfachen norio.
kongla = kogla etc., s. oben) sich doch auch
nur wie im dän. edderkop (wörtl. Eiter-
kopf, da die edder dasselbe wie unser atter
ist) auf den rundlichen od. dicken geschwolle-
nen Leih der Sjiinne bezieht, währoid das
isl. 16 in küugul-lö dasselbe Wort wie norw.
lö (gjoedsel, moeg, Dreck, 3[ist, Jauche etc.,
cf. 2 adel u. atter) ist u. demnach auch das
('o7npos. küngul-lü (aranea) icörtl. wohl so-
viel als einen mit Eiter gefällten, giftge-
schwollenen rundlichen Kör2n'r od. einen
Eiterklumpen, Jauche-Klumpen etc. bezeich-
net. Vergleicht man idirigcns Alles, was
Fick (I, 568) zu 2 gal stellt, nämlich einer-
seits die redupl. Form gagala für Kegel
u. Kugel n. andrerseits die aus galva um-
gesetzte Form gläva = ahd. cliuwa (cf.
klein etc.), sowie weiter, dass er zu galandi
(Eichel) auch skr. gula ». glans (penis), bz.
guli (Pille, Kugel) stellt, so würde dazu
auch unser ki'il in kiilliars u. kul in külliän
(penis) stimmen, loorüber Weiteres auch
unter Kaule in Grimm, Wb., zu ver-
gleichen ist. — Vergleicht man nun aber
zu kugel u. isl. kongull, köggull, köckuU
etc. icieder unser klöt u. klute, bz. dass
klöt neben den sonstigen mit kugel etc.
übereinstimmenden Bedign. auch die Bedtg. :
Hode (testis, testiculum) hat, so ist es
fast zweifellos, dass kugel nur eine ver-
dumpfte Form von ags. cigel (testis) ist
u. mit diesem u. nhd. Kegel auf eine
u. dieselbe alte Grdfonn zurückgeht, wor-
über Weiteres unter kegel (vergl. auch
Kegel u. Kugel in Grimm, Wb.) ver-
glichen IC er den mag.
kabeln, kugeln, kugeln, ballen, rollen,
tvälzen, schiessen, iverfen etc. ; — he kugeld
sük tosamen; — he kugeld sük rundum; —
he kugeld dat kind up de däle herum; —
he kugeld (od. kugeld) up de fogels (od.
appels etc.) ; — se kugeln (od. kugeln) sük
mit stenen (od. kluten, sneballcn etc.). —
Auch subst.: de jungens könen dat kugeln
(od. klütjen etc.) net laten. — Kd. kugeln,
kiieln; nid. kogelen ; rnnld. kughelen ; an.
(M ö b i u s) kogla.
kngel-rund , kugelrund, rund ivie eine
Kugel.
kiijön, Cujon, Schurke, nichtswürdiger
Kerl etc. — Aus franz. coyon, coion (Bären-
häuter, Memme) u. dies mit ital. (D iez 1,
133) coglione (auch Schimpfwort = Memme,
Schuft etc.), mdartl. cojon; span. cojon;
prov., franz. coillon (tcsticulus, wovon auch
engl, culliou, Schurke, Hundsfott, Lump)
etc. aus lat. coleus, was neben Sack,
Schlauch auch die Bedtg. Hode hat u.
5 mit culeus (Sack, Hodensack) wohl urspr.
eins ist. Wegen culeus cf. bei Fick II,
67 das Thema koleyo (Behälter) u. Weiteres
unter 1 kal (I, 5.27), sowie unter 2 liälen
M. hülle etc.
10 knjoiiei'der, Cujonirer, Mensch der Jeder-
ma)in cujonirt.
kiijüiu'i'on, cujoniren, schimpflich od.
schnöde u. schlecht behandeln, hudeln, quälen
etc. ; — he kujonerd en net, war hv man kan ;
15 — Auch subst. : dat kujonereu geid de hole
dag an.
kiikelüren, t'o» einem Versteck aus wonach
kucken u. spähe)> od. wie ein abgeschlossen
lebender u. unbeschäftigter Mensch schauen
20 u. lauern, od. ausguckoi wonach, die Zeit mit
Auskucken hinbringen, worauf warten etc. ; —
he sitt de ganso dag to kukelüren, of d'r nig
wat kumd, of förbi geid; — se sitt achter 't
gardintje to kukelüren. — Nd. (B r. Wb.)
25 kukelüren ; nid. koekeluren. — Dieses Wort
wird gewöhnlich im ersten Theil kuku (rf
B r. Wb. u. v.Dale etc.) mit nhd. kucken,
gucken (cf. kiken) in Verbindung gebracht
n. iveiter angenommen, dass der zweite Theil
30 mit lüren (lauern) ident. sei. Da aber nach
Weiland das nid. koekeloeren zunächst
die Bedtg. : einsam leben, zu Hause bleiben
u. ferner ivie auch dän. kulvi Iure die von :
faulenzen, unthätig sei)i etc. hat u. auch
35 f?rts Br. Wb. neben: verborgen lauern,
lange u. vergeblich warten etc. dieses Wort
mit: eingesperrt sein, im Gefängniss warten
u. lauern etc. erklärt, so dürfte die Connexi-
tät u. Identificirung mit kucken u. lau-
40 e r n doch ivohl sehr fraglich sein. K ilian
hat nämlich ein Subst. kokerol, loas nach
ihm die Bedtg. Schnecke hat u. fig. auch
einen Menschen, der icie eine Schnecke lebt
u. ein Schneckenleben führt, bezeichnet u. zu
45 tvclchem er ein sjmn. cacarol anführt. Zu
diesem kokerol stellt er eine zweite Form
kokeloer, was mit norw. kukkelur, isl. kuke-
lur (Schnecke) ident. ist u. wonach dann die
Endung lur loohl aus rul, rol als Endung
50 von kokerol = span. cacarol umgesetzt ist.
Von diesem m)dd. kokerol ». kokeloer ist
nun ein Verb, kokerolien u. kokeloeren mit
der Bedtg. (KU.): leben wie eine Schnecke
od. ein Schneckenleben führen, im Hause
55 versteckt leben od. sich versteckt halten etc.
weiter gebildet, woraus sich nach dem Obigen
ganz zweifellos (u. zwar in volksthümlicher
Weise gerade mit Anlehnung an das deut-
sche kucken u. unser lüren) die jetzige
60 Bedtg. von kukelüreo entwickelt hat. Läge
KUEK 395 KUEKEN
min aber neben kokeloor nicht die Form (Kiiss) dann eine Kürzung sein Mnnte. Vergl.
kokerol od. span. cacarol vor, so loürde man übrigens Weiteres unter küs.
vielleicht annehmen können, dass koko ent- kiikel-liän, GocJcelhahn. Dimin. kükel-
weder aus lat. Cochlea od. besser wohl noch liäntje. — kükcl u. Gockel sind Schall-
aus concha entstanden u. eben das span. 5 tvörter , die ein Geschrei bezeichnen, cf.
coca = Muschelschale od. Seeschnecken- weiter:
gehäuse sei (auch an., isl. kongr, konkr in kiikelii-kü, od. kükerüku , kikeriki. —
fiörukongr, bz. fiörukonkr [troclius, Cochlea Es bezeichnet das Geschrei des Hahns u.
minima] = kuknlur [cf. Biörn Hai der- ist mit kakeln od. gackern (cf. auch
son] ist aus lat. concha etc. entlehnt, wor- 10 küken) wohl eines Ursprungs. — Dazu
über Weiteres unter kogga) u. dann an dieses das Kinderlied bz. Verwunderungs-Lied:
koko als Muschelschale od. Schneckengehäuse kükelükü ! de rode hän, truk sin fergüldte
ein nid. leere od. nd. Iure = mhd. Iure sporen an. Wo wid wult du den riden ?
(schlauer, hinterlistiger Mensch, od. Mensch fau hir na Lammerdiden. Do he to Lammer-
der auf der Lauer od. im Hinterhalt liegt, 15 dideu kwam, do sat de ku bi 't für un
ein Laurer od. lauerndes Etioas, gleichviel spnnn, dat kalt" lap; in de weg' un sung, de
ob Thier od. Mensch) angehängt sei u. hund de kemmde d' botter, de katte wusk
kokeloer somit wirklich einen Jjaurer in de schütteis, de fleddermüs, de fägde 't hils,
einem Sehne cken gehäuse bezeichnet de swälfkes drogen d' drek d'r ut, mit hör
habe, eine Bezeichnung, die ja für eine im 20 fergüldte flögeis, sunt dat not dikke lögens ?
Schneckenhause versteckt liegende Schnecke Dar achter de grote schürdör, dar satten
sehr gut passt. Was nun aber das nid. dre kapuueu für, dar bakden se, dar hröedeu
kokerol u. das von KU. dazu gestellte ca- se, dat ber wul' hör fersüren, do repen se
carol betrifft, so ist es auch bei Letzterem de büreu; de bCiren wurden drunken, do
sehr leicht denkbar, dass es urspr. für co- 25 dansden se up klumpen ; de klumpen gungen
carol steht u. überhaupt (nach nid. kokerol in stükken, do dansden se up krükken, de
sollte man das fast glauben) für cocarol krükken gungen of, do dansden se in 't hof ;
verschrieben ist u. ivenn man nun vergleicht, dat hof, dat was so glat, do laggen alle
dass das span. rollo, rol ivie das deutsche büren plat.
Bolle od. franz. röle (aus rotula, bz. ro- 30 küken, Küken; a) Junges von Hühnern,
tulus, cf. rulle) ein zusammengewickeltes Enten, Gänsen etc.; — höner-, änt-küken
Etwas, bz. einen runden od. länglich runden etc. ; — Bedensart. u. Sprichxv. : he hed gen
walzenförmigen Gegenstand bezeichnet, so kind of küken; — he is 'n mal (od. wild)
toürde man auch annehmen dürfen, dass küken (ein tvunderlicher, verdrehter, bz. lu-
cocarol od. nid. kokerol ein Compos. von 35 stiger, ausgelassener, liederlicher Mensch);
coca (3Iuschel, Muschelschale, Gehäuse etc.) — he is 't lefe küken (od. nüstküken) ; —
u. rol (Bolle, Walze od. ein ähnlicher rundl. dat is 'n slumpslag, twalf eier un dartein
Körper) sei u. demnach cocarol urspr. wirk- kükens ; — eier in de pann', dat gifd wol
lieh eine Muschel- Walze od. walzen- koken, man gen kükens; — b) der Eiter-
förmige rundl. Muschel bezeichnet 40 stock od. Eiterpfropf in einem bösen Ge-
habe, ganz wie auch lat. trochus, turbo etc. schivür, bz. das härtliche u. dicke Stück
zur Bezeichnung ähnlich gestalteter Muscheln Eiter, welches einerseits immer ivieder er-
verwandt sind. neute Eiterung erzeugt u. andererseits auch
kük (Dimin. kükje, küktje), Kuss; — das Klopfen, Pulsiren od. Jucken u. Stechen
gif mi 'n kük. — Nid. (provinz., cf. v. 45 in einem Geschtoür verursacht ; — so lank
Dale) kuk; goth. kuk (in kukja,n, küssen). as 't küken d'r net üt is, fangd 't altid fan
— Vergleicht man lat. osculum (Mündchen, neisen an to swellen ; — du must bäter
Mäulchen; Kuss) u. unser tütje (Kuss), drükken, dat 't küken d'r 6k üt kumd,
tütjen (küssen) von tute, tüte, tut etc. (Mund, anders kan de swell' net helen. — Nd.
Oeffnung, Ausgussrohr), so dürfte auch knk, 50 küken; mnd. kuken ; nid. kieken, kuiken;
kuk urspr. dasselbe Wort sein tvie an., isl. mnld. kiecken, kuycken, kuecken u. (älter)
kok, quok ; norw. kok (os, gula, faux od. cuken ; ags. ciken, cyken ; aengl. chiken ;
fauces) = kuk (in loang. kuker, 3Iund) sevi, engl, chicken; mrhein. cuy cken; 7?id kuchin,
fcdls man nicht etwa annehmen, muss, dass kuchen. — Das Wort küken, ags. cycen
goth. kuk od. kuka ursjir. auch die Bedtg. 55 (T/ie^/m kukina, ahd.k\ich.ma,u.dies Weiter-
Mund u. demnach knk-jan die von: Mund bildung od. vielleicht Dimin. von älterem
machen, bz. den Mund spitzen etc., od. den kuka, s. unten) loird von Einigen, cf. 0.
Mund geben u. darreichen etc. hatte u. dann Schade, ahd. Wb. u. Weiteres in Grimm,
davon ein Subst. kuk-ja mit der Bedtg. Wb., unter Küchlein) als Weiterbildung
Kuss abgeleitet wurde, wovon kük, kuk GO von quec (lebend, lebendig etc., cf. kek u.
KUEKEN
396
KULE KÜL
kwik) angesehen. Wahrscheinlicher ist es
jedoch, dass es mit einem für kiichel u.
küchlcin (s. hinter Küchlein in Grimm,
Wb.) vnraiissusetzenden ahd. kucliili od.
kucliclin, soicie dem a». kjuklinjir; nonc.
kjukling; schiccd. kykliiig ; dein, kylling
(Küchlein, Hühnchen) von einem älteren
Siihst. kuka (mit den Nebenformen koka,
kyka, kika), ahd. kiicha od. kuclii, gclcürzt
kuk (kok, kyk, kik), ahd. kuch (cf. Spott,
Tliema spotta ; Wind, lliema ventha, vcnda
etc. etc.) abstammt, was selbst jedoch von
einem Schallstamm kuk (vielleicht Ablaut
von kak in kakelu, gackern u. daher auch
gleich mit gak von gackern, soicie von
kik, cf. kik tt. kikken etc., od. direct von
der y kuk od. kug [schreien, kreischen,
tönen, zcinseln, piepen etc., cf. Fick I,
49 seil.]) weitergebildet ist u. demnach über-
h a upt n u r ein schreiende s, k r ä h e n d e s,
g ackerndes, od. qii i e k e nd es, p i c-
p c n des Eticas bezeichn et. Selbstverständ-
lich ist CS daher auch gleich, ob dieses kuk-a,
od. kuch-a (kuk, kok, kyk etc. od. kuch etc.)
nrsj^r. die Bedtg.: Hahn od. Huhn, od.
j u ng es H u Jt n od. alle drei Bcdtgn. zugleich
hatte. Dieses einfache Subst. ist nun aber
vertreten durch ags. (cf. H ilde b r a n d in
G r i m m, Wb., unter K ü chlei n sub 5'' etc.)
coc; aengl. cock u. (cf. KU.) cooke ; an.
kokr ; schived., dän. (dialect.) kokk, kok ;
mnld. kocke; franz. (Diez, II, 2.')S) coq
(gallus) ; ags. coce (pullus) = engl, cock
(in nestcock, Kest-Kükcn) ; dithm. kuk (in
ncstkuk) ; ndrhein. kack (in nestokack) ; nd.
kuke, oberd. keuch (in kcuchdicb, Küken-
Dieb) ; engl, (dialect.) chuk (Henne) = nord-
ital. coca etc., tvobei es beim Vergleich von
kükelhän, kükehikü u. von gök, kök (Gauch)
od. gukdn, kOkeln ; kukiik etc. auch ganz
zweifellos ist, dass auch der Stamm : hochd.,
oberd. gock , guck , giick , guc , gogk (in
Gockel od. Gockel, cf. Gri m m , Wb.
u. Weigand) derselbe Schallstamm wie
kuk (kyk, kuch, kok etc.) ist. Wie kik u.
kwik, so ist auch kuk u. kak (oberd. gack,
cf. kakeln) von kwak nicht verschieden, loie
unter kwak etc. weiter zu ersehen. Ob man
nun aticr diese germ. Stämme zu idg. kak
(kik, kuk, kvak, cf. bei Fick, I, 35, kak
«. kakafa, kvakata, skr. kukkuta; kslav.
kokuta [Hahn] u. weiter I, .515 y kak als
Kürzung von kaka, der liedupL von ka,
kan, als der y von lat. canore u. nhd.
Hahn, cf. hän) od. gag, gagh (als
Weiterbildung von ga , schallen, tönen,
rauschen etc., wie kuk von ku, cf. kukük)
.stellt, bleibt sich gleich, zumal da liei Schall-
wörtern die Lautverschiebung am öftersten
fehlt.
kiiken-ei, kük-ei, Küken-Ei, kleines Ei.
Fig. ein kleines, ungebildetes, unreifes Ding ;
— kinder uu kükenoior (od, kfikeier), de
inuttou not aferall mit inproten etc.
5 kiiker (wang.), Mund; s. unter kük.
kiikkoii, küssen. — Goth. kukjan ; s.
unter kük.
kukük, Kukuk u. Kukuks-Buf. Euphem. :
Schelm, Teufel etc. — Redensart, u. Sprichio. :
10 de kukük up de tünpäl sat, do fung 't au 't
regen (od. do kwem d'r 'n schür regen) un he
wurd uat; — luil' mi de kukük, wen 'tuet
war is; — di schal de kukük haleii, wen
du lügst (od. wen du dat önraäl wer deist) ;
15 — dat is je 'n kuküks-junge (od. drummols-,
düfels-junge) ; — du kukükskind ; — kukük !
breihük ! röpt siu egon näm üt ; — • kukük!
eiordef; — he sclial do kukük wol not raör
hören. — iY(/. kukuk; mnd. kukuk, kuckuk,
20 kuckut; nid. koekoek; mnld. kockock,
kuyckuyck, kuyckkuyck ; mhd. kukuk, kukuc,
kukuch ; md. kukuk (weitere deutsche For-
men vergl. in Grimm, Wb., unter Kukuk);
aengl, cuccu, coccau ; engl, cuckoo ; üal.
25 (mdartl., cf. Diez, I, HS) cucco, cuco,
cocch ; port. cuco ; franz. cocu, coucou (zu
der Bedtg.: Hahnrei tvie cocu etc. vergl.
auch an., isl. kockal), was aber wohl eher
von kokr [Halm] weitergebildet, (ds aus lat.
30 cuculus entstand); lat. cucus u. cucuhis ;
griech. kükku (der Kukuks-Buf), kokkuks
(Kukuk); skr. kokila (der ind. Kukuk m.
icohl formell ident. mit lat. cuculus) etc.
Dass das einfache ku u. rcdupl. kuku, ge-
35 kürzt kuk (s. auch unter küken u. gok)
nicht allein als Onomatapöie für den Ruf
u. die Benennung des Kukuks, sondern
auch anderer Vögel u. Thiere gebraucht ist,
dafür cf Fick, 1, 49 seq. unter, ku, kuk,
40 kuku etc. etc.
kukiiks-blöiiio, a) Kukuksblume (Lychnis
flos cuculi; — h) breitblättriges Knabenkraut
(Orchis latit'olia).
kuk üks-spei (Kukuksspeichel), der an vielen
45 grünen BJlanzen, namentlich am Wiesen-
schaumkraut befindliche Schaum der Schaum-
cicade (cicada spumaria) od. Schaumzirpe.
kül, .S'. kule.
kul, s. külo.
50 kul-härs, Kaulbarsch. — NUl. kulbars.
Der Name bezieht sich ivie bei der Kaul-
quappe auf den dicken kugelförmigen Kopf
(s. unter ;5 küle am Schlüsse) desselben.
kulc, ki'il, Vertiefung, Einsenkung, Jföh-
55 hing. Loch, Grube, Grab etc. ; — dat ligd in
so 'n kule; — he hed dar 'n kül in niäkd
(od. grafen etc.) ; — kartuffels in knien
maken, dat so net fcrfresen. — Comjtos. :
fill-, lern-, törf-kule etc. — Auch die Kehle
60 od. Einsenkung u. Höhlung hinter der Knie-
KÜELE KUEL
397
KUELE KUEL
Scheibe heisst kule. Daher kneknie (Knie-
kehle); — in de knien gän (hinken). —
Nd., mnd., md. kule ; nid. kuil ; mnld, mfläm.
kuyl; nhd. Kaule (s. Grimm, Wb., 348
das zioeitc Kaule); scJnved. kula. — Da
das Wort Kehle auch die Bcdlg. : hohle
Kinne, Hohles, Höhlung etc. hat u. unser
knekiile dasselbe ivie nhd. Kniekehle ist,
auch kule (lautverschoben ganz genau zu
lat. gnla (Kehle, Schlund, Gurgel) stimmt,
so dürfte es hiemit ivohl urspr. eins sein;
u. ztvar um so mehr, als kuil im nid. auch
die Bedtg. : Mahlstrom, Strudel (gurges) hat.
Vergl. dicserhalb kille, kele u. dazu auch
göle, soivie zu kule auch an. kyll; isl. kyll
(rivus ; media pars braccarum ; gurges ; nter,
mantica) ; ahd. cliiulla, ciulla, kiulla (TascJie,
Kanzen, Reisesack) ; )ihd. K a u l (cf. G r im m,
Wb., Kaul sub 3); ags. cyll (Schlauch);
lit. kullys (Sack am Fischernetz) etc., ivas
auch vielleicht damit zusammenhängt. Dass
aber kule auch mit griech koilos (hohl), to
koilon (Vertiefung, Höhlung, Bucht, Augen-
höhle), ta koila (die Weichen) etc. ; lat.
caula (Höhlung) etc. zusammenhängt n. da-
von entlehnt sein kann, ist möglich (wegen
koilos etc. cf. Fi c k, II, 62, y ku, ivozu
er auch lat. cavns etc. stellt) u. loenn man
andererseits wieder (Fick, II, 67) griech.
kouleön, koleön (Scheide), kouleös (Scheide,
Behälter); lat. cüleus (Schlauch, Sack,
Hodensack) u. coleus, sowie lit. kulys u.
kule (Sack, Schlauch, Hodensack) zu an.
kyll, ahd. chiulla etc. u. unser 2 küle od.
kül, nid. kuil (s. oben) vergleicht, so ist es
auch möglich, dass dieses Wort eine Ent-
lehnung von lat. ciilcus ist. Wegen der y
von lat. cüleus etc. vergl. unter hülle u.
2 hälen u. ferner wegen der möglichen Ver-
wandtschaft von kule u. 2 küle als Hohles
etc. auch an. kjöll etc. (Schiff) u. griech.
gaülos, skr. gola (rundes bauchichtes Gefäss
etc.) unter 2 kil a7n Schlüsse, ico Fick für
an. kjöll etc. ein germ. keula (s. oben nhd.
Kaul) ansetzt, sowie für an. kjil etc. ein
Thema keulja, was er (cf. 111,46) zu griech.
gülios (Tor niste)') vergleicht, ivorüber Wei-
teres bei Fick, II, 96 zu ersehen ist.
1. küle, od. kül ; i. q. kule. Dimin. külke;
— killken (Grübchen) in de wangen.
2. küle, od. kül, beiitelförmiger Anhang,
hz. ein Etwas, was tvie ein Beutel an Etwas
herunterhängt od. den Beutel (od. Schlauch,
Sack etc.) von Etwas bildet, ivie denn z. B.
nicht das ganze Stellnetz (cf. kühl sub 3 bei
Stbg.) küle od. kül, sondern fnke od. fük
(s. d.) heisst u. die küle od. der kül nur
der mittlere sack-, bz. scldauch- od. beutei-
förmige Theil desselben ist, welcher gleich
hinter den beiden ausgespannten Seiten-
flügeln des Stellnetzes seinen Anfang nimmt
u. sich allmälig verengend mit dem da-
hinter gebundenen sog. kikebüs (s. d.) ah-
schliesst u. zum Fang kleinerer Fische oft
5 auch für sich allein ausgestellt wird. —
Nid. knil (Saclc od. Beutel eines Netzes).
cf. an. kyll, ahd. chiulla etc. (Sack, Tasche
etc.) unter kule u. dazu toegen germ. keula
(für an. kjöll u. ags. ceol etc.) = griech.
10 gaulös u. skr. gola unter 2 kil am Schlüsse,
ivas ja auch für nhd. Keul u. ahd. chi-
ulla etc. ivohl stimmt, sowie auch zu mnd.
kule (urceus) als bauchiges Gefäss. Sodann
ferner nJid. (Grimm, Wb. V, 6i)5) Keu-
15 tel, ivas nach Beutel einem nd. küdel
od. kudel entspjricht u. loooon dieses kül
ebensogut contrah. sein kann, wie unser bül
(Beutel) von biUlel = mhd. biutel, mnld.
buydel, afries. budel etc. — Nhd. Keutel
20 (Sack in der Mitte der Wnte, in welchem
sich die Fische fangen ; dicker sackförmiger
Darm ; herabhängende Wamme, od. beutei-
förmiger Anhang am Unterknie etc.); nd.
kudel betr., so wird dies ivohl eins sein
25 einerseits mit mnd. (Seh. u. L.) kudel (Be-
hälter); md. (Grimm, Wb.) kudel (Fisch-
reuse, Fischbehälter, Fischkasten), sowie
andererseits auch mit mhd. (Lex er) kutel,
nhd. Kütt el (Darm, Gedärme), ivelch Letz-
30 teres aber auch wieder mit unserm küte,
küt «. kutte, kut zusammen zu hängen
scheint, ivonach dann kutel, kuttel mit
kudel (Behälter; Fischreuse etc.) wohl un-
verioandt ist.
35 Zum Schlüsse sei noch zu kule sowolil,
als zu dem obigen küle u. griech. gaulos etc.
verglichen: griech. güalos (Becher), güalon
(Höhlung, Wölbung; Schlucht etc.), goleös
(Schlupfwinkel, Lager, bz. Höhle etc.) etc.
40 3. küle od. kül. Es giebt hier ein Ball-
spiel, wobei an einen in der Mitte eines
Kreises von Knaben stehenden Mitspieler
von einem der Umstehenden, der einen Ball
in der Hand hat, die Frage gerichtet ivird :
45 kül m' kül ! in wel sin bül ? — Antw. : in
m'in egen bül (Beutel) ! — Die zweite Frage
ist: kül m' kül! iu wel sin band? — Aiitw.:
in min egen band ! — Auf diese Antwort
hin tvird ihm nun der Ball zugeivorfen, den
50 er statt in einem Beutel in einer aufgehal-
tenen Mütze auffängt u. nachdem er den-
selben daraus mit der Hand herausgenommen
hat, mit dem Ball auf einen der umstehen-
den Mitspieler toirft. Trifft er nun keinen
55 derselbeti, so fallen diese sämmtlich über
ihn her u. nachdem sie ihn unter dem Kufe
mit fingertjes (Fingerchen), — mit dumetjes
(Däumchen) , — mit füstjes (Fäustchen)
zuerst mit ihren Fingern, dann mit ihren
60 Daumen u. zuletzt mit ihren Fäusten tüch-
KUELE KUEL
398
KÜELLEN
iig bearbeitet u. geknufft haben, fängt das
Spiel wieder von vorne an, indem ein zwei-
ter (u. so sjiäter die andern der Mitspieler
der Bcihe nach) Knabe an seine Stelle in
die Mitte des Kreises tritt.
Der Form nach ist dieses küle od. kül
dasselbe tvie 2 küle in der Bedtg. Beutel
od. Sack. Dem Sinne nach kann es aber
auch die Bedtg. Ball haben, da es sicfi bei
der Krage anscheinend auf den Ball be-
sieht, den der Fragende in der Hand hält
u. da es auch wie nid. kuil für dlteres knie
stehen kann, so würde es im letztere)! Fall
mit nlid. Kaule (knie), Kugel, Ball etc.
(vergl. das dritte Kaule in Grimm, Wb.,
sub 1) ident. sein, worüber M^eiteres loitcr
kiigel am Schlüsse.
4. kiilo, kfil (Dimin. kulke), Keule u.
zwar hier nur noch ausschliesslich in der
Bedtg.: oberes (dickes rundliches) Lenden-
stück von Kälber)! u. Geflügel etc., wozu
idirigens zu bonerken ist, dass die Ki)ids-
keule hier „nagelholt" heisst. — ik wil de
kül wol half hebben ; de ganse is ml to
swär; — he hed de benbunkc au de kül
Sitten laten. — Compos.: lies-, kalt's-küle
etc. — Nd. küle (Keule, Kolbe , Ilinter-
schenkel); mnd kule ; w/tf/. kiule; Hi(7. kuile.
— Vergl. Weiteres unter 3 kil, sowie die
hinter kule od. kiiile wahrschei)ilich liegende
Grdform gula = skr. gula od. guli ; s. unter
kugel a)n Schlüsse.
kulou, graben, eingraben, einscharroi, bz.
in eine Grube (kule) )uachen od. bringen ;
— he küld 's winters all' siu kartnffels in.
— Nid. kuileu.
knien - /^rafer, Grubengräber, Todten-
gräber.
kuler, Truthahn, Puter. — Nd. (Dan-
neil) kullerhaon. — Der Name bezieht sich
auf das kollernde Geschrei dieses Thieres,
cf. dieserhalb 1 kullern.
kul-falster, knlfalstei'd, ei)ie Berson, die
plumpe od. grosse platte Füsse hat u. des-
halb leicht kopfüber stürzt u. i))i)ner strau-
chelt. Hauptsächlich Sc}ii)npf wort für einoi
Menschen, der überall pliDnp hineinfällt u.
sich ohne IJeberlegung kopfüber in Etwas
hineinstürzt od. der stolpernd u. mit Gewalt
in Etwas hineinphonpst; — he (od. se) is 'n
regten kulfalster. — kul ist hier entweder
eins tnit schwed. kull (Kopf etc.) od. kull
(kopfüber etc.), s. unter 2 kullern, währoid
fulster wohl eine fallende Poson (ge-
bildet xvie schoster, scliuster, od. wie wäfster,
webende Person) bezeichnet.
kiil-hän, )nännliche Ruthe, penis. — Nid.,
mnld. kul.
Da Kill an wie kul (franz. couille) in
der Bedtg. penis u. ein zweites kul (ital.
coglione; f)-a)iz. couillon, jetzt coillon) in
der Bedtg. testis, testiculus hat, so werdoi
beide wohl urspr. dieselben Wörter u. aus
lat. coleus od. culeus entsta)tdcn sein, falls
5 nicht etwa das )nnld. kul (testiculus), bz.
das dafür vorauszusetzende ältere cuUe (cf.
auch kuUe etc. in Gri)n)n, Wb.) direct
aus <le)n älteren franz. couillon (cf. auch
engl. cuUion utüer kujon) entlehnt u. gekürzt
10 ist. Vergl. auch 1 küllen.
külke. külko, Grübchen: s. kule u. 1 küle.
külke, kleine Keule, z. B. vom Geflügel;
s. 4 küle.
kulk-halsen, s. kurkhalsen.
15 kiiile, kiill, kiiiler, Vexirer, Fopper, bz.
Perso)!, die andere J^eidc zu)n Besten hat,
sie a)) führt u. hi)iters Licht fühi't u. betrügt
etc., bz. sie quält u. narrt etc.; — he is 'n
regten Jan küll od. külier. — cf. weiter:
20 1. ]>.\\\\cn, quälen, ve.riren, narre)i,foppe)i,
zu)n Bcstoi haben, anführoi etc.; — he
mag niks let'er, as 'n ander külleii un brüden;
— he kiiUd hum wat. — Auch subst. : dat
küllen , das Vexi)-en etc. — Nid. kullen
25 (cexiren etc.) ; engl, cully (betrügen, hinter-
gehen, zu)n Besten haben, foppoi). — Ist
es richtig, dass das nid., mnld. kul o^. culle
(testiculus, s. unter knWiiin) eine E>älchnung
aj/s franz. couillon, coillon ist, so kann auch
30 unser obiges Subst. külle mit engl, cullion
(Schu)-ke, I^onp, Hundsfott etc.), cull (ge-
meiner Ke)-l, Schehn, Pinsel, Tropf) u. cully
(Narr, Tropf, Pinsel, bz. der Betrogene,
Gefoppte etc.) aus franz. couillon, bz. span.
35 Collen, ital. coglione (Monme, Schuft etc.)
cntsta)tde)i u. oitlehnt sei)i v. urs2)r. dieselbe
Bedtg. wie kujön (s. d.) gehabt haben, zu-
mal da auch küllen u. kujoueren sich be-
grifflich sehr nahe berühren, — Dass aber
40 das Verb, küllen in der Bedtg. : quälen,
vexiren etc. auch vielleicht direct ivie kellen
(kul, kullen) u. aengl. cullen (s. unter kellen)
mit kwillen (quälen, plagen, martern) zu-
sa)n)nenhä))gen u. vielleicht dasselbe Wo)-t
45 wie and)d. chollen (quäle)i, )nartern, peini-
gen, plage)i) sei)i kan)i od. möglicherweise
küllen, bz. kullen direct vom Präter. kul
vo)) kellen ((^ual u. Sch)nerz machen od.
■verursachen) xveiter gebildet ist, ist sehr leicht
50 möglich, da aus quälen die Bedtg. ve-
xiren u. hieraus wieder die loeiteren Bedtgn.
von küllen sehr leicht oitstehen ko)mten. cf.
das folgende:
2. küllen , )nit Knöcheln od. Fäusten
55 schlagen u. stossen od. bea)-beiten od. durch-
bläuen. — Auch subst. : dat küllen. — Wen)i
bci))i Ballspiel ein Knabe mit don Ball auf
einen (tnder)i ivi)ft n. ih)i nicht trifft, so
wird er dafür zur Strafe von den andern
60 Mitspielei-n külld od. wie oben gesagt: ge-
KUELLER
399
KULLERN KUELLERN
stosscn u. durchgehläut etc. , toährend andern-
falls der Getroffene diese Strafe über sich
ergehen lassen miiss u. dann nachher an
die Stelle des crstereii Knaben tritt u. so das
Spiel dann loeiter geht, ivohcr denn auch dieses
Ballspiel selbst den Namen küllen (solon wi
küUen od. küllen spölcn?) /Vi/trt. — Ob auch
dieses küllen nicht mit 1 küllen in der Be-
dtg. : quälen, martern, plagen, peinigen etc.
SU kellen gehört? — Auf alle Fälle liegt
diesem Verb, doch die Bedtg. : m isshandeln
etc. (vexare) su Grunde.
kiiller, s. külle.
kullere od. gekülle, Vexirerei, Fopperei
etc., od. Gefoppe.
kuUer (von Menschen, Bindern, Schafen
etc., selten von Pferden), Koller, Zorn,
Zornausbruch, Anfall von Wuth, Tobsucht
od. Verrücktheit etc.; — he lied 'n kuller
(er ist zornig, wüthig, tobsüchtig, verrückt
etc.); — he (od. dat der) hed de kuller in
de kop. — Nd. (Br. Wb.) kuller (Koller,
von Pferden), (Dähnert) koller, kuller
(dasselbe u. auch Wuth, von Menschen),
(Schambach) kolder, koller (Geistes-
schwäche, Verrücktheit : Koller der Pferde) ;
nid. kolder (Koller, von Pf er denn. Menschen) ;
dän. koller, kuller; schwed. koller (dasselbe) ;
mhd. kolre, später koller (ausbrechende od.
stille Wuth). Wollt mit mnd. kolre (Aus-
bruch der Galle u. die ausgebrochene Galle
selbst, was wahrscheinl. auch schon fig. von
einem Menschen im Sinn von Zornausbruch,
bs. Zorn, Wuth etc., wie ja auch Galle
selbst, gebraucht ist); engl, choler (Galle;
Zorn); franz. colere; ital. collara ; sj^an.
colera (Zorn); sowie ferner: ahd. choloro,
cholaro (dolores ventris), cholere (Byssen-
terie) ; Schweiz, koler, koller (Darmgicht)
von lat. Cholera (Galle, Gallsucht), bz. griech.
Cholera (eine KrankJieit, loobei die Feuch-
tigkeiten durch Erbrechen od. Stuhlgang mit
Geivalt abgehen, bz. eine Krankheit, die der
Galle zugeschrieben od. damit in Verbin-
dung gebracht wurde, indem damit vielleicht
ein Ausbrechen von Galle, wie beim Gallen-
fieber, Statt fand). Demnach cholera lüohl
von griech. chole, cholos, cf. galle.
1. kallern, rumoren, poltern, ein sich
loiederholendes u. einige Zeit anhaltendes
dumpfes od. rollendes Geräusch machen od.
hören lassen, wie dies z. B. wenn der Magen
leer ist u. knurrt, od. ivie solches dnrch
Blähungen im Leibe verursacht wird od. bei
Kolik auch der Fall ist (dat kullerd [od.
rummelt, rumoret] m! in 't lif; — ik hebb'
air so 'n kullern [od. rummeln , Bumoren]
in 't lif; ik mut ins 'n bittern nämen, of 't
den net wat bäter word), indem eben diese
mit die Ursache von Kolik od. Leibschmerzen
sind u. durch diese auch die Gedärme sich
wringen. Ferner loird kullern auch vom
kollernden Geschrei (kuler-rulor-ruler) eines
zornigen Puters, soivie vom dumpfen Geräusch
5 eines rollenden Gegenstandes gebraucht u.
obschon dieses Verb, anscheinend bloss ono-
matop. ist, so ist es formell doch gleich mit
dem von Koller (s. kuller) abgeleiteten
nhd. kollern , schwed. kollra (den Koller
10 haben, toll sein, wüthen, toben), toährend
sich beide auch wieder mit 2 kullern (rollen)
mischen, ganz wie man ja auch von einem
rollenden Donner spricht, indem man das
Getöse desselben mit dem Getöse einer rollen-
15 den Kugel vergleicht. — Nd. kullern.
2. kullern, auch kullern, kugeln, rollen,
wälzen etc.; — he kullerde bi de trappen
hendäl; — he kullerd dut d'r hen; — se
kullern sük in 't gras herum. — Schles.,
20 Sachs., thür., hess. kullern ; nhd. kollern ;
schwed. kullra.
Es ist ivohl Itcrat. eines älteren einfachen
küllen {rollen, loalzen etc), was einzeln (s.
G r i m m, Wb. V, 1619 unter kollern c)
25 noch vorkömmt u. wohl nicht von nhd.
Kaule (s. Grimm, Wb.), bz. mhd. küle (s.
unter kugel) weitergebildet ist, sondern auf
ein, dem. skr. (Fick I, 76) gula (Ballen,
Bundes), guli (Kugel, Pille) entsprechendes
30 germ. kula zurückgeht, ivas Fick in dem
an., isl. kula (Ballen, Geschwulst) finden
will. Da dies indessen dasselbe Wort wie
das schon unter kugel aufgeführte isl. küla
ist, so ist es soioohl möglich, dass Letzteres
35 ebenso wie mhd. küle ein Contract. von kugel
ist, als auch, dass sowohl mhd. küle, als
isl. küla beide auf skr. gula od. guli zurück-
gehen u. dann auch nhd. Kaule (s. in
Grimm, Wb.), ebenso wie mhd. küle
40 etc., mit kugel formell nichts gemein hätten.
Dass nun aber ein dem isl. küla, norw.,
schwed. kula etc. entsprechendes alt. deutsch.
küla einerseits sowohl zu kulla als anderer-
seits aucli im nhd. zu kaule (cf. auch 3 küle,
45 bz. das dritte Kaule in Grimm, Wb.)
teer den konnte, ist zweifellos u. würde dann
küllen ti. kullern eben von diesem aus küla
(= skr. gula etc.) entstandenen kulla od.
kuUe loeitergebildet sein, was ja auch hess.
50 u. schles. (hier auch : Rolle , Walze , cf.
Gri m m, Wb., kollern sub c) besteht. Dass
nun aber dieses deutsche kulle (Kugel) in
diesem Fall nicht mit schwed. kuU (Gipfel
etc.), bz. kulle (Kopf, Gipfel, Spitze etc.)
55 zusammenhängen kann, ist klar, da dieses
dasselbe Wort ist ivie an. kollr (Kopf) ;
isl. kollr (cranium, caput ; apex), bz. unser
kölle (weisser Stirnfleck), was ja auch urspr.
mit skr. gola (rundes Gefäss, s. unter külle,
60 köll) zusammenhängen kann, tvie auch kop
KULM KULMER 400 KULTER
dieselbe Bedtg. hat. Zu schwed. kull etc. Keule od. ein Klobeti etc.], od. ein dickes
gehört jedenfalls auch kull (kopfüber, über unförmliches Stück feinen Klumpen od. ein
den Haufen), kullig (rundlich etc.), kuller klumpiges Etwas]) bezeichnet hat.
(ein rundliches Etwas, 1)2. ein Etwas was kulpeii, kiilpen, glotzen, bz. mit grossen,
rundlich zusammengewickelt od. gedreht ist, 5 weitaufgerissenen Augen wonach starren. Zu
eine aufgewickelte Bolle) n. wie nun rol- knlpe -^ kulpüge, s. unter kiilpe.
len von Holle u. .<!chwcd. koUra von koWcr kiilpen, s. knlpcn.
(s. 1 kullern), so ist auch scliwcd. kuUra kiilpi^, dick, plump, unförmlich, klumpig,
(rollen, wälzen etc.) wohl von diesem kullor bz. dick ti. unförmlich gestaltet u. aufge-
weiter gebildet, tcährend das deutsche kuWorn 10 trieben od. dick aufgeschwollen ii. aufge-
wohl ein Iterat. von kn\\Qn(s. oben) i.-^t u. dem- quollen etc.; ■ — kulpige liaiulcn od. foten
nach mit kullen zu kullo (Kugel) gehört, (dicke plumpe klumpige klotzige klobige un-
von dem es allerdings zweifelhaft bleibt, ob förmliche missgcstaltete Hände od. Füsse) ; —
es mit kolle u. an. kollr (Kopf) u. scidiess- 'n kulpigon uoso (eine dicke unförmliche
lieh mit skr. gola (s. oben) von Hause 15 etc. Xa.'<e) ; — kiilpigo iigeii (grosse dick
aus eins ist, od. aus mhd. kiilc (Kugel) aufgequollene u. ivcit vortretende Augen) ;
entstand. — kulpigo apjiols (grosse stark getriebene
kulin, kulnier, eine dicke Thonkugcl. — u. dick aufgeschwollene Acpfel , od. auch
Wohl von kullo (Kugel, s. unter 2 kiill(M"n) unförnüiche missgcstaltete Acpfel), cf. sächs.
od. wahr.scheinlicher noch aus kulfcu (Kol- 20 knlpp (I'Jlaumcntasche, verkommene grün
hen) od. knlpen, knlpn (".s. kulpo) entstanden, gebliebene l'Jlaume) u. nd. (Dähnert)
wie wir statt sülfeu (selbst, selber) auch kiilpen (unreifes Obst). — Nd. (Scham-
ja sühn sagen u. wie auch bayr. kolm aus buch) kulpig (von Pflanzen, z. B. von
kolbn (s. unter Kolhe in Grimm, Wb.) Jiunkelrühcn, die in der Mitte dick aufge-
geworden ist. 25 schwollen, oben aber dünn sind u. unten in
kiil|)e, kiilp. a) eine dicke Thonkugcl wie eine lange, dünne Spitze auslaufen) ; thür.,
kulm etc.; — b) ein dickes rundliche.'^ klo- sächs. kulpig, kulpich, kulpicht (rundlich
biges grobes ungescldachtes od. knolligtcs, stumpf od. dick). — Zu kulpe.
klumpiges Etwas etc. ; — he lied 'n goden kulp-öge, Glotz-Auge, bz. ein Auge, das
kulp für de kop (er hat eine sehr dicke, un- 30 gross u. dick aufgequollen ist u. zoeit aus
geschlachte u. unförmliche Na.se, bz. eine der Augenhöhle herausliegt. — Nd. (Br.
gute Knolle od. einen guten Klumpen vor Wb.) kolp-oge, (Schambach) kulpäge,
dem Kopfe. — Nd. (S chamb ach) kulpe, kulpoge, ('Z^rt h ^te^7) kulisöge, (Dähnert)
a) Klumpe od. Klümpchen, im Auge der külpoge.
Schafe; — b) ein dickes aufgetriebenes od. 35 kulp-o^on ; /. q. kulpcn.
grosses rundlich aus dem Gesicht hervor- kniskcii, kiilsken, a) poltern, rumoren
tretendes Auge, bz. ein Auge, das weit aus etc.; — dat kulsked ml al in 't lif herum,
der Augenhöhle herausliegt, ein Glotzauge as wen sük 't d'r all' in iimkörd ; — b)
tüie nd. kulpe u. kulpoge (s. Letzteres) od. in Wasser od. sonstigen Flüssigkeiten her-
auch (Danneil) kulfsög'. — Dass dieses 40 umstossen , bz. diese so stai-k rühren u.
Wort mit nhd. Kolbe, )/d kolve, knlf, kulf schwenken od. so damit herumgiessen, dass
urspr. eins ist, wird durch das in G rimm, man die Bewegung des Wassers hört, bz.
Wb. (V, 2.587) aufgeführte nd. Kulpe be- dadurch ein dumpfes Geräusch entsteht;
stätigt, sowie auch durch das AdJ. kulpig — he kulsked in 't water herum; — he
(s. d.). Ausser kuljiögo, bz. kulf^oge vergl. 45 kulsked (schwenkt mit Geräusch) d'r wat
auch nd.(Br. W b.) knU-ioot (Klump- Fuss, mit herum; — se kulsked (rührt od. giesst
krummer ungestalteter Fuss) u. kulffotig mit Geräusch) 'i all' dür 'u ander. — Schall-
(klumpfüssig) = engl, club-footed. zcort wie 1 kullern.
Als dickes rundliches aufgetriebenes Et- kultor, Stolper-, Strauchel-, od. Sturz-,
was tcürde es sich ivohl mit lat. galhn (Dick- 50 Boll-, od. Fall-Bahn ; — daher die Bedens-
bauch) u. g\oh\\% etc. vergleichen lassen, ob- art: he kumd d'r mit up de kultcr (er
schon die sonstigen Bedtgn. von Kolbe (s. kömmt damit auf die Stolper- etc. Bahn,
darüber Weiteres unter kalf) ebenso icie bei od. damit ins Stolpern etc.), welche auch
nhd. Kloben (cf. 1 u. 2 kliife) u. engl. Jig. von Jemandem gebraucht wird, der mit
club (cf. auch klump etc.) eher darauf hin- 55 seiner Rede, bz. mit dem Betrieb von Et-
zuweisen scheinen, dass es 7(rs])r. bloss ein 7cas od. mit seinem Geschäft auf eine solche
abgespaltenes Etwas (gleichviel, ob ein Bahn gcrathen ist u. der daher nur noch
langer dünner scharfer Sjdittcr [vergl. auch .stolpernd u. strauchelnd vorioärts kommt,
die Bedtg. : Bf eil, Spiess, Wurfspiess etc. des od. mit dem es in Bezug auf sein Geschäft
an. k6\{r], od. ein längeres dickes Stück [eine GO od. seine Unternehmungen schlecht geht u.
KÜLTERN
401
KTTM
gefahrlich steht. — Es ist Subst. zu kultern,
scheint aber formell zu kuUen (rollen mit
Geräusch, bz. absatzweise springen u. hüpfen
wie dies rollende Kugeln auch thun etc., s.
iinter 2 kullern) zu gehören, von dessen
Partie, kullet (contrah. kullt, kult = rollt,
hat gerollt u. ist absatzweise niedergestürzt
M. ivieder aufgesprungen u. weiter gerollt)
es toohl tociter gebildet ist, wo dann kult-er
ivohl würtl. einen Zusta nd wo Etwaa rollt
u. absatzweise niederfällt u. wieder auf-
springt u. weiter stürzt etc. bezeichnen dürfte.
Da aber kulter in gekulter (Gestolper, Ge-
strauchel, bz. Gerolle, Gestürze etc.) auch
begrifflich dasselbe tvie Koller in Gekoller
sowohl II. wie auch pulter (Folter) in ge-
pulter (Gepolter, Gestolper etc.) ist, so kann
das inlautende „t" auch selbstredend für „1"
durch eine härtere Aussprache von kuller
eingetreten sein. Vergl. iveiter:
kaltem, stolpern, straucheln, absatzweise
mit polterndem Geräusch rollen, fallen, stür-
zen etc. ; — he kulterd ; — dat kulterd un
pulterd all' dör 'n ander; — auch subst.:
dat kumd in 't kultern ; — he kumd d'r mit
in 't kultern etc. — Wenn man vergleicht,
dass wir pultern (poltern) hauptsächlich in
der Bedtg. : stolpern, fallen, stürzen etc. ge-
hrauchen, so ist klütern jedenfalls ident. mit
hayr. (Sc hm.) koltern , koldern (zanken,
lärmen, poltern, ungestüm sein u. thun) u.
demnach dasselbe wie kullern sowohl in der
Bedtg. : poltern etc. als in der von : r o l-
len od. absatzweise über Etioas hin, od.
von Etwas herunter rollen u. springen od.
fallen.
1. kam, komm; s. kamen.
2. kam, s. kunime.
kam, kaum, beinahe nicht, mit Mühe ii.
Noth, nur so eben etc. ; — dat geid küm ;
— dat kan d'r kiim heu ; — ik kun küm
mer lopen, so m8i was 'k etc. — Nd. kaum;
nind. kume ; nid. (We i l a n d, provinz.) kuim ;
mnld. kuym, kume (aegre, vix, difficulter)
od. (Melis Stoke II, 186) cume ; alid.
chümo, cümo, kümo ; mhd. küme, koume
(mit Noth u. Mühe, schwerlich, beinahe
nicht etc.) — Dass dieses chümo von Hause
aus kein anderes Wort ist wie ahd. cliüma
od. (nach Fick, III, 38) rliümo (Klage),
bz. dass beide Wörter unmittelbar mit ein-
ander, sowie mit mhd. küme (Thalschlucht,
Klinge od. Rauschbach etc., s. weiter unten),
küme, küm (diinn, schwach, gebrechlich etc.,
s. ioeiter unten) u. kamen (trauern, iveh-
klagen, s. weiter unten) zusammenhängen,
wird durch die Formen derselben sowohl
als auch beim Vergleich von aegre zu aeger
höchst 10 ahr scheinlich gemacht. Was näm-
lich das ahd. chüma od. chümo betrifft, so
J. ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch, II.
ist dies ein Schall- od. Klang-Wort, das
nach Fick (III, 38) mit ahd. ge-kewen
(nennen, heissen, rufen), lit. gauju (heulen
etc.) etc. auf die Schallwurzel gu zurück-
5 geht. Anscheinend hatte das Adv. chümo
(beschwerlich, mit Mühe u. Noth) daher zu-
nächst die Bedtg. : klagig od. klaghaft, in-
dem es im Vergleich zu ahd. chüma (Klage,
f|uerimonia) einen Klage-Zustand od. ein
10 Sein bezeichnete, wo Jemand schreit, heult,
jammert, klagt u. murrt, bz. klagig od. klag-
haft, klagend, mürrisch u. verdriesslich od.
verdrossen (cf. aeger u. aegre, beide auch
in der Bedtg. : verdriesslich, verdrossen etc.)
15 ist. Da nun aber jeder kranke, schwache,
elende, matte od. arme Mensch auch klagt,
jammert n. seufzt od. klagig u. klaghaft etc.
ist, bz. das Klagen, Seufzen u. Stöhnen etc.
gerade dadurch verursacht tvird, so ent-
20 wickelte sich aus klag i g von selbst die
Bedtg. : kläglich, jämmerlich, schlecht, elend,
krank, schwach, müde, matt etc. sowohl, als
auch die von : verdriesslich, verdrossen, un-
willig, ungern etc., wobei es .stc/i dann in
25 Bezug auf ahd. chüma od. chümo als Subst.
ganz klar ist, dass dies als Schallwort so-
wohl ein Tönen, Rauschen, Klingen, Lärmen,
Schreien, Jammern, Heulen, Klagen etc. od.
einen Zustand u. ein Sein wo dies Statt
30 findet u. hörbar wird, als auch ein tönendes
u. rauschendes, klingendes etc. Etwas be-
zeichnen konnte ti. dass hieraus sich sowohl
die Bedtg. querinionia des ahd. chüma, als
auch die von Klinge od. Klingbach,
35 Rauschbach, rauschender Giessbach, od. Thal-
schlucht, toorin ein Bach rauscht etc. (cf.
klinge unter 1 klingen) des mhd. küme (cf.
Lexe r) ergiebt. Was nun aber ahd. chümo,
mnld. cume (kaum, schwerlich, schlecht, bz.
40 mit Klagen, Seufzen, Aechzen u. Stöhnen,
mit Beschwerde, mit Mühe u. Noth etc.) be-
trifft, so hat sich die urspr. Bedtg.: klag ig
od. klaghaft, klagend, stöhnend^ ächzend,
seufzend etc. (von ahd. chüma, Klage etc.,
45 ausgehend) neben der daraus abgeleiteten
von: kläglich, jämmerlich, elend, schlecht,
krank, schwach etc. noch erhalten im nd.
(Br. Wb., Schütze, Schambach, D äh-
ner t) küm, kuem, küme u. mnd. kume
50 (schivach von Alter, stöhnend, krank, leidend,
kränklich, hinfällig etc., bz. elend, kümmer-
lich, ärmlich, knapp etc., cf. dieserhalb auch
krakeu ti. krank etc.) ; mhd. (Lexe r) küme,
küm (dünn, schwach, gebrechlich), sotoie in
55 ahd. chümig, kümig, cümig (schivach, kraft-
los, gebrechlich) etc. u. cümida (infirmitas,
aegrotatio) etc., während das schived. (land-
schaftl.) kaum (Jammer) mit dem Verb, kau-
raa (jammern), nid. kuimen ; mnld. kuymen
60 od. cümen (gemere etc.); ndrhein. kümme
26
KTJMBITESE
402
KUM^nsR
(ächzc)}, wehlJagen) ; as. ciimjau, cümjon ;
ahd. chiiman, künieu (klagen, sich beklagen);
mhd. kämen (klagen, wehklagen, trauern ;
.•^ich ü)igstlich bemühen) etc. auf ahil. cluima
((liuninioiiia) zurückgeht u. dies wieder mit
mhd. käme (Klinge, s. oben) mittelst dem
Sufß.c ma von der ]/ ku = idg. gu (tönen,
klingen, rauschen, lärmen, bz. schreien,
brüllen, rufen, klagen, Jammern etc., cf. auch
kr») weiter gebildet wurde.
Dasselbe Wort wie küin (schwach etc.) ist
auch wohl das von Danneil u. Outzen
aufgeführte kuin (lecker im IJssen, zimper-
lich etc.), ila es sich wohl zuerst auf Jeman-
den bezog, der schwach im Jessen war, bz.
wenig ass.
kiiubüse, Kombüse, SchiffskUche. — Nid.
kombuis; schwed. kabysa; dän. kabyse, cf.
kabüse.
kniiitür, Feuerbecken, bz. ein Becken toorin
man glühende Kohlen legt, daher oft auch
fürkiimför genannt. — Nid. komfoor. —
Wohl mit mßäm., 7nnld. (KU.) kaftbor,
kauftbor (fooiibis etc., bz. recalt'actorium =;
franz. rooliaiirtbii) aus franz. chauffoir u.
dies mit franz. (Dicz II, :245) chauftcr u.
pchanfter etc. (heizen, erhitzen, echaufßrcn)
au^ Int. calofacero.
kuiu-her (Komm-her) in der Redensart:
„dat is 'n gans ander knmbt'r", %oo es sich
auf das Herkommen, bz. die Herkunft u.
Abstammung u. den l'rsprung von Etwas
bezieht.
knmke. kninpko, Dimin. von kummc.
kiiinkiiiniiicr, (rurkc. — Nid. konikoninior;
engl, cucnmlior aus franz. conconibre; ital.
coconicra otc. u. dies aus lat. cncnmer, cu-
cumis.
kämme, kam, a) tiefe Schüssel, Hecken,
Schale, Najjf od. überhaupt ein Ilohlgcfäss ;
— Compos.: bröi-, spül-, ätens-kum etc.; —
]i) eine mit Wasser gefüllte ]'ertiefung od.
Grube in einem Lande; — c) das Becken
einer Kastenschleuse, worin die Schiß'e erst
hineinlegen, wenn sie die betr. Schleuse pas-
siren wollen. — Nd., mnd. kuni, kuinni,
kump; nid., mnld. kom (vas, alvous, concha;
arca; catiniis, catinum, patoUa profundior
etc.); mhd. knnipf etc., s. Weiteres unter
Kummc u. Kumpf in Grimm, Wb. —
I'Jnllehnt aus, od. ohne Lautverschiebung
dasselbe wie skr. kumbha (Topf, Krug, Urne,
Aschenkrug) ; zend. khnmba (Topf); griech.
kiimbos (liecher, Gefäss etc.), ki'unbe (das-
selbe u. auch Kahn), ivozu noch weiter
kell., ir. cwmm, cwmml) (Thal, Niederung)
tcegen engl, ("iimberland bei Ober müller
(I, oCy verglichen loerden mag, sowie auch
bei Diez (I, L'i.'j) das .yian. c.ombo, prov.
comb (gekrümmt) ; span. coniba (Krümmung),
afranz. combc (tiefes Thal, Schlucht) etc.,
dessen wahrscheinlicher Zusammenhang mit
griech. kürabos etc. unter 2 kut' zu ersehen
ist. — Dass aber kumme als tiefes n.
5 hohles Ktwas auch mit kimme u. kämm zu
einem von der }' gabh, gambb (schnappen,
beissen; klaffen, tief sein) abstammenden
Verb, kimban, kamb, kumb, kumban gehören
könnte ist zweifellos u. darüber unter kimme
10 das Weitere zu ersehen.
küinnicl, Kümmel, s. 2 kamin. Auch das
Destillat von Kümmel, woher das Verb, küm-
mehi (trinken, saufen) ; — bö kümmebl to
fül, od. be bed siik bokümmeld.
15 klimmer, Kummer: — dat kind mäkd bum
fdl kummor (Sorge, Gram, Trauer, Last
etc.); — be bed niks as kummor un iordret;
— lio mut kummor (Noth, Mangel, Ent-
behrung etc.) lidon; — bö kumd to knmmer
20 (er kömmt zu ]\Iangel u. Entbehrung, bz.
kömmt zu kurz, reicht nicht aus, hat od.
leidet Mangel etc.) ; — ik bin not ön Brtje
(od. ön gülden, en daler etc.) to kummor
kamen. — Volksreim: in Hage is niks as
25 kummor nn plage; de gen geld bod un kan
niks krigen, de mut möi to Ilage titblifen.
— Nd., mnd. kummor; nid. kommor; mnld.
kommor, kombor; afries. kommer; wfries.
kommer; mhd. kuml)er, kumnuu' (Last, Ge-
30 müthslast, Bedrängniss, 3Iühsal, Mühe u.
Noth; Betrübniss; gerichtliche Haft, Arrest,
Beschlagnahme); dän. kummor. — Die Bedtg. :
iMSt od. Bedrängniss etc. des Wortes kum-
mor entstand tvohl aus der von: Beschlag-
35 nähme, Arrest etc. u. diese tvohl wieder aus
der von: Hinderniss, Hemmniss od. ein
Etwas, was das Vorwärtsgehen u. Weiter-
kommen liindert, hemmt u. beschwert od. be-
schwerlich macht, falls nicht etwa, toie es
40 scheint (vergl. darüber 0. Schade unter
kumber, wonach die Bedtg. : gerichtliche
Haft etc. erst im 15. Jahrhundert, dagegen
die von: Last etc. scJion im Ausgange des
12. Jahrh. belegt ist) die Bedtg. : Beschlag-
45 nähme od. Arrest etc. aus der von: Be-
drängniss etc. u. diese icieder aus : Hinder-
niss u. Hemmniss entstand. — Nhd., nd. u.
mnd., nid. hat kummor, kumber, kombor etc.
auch die Bedtg.: Schutt, Bauschutt, Schutt-
50 häufe, kumbor, kombor selbst stammt an-
geblich (cf. (>. Schade u. Diez J, TU
unter colmo) ans dem vornan., nämlich dem
aus lat. culmon u. curaulus entstandenen
ital., S2}an. colmo; franz. comble (Haufe,
55 (ripfel etc.), bz. span. cumbrc ; port. cume
(Gipfel) ; port. comoro, combro ; mlat. com-
brus (Erilhnufe), wovon prov., franz. en-
coiiil)ro; it(d. ingoiiil)ro (Hinderniss) ; franz.
decombres (Schutt), ivonach dann die Bedtg. :
CO Hinderniss jedenfalls aus Erdhaufe
tajMMER-DOENTJE
403
KÜMPAS
entstand u. aus Hinderniss od. H e m m-
n iss, hemmendes Etwas etc. loiedcr
die spätere von : Bes c hlag n a li m e u.
Arrest des deutschen Kummer herxior-
geganyen sein miiss. Vergleicht man übri-
gens Alles von Hilde br and, in Grimm,
Wb., über Kummer (cf. namentlich am
Schlu.^sc) Beigebrachte u. namentlich auch
das an. kiimlil, kuml (Grabhügel od. tumulus,
bz. ein Erd- od. Steinhaufen, der zum An-
denken eines Verstorbenen errichtet ist), so
ist es doch sehr zweifelhaft, ob das deutsche
kumber, kummer eine Entlehnung aus dem
roman. ist, da kumber u. kiimbel (cf. auch
kummel [heidn. Grabhügel] u. ahd. cbumpal ;
ags. cumbol in Grimm, Wb.) beide auch
mit kirame u. kämm (cf. auch die Bedtg. :
cohibere etc. unter kimme am Schlüsse), so-
tvie mit kiimme engl, cumber (in Ciiml)erlantl,
niedriges Land, Thalland, tiefes Land) sehr
gut auf ein agerm. kiraban, kamb, kumb,
knmbun (von der y gabh, garabh, schncippen,
beissen etc., bz. klaffen, offen stehen, hohl
u. tief sein etc., toobei aus schnappen wo-
nach auch die Bedtg. : haschen u. greifen
xoonach, od. erhaschen etc., zu sich nehmen,
fassen etc. herrorgehen konnte, cf. unter
kimme) zurückgehen können. Vergleicht man
nun aber, dass die heidn. Grabhügel od. tu-
muli ebenso wie die Erd- u, Steinhaufen
überall u. auch die Pyramiden in Aegyptcn
zxim Andenken der Verstorbenen errichtet
wurden u. dass sie desto höher u. grösser
gemacht xourden, je grösser die Trauer u.
der Gram um den Verstorbenen toar (auch
zwischen ahd. hreuwa ; ags. hreov [Reue od.
Trauer, raoeror] m. ahd. hreu, hreo ; goth.
hraiva etc. [Leiche; Begräbniss, Grab] scheint
ein ähnlicher Zusammenhang zu bestehen,
cf. raii = Reue etc.), bz. dass Jeder der
vorbei ging, auch verpflichtet loar, einen Stein
auf den Grabhügel als Zeichen der Trauer
etc. zu werfen, so scheint es mir, dass die
Bedtg. : moeror etc. des cüten kumber od.
kumbar gerade aus der urspr. Bedtg. von:
tumulus hervorgegangen ist, während die
anderen Bedtgn. von kumber, komber etc.
(s. Grimm, Wb., Spalte 2601, suh 3 etc.)
sich von selbst aus dem Stammverb, kimbau
in der Bedtg. : greifen, fassen, zusammen-
fassen,verbinden, fügen od. zusammen machen,
häufen etc. ergeben, ebenso rvie auch die
von: hemmen, hindern etc. od. Hinderniss,
Hemmimg etc. aus der von cohibere (s. unter
kimme), die ja auch aus : binden, festmachen,
fesseln, bz. greifen, fassen, halten, hemmen
etc. sich von selbst ergiebt, ebenso wie die
von: Arrest, Haft, Beschlagnahme etc. des
deutschen kummer.
kaininer«dlintje, Kummer - Liedchen, ein
leise gesummtes lAedchen (dOntje), das man
anhebt, wenn das Gemüth beschwert u. be-
lastet ist, bz. wenn man Kummer u. Sorge
hat; — dat is wol 'n kummerdöntje, wat du
5 dar singst.
küminei'-lik, kümmerlich, elend, schlecht,
armselig, knapp, mit Mühe u. Noth etc. ; —
dat geid hum man kiimmerlik ; — dat kan
d'r kümmerlik (knapp, mit Mühe u. Noth,
10 katim etc.) heu od. dör.
kümmern, a) kümmern, sorgen, Kummer,
Sorge u. Last machen; — he kümmerd sük
um niks, he let 't all' gän as 't geid ; —
künimer du di um din egen saken; — dat
15 kümmerd hum net, oft hum naderhand göd
geid of siegt ; — de dod fan sin fader küm-
merd hnm net; — dat kümmerd dl dog net,
of ik Spektakel mäk of net, bz. of dat schip
undergeid, od. of dat weg is etc. ; — b) Kum-
20 mer od. Mangel u. Noth leiden, Mangel an
Nahrung etc. leiden, darben, wegzehren, ver-
gehen u. schwinden etc. ; — dat göd (Vieh,
Geivächse etc.) steid to kümmern un kan
hei net greien ; — dat kümmerd (schwindet,
25 zehrt etc.) gans weg. — Compos. : ferküm-
mern (he ferküramerd hum dat ; — he fer-
kümmerd dar gans; — dat ferkümmerd all'
etc.), bekümmern.
kumpän, Kumpan, Genosse, Kamerad etc.;
30 — du büst mi ök 'n mojen kumpän ; — he
is mit sin kumpänen ütgän etc. — Mnd.
kumpän, knmpen; älter hess. (Vilmar)
kompe. Nacli Diez (I, 136) mit ital. com-
pagno ; span. compano ; prov., afranz. com-
35 paing (Compagnon, Gefährte etc., woher:
compagnia ; compagnare, accompagnare, be-
gleiten etc.) ; mlat. com-panium (Gesellschaft),
aus cora-panis (Brotgenosse), gebildet wie
ahd. ga-hleipo, ga-hleibo ; goüi. ga-hlaiba
40 (sodalis, socius), ivas urspr. eine Person be-
zeichnet, die mit Jemandem von einem u.
demselben Brode isst.
kampas, Compass, die Magnetnadel mit
ihrer Einfassung als Geräth, welches die
45 Weltgegend anzeigt. Aus ital. compasso ;
span., franz. compas (Zirkel, Werkzeug od.
Instrument zum Messen, bz. Mass, Tact,
Versmass), looraus erst später die jetzige
Bedtg. dieses nautischen Instruments ent-
50 stand. Nach l)iez (I, 137) mit afranz.
compas (Mitschritt, gleicher Schritt), cora-
jiassar (gleichen Schritt halten, im gleichen
Schritt u. Tact gehen) von con «. passus,
wie von passus (Schritt, bz. Mass von der
55 Länge eines Schrittes, Mass zum Abmessen
der Länge etc., cf. auch tra) auch unser
pas «. passen, sowie auch unser passer,
paster, pasder (Zirkel od. Messinstrument)
u. wo man bei compassus od. compas also
60 auch annehmen kann, dass dies selbst auch
26*
KimPFJ.MENT
404
KÜENDE KTTENNE KÜEN'
schon die Bedtg.: Gleich-Mass u. com-
passo fZ/c ro» Gle ich- Messer, od. Mes-
ser (Mess-Biny, Messf/eräth etc.), womit
man Etwas in gleiche Theile abmisst
u. rinthcilt, gehabt haben kann, da ja auch
passus od. Schritt, ebenso loie Fuss,
Daumen, Elle u. pal m etc. ein Mass von
bestimmter Länge od. Grösse bezeichnete u.
auch der passus od. Schritt ebenso wie der
Euss od. Daumen selbst als 31a ss ?<.
Messer (od. Mess-Ding) zur Ermittlumj
der Länge, bz. zum Messen von Etwas be-
nuf:t wurde.
kuuipplnient, Compliment; a) Gruss, Ver-
beugung etc.; — kumpelment tan unse frö;
— iiö inäkd hör sin kumpolnient ; — b) Wort-
kram, Weitläußgkeit etc. ; — lu' niäkd mi
fols to l'Öl kumpelmonton ; — du nuist nct
so fni kumpclmontcn raakcn, wen du wat
dön wilt. — Das franz. conii)liment aus
com-plior u. plier aus lat. plico = griech.
plokü (Jlechten u. biegen etc.), loovon auch
plecto, .s\ unter kurapleks.
kuiiipleks, Complex, bz. ein in sich zu-
sammetihängcndcs Etwas, eine in sich zu-
sammenhängende Fläche etc.; — dat ligd
all' in ("'n kumpleks bi 'n ander ; — 'n hei
kunipleks land. — Aus lat. complexus von
compl'H-tor, bz. com-plecto, während complex
(Comjilice) zu complico od. conplico gehört.
kumplet, complet, vollständig, ganz; voll-
zählig, vollendet, fertig etc.; — • 't is kum-
plet diil un mal ; — 't gesellskup is kum-
plet; — ■ 't is all' kumplet, um to reisen; —
stcid all' kumplet un klär. — Aus lat. com-
plet us u. dies mit complementum od. com-
jilement von compleo.
kuniplot, Komplott, Verbindung etc.; —
a) GesellscJxifl, J-totte, Bande, Haufe etc.;
— 't is all' en kumplot ; dat ferdümde güdje;
— diir stunden 'n hrl kumplot minskeii In 'n
ander; — se stunden all' in en kumplot
(Haufe, Knäuel) l»i 'n ander; — 1») Bund,
Geheimbund, Einverständniss etc. ; — so
hebben 'n kumplot mit 'n ander mäkd ; —
se sunt mit 'n ander in 't kumplot. — Ob
das franz. complot aus com ». pelote (Knäuel
etc., cf. ital. pillotta etc., Ball, Knäuel etc.
von lat. pila bei D iez I, 320, ivoron auch
franz. peloton, J laufe. Rotte) od. complicitnm
(cf. kumpleks) entstand, dariü)er vergl. Diez,
IT, 2r,2.
knmpost, Compost, ein Gemenge von dün-
gendrn Erden u. allerhand sonstigen dün-
genden Stoffen, als Abfälle von Pflanzen u.
Thieren etc. — Aus lat. compositum von
romponeiT (zusammensetzen , componiren).
k um s u III sj 0, a) Genossensch aft, Gesellschaft,
Haufe; Genossenschaft, Gemeinschaft etc.;
— 't is all' mit 'n ander en kumsumsje; se
dögen all' mit 'n ander glike £51 ; — sc
hüren all' to en kumsumsje; — wi willen 't
mit 'n ander in kumsumsje (in Gemeinschaft,
grmeinschafllicli) dün ; — wT willen 't mit
5 'n ander in kumsumsje (Gemeinschaft od. in
einen gemei)ischaftlichen Beutel od. Topf,
bz. in einen Haufen zusa)nmen) smiten ; —
b) Aufwand, Gepränge, JAirm,Wortgepränge,
Weitläufigkeiten, Umstände etc. ; — hö mäkcl
10 nu fÖls to fol kumsumsje, as dat dat güd
gän kan, od. as dat ik dat mit maken, bz.
mit ausC'n un anhören kan. — hi der letzten
Bedtg. ist es zweifellos das lat. consumtio
(von consumo), ('onsu)ntion od. Aufwand,
15 Verzehrung etc., während es in der Bedtg.
sub a besser zu lat. cousnmmatio, Zusammen-
rechnung, Su)nmirung, Vereinigung etc. (von
consummo, cf. summe, summen) stimmt.
kumst, Kamst, Kunft, bz. das Kommen;
20 — bi sin kumst; — he wagt up sin kumst;
— ankuinst, Ankumst, Ankunft; — uj)kumst,
Aufkommen; — tokumst, Zukunft; — of-
kumst, Abkunft, Abstammung etc.; — her-
kumst, Herkunft; — inkumst, Einkommen,
25 Einkunft; — inkuinsten, Einkünfte, Erträge,
Zinsen etc.; — ho\inmst (das Bekommen etc.)
— Nd. kumst; mnd. kumst, komst; nid.
komst ; ahd. quumt't, cumft, chniiift, cunft,
kunft, chunft ; ndid. kumft, kunft etc. — Zu
30 kamen = goth. qiman etc., toozu kumst sich
verhält loie Brunst zu brinnan, kunst zu
kennen od. könen etc. u. iconach dann auch
das „f" in Kunft ebenso unorganisch ist,
loie in Vernunft u. vernehmen.
35 knmstiji:;, künftig, kumft ig, kommig, kom-
mejid, stammend etc. ; — kumstig jär, künf-
tiges od. kommendes Jahr; — tokumstig,
zukünftig; — ofkumstig, abkunftig, abstam-
mend etc. ; — hcrkumstig, herkommend, her-
40 kömmlich etc.
knn, kannte, s. kennen.
kiiu", konnte, vermochte ; s. könen.
kiiii', .s. künde.
kiln", >s. künde u. künne.
45 klliul, kund, bekannt, wissend etc.; —
kund maken ; — kund dön. — Nd., mnd.
kund; nid. kond, kund; mnld. kond, älter
auch cont ; as. ciith, ciidh ; ags. cCidli ; afries.
küd, küth ; ahd. kund, chund ; goth. kunths
50 etc. ; an. kunnr etc. — Zu könen, bz, kun-
nan (wissen, verstehen etc.), mit dessen Präter.
kund (könnt, gekonnt etc. — ik hebb' kund)
es urspr. eins ist.
künde, kiin", Kunde, Bekannter, Geschäfts-
55 freund. Errund, Genosse etc. ; — he is 'n
goden künde lau mi; — du bist mi ök 'n
möjen kun', dat du m'i dilr so fergäfs wag-
ten letst. — Ahd. kundo, chundo etc.
künde, künne, kün', Kunde, Bekannt-
CO schaß, Wissen, Wissenschaft, Kenntniss,
KUENDEN KUENNEN
405
KUNKEL
Verständniss, Verstand, Bewusslsein etc. ;
— ik hebb' uuderwägens küu' mit hum mäkd ;
— dat is net to min künde kamen; — de
kinder wassen en hast iit de kiiuiie (sie
ivachneii. so, dass man sie nicht mehr kennt,
bz. nicht mehr weiss, wer sie sind u. tote
sie heissen) ; — ik hebb' gen kiin' an hum;
— ik kreg dat (od. auch lium) gau under
de küii'; — ik hebb' in Jeverland giu kün'
(Personenbekanntschaft, bz. Localkenntniss) ;
— he hcd d'r hei gen kün' fan, wo dat
mäkd word ; — he hed sin kün' net ; — he
was net regt bi kün'. — cf. unkünde, uu-
kün' (Unkomtniss, Unverstand etc.); — he
hed dat in unkün' däu. — Nd., mnd. künde,
kuune ; nid. konde, künde ; mhd. künde ; ac/s.
cüdhe etc.
kiinden, kiinncn, künden, kund od. be-
kannt u. tvissend machen etc. ; — ik künn'
dl dät hirmit an, dat etc. ; — he ferküudt
dat. — Nid. konden , verkonden ; afries.
ketha, keda ; ags. cydan ; as. cüdhian ; ahd.
(kundjan), kundan, chundun; mlid. künden,
künden etc.
kandje (Dimin. von künde). Hauptsäch-
lich ironisch im Sinn von : Freundchen,
Schelm, Bube etc.
kündig, kundig; — ik kun' dat net kün-
dig (wissend etc.) worden, wo dat was; —
he is d'r kündig (wissoul, iveise, klug, ver-
ständig, erfahren, geschickt etc.) genug to,
um raester to worden ; — he is en fan de
kündigste (weisesten, erfahrensten, geschick-
testen etc.) mannen de ik kenn' ; — dat is
hum net kündig (bewusst, bekannt etc.); —
wi wurden 'n ander gau kündig (ivir wur-
den einander, bz. einer dem andern bald
bekannt u. vertraut); — Sprichiv.: 't geid
hum as de joden; de fragen altid na 't
kündig päd. — Mnd., nd. kundich, kundig,
kunnig, kündig, künnig ; nid. kondig, kundig ;
mnld. kondich; afries. kundich, koudich u.
kethich, kettig ; ags. cydig ; ahd. chundig,
cundig; amhd. chundich; mhd. kündic, kün-
dec ; an. kunnigr; norm, kunnug; schwed.
kunnig, kyudig ; dän. kyndig.
kündigen, kündigen, kundig od. wissend
etc. machen, kundthun, aufkündigen, auf-
sagen etc. ; — ik kündige dl dat geld ; —
he hed hum dat geld küiidigd ; — he kün-
digde ml dat an ; — ofkündigen (proclamiren
etc.); — upkündigen (aufkündigen, aufsagen
etc.) ; — ferküudigen. — Nid. kündigen ;
afries. kundegia; wfries. kundigjen etc.
kunfüs, confus, bestürzt, verwirrt etc. ; —
ik bün d'r nog hei kunfüs fan. — Aus lat.
confusus, von confundere.
kunfüsje, Confusion; — 't is all' in kun-
füsje.
kanje, a) ein kleiner Keil od. keilförmi-
ger Holzkloben, womit man Etwas feststeckt
od. festlegt, wie z. B. die Fässer, dass sie
nicht weiter rollen ; — stak d'r kunje under
od. leg' d'r 'n kunji! tagen, dat 't fat göd
5 fast ligt un net wider rulld ; — b) ein doppelt-
kegelförmiges od. nach beiden Seiten hin
conisch zugespitztes Stückchen Holz, was
die Knaben beim sog. rösken od. rüs-kuuje-
Spiel gebrauchen. Es ist zweifellos ein Dimin.
10 von franz. cone, aus lat. conus od. von cuneus.
kuukel, Schmutzlappen, Schlumpe, Vettel,
gemeines Weib, gemeine lüderliche Person,
altes Schwatz- od. Klatsch-Maul etc. ; — se
is 'n regten kunkel; — 't is so 'n regt cid
15 kunkel fan 'n wif. — Nid. konkel (Fetze,
Lumpe, Lappe, Wischlappen; Schlampe, fau-
les lüderliches unreines Weibsbild ; Kaffee-
schwester od. Klatsche, Klätschcrin) u. (cf.
V. Dale) konkel (Schlag, Klapps, Klatsch,
20 Ohrfeige). — Vergleicht man klatte, klater
u. }üid. Klats ch. Klatsche, klatschen
etc. vom Schallstamm klat, ahd. klaz ; —
klits, klitse, klitsen, klitter von klit; —
klüngel u. klunker von klingen, klinken ; —
25 kuchel, kücheln etc. von kuchen etc. etc.,
so ist es ganz klar, dass kunkel vom Prater.
kunk, von kinken, sowie mit dem Suffix el
(Etwas, Wesen, Ding, Zustand, Sein etc.)
tveitergebildet wurde u. dass kunk demnach
30 ein zu kinken gehörendes Schallwort ist,
tvas ausser denselben Bedtgn. ivie kinken u.
die damit verwandten WöHer auch wieder
dieselben Bedtgn. tvic klap, klat, knap, kuak,
krak etc. u. deren Ablautformen entwickeln
35 (also neben Klang, Klingen, Bauschen, Sau-
sen, Surren, Schnurren, Schwirren etc., od.
Husten etc., od. Schlag, Klapps, Klatsch,
Stoss, bz. Schlagen etc. auch die von Bruch,
Riss etc., od. Fleck, Schmutz etc., od. Gc-
40 schwätz, Schwatz, Klatsch etc. u. viele an-
dere, ivic sich solche auch in kladde, klatte,
klater, klats od. klak etc. finden) konnten
II. zum Theil entwickelt haben. Ausser un-
serm kunkel u. nid. konkel 1 u. 2 (s. oben)
45 sowie nd. (Br. Wb., Dähncrt etc.) kun-
kel in run-kunkel (gemeine Vettel etc. od.
vielleicht raunende, flüsternde kunkel od.
Klätscherin etc., da run loohl zu runeu,
raunen, flüstern, murmeln etc. gehören kann),
50 gehörte zu diesem Schallstamm kunk daher
auch ganz zweifellos das mnld., bz. flandr.
(KU.) konckel (vortex, gurges, locus in
flumine profundus, in quo aquae vertuntur,
cf. 1 kunkel in Grimm, Wb.), wobei man
55 zunächst wohl ebenso wie bei lat. gurges u.
gurgula; griech. gargarizö (gurgeln); skr.
gargara (Strudel, Schlund etc.), gargana
(strepitus, fragor etc.) u. griech. gargalizo
(kratzen, kitzeln etc. im Halse) von der aus
60 gar, redupl, gargar (sonare, mussare etc.),
KUNKELE
406
KUNKEL-FUSE
entstandenen j/ garg (sonare, clamare, stre-
pere, crepere etc., 100211 Bopp sowohl die
Wörter gnarren, gellen, girren, krachen etc.
ah auch : Kragen, Kehle etc. stellt) an das
s u r r e n d e, s c h n iir r e n d e od. s ans ende
Geräusch, bz. an das Ran s che n u. Tö )i e n
(s. oben, bz. kinkeii u. cf. klukliorn, kiuk-
höst etc.) eines solchen Strudels im Wasser
denken muss. Wie nun aber in den Schall-
stämmen: knik — knak, — krik — krak, —
klik — klak, — knip — kuap etc. aus der
Bedtg. : soiius, crepitus etc. die Bcdtg. : Bruch,
Riss etc. entstand, so entwickelte sich wohl
aus der urspr. Bedtg.: raus die n d es od.
s ur r e n des, schnurrende s, seh w i r-
rendes Etwas i'on vortex, gurges etc. tvie-
der die von : wirbelndes od. sich d r c-
hendes Etwas, wonach denn a«c/4 kuukel,
Sp i nnroc kc n (mag es urspr. blos einen
Wirbel od. ein Rad, Geräth mit einem
Rnd etc. [cf. unser wel = nid. wiel, Rad,
Spinnrad, Strudel, Wirbel, bz. draaikolk,
gurges etc.] bezeichnet haben) sehr leicht
mit nid. kouckel (draaikolk, wiel, bz. gurges
etc.) eins sein u. mit diesem zum Schall-
stamm kunk, bz. zu kiukeu gehören kann.
Dass es aber auch noch in anderer Weise
mit dem Schallstamm kunk, bz. kiuk u. kin-
ken zusammenhängen kann u. man nicht
anzunehmen braucht, dass das alid. kuiichela
aus mlat. couucula lu. dies aus colucula als
Dimin. colus ». nicht umgekehrt mlat. conu-
cula etc. aus ahd. kunchula) entstanden sei,
darüber vergl. das Weitere unter kiuko u.
unter Kunkel (Spinnrocken) inGrimm, Wb.
Wegen der Bedtg. : wirbeln, drehen, krei-
sen etc. aus der von : rauschen., sausen, surroi,
lärmen, tönen, klingen etc., s. auch mnld.
konckeleu unter kuukelu u. vergl. dazu auch
den Zusammenhang von turbo (Wirbel,
Strudel, Kreisel, ^Virbel, Haspel etc. etc.)
mit turba u. turbare, ico die Bedtg. : Wirbel
od. wirbeln etc. auch zweifellos aus der von:
Lärm, Getöse etc., bz. lärmen, toben, brau-
sen, stürmen etc. hervorging. Weiter vergl.
zu kunkel als Drehendes, od. Gedrehtes, od.
sich krümmendes od. krummes, radähnliches,
od. rundes u. kreisförmiges Etwas auch
mnld. koiikerpijpe, nd.-dithm. kuiikclpipe,
Mastdarm, Kaidaunen, bz. Wur.'<t aus roher
Hafergrütze, Zwiebeln u. anderem Gewürz
(cf Schütze u. Br. Wb.); mnld. (KU.)
konckerpijpe (botulus, botellus hordeo farc-
tus) ; mfUim. konckerpijpe (bodin, audouillc),
soivie in n<l. (Danneil) kunkeldick (Blut-
wurst).
knnkeie, heimliche, verstohlene Plauderei,
leise, murmelnde Sprecherei, geheimeFlüsterei,
Munkelei, Geheimthuerei, Intrigue, geheime
verbotene, schlechte, betrügliche Geschichte, ge-
heimer Handel, namentlich einer Frau, ohne
Vorwissen des Mannes etc., cf. klüngele ; —
wat hei ji beiden dar uu wer för kuukeb'
mit 'u ander, wat '11 ander not hören dürd ;
5 — se hed altid allerhand kunkeleen um
handeu; — wat mäkd dat wif dog altid für
kuukeleeu un fusereen. — Xd. (Scham-
bach) kungelie, kuukelie. — Es ist Subst.
zu koukeln od. mit der Endung ei (als eine
10 Handlung od. ein Thun bezeichnend) von
kuukcl weitergebildet, indem es dasjenige be-
zeichnet, was eine kunkel thut, macht u. treibt.
kunkelcr, kunkelerske, Mann der, od.
Weib das kniikeld od. kunkeleeu macht. —
15 Xd. (S eJt ambac]i) kuugelaer.
kuiikel-füse, gemeine, schlechte, lüderliche,
betrügliche, faule Geschichte, schlcchterStreich
etc., bz. eine derartige That, Handlung, Ver-
richtung etc., od. eine Betrügerei, Schelmerei,
20 Intrigue; — du must mi gen kuukelfüseu
maken, od. mi mit gen kunkelfüseu kamen;
— se hed altid allerhand kiinkeltusen (od.
kunkelfüsereeu) bi de ende, od. um de band.
— Ausser den in Grimm, Wb., beigebrach-
25 tcn Belägen hat auch v. Dale ein nid.
konkelfoes, indessen leider ohne weitere Er-
klärung. Da er es indessen als Masc. be-
zeichnet (obiges kunkelfiise ist ein Femin.),
so dürfte es wohl dasselbe bedeuten, wie
30 unser kunkelfiiser. — Was den ersten Theil
dieses Wortes betrifft, so ist es entweder ident.
mit dem Subst. kunkel (s. oben) od. es ge-
hört mit gekunkel «. kunkele zu kunkeln,
während der zweite Theil füse höchst wahr-
35 scheinlich entweder ein von ags., as. füs;
aengl. füs, fcuis, vous (paratus, promptns etc.,
s. unter funsein u. füsel) tveiter gebildetes,
od. ein zu ags. fvsan ; as. füsian ; aengl. füsen
(parare etc. od. bereit u. fertig machen, be-
40 reiten, fertigen etc.) gehörendes Subst. ist,
da kunkel- füse ganz zweifellos wohl ein
Etwas (gleichviel, ob Zustand od. Gegenstand,
bz. Sein, Wesen od. Ding) bezeichnet, das
eine kunkel bereitet u. fertigt od. macht, od.
45 ioas von einer kunkel (einer gemeinen, fau-
len, schlechten Ferson, od. einem Lump od.
Luder) bereitet od. gefertigt u. gemacht ist
u. wird. Dass füse nämlich die Bedtg. :
Bereitetes od. Gemachtes (Fabricirtes, od.
50 Fabrikat etc.) hat, wird auch dadurch be-
stätigt (s. unter kunkelfüseu in Gr i m m,Wb.
sub ^, c), dass das gemachte (unechte od.
falsche u. werthlose) Gold od. Metall schon
im Anfange des 15. Jahrhunderts auch
55 kuukelföys hiess und also hier im Gegensatz
zum echten (nicht gemachten, sondern na-
türlichen) Gold od. Metall stand u. wo das
vorgesetzte kunkel wohl nicht eine gemeine
Person bezeichnete, sondern wahrscheinlicher
60 die Bedtg. : Flitter, Lappen, Fetze, Lumpe,
KUNKEL-FUSEN
407
KUNKELN
od. gemeines Etwas (cf. kuukel) hatte u.
kiiukelfoys demnach ivörtl. ein Flitter- od.
Lumpen - Fabrikat ((jemeincs u. .schlechtes
Gemache) bezeichnet haben rvird. Dass nun
aber fiisc od. oherd. fausc auch für sich
allein eine ähnliche Bedttj. hatte (s. dieser-
halb in Grimm, Wb. unter kimkelfusen,
sab 2, a), erklärt sich daraus, dass tvir mit
(1 e m acht auch die Bcdtg. : ti n ä cht,
falsch etc. verbinden u. es eben hier auch
loiedcr im Gegensatz zu natürlich od.
ü cht (cf. gemachter Kram, gemachtes Wesen,
etc.) steht, also fause als gemachtes u. nicht
natürliches Etwas auch ein imitirtes u. fal-
sches Etivas sein kann. Vergl. übrigens
dieserhalb noch toeiter :
kunkel-lusen, es toic eine Schlumpe (kun-
kel) od. ein Lump, Luder, gemeine u. schlechte
Person machen u. ircibcn, bz. so handeln u.
arbeiten, toie eine solche Person etc.; daher
a) gemein, schlecht u. betrügerisch handeln,
gemeine Geschichtchen machen, eine Sache
in lügnerischer u. betrügerischer Weise u.
Absicht verdunkeln u. verwirren etc. ; — se
mag iiiks lefer as kuakelfüsen un klüiigeln ;
— b) schlecht arbeiten, pfuschen etc. ; —
he kunkelfüsd d'r wat in herum. — Nid.
(V. Dale) konkelfoezen u. koukelfoezeleii
(alles door malkander mengen, eene onaan-
gename hutspot maken ; bedrieglijk, arglistig,
hedektelijk haudelen; met draaierijen om-
gaan; zieh met eenauder verstaan, om cen
ander te bedriegen); fläm. konkelfoezen,
konkelfuizen (von heimlichem u. betrügeri-
schem Treiben ; auch pfuschen). — JDass
dies verbale füsen = oberd. fausen, nid.,
fläm. foezen, fuizen etc. dasselbe Verb, loie
ags. fysan ; as. füsian ; aengl. füsen (parare,
properare etc.) ist u. man das Subst. kunkel-
tYise u. die folgenden Wörter auch hievon
direct von kunkelfiisen ableiten kann, ist
beim Vergleich von funsein u. 1 u. 2 frskcn
zweifellos. Man loilrde hier füsen dann
eben in der Bedtg. : eilig u. geschäftig sein,
eilig zurecht machen u. so auch : pfusclicn,
schlecht arbeiten, etwas Schlechtes u. Un-
nützes machen etc. zu nehmen haben, kun-
kelfüsen aber würde dann blos ein durch
kuukel verstärktes füsen sein u. sich hieraus
auch leicht erklären lassen, warum das ein-
fache füse od. fause, bz. dessen Plur. füsen
od. fausen auch schon die Bedtg.: schlechte
Geschichten, Bänke, Streiche, Flausen etc.
hatte, loie dies unter kunkclfusen 2, a in
Grimm, Wb., erwähnt ist.
kunkel-fuser, kiinkelfuserd, Person die
kuukelfüsen macht. — Nd. kunkelfusert.
kunkel-tüsere ; i. q. kunkelfüse, bz. kuu-
kcle etc. — Nd. (Br. Wb.) kunkelfuserie.
kunkel-hiis, Uaus,worin dieKlätscherinnen
u. Ijästcrzungen, bz. die gemeinen Frauen-
zimmer (cf. kunkel) heimlich zusammen
kommen u. verkehren, bz. worin gekunkelt
wird od. Kunkeleioi stattfinden. — • Nid.
5 (v.Dale) konkelhuis (huis, warin men in 't
geheim koffij drinkt; huis, warin men in 't
geheim plannen smeedt, bz. Haus, ivorin die
Klatschen od. Kaffecschwestern zusammen-
kommen, um zu kunkeln). Vergl. auch oherd.
10 Gung gelhaus unter Kunkelhaus in
Grimm, Wb., wo die Form gungel, gunkel,
ebenso toie g unk ein (baumeln, s. unter
kunkeln in G r i m m, Wb., Nr. 3) auch stark
an unser güiigel ti. güngeln (bummeln etc.,
15 cf. bummeln) erinnert.
kunkel-krjun, kiinkelkraiiiere, schlechter,
gemeiner, verstohlener, heimlicher, betrüg-
licher Kram od. Handel, schlechte etc. Ge-
schichte etc. ; — mit de kunkelkräm wil 'k
20 niks to dön hebben.
kunkeln, schwatzen, plaudern, klatschen,
heimlich u. vertraulich mit einander sprechen,
flüstern, munkeln, sich heimlich mit einander
besprechen u. über Etwas (namentlich wegen
25 schlechter Geschichten od. Betrügereien etc.)
verabreden, heimliche Bänke u. Pläne schmie-
den, betrügen u. lügen, schlechte u. faule
Geschichten machen u. treiben, pfuschen,
Schmutzkram machen u. zurecht brauen od.
30 mischen, rühren, schmieren, manschen etc. ;
— dat kunkeld un prötd all' dör 'n ander
hcndör, so dat man d'r niks fan ferstän kau ;
— se Sitten bi 'n ander to kunkeln; — in
dunkeln is göd kunkeln ; — wat hei ji dar
35 nu wer mit 'n ander to kunkeln (heimlich
mit einander sprechen od. zu besprechen, zu
verhandeln etc.)? — wat hei ji dar nu wer
mit 'n ander toregt kunkeld (was habt ihr
da nun zvieder für schlechte Geschichten od.
40 Bänke etc. mit einander zurecht geredet od.
zurecht geschivatzt, zurecht geschmiedet u.
gebraut)? — dat wif mag niks lefer as kun-
keln (Jieimlicher Handel ohncVorioissen ihres
3Iannes treiben, bz. heimliche trügliche Ge-
•15 schichtoi machen, Bänke schmieden od. über-
haupt Heimlichkeiten u. Sachen treiben, die
das Licht scheuen) ; — wat kunkelst (was
für faule Sachen od. toelchcn Schmutzkram,
welch schlechtes Zeug brauest, mischest,
50 manschest, schmierst od. pfuschest etc.) du
dar toregt ? — he kunkeld (schmiert, manscht,
rührt, giesst etc.) 't all' dör 'n ander; —
se kunkeld (schmiert, manscht od. pfuschet
etc.) d'r wat mit herum. — Nd. (Scham-
55 buch) kungeln, kimkeln (heimlicher Handel
ohne Vorwissen des Mannes treiben, heim-
lich u. unerlaubter Weise verkaufen u. ver-
tauschen), (Danneil) kunkeln (betrügen,
heimlich etwas verkaufen) ; nid. konkelen,
60 Bänke spielen, auf verstohlene Weise sein
KUNKEL-POT
408
KÜENST
Wesen treiben, od. nach v. Dalc slnrdig
werkeu, kuoejeu (cf. knöjen) kuoeierijeu Le-
drijveu eu plt'5:eu, iutrigcreu etc. — cf. dazu
mnid. (KU.) konckeleu (contoiquere, rotart-,
vibrare) ii. unser kinke etc. ii. sudanii auch
Weiteres unter kimkelo i)i Gritinii, Wb.,
u. bei mir unter kuiikel, wovon kuukelu
zweifellos tceitergebildct ist. Duss sich dieses
Verb, auch mit kiiclielu, klüugclu begrifflich
so nahe berührt u. berühren muss, ist des-
halb klar, u-eil knebeln zu kucben u. klün-
pelu mit klüugel zu klingen r/ehört. Ihiss
das oberd. gunkeln (baumeln od. bammeln)
nichts anderes als unser giiugeln (bummeln,
umherstrolchen, schlendern etc.) ist, ist ivohl
zweifellos.
kunkel-pot, Schwatz- od. Klatsch -Topf,
bz. der To}>f einer Klatsche od. Kaffee-
schwester, od. auch der Topf, wobei (jeklatseht,
geplaudert wird od. heimliche u. trauliche
Unterhaltung stattfindet; daher fig. auch:
a) der Thee- od. Kaffeetopf; — sittd j'i oklc
■wifeu uog bi de kuukelpot? — wen de
kunkelwifen so regt warm up 't stüfke bi
de kunkelpot sittcn un mit 'n ander kunkeln
kOneu, den sunt se so regt up hör drätV; —
bi de kunkelpot word allerlei toregt knnkeld
un toregt bröed ; — b) ein Schwatz- od.
Klatschmaul, eine Klütscherin ; — 't is so
'ü regt old kunkelpot. — Xld. konkelpot.
kunkel-Avif, Weib das knnkeld oJ. schwatzt,
plaudert etc., od. das liänke u. sonstige heim-
liche u. faule Geschichten (namentlich hinter
dem Rücken ihres Mannes auch Sachen ver-
kauft) macht. A uch rhein.: Weib das k u )i kelt.
1. künne, s. künde.
2. künne, kiin', od. künde, Familie, Ver-
wandtschaft, Geschlecht, Verwandter, Ange-
höriger etc. ; — he hörd to allemans künne
(er gehört u. rechnet sich zu Jedermanns
Familie od. Verwandtschaft, Geschlecht etc. ;
bz. gerirt sich als ob er mit aller Welt ver-
wandt i.st) ; — Sprichw. : allemans künde,
sunt allemans fründe, od. all'mans küu' sunt
all'mans frün'. — Xd. (Bäh n ert etc.) künne;
mnd. (Seh. u. L.) kunne, künde; nid. kuune;
afries. ken, kin, kon ; nfries. kinn, kenn ;
as. kunni od. cunni ; ags. cyn, eynn, cinn ;
engl, kin, kind ; an. kyn; norw. kyn, kjün ;
.schwed. kön; dän. kjün; goth. kuni ; ahd.
cuni, kunni, cliunni, khunni; <i»!/;c/. cbunne ;
mhd. künne; md. kunne (Geschlecht, Vcr-
ivandtschaft ; Verwandter, Verwandte ; Art).
Mit lat. genu (nur in genuinns) ; skr. janu
(Art, Geschlecht) etc., sowie skr. guä (Götter-
weib) u. jäni ; zend. ghena; griech. gune;
goth. qino (Weib, cf. kwäue) /(. skr. Janas;
griech. genos; lat. genus (Geschlecht), gens
(Volk) etc. zur y gan ; skr. jan (zeugen;
werden, entstehen etc.) gehört.
kiiiineke, Bohnenkraut. Es ist Dimin.
von kmuie aus küue = nid. kuun, kenne,
N. unter kölle.
klui-rebbers-weg od. kourebberswe^. Es
5 giebt hier in Ostfriesland mehrere Wege,
welche der Sage nach von don alten frie-
sischen Könige Radbod (im Volksmunde
Rabbold, Rebbold u. Jetzt auch noch Robo-
lius [aus Radbodius] genannt) angelegt sein
lü sollen u. daher wie oben, od. einfach auch
Rabbels- od. Rebbelsweg genannt werden.
So z. Ii. ausser sonstigen (im Amte Stick-
hausen u. Friedeburg etc., auf dem Bernmer-
fehn etc.) auch einen Weg, der früher an-
15 geblich von Stavoren in Friesland durclt,
Groningerland, Bheiderland über die bei
Emden liegende Insel Ncssc (es war früher
ein Dorf, das im 14. od. 15. Jahrhundert
durch Deichbrüche von lihciderland abgc-
20 trennt ivurde) durch die Krumhörn etc. nach
der Insel Fosteland (wahrsehcinl. ivuhl Bor-
kuni, da liadbod der Sage nach in dem auf
Borkum belegenen Baut friVier ein Castell
od. eine Burg hatte od. vielleicht auch llelgo-
25 laud, wo er angeblich die Taufe verweigerte)
ging u. wovon noch jetzt (cf. Bertram,
Geogr. von üstfriesl. pag. 147 u. 172 wegen
dieses Weges u. sonst auch pag. 193 ; ferner :
Ostfries. Volksbote von 1S32, pag. 182 den
30 Aufsatz von Fr. Arends über die alten
Wege) grössere Theile erhalten sind. Der
Name von Eadbod ist auch anscheinend
erhalten in Rabbelsberg, icas icahrscheinl.
(cf. Arends Erdbeschr. von Osffriesl. u.
35 Harrlingerland) ein edtes Grabdenkmal ist
u. wohl im Volksmunde aus Radbods-berg
verderbt ist, iveil derselbe dem Könige Radbod
zugeschrieben ivurde.
kiiiist, Kunst; — he is in allerlei küusten
40 un wetenschuppen erfaren; — dat is hei
gen künst, um dat to dön ; — he kend de
künst, um wat to maken ; — wen man de
künst kend, den is 't ligt to dön ; — lat
din künsten (Fertigkeiten, Geschicklichkeiten
15 etc.) insen sen un wis insen, wat du kaust;
— dar hed he sin künst (sein Können u.
Wissen, seine Geschicklichkeit) au bewesen;
— he wil hum de künst oÜeren ; — wat
sunt dat nu wer für künsten (was sind das
50 nun tvieder für Listen, od. Streiche, liänke,
faule Geschichten, Gaukeleien eic.j.^--wat
solen de künsten beten V — du must mi gen
künsten (Ränke, faule Geschichten, Umtriebe,
Gaukeleien, dumme Sj)ässe etc.) maken ; dat
55 wil 'k dl raden hebben; — he hed altid
allerband künsten (Listen etc.) bi de ende,
um en to bedregen un antofören ; — dat
Hüllt air man malle künsten fan dl. — Sprichio. :
hebben is hebben ; man krigen is 'u künst ;
60 — de künst stigt immer höger, uns' köBter
KUENSTELE 409 KUNTE KUNT
Word 'u kröger. — yl/r «es. , uW. kirnst, koust; (creua ; cuiiuus) ; cityl. cut (Schnitt, Ein-
ml., mhd. kunst; ahd. chuust, kuiist (das tichnilt, Kerb, Höhlun;/, Rinne, Strich, Linie
Kennen u. Wisnen, Verstehen, bz. das Sich- etc. ; Stück, Theil, Antheil, Laos etc., cf.
verstehen auf Etwas etc.) — Zu kuuiian acngl. cut [Theil, Jjjos etc., cuttin ; encß.
(t/. köiien) u. gebildet wie Gunst von yönncn, 5 cut, scindere, secare, sclmeiden, hauen, ab-
Brunst von brennen etc. hauen ; aufschneiden , schlitzen , spalten ;
künstele, Künstelei. schnitzen; zerschneiden, durchschneiden, thei-
kiinstelk, s. künstlik. len etc.] u. cunt [a) vulva, cuunus ; — b)
kiiustelii, künsteln; — he küustold d'r Furche etc. j in cuntVines, die Furchen , llöh-
wat an herum. 10 langen od. Binnen, ivclche die Leinen od.
künstig (von Jemandem od. Etwas dem Taue auf der Oberfläche einer Kardele
Kunst eigen ist), Kunst od. Geschick u. zwischen sich lassen); an., isl. u. norw.
F'ertigkeit etc. habend u. zeigend, mit Kunst (dialect.) kunta; .schtved. (dialect.) künuta. u.
begabt, geschickt, künstlich etc.; — dat is 'u kuta, kutta; dän. (dialect.) kunte, kunt (cun-
küustig mau, de dar (d. h. mit einem Eis- 15 aus, vulva); mferf., »(rf. kuiite, kuut (veretrum),
zapfen) göd mit timmeru kan ; — dat is 'n weibl. Schamglied, womit auch vielleicht Jiorw.
künstigen arbeid. — iVW. konstig, kunstig etc. (Jv. Aasen) kunt; schwcd., dialect. kunt
künstler, Künstler; — ironisch: du büst (tn skraeppc eller liöi og smal kurv af
mi 6k 'n möjen künstler. flettede spaaner) von Hause aus zusammen-
künstlik, künstlich, der Kunst gleich od. 2U hängt, — Dass die Wörter kunte u. kutte
entsprechend, mit Kunst, viel Kunst cnt- nicht wie wahrscheinl. das nd. (Scham-
haltend, geschickt etc.; — dat is 'n künstclk bach) kunue u. mhd. künne (cunnus etc.)
stük arbeid; — he is 'u künstelk mau; — aus lat. cunnus entstanden sind, ist sicher,
dat is künstelk mäkd un net natürlik togän etc. soivie auch, dass nach allem Obigen die
kanstapel, Constabel (fast obs. u. haupt- 25 Bedtg. : cunuus od. vulva aus der altern
sächlich noch als Name vorkommend, wie von: Spalt, Riss, Schlitz, Kerb, Einschnitt,
Backer etc.), Person die das Geschütz be- od. Oeffnung, Loch etc. hervorging, bz. dass
dient u. den Kanonieren helfend zur Seite der Stamm kut, nasal, kunt urspr. die Bedtg. :
steht u. auf Schiffen die Aufsicht über die Bruch, Riss, Spalt etc. (u. so auch: Schlitz,
Munition hat. — Nid. konstapel, konstabel ; 30 Schnitt, Kerb, Einschnitt etc., od. Oeffnung,
mnd. kunstavel etc. — Wegen der verschie- Loch, Grube, Höhle, Vertiefung, Rinne etc.)
denen Formen u. Bedtgn. vergl. Grimm hatte. Vergleicht man nun dazu die Schall-
(Wb.) u. Seh. IC. L. (mnd. Wb.) Wegender stamme: klak, klap, klat, knak, knap, krak
Herkunft des ital. contestabile, connestabile ; etc. ynit ihren Ablauten klik, kluk etc. etc.
Span, condestable; franz. connetable (in 35 und die davon gebildeten Wörter, bz. dass
erster Bedtg. : Oberstallmeister) aus comes dieselben aus sonus, crepitus etc. die Bedtg. :
Stabuli cf. Diez I, 138. Bruch, Riss, Spalt, Ritze, Kluft etc. ent-
kunte, kunt u. kutte, kut etc., loeibl, wickelten, so ist es wohl zweifellos, dass auch
Scham, weibl. Schamglied, iveibl. Scheide, der Stumm kut ein urspr. Schallstamm ist,
rect. Einschnitt od. Loch, Spalt, Kerb, Schlitz 40 der als kit, kat, bz. kwit, kwat auch in
etc. im Unterleib, sonst hier auch püt u. kittern, kwittern , bz. katteru, kwattern,
snede, snäde, snä' (de wichter hebben 'n snä', kwatjo, kwatjen, kwattel etc. etc. steckt u.
de jungens hebben 'n kapittelstok et'-..) ge- entweder unverschoben mit idg. kat, kant,
nannt, ivobei wegen püt od. pute noch be- bz. kad, kand (cf. auch gnattern, knattern,
merkt sei, dass dieses Wort wahrscheinl. mit 45 gnittern, knittern, guiden, liuäden etc. etc.)
püte u. pütte aus lat. puteus stammt u. auch od. lautverschoben mit gat, gaut, bz. gad,
in pütäl steckt; — piut (penis) un kunt od. gand (wegen der Formen kom, kum, kwam,
pit un kut. — Sprichw.: grote mund! grote goth. qim, qum etc., aus gam, vergl. kamen,
kunt! — d'rför is net so göd as d'rin, sä kumst etc.) ident. ist u. demnach sowohl mit
de pastör. — Nd. (Br. Wb., D ahne rt etc.) 50 skr. katth (Geräusch u. Lärm machen,
kuüte, kutte, kutt ; mnd. kunte, cutte (cun- schreien, schwatzen, sprechen, schelten etc.,
nus, vulva); nid. kont (Arschloch, Arsch- cf. bei Fick I, 37 ]/ kat, lärmen etc. u.
kerbe, Arsch, cf. gdX), kut (snijde, insnijding; I, 38 y kani, schlagen, stossen, stechen etc.,
vrauwclijk schaamdeel it. kute (kuiltje, putje); toozu er auch skr. kunta, griech. köntos,
mnld. kutte (creua, incisura ; cunnus) u. kute 55 Stange, Stecken etc. u. kanta, Lappen, Lum-
(scrobibulus) ; afries. kunte, kunthe, cuntte; ^;e/t etc., skr. kantbä, geflicktes Kleid; lat.
nfries. kunte (cunnus, vulva); hess. (Vil- centon etc. stellt) als auch mit kad = skad,
mar) kaute, k\xiiQ,kMii (Vertiefung, Grube, skand, beissen, bz. spalten od. brechen etc.
Loch etc. u. im Fuldaisch, auch vulva) ; (cf. biten, knappen, knakken etc.) u. knicken,
aengl. cunte, cuntte, counte (vulva) u. kutte 60 biegen (cf. knik, knikken etc., cf. daselbst
KüNTE KUNT
410
KUNTE KUNT
])ag. 38) ident. sein kann, zu tvchh Letz-
terem wahrscheinl. auch skr. kumlola it.
griech. kanclia, Korb, Hohrkorb, grosser Korb
etc. gehört, da diesem Worte entweder die
von: sjialten, khiß'rn ete. ausgehende Bedtg.:
Hohles, hohles J-^tivas etc., od. die von :
brechen, knicken, biegen, krümmen, Hechten
etc. ausgehende liedtg. : rundlich gebogenes
u. geformtes etc. od. geflochtenes Eticas etc.
zu Grunde liegt. Weiter vergl. bei Jiopp
y kantli, kath (dolore, Imkere, nioererc), die
tcahrscheinl. urs2)r. die Bedtg.: schreien,
weinen, klagen, seufzen etc. hatte u. also
auch eine Schallwurzel ist; — kaud, kad
a) findero etc., s. oben kad; — h) sorvaro,
od. urspr. rielleicht: klagen, sich grämen,
sorgen, besorgt sein etc. u. so auch: achten
worauf; — katth (laudaro, cxtolloro, jilo-
riari etc., bz. schreien, rahmen, prahlen etc.);
— kath (dicere, loiiui, nicmorare, uarrarc),
wozu er goth. quatli (quitlia etc., cf. kwil-
teln, kwatje etc.) stellt; — kad (commovcri,
perturbari , terreri etc., od. urspr. wohl:
GeräuscJt, machen, schreien, lärmen, toben,
schelten etc.), wie kand, kad (vocare, cla-
niare, flere), wozu in der Bedtg. : souare etc.
70ohl kandalä (souus lenis) ti. in der aus
somis, crepitus (cf. klak etc.) entstandenen
Bedtg.: brechen, reissen, spalten, klaffen etc.
H. aucli springen, aufsiiringen, sich S2)alten
n. öffnen, entspringen (cf. y sprant u. sprut
bei F ick III, 336, bz. unter spriiten, sprüt-
seu, sotcie nhd. Sp rosse etc.) etc. auch
kaiulara ». kandara (caverna, specus, bz.
Spcdt, Höhle etc.), kandala u. kandalä (calix,
gemma ; germen, surculus) gehört; — ferner
cf. khat (dosidorare, od. urspr. ioohl: schreien
nach Etwas); — kliad, khand (a. findcrc,
frangere, ruinpere, dividcrc etc. ; — b. de-
serere, rclinquerc), wovon klianda (pars,
l)ortio, Sectio, fragmentnin, fnistum ; tomus) ;
— khad (occidere) mit der Nebenform klnid,
khiuid, bz. kuüt, kut u. kund, kuil, ivozti
wegen kuntc, knttc, kute (s. oben) in der
Bedtg.: Spalt, Loch, Höhle etc. od. holdes,
bauchigtes Etwas auch skr. kunda (urceus,
urna, liydria; caverna in terra facta ad ser-
vanduni igneni sacruni ; piiteus etc.) zu ver-
gleichen ist; — ici'iter vergl. )ioc/i bei Bopp
diey gdd (tonare) M.gad(dicore, loqui^f?. ?frsj;r.
sonare, rlamarc), ivoza noch goth. ([iman,
bz. unser kamen etc. selbstredend auch kat-
tern, kwattern, kwäteln, kwattel etc. grhörrn
kann u. loas selbstredend auch ein urspr.
Schallstamm ist v. tvozn auch noch andere
skr. H. sonstigr Wurzeln in ähnlicher Weise
wie zu kad, kand hinzugrfiigt werden könn-
ten. Ist nun aber der Stamm kut, kunt
(von kutte, kunte) ein Schallstamm, der von
der Grdbedtg.: Geräusch die Bedtg.:
Bruch, Biss, Spalt etc. od. wie klap auch
die von: Schlag, Stoss etc. entwickelt hat,
so gehört zu derselben ausser dm oben schon
angeführten Wörtern (cf. auch kotsen, kwat-
5 sen, sowie auch kate u. kotc von einer y
kut, knicken, biegen, krümmen, wölben, die
wie knik selbstredend auch eine Schallwurzel
ist u. Weiteres auch unter kuderwälsk) auch
(cf. kladde wegen des „d" statt „t") wohl
10 kiulde in einer andern Begriffsentwickelung,
während an. kuta (cultellis pungcre), kuti
(cultellus) etc. mit engl, cut (,s'. oben) conne.v
ist u. im noric. kyta (schelten , aushunzen ;
schreien, prahlen), kyta (Geschrei) noch
15 die Grdbedtg. sonus, clanior erhalten ist. —
Norw. kyta (Beule, Knollen, bz. vorstehende
Falte, Runzel etc.) crgiebt sich leicht aus
der Bedtg. : schlagen, stossen, bz. brechen,
knicken etc., wie Ja beide Bedtgn. (cf. klap
20 u. kiiik etc.) sich ja ungesucht aus solchen
Schallstämmoi entwickeln. iJass die Formen
kint u. »juint (s. unter kunte in Grimm,
Wb.), sowie auch der Stamm qith von goth.
qithus sich leicht von einer der obigen y
25 kat od. gat ableiten lassen u. selbst auch
(pthus (Bauch) als Hohles, Höhle (es tvird
wohl eigentlich die B a u c h h ö h l e bedeuten)
in seinem Stamm kwith mit kut formell u.
begrifflich zusammen fällt, ist nach den obi-
30 gen Ausführungen leicht einzusehen.
Zum Schlüsse sei zu kunte, kutte noch
bemerkt, dass nach den obigen Ausführungen
u. beim Vergleich von klatte (gemeines Weib,
Hure etc.; Fetze, Lumpen etc.; Klunker,
35 Zotte etc.) u. kladde von klat, ahd. klaz
(nhd. Klatsch) ausser den in G r i )n m, Wb.
erwähnten Schall- od. Schall nachahmenden
Wörternkoiz (Interjection = Potz) n. kotz
(.\ustvurf, od. was mati mit Geräusch aus-
40 bricht etc., cf. kotsen u. kwatsen, welch
Letzteres auch loie : klatsch e n n. klap-
p e n die Bedtg. : schallend schlagen od.
werfen etc. ti. die von: schwatzen etc. hat)
sowohl Kotz (Augenbutter etc., cf. klatte
'15 auch in dieser Bedtg.) als Kotze; mnd.
cute ; engl., dialect. cut (nieretrix, Hure, ge-
meines Weib) u. Kotze (Husten) zu diesem
Schallstamm gehören. Vergleicht man nun
weiter aber noch klatte in der Bedtg. : Lap-
50 pen, Fetzen etc. u. zottiges wirres Etwas,
Weiehselzopf, bz. Verwirrung etc., so lä.sst
sich auch Kotze (Kleid, Decke od. Stück
zottiges, grobes Wollcnzeug etc., bz. zottiges,
wirres Ifaar etc., vergl. (die die verschiede-
55 neu Bedtgn. des 4ten Kotze in (rrimm,
Wb.), mit engl, cot (Wollabfall), cotted (wirr,
verwirrt, zottig), sowie Kotz (iulus, bz. die
Wolle an etlichen Bäumen od. eigentlich
die auch Kätzchen genannten weiblichen
GO Blüthen, welche wie Zotten an Hasel-
KONTERBANDE
411
KUR
Stauden etc. herunterhangen u. schwäb. kutze-
mulle u. sonst oberd. auch kauz [älter wohl
kuzi] heissen) leicht ebensogut von diesem
Schallstamm kut, nhd. ciiz, cliiiz, kuz ab-
leiten, während Kotze (ruiico, Jät-Messer)
wohl dasselbe wie an., ist. kuti (cultellus,
s. oben) ist. Vergleicht man uiin aber
(Grimm, Wb. V, 'iVOS) Kötze (Bücken-
korb, od. Korb, bz. ein hohles rundliches
Etwas u. daher auch Bauch, s. unter
Kötze 2), so lüird dies wohl auch mit dem
schon oben angeführten noric. kunt (hoher
u. schmaler Korb von geflochtenen Spähnen),
sowie mit goth. qithiis (Bauch etc., s. oben)
von derselben germ. ]/ kut, kwat = idg.
gad od. (unverschoben) kat zusammenhängen,
falls es nicht etioa mit kate (Hütte) auf die
aus kut als Schallwurzel entstandene Bedtg. :
Spalt od. Höhle, Felskluft (caverna, spe-
lunca etc.) zurückgeht, ivobei man dann an-
nehmen muss, dass kut ebenso wie kuk eine
Weiterbildung der Schallwurzel ku (cf. kukük
u. küken etc.) ist, loozu dann auch nhd.
Kauz (Eule etc.) ebenso zu stellen wäre,
loie kukük u. küken zu kuk od. kak. Vergl.
dieserhalb auch noch das zweite Kaute in
Grimm, Wb., sowie auch das unter kote
Gesagte. Sodann vergl. ferner auch kauter,
kuder- od. kuterwälsk u. (Grimm,Wb. V,
2882) kuteu (sausen), chuteu (tönen, ertönen,
stridere etc.), chuta (zanken, streiten) etc.
kunterbande, Contrebande, verbotener od.
unerlaubter Handel, gcsetzividrig od. auf
Schleichioegen eingeschmuggelte Waare etc.;
— dat is kunterbande wat du dar mäkst
od. best. — Wegen Abstammung des ziveiten
Theils bando von ban (Befehl, Gebot etc.,
cf. bau) vergl. Diez 1, 50.
kunter-bant, kunterbunt, sehr bunt etc.;
— dat (od. de budel etc.) is ml to kunter-
bunt; — dat geid all' kunterbunt dür 'n
ander hendör. — Die Vorsylbe kunter ist
tvahrscheinl. ident. mit franz. coutre aus
lat. contra, worüber Weiteres in Grimm,
Wb., unter k u n t e r b u n t zu vergleichen ist.
kuntrai, kuntrei (sehr gebräuchlich), Ge-
gend, Umgegend ; — dat mut dar so wat in
de kuntrei liggen. — Nid. kuntreije. — Es
ist das engl, country (Jjund, Landstrich,
Landschaft, Gegend etc.) ; aengl. coutre ;
afranz. coutree, cuntree; franz. contree;
aital. contrata; ital. contrada, was ebenso
von contra loeitergebildet ist, loie Gegend
von gegen.
kup-band (Flur, küpbanden). Band (od.
Eeif, Ring) zu einer Kufe, bz. welches um
eine Kufe gelegt loird, um die Stäbe zu-
sammen zu halten.
kupe, küp, Kufe, Bottich. — Nid. kuip
etc. — Wegen der Entlehnung od. Nicht-
eidlehnung aus lat. cui)a vergl. unter Kufe
in Grimm, Wb., u. cf. kop.
klipen, a) Fässer binden od. machen,
Böttcherei treiben; — b) in Fässer fassen
5 od. machen; — 't lür (Leder) inkupen; —
'■) (i^O-) durch Umhergehen, öffentlich od.
heimlich um Stimmen betteln u. werben, bz.
Stimmen bei Wahlen sammeln u. erschleichen
od. sich heimlich u. durch Bestechung um
10 ein Amt bewerben, Stimmen kaufen etc.,
wobei man bei den Bürgern herutngeht, wie
der Böttcher um ein Fass (d. h. nach der
Erklärung Stnrenburg^s). Sollte es indessen
ivie nfries. kupe (kaufen) in dieser Bedtg.
15 niclit eher wie nid. kuipen (bestechen, durch
Bestechung od. Geld Stimmen kaufen u.
werben, heimlich sich um ein Amt bewerben
etc.) eine Nebenform von kopen sein ? —
Nid. kuipen in derselben Bedtg. wie sub a
20 u. c. Vergl. iveiter:
kuper, Böttcher, Küfer, Küfner; —
Sprichiv. : be geid d'r um to (od. d'r um
lierum), as de kuper um 't fat (od. um de
tünn'); — Kinderreim: dat kuperswif! dat
25 kuperswif! fret all' de süre kol in 't lif; —
kuper! kuper! rund um 't fat, baud sin wif
mit de slür för 't gat (der Hintere od. Hin-
terster, cf. gat). — Nid. kuiper (a. Böttcher,
Küfer etc. ; — b. [flg.] Einer der durch Be-
30 siechung sich heimlich um Stimmen od. um
ein Amt bewirbt, Amtschleicher).
kupei'-beitel, Küfer-, Böttcher-Meisscl.
kuper-düssel, Küfer-D iessel; cf. düssel.
knpere, Küferei, Böttcherei, Böttcheramt,
35 Böttchergeiverbe. — Nid. kuipcrij (a. das-
selbe ; — b. heimliche Betverbung u. Be-
stechung, AmtschleicJierei clc.)
kupei'n, küfern, böttchern, Ktifcn od.Fässer
machen u. binden, Fässer mit Reifen be-
40 schlagen etc. ; — be kuperd dat fat wer
toregt; — inkupern (in Fässer einbinden
od. einschlagen) ; — be lett dat Hes inkupern ;
— tokupern (Fässer zubinden od. zuschlagen,
dicht machen etc.) ; — du must dat fat etc.
45 tokupern. — Auch subst. : dat kuperu (das
Küfern, das Küfergewerbe etc.) ; — be is
bi 't kupern; — be bed 't kuperu b^rd.
kup-holt, Kufenholz, Holz zu den Dauben
u. Böden der Kufen.
50 küp-wiipke od. ki|)wipke, a) kleines zwei-
rädriges Fuhrwerk (od. kleiner Karren etc.),
welches zum Kippen eingerichtet ist, bz.
was an dem Bestimmungsort umkipijt, um
den Lnhalt (z. B. Erde, Steine etc.) heraus-
55 fallen zu lassen. — wüpke od. wipke ist
Dimin. von wüppe, wippe ; — b) dasselbe
wie wüp-, od. wip-wap (Schaukel) als Ding,
was auf u. nieder kippt u. wippt.
1. kur, Cur, d. h. Behandlung u. Pflege
60 (namentlich ärztliche), um Jemanden heil zu
KUR
412
KUERE KUER
machen od. zu heilen ; (titch Ileilcersuch,
Heilprozess, sowie auch: Heilung, Gcsu)i-
dung etc.; — he heil liuni in de kiir; —
de kür is net anslau ; — he hcd 'u soilc"
kür dininäkd; — ■ dat deiid to sin kür; —
dat hüllt wunderlike kureu (Heilversuche,
Heilungen etc.) — Nid. kuur; mnld. kuere,
kure etc. — Mit franz. eure etc. aus lat.
cura in der Bedtg.: Sorgfalt, sorgsame Be-
mühung um J^ttcas, od. sorgsame Behand-
lung von Etwas etc.
2. kür, Genever od. Branntwein aus Korn
od. Getreide od. Schnaj^s; — lie drinkt am
lefsten klare kür; — Sprichw. : „ik miit
hülpe hebbeii," sä' de bäs; Jung' gä hin
im häl mi 'n ort kür." — Da nuoi auch
Korn für Kornhraiintwein od. das Destillat
aus Korn gehraucht, so wäre es sehr gut
denkbar, dass kür aus as. kurni, kurn ;
nfries. kurn etc. (cf. koren) gekürzt sei u.
demnach dasselbe wie Korn im Sinn von
Korndestillat bezeichnete, wie auch Ja kür-
drank (Branntwein-Schlempe) die Bedtg.:
Korn- Schlempe u. kür-stoker (Brannt-
weinbrenner) die von: Korn- Brenn er
haben kann. Da indessen ein solches Spi-
ritus-Destillat auch aqua vitac genannt wird,
so könnte es auch mit 1 kür in der Bedtg. :
Heilung od. Heil zusammenhängen u.
hier ja kür auch als Heilt ra nk od. über-
haupt als ein gesund u. heilmachendes, neu
belebendes, stärkendes ti. erfrischendes Etwas
gefasst sein, wie ja auch eine Cur, die man
gebraucht od. nimmt, auch zur Heilung etc.
dienen soll od. Einen ivieder gesundet u.
heilt u. also selbst auch ein gesund u. kräf-
tig machendes, od. stärkendes Etwas ist.
Vergleicht man indessen ferner, dass der
kür (od. Genever, Branntwein, Schnaps) ein
so sehr beliebtes u. vorzugsweise ein gewähl-
tes Getränk vieler Leute ist, so wäre es
auch denkbar, dass es mit kür (Wahl, Be-
hebung etc., od. wörtlich das Gewählte u.
Beliebte etc., bz. das ivas man liebt, tcählt
u. aussucht od. [sinnl.J das tvas schmeckt
etc.) = ahd. chüri, as. küri etc. (cf. 1 w. 2
kor, soioie kesen etc.) von Hause aus eins
wäre u. eben nur ein beliebtes, gesuchtes u.
vorzugsweise gewähltes Etivas (od. Getränk)
bezeichnet hätte.
3. kür, Cour, Hof; — he mäkd hör
de kür; — lie is 'u kürmakcr (Cour-
macher). — Das franz. cour ans court od.
courte = ital. cortc, ical. curte etc. von
lat. chors, chortis (Viehhof), betr. cf. Diez
I, lil.
4. kür, s. kure.
kür, s. küro.
kuräsje, Courage; — he lud he! gen
kuräsje. — Das franz. courage; jia/. coraggio ;
Span, corage (Herzhaftigkeit, alter auch Ge-
müth) von lat. cor (Herz).
kiirass, Kürass, Brustjninzer. — Das
franz. euirasse u. dies mit ital. corazza;
5 span. coraza; prov. coirassa {Panzer) von
lat. lorium ; gleichsam coriacea, Lederwerk.
kui'der. s. kurer.
kür-drank, s. 2 kür.
kure, kür, od. klirre, ein in einem Bahm
10 eingisjxinntcs Schieb- od. Schlepp-Netz, wel-
ches die Insulaner etc. zum Strand- und
Grundfischen gebrauchen, indem sie es theils
mittelst einer darüber hin befestigten Stange
vor sich herschieben, theils mittelst einer
15 Zugleine hinter sich od. dem Schiff herziehen
u. schleppen ; — se sunt mit de kür heu to
tisken, um wat butt etc. to haleu. — ^4»*
Strande werden damit Butt, Garneelen etc.
u. im tiefen Wasser Kochen, Steinbutt u.
20 Austern etc. gefischt. — Nd. od. nfries.
(Schleswigsche Küste u. Inseln) korre ; nid.
korrc ; Compos. kornci (dasselbe) ; oesterkor
(Austern-Schleppnetz od. Austern-Netz), kor-
oester (Schleppnetz- Auster), kortijd (Zeit wo
25 die Austern mit dem Schleppnetz gefangen
loerden) ; afries. koer (Netz) in raemkoer
(s. bei V. Kichthofe n unter i'amkor),
worin die Vorsißbc raem wahrscheinl. mit
unscrm räm (Rahm, Rahmen, Einfassung)
30 ident. ist u. dann raemkoer auch ein in
einem Rahmen gespanntes Netz bezeichnet,
wie dies auch bei unserm kure der Fcdl ist.
Das Wort kure, afries. koer betreffend,
so ist wohl anzunehmen, dass es ursjjr. blos
35 ein Wcidengeßeclit bezeichnete, od. doch ein
rundlich bauchigtes, halbrundes u. korbähn-
liches Geflecht von Weiden war u. demnach
auch in seinem Aussehen einem grossen
Korbe ähnelte, icie es ja zweifellos ist, dass
•10 unsere Voreltern neben den Reusen auch
grosse von Weiden geflochtene Körbe od. korb-
ähnliche Behidter zum Fischfange u. als
Fischbehidter benutzt haben. Diesemnach
ist dann auch das obige afries. koer wohl
45 dasselbe Wort wie das jetzige wfries. koer
(Korb), ganz wie auch beide Bedtgn. sich
in Korb selbst zusammen finden. Ist dies
aber richtig, so muss unser obiges kure, bz.
das afries. koer (in raemkoer) a«t7t wohl
50 dasselbe Wort wie as. kar (Korb od. Be-
hälter) in bi-kar (Bienenkorb), bz. tcie unser
2 kare sein. cf. auch 2 kureii.
1. küre, kur, s. köre, bz. 2 kör.
2. küre, kür (meist im Flur.), lounder-
55 licher od. sonderbarer, närrischer Einfall,
Laune, Grille, Bosse, Scherz, Spa.%s, loser
Streich, Finesse etc. ; — dat is blöt 'n kür fan
dl, dat du net mit geist; — wat sunt mi
dat för ferdömdc küren (wunderliche Ein-
60 fälle, Grillen, Launen etc.) dat du net äten
KTIRRE KtTER 41 H KüEREN
wilt? — dat sunt all' man küren (Dumm- von Cur selbst die obige Bedtr/. hervorging,
heilen, Grillen, Flausen etc.), du kanst dat zumal die Cur ja auch die Bedtg.: einer-
regt god, wen du man wult ; — he hed do seits von Heilung u. Heilmethode etc., an-
kop ful kiircn od. Iw. hed altid siikse blik- dererseits aber auch die einer unverständ-
sems küren in de kop ; — lät de malle 5 liehen ii. tounderlichen Behandlung od. einer
küren (schlechten Spässe u. unnützen Ge- wunderbaren u. unbegreiflichen Handlung
schichten etc.) blifen ; — wat best du dar «. That selbst in sich begreift ii. jedenfalls
nu wi'r für küren (Possen, Sjiässe, Fratzen eine Cur (sowohl an u. für sich wie auch
etc.) In de ende? — wat raäkst du mi dar als Methode od. als Versuch zur Heilung
f('»r küren (ivunderliche od. närrische Ein- 10 eines Kranken) in den Augen der meisten
fülle, Possen, dumme Geschichten, Streiche, Menschen ein icunderbares, unbegreifliches
Finessen etc.)? — dat sunt sin küren u. unver.ständlicJies u. oft auch selir unge-
(Streiche, Flausen, Finessen, Schlauheiten, wisses u. launenhaftes Ftivas i.st. Ausser-
Schwänke , Spiegelfechtereien, od. Listen, dem aber ist jede Cur auch iyi gewisser Hin-
Künste etc.); — he stold wunderlike küren 15 sieht eine Kunst, die, wenn sie gelingen
(Künste, Versuche etc. od. GescJiichten) mit soll, viel Klugheit u. Finesse erfordert u.
hum an. — cf. kür- od. küren-maker. — kann ja die Cur selbst auch ah Kunst
Nd. küre, kür (cf. Br. Wb., das zioeite gefasst sein, sodass küren hieraus die Bedtg.
küven; u. bei Schütze II, 336) ; nld.kaiw, Künste erhielt. Tolle, ivunderliche, ver-
Plur. kuren (Laune, Grille ; Lust, Fröhlich- 20 drehte Curen sind ganz getoiss auch tolle
keit etc.); nfries. (Johansen, pag. 105, etc. Künste u. Finessen u. ivem das ü un-
erste Spalte) küür, gewöhnlich Flur, küren seres küre noch Bedenken macht, der muss
(wunderliche Anschlüge, Albernheiten); mfläm. nicht vergessen, dass auch fZrt.s „u" in franz.
kuere, nacli dem Dimin. kuerken (finesse eure u. mnld. kure od. kuere (Cur) wie „ü"
ou tromperie) ^r^ tmserm kürke. Ferner 25 gesprochen ward.
auch schwüb., ndrhein., bz. in Posen n. kuren od. kurren, mit dem Schleppnetz
Waldeck (cf. Grimm, Wb. V, Spalte 2802 (kure) fischen, od. das Fischen mit dem
unter kuren etc.) im Plur. kuren (lustige Schleppnets; — se hebben kürd; — se sunt
Einfälle, Spüsse, Streiche, unnütze Umstände, henwest to kuren, man se hebben niks gen
tolle Streiche, Flausen, Possen, Schwanke 30 fisk fangen. — Nid. korren.
etc.) KU. übersetzt knve, kuere mit: gestus, 1. küren; i. q. 1 u. 2 kören,
mos od. modus agendi, gesticulatio, factio, 2. küren, Plur. von 2 küre,
opera, doch nur tadelnd nach den Beispie- 3. küren, sehen, blicken, spähen, spähend
len: dit zi'n van uwe knren = unserm : dat ausschauen, sorgfältig u. scharf nach Etivas
sunt fan din küren (od. Listen, Ränke, Schlau- 35 sehen u. auskucken, lauern, Etwas aufs
heiten, Finessen, Flausen etc. od. Geste n Korn nehmen u. zielen etc. u. tveil man
etc., ivomit M. wodurch man Jemanden tüu- dabei die Augen gewöhnlich mehr od. tveni-
sehen, betrügen u. hinters Licht führen will) ; ger zukneift, um desto schärfer sehen zu
— vreemde kuren bedi'ijven (mira machinari, können, auch: blinzeln etc., c/. kürögen; —
miris modis ludere, enorraia patrare) etc. 40 ik hebb' al so lank stän to küren, man ik
Falls dieses küre nicht etwa dasselbe Wort kan 't schip nig in 't ogsun krigen; — wen
wie 1 küre in der Bedtg.: Beliebun g od. du d'r to lank na kürst, den kanst du 't
gusto (he hed allerhand küren in de kop, tolest hei net miir finden ; — he kürde
kann auch so viel heissen, cüs dass er aller- (zielte) to lank ; darum schöt he ök gewis
hand Beliebungen u. Eigenwilligkeiten im 45 mis ; — he kürd sük hast blind ; — war
Kopfe hat, bz. dass er das thut, tvas ihm kürst du so na ? og ! ik mende, dat dar nog
.'schmeckt u. gefüllt, od. was ihm beliebt) ist 'n appel sat. — 3Ind. kuren (speculari, cir-
(cf. auch kör, loühlerisch, eigen etc.) u. er- cumspicere, namentlich auch ein technischer
loägt man, dass jede küre od. Laune etc. Ausdruck in der Jägerei, der soviel als
eine Eig enheit u. Sonderbar k eit etc. 50 Achtung geben [cf. Seh. u, L.J bedeu-
ist, so wäre es auch vielleicht denkbar, dass tet, dann überhaupt : dem Wilde aufpassen
dieses Wort ganz dasselbe ist ivie das aus u. auflauern od. nachstellen) ;nd. (D ahn er t)
franz. eure (soin, souci ; traitement, guerison kuren (dem Wilde nachstellen, jagen) ; mnld.
de qe maladie ou blessure) entlehnte nid. (KU.) koeren, älter coeren, eueren (specu-
kuur ; mnld. kure, kuere (cura, curatio etc.) 55 lari, e specula prospicere, observare) ; nid.
u. dass sich dabei aus Sorge zunächst die kuren (gluren, knipogen, bz. scharf wonach
Bedtg. Grille (weg mit den Grillen u. sehen, lauern, blinzeln etc.); satl. kürje
Sorgen) u. hieraus ivieder die andern als (zielen). — Es ist urspr. dasselbe Wort wie
Laune, Posse etc. weiter entwickelt haben. küren, kören, tvählen, ausioählen, etwas aus-
Möglich ist es aber auch, dass aus der Bedtg. 60 lesen od. aussuchen etc., bz. mit den Augen
KÜREN-MAKER 414 KURRELN
})riifeH u. nach guten Kennzeichen od. Feh- ijehraucht. — Nach Diez (II, 115) aus
lern suchen u. sehen, prüfend wonach sehen sjian. corcho u. dies aus lat. cortex.
». schauen od. ausschauen, üb auch Alles kurklialsen, knlkhalscii , mit Geräusch
so ist, wie es sein tnuss, um für gut erklärt od. J lasten iciirgen u. sich quälen, dass man
zu werden, sorgfältig hcsehcn od. beschauen, 5 Etwas aus dem Halse od. der Gurgel her-
beacMen , wahrnehmen (die Eigenschaften ansschafft, wie z. B. beim Erbrechen, od.
od. son.'it Etwas), wie auch kiesen (s. wenn Einem Etwas in der Kehle od. Inift-
unter ki'sou u. cf. kuren, kilieii in Grimm, röhre steckt; — lie sat al to kurklialsen,
Wb. V, 2S03, bz. kioscn sub ^, c, sowie dat hO l)nni im blau um de kop wurde, un
kesen, koiseu bei Seh. u. L.) ■■selbst schon 10 kun 't dog not fit d' hals schaiVen, dat he
die Bedtg.: wahrnehmen, .st7<f» etc. hatte. lücht kreg. — Nd. (Schütze) quurkhal-
— Vom Verb, koeren, oueren, kuren (spä- sen. — Die Vorsylbe kiirk setzt ein Verh.
hen, Aus- od. Umschau halten etc.) stammen : kurken (mit Geräusch würgen) voraus, was
mnld., mßäm. koer (speeula, Warte, Ort od. mit tmserm kolkea, bz. nd. kolken (rülpsen)
Höhe, Gebäude, Thurm, von wo man späht 15 nalie verwandt ist u. sic]i auch zunächst
u. Au.'i- od. Umschau hält), koo.rtoovn (Wart- auf das Geräusch bezieht, was beim kurken
tliurm), koorer u. koerwachter (spcculator); od. kurklialsen hörbar tvird. Soda)in aber
nid. (v. Dale) koer (l'hurmwärter) ; mnd. ist der Stamm kurk, kulk auch mit kolk in
kür od. kuer (Späher, Wächter auf dem der Weise verwandt, dass es ein urspr.
Thurme, Thuvmbläser), kiirhiis, cuerliues 20 Schallstamm = idg. garg (s. unter kolk i(.
(Wächterhaus), ki"ir\V(^rliter (Wartniwächter, kolken) ist u. dass davon auch das ahd.
Thurmwächter , Thuvmbläser), sowie auch (jucrca (Gurgel); an. kverkr (Hals etc.);
das jetzt nocli. gebrauchliche (s. Seh. u. L. mnd. querke, quarke (Gurgel) u. querken ;
((»^fj- kiirwechtor) kiir-waken od. (Br.Wb.) africs. kwerka , querka, (juerdza; nfries.
kurr-waken (des Nachts vor Sorgen nicht 25 querke; wang. quärk (erdrosseln, erwürgen,
sclilafen können, schlecht u. unruhig od. die Kehle zuschnüren od. zudrücken, sticken)
sorgenroll schlafen, mit Sorgen sc]tlafen etc.), stammt, wie desgl. das lat. gurges u. giir-
was urspir. wohl das kür- od. ^Varte-, Thurm- giilo von der y garg. — Im nid. heisst dieses
wachen, od. das Wachen auf der Warte Würgen kuk- od. kik-, kok-halsen, vowkikken
etc. bedeutete u. somit ein Wachen mit 30 (quacken, quieken etc.), cf. kwakken.
Sorge u. Unruhe etc. war. Man sagt Dass übrigens unsere Vorsylben kurk,
ja auch: ho deid 't törn-waken od. torn- kulk, wie nd. quurk, auch mit quarken,
blasen etc. <iuerken (würgen, sticken) direct zusammen-
knren - maker, kfirniaker, kürkemaker, /««»(/ch «. kurkhalsen soviel tvie würg hal-
Einer der allerhand lustige u. unterhaltende 35 sen sein kann, ist zweifellos; doch liegt die
Spässe, Possen u. Künste etc. (s. 2 küre «. Form kulk jedenfalls näher zu kolken,
kfirke) macht. kür-ögen; i. q. 3 küren; — ho kürügd
knrer, kurroj*, karder, Eiyier der mit na de appels od. wichter ; — he sit to kür-
dem Schleppnetz (kure) fischt. ugen (blinzeln, zwinkern etc.) — Daher kür-
kiirig, sonderbar, wunderlich, lächerlich, 40 ögd, halbgeschlossenen od. ettoas zugekniffe-
drollig, launig, spassig, lustig, schelmisch, nen Auges, mit .wichen Augen od, in sol-
listig, verschmitzt etc.; — söt ! wat let dat eher Weise sehend u. lauernd, lauernd n.
kürig ; — wat sügt dat je kiirig üt ; — ho listig aussehend etc. ; — he sitt dar so kür-
is je 'n kürigen jung', dat hö de lekkere ogd hen; — he kikd mi so kürügd üt, as
appels not mag; — hö mök d'r so 'n kürig 45 ol' hö wat in 't fermik hed.
(schelmisches, listiges etc.) gesiebt bi, net as karre, n. kure.
of hö ön anforen wul' ; — hö kök mi so kurrelll, gurrcln, gurgeln, kollern etc., bz.
kiirig an, dat ik 't lachen d'r nig fan laten ein wiederholtes dumpfes Geräusch machen,
kun'. — Nd. (Br. Wb.) kürig (seltsam, wun- loie z. B. die Tauben od. gurgelnde Flüssig-
derlich etc.) Zu 2 küre u. von nd. kurrig 50 keiten, od. der knurrende u. murrende Magen
(s. unter kurreln) verschieden. etc.; — kurrein un murrelu; — cf. 1 kul-
kurk, Kork; a) Rinde der Korkeiche (so lern. — Nd. (Br. Wb., D ähner t) kurreln
drogc as kurk) ; — b) daraus gefertigter (sich wälzen, rollen, ein Geräusch wie rol-
Stöpsel. — Davon kurken, korken; a) von lende Dinge machen, kollern, rappeln, rap-
Kork (kurken salen etc.) ; b) korken, stöp- 55 pelig od. toll sein etc., bz. toben, schelten,
sein, Flaschen mit einem Korkstöpsel dicht murren etc., cf. kurrel-kojisk von Jemandem,
machen etc. (to- od. ai)eii-kurken). dem der Kopf nicht recht steht, der übel
Bern. Statt kurk in der Bedtg. Stöp- gelaunt od. mürrisch u. verdries.flich ist);
sei wird auch kork od. korke «. dem ent- nhd. kurreln, kurrlen (Grimm, Wb.) — Es
sprechend für daf! Verb, kurken auch kiirken HO ist Iterat. von nd.. mnd. (Dähnert. ScJi.
KÜRREN
41!)
KTJESEL-WIND
u. L. etc.) kurreii (brummen, murren, knur-
ren, unzufrieden sein) ; nid. korreii (fjurrcn,
wie Turteltauben); mnld. (KU.) kooreii,
koericn (gemero instar turturis aut coliunbac;
gemere prae aiiinii angiistia) ; mli,d., nlul. (cf.
Grimm, W6.J kiuTcn (stridere etc.); schalt.
curr (gurren od. girren, wie die Tauben) ;
an., ist. kurra (dasselbe u. auch: murren,
brummen, knurren, sausen etc.) etc. — Mit
kwarren u. nid., nhd. kirren etc., soioie ahd.
charön etc. (s. unter karig) von derselben
y gar (sonare, clamarc etc.) — Von knrrcn
stammt auch nd. (Schütze, Dähnert)
kurrig (knurrig, brummig, murrig, mürrisch,
verdriesslich, störrisch), loas sich bei Scliam-
bach, Danne i l u. Andern (cf. auch kurrig
in Grimm, Wb.) anscheinend begrifflich
mit unser m kürig gemischt hat. Da Dan-
neil indessen bei kurrig (munter, keck) be-
merkt, dass es nur von Menschen gebraucht
wird, die leicht erzürnt od. leicht heftig,
zornig u. aufgeregt sind u. ein kurrigor
od. knurriger, ver dri esslicher , störrischer
Mensch nicht allein viel schilt u. tobt etc.
u. oft böse od. zornig u. heftig etc., sondern
auch eigen, launig u. sonderbar etc. od. eigen-
sinnig u. launenhaft u. ivunderlich etc. ist,
so ist es höchst loalirscheinlich, dass eines-
theils aus zornig, heftig, laut etc. od. leicht
erzürnt u. aufgeregt, leicht erregt, reizbar
etc. u. anderentheils aus eigen, launenhaft,
wunderlich etc. die von Dan n e i l, S c h a m-
bach. Seh ü tz e etc. angegebenen Bedtgn. :
munter u. keck, od. regsam, munter, lebhaft,
lustig ; sonderbar, launig, drollig, albern (cf.
auch kurrisch, albern od. wunderlich, ver-
rückt, toll etc. bei Schambach) etc. her-
vorgingen u. dass sich in dieser Weise ge-
rade kurrig mit unserm formell nahe liegen-
den kürig begrifflich gemischt hat. Vcrgl.
dieserhalb auch dül = nhd. toll u. das
Verb, tollen, sowie tmser mal.
Zu kurren, Stridore, bz. brummen, nid.
korren (knurren etc.) gehört auch wohl
(Grimm, Wb.) kurre (Truthahn), wie un-
ser kuler zu kullern; — ferner nd. kurre
(Spinnrad) als klirrendes, surrendes
Etwas; — mnld. (KU.) korre (canis villa-
ticus seu domesticus, bz. das Thier loas knurrt
u. böse od. knurrig u. beissig ist) ; engl.
cur, älter curre (Iliind, Bauernhund, der
knurrige, böse, beissige Hund, Köter; Murr-
kopf, mürrischer, brummiger Mensch etc.),
loie auch engl, currisli (hündisch, brummig,
mürrisch, knurrig, beissig, unfreundlich etc.)
formell dasselbe Wort wie das obige nd.
kurrisch ist.
klirren, s. kuren.
karrer, .s. kurer.
kurre-wageu, kleiner Wagen mit dichten
niedrigen Leitern, — Nid. kordewagen u.
(provinz.) korrewagen ; mnld., mfläm. koorde-
wagheii, kordowaghcn (sarracuni, veliiculum
trusatile, veliiculum bajulorum etc.), loas aus
5 krodewaghen (s. unter kr8i-wagen) versetzt
sein soll.
kur-stoker, s. unter 2 kftr.
kiis, Kuss. — Nd., mnd. kus; nid. kus;
afries. kos ; as. kus, coss ; ags. coss, cyss ;
10 aengl. cos, cus ; engl, kiss ; an. koss ; norm.,
schwcd. kyss ; diin. kys; ahd. cus, chus; mhd.
kus. — Fick stellt es zu kus (kiesen, cf.
kosen) = idg. gus u. nimmt an, dass es
aus kus-ta (nach lat. gustulum) entstand.
15 Vergleicht man indessen die von Hilde-
brand (cf. Grimm, Wb. unter Kuss I,
2) angefülirte auswärtige Verivandtschaft im
kelt, kymr. etc., so sollte man eher glauben,
dass dieses Wort im Anlaut „k" unverscho-
20 ben blieb. Ist dies nun aber wirklich der
Fall, so 'Würden beide Formen, nämlich
unser kük mit goth. kukjan sowohl, als auch
Kuss, ahd. cluis etc. sich sehr leicht von der
y kug, kus (amplecti) ableiten lassen, wozu
25 (cf. G. Curtius, pag. 158) auch vielleicht
griech. kuneö (küsse) gehört, falls es tvirk-
lich für älteres kusneö steht.
1. kiise, kiis, Backenzahn ; — ik hebb'
air nun tanden (od. tannen) un küsen nog;
30 — Redensart : 't agter de küsen steken ; —
en up de küsen fölen. — Compos. : küs-
kelling etc. — Nd. kuse; s. kise it. vergl.
weiter :
2. kiise, kus', Kloben, Klotz, dickes un-
35 förmliches Stück, od. Brocken, Klumpen etc. ;
— • 'n dügtigen küs' holt ; — he hed sük d'r
'n goden küs' bröd ütbraken. — Nid. (v.
Dale etc.) kuis, koes (een knods od. knots) ;
mnld. kuijsc (clava nodosa) ; »m^i. kuse, kuese
40 (clava, instram. defendendi, Keule, Kolbe).
— Es gehört jedenfalls mit 1 küse zu dem-
selben Stammverb. u. wird, wie küse als
Zahn wohl ein spaltendes, od. zermal-
mendes Etwas ist, dieses küse wohl ein g e-
45 od. abg esp alten es Etwas sein u. (wie
das nhd. Kloben auf clioban) auf kisen
in der Bedtg.: klaffen, spalten etc. (cf. 2
kisen) zurückgehen.
3. küse (wohl dasselbe wie 1 küse in fig.
50 Bedtg.); — ■ Redensart: he is jo 'n fasten
küse (od. 'n küse tan 'n kerel) ; he kau alles
ferdragen un ferstan.
kUsel-vviiid, Wirbelwind. — Nd. küsel-,
nhd. keuselwind, von nd. (Br. Wb. II, 763)
55 küsel (Wirbel od. Strudel im Strom), kesel,
kisel, küsel (Kreisel, turbo, trochus), Scham-
bac h) küsel (Taumel, Wirbelwind, Wasser-
wirbel, Kreisel); md., mnd. kesel, kusel,
cusel, cussel (Kreisel) ; oberd. (Grimm,Wb.)
60 keusel (topf, toupie, bz. Haarkräusel od. ge-
KtTES.TE
416
KÜSTERN
Iräuselter Schopf od. Zopf auf dem Kopf) ;
mßäm. kousol (tonpio; sabot), was (s. weiter
nnten) das.^elbe M'^ort ist wie muld. (KU),
vijläm. keiisol, kuysel, kosel (globulus, sphae-
rula, pilula); nid. (v.Dale) kuis (Knicker, 5
Schusser), da küsel, kesel sowohl einen Dreh-
Zuatand als ein Breit - Ding u. (jedrehtes
Ding bezeichnet, b:. küsol etc. überhaupt
nur ein Etwas ist, was durch drehen, krei-
sen, wirbeln etc. erzeugt wird od. entsteht, 10
gleichviel, ob dies ein Wirbel, Taumel, Ifaar-
kräusel od. eine kleine Kugel, Sihusser,
J'ille etc. ist, da Alles dies ja gerade durch
das Drehen u. Gedrehtwrrdcn entsteht. —
J)avon Verb.: nd. (Er. Wb.) kcseln (tau- 15
mein, rund herum laufen), (J)ähncrt,
Schambach etc.) küsolii (im Kreise dre-
hen, wirbchi, taumeln, tummeln, wälzen etc.) ;
mnd. kuselii (dasselbe); oberd. (Grimm, Wb.)
kcuselii (kreiseln, kräuseln); nid. (v. Dale 20
etc.) konzolcn (knikkoreii, koten) ; mnld.
koiisoloii, kuyscloii, knselcu (ludoro globiilis,
pilis, nncibns ot similibus ; ("lava globulos
propelliTC; liulore clava); mßäm. kcusolcn
etc. (dasselbe). — Obschon kiisol, keusel etc. 25
od. kesel, koiisel, küsel in allen Brdtgn. zu
kniscl, kreusel etc. (s. unter 2 krüsel) stimmt,
so glaube ich doch schwerlich, dass es durch
Ausstossung od. Ausfall des „r" aus krüsel
ent.'itand u. mit krüs (kraus, wirr etc.) zu- 30
s(tmmcnhängt. Vergegenivärtigt man sich
nämlich wie der Kies (Kiessand, Strand-
sand, Dünensand) com Winde bewegt über
den Strand wirbelt u. kollert, bz. ron den
Dünen bei der leisesten Bewegung herunter 35
kollert u. rollt u. so auch ein loirbelndes,
kollerndes, rollendes Etwas ist, od. wie die
Kiesel am Strande u. im Bach durch da~^
eioige Hin- u. Her rollen zu kleinen rund-
lichen Steinchen od. kleinen Kugeln abgc- 40
schliß'en werden u. auch rollende Körper
sind, so ist es höchst loahrschrinlich, dass
dieses kosel, kisel, küsel, od. kesel, kisel,
kyssel, kuscl entweder von Hause aus das-
selbe Wort ist wie Kiesel = mnld. keesel, 45
keysei ; ags. ceosel, cesel, od. dass der viel-
leicht für kesel, kensei, küsel richtiger an-
zunclimende Stamm kius, kios, kies, kys,
küs etc. ebenso loie küse, kise (Zahn, Backen-
zahn) zu denselben alten Verb, wie dieses 50
selbst (cf. unter 2 kisen) gehört u. ebenso
ioie Kies die Bedtg. : Zerriebenes, Zer-
malmtes od. kleine rundliche Körner etc.
hatte u. davon wieder kesel, kiisel od. kesel,
küsel als wirbelndes, rollendes u. kugel- 55
förmiges Etwas iceitergebildet ist.
1. küsje, Küsschen. Dimin. von küs.
2. küsje, s. küsseutje.
kusjes, s. kustjiis.
kÜ8-kuss, ein durcheinander gerührtes u. CO
zu Mus zerstampftes od. zerdrücktes Etwas,
ein zerquetschtes od. zerhacktes Gemenge,
7ia)iientlic}i ro)i Sjieisen od. Fleisch etc. ; —
wat best du dar nu wer für küskass toregt
rönl ? sük küskass mag ik net. — Nid. koes-
koes (dasselbe). Nach r. Dale .so/Z koes-
koes eigentlich der Name des Nationalgerichts
der Marokkaner od. Maurer u. Berber sein.
kfis-kasseii, küskass machen, bz. allerhand
Speisen zu Mus od. breiartigem Gemenge
zerstampfen od. zerhacken, zerquetschen etc. ;
— he hüskasst 't all' dOr 'a ander.
kus-kellin^, kfiskellen, kiispiii, Backen-
zahn-Schmerzen, unterschieden von kellen od.
jnn in de tanden, od. tanu-piii, locis speciell
die Vorderzähne betrifft.
kus-j)i'r>kel, Zahnstocher.
1. küssen, küssen. — Nd. küssen ; mnd.
küssen; nid. küssen; africs. kessa; as. kns-
sian ; ags. cyssan ; aengl. cusseu ; engl, kiss ;
an., isl., norw., schwed. kyssa ; dän. kysso ;
ahd. cussan, kussan, cbussan, küssen, cbns-
.sen ; mhd. küssen.
2. küssen (Flur, küssens), Kissen, Küssen,
Bolster; — bed-, stül-, wagen -küssen etc.
— Ahd. (ussin etc. rtM.9 franz. coussin n.
dies mit ital. coltrice etc. (cf. Biez, 1,135)
aus lat. culcita.
küssen-büre, küssenbur, .s. büre.
küssentje, a) kleines Kissen; — b) ein
grober Bonbon, der in der Form einem
kleinen Kissen od. Polster gleicht , auch
küske, küsje genannt.
kustern od. kustern , wärmen , bähen,
nähren, hegen, pflegen, liebkosen, schmeicheln
etc.; — he küsterd sük bi 't für; — kinder
kustern ; — he küsterd (nährt, hegt etc.)
siechte gedanken ; — he küsterde (schmei-
chelte) sük d'r mit, dat etc. — Nid. koesteren ;
midd., mfläm. koesteren (fovere, focillare,
nutrirc delicato). — Nach Weiland viel-
leicht von mnld. (KU.), mfläm. koeste (nup-
tiae, nnptiale convivium) u. dies versetzt
aus koetse (sponda, lectus), cf kütse. Da
indessen KU. neben koeste auch koste (nup-
tiae etc.) hat, so kann dies in der Bedtg.:
Hochzeitsschmaus od. Festmahl etc. auch
dasselbe Wort wie das von kost (cibus etc.)
abgeleitete Koste (Speise, Ausgabe, Auf-
wand etc.) sein u. dann auch koesteren
einerseits sowohl für kosteren als anderer-
seits auch für kosteren stehen. Stellt nun
aber koesteren für kosteren, so licise es sich
begrifflich ivohl von koster (cnstos) ableiten,
da es ja sehr gut die Bedtg.: den Custos
(Aufseher, Wächter, Wärter) inachen, od.
die von : schützen, bewahren, warten etc.
(custodire) gehabt haben kann. Steht es
indessen für kosteren, .so könnte der Stamm
kijst auch von kosen in der Bedtg. : schmei-
KUSTJÜS KUSJES
417
KUETE KUET
cheln, streicheln, zärtlich behandeln etc. (cf. :
liosest du den Knaben etc. ; — er hat die
Kinder gekoset od. gekos't, bz. das mnld.
[KU.] kooscn, loas ausser blandiri, adnlari
etc. auch schon die Bedtcj. : f'ornicari hat u.
tvovon sich dann auch vielleicJit mnld. koste,
koeste [nuptiae] ebenso gut ableiten Hesse,
als aus koetsc, Lager, Bett etc.) abstammen.
Wegen kost, von kosen, cf. auch kust, kost,
von kiusan, tvozu auch das oben schon er-
wähnte koste (Speise, Aufwand etc., s. unter
2 kost u. vergl. dazu wegen des möglichen
Zusammenhangs von koste [nuptiae etc.]
hiemit auch die Bedtg. : Gelage, Schmaus,
Festschmaiis etc., unser ber zu 2 kost in
der Bedtg. : Speise u. Tranlc, Unterhalt)
gehört.
kustjas, kusjes, Schulgehülfe. — Aus lat.
custos; *'. 2 küster.
kut, s. kutte, kirnte.
1. küte, küt, Wade, das Dickfleisch am
Unterbein, bz. die rundliche Fleisch-Aus-
bauchung od. fleischige Erhöhung zioischen
Kniekehle u. Ferse ; — se lied 'n pär küten,
de sük seil laten düren; — de gen küten
in de beneu hed, mut giii knebüksen dragen.
— Mofries. (Cad. Müller) kühte (Wade);
nid. kuit ; mfläm., mnld. kuyt, kyte, kiete
(sura; pulpa) ; nd. (Br. Wb. II, 002) küt,
küte u. (cf. Schütze II, 36S unter küte)
kütt (Wade); mnd. (cf. Seh. u. L. unter
küt u. wegen der Bedtg. : Bogen, Fischrogen
etc. s. unser 2 küte) kuyt (pulpa) ; wang.
(Ehrentraut I, 375) kit (Wade). —
Wegen der urspr. Ident. mit 2 küte vergl.
daselbst das Weitere, sowie ferner auch an.
kjöt; isl. (Biörn Haldorscn, pag. 473,
zweite Spalte) köt, kiöt, ket; nonv. kjöt,
dän. kjöd ; schwed. kött (Fleisch), was nach
der Bedtg. : pulpa zweifellos dasselbe Wort
wie küte ist, da- nach kjör (Kur, Kür, von
kiusan , kiesen) dies auch für altes kut
(Thema kuta) stehen kann, falls es nicht
nach kjölr (Kiel, cf. 2 Idl) = keula od.
kiula, küla, kyla, keut od. kiut (Thema
keuta od. kiuta) etc. steht, ivas sich aber
insofern ganz gleich bleibt, da auch zu
keuta od. kiuta, küta, kyta die obigen nd.
Formen stimmen.
2. küte, küt, Same, Bogen, Laich, Eier
der Fische od. richtiger: der mit diesen
Körperchen gefüllte Schlauch zusammen mit
diesem, od. die ganze in einem Schlauch
eingefasste, bz. von einem dünnen Fellchen
umgebene u. zusammengehaltene Masse der
Samenkörperchen u. Eier derselben h. na-
mentlich der Häringe, wie man sie beim
Aufschneiden des Bauches mit dem sonstigen
Eingeiceide aus dem Innern desselben her-
ausnehmen kann. Man bezeichnet hier den
J. ten Doornkaat Koolmau, Wörterbuch, II,
männlichen milchigen Samen mit melk-
Ivüt u. den iveiblichen Bogen loegeu seiner
körnigen Beschaffenheit mit körrcl- od. görte-
küt. — Mofries. (Cad. Müller) kuht ;
5 mnd. (Seh. u. L., s. unter küt) cute (poly-
graniuiu); nid. kuit, kijt; mnld. kuyto, kiele
(Bogen, Samen, Laich der Fische).
Was nun zunächst dieses küte betrifft,
so ist dies jedenfalls eins mit nd. (Br. Wb.,
10 D ahn er t. Schütz e, Danneil etc.) küte,
küt (a. Eingeweide, Gedärme, insonderheit
von kleinen Thicren, Fischen, Vögeln, In-
sekten etc. ; — b. die Unreinigkeiten in den-
selben; — c. Alles tvas die Weiche der Ge-
lb därnie hat, z. B. weiche Geschwüre); mnd.
küt (das Weiche, Knochenlose im Thier-
körper, Eingeweide), toobei dann die Bedtg. :
intestina ivohl ebenso wie bei kroost in die
von Samen überging.
20 Dasselbe loie 2 küte ist wohl (cf. küter-
büs u. 1 kütjen) schott. kite, kyte (Bauch,
Magen) ; goth. qitluis (uterus, matrix, venter) ;
an. quidlir ; schioed. kwed ; ags. evid ; engl.
gut, guts (Darm, Eingeweide, Bauch, Magen
25 etc.); ahd. qhuiti od. quiti (vuIva) etc., so-
icie auch vielleicht nhd. Kotz (Eingeweide),
cf. Grimm, Wb., Kottfleisch am Schlüsse
u. unter Kuttel n.
Ist nun aber 1 küte ursp)r. dasselbe Wort
30 wie 2 küte, so würde man annehmen müs-
sen, dass entweder die Bedtg. : Weiches,
Knochenloses im Thierkörper in die von :
weiches knochenloses Fleisch n. so überhaupt
in Fleisch (cf an. kjöt unter 1 küte)
35 übergegangen iväre. Da indessen das an.
kjöt zu goth. qitlius; a». quidhr; schott. kjte
(Bauch etc.) weder formell noch begrifflich
stimmt, so bleibt es sehr fraglich, ob nicht
küte (Wade) blos formell u. wurzelhaft mit
40 2 küte verwandt ist u. nicht eher mit kate,
kote zu einer |/ kut (krümmen, biegen,
toölhen, rundlich formen etc.) gehört, die
vielleicht als urspr. Schallstamm mit der J/
von kunte, kutto ident. ist u. dann zunächst
45 die Bedtg. : sonare, rauschen, tönen, schallen,
gellen etc. hatte, woraus sich für goth. qitliau
(cf. kuderwälsk u. kauter etc.) die von:
spreche n, rede n etc. ergab, ivährend sich
aus : brechen , knicken die von : biegen,
50 krümmen etc. entwickelte, woraus (theils aus :
brechen, spalten, reissen etc. u. theils aus:
krümmen, ivölben etc.) sich sowohl die Bedtg. :
Höhle, Bauchhöhle, od. rundlich gebogenes
Etwas, Höcker etc. (s. unter kate u. kote
55 u. unter kunte etc.) von selbst ergab, wie
ja auch goth. qitlius (Bauch etc.) formell
derselben y angehört, loie qitlian (sprechen
etc.). Eine germ. }/ kut, kvat stimmt so-
wohl für die obigen wie auch für die in
60 Grimm (Wb.) aufgeführten Wörter kaut,
27
KUETER-BUES
418
KUTSE KUTS
kaute etc., — kauz (= kiitz, mnld kuyt =
wl); — kott, kotz etc., — kutt, kuttel, kutz
etc., sofern sie nicht etwa aus andern
Sprachen entlehnt sind.
kiiter-büs, den Bauch entlang bis zur
Tasche, die links in der Hose sitzt, von
küte (Bauch; s. 2 küte) ij. büs (Tasche);
— kütorlifis smiten, i. q. lifkon.
kutPr-\v;Usk. s. kiulerwälsk.
kutjc. kiitjo, Dimin. von kutte.
kütje-biiten, s. 2 kütjeu.
kütje-biiter, Tauscher, Einer der Einem
das Sei>ii(/e gegen Anderes vertauschen will
od. das Tauschen gewerbsmässig betreibt. —
Ntd. ruilebuiter. — cf. 2 kutjen.
kutje-bütere, Tauscherei, Vertauscherei.
1. kütjcn, ausweiden, das Eingeweide (cf.
2 kiite) herausnehmen, die Kaidaunen rei-
nigen u. das Fett davon schneiden. — Xd.
küten; engl. gut. — Das mnd. kuten (schlach-
ten, tüdten) etc. kann wohl dasselbe Wort
sein, indessen aucJi mit engl, cut ; an., isL
kuta (cultellis piuigore) etc. connex sein,
icorüber Weiteres xinter kunte etc.
2. kutjen, tauschen, wechseln etc.; daher:
kütje-büten, ver- od. umtauschen, hin- u. her-
tauschen od. gegenseitig austauscJtcn etc.;
— hO kütjeJ altid; — he mag niks lefer
as kutjen etc. ; — Kinderreim, um den
Tausch od. Umtausch von Etwas zu besie-
geln, dass er nicht mehr rückgängig gemacht
teer den kann : kütje butje snel, di-eraäl dör
de hei' (Hölle); du krigst diu geld uu göd
net wer; — od.: 't kütjen-butjen is gedän,
drenuil dör de helle gän ; tik tak toll, wat
ik hebb' dat ik hoU'. — Xld. kuitjebuiten ;
nd. kütjebüten, kiitebütcn, küten, kütkcn;
mnd. kuten; mhd.,bz. md. (Lex er) kiuten,
kuten, kuden ; mnd. kauten etc. vom Subst. :
mnd., md. kiit (Tausch, Wechsel etc.), cf.
Grimm, Wb. V, 36:2. — Der Stamm kaut,
küt, kiut ist formell mit (Grimm, Wb. V,
363) kaut, kiit, 7nhd. kiiz (macula, bz. das-
jenige, icas durch Bersten od. Stossen etc.
von Etwas abspringt od. abspritzt), sowie
auch mit dem von kaute (Spalte, Loch,
Grube) , kauten , md. kiuten (schwatzen),
kuten (gurren wie der Tauber) etc. (s. Wei-
teres unter kauter, kuderwälsk, kate, kote,
kunte etc. etc.) eins u. wenn es nun richtig
ist, dass das Wort hüten (tauschen) mit
goth. baülita (Kauf etc.), 1 bugjan (kaufen,
an sich bringen) zusammenhängt u. dass
ferner bugjan soviel hcisst als (sinnl.) Bug
od. Biegung (Krümmung , Ausbiegung,
Seitwärtsbewegung etc.) machen, ausbiegen,
ausweichen, bei Seite gehen, entweichen,
Standort u. Stelle verlassen od. verändern,
wechseln u. vertauschen u. dass dies dann
später auch auf das Wechseln, Verändern
des Besitzes von Etwas od. das Tauschen
von Gegenständen u. Sachen angewandt
icurde (cf. auch Wechsel, was wohl mit
Woche zu weichen, ausweicJien, Standort
5 icechseln etc. gehört, sowie die verscliicdenen
Bedtgn. von Wechsel, z. B. als Papier-
od. Geldwechsel, od. Stelle, tco das Wild
wechselt, od. beim WecJiseln od. Tauschen
von Geld etc., — sowie ferner auch nid.,
10 mnld. ruylen, reulen [commutare, permu-
tare] icegen des mit kütje-büten syn. nid.
ruilebuiteu), so halte ich dafür, dass wir es
auch hier wieder mit einem auch für kunte,
kutte angenommenen Schallstamm kut zu
15 thun haben, der ebenso wie klak etc. aus
strepitus, sonus, crepitus etc. die Bedtg. :
macula od. Fleck (d. h. ein Etwas, tcas
icovon abspringt u. einen Andern bespritzt
u. beschmutzt) u. Bruch, Biss, Spalt, Sprung
20 etc. entwickelt hat u. dass clarnach das für
kuten od. unser kutjen anzusetzende kutjan,
kutan ebenso wie kleckcn = ahd. klakjan
(s. unter klakken) urspr. die Bedtg. : Bruch,
Riss od. Sprung etc. machen (u. so Baum
25 u. Platz machen, von der Stelle bringen,
wegbewegen, entfernen, weichen etc.) hatte
u. dass dann hieraus auch die Bedtg. :
Stand od. Standort n. Stelle ändern u. wech-
seln etc., bz. wie bei ruilen die von: com-
30 od. permutare hervorging.
kütjenblik, ^ütjenblik, Wachtel. — Nd.
kütjeublik, kutjeblik etc. — Onomatop. wie
kwattel.
kütjer, Tauscher.
35 kütjere. Tauscherei.
kütje-wif, a) ein Weib, tcelches das Ein-
geweide des Schlachtviehs reinigt; — b) ein
Weib, welches gern Tausch treibt. — Zu
1 u. 2 kutjen.
40 kuts (Zuruf a)i Hunde), kusch; s. kütsen.
— Nid. koes, koest.
1. kfitse, küts (südl. Ostfriesland, Ober-
ledinger-Land etc.), Butze od. Bettstelle im
Hinterhause. — Nid. koets; mnld. koetse
45 (sponda, fulcrum,cubile,lectus); nd. (Schütze)
kuus, kiiuz in kuus-, kuuz-bedde (Butzen-
Bett, Wandschlafstelle etc.) ; nid. koets, (Beet,
cf. bedde); oberd. kutsche, gutsche (Pflanzen-
beet) etc. ; engl, coucli (Bett). — Wie kütsen
50 (cf. dieses) aus franz. coucher, so dies aus
franz. couche (Lager etc.)
2. kütse, kiits, kiitswagen, Kutsche,
Kutschwagen, bedeckter Reisewagen, Staats-
wagen; — se wurden mit de küts na de
65 kark brogt. — Nd. kutze, kutsche ; nid.
koets; mnld. (KU.) koetse, koetsie, kotsie,
koetswagben (lectica, acera , gestatorium,
peusilo vehiculum, petoritum, cisium, rheda ;
vehiculum levius quo nobiliores gestantur);
60 engl, coach; franz. coche; S2^aH. coche; ital.
KUTSEN
419
KWABBE KWAB
cocclaio. Wahrscheinlich (cf. Weigernd u.
s. Grimm, Wb. unter Kutsche) aus dem
ungarischen kocsi (sprich kotsclii), loonach
also die von Diez (I, 131 seq.) begründete
Herleitung des ital. cocchio, franz. coche etc.
aus dem ital. cocca (Fahrzeug, cf. kogge)
abzmveisen ist.
kütsen, kuschen, sich niederlegen od.
ducken u. hinstrecken etc.; fig.: sich demüthi-
gen etc.; — he mut för mi kütsea; — küts
dl! ik segg' di 't ; — ik wil iiet för hiim
kütsen. — Nid. koesen, koetsen; nd. kuschen;
schived. kusa; engl, couch etc., aus franz.
coucher (statt couloher, colcher), loas mit
ital. (Diez I, 136) colcare, corcare, cori-
care ; ival. culca ; jirov. colgar (niederlegen
etc.), aus lat. collocare (Etwas an seilten
Ort od. auf seine Stelle setzen, stellen, legen
etc., von con ii. locare u. letzteres von locus,
cf. log) entstand.
kütser, Kutscher; — kutseren, kutschiren.
kutte, s. kunte.
kw. Der Anlaut kw = nhd. qu ; goth.
q ; ags. co etc. entstand meistens (cf. kamen,
kwäue etc. etc.) aus idg. „g", sowie anschei-
nend auch mitunter aus „k", loie z. B. auch
lat. qua, qui etc. aus idg. ka entstand,
woraus es sich denn auch erklärt, dass
manche der folgenden Wörter (cf. z. B.
kwabbeln, kwattel etc.) mit denen, welche
mit „w" ajäauten, urspr. ident. sind, tvas
wohl daher rührt, dass das anlautende k
od. kw im Germ, theils zu hw (cf. dieser-
halb aengl. qua = hva etc., qvanne= hvanne
= nhd. wann etc.) erweichte u. dann wie
bei warf, wel, wo etc. das „h'' abgeworfen
u. anderntheils das anlautende „k" behielten.
Sodann entstand das anlautende kw od. qu
auch mitunter aus anlautendem dw, tliw, tw,
wie dies z. B. bei kwer, kwalm etc. u. nhd.
Quehle = unserm dweil der Fall ist. Wei-
teres über den Anlaut qu vergl. bei We i-
gand. Seh. u. L. (mnd. Wh.) u. Anderen,
sowie unter den folgenden mit „kw" anlau-
tenden Wörtern.
kwab od. kwap ; Schallstamm wie kwak
etc., cf. kwabben.
1. kwabbe, kwab od. kwab-äl, Quappe,
Quapp-Aal, Aalquappe, Aalraupe etc. —
Nid. kwab, kwabaal ; mnJd. (KU.) quabbe,
quappe (Holothuria, piscis genus), quabbe
(rubeta , bufo , rana) , quabbe , aelquabbe
(mustela fluviatilis), quabbe, quappe (gobio
capitatus, capito) ; nd. (Br. Wb.) quappe;
mnd. quappe, quabbe; and., ahd. quappa;
engl, quab ; dän. quabbe (Aalraupe) ; schwed.
quabba (Froschfisch, Seeteufel). — Nach
Weigand u. lat. capito (wegen des dicken
Kopfes), mlat. auch cappedo (Döbel od. Gross-
^op/j, von Caput. Nach Fick aber mit
kslav. zaba (Frosch), russ. zaba (Kröte) von
der y jal)h, gabh (den Mund aufsperren,
gähnen, schnappen etc.), cf. gapen u. jappen.
— Sollte indessen diese Benennung der Aal-
5 raupe u. sonstigen Thiere sich nicht eher
darauf beziehen, dass alle aufgequollene
Köpfe od. dicke Bäuche haben u. ihr Kör-
per so weich u. quabbig od. iveich, schleimig
u. schlüpferig anzufühlen ist (die Aalraupe
10 gehört zu den Schleimfischen u. hat einen
weichen aufgetriebenen Bauch, iveshalb sie
bei tins auch Y)iüa,l ; nid. puitäl ; m)dd. ])uyte,
aelpuyt, puytael heisst u. ausserdem auch
puyt od. puit im nid. nicht allein die Be-
15 nennung des Frosches, sondern auch [cf.
V. DaleJ eines kabliauartigen Fisches ist,
loas Alles sich wahrschcinl. auf den aufge-
triebenen Bauch dieser Thiere bezieht, da
pCit «. nid. puit urspr. dieselben Wörter wie
20 unser put, Beutel, Sack, Schlauch etc. sind),
sodass dieses kwabbe urspr. dasselbe Wort
loie 2 kwabbe ist? — Vergl. dieserhalb auch
nd. (Br. Wb. III, 395) quapp (Beutel,
Schlauch, hängender Bauch, eine Beugung
25 od. Falte in den Kleidern, die sich als ein
Schlauch aufwirft) u. Weiteres unter dem
folgenden :
2. kwal)be, kwab bezeichnet Alles, was
aufgequollen u. iveich, elastisch u. nachgiebig
30 ist u. durch Berührung leicht in eine zit-
ternde Bewegung geräth; daher: a) Qualle,
Schleim-Molluske; — b) Wamme, Wange,
weicher Fett- od. Fleischwulst, weicher
Klumpen etc., namentlich unter dem Halse,
35 paleare; — de kö is gewis fet ; se hed 'n
goden kwab under de hals hangen; — dat
hangd dar as 'n kwab herunder ; — dar sitt
' 'n dügtigen kwab fet; — c) eine weiche
sumpfige od. morastige Stelle im Lande, wo
40 man entiveder leicht einsinkt, od. diese in
eine zitternde Bewegung geräth, wenn in
der Nähe ein Druck od. Stoss etc. statt-
findet; — dar sitt 'n kwab (nasse, sumpfige
Stelle, auch Ackcrgalle genannt) in 't land;
45 — he tred in 'n kwabbe. — Nd., mnd.
quabbe, quebbe, quobbe ; nid. kwab ; mnld.
quabbe (dasselbe) ; nfries. quab, quob ; ags.
cvabbe (Sumpf, Morast); engl, quabbe u.
quob; schott. (J amies on) quhawe (Sumpf,
50 Moor, 31arsch, Sumpfboden) ; isl. quap (pin-
guedo mollis et laxa) ; norw. kvabb (Schlamm,
loeiche Erde od. weiches, unfestes, mooriges,
schlaynmiges Erdreich) u. kvap (eine tveiche
od. feuchte Masse, z. B. um das geschivollene
55 Fleisch in einer Wunde; Erhöhung od. Er-
habenheit im Fleisch etc.) Daneben: engl.
squab (dicke fette Person, bes. die quabbe-
lige quatschelige Frau; der junge ungefie-
derte Vogel; die junge Taube, das Küch-
60 lein ; das weiche Kissen, Wollkissen, Polster
27*
KW ABBE KW AB
420
KWABBEL
etc.), sqiiiib, squabby (quabbig etc.) etc. etc.;
s. unter kwabbcl, k\vabl)eii, kwabbig etc.
Obschon es ja unbestreitbar ist, dass das
nid. kwab, nmhl. quabbe (rubeta, biifo, rana)
der Kegel der Lautverschiebung nach zu
kslav. zaba (s. unter 1 kwabb.') stimmt u.
für Letzteres formell eine }/ srabh, skr. jabb
anzusetzen ist, so scheint es mir beim Ver-
gleich von kwa'üben, kwappea u. engl, qiiob
(schlagen, klopfen, pulsiren; sich regen oi.
durch Stösse bemerkbar machen, z. B. wie
ein Kind im Mutterleibe), squab (schioapps
etc.), squab (hinschlagen, hinplumpsen; derb
darchpriigeln, abklopfen etc.) zu kwakken
(a. schreien wie die Frösche; — b. mit Ge-
räusch od. lautem Schall schlagen u. werfen
etc.) u. den dazu gehörenden Wörter nkwakkeh
kwakkelu, kwakkellg etc., sowie ferner von
kwatsen, kwetseii etc., dass der germ. Stanun
kwab, kwap urspr. mit kip u. kap (cf. nhd.
kirren = ahd. queraa u. unserm kwarron,
sowie norw. kveppa = unserm kippen) idcnt.
u. ein Schallstamm wie kik (cf. nid. kikker,
Frosch u. kikvorsch, Quack-Frosch) u. kwak
etc. ist. Ist dies nun aber richtig, so würde
auch die Benennung des Frosches mit dem
Namen quabbe blos eine Schallnachahmung
sein können, da kwab od. kwap lautlich nur
wenig von kwak (cf. dazu auch engl, quag
u. quugmire, Bruch, Moor, Sumpf etc. u.
quaggy, loeich, moorig etc.) verschieden ist.
Ist dem nun aber auch nicht so u. beruhen
alle Bedtgn. von kwabbe darauf, dass es
überhaupt ein w e i ches od. tv eichlich es,
schwammiges u. un festes, jedem Druck
nachgebendes u. gleich in Bewegung gera-
thendes u. keinen Widerstand leistendes Et-
tvas kwabbel, cf. kwabbig u. kwakkol, sotvie
engl, quapp, zittern, beben, hin u. her od.
auf u. nieder wogen etc.) bezeichnet, so sind
es ja die Stämme kwab, kwap u. kwak (<f.
kwabben, kwappen zu kwakken u. kwakkelu
zu kraken) ebensogut ivic klak, krak, klap
etc. aus soaus, crej)itus etc. auch die Bedtg.:
Bruch, Spalt etc. od. Schlag, Stoss etc. ent-
icickeln konnten u. da><s aus Bruch etc. od.
ge- u. zerbrochenes, zertrümmertes, zerspal-
tenes, zerkleinertes, zermalmtes Etwas, —
bz. aus Bruch etc. od. gebrochener Zustand
die Bedtg.: unfest, mürbe, lose, locker,
schwammig, iveich etc. entstand, fcdls niclit
etwa kwab etc. ebenso wie klak u. klat (cf.
kladcJe, kh\tte) aus Fleck die Bedtg. (cf.
unter kwabbel das mnd. quabel) : Schmutz,
Koth, Dreck, Schmiere, Fett etc. u. hieraus
ivieder die von: weiches, schmieriges, feuch-
tes, schlüpfriges, mooriges, sumpfiges, schlam-
miges Etwas entwickelte, während anderer-
seits loie bei kuik, als Ablaut von kuak,
aus Bruch u. Knick auch wieder die Bedtg.:
Biegung, Krümmung, Beugung entstehen u.
so auch das nd. quapp (Beutel, Schlauch,
Bauch, Beugung od. Falte etc., s. unter
kwabbe am Schlüsse) dazu gehören könnte.
5 Vergleicht man goth. qiman, qam, bz. unser
kamen, kwam, von der j/ gam, bz. kik u.
kwak, od. kek u. kwik, kwarren etc., so
würde auch kwab mit kwabbelu, kabbeln,
kibbeln von derselben y abstammen können,
10 wozu in der Bedtg.: zanken, streiten etc.
auch engl, squabble (zanken, streiten etc.)
stimmt, was ja auch auf die Bedtg.: Ge-
räusch, Lärm, Geschrei etc. der j/ dieses
Wortes hindeutet, ebenso wie ist. quabb
15 (nugao), ([uabba (nugari etc.), worüber Wei-
teres unter kwabben etc.
Zum Schlüsse sei übrigens wegen kwabbe
in der Bedtg. : Moor, Sumpf, od. loeiches,
feuchtes, schlammiges Erdreich etc., sowie
20 auch wegen der Bedtg. von kwablieln auf
unser giibbe etc. u. gubl)oln verwiesen, dessen
y wahrscheinlich auch eine Schallwurzel ist
u. worüber auch Weiteres unter kwabbel zu
ersehen ist. Sodann aber sei icegen der in
25 kwabbe etc. liegenden Bedtg. der vibr ir en-
den Bewegung auch noch der y kap, kamp
(vibriren, unduliren, hin- u. her-, od. auf-
u. niedergehen od. wogen etc.) gedacht, ivozu
Fick auch skr. kapanä (Baupe, Wurm)
30 stellt u. welche auch für kwabbe, kwabbeln
M. engl, quapp (zittern etc.) stimmt, falls
keine Lautverschiebung Statt fand. Da der
Wurm nun aber ein sich biegendes u. krüm-
mendes Thier ist u. auch griech. kanipö
35 (beugen, biegen, krümmen, wölben etc.), kampe
(Krünunung, Bug), kamiic (Spannrau2)e) etc.
zu dieser y gehört, so Hesse sich auch das
nd. quapp (Beutel, Schlauch, hängender
Bauch, eine Beugung od. Falte in den Klei-
40 (lern etc., s. unter 1 kwabbe am Schlüsse)
leicht davon ableiten, da ja auch buk (Bauch)
wohl ebenso wie bog (Bug) u. buk, bukken
etc. zu biigen (biegen etc.) gehört, cf. weiter
auch noch das mit kwabbel sgn. wabljel (in
45 gewabbel = gekwabbel), sowie wabbeln, icas
auch leicht aus altem kwabbeln (cf. wann,
bz. tcan>ie aus hwanue ^ aengl. qvanne u.
Weiteres unter dem Anlaut kw) ti. dies aus
kvabbeln, kabbeln von der y kap entstanden
50 sein kann.
kwabbel, a) dasselbe wie 2 kwabbe sub b;
— b) eine Person, die sehr dick, feist, schwer-
fällig u. unbchüljlich ist (Schmerbauch, Fett-
wanst etc.) u. an der Alles kwaltbeld (od.
55 swabbekl, wabbeld, dwaggelcl, wakkeld, kwub-
beld etc.), wenn sie sich bewegt; — 't is 'n
old kwabbel tan 'n wif. — Ausser schwed.
(juabbel (Uebelkeit aus dem Magen, od. der
Zustund, den wir mit kwabbelig u. kwellig
60 bezeichnen) u. engl, pquab (s. unter 2 kwabbe)
KWABBEL-DIK
421
KWABBKN KWAPPEN
venjl. auch mnd. (Seh. u. L.) quabel, quali-
bel (dicke, schlammige Flilssir/keit, od. Dreck,
Schlamm = gubel, raudder etc.), was dort
einerseits zu gubbel, hi. unserm gubsl u. zu
(luobbe u. andererseits zu africs. wapcl (s. 5
daselbst unter quabeldrank u. cf. Outzen
unter quab, quob u. s. Weiteres unter kwab-
bea am Schlüsse) verglichen wird. Vergleicht
man nun einerseits knrren = gurren u.
kwarren u. dass die Anlaute gn u. kn über- 10
all gleich sind, so loäre es auch sehr leicht
möglich, dnss kwabbe als weiches Etwas
urspr. dasselbe Wort ist wie unser gubbe,
zumal da auch kwabboln sich im Wesent-
lichen mit gubbeln deckt. Vergleicht man 15
aber andererseits, dass kwer (quer) mit nhd.
ztver (in Ziverg u. zioerch) aus unserm
dwer u. auch kwalm u. nhd. Walm (cf.
Weigand) aus dwalm entstand, sowie fer-
ner, dass kwabboln ((. wabbeln u. kwabbelig, 20
wabbelig mit schott. dwable, dwe])le (s. unter
dwaggeln = waggeln ti. nhd. wackeln) eor-
respondiren, so kümite man auch annehmen,
dass der Stamm von kwabbe , kwabben,
kwabbel gleichfalls aus urspr. dwal), dwap, 25
bz. dul), diip entstanden sei, wobei man hei
kwabbe denn auch ivieder an eine urspr.
Verwayidtschaft mit dobbe (cf. auch dolen
= dwalen etc.) denken müsste, dessen wahr-
scheinl. ]/ tubb, tupb (pulsare od. klopfen, 30
stossen, schlagen etc.) ja auch zu kwabben
«. engl, quob (schlagen, pulsiren, aufstossen
etc.) stimmt, ebensogut wie zu dubbe, dubb'M
u. ivovon dann auch kwab od. kwap die
Bedtg. : Schlag, Stoss, Schwapp etc. (cf. auch 35
engl, squab, schwapps etc. u. squab, hin-
schlagen etc. unter 2 kwabbe u. kwabben)
haben könnte.
kvvabbel-dik, so dick, dass Alles daran
quabbelt etc. ; — (lat wif word kwabbeldik 40
un kan hast hei net nier üt de stä' kamen.
kwabbel-fet, so dick u. fett, dass Alles
daran quabbelt; — de kö is kwabbelfet.
kwabbelig, kwabbelg, kwablig, kvvabbig,
loeich, weichlich, schwammig , schlammig, 45
dreckig, morastig etc. u. voll von Feuchtig-
keit, aufgequollen etc. u. dabei auf- u- nieder-
od. hin- u. hergehend ; — dat fies is to
kwabbelig (od. kwab big etc.) ; ik mag 't lefer,
wen 't 'n bitjet faster un stlifiger is ; — dat 50
äten is mi to kwabbelig (zu unfest, zu toeich-
lich od. flüssig etc.); — 't is so kwabbig
(dreckig, bz. so iveich, dass man einsinkt)
to lopen; — de grund is so kwabbig od.
kwabbelig, dat d'r hast gen minsk up lopen 55
kan; — ik bim so kwabbelig (od. kwabbig)
in 't lif (z. B. loenn man sich von flüssiger
Speise [Supipe, Brei etc.] den Bauch voll
geschlagen hat ti. derselbe einerseits davon
aufgequollen u. zum Erbrechen voll [cf. 60
kwellig u. nhd. loalgig] ist u. andererseits
solche Speisen sich im Bauche fühlbar od.
hörbar beioegen u. hin- u. herschwappen)
dat ik d'r hast mal fan to mode bün. —
Nd.,mnd. (cf. Br.Wb., Danneil, Schütze,
Seh. u. L.) quabbelig, quabbelicb, quablig,
(luabbig, quobbich, qnebbicli m. (Scham-
b ach etc.) quappig ; engl. squabbiscli, squabby ;
isl. quapalegr; scJiwed. quabbig, quabblig etc.
u. nid. (v. Dale) kwapsch etc.
kwabbeln, kwobbeln, vibriren, unduliren,
zittern, sich auf- u. nieder- od. hin- u. licr-
beioegen u. wogen, hin- u. herstossen u.
schlagen etc. ; — de grund kwabbeld ordend-
llk, so nat un wek is se; — dat wif (de
kerel, dat der etc.) kwabbeld un wabbeld
(od. kwubbeld un wnbbeld) fan fet ; — dat
kwabbeld all' wat d'r an is ; — dat fet
kwabbeld od. kwubbeld (quillt, träufelt ete.
od. drängt sich durch Ueberfüllc) d'r iit;
— dat kwabbeld (vom. Genuss vieler Flüssig-
keiten, od. vnfester Speisen) mi in 't lif; —
dat water kwabbeld (beivegt .sich, wogt od.
schlägt hin u. her od. auf u. nieder, vibrirt,
unduUrt etc.) d'r fan, wen d'r 'n dikkon
sten in plumpst; — dat water kwablield
(schlägt wiederholt od. kabbeld, swabbeld etc.)
tegen de balkcn an; — dat watcr kwabbeld
(schlägt wiederholt, scliwapptt etc.) d'r afer
hen. — Subst. : gekwabbel u. kwabbele vom
Vibriren od. Hin- u. Her-Bewegen u. Wogen
etc. weicher u. flüssiger Sachen. — Ausser
nd. (Br. Wb. etc.) quabbeln u. dän. quabbre,
cf. engl, quapp (zittern, beben), quob (schla-
gen, klopfen, pulsiren ; sich regelt u. bewegen
od. aufstossen loie das Kind im Mutterleibe)
u. squabble (hin- u. herbewegen od. rücken,
verrücken, verschieben etc.); isl. quapi (laxa
pinguedine tremere) ; norw. kvapa (weich
od. feucht sein, Feuchtigkeit absondern) u.
Weiteres unter kwabben etc.
kwabben, kwaj)])on, a) laut schallen od.
einen Schall od. ein Geräusch machen, der
od. das wie kwab, kwap od. so ähnlich (loie
z. B. kwak od. swab, swap etc.) lautet u.
der z. B. dadurch entsteht, ivenn man mit
den Füssen auf etwas Weiches u. Schtvam-
miges tritt u. durch den Druck plötzlich die
Ltift heraustreibt, bz. dies dann p)latzt od.
auseinander springt, od. wenn, mein mit den
Füssen auf od. in einen nassen u. schlam-
migen Boden tritt u. diese dann rasch ivie-
der davon abhebt od. sie daraus wieder
herauszieht, od. ivenn man bei regnigtem
Wetter mit lecken Stiefeln geht od. sonst
Wasser in die Stiefel gedrtmgen ist, od.
auch dadurch, wenn man Jemandem rasch
einen Schlag (od. Klapps, Sclmapps etc.)
versetzt, od. ivenn man Etwas mit Vehemenz
an die Wand od. auf den Boden ivirft od.
KWABBEN KWAPPEN
422
KWABBEN KWAPPEN
schiäfft etc. ; — dat kwalnle ürdendlik, as ik
d'r up trad (2. JB. auf einen Froscli etc., od.
auf eine Wasscrgaile im Acker n. AeJtn-
liches) ; — de gnind is so »at un smerig,
dat BÖ kwapd, wen mnu d'r up lupd : — de
foteu kwablicu in de stäfols, so fiil wator
sunt so mi lopen ; — de strüinpen sunt so
nat, dat sO nii in de schöeu k\val)ben ; —
daher b) mit Vehemenz u. dadurch erzeugten
lauten Schall schlagen od. werfen etc. =
klappen, swappen etc. ; — he kwapd hura
en an de oreu, dat 't klapd; — he kwab'de
dat an de wand, dat 't kwakde un 't all' in
diisend stükken üt 'n ander flog; — he
kwapd dat up de grund, dat 't ballerd; —
he kwapd dat water up de diile; — dat
water kwapd (schlägt schallend od. mit Ge-
räusch u. Vehemenz) d'r tegen an. — Dass
dies Verb, ein mit klappen, kwakken ii.
swappen etc. sgn. Wort u. demnach auch
dem Stamm kwab od. kwap tnit klap, kwak,
swap etc. an u. für sich gleich ist, hz. auch
wie diese u. deren Weiterbildungen allerlei
sonstige Begriffe entivickeln konnten u. muss'
ten, ist klar tt. seien deshalb zunächst die
folgenden zum Theil schon unter 2 kwabbe
erwähnten Wörter nochmals hier loieder an-
geführt, wie z.B. nd. (Schütze III, 258)
quapsen (klatschen, quatschen, z. B. von der
Peitsche), (S chambac h) quappen (klatschen
od. den Schall machen, wenn ein fetter,
weicher Körper niederfällt) ; engl, quob, quop
(schlagen, klopfen, inäsiren, stossen, z. B.
wie der Puls, das Herz, die Schläfe etc.,
cf. kloppen etc. ; sich hin- u. her- od. auf-
u. niederbewegen, sich regen u. rühren, wie
das sich bewegende u. tvälzende Kind im
Mutterleibc), quapp (zittern, beben) ; aengl.
quappen (palpitarc) ; engl, squab , squob
(schwapp, Schwapps, plumps), squab (hin-
schlagen, hinplumpsen, niederstürzen; derb
durchprügeln, od. knuffen, durchweichen, zu
Mus od. breiweich schlagen), S(|uabl»lo (keifen,
zanken, hadern, streiten, Händel suchen,
sich raufen etc., cf. kablieln, kakeln etc.);
isl. quabb (a. crebra rogatio, od. dän. paa-
haengen, idelige bönner; — b. nugae od. dän.
sladder), quabba (a. rogitare, rogitando mo-
lestus esse, petescere, od. dän. ovorhaenge,
falde besvaerlig ved idelige bünner ; — b.
nugari, od. dän. fladdre) etc.
Dass die obigen Wörter ebenso wie kwab-
ben, k Wappen von einem Schallstamm od.
einer Schallwurzel kwab, kwap abstammen,
ist wohl zweifellos u. wenn man erwägt,
dass Jeder Schall u. jeder Schlag od. Stoss
eine vibrirende od. zitternde Bewegung der
Luft od. des Bodens hervorbringt (ff. z. B.
drönen, dräno etc. od. bumsen, — duns,
dunscii), so ist es leicht bcgrcijlich, dass die
Bedtg. zittern etc. des engl, quapp ?<.
aengl. quappen sich eben so leicht vom Schall-
stamm kwap od. quap erklären lässt, wie
die von schlagen od. klajipsen, klatschen,
5 klopfen etc. des engl, quab, quob. Vergleicht
man indessen nid. (KU.) quack (ardeao
genus), quack (suporllnum , reliquum , ex-
stantia; frivolum, res frivolaj, quack (pulpa),
quack (torus), quack (floccus, flocculus) etc.,
10 bz. unser kwak u. kwik etc., die doch Jeden-
falls mit dem Imitlich u. begrifflich so nahe
zu kwabben liegenden kwakken zum Schall-
stamm kwak gehören, so ist es auch sehr
wahrscheinl, dass der SchaUstamm kwab,
15 kwap ebenso ivie kwak tt. klak, klat aus
der Bedtg. : sonus, crepitus einerseits die von
macula u. andererseits die von : Bruch,
Sprung, Borste, liiss etc., bz. Bruchstück,
Brocken, Sprengstück, Flitter, Splitter etc.
20 entwickelt hat u. dass dann aus macula (cf.
kladde, klatte, klak etc.) die Bedtg. : Schmutz,
Dreck, Schlamm, Schmiere etc. entstand.
Da nun aber der Schmutz od. Dreck, Schlamm
etc. weich u. mehr od. loeniger flüss ig
25 ist, bz. durchaus unfest ist, so ist es klar,
dass ein von kwab etc. in der Bedtg. macula
etc. wcitergebildetes Subst. kwaba od. kwapa
(quaba, quabl)a od. quapa, quappa) hieraus
die Bedtg. : iv eich es od. u nfes t c s, leicht
30 in zitternde Bewegung gerathendes Etwas
erhielt u. dass sich hierauf nicht allein die
Bedtg.: Moor, Sumpf, Schlamm, Qualle,
Wamme von 2 kwabbe bezieht, sondern auch
die von: Frosch, Aalraupe u. anderer loei-
35 chen u. schmierigen, schlüpfrigen, schleimigen
Tliiere. Dass man daneben den Frosch aber
auch onomatop., seines Geschreies wegen,
ebensogut kwabbe als kwakke, bz. ivie nid.
kikker 11. kikvorsch, nach dem Schallstamm
40 kik (cf. kik u. kikken n. unter küken, wegen
kwak), .so hier nach dem SchaUstamm kwab
etc. benannt haben kann, bleibt dadurch
nicht ausgeschlossen, ebenso wenig als die
Möglichkeit, dass die kwabben genannten
45 Frösche u. diverser Fische urspr. so be-
nannter Thiere deshalb so genannt wurden,
iveil sie in Sümpfen n. Lachen wohnen, bz.
Sumpf-Thiere od. Sumpf- Wesen (quab-a) sind.
Wie nun aber nhd. kirren, karren u.
50 iinser k w a r r e n n. kik, kuk u. kwak urspr.
ein u. dasselbe sind, so deckt sich der Stamm
kwab H. kwap auch loieder mit kip, kap od.
kup (cf. norw. kveppa = unserm kij)pen),
die mit engl, squap u. loahrscheinl. auch
55 den germ. Stämmen swab u. swap (cf. kwap-
pen = swappen) für älteres skwab, sliwab
etc. aus idg. skabli, skap (sonare, crepitare,
bz. rauschen, tönen etc., stossen, schlagen,
hauen, sjxdlen, quetschen, zer(/uelschen etc.)
GO entstanden sind, sii welchen Fiele (I, 810)
KWABBIG
42.')
KWAD
einestheils griecli. keplien (Drohne, Hummel),
skr. gibliate u. cibhate (lärmen etc.) u. aii-
derentheils (I, S07) gricch. koptö (hauen,
quetscJien, zerquetschen etc.), tat. capus, capo
(>tc., h::. (J, 800) sln\ kshapanya (Beleidi-
fjung, Verhöhnung), griech. sköptö (spotten,
höhnen) u. unser schimpeu (die dafür an-
gesetzte y skap, skip ist urspr. ebensoioohl
eine Schallwurzel wie die y kak od. knk
von unserm hon u. skr. kukkuta, Hahn)
stellt. Aus idg. skabh , skap loi'irde sich
dann auch kabbeln, kibbeln u. wabbeln,
wibbeln neben kwabben u. kwablieln, hz.
swabbeln u. swappen ableiten lassen, da ja
wabbeln für älteres bwabbelu als Erweichung
von kwabbeln stehen kann, loorüber das
zum Anlaute kw bereits Bemerkte verglichen
werden mag u. wobei es denn auch wahr-
scheinl. ist, dass das afries. wapcl (s. unter
kwabbel) auch mit kwabbcl aus derselben
Grdform entstand.
kwabbig, s. kwabbelig.
1. kwäd (kwader, kwädste), böse, zornig,
schlecht, schlimm etc. ; — ik ward so kwäd
up hum, dat ik hum wol hast fermören kund
liarr ; — kwäde gedanken ; — kwäde (od.
kwaje) jungens (böse od. schlimme, allerlei
Schabernack ausübende Knaben) ; — 't is 'n
kwäden kcrel (ein böser, schlimmer, schlauer,
betrügerischer Kerl) ; — mit 1mm is kwäd
klär to worden; — he hed 'n kwäden kop
(a. einen bösen zornigen Kopf; — b. einen
bösen, sehr kranken u. mit Geschivüren be-
hafteten Kopf; — he stekd in 'n kwäden
hiid ; — de kwäde hörn (die böse Ecke od.
Gegend etc.); — 'n kwäd oge (a. ein böses
od. falsches Auge ; — b. ein schlimmes, sehr
krankes Auge) ; — dat sügt d'r kwäd (böse,
schlecht, schlimm, gefährlich, drohend etc.)
üt; — dat was sa kwäd net gemend; —
dat is hum kwäd bekamen ; — 't is kwäd
to löpen ; — kwäde mät (schlechtes, zu ge-
ringes, betrügerisches Mass); — kwäd wer
(böses etc. Wetter); — dar is kwäd bi to
kamen ; — dat is kwäd kopeu, wen man
gen geld hed ; — kwäde tiden (böse Zeiten) ;
— man kan hir kwäd (schlecht) sea ; — 'n
kwäden lügt (eine böse, schlechte Luft) ; —
kwäde (od. kwaje) dampen (böse Dämpfe);
— kwäd geld (a. schlechtes od. falsches
Geld; — b. unredlich erworbenes Geld; —
c. in unredlicher od. unbilliger Weise zuviel
gefordertes Geld). — Sprichio.: kwäde räd!
siegte däd; — beter 'n kwäden 16p, as 'n
kwäden kop; — beter god geblefen, as kwäd
gegän. — Nd. quaad; mnd. quäd, quät;
nid. kwaad; mnld., Inflam, quaed, quaet;
afries. kwäd, quäd ; wfrics. quae ; nfries.
quaad; loang., satl. qubä; eur/Z. quad; schott.
quaid. — Vergl. iveiter:
2. kwäd, a) Böses, Schlechtes, Schlimmes,
Ueblcs etc. ; — kwäd don (Böses thun) ; —
ho dcid mi kwäd an; — quäd spreken fan
emand (Böses od. Uebles sprechen von Je-
5 mandem) ; — he kan fan 'n andern geu
kwäd sen ; — he kan kwäd (Böses, Unheil,
Schlimmes etc., bz. Spuk, Vorgesichte etc.)
sen ; — de cnmäl kwäd (Böses, Uebles etc.)
deid, de dcid 't wol mer ; — he ligd an 'n kwäd
10 (einem bösen Uebcl, einer bösen Krankheit
etc.) ; — he bald wat für 't kwäd (er holt Etwas
für [gegen] eine böse Krankheit, od. ein
Uebel etc., bz. zur Abivehr des Zaubers od.
der Hexerei). — Redensart: he wet fan God
15 gen kwäd (er weiss od. kennt von Gott kein
Böses, od. er loeiss nicht, dass Gott neben
dem Guten auch das Böse geschaffen hat,
bz. auch das Böse zu- od. gescheiten lässt ;
daher: er ist über die Massen imschiddig
20 u. harmlos, bz. ganz ohne Arg) ; — he sügt
net üt, as wen he fan God gen kwäd wet
(er sieht gerade so aus, als ob er ganz un-
schtddig u. harmlos ist, bz. von keinem
Bösen loeiss) ; — Spricluc: för 't kwäd gift
25 't gen beter räd, as ferstandspillen un fer-
nunftsäd ; — b) Koth, Schmutz, Dreck, Un-
jlath etc. (cf. O. L.-li., pag. 777 u. s. unter
köt) ; — hc ligd in sin egen kwäd. — Nd.
quaad ; mnd. quäd, quät (Böses, Uebel) u.
30 quäd, quät, quaed, quaet (Koth, Dreck, Un-
flath) ; nid. kwaad ; mnld. quaed , quaet
(malum, res mala, infortunium) u. quaed,
quaet, quat, kat, kaet, keet (eluvies, limus,
lutum , squallor , stercus , merda, sordes) ;
35 afries. kwäd, quäd ; icfrics. quae (malum) ;
ags. cvead (stercus); aengl. cwi-Ajquad (das-
selbe) ; engl, quad (malum) ; mhd. quät, quöt,
kwöt, kät, köt; hess. quat (Schmutz, Koth,
Dreck, Schlämm). Dazu cf. aengl. (Strat-
40 mann) code (pix) ; an., isl. quoda, köd
(resina, gluten) ; norw. kvaada (klebriger Saft
von Nadelhölzern, Harz etc.), kvaede (Saft
od. Gummi, eine Art Kitt), koda (a. Harz;
— h. die erste Milch einer Kuh, loelche
45 sehr dick u. fett u. eiterartig gelb ist, cf.
2 best) ; schioed. käda (ungereinigtes Harz),
was beim Vergleich von klei, klemen, klister
etc. urs^jr. wohl dasselbe Wort ist wie ags.
cread etc. — Desgl. cf. zu kwäd (malus) u.
50 kwäd (malum) auch ags. cödh (aegrotus),
cödh (morbus), cvydele (inflammatio), was
durch an., isl. quodna (a. in gelatinam con-
crescere; — b. marcescere) u. ködna (mar-
cescere), als mit isl. quoda, küd urspr. connex,
55 toohl vermittelt wird. — Vergleicht man kot-
sen, kwatsen, kwäteln u. goth. qithan, qath,
bz. quithan, quath etc. von der y gad od.
kad, kat (sonare, clamare etc.), so gehören
die obigen Wörter auch wohl zu einer y gad
60 od. gadh, bz. kad od. kat (cf. kwatsen),
KWAD
424
KWAJE
wobei man einerseits annehmen Tcann, dass
aus gad (germ. kwad od. kwatli, kwat, kud,
kuth, kut) (■/( der Bedtg. : sonare etc. ebenso
wie bei klap, klat, klak etc. auch die Bedtg. :
Geschwätz etc., sowie mAcu\A u. Bruch etc.
(cf. dieserhalb kwabben u. kwak, kwakken
etc. u. Weiteres unter 1 kweddor od. wie
hei klap, klat etc. auch die von: Schlag
etc. entstand, tvobei denn aus niacula (sinnl.
u. bildl.) sich leicht die Bedtg. : Koth,
Schmutz etc., hz. Schlechtes, Gemeines, Böses
etc. entwickeln konnte, ,^owie weiter auch
die von Kitt od. Klebestoff etc. (cf.
oben das isL quoda, köd zu unser m klei etc.
u. Weiteres unter kiidde, sowie unter Kitt
in Grimm, Wb.) — Da indessen anschei-
nend besser eine y gadh, giulli, gvadh fi'tr
küdde u. kwäd anzusetzen ist, so könnte
man kwäd «. ags. cödli (aegrotns) vielleicht
besser zur y gadh (verderben, vernichten,
verletzen. Jemanden ein Böses etc. zufügen,
ihn verivunden etc., bz. urspr.: schlagen,
stossoi, hauen, spalten etc. u. die aus: so-
nai'e, crepitare etc.) stellen, sofern nämlich
kwäd etc urspr. die Bedtg.: Böses, Un-
heil, Ueb cl etc. hatte u. hieraus die Bedtg. :
Koth, Dreck etc. als Schlechtes od.
Gemeines etc. entstanden ist. Da aber
küdde icohl am besten zur y gadh (fassen,
festhalten, binden, verbinden, cf. gadeii etc.)
zu stellen ist, so könnte man auch davon
ausgehen, dass ausser kiidde u. skr. gaiula
(Knoten, Knolle, Knaul) u. ahd. quadilla,
nhd. quaddol (pustula, papula) etc. (cf. Fick
I, 69) auch das nhd. Kitt (ahd. chutti)
II. isl. quoda, kod (glutcn), norw. kwaada etc.
(s. oben) zu der y gadh (fassen, haften,
halten) etc. gehört u. dass dann aus der
Bedtg. gluten, liraus etc. tcieder die Bedtg. :
Schmutz, Dreck, Lehm etc. entstand
«. dass dann auch, falls nach ags. cvead
(Koth etc.) dies die urs2)r. sinnl. Bedtg. von
kwäd ist, hieraus wieder die von: Schlechtes,
Böses etc. im moralischen Sinn (wie bei
macula) hervorgegangen ist, zumal da es
sowohl formell als begrifflich nahe liegt, um
das ags. coydcle (inflammatio, Entzündung
der Haut, bz. böses, eiterndes, giftiges Ge-
schwür) u. aengl. quiter (sanies etc., cf. 2
kwedder u. 2 kwattor, fauler, .stinkender
Schleim, Eotz etc.) für dasselbe Wort zu
halten, wie das obige ahd. ([luulilla, icas ja
auch ein Dimin. eines älteren qiiada (koda,
kuda etc.) ist u. dann auch dies für quadilla
anzusetzende Stammverb, quada wohl wieder
dasselbe Wort zvie ags. cödlia (morbus) .sei«
dürfte. Zu einem für (luadilla voraus zu
setzenden ahd. (juada, quata (Beule, Kitcr-
beule, böses Geschicür , EnLündung, od.
entzündetes eiterndes Jauche absonderndes
Etwas etc.) gehört nun Jedenfalls auch unser
aus quatera (cf. klater, klatter) entstandenes
kwattcr, cds das sicJi aus einem quada, quata
abs()]idernde Etwas (Eiter, Jauche, gelber
5 fauliger stinkender Schleim), falls es nicht
etwa (wie mnd. quaden von quad) zu einem
obs., von quada weitergebildetcn, Verb, (luadan
(schwären, eitern, jauchen etc.) gehört, tvozu
sich dann auch qiiäd in der Bedtg. : böse,
10 giftig, entzündet (in sinnl. u. übertragen in
bildl. Bedtg.), sowie quäd als Böses etc.
u. als J a u che. Seh m u Iz, Dreck, Sti n-
kcndes etc. stellen Hesse, ebensogut als
das obige isl. quoda, kod; norw. kwaada,
15 kvaedc, koda, als das, was sich absondert
u herausquillt etc. u. auch als die eiter-
artige, gelbe dicke u. oft blutige 3Iasse,
Biest genannte Milch einer kalbenden Kuh
etc. Weiteres s. unter 1 u. 2 kwedder.
20 kWiMl-urdig, bösartig, boshaft etc.
kwiid-ai'di^heid, Bösartigkeit.
kwiul-dadig, übelthätig etc., maleficus; —
'u kwaddadig miusk.
kwiul-denkeiid, Böses od. Arges denkend,
25 schlecht, übel od. arg denkend.
kwfid-döiul, Böses etc. thuend; — he is
'n kwäddöudou kcrel.
kwad-döner, Böse.-ithuer, Vebelthäter etc. ;
— he is 'u regten liitjen kwäddöner.
30 kwade, Böse, lieble etc.; — dat kwadc
word al mür mester afer 't godc ; — de
kwade (der Böse, od. Arge, Schlimme etc. ;
der Teufel, der Missethäter etc.); — wel is
dar wer de kwade wost?
35 kwadelik, kwadelk, kwadlik, kwalik,
kwalk, böslich, übelig, bz. böse, übel, schlecht
etc. ; — dat kau ik kwadelk döu od. kwalik
lulcn etc.; — dat kumd mi kwadelk iit; —
he hed sin frö un kinder kwadelikcr wise
40 ferlaten; — ik biin kwälk (schlecht, übel
krank, zum Erbrechen etc.) to mode; — du
inust nn dat net kwalik nemen. — Afries.
kwadelik, quadelik, qualik; lofries. quaelik etc,
kwadder, «. 2 kwatter.
45 kwäder, s. kwedder.
kwad-heid, Bosheit, Zorn etc. ; — he wet
fan kwädheid net, wat he hum wol andön
schal.
kwad-silr, Erbgrind, Kopfgrind, böser,
50 grindiger Ausschlag auf dem Kopfe etc. ; —
kwädsilrig, erbgrindig; — he hcd 'n kwäd-
särigen kop. — Nid. kwaadzeer, kwaadgrond.
kwad-spi'ak, böse, vcrläumderische Hede,
Lästerung etc.
55 kwad-sjuHken, kwadsproken, Böses od.
Ucblcs reden, verläumdcn, lästern etc.
kwad-sprilker, Verläumder, Lästerer etc.
kwäd-willig, böswillig, unwillig etc.
k \\ ä(l \\il li^hcid, Böswilligkeit.
GO kwaje, s. kwäd.
KWAIKEN 425 KWAK
kwaiken (ohs.); mofries. (Cacl. Müller) Quackfrosch) «. kuk (cf. kükcii u. ferner
quayken, rauchen, schmauchen. — Naclh arjs. cvacjau unter kwakken, sowie unser
dein von Cad. Müller danchen gesetzten kwakke, kwakkel etc.) entstand, ivie goth.
smaykcn (schmauchen) tvürde es ein nd. qim, (jani od. kwim, kwum, kum, kwam (cf.
quokeii u. Sahat. quok (Schmauch, Hauch, 5 kamen etc.) aus kirn, kam, bz. idg. j^am.
Ihinst etc.) voraussetzen, ivas aber nirgends Da nun aber die Schallwörtcr zum Theil
existirt. der Lautverschiebung unterlagen, zum Theil
kwak, a) Schallwort zur Bezeichnung des aber auch unverschoben blieben, so ist es
Geschreis der Frösche, Enten etc., soioie klar, dass ein germ. Stamm kak, ablautend
auch des Geräusches von Etwas (namentlich 10 kik, kuk, kwak, einerseits (cf. kakeln, gackern)
loeiche u. nasse Gegenstände), das nieder- sowohl aus idg. g-ag (schreien, lachen etc.,
schlägt od. welches man mit Vehemenz auf cf. gök etc.) als Weiterbildung von ga (so-
den Boden od. an die Wand wirft n. schlägt, nare etc., cf. kwätela etc.), als aus idg. k&k,
od. des Schalls, der dadurch entsteht, loenn kuk, kvak (cf. küken, kukuk u. s. auch
weiche Thiere od. weiche u. elastische Kör- 15 tmtcr kwabben am Schlüsse) entstanden sein
per getreten, gestossen, gedrückt od. gequetscht kann, loie ja auch unser kwak u. kwik u.
werden, od. dadurch, ivenn man in nassen nid. kwak od. quack (s. oben) als Brocken,
Stiefeln od. auf zähem eingeweichten Boden Bruchstück od. Geringes, kleines Etwas etc.
gebt etc., ähnlich ivie kwab, kwap, bz. nhd. sich begrifflich sehr nahe mit skr. kaqn
Klatsch u. Quatsch etc.; — man kan wol 20 (klein, gering), kak-sta od. kasbtha (Holz-
en poggc so lank treden, dat se kwak segd; stück, abgebrochenes od. abgespaltenes Stück
— kwak ! sä 't, diir lag 't ; — dat sä' ördend- Holz , Holzkloben , abgebrochener Baum,
lik fan kwak, as 'k d'r up (od. in) trad; — Stumpf etc., cf. Fick T, 37) berührt u. auch
he hoe (od. smet, speide etc.) dat mit 'n dies ja auf eine ]/ mit der Bedtg. : brechen,
kwak up de grund od. an de milr etc. ; — 25 reissen, spalten etc. zurückgeht. Vergleicht
b) Brocken, Bruchstück, Kleinigkeit, Ge- man nun aber wie bei klak, klap, knak,
ringste, kleines geringes werthloses Etivas krak (cf. klak, kladde, klatte, soivie auch
u. zwar meist in Verbindung mit kwik ge- kwabbe, kwabben, kwabbeln etc.) aus sonus,
braucht; — dat is niks as kwik un kwak crepitus etc. soicohl die Bedtg.: macula, bz.
od. (Flur.) dat sunt kwikken un kwakken; 30 Fleck, Schmutz etc. als die von: Bruch od.
cf. Weiteres unter 1 kwik. — Nid. (v. Dale gebrochenes, geborstenes, zerspaltenes Etwas
etc.) kwak (Nachtreiher, Schildreiher, Nacht- etc. hervorging, bz. dass ein solcher Schall-
rabc; Schall od. Gerassel von Etwas, loas siamm auch stets zur Bezeichnung u. Be-
niederfällt; Speichel od. kwalster den man nennung dessen verwandt wurde, wodurch
auswirft; Best od. Bodensatz in eineyn Glase 35 das damit onomatop. bezeichnete Geräusch
od. einer Tasse; Bruch, Krümel, Brocken od. der betr. Schall etc. entstand, bz. loas
od. Mull, Kehricht von Holz, Torf etc. ; ein solches od. ein ähnlich lautendes od.
Anfangs - Schüler od. Abc- Schütz; Posse, überhaupt ein Geräusch machte, so ist es
Schwank, Scherz, Erzählung etc.); mnld. leicht erklärlich, in ivelcher Weise die obigen
quack (ardeae geiuis), quack (superfluum, 40 Bedtgn. von kwak od. quak sich aus der
reliquum, exstantia; frivolum, res frivola), Grdbedtg. sonus entivickelten. So ist z. B.
quack od. quick (pulpa), quack (torus), quack kwak od. quack i^n nid. als Nachtreiher etc.
(floccus, flocculus), quack van vleesch (tuber, der schreiende od. krächzende Vogel, bz. der
excrescentia ; callosa et superflua caro in Schreier od. Krächzer, -während es engl, als
corpore). 45 Schreier od. Lärmer etc. die Bedtg. : Prahler,
her Stamm kwak stimmt als Nachahmung Grosssprecher, Marktschreier, Quacksalber,
od. Bezeichnung des Schreis des Frosches Pfuscher, Stümper etc. hat, tooraus sich auch
ztveifellos mit griech. koak-s, lat. coak-s, die Bedtg. : Anfangsschüler od. Abc-Schütz
quak-s in coaxare, quaxare (cf. kwakken) des nid. kwak (s. oben) erklärt, da dies
überein. Nach den andern Bedtgn. von 50 auch loohl nur einen Stümper im Lesen u.
kwak u. kwakken, soioie von nhd. Nest- Lernen bezeichnet. Ferner entstand dann
Quak (Nest -Küken, cf. Weigand), bz. ivieder aus sonus, crepitus tcie bei klak,
nd. quak (schreiendes od. quiekendes Kind, klat, klap etc. die Bedtg. macula od. Fleck,
cf. Br. Wb. III, 392 unter quakkebrook) Schmutzfleck, Schmutz, Dreck, Schlechtes etc.
ist es aber auch nicht zu verkennen, dass 55 (cf. klak, klakken etc. u. kladde, klatte etc.)
er sowohl wie auch das ablautende kwek, etc. od. die von : Bruch, Sprung, Spalt, Riss
kvfik (s. oben u. cf. nid. [KU] queck, quick etc., Bruchstück, Brocken, Kleijies, Geringes,
u. nhd. quäken, quieken) zum Theil auch Splitter, Flitter, Klitter etc., od. auch die
aus kak (cf. kakeln etc.), kik (cf. dieses u. von: gespaltenes, zertrümmertes, zermalmtes
kikken, some nZd kikker, kikvorsch, ^M«/i;er, 60 Etwas, woraus sich sowohl die Bedtg.:
KWAEK KWEK
426
KWAEKEN KWEKEN
Brocken, Mull, Kehricht etc. unsers kwak
II. kwik u. des nid. kwak erklärt, während
dieBedtg.: Weiches, Feuchtes, wie z.B. in
unserm kwakke, kwakkel etc. od. im nid.
quack in der Bedtg. : pulpa etc. soicohl aus
der Bedtg. : Schmutc, Drrck, Schtnicre, Fett
etc. als aus der von Zerkleinertes, Zerrie-
benes, Zermalmtes etc. od. auch aus der
Bedtg.: Geschrei etc., od. schreien etc. (cf.
kwakkeii m. nJtd. quieken) entstanden sein
kann u. die Bedtg. : res frivola auch viel-
leicht auf Schmutz t>f/. macula etc. ^Hrf/c/:-
geht. Vergleicht man nun al/cr iveitcr nJid.
Klatsch in der Bedtg.: Geschwätz od.
Geplauder, dummes Gerede etc., so ergieht
sich daraus auch die Bedtg. : Posse, Schwank,
Erzählung etc. od. nngae, naiTatio etc. von
selb.st, falls die Bedtg.: Posse etc. nicht
etwa wie mnld. quack (frivolum, res frivola)
aus der Bedtg.: Schmutz etc. entstand, cf.
iceiter : kwakke, kwakkcn, kwakkela etc. u.
zu kwak, quak als Schallstamm noch an.,
isl. quak (minuritio ; suspirium) etc.
kwäk, kwek, Quecke, (^ueckengras (Tri-
ticum rep.) — iV^rf. queke; «W. kweek; ags.
coice ; engl, quicken , quick-, quitcli-gras ;
norw. kvika etc. von kwik, bz. quik, quek
(lebendig, beweglich etc.), weil es eine so
zähe Lebenskraft hat, seiner loeithin krie-
chenden Wurzeln ivegen sehr schwer auszu-
rotten i.st u. deshalb fast stets wieder an
andern Stellen uufsprosst, wenn man glaubt,
dass es vollständig ausgerottet ist.
kwäk-, kwek-lieje, Vogelbeere od. Beere
der Eberesche (sorbus aucujjaria), eiiie Art
in Trauben wachsender , lebendig rother
Beeren, denen die Vögel u. namentlich die
Drosseln u. Krammetsvögel sehr stark nach-
stellen, weshalb sie auch als Köder zum
Fang derselben verwandt werden u. aus
diesem Grunde hier auch kransfügel-bejen
heissen. — Nd. (Br. Wb. etc.) queekbere, (luek-
bere, quitsen-, quitscheu-, quetsen-, quetsken-,
quitsea-beer, quits-bere. — Der Baum od.
Strauch heisst hier:
kwäk-, k\vek-b«m od. kwJik-, kwek-
bask; — 7id. quetseu-, quetsken, quetsen-
boom, (D ahn er t, Schambach) quitscbe,
quitschere, quitzere; engl. quickbeam,(iuickeii-
tree, wicken, wickentree, witcb, witcbtree;
aengl. wicbe; ags. vice; nhd., bz. md. (Wei-
gand etc.) ([uitsche, quitze. — Wie engl.
witch aus wice, so entstand nd., md. quitsclie,
quitze wahrsclieinl. auch aus quicke, quike
«. da Wacholder auch in der Form
queckholder, mhd,. queckoltcr vorkömmt u.
wie ahd. wt-cholter, wüchalter (d. i. wecbal-
tre, wil'clial-triu od. \\('z\\d\-Baum) von einem
mit wüchal syn. (luöekal u. ter, trc, triu
zusammengesetzt ist, so wird auch ags. vice
mit quicke, quecke, quike nrspr. si/n. sein.
I.ft es nun aber weiter richtig, da^s das lat.
vivus (cf. nomen aus gnomen, uoscere aus
gnostcre, natus aus gnatus etc.) für gvivus
5 ((f. kwiver) steht, so wird auch wOibal (in
wrchalter) wohl für älteres ([uechal, quöckal
u. ags. vice für älteres cvice stehen, sodass
alle obigen Benennungen desVogelbeerbaumes
sich von quick (lebendig etc.) od. (juicken,
10 quücken (lebendig u. frisch machen od. wer-
den, cf. kwäken u. kwikkon) ableiten, bz.
darauf sich beziehen. Da nun aber dieser
Baum tvegen seiner lebhaft rollten Beeren
einerseits ein sehr lebendiges u. frisches Aus-
15 sehen hat, andererseits seine Beeren auch
zur Er<[uickung od. Ernährung u. Er-
frischung vieler Vögel (urspr. auch vielleicht
der Menschen) dienen, so 2oird dieser ags.
vice od. engl, quickbeam, quickentre u. bei
20 uns kwiik-böm etc. genannte Baum auch
wohl daher so benannt sein u. soviel icie
einen lebendigen frischen etc. od. belebenden,
crfriscltenden, nährenden Baum bezeichnen.
— Vergl. dieserhalb auch nid. kweekdoorn,
25 Sauerdorn od. Berberitze, welche gleichfalls
rothe Beeren trägt u. deren Beeren auch
eine angenehme, erquickende, erfrischende
Säure haben, weshalb diese Staude sonst
auch Weinlig etc. u. im franz. epiue vinette
30 heis.'^t.
kwak-dole, s. kwakkedOle.
kwükcii, kweken, züchten, ziehen, an- u.
aufziehen, gross ziehen, bauen, fortpflanzen,
od. überhaupt Etwas lebendig od. lebend
35 machen, ins Dasein rufen, sein Dasein u.
Leben geben etc.; — bomcn od. fe kwäken
(Bäume od. Vieh etc. züchten od. ziehen,
anziehen etc., od. auch Bäume etc. bauen
u. ins Leben rufen, indem man den Samen
40 auslegt u. sie später an- u. aufzieht etc.) —
Compos. : an-kwäken (anziehen, anzüchten,
anbauen, aufziehen etc.) ; upkwäken (auf-
ziehen, durch Pflege u. Sorgfalt gross zie-
hen, od. eigentlich aufleben machen, ins
45 Leben rufen etc.) — Nid. kweekeu (züchten,
auf- u. erziehen; pflegen, nähren; bauen,
anbauen; ziehen etc.); mnld. queecken,
quecken, quicken (nutrire, educare, alere),
queyckcn (nutrire, fovere; vivere), queecken,
50 quicken (dasselbe); nd. (B r. Wb.), mnd.
queken; wfries. quickjen; ags. cvicjan; aengl.
(St r a t m a n n) cwikjen ; engl, quickeu ; ahd.
((piicjaii), ([buichan, cliwicban, (juiblian, qui-
cken, (luigkfii, cbicclien, cluicchen ; amhd.
55 cbukeu, chucben ; mhd. (luicken, kucken (le-
bendmachen, lebendig machen, frisch machen,
erfrischen, erquicken, ermuntern, erregen etc.)
Mit Jan, an, on (machen etc.) von kwik,
kwek, bz. quic, quec (lebend, lebendig, frisch,
6Ü munter etc.) fortgebildet.
KWAEKER KWEKER 427 KWAKKELEN KWAKKELN
kvväker, kweker, Züchter etc.; — bum- Scheidemünze), hei KU. quackelgeldekeu
kwäker, Baimzüchter. — Nid. kweker. (pecuniae minutae etc.) ; isZ. quakl (minuritio ;
kwäkere, kvvekere, Züchterei etc.; — inanis sonandi nisus) ; nortv. kvakl (Ver-
bomkwäkerö, Baum-Zücliterci. wirrung, Unordnung etc.); schwed. quackel
kwakke, kwnk, ein unfester, weichlicher, 6 (Gequackel, leichtsinnige u. unbeständige
schivächiicher, oft kränkelnder Mensch, hz. Art zu handeln). — cf. Weiteres unter
ein Mensch, der leicht schreit u. loeint od. kwakkeln.
ächzt, stöhnt u. klagt etc. cf. nid. quack kwakkel-dokter, ein Doctor od. Arzt, der
(pulpa) n. engl, quack in der Bedtg. : Schreier an od. mit seinen Patienten herumquackelt
etc., sowie isl. quak in der Bedtg.: suspirium 10 od. herumquacksalbert, bz. der sie quackelig
unter kwak u. cf. auch krakke von kraken, behandelt, od. der sie nicht ordentlich u.
sowie ferner kwakkel, kwakkeln etc. u. nd. strenge anfasst, sondern zu weichlich ist u.
(Br. Wb. III, 39:2) quakkebrook f^'m M;eic/i- sie zu weich u. zart anfasst, bz. sie ver-
licher kränklicher Mensch, der gleich bei quackelt, verzäHclt u. verweichlicht.
den ersten Schmerzen ächzt u. schreit) u. 15 kwakkele, a) Kränkelei; — he harr' al
unser gekwakke, gekwak ; nid. gekwak (Ge- lank so 'n kwakkele under de leden had, er
quäke od. Geschrei der Frösche; Getöse he 't nerfenfeber kreg; — b) «nöesiändt^fer,
eines fallenden od. niederschlagenden Kör- iveicher, regnigter Zustand; — 't hed de
2}ers etc.) hele harfst so 'n kwakkele mit 't wer west ;
kwakke-, kwak-döle ; i. (Z- kwakke M. ^rzi- 20 — c) halber Kram, imhaltbarer Kram,
sammengesetzt vonkwakke u. dö\e (Eidotter), schlechte stümperhafte Arbeit, Tändelei,
icas tcörtl. ivohl soviel als „weicher Dotter" Pfuscherei etc.; — 't is un blift kwakkele
Jieisst. mit hum, all' wat he anfangd ua mäkd; —
kwakkel (kwak- TFesenJ, a) Plaudertasche, d) unfestes, unstetes, zu zärtliches u. weich-
Schwätzer etc. ; — yva.t hed de kwakkel altid 25 liches Behandeln od. Verhalten u. Verfahren,
to rüteln; — b) schivache, kränkliche od. Zärtlichthuerei etc. ; — mit höre kwakkeleen
iceichliche, unfeste Person od. eine stöhnende fertrekken un ferdarfen se de kinder gans.
«. ächzende Person, die (wie wir sagen) viel — Nd^ (Schütze) quackelee (Unbeständig-
pipt od. piperig ist; — 't is 'n regten olden keii, dnzuverlässigkeit etc.), (Schambach)
kwakkel. Davon od. als Weiterbildung von 30 quackelie (a. das Wesen eines unfesten, un-
kwak in anderer Bedtg., bz. als Subst. zu selbstständigen od. unbeständigen, loankel-
kwakkeln: gekwakkel ; a) Gekränkel, an- müthigen Menschen; — b. ein leichtsinnig
haltendes od. wiederholtes Siechsein ; — h begonnenes u. ebenso leichtsinnig toieder auf-
is 'n old gekwakkel mit hum, dat he hei gegebenes Unternehmen ; — c. Tändelei). —
net wer beter worden kan; — b) Gezärtel 35 Mnd. (Seh. u. L.) quackelie (unnützeste-
od. loeichliches, unsinniges, verkehrtes Ge- schwätz, bz. visevase, struntsaghe, floccificium,
thue, z. B. in Bezug auf Kinder, indem frascilegium).
man entweder siisslich u. zärtlich mit ihnen kwakkelen, kwakkeln, unbeständig, un-
schwätzt u. redet, od. sie tveich, nachgiebig stetig, unfest u. weich od. weichlich sein u.
u. zärtlich, unfest u. unstet behandelt u. zu 40 loerden; daher a) schwach werden, kränkeln,
nachgiebig u. weichherzig gegen sie ist od. siechen etc. ; — he harr' al lank kwakkeld
sie iveich u. unfest macht; — he mäkd od. (od. sükeld etc.), er he 'n dokter halen let
hed föls to föl gekwakkel mit sin kinder; un as de kwam, do was d'r niks mer an to
— c) von unfestem unbeständigem Wetter, helpen; — he word old un swak un faugd
das immer umschlägt u. loo es loieder reg- 45 an to kwakkeln; — he hed al lank wat
nigt wird; daher: Geschmutze, Geregen od. herum-kwakkeld un sükeld; — b) fortwäh-
anhaltendes Erweichen, Weichmachen u. rend unbeständiges weiches nasses regnigtes
Weichwerden des Erdreichs ; — 't is 'n old schmutziges od. Thauwetter sein, häufig
gekwakkel mit dat wer, dat regend un smudt od. fast ununterbrochen regnen, nässen u.
(regnet u. schmutzt etc.) fan 't harfst altid 50 schmutzen etc.; — dat kwakkelde al de hele
an. — Vergl kwak od. quack cds Geschrei sömmer un nu de harfst kumd, nu kwakkeld
etc. od. als Bruch u. Zerkleinertes, Bruch- 't ok nog altid ftirt; — 't sal wol net so
stück etc. u. als Weiches (pulpa etc.), sowie lank hen kwakkeln bit dat 't früst; — 't
die von kwakkel loeitergebildeten od. damit h8ft en net wundern, dat 't all' ful water
zusammengesetzten Wörter u. zu kwak od. 55 steid^un de grund en brei un mess' is, wen
quak in dessen verschiedenen Bedtgn. auch: 't altid un ewig niks deid as kwakkeln; —
nid. kwakkel (Wachtel, cf.kvf3iUe\),(v. Dal e) dat hed nu al dr6 winters agter 'n ander
kwakkel (Lump, dummer Mensch od. wohl : kwakkeld (od. kwakkelwer west), un nu
Person die od. Wesen das geistig schwach • kwakkeld dat wer (Wetter) disse winter ök
ist), kwakkelgeld (kleines geringes Geld, GO nog altid wer (wieder) an; — c) tveichlich
KWAKKELEN KWAKKELN
428
EWAKKEL-SÜEKTE
od. zärtlich behandeln, zärtehi. tceichlichen
etc.; — ht' kwakkeld to föl mit tiiii kiiuler
herum, bz. he ferkwakkcld sin kiiulor gans
un dal ; — d) unfest k. schlecht etc. od.
unstetig it. spielend arl)eiten, tändeln, pfu-
schen, ßickcn, Flick- U.Heil- Versuche machen
etc.; — liö kwakkeld d'r not so lank mit
od. an hpriim, dat 't hei kört, bz. hei uet
mer to maken un to helen is; — e) trödeln
od. leichtsinnig/ handeln, in Kleinirilceiten
unnütz verthun, verspielen; — he kwakkeld
wat mit 't göd herum, bz. he hed sin geld
un göd ferkwakkeld. — Nd. (Schambach)
quackeln (eine Sache ohne Ucberlcfjunrj an-
fangen, sie ohne rechten Ernst betreiben u.
leichtfertig iviedcr aufgeben, unbeständig od.
unfest u. wetterwendisch sein; tändeln,
Possen treiben, faseln, schicätzeln), (Däh-
nert) quackeln (tändeln, leichtsinnig han-
deln), {D an n eil) quackeln (unvorsichtig
u. leichtsinnig reden), verquackcln (sei)i
Geld für Kleinigkeiten unnütz verthun), sick
verquakkeln (leichtsinnig u. unüberlegt ein
Eheversprechen eingehen), (Br. Wb.) (juak-
kcln (unbedachtsame Worte reden, die man
nicht halten kann), verkwakkeln (durch Un-
beständigkeit verthun, durch Wankelmuth
verderben, sich durch übereilte u. unbedacht-
same Worte zu Etwas verbinden), (Schütze)
quakkeln (unbeständig sein) ; mnd. (Seh. u. L.)
quackelen (schivatzen, krächzen) od. quacke-
len (vysevasen, floccifioare, frasciligere) ; 7ild.
kwakkelen (a. schreien od. schlagen loie die
Wachteln; — b. unbeständig sein, nicht
anhalten, kränkeln; schwatzen) ; mnld. (KU.)
quackelen (aucupari coturnices) u. quackelen
(dissipare, profundere, prodigere tanquam
rem superfluam et frivolam) ; satl. quackelje
(hinsiechen); nfries. (juackeln, quakkeln
(unbeständig, wetterwendisch sein) ; isl. quakla
(minuricare, suspirare) ; norw. kvakla (pfu-
schen, unglückliche Versuche u. Veränderun-
gen machen u. dadurch Dinge in Unordnung
bringen); schwed. quakla (leichtsinnig u.
unbeständig in seinen Handlungen sein, von
Einem aufs Andere fallen, quacksalbern
etc.) ; dän. quakle (pfuschen).
Das Verb, kwakkeln etc. u. die dazu an-
geführten Iterative in den andern Wörtern
hingen meistens mit dem ags. cvacjan (zit-
tern od. schwanken, wanken, nicht fest u.
unbewegt sein) zusammen, worüber noch
Weiteres unter kwakken. Ander nthcils ge-
hören sie auch eben ivieder mit kwakkel m.
den dazu gestellten Wörtern zum Theil zu
kwakken als Schallverb., bz. zum Sehall-
stamm kwak u. den davon entstandenen
Bedtgn., sofern nämlich die Bedtgn. des
nid. quack (s. unter kwak) auf diejenige
Weise aus dem Schallstamm kwak od. quak
entstanden sind, wie dort angegeben wurde
u. z. B. auch die Bedtg. : piili)a (cf. auch
kwal)be etc.) daraus hervorging, woraus sich
als weiches Etwas auch die Bedtgn. von
5 kwakkc u. kwakkel zum T/ieil erklären,
f'(dls denselben nicht etwa die Bedtg. : quie-
ken, quäken (cf. kwakkon), winseln, klagen,
stöhnen etc., wie bei kraken zu Grunde
liegt. Die Bedtg. : iveich, unfest, nachgiebig,
10 veränderlich, unstet etc. tritt aber anschei-
nend als Haupt- u. Grdbedtg. der Wörter
kwakke bis kwakkelwinter am meisten auf
u. /.s< darüber unter kwak u. kwakken Wei-
teres zu vergleichen, wobei es Ja auch mög-
15 lieh ist, dass die Bedtg.: iveich, unfest,
loeichlich etc. sich aus pulpa od. aus der
von: Brocke, Zerriebenes etc. nnsers k^wAk
u. kwik, bz. der von: Bruch als gebrochener
Zustand u. als gebrocJirnes Etwas entwickelte.
20 ku'akkeler, a) ein schwächlicher, tveich-
II eher kränklicher Mensch; — b) ein Mensch,
der unbeständig ii. loetterwendisch ist u.
der nichts ordentlich zu Stande bringt od.
von Einem aufs Andere fällt, mit nichts zu
25 Stande od. vorwärts kömmt, halben Kram
u. schlechte Arbeit macht, Nichts ordentlich
anzufas.'^en u. anzugreifen versteht etc., Tänd-
ler, Pfuscher etc. — Nd. (Br. Wb., Schütze)
qu ackel er (un bestän digcr , u nzu verlässiger,
30 leichtsinniger Mensch), (Scha m bach) qua-
ckelaer (a. dasselbe; — b. Faselhans,
Schwätzer etc.); nid. kwakkelaar (Schioätzer,
babbelaar, snapper).
kwakkelig, kwakkelg, kwaklij?, a) un-
35 beständig, regnerisch, od. iveich, aufgeweicht,
schmutzig etc.; — dat wer is un blift kwak-
kelig; — 'n kwakkeligen wiutor (ein unbe-
ständiger regnerischer Wi)Uer, bz. ein Winter,
wo das Wetter keinen Bestand hat u. wo es
40 abwechselnd friert, schneit, regnet, stürmt
etc. od. vorwiegend weiches u. regnerisches
Wetter ist); — de grund is so kwakkelk un
wek, dat man d'r alle ögenblik insakd un
in fast Sitten blift un dat 't ördendlik kwakt,
45 wen man d'r intredt un de loten d'r wer
üthäld; — b) unbeständig od. unfest in der
Gesundheit, weichlich, kränklich etc. ; — he
Word old un kwakkelig ; — he mfikd de
kinder so kwakkelig un wek, dat se hast
50 niks mer ferdragen könen un altid un ewig
ferkold un half krank sunt ; — c) unfest,
unbeständig, wankelmüthig, nachgiebig, weich,
zärtlich etc. ; — he is föls to kwaklig mit
(od. tegen) sin kinder, so dat he se gans
55 fortrekd un ferwennd ; — he geid fuls to
kwaklig mit stn kinder um od. lie bchandeld
se fuls tn kwaklig, as dat d'r wat regts un
wat (bigs üt worden kan.
kwakkcl-kcam ; /. q. kwakkelr.
60 kwakkel-siikte, eine auf- u. abgehende
KWAKKEL-WER 429 KWAKKEN
Krankheit, die lange anhält it. loelchc sich im Fallen ; quahtern, speien ; mit Geräusch
nicht zum Bessern neigen iviJl, ein auf- u. loerfen, schmeissen etc.) ; mnd. qnacken etc.
abgehendes langwieriges Siechthum od. Siech- (coaxarc, gingriro , redderc soiium instar
sein, tvie z. B. das dreitägige kalte Fieber aiiseiis et coturnicis) ; nhd. quaken ; engl,
od. eine langwierige Erkältung mit Hasten, 5 quack (quäken, schreien, krächzen wie ein
die Schwindsucht etc.; — kwakkolsüktea Babe, eine Ente od. eine Gans; quaeksal-
si'uit mesttid slimmer to kureren as regtu bern; den Marktschreier machen, prahlen,
sükten; — ik licbb' let'er 'n ördeiidliktn gross sprechen, ei)i grosses Geschrei machen,
krankheid, as so 'n kwakkelsükte, war de lärmen, poltern) ; an., ts/. qiiaka (miaurizare ;
dokter niks regts legen dön kan uu altid an 10 suspirare). Daneben ablautend: mnld. que-
herum dokterd uu herum kwaksalferd. ken (coaxarc; tetrinire; gingrire, garrire;
kwakkel - wer, unbeständiges veränder- strepere, obstrepere ; clangere instar anseris) ;
liches, regnerisches schmutziges Wetter. nd. (Schambach, Br.Wb.) ({ue]ien,qmken
kwakkel-winter, ein unsteter od. mibe- (laut lachen u. schreien in Folge der Lust
ständiger Winter, wo es meistens regnet etc. 15 od. des Kitzels; schreien wie ein Thier,
u. nur einzeln auf kurze Zeit friert. z. B. wie ein Schwein, ein Frosch, eine
kwakken, den durch den Schallstamm Kröte etc. — nhd. quäken, quiken) etc.
kwak od. quak bezeichneten Schall machen Dass dieses Schall nachahmende Verb. u.
u. verursachen etc.; — daher a) schreien der Schallstamm kwak abgesehen vom Ge-
wie die Frösche, Enten etc. ; — de poggen 20 schrei der Frösche, E)den etc. sich sonst
kwakken so lud, dat man 't, God wet war, begrifflich vielfach mit kwabben, kwappeu
hören kan ; — he kwakd as 'n pogge od. u. den Schallstämmen kwab , kwap od.
'n ütse (Kröte); — man kan 'n stummen schioappen, quatschen (cf. kwatsen)
ütse so lange treden, dat se kwakd (schreit berührt, ist heim Vergleich dieser Wörter zu
od. quäkt, quiekt etc., od. auch, dass sie 25 ersehen. Dass aber auch die Bedtg, : Brocke
mit einem Knall platzt u. auseinander od. Geringstes, sowie die sonstigen Bedtgn.
springt) ; — b) überhaupt laut schreien ; — des «'fZ., mnld. kwak od. quack (s. unter
he kwakd d'r al legen an ; — c) den Schall kwak) sich ganz ungesucht aus kwak als
ti. das Geräusch machen, der hochd. auch Schallstamm entwickeln konnten u. dass auch
durch klatsch od. quatsc h etc. u. durch 30 das nfrics. (J ohansen, pag. 47) quäkin
uns auch durch kwab, kwap (cf. kwabben (inhaltsleere Gespräche führen, schwatzen
etc.) od. knap etc. bezeichnet wird u. der etc.) dasselbe ist wie kwakken od. quaken,
entsteht, ivenn man in od. auf Nasses u. ist beim Vergleich von nhd. Klatsch in
Klebriges tritt u. geht u. die Fasse ivieder der Bedtg. : Fleck, Schmutz, Koth, feuchte
herauszieht od. davon abhebt, od. ivenn man 35 Nässe etc. ; Geschwätz etc., s. unter klats)
in od. auf Nasses schlügt etc. ; — de grund u. klak etc. etc. leicht einzusehen u. loird
kwakd ördendlik, so iiat is se; — de släfels «oe^e« kwak = kwab auch noch auf kwabbe
kwakken fan natttgheid ; — dat kwakd wen in der Bedtg. : weiches zitteriges feuchtes,
man d'r uptredt, so smerig un klemsk is de mooriges sumpfiges Etwas (cf. z. B. auch nid.
klei; — d) Körper ^{namentlich nasse, weiche, 40 quack in der Bedtg.: pulpa etc., od. quak
elastische) mit Vehemenz an u. auf Etwas als Junges, od. Küchlein etc. zu engl, squab,
(z. B. den Boden od. die Wand etc.) schla- junge Taube, Küchlein etc., ferner tcnser
gen, werfen, spucken etc., dass ein solcher kwakke als weichliche Person od. Weichling
od. ähnlicher lauter Schcdl entsteht od- auch od. kwabbelig zu kwakkelig, bz. das eigent-
diese mit mehr od. iveniger lautem Schall 45 lieh ein Hin- u. Herbeivegen od. wackeln
springen, bersten, platzen, zerschellen u. in etc. u. Auf- u. Niedergehende etc. bezeich-
lauter kleine Bruchstücke zerspringen ; — nende kwakkeln zu kwabbcln) u. des Wei-
he kwakd hum (od. dat) an de wand, dat 't terti daselbst u. unter kwabben Enoähnte
kwakd; — he hed de blutter up de grund verwiesen.
kwakd, dat 't purtje d'r iit flog ; — he 50 Ausser unserm obigen Schallverb, kwakken
kwakkede hum en an de oreu, dat hum de bestand ein ags. cvacjan (tremere), bz. aengl.
kop brumrade ; — he kwakkede dat up de quakin, engl, quake (zittern, beben), tvovon
däle, dat 't in diisend sf ükken flog ; — he das engl, quaker (Quäker, d. h. Zitterer etc.)
kwakd 't all' kört un klen ; — he hed 'n stammt u. wovon gewöhnlich auch kwakkel,
kwalsler up de däle kwakd etc. — Nd. 55 kwakkeln, kwakkelig etc. direct abgeleitet
(Br. W b.) qüSikkon (dasselbe u. auch: ächzen, werden, trotzdem es klar ist, dass die diesen
stöhnen etc. wie ein Kranker) ; mnd. quaken, Wörtern anscheinend zu Grunde liegende
q\idi,cken(quacken,schreien,schwatzen, reden); Bedtg.: weich, unfest etc. (cf. unter kwak-
nld. kwakken (schreien wie ein Frosch ; kelen am Schlüsse) sich auch aus nid. quack
schlagen wie eine Wachtel ; Geräusch machen 60 (pulpa) ergeben u. die Bedtg.: floccificare
KWAKKEN
430
KW AKREN
des mnd. (in&cke\en deutlich auf tnnld. quack
(floccus, s. unter kwak) zurückweist. Dass
nun aber dieses cvacjan zunächst mit kwak-
kcn IM der Bedtg. : schreien wie ein Frosch,
eine Ente etc. nichts gemein hat, i.st klar.
Da indessen das ags. cvacjan ebenso wie
unser schüdJen, ahd. srutjan, nhd. schüt-
ten kein Frequeutativ ist u. wahrscheinl.
blas die Bedtg.: Stoss machen od. Bewe-
gung machen hatte, bz. mit jan (thun, be-
wirken, erzeugen etc.) von einem Stamm
cvac od. kwak (Stoss, Prall etc. od. eine
einmalige Bewegung durch einen Stoss od.
einen Wurf etc.) weitergebildet ist, so ist es
auch sehr leicht möglich, dass dieses cvacjan
(cf. auch klakkon = urspr. klakjan) mit
unserm kwakken in der Bedtg. : schlagen
od. werfen etc. an Etwas, od. wohin u.
woran, worauf etc., dass es kracht od. einen
lauten Schall macht u. dröhnt etc. urspr.
ident. ist u. demnach das ags. cvacjan eigent-
lich u. wörtl. die Bedtg.: Stoss, Puff od.
Wurf u. Sturz machen hatte, ganz wie
auch schüddeu = ahd. scutjan dieselbe Bedtg.
gehabt haben icird u. sich hieraus auch so-
wohl die Bedtg : schütteln u. erschüt-
tern als auch die von: schütten (od.
werfen, stürzen, fallen machen) erklärt u.
auch das Subst. scut, md. sehnt (Erschütte-
rung) ganz geiciss urspr. die Bedtg. : Stoss,
Puff, Prall etc. (ein Erdbeben ist auch ein
Stossen u. Zucken der Erde) hatte. Ver-
gleicht man indessen fragor von frango, an.
brestr (Gekrach) von bresta (bersten) u.
braka (prasseln, krachen, knattern etc.), vom
Prät. brak von brikan (brechen), so ist es
auch denkbar, dass der Stamm cvac von
ags. cvacjan (cf. knal von knellen, knillen,
drücken, quetschen, zusammendrücken od.
pressen, zerdrücken, platzeyi machen mit
lautem Geräusch od. einem Knall) sowohl,
tcie auch besonders kwak ein Präter. von
einem Verb, quekkan, quikkan (goth. qikkan
od. qik-jan ?) ist, was ebenso wie norw.
kveppa aus kippa (cf. kippen) aus kikkan
od. kikjan (cf. kikken u. dazu nhd. quäken
u. quieken, bz. nd. qneken, quiken [s. oben]
u. Weiteres unter kwak) entstanden sein
kann. Ist dies nun aber der Fall, so konn-
ten die Stämme quak «. quik (od. goth. qak
u. qik, nach qiman, qam) ebenso wie kak u.
kik (cf. kik u. kikken etc.) einerseits sowohl
als reine Schallwörter od. Schallnachahmun-
gen verwandt werden u. im Gebrauch blei-
ben, andererseits aber auch wie klak, knak,
knap, klap etc. etc. sich begrifflich weiter
entwickeln u. demnach quak sowohl in die
Bedtg. : Stoss, Schlag etc. als in die von :
Bruch, Spalt, Riss etc. u. noch viele andere
übergehen, wie dies unter klak, knak etc.
u. kwak zu ersehen u. nachgewiesen ist u.
wie z. B. das ahd. klakjan (cf. klakken)
aus Bruch, Spalt, Sprung od. Biss machen
auch die Bedtg. : Baum machen, von der
5 Stelle bringen, voricärts bewegen, von Statten
gehen etc. entwickelt hat. Sofern nun also
das ags. cvac-jan nicht etwa die Bedtg.:
Stoss machen od. stossen hatte, so
könnte man auch annehmen, dass es urspr.
10 die Bedtg.: Sprung machen od. spr in-
g en hatte u. dass hieraus die Bedtg. : hüpfen,
tanzen, auf- u. nieder- od. hin- u. herbewe-
gen, oscilliren, beben, zittern entwickelt hat,
falls nicht etwa der Stamm kwak ebenso
15 wie kwab, kwap aus a.ci\\A die Bedtg. : Dreck,
Schlamm, Moor, Weiches etc. (cf. nid quack
in der Bedtg. : pulpa u. dazu kwabbo, kwab-
belig, kwabbeln zu kwakko, kwakkelu, kwak-
kelig etc.) entwickelte u. demnach auch das
20 ags. cvac-jan ur^-ijir. die Bedtg. : Weiches
machen. Etwas weich od. weichlich machen
od. erweichen etc., bz. Etwas od. Jemanden
unhart, unfest, unstet, unbeständig, nach-
giebig, icankend u. schwankend, unstandhaft
25 machen etc. hatte; Bedeutungen, die für die
Wörter kwakke bis kwakkelwinter jeden-
falls am besten stimmen, sofern die dar-
unter mit aufgeführten Wörter, wie z. B.
nid. kwakkel (Wachtel, cf. auch kwattel)
30 od. mnld. quackeln (schwatzen, krächzen)
etc. nicht etwa mit unserm kwakken blos
zum Schallstamm kwak od. quack gehören
u. wobei denn aus: Jemanden od. Etwas
weich, iveichlich od. unfest etc. machen, bz.
35 bei u. in Jemandem od. in Etwas eine
Weichheit u. Unfestigkeit erzeugen etc. wie-
der die von : schwankend u. wankend machen,
ins Schwanken bringen, hin- u. herbewegen
(gleichviel ob ein Anderes od. sich selbst),
40 schütteln (die Erde ist unfest od. schwan-
kend gemacht, bewegt sich hin u. her, schüt-
telt sich od. zittert, erzittert, bebt etc.) u.
so die von : zittern, beben, motitare, treniere
(cf. engl, quake, zittern, beben) u. quake
45 (zittern u. beben machen, in Furcht Jagen,
erschrecken, bange od. furchtsam u. feige
machen etc.) entstehen konnte.
Zum Schlüsse sei zu kwakken u. ags.
cvacjan noch bemerkt:
50 1) Ja^srtMS.ser /»HfZ. quackelen (floccificarc,
frasciligcre) von mnld. quack (floccus) KU.
ausser quackelen (s. unter kwakkelen) auch
ein einfaches quacken (dissipare, profundere,
prodigere tanquam rem superfluam et fri-
55 volam) von quack (superfluum etc., bz. fri-
volum, res frivola etc., s. unter kwak) auf-
führt, sowie
2) dass L. EttmüUer neben ags. cvac-
jan (tremere) ein cveccan (movere, quatere,
60 vibrare) hat, was er zu cvic (vivax etc.) ver-
KWAL 431 KWAELEN KWELEN
gleicht u. jedenfalls ident. ist mit mfläm., du küspiu, of kwfild di de magc? — man
mnld. quicken, ([ueckcn (vibrare, librare, inut sük kwälcn as 'u liund ; — he kwäld
trutinare, manibus examiiiare, agitarc, mo- sük hast död; — 't is 'n kwälend (quälen-
vere, mobilitare), sowie mit quicken, quccken des, gepUujtes, beschwerliches, mühevolles etc.)
(vivere et movere) u. demnach auch mit 5 läfen, wat 'n frö hcd ; — he kwälde sük d'r
diesem von quik (lebend, lebendig, beweg- mit of, of he wol regt dän harr'; — h6
lieh etc., cf. 1 kwik u. kek) abgeleitet ist. kwäld sük dar mit de kinder of ; — he hüll'
Dass nun aus einem Frälcr. quak dieses hei net up to kwälen, dat ik mit lium gän,
quicken, quecken in der Bedtg.: lebendig, bz. hum dat gäfen schuU'; — he kwälde
lebhaft, beioeglich etc. sein auch ags. 10 (marterte, peinigte, plagte, ärgerte, vexirte
cvacjan in der Bedtg. : tremere etc. weiter- etc.) hum d'r mit, dat he so dum west was
gebildet sein kann, ist zweifellos u. wenn un liarr' dat dän; — he wul mi dat göd
man erwägt, dass das ags. cvacjan auch ankwälen (mit Gewalt aufdrängen) ; —
vom Klappern (od. wie loir sagen suatteni) Sprichw. in Bezug auf unfruchtbare kinder-
mit den Zähnen u. vielleicht auch vom 15 lose Frauen: de net teld, de fol kweld, od.
Klappern der Störche gebraucht u. dann auch in Bezug auf beide kinderlose Ehe-
hiemit auch ein rasselndes Geräusch bezeich- leutc: de net teld, de word kweld. — Auch
net wurde, so Hesse es sich auch sehr gut subst.: dat kwälen; — wat is 't minsken
denken , dass der Stamm cvac od. quak läfen ? 't is niks as arbeiden un kwälen. —
auch sonst noch in ähnlicher Bedtg. wie 20 Nd. quälen, quelen ; mnd. quälen ; nid. kwel-
klap etc. zur Bezeichnung anderer gleich- len ; mnld. quellen (molestare, afflictare, ia-
klingender Töne venoandt loorden ist, ebenso festare, cruciare, vexare, urere, urgere, la-
wie das Präter. brak (brach) von brikan in cessere, exagitare) ; wang. quel (quälen); as.
an. braka (prasseln), wo dasselbe ja auch qwelljau (cruciare , necare) ; ags. cveljan,
lediglich noch als Schallstamm od. Schall- 25 cvellan (tödtcn, necare, trucidare, mactare
Wurzel erscheint tt. dass so der Stamm qnak etc.); «en^^. cwellan ; engl, quell (uinbringen,
od. kwak u. das Verb, quacken od. kwakken vernichten, tödten) ; an. kvelja (quälen, mar-
seine urspr. Bedtg. beioeglich u. beweg- tern, peinigen) ; «sZ. quel (cruciare, torquere) ;
lieh sein nach u. nach ganz verlor u. zu norw. kvelja; schiocd. quälja; dän. quaele
einem blossen Schallwort herabsank, was ^Q (quälen) ; ahd. quellan, cwellan, quellen,
selbstredend dann nachher auch ivicder chellen, chelen ; amhd. chwellen, chollen ;
ebenso toie klap, klak etc. andere Bedtgn. mhd. quellen, quelen, queln, kolu ; md. quellin
entioickeln konnte. (quälen, martern, plagen, in Banden legen,
kwäl (masc), Qual, Plage, Beschwerde, tödten).
Last, Schmerz, Marter, Leiden, Krankheit 35 Dieses Verb, queljan od. Qual machen u.
etc.; — he hed sin kwäl dik genug; — dat erzeugen ist wohl mit jan von ahd. queli,
was 'n groten kwäl för hum, dat^ he dat quel (Qual, s. unter kwäl) fortgebildet, wäh-
liden mit an sen mus; — wat is sin kwäl? rend dieses Subst. selbst ebenso toie Qual,
od. wat hed he för 'n kwäl ? he lid an de bz. as., ahd. quäla u. quala (Letzteres mit
fallende sekte; — he^lid an 'n bösen kwäl; 40 „a" vom Präter. quäl, s unten), sowie auch
— dat is nog en fan sin olde kwälen (Krank- cvealm, qualm (s. unter kwäl) wohl zu ahd.
heilen, Uebehi etc.), war he so lank an laden quelan, chelen; amhd. quelen, cholen; mhd.
hed. — Sprichw. : de de wäl hed, hed 6k queln (Schmerzen leiden, cruciari) ; as. quelan
de kwäl. — Nid. kwaal ; mnld. quaele ; nd. (gewaltsam sterben, den Martertod erleiden) ;
quaal; as. quäla, quäle; a/irZ. quäla, chwäla, 45 ags. cvelan (pati, mori); ae^f/Z. cwelen ; engl.
chäla, käla; amhd. ch(')le, kole; mhd. quäle, qwell (sterben, langsam hinsterben etc.) ; mnd.
käle; an. kvöl; isl. quöl; schioed. quäl; quelen, quellen, quälen (Schmerz u. Qual
dän. qu&l. Daneben auch nid. kwel ; ahd. erleiden, gequält werden) etc. gehört, was
(quell), cheli ; mhd. quele, cfuel, quelle, kele loahrscheinl. (ebenso loie quek = quik) urspr.
(Qual, Marter); engl, quell (Mord, das 50 quilan, goth. qilan (quäl, qal, — quul, qul,
Tödten, die Tödtung) u. ags. cvalu, cvale; — quulun, qulun) lautete u. woraus wohl
aengl. cwale; as. quala (nex, mors), — ags. auch unser kellen (s. d. u. vergl. kek aus
cvealm, cvelm, cvylm (Thema qual-ma od. quek, quik) u. das engl, kill (tödten etc.)
quala-ma) ; aengl. cvalm ; as. qualm, quelra etc. hervorgingen.
(in quelm-jan); o/tcZ. qualm, quhalm, chwalm ; 55 Was die Herkunft u. Verwandtschaft be-
mhd. qualm (nex, exitium, pernicies) etc., trifft, so vergleicht Fick (II, .348) Qual
s. weiter: ^ u. quälen (cf. auch Pott, Wurzelwb. II,
kwälen, kwelen, quälen, martern, plagen 258, Nr. 434) zu lit. gela (Schmerz), preuss.
etc. ; — deren un minsken kwälen,^ dat is gallan (Tod), lit. gelu, gelti (schmerzen),
sin grotste pleser; — wat kwäld dl? hest 60 kslav. zilja (quälen), womit unser kellen,
kwaelp:n kwelen
432
KWALM
sofern es nicht aus dem obigen quelaii od.
queljan entstand, Jedenfalls auch r» der-
selben y gal, gar (schmerzen etc.) gehört,
während das unter kellen erwähnte nid.
killeu (kälten etc.) dann icohl mit an. kala
(frieren) u. tat. gelu, skr. jala (kalt, starr
etc.) zu gab (kalt sein) zu stellen ist, wor-
über Weiteres unter köl u. kokl rergliclien
werden kann, sowie auch bei Pott, Wurzel wb.
II, ^öV unter Nr. 436.
Zum Schlüsse sei zu kwäl u. kwülen übri-
gens noch bemerkt, dass diese Wörter mit-
unter (cf. z.B. Weigand) auch mit goth.
(jal (Ruhe, Stille) in Verbindung gebracht
xverden , was aus dem I'räter. qal eines
alten Verb, qilaa, quilan (s. oben) entstand,
das die Bedtg. : ruhen, still sein, schweigen,
verstummen etc. od. ruhen, schlafen od. un-
bewegt starr, steif u. still sein u. liegen etc.
gehabt haben muss. Vergleicht man nun
aber, wie sowohl kalt machen als stumm
machen auch in der Bedtg. : tödten, sterben
machen etc. u. k a 1 1 od. s t u m m sein od.
toerden auch in der von : todt sein u. wer-
den, hz. langsam absterben etc. gebraucht
werden (cf. z. B. auch : düd u. döf von
nicht lebendigen od. erkalteten, nicht glühen-
den Kohlen, sowie von erkalteten, erstarrten
Fingern u. dann ferner auch: üodeu u.
dofen in ihren verschiedenen Bedtgn.), so
lässt es sich nicht verkennen, dass leicht
eine nahe begriffliche Verwandtschaft zwi-
schen dem goth. qal (Ruhe etc.), bz. dessen
Stammverb, qilaii u. den Worten Qual it.
quälen etc., bz. dem ags. quelan (sterboi)
bestanden haben kann. Ist dies nun aber
tcirklich der Fall, so müssen aucli (die unter
keilen (gleichviel ob dies überhaupt die Bedtg. :
quälen, schmerzen etc. od. die von : von Kälte
schmerzen lud) angeführtenWörter mit goth.
qal u. qiian u. den unter kwäl u. kwalen
angeführten Wörtern mit skr. jala (kalt, starr,
steif, regungslos, unbeiveglich, unbewegt,
apathisch, empfindungslos, leblos, betäubt ;
stumpf, dumm, einfältig ctc , cf. auch stuni
u. stimip) von einer u. derselben y gal od.
gar (cf. kellen, kAl, kold etc.) abstammen,
wozu auch engl, (juell (umbringen, tödten,
vernichten; unterdrücken, bezwingen, be-
zähmen, zähmen; dämpfen, löschen, stillen,
beruhigen), sowie quell (sterben, langsam
hinsterben, absterben, abstillen, abnehmen,
sich vermindern, nachlassen) in den mit
quäl 6 71 «. gequält werden nicht stim-
menden sonstigen Bedtgn. verglichen werden
mag u. wobei sich danti auch das an. kveld,
isl. quelld, quülld (Abend) sehr leicht als
ein Abkömmling von kwella, isl. quclla (ster-
ben, still u. ruhig werden, ruhen etc., bz.
Sterben machen, tödten, still u. ruhig machen
etc.) erklärt, iceil der Abend die Zeit der
Ruhe ist, od. die Zeit, wo Alles ruhig tcird
u. zur Ruhe geht u. wo auch die Sonne
ze reste, ze weste (cf. west) od. zu Bette
5 geht u. das Licht erstirbt u. erlischt. Das-
selbe Wort wie an. kveld (Abend, od. Ruhe
u. Feierzeit) ist auch das Schweiz., alemann.
kilt, älter chwilt, cf. darüber unter kilt in
Grimm, Wb., sowie auch unter kalni, was
10 (ef. nJtd. kam aus quam, goth. qam) dann
dasselbe Wort ist, wie as. qualm in der
urspr. Bedtg.: Ruhe- od. Stille- Zustand
u. woraus sich dann auch ergiebt, dass die
Bedtg.: Tod etc. aus der von: Buhe,
15 Scldaf etc. entstanden ist, bz. dass das goth.
qal (Ruhe etc.) auch der Stamm von quala
(Tod, Marter etc.) ist.
ku'iiler, kwcler, (Quäler.
kwJilere, kwelere, Quälerei.
20 kwäl^est, Quälgeist.
kwiilik, s. kwadelik.
kwalle, kwal, Qualle, Schleim-Molluske,
Meduse, ein gallert- od. geleeartiges Seethier,
daher auch franz. gelee genannt. Weiteres
25 s. bei Brehm, Thierlcben, VI, DSD seq. —
Das Wort kwalle od. qualle gehört wahr-
scheinl. zu kwellcn in der Bedtg. : ßiessen
etc. u. schwellen, aufschwellen, loeil der
Körper dieser Thiere aus einer aufgequollc-
30 ncn schleimigen lockern, Jtalbwrgs zerßies-
senden u. zerrinnenden 3Iasse besteht. Als
gallert- u. schleimartigc Blasse könnte es
indessen auch mit dem aus quaghel contrah.
quäl (s. unter keleii) connex sein.
35 1. kwalm, Qualm, dicker dichter schioerer
Rauch od. schwerer erstickender Dampf; —
d'r kumd so 'u kwalm üt de schörsteiii; he
is je wol in de brand; — de kwalm truk
mi so up de borst, od. d'r truk mi so 'n M
40 kwalm up de borst, dat ik d'r hast fan %
stikkde; — dat is hir so 'n kwalm, dat d'r
wol 'n bolthamer in drifen kan, — Fs ent-
stand aus dwalm (s. d.) wie kwer aus dwer
ti. Quehle aus Zwehlc, T wehte , bz. ahd.
45 dwahilla, cf. dweil.
2. kwalm, a) zusammengedrängte toirre
Masse od. Menge, wirrer Haufe, Kram ctc. ^
— dar stunden 'n helen kwalm niinskou bi
'n ander; — he smet hum de ganse kwalm
50 för de foten ; — h) lauter betäubender Lärm,
Spcctakel, Geschrei ctc. ; — he mäkd föl
kwalm (er macht viel Lärm u. Spcctakel,
erregt viel Aufsehen, ist ein Grosssprecher
u. Brahlhans, macht sich sehr wichtig, thut
55 sehr dicke etc.); — he fOrd so 'n kwalm
(führt solch ein geräuschvolles, verschwen-
derisches üppiges Leben), as of hum 't up
cnige düsend liel net ankumd. — In beiden
Bedtgn. wird dieses kwalm wohl dasselbe
GO Wort sein ivic 1 kwalm m. zwar einerseits
KWALMEN 433 KWAENE KWENE
als drehendes u. wirbelndes Etwas (cf. lat. u. der (jclblichen od. gelbgrünen Farbe des
turbo, a) Kreisel od. was sich dreht u. loas kwalster genannten Schleims u. des so be-
ivirbelt: — b) ivirrer Hanfe, Menge etc.), nannten Thieres fast annehmen sollte, dass
wirbelnde Bauch- od. Staubwolken etc. «. es dieselben Wörter seien. Vergleicht man
andererseits als betäubendes Etwas (qualm 5 indessen die Wörter külstern, kölsteni, kil-
hatte früher auch die Bcdtg.: Betäubung, stevü u. dass diese neben, stossend /tusten
Mansch etc. u, Opium als betäubendes be- od. hüsteln, ivie Brustkranke u. alte Leute
rauschendes Etwas), wie man auch sagt : thun, auch dieselbe Bedtg. wie kolstern u.
er macht viel Staub, od. regt viel Staub auf, qualstern (hustend u. hüstelnd den sähen
hz. er macht viel Dampf, ist ein Hans- 10 gelben, qualster u. kolster genannten Schleim
Dampf etc. — Vergl. auch Danneil u. auswerfen, cf. auch kotsen, kwatsen als
Br. W b. tvegen quüLhü in der Bedtg.: dumme schallmalende Wörter, ivie auch hosten
unwahre Reden, arge Uebertreibungen, viel selbst) haben, so scheint es doch, als ob
Lärm um Nichts, bz. Unlust, Misstrauen, qualster od. kolster urspr. eigentlich blos
Verwirrung etc., sowie dän. qualm (Qualm, 15 das ausgehustete Ettvas od. das durch den
Dunst, Lärm) etc. Husten entstandene u. erzeugte Product be-
kwalmen, qualmen, dick u. schwer ran- zeichnet u. der Stamm quälst od. kolst, kilst,
chen, dampfen etc. ; — de schörsten fange! kulst dieselbe Bedtg. tvie unser host hat,
an to kwalmen; — he kwalmd mi 't all' ful; tvie dies anscheinend auch durch das Verb.
— bekwalmen, mit Qualm überziehen ; — 20 kolster (s. in Grimm, Wb.) bestätigt wird.
dat glas etc. is so bekwalmd, dat 't gans Vergleicht man nun die verschiedenen For-
blau un blind is. men von kwälen aus tirspr. quilan, qilau
kwalmer, Qualmer, Einer der qucdmt. {}/ gal, gar), od. von kamen, kwam «ms
kvvalmig, qualmig ; — dat is, bz. dat rukd goth. qiman (]/ gam), so ist es fast zweifel-
hlr so kwalmig, dat man hast üt de ögeu 25 los, dass der Stamm kilst, kolst, quälst (ge-
riet sen, bz. dat d'r hast gen miiisk in düren bildet ivie Schwulst von schivellen, urspr.
kau. swillan, swal, swul) zu einem altern quellan,
kwäl-page (icörtl. ein page od. altes Pferd quillan, urspr. quelan, quilan, qilan (souare,
[alter Gaul], das viel gequält wird od. sich clamare etc. od. überhaupt ein unarticulirtes
viel quält), a) Jemand der viel gequält ivird 30 Geräusch machen) gehört, was mit gellen
od. sich viel quält, plagt u. abmüht, um galm etc., sowie auch ahd. queran (gemere
sein tägliches Brod zu verdienen; — he is etc.), challön (schwatzen), kerran (schreien,
un blift 'n släfe un kwälpage, so lauk as grunzen, wiehern, rauschen, knarren etc.),
he läfd; — b) Jemand der Andere quält bz. unserm kallen, kwarrcn, kurrein etc. (cf.
II. plagt; — he is 'n regten kwälpage; he 35 fl«<c/i k wellen, rou cmer ]/ gar) vo» der y gar
kan enmäl dat kwälen un plagen net lat(^n. (rausclien, tönen, schreien etc.) abstammt u.
— Nd. (Br.Wb. 111,383) quÄ\-\rdge (Karren- im schwed. quilla (pfeifen tvie junge Vögel ;
Gaul, ein Pferd, das schivcre Arbeit ver- ächzen, stöhnen, seufzen) noclt, lebt u. loovon
richten muss etc.). sich auch das von KU. angeführte quelen
kwalster, Qualster, dicker zäher gelb- 40 (gArr[re),qne\en (gemere)vielleicht?ierschreibt.
licher od. auch grüngelblicher Schleim, der Wegen der Bedtg.: husten fu(s sonare etc.
sich in Folge von Erkältung od. auch des cf. höst u. lit. kosu, von y ku (tönen, seuf-
übermässigen Genusses fetter Speisen im zen etc.), lat. tussis, von ]/ tus (tönen etc.)
Schlünde od. in der lAinge etc. bildet, sich u. ferner nhd. (G r i mm, TFö.^ kelzen, kelsen,
beim starken Husten u. Räuspern los giebt 45 kolzen u. deren Verwandte in ihren ver-
u. mit Geräusch atisgehustet od. ausgeivor- schiedenen Bedtgn.
fen u. ausgespuckt tvird. — Nid. kwalster ; Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass dieses
mnld., nd., mnd. qualster; älter ndrhein. Wort auch, sofern seine Bildung nicht sehr
quälst; nhd. qualster, kolster. — Im nd. alt ist, mit mnd. quälen, zerrinnen (s. unter
(cf. Schambach) hat qualster ausserdem 50 kelen) zusammenhangen od. von dem dort
auch die Bedtg. : a) Mensch mit dickem auf- erwähnten quäl weitergebildet sein könnte,
getriebenem Bauch u.h) Blattlaus, bz. (D a n- kvvalsterig, voll von kwalster od. viel
neil) Baumwanze (cimex), welche stinkt u. zähen gelben Schleim (kwakter) aufgebend
gelblichgrün aussieht, loie auch die Blattlaus u. auswerfend etc.; — he is so kwalsterig,
u. bei Schottet die vo« bruchus venenosus 55 dat he altid kwalstern mut.
od. stinkender Käfer. — Dieses Wort klingt kwalstern, qualstern, Qualster aushusten
formell so nahe an galster, soivie auch an u. auswerfen; — he sitt in geu goden hüd,
das mit galle u. gäl formell u. begrifflich he kwalsterd nii to föl.
verwandte ags. geeister (sanies, virus) an, kwam, kam; s. kamen.
dass man bei dem öftern Wechsel zu g u. k GO kwäiie, kwene, kwän, kwen, eine von
J. ten Doornkaat Eoolmaa. Wörterbuch. II. 28
KWANT 434 KWARRE KW AR
Natur od. durch Castration unfruchtbare figcr geriebener Patron, Schelm, Schalk,
Kuh. — Xd. (lUäne (junge Kuh, die noch Spassvogcl etc.; — hö is 'n regten lütjen
nicht gekalbt hat, od. zum er.<itrn Male kal- kwant; hö mag niks lefer, as aiulore lue Ha-
bet), mnd. (luone (alte.'t Weib); nid. kween fiiren un wat für de narr brnken ; — wat
(unfruchtbare Kuh od. Frau): »inld. qncnc 5 hebbea d»^ lütjc kwanten nu wt'r för schclm-
(vacra tanra, vacca sterilis; mulier vana, sträkon in 't sin? — 't sunt sükkc regte
meretrix); wfries. (Vrijc Fries X, S6) kwanten, de ferdomde jnngons, se weten sük
ijuene (altes Weib) ; wang. ([uän (junge Kuh, at'eral dörtolegen un wer üttohelpen. — Nid.
die noch nicht gekalbt hat) ; as.qnÄw (Weib, kwant (siiaak, schalk, guit, vroolijke gast);
Frau) u. quena (Weib, Ehefrau); ags. cven; 10 mnld. quant (scitus homo); mßäni. quant (un
aengl. cvtMi (Weib, Ehefrau, Königin) ; engl. honnne de t'aii;t, gallant, rustre); nd. (ß r. Wb.)
queen {Königin) u. ags. (L. Ettmüller) (luint (listiger, schlauer Vogel; lustiger
cvene (mulier, meretrix), cvine, cvyne (niulier) ; j)ossirlichcr 3[cnsch od. Schalk, Schelm etc.) ;
engl, (juean {Metzc, Vettel, liederliches Miid- vind. quant ( Windbeutel, Schalk, Schelm,
chen, Hure) ; n?j. kvän, kvaen ( IFc/V^, femina) 15 Fant etc.) etc. — Wohl zu 1 kwant, vergl.
u. kona, Plur. kvenna (Weib, Frau, Ehe- indessen Weiteres unter kwenteln.
frau, mulier); isl. quan, (luen, (luon (mulier, kwantje (Dimin. von 2 kwant), kleiner
marita, uxor) «. kona (mulier, tVmina) ; norw. loser Schchn etc.; — he is jo 'n kwantje.
kvinna u. kona; schwed. ([uinna n. kona; kwant-, kwants- wise, schalkhafter u.
dän. (luiiul, quinde u. kone (im ddn. ist 20 scherzhafter od, loser, fichlauer u. pfiffiger
kone die Gattin od. Ehefrau, wdhrend Weise, nur zum Spa.'^s od. Schein etc., nicht
(|uind, quindo i>i mehr verächtlichem Sinn im Ernst, um die Leute zu belustigen od.
das Weib bezeichnet, gerade umgekehrt wie zu foppen n. hinters Licht zu führen etc.;
im schn-ed., wo kona die Bedtg.: gemeines — he dcid dat man kwant wise, dat he siik
Weib, Hure etc. hat); goth. qen-s, qeiu-s 25 so all)ern un dum anstcld ; — he de (that)
od. qeni-s (uxor) ii. qinü (f'emina) ; ahd. quinä, kwantwise, as of he dat lilfde, wat se hum
quenä, chwenä, chenä ; amhd. chone; mhd. lertelden ; — hi> gaf kwantwise für, dat he
kone, kon ; md. kune, später mhd., östr. diin west was un d'r niks tan hürd un sen
kau, chan (mulier, uxor, cnnjux). Mit .<ikr., harr'. — A^*^/. quants-, (juans-wts ; »;«(/. quant-
ved. jäni (Weib, Frau, Ehefrau); griech. 30 wise; nid. kwaiiswijs; mnld. iiuantswys (eol-
gune (Weib, Ehefrau); apreuss. ganna; lusorie, illusorie); r/«;i. quanswis; ?j/ir/., oft^/v^
kslav. /ena (Weib); skr. gnä (Götter- Frau), quantsweise. — Compos. von 2 kwant (Schalk
zend. ghena,'^en& (Weib) ; pars., npers. 7.a.\i; etc.) u. wise, also nach der Weise u. Art
buchar., kurd. zen; baiisch zhon ; gäl. zlaö; eines Schalks od. kwants; od. Compos. von
afgh. ']\n\\ ^-«rm. zhin ; arm. kxw (Weib) etc. 35 1 kwant (gewandt, schlau, pfiffig, schalk-
ron der y gan, jan; zend. zan (zeugen, ge- haß etc.) u. wise.
baren etc., s. unter kennen u. könink) u. knappen, .s. kwabhen.
demnach urspr. die Erzeugende, Gebärende, kuappij!;; /. q. kwabbig, cf. kwabbelig.
Hervorbringende etc. kwar; s. kwarre.
1. kwant, gewandt, fein, gerieben, schlau, 40 kwark, eine wirre Masse od. wirrer Hau-
schliiiim, arg etc. : — he is ini tTds to kwant, fen von allerhand (Uten Sachen, nnbrauch-
as dat ik hum begBsken kan; — he is 'n bares, uinüitzes uierthloses Zeug, Plunder,-
liVfixntcn (feiner, geriebener, gewandter) ient\ Drrck etc.; — dar ligd so 'n lielen kwark
— dat is den dog to kwant (zu schlimm, i'an allerlei oldo pliinnen in de hiirn, de
arg, toll, bz. zu gelungen, scherzhaft, spass- 45 kanst du man upbrannen of up de mesfohl
haß etc.); — he is de kwantste (Gewand- brengen, de sunt dog net mer to bruken ;
teste, Schlauestr, Schlimmste, Geriebenste etc.) — dar best du de hele kwark; wat do ik
fan alle jungens. — Es i.st wahrscheinl., dass mit so 'n kwark nog langer upbargen. —
dieses Wort aus geioandt, ahd. ka-, ki-, Nd. i{\\\vk (werthlosc Sache, Plunder, Dreck,
gi-, ge-want, als dem l\äter. von ka-, ki-, 50 Koth) ; nhd. qiiArk (weicher Käse, KiUicmatte ;
gi-, ge-wintan (winden, drehen, sich wenden Koth, Sache ohne Werlh) ; ?«/«'/. twarc, twarg,
etc.) entstand, ivie auch bei Seh m. (cf. Neue quark (weicher Käse, Käsequark). — Es
Ausgabe II, 04.3 nnter g'wandt t(. !J44, 94.5 bezeichnet das Weiche, Zerriebene etc. od.
unter wenden) die Jesuiten die Quantesten durch einander Gewirbelte etc. u. ist formell
hei.ssen u. das V^erb. ver(iuenten als aus vor- 55 ilasftellie Wort wie darg.
gwentlen entstanden angesehen wird. Vergl. kwarken ; /. q. kurkhalsen, .s. daselbst
daselbst (I, VV.)')) auch (luenten, verquanten, <las Weitere.
soicie bei Vilmar (308) quanzen «. Wei- kwari'o. kwar, ein kleines schreiendes
teres unter kwenteln. Kind. — Das Sjjrichw. : „örst 'n parre un
2. kwant od. kwantje, ein schhtuer pfif- GO den 'n kwarre" soll eine Warnung vor ver-
KWARREN
435
KWAST
f ruhten ehelichen Freuden sein. — Nd. quarre.
— Zu dem folgenden :
kwarreii, laut schreien od. weinen, seine
Unzufriedenheit durch lautes Schreien etc.
äussern, murren, mit Anstrengung räuspern,
od. eigentlich einen knarrenden Ton hören
lassen, wie unser gnarrcn. — Nd., mnd.
quarren ; ahd. qneran etc., s. unter kurrein
u. karig.
kvväse, kwese, a) Meines Blutgeschwür,
Eiterheule etc. ; — b) eine durch Quetschung
entstandene Blase in der Haut, die mit
unterlaufenem Blut gefüllt ist, so)ist auch
blodbladder genannt; — c) Blasenicurm
(coenurus) im Gehirn der Schafe, ivodurch,
die sog. Drehkrankheit erzeugt wird. — Nd.
(Schambach) quese (dasselbe), (Dähnert)
quese (Eiterbeule), (Br. Wb.) quese, ein
Bläschen, ivelches durch Drücken, Kneipen
od. Klemmen entsteht; mnd. quese u. quase-
worm (Blasenwurm, coenurus cerebralis). —
Zu quesen , quessen (quetschen , stossen,
drücken, verletzen), bz. mnld. quassen (quas-
sare; motare, raobilitare; quatefacere, con-
cutere) ; engl, quash etc., aus tat. quassare,
falls es nicht etwa mit mnd. quasen (s. unter
kv/ast am Schlüsse) od. unserm kwetsen otc.
einem, agerm. Verb, quisan angehört.
kwSs-kop, Querkopf, verrückter Kerl. —
Hier kwäs wohl aus dwäs, wie kwer aus
dwer.
kwast, a. Quaste, Büschel, Troddel; —
de kwasten an 't behangsei ; — de kwast
tan de bedlicbter; — b. dicker Pinsel od.
Stange mit dickem Kopf von Schweinsborsten
(die mit einem eisernen Hinge zu einem
Büschel vereinigt sind) zum Anstreichen;
— Compos. : wittel-kwast, ter-kwast etc. ; —
c. Ast, liarle Aststelle im Holze, Knorren
= Ost; — d. (fig. wie ösl), ein fester, kern-
gesunder, starker, od. auch ein harter, hart-
köpfiger, eigenwilliger, bz. knorriger, krauser
u. wunderlicher Mensch ; — be is 'n barden
kwast ; — he is 'n kwast fan 'a kerel ; —
he is 'n wunderlikeu kwast od. 'n hauskwast
(od. ist kwast hier = dicker Pinsel u. so
= Schafskopf, Narr?). Sprichio.: därna
gast, därna kwast (je nachdem der Gast vor-
nehm od. gering ist, darnach auch die
Speisung, Bewirthung od. überhaupt die Be-
handlung u. Aufnahme); — därna man,
därna kwast (a. dasselbe; — od. b. je nach-
dem der Mann klein od. gross u. stark ist,
darnach auch das Stück Fleisch, Speck od.
Brod, das er bekömmt; — od. c. darnach
auch der Anstrich, Pinsel od. überhaupt
das Arbeitsgerälh). — Wie aus dem Fol-
genden hervorgeht, so ist die erste Bedtg.
von kwast die von: Zweig od. Ast, gleich-
viel ob belaubt od. nicht. Ans dem belaub-
ten Ztoeig entstand dann die von : Busch
od. Büschel im Allgemeinen u. hieraus (weil
das Kopfende eines belaubten Zweiges dicker
ist, wie das untere Ende u. sich rundlich
f) od. breit u. fächerartig ausdehnt) wieder
die andere, gleichviel ob der Busch od.
Büschel aus Blättern , Federn , Haaren,
Borsten od. sonstigem Material bestand.
Bezügl. des Sprichw. : därna gast, därna
10 kwast vergl. indessen noch unten das Wei-
tere. — Nd. (D ä h n e rt, S c h ü tze etc.)
quast (a. zusammengebunden, zu einem Büschel
vereinigte Binsen, Haare, Borsten etc. ; —
b. wunderlicher Mensch, Narr) ; mnd. quast
15 (Ast, Astknoten = unserm ost, s. oben) u.
quast, quest (Laub-, Zweig-Bündel, nament-
lich die die Scham verhüllende Laubschürze) ;
nid. kwast (Ast od. Knorren im Holz ;
Quast, Wedel, Troddel; Bürste, Pinsel; fig.
20 Narr); mnld. quast (peiiicellus; flabellum ;
nodus arboris, tuber, centrum, bz. ast, oest) ;
ahd. questa ; mhd. queste, koste, caste, quast,
chwast (Büschel, Federbüscliel ; die Scham
bedeckende Schürze urspr. aus belaubten
25 Zweigen od. einem Laubbüschel bestehend,
Badeschürze, Badehose, perizoma, lumbare,
femorale quo genitalia teguntur); norw.
kvast, kvost, kost; dän. kvast, kost; schived.
quast (Büschel, Besen). — Die Form quast
30 entstand aus älterem quest, queste «. dies
geht (cf. quek u. kek etc. aus quik) auf ein
altes Thema quista zurück, ivovon an. kvistr
(Zweig) ; norw. kvist ; schwed., dän. qnist
(Zweig, kleiner Ztoeig, Gerte, JRuthe ; Ast,
35 Knorren, Stelle im Baum, wo der Ast her-
ausgewachsen ist). — Der Stamm quist von
quist-a gehört aber wieder (auch das von
zwei weitergebildete Ziveig [cf. twig] be-
ruht auf der Bedtg.: Zweitheilung, Gabelung
40 etc., bz. darauf, dass sich der Baum in
Zweien theilt od. eine Theilung macht u.
eingeht, sich von einander trennt etc.) mit
an. kvisl (kvisel, Thema kvis-ala); isL quisl
(ramus arboris, flnmiuis, prosapiae ; furca;
45 rostrum vel bipalium) ; norw. kvisl (kloeft ;
elvekloeft, green eller arm af on vandstroem
etc. ; green af en slaogt etc.) etc. zu einem
verlornen germ. Verb, quisan, quas, quus,
quusun ; goth. qisan, qas, qus, qiisun (s2jal-
50 ten, theilen, zerthcilen, tretmcn etc.), loas
vielleicJd (vergl. Weiteres u)der kwispelii u.
kwisten) mit ags. cvissan od. auch mit un-
serm kisen (sich .'ipalten, klaffen etc.) etc. zu
einer idg. y gas (cf. goth. qiman, qam von der
55 y gam) od. besser vielleicht mit kesen, goth.
kiusan zu der y gus, gvas in der urspr.
Bedtg. : spalten, beissen, kauen, essen etc.
(s. unter keson, kisen u. küse u. cf. auch
kwisten) gehört, da norw. kvast, kost formell
60 dasselbe wie nhd. kost (Speise, Nahrung etc.,
28*
KW ASTIG 4S6 KWAETELN KWETELN
bz. das zcas gegessen tvird) u. ahä. kust, Kerl); — 'ii kwastig stük brod (ein derbes
chust (Prüfung, Schmeckung = sinnl. zer- festes od. dickes grosses Stück Brod); —
beissen mit den Zähnen, um etwas zu 'n kwastig stük arhenl (ein derbes od. schive-
schmecken u. zu prüfen) ist. Zu der Bedtg. : res, bz. schwer zu verrichtendes Stück Ar-
beissen, kauen, essen etc., bz. Etwas mit den 5 heit) ; — 'u kwastigon sake (ci)ie schioer zu
Zähnen zerspalten, zerbeissen, zerkauen, zer- oti wirrende, verwickelte Sac]ic) ; — dat äteii
kleinern, zermalmen, zerdrücken, zerquetschen is mt to kwastig (derbe, krdftig, fett) ; —
etc. u. so Etwas veressen od. fressen eines dat is im to kwastig (zu schwer, bz. zu kraus
alten Verb, qiüsaii, qiias, tiuiis, qiinsun, bz. u. verwickelt); — dat kiuiid mi wat kwastig
kwisaii, kwas, kwus, kwiisuu geltören dem- 10 (kraus, verwickelt) för. — Xld. kwastig;
nach wohl auch: mnd. qiiäs, quaos, qiias mnd. (iiiestig (astig, knorrig etc.).
(a. Fre.-i.'ien od. das jvas gefressen wird, die kwätelii , kwetolil, viel sprechen od.
Speise, der Fra.'<s; — b. Fres^serei, Schwel- schundzen, langweilig u. albern sprechen,
r/OT/, Sc//)«rt».s<';7'/), qiiasen, qiiasseii, qiiatson dummes, albernes, ki)idisches Zeug reden;
(fressen, schivelgcn etc.), qiiascr (Fresser, 15 in kindischer od. süsslicher, kosender u. zärt-
Schlemmcr etc.); nd. (B r. Wb.) qiiaseii liciier Weise sprechen od. plaudern, wie dies
(Fressen, übermässig essen, hineinwürgen, wo: z. B. oft Kindermädchen, Ammen u. Gross-
„daar kan hö in qiiaseii" dasselbe besagt, matter zu u. mit kleineren Kindern thun ;
als wie unser: „hc kan d'r in gröseii, od. — sc kwäteld ni't as 'n old wif; — du mnst
geräuschroll u. rauschend essen"), (Schütze 20 not altid so fBl mit de kinder kwätolu uii
etc.) quosen (langsam kauend u. mit den köseln ; du kanst je ürdriidlik mit hör proton.
Ziihnen zermalmend essen), qiwson (siclähar — Auch sahst.: ik kan dat kwätehi net
zermalmen), (Scham bach) quiisen (gern, langer mit anhören. — Daher: kwiltel, kwetel
od. unmässig essen, fressen etc.), falls diese (alte schwatzhajte Person, Per.'<on die viel
Wörter nicht etwa mit mhd. qnäzen (schlem- 25 dummes, albernes, kindisches Zeug od. in
men, pra<isen), quäz (Prasserei, ScJdemmerei, kindischer Weise spricht) ; kwiiteler, kwe-
Gasterei, Gastmahl) einer ganz anderen y teler (alberner Schwätzer) ; — gekwätel od.
angehören (etwa derselben J/ wie kwatsen kwatole (kindisches, cdbernes Gerede etc.) ;
u. kotsen od. Jcwctsen V) (/. sich urspr. blas — kwätelig (schwatzhaft, plauderhaft, red-
auf das laute Geräusch (vielleicht auf das 30 selig etc.). — Nid. (v.Bale) kwetehni (das-
Schmatzen eines gierigen u. leekerhaften selbe od. auch vom Geschrei od. Gezwitscher
Fressers) bezogen, welches durch das Zer- der Schwalben) ; m nid. qnodo]on {gurvivo, mo-
kauen, Zermalmen, Zerdrücken etc. (cf. auch duiari ; niinutizare; vernare giitture; (jueri, in
unser 1 u. 2 grösen, .^owie gröslg etc.) der Bezug auf die Vögel) ; mnd. (lucdclon
Speisen entsteht. Ferner vergl. auch nd. 35 (schwatzen). — Wohl Jt erat, von mnd. qm'dea;
(Br. W b.) quasoii , qnassen (plaudern, rt.s. quethan, quedhan, quedan ; «(/.'?. cvedlian ;
schwatzen etc. = unserm küselii), ivas so- aengl. cvedhen (wovon engl. quotU); afries.
wohl mit kosen ident. sein als auch auf kwetha, bz. quetha, queda ; nfrics. quedon
einen Sch(ülsta)nm qwdt, ahd. qua-/., idg. kud, (cf. auch Ehren traut I, J^iSO nfries.
kand zurückgehe)/ kann. 40 quatliin vom langweiligen Gespräch) ; sali.
Zum Sehluss sei übrigens noch wegen des quede; wang. quider (sagen, sprechen); an.
zu kwASl angeführten Sprichw.: „diirna man, kvedha; «o/-«'. kveda; dän. qaaeAe; schwed.
därna kwast", od. „därnagast, därua kwast" quaeda (sagen, sprechen, aussagen, verkün-
bemerkt, dass solches tvohl zuerst in den den, dichten, singen) ; goth. qilhim, qiith etc. ;
Barbier-Stuben entstanden ist, wo je nach 45 ahd. qiiedan, qhucdau, quhedan, chwedan,
dem Range der Gäste bessere od. geringere quethan, chwtthan, qiieden ; amhd. (juedcn,
Quaste zum Einseifen gebraucht wurden u. chedeii, qnoden, choden ; Wtr/. queden, chedeu
dass es dann später auch auf andere Ver- (sagen, sprechen, nennen, meinen, bedeuten,
hältnisse übertragen ist. d. h. urspr. lauten. Laut od. Ton machen,
kwastig ; /. q. knüstig, cf. kwast sub c 50 cf. lüden), von des.'^en Präter. qnatb, (juadh
u. dann auch die fig. Bedtg. von kwast, die etc. (bis ahd. (([iiatlijaii, qiietjan), cliwettaii,
sich auch hier in kwustig wieder findet; — quetten, clietten, choten ; «r/s. (ineddjan ; an.
'n kwastigen böm (eiyi ästiger, knorriger, bz. kvedhja (ansprechen, anreden, grüsscn, be-
dicker, klotziger, klobiger Baum); — 'n grü.i.^en ; segnen) etc. toeitergebildet ist u.
kwastig stiik holt (ein knorriges kraus ge- 55 toozu auch an. kvadha (petitio, actio debiti),
wachsenes, .schwer zu spaltendes u. zu be- kvaedi (Gedicht, Lied), kvidba (Gesang,
arbeitendes od. auch ci)i derbes u. schweres Lied, Gedicht, Erzählung, Sage) etc. etc.
Stück Holz); — 'n kwastigen kerel (a. ein gehören. — Nach Fick von der idg. Y g».,
dicker, fester, derber, gesunder, kräftiger skr. gä, gäyati (schallen, lauten, tönen, sin-
etc. Kerl ; — b. ein krauser wunderlicher 00 gen) wie stath von sta. Da indessen die
KWATJE
437
KWATSKN
gerni. y quath ebenso wie ^n od. ^k selbst
auch ein Schallwort ist u. Schallstämme
sehr oft unverschobeii bleiboi, so kann man
für qithan (surfen etc.) auch ebensogut die
y kat (souare, clainaro etc., bz. Geräusch
u. Lärm machen, lärmen, .schwatzen, schel-
ten) = skr. katth u. kath (laudaro, extollcre,
gloriari, se jactare od. laut schreie)t, prah-
len, rühmen etc., s. unter galm wegen galan
u. cf. galp, galpen etc.) u. kath (diccro,
loqui, memorare, iiarrare) ansetzen, wozu
ausser unserm kwattol, kwatteln, kwiddern
etc. auch wohl an. kvidlia (bekümmert sein,
sorgen, klagen, Jammern etc); sckwed. quida
(stöhnen, wimmern, loinseln, wehklagen) ge-
hören könnte. Sonst vergl. auch noch die
am Schlüsse von kwatsen erwähnte ]/ gad,
die aber ivieder im Auslaut nicht zu germ.
quath stimmt.
kvvatje, alberne, thörichte Person. Das-
selbe wie dwatje n. ivie kwer aus dwer, so
aucJi hieraus entstanden.
kvvatjen, albern sein, sich albern u. thö-
richt geberden, albern u. dumm sprechen
etc. — Zu kwatje. cf. indessen auch kwat-
tehi u. kattern, kwatsen etc.
kvvating, koting, ein grobes, dickes, rau-
hes Wollenzcug, hauptsächlich zu Röcken
gebraucht. — T^ngl. coating u. mit ing weiter-
gebildet von engl, coat (Rock, Ueberrock,
Frauenrock, Decke, Bedeckung, Fell, Pelz,
Haut, Rinde, Ueberzug etc.), was dasselbe
Wort ist wie aengl. cote ; ahd. cozo, cozzo;
mhd. kotze, bz. ahd. choz, koz, chozza u.
ahd. cuzi, cuzin; mhd. kutze, kutz (grobes,
zottiges Wollenzeug ; Decke, Mantel, Kleid).
Weiteres vergl. in Grimm, Wb., unter dem
4ten Kotze u. cf. kate, kote etc.
kwatsen, ein schallnachahmendes Verb,
wie klatsen (klatsthcn), gebraucht in der
Bedtg. : a) schioatzen, plaudern, ausschivatzen,
an die grosse Glocke hängen, verrathen;
— b) mit lautem Geräusch od. krachend ti.
schmetternd schlagen, werfen etc. ; — he
kwatst dat an de wand od. up de grund,
dat 't in düsend stükken flügt; — he kwatst
hura an de ören, dat liiim de kop brumd ;
- c) brechen, ausbrechen, vomiren = kotsen ;
— he kwatst 't all' wer üt, wat he in de
mage hed. — Wie klatsen u. nhd. klatschen
eins ist u. für ursjrr. klatan u. klazan steht,
bz. einem Stamm nd. klat, ahd. klaz ange-
hört, so ist auch kwatsen u. nd., nhd. quat-
schen (cf. kwatsk etc. u. der Form wegen
klatskern) urspr. eins u. von einem Schall-
stamm nd. kwat, ahd. kwaz weitergebildet,
der mit kat in kattern etc. u. kwat in
kwattel etc. von Hause aus wohl ident. ist
u. beim Vergleich von klatsch zu unserm
klat, oberd. klaz auch der Stamm von nhd..
oberd. (cf. Grimm, Wb.) kätsch, kctsch
(breiartig weich etc.) u. katschen (mandu-
cando sonum ederc) ist, wobei sich die sonst
zu kätsch u. katschen angeführten Bedtgn.
5 von selbst aus unserm klatte ergeben.
Was nun aber den Stamm kat, kwat be-
trifft, so kann man dafür sowohl idg. kad
(ds gad atisetzen. Die erster e (cf. kand, kad)
giebt Popp mit vocare, clamare, flero u.
10 (cf. kad) mit commoveri, ijcrturliari, terrcri,
während er 1 gad mit diccre, loqui (cf. zcnd.
jad, flehen, bitten, bz. fragen) u. 2 gad mit
tonare übersetzt, ivobei zu bemerken ist, dass
Ben feg zu gad (to recite ; to speak) ge-
lb rade goth. qithan etc. (s. unter kwäteln)
stellt, ivährend Popp es von skr. kath
(dicere, loqui, memorare, narrare) ableitet,
die mit katth (laudare etc.) auf idg. kat (s.
unter kwäteln am Schlüsse) zurückgeht.
20 Zu kwatsen, bz. urspr. quatau od. quatjan,
ahd. quazjan (nach klakjan, von klak), bz.
dem Stamm kwat, aJid. (inaz, verstärkt kwats,
nhd. quatsch vergl. ausser kwetsen (quet-
schen), kwatteln, kwatteru, kwettern etc. ii.
25 den oben schon angeführten Wörtern nhd.
kätsch, katschen (cf. Schm., Adelung,
Weigand etc. wegen der Wortgruppe
quatschen, quetschen, quitschen etc. u. bei
ScJtm. auch quittein, quiteln, vom Ruf od.
30 Geschrei der Gans, des Hahns etc.) auch
engl, quash (zerschlagen, zermalmen, zer-
drücken, quetscheti, zerquetschen, breiiocich
machen) u. quatsh (verrathen, ausplaudern
od. klatschen etc., s. oben sub a), wobei man
35 heim Vergleich von engl, quash (schüttern,
erschüttert tverden, einen Stoss bekommen,
schioanken) auch an einen Zusammenhang
von quash (zerschlagen etc.) mit lat. quasso
u. quatio denken könnte, ivelche Wörter
40 Fick mit unserm sclnulden zu idg. (1,818)
skut stellt. Da aber der Zusammenhang von
lat. quatio etc. mit skut doch ziveifelhaft
ist, so ist es auch sehr leicht möglich, dass
aucJi quatio, quasso etc. zu einer y kat
45 (i^onare, crepitare, bz. tonare, clamare, canere
etc.) gehören, tvoraus die Bedtg. : Stoss od.
1^ '^ff (^f- pif-paf-puf als Schallstämme) sich
von selbst ergiebt u. wobei noch zu bemerken
ist, dass Fick zu y kat (lärmen, schivatzen,
50 schelten etc., s. unter kwäteln am Schlüsse)
auch griech. kötilos (geschwätzig), kötillö
(schwatzen, plaudern) stellt u. loozu ausser
griech. kötiläs (Schwalbe, cf. unter kwäteln
auch das nid. kwetelen vom Zwitschern od.
55 lärmenden Geschrei der Schwedben, sotvie
bei Schm. quitschen, quitschern = zwit-
schern), kötalos (eine besondere Art von
Gesängen) dann auch griech. kötalis (Stoss-
keule, bz. Ding, womit man stösst,
60 schlägt etc.) gehören könnte.
K^YATSK KWATSCII
43S
KWATTEL KWARTEL
kwatsk, kwatsdl, quatsch; n) laß', albern,
dumm, iDisifniiij, verdreht, tviderliaari;/ etc. :
— be is to kwutsk, as ilat man ürdemllik
mit hum protcii kau; — 'ii Uwatsken (laffen,
albernen, bz. unsinni(jen verdrehten etc ) 5
fent; — kwatsk tilg jiroteii (laffrs albernes
etc. Zeug reden); — he is so kwatsk uu
ferdreid, dat d'r iiiks mit hum ui)tost(lleii
is; — b) mürbe, weich, scJunutci;/, dreckig,
breiweich, bz. zerquetsciU, zerstampft etc. ; 10
— dat is so kwatsk, dat man d'r hol nrt
up kauon bi^ft; — 't is so kwatsk to U")pen,
dat man d'r bit an de onkols insakd ; —
c) wie zerquetscht od. zerdrückt, zerschlagen
etc., bz. mürbe, elend etc.; — ik Min so 15
kwatsk un ök-nd to mode, dat ik navgends
gen liist an hcbb'. — Nd. (Danneil)
quatsli (unsin n ig , albrrn) , (I) a n n eil ,
Scha m b a c h etc.) (juatsch (Matsch, Patsch,
bz. eine durch Druck, Stoss od. Zerquetschung 20
od. auf sonstige Weise entstandene weiche,
breiartige, kothige u. halbßüssigc 3[asse,
aufthauender Schnee, Roth, Schlamm, cf.
bei Scham bach auch Klatsch in der-
selben liedtg.). — Sofern dieses Wort nicht 25
etwa theilweisc mit kwäd (schlecht etc., cf.
bei Schambach quadsch, übel) u. quat
(Koth, Dreck etc.) zusammenhängt, ist der
Stamm kwatsk od. quatsch zugleich Schnll-
stamm u. urs}>r. Stamm von quetschen. 30
(cf. kwetsen) u. (wie nhd. klatsch od.
Klatsch aus «(Z. khit, ahd. klaz) wohl aus
nd. quat, ahd. quaz entstanden, ivie unter
kwatseu das Weitere zu vergleichen ist.
Davon Verb.: nd. (Br. Wb.', Schütze, 35
S c h a m b a c h, D ä h n crt, D a n )i e i l) quats-
ken, quatschen, bz. quaskcn, (|uassen, nhd.
(We igand. Ad elung, Schm. etc.) (juat-
schen (im Quatsch gehen od. hantieren;
kothig sein, bz. einen ähnlich wie quatsch 40
od. klatsch etc. lautenden Ton u. Schall
dadurch hervorbringen, wenn man in einer
feuchten, weichen klebrigen Masse mit Hän-
den u. Füssen arbeitet od. indem man die-
selbe drückt, knetet u. tritt, bz. wenn man -15
einen weichen elastischen Körper mit Gewalt
woran u. icorauf schmettert) u. das Ädj.
quatschig (schlüpfrig, kothig, dreckig etc.)
etc., sowie auch wohl nd. (Scham bach)
quadschen (unsinnig, verkehrt etc. od. un- 50
verständlich sjjrechen). — Die verschiedenen
Bedtgn. von quatsch als Adj. u. Subst. er-
klären sich Wühl daraus, dass dasselbe in
ähnlicher Weise wie khik u. klat (cf. kladde,
klattc, klits, klats etc.) od. wie matsch u. 55
patsch aus sonus etc. auch dir liedtg.:
macula etc. u. Bruch etc., bz. wie klap auch
die von : schallender Schlag od. Stoss ent-
toickelte, während aus Stoss u. stossen dann
wieder die Bedtg. : Quetsch u. quetschen GO
hervorgegangen sein ioird. Erklären lassen
sich die Bedtgn. von quatsch, matsch (f.
patsch als weicher, breiiger Zustand u. wei-
ches breiiges Etuuts {s. oben) aber auch
daraus, dass man beim Hären eines durch
diese Wörter bezeichneten Schalles einestheils
an die Ursache od. den Vorgang (nämlich
den Stoss, Druck od. Schlag etc., bz. das
Stossen etc.), wodurch er erzeugt icurdc od.
entstand u. anderentheils auch zugleich an
den Zustand d er je n igen Körper dachte,
worin diese durch einen mit quat. verstärkt
((uatsh (od. Klatsch, ahd. khiz) bezeich-
neten Stoss od. Schlag etc. versetzt wurden
od. an dasjenige, loas mit denselben durch
einen «luatsch (od. Klatsch etc.) geschah.
Bezüglich des nd. (Br. Wb.) quaddern
(quatschen, manischen, kneten) sei noch be-
merkt, dass das inlautende „d" statt „t",
vom Stamm quat (cf. kwatseu), sich beim
Vergleich von kladde u. klatte, vom Stainm
klat, leicht u. tingesucht erklärt u. dass
also auch dieses quaddern mit k watter u zum
Stamm quat, kat gehört, der Ja auch auf
älteres (|uad, kad (idg. gad) zurückgeht od.
zurückgehen kann u. auch wohl uiiserm
1 u. 2 kwäd (älter ((uadä «. quadi), kwadder,
kwildcr, kwedder, kwatter, kwctter etc. zu
(r runde lief/t.
kwiittel, kwartel, Wachtel. — Xld. kwat-
tel, kwartel; innd. ((uattele ; ahd. quatala.
— Daneben auch: nid. kwakkel; mnld.,
mnd. quattele, tvovon wohl (Diez I, ."^36)
ital. quaglia; aspan. coalla; prov. callia;
afranz. quaille ; franz. caille ; aengl. (luailc;
engl, quail ; chw. quacra; miat. quaquilla.
— kwakkel od. quackele etc. gehört zu
kwakkeu, bz. dem Schallstamm kwak u.
kwattel; ahd. quatala ist tvahrscheinl. (s.
indessen unten) entweder mit kwäteln u. ahd.
quethan (quatli, (|uat) od. mit kwattelii con-
nex, wie 1 kwatter mit 1 kwatteru u. kwit-
tern, bz. dem Schall.'<tamm kwat (cf. kwatsen),
da auch diese Benennungen der Wachtel
ebenso tvic kütjenblik onomat. sind u. sich
auf das Geschrei od. den Buf derselben
beziehen. Das ahd. wahtala (wovon nhd.
Wachtel tt. cat. guatila od. guatela ; wal.
gnala) betr., so kann dies )iur dann mit
quatala aus einer u. derselben Grdform ent-
standen sein, wenn Letzteres für älteres
qualitaia stellt u. dies mit dem Suffi.r ala
von einem zu quaken (reddere sonuni instar
anseris et coturnicis etc., s. unter kwakkcn)
geliörenden Stamm quaket, (juakt (hat gc-
q nackt) tveitergebildet wurde, wie Ja ahd.
„ii", nhd. „ch" (cf. schwed. wnktt^l = Wachtel,
sowie \\Ak.cn=w ach en) für altes nd. ,.,k^steht.
Wegen des Anlauts „w" aus „hw" u. dies
aus „k\v" cf. das beim Anlaut „kw" Gesagte. J
KWATTELN
439
KWEDDER KWAEDER
kvvatteln, viel u. laut sprechen, schwatze»,
plaudern, plappern, bz. ein lautes Geräusch
machen etc. Davon Subst. : gekwattel, kwat-
telle (Geplauder , Geplapper , Plauderei),
kwattolmärs (schwatzhafte od. plaaderhafte
FersoH, Vlappermaul etc.). — Nd. (D ah-
ne rt) kaddeln u. (cf. Seh. u. L. unter
quackelie) quattelen. cf. 1 kwattern, kwatjeii,
kwatseu «f. kwätelu, mit welcli Letzterem es
beim Vergleich von hess. (Vilmar) quattclii
(Schallwort vom Geräusch kochender od.
brodelnder Sachen, namentlich des Breis,
der Sujipe), sowie unserm prötjcn, pröttelu
u. proteii auch zu quetbau, bz. quitlian,
quath (sprechen etc., urspr. lauten) gehören
kann.
1. kwatter, Staar. — Zu l kwnitovu, wie
bliitter zu blutterii. — cf. auch hess. (Vil-
mar) qiiatter (kleiner unruhiger, queck-
silberiger, bz, lärmender Mensch).
2. kwatter, kwettor u. auch kwaddor,
thierischer faider stinkender Schlei)», Jauche
etc. ; — de kwatter flügt d'r man so üt. —
Es ist ivohl dasselbe Wort wie nd. (Scham-
bach) qiiader (hervortröpfelnde schmutzige
Flüssigkeit); mnd. (Seh. u. L.) koder
(flegma, pituita) ; nhd. (Grimm, Wb. V,
1.569) koder, köclcr (pituita, zäher Schleim,
Ausicurf), was beim Vergleich von köt u.
kwäd, bz. an., ist. quoda, kod (s. unter kwäd)
vielleicht mit quäd ti. köt zusammenhängt,
falls es nicht mit ahd. quadilla (pustula etc.,
s. unter kwäd u. cf. 2 kwedder) zu einem
mit skr. gaudha (Knoten, Knolle, Knäuel)
zu einem von der y gadb (urspr. : sonare,
crepitare u. dann auch schlagen, stossen,
puffen, quetschen, verletzen etc., s. unter
kwäd) stammenden ahd. quada, quata (Beule,
Kiterbeule) gehört, od. mit an., isl. quoda,
kod (eiterartige, (Ucke, gelbe Masse, s. unter
kwäd) zusammenhängt. — Desgl. cf. auch
aengl. (St r atman n) quiter, quetter (sanies),
was dort auch zu germ. kwater, kwader,
koder verglichen wird u. dazu auch unser
2 kwetter etc., sow/e Weiteres anter 1 u. 2
kwedder.
1. kwattern, schwatzen, Schwätzern, plau-
dern, zwitschern, od. blättern, wie z. B.
auch der Staar. — cf. kwatteln u. nid.
kwetteren, welches v. Dale mit praten,
snappen, kakelen erklärt, sowie hess. (Vil-
mar) quatteru (strudeln, bz. rauschen, gur-
geln etc.). Ferner cf. koddehi u. köddern
■in Grimm, Wb., soivie mnd. (Seh. u. L.)
köderen, kodderea mit den Nebenformen:
nd. köddern, and. cotren, coddern, ky deren
u. wang. quiddern, was dort von Dr. Lübben
zu quedan (cf. kwäteln) gestellt wird, nach
nid. koeteren aber mit koeten (s. unter
kuderwälsk) connex sein kann, wie desgl.
auch mit unserm, kwiddern od. kwittern,
kittern, kattern vom Schallstamm kat, kit,
kwat, s. u)iter kwatsen, kwatsk ii. kwcttern etc.
2. kwattern, thierischen faulen Schleim
5 etc. ab.'iondern, im Schleim od. ähnlichen
Schmutz hantieren. Zu 2 kwatter wie nd.
(Br. Wb.) quaddern (manschen etc.), Scham-
bach) quadcru (a. in zahlreichen Troptfeu
hervorkommen, hervortröpfeln , z. B. vom
10 Eiter etc., wenn eine Eiterbeule gedrückt
ivird, od. loenn das Wasser tropfenweise
aus dem Boden quillt etc. ; — b im Wasser
hantieren) zu dem daselbst angeführten nd.
quader.
15 kwedder, kvväder, Randbesatz, Saum-
besatz, Bandeinfassung, borten- od. gurten-
artiger Saum, od. eigentlich ein Streifen
Zeugs, der auf die Kante eines Kleidungs-
stücks gesetzt tvird. — Wang. quitber (Saum
20 od. Besatz); nd. (Br. Wb., D ähner t)
quadder, quarder, (D a n n e i l) quärl (d. i.
die Einfassung eines Kleidungsstückes au
den Stellest, "'O es dicht um den Leib od.
ein Glied schliesst u. mittelst Knopf od.
25 Haken festgemacht 10 er den soll) ; mtid. (S eh.
u. L.) querder , querdel , quarder , korder
(dasselbe u. auch ein schmaler Streifen Sohl-
leder, der in die Kappe eingestochen wiril,
intercutus; pictaciura, dicitur modicum corio-
30 lum, läppe, vel dicitur illa pars corei, dum
insuta est et solet repedari ; liripipium ; id
quod sutor ponit iuter soleam vel cooper-
torium calcei) ; mnld. (KU.) quardel, querdel,
(segnien corij ; ligamentum calcei rüde ; lorum
35 duriusculum ; rudis ora calcei) ; mfläm. quer-
del (Heu rüde de souliers). Davon Verb. :
nd. (Dähnert) quardern (Leineivand od,
anderes Zeug mittelst kleiner Falten an
einem Bande ins Enge nähen, dass es um
40 den Leib, Hals od. die Hände passt u.
fest geknüpjft u. gehakt iverden kann) ; mnld.
(KU.) querdelen (dura et nodosa fila nere) ;
mfläm. querdelen (coudre les semelles des
souliers); Subst.: mnd. (Seh. u. L.) querde-
45 linge; mnld. (KU.), mfläm. querdelingheu
(coupons ou tacons de cuir) , sowie das
Compos. : mnld., mfläm. querdelsnyder f/row. ;
Schuhmacher, Schuhflicker, bz. Flickschnei-
der). — Die Bedtg. dieses Wortes als Zeug-
50 streifen u. als Jjederstreifen ist zweifellos
die von : Fleck, Flick od. Lappen, Lumpen,
Fetzen etc. u. sei über die Entstehung u.
Verwandtschaft dieses Wortes das Folgende
bemerkt:
55 Da nur blos von nhd. Köder (esca) die
Entstehung aus ahd. querdar (amhd. chor-
der, cbordir ; mhd. querder, körder, korder,
cliörder) als ivahrscheinlich (s. indessen Wei-
teres unten) angenommen werden kann u.
60 neben quardel, querdel od. querder auch
KWEDDER KWAEDER
440
KWEDDER KWAEDER
schon früh die aus qiu\der, qut'der entstan-
denen Formen koder (cf. bei Lex er auch
mhd. köder, FUcklapycn von Leder od. Tuch),
so iM es jedenfalls sehr fraglich, ob (nuir-
der, querder, qiicrdel nicht aus eiiier urspr.
Fort» qiiadiira, 6^. qiiadala entstand u. dem-
selben ein einfaches Thema (niuda, quoda,
koda ». eine y qiiad, qiiod, kod lursjir.
genn. kad, i:ad u. diese ausidg. jjadh, ;;;nK]li
icie kamen, kwani von gam) ^» (irunde laij,
welche ebenso wie klak, klap od. klat etc.
(s. unter kwatsen, kwetseu etc.) eine Schall-
wurzel icar u. aus sonare, clamarc, cantaro,
crepitarc, bz. sonus, clamor, cautiis, cropitus
etc.) die Bcdtgn.: Schlag, Stoss etc.; Bruch,
Riss, Spalt etc. od. Wunde etc., durch
Schlag od. Stoss etc. entstandene Beule, blut-
unterlaufene Stelle, eiterndes Geschwirr etc.,
od. durch einen Schlag od. eine Quetschung
entstandene Blutblase (cf. kwiisc), sowie fer-
ner die Bedtg. : Fleck od. macula etc. etc.
entwickelte, ganz zoie dies auch neben vielen
anderen Bcdtgn. bei: flok, flik, flekkea,
flikken, flikkL'rn otc. von der y flak u. plak
= plajr, planu; (cf. flek etc.) od. bei den zu
klak od. klat gchdrenden WiJrtern (cf. klak,
klakken, kiik, klikkoii etc. od. kladde Ptc,
klatte, klator etc. od. klittor etc.) u. andern
von Schallstämmen abgeleiteten Wörtern der
Fall war.
Dieses vorausgeschickt, so halte ich dafür,
dass beim Vergleich von flek, flik etc , sowie
klak, klattc etc. zu einem germ. Stamm kad
od. quad (Nebenform : kid, qtiid, — ked,
qued, — kod, kud, quod) zunächst als Schall-
stamm od. Schallwurzel = idg. gad or/. gadli
(s. unter kwäd u. cf. auch mtid. köderen,
kodderen, schwatzen, klatschen, klappen etc.
unten am Schlüsse) als SchallbezcicJinnng u.
als Bezeichnung dessen, toas bei einem damit
bezeichneten Geräusch (sonus, crepitus) vor-
geht u. entsteht, gehören :
a) das (cf. bei Schütze: qiiarl a».s (juar-
del u. dies aus quaddel, — scharre, scharde
aus schadde, schade, ahd, scata — od. harr'
aus hadde) tvahrscheinl. «w.s quad;ira ?/. ([ua-
dala entstandene obige (juader, quadder,
quadel, quaddel, (juardcr, koder in der liedtg.:
Flicken, Lappen, bz. Fleck, Flick, Fetze etc.
als Weiterbildung eines alten Subst. quada,
koda, was auch dem mnd. (Seh. u. L.)
koddeu (flicken, ausbessern,repariren), kodde-,
kod-wcrk (Flickwerk, Ausbesserung, Repa-
ratur) ; nd. (Dähnert) kodder in oldkodder
(Ältflicker, von Schneidern u. Schustern) zu
Grunde liegt, wobei aus dem in Grimm,
Wb., aufgeführten Köder (Schusterwort),
sowie dem Ortsnamen Köder s d o rf etc.
erhellt, dass das Schusterwort Köder od.
quader, queder nicht von diesem Koder
(Läppten, Fetzen, bz. Fleck, Flick etc.) ver-
schieden sein kann u. dass unser kwedder,
k wilder als Itandbesatz urspr. auch die
Bedtg.: „Lappen, der auf Etwas gesetzt
5 od. genäht wird", hatte;
It) <las gleichfalls aus einem Subst. quada,
koda hervorgcganffcne ahd. quadilla, nhd.
quaddel (pustula, papula, (/. 2 kwedder) u.
nd. {Schambach) quadel (eine unschein-
10 bare entzündete Anschwellung der Haut),
(Schütze) quarl, bz. quaddel (rothe ent-
zündete Liculc von Mückenstichen, Nessel-
brennen etc.), ivas wohl urspr. die Bedtg.:
Beule od. Blatter (cf. bule, kwiisc etc.) hatte
15 u. dann ein durch qund, kod in der Bedtg.:
Schlag, Stoss, Druck, Quetschung (cf. auch
2 kwetter) entstandenes Etwas bezeichnete,
falls es nicht etwa mit 2 kw-atter od. kwad-
der; nd., mnd. koder (Ausivurf, Qualster);
20 tnnld. koder (saliva, phlegma, pituita) ; nhd.
koder (pituita od. fauler stinkender Schleim,
bz. Botz od. gelbe eiterartige Masse, cf.
kwalster) auf ein zu quad, kod (cf. klak u.
ahd. klaz »H^er kladde, klatte) in der Bedtg. :
25 macula etc., bz. Schmutz, Schmiere, Dreck,
weiche schmutzige od. klebige Masse gehö-
rendes Subst. quada, koda in der Bedtg. :
schmutzige Flüssigkeit, bz. Jauche od. Eiter
etc. zurückgeht u. etwa ein eiterndes,
30 J auch e ab s o n d e r n d c s Etwas bedeutet,
was ja auch dasselbe Wort sein kann, tvie
unser wohl aus quada gekürztes Subst. kwäd,
od. wie an., isl. quoda, kod (gluten) u. das
norw. kwaada, koda (Harz u. Biestmilch),
35 s. unter 2 kwäd.
Vergleicht man nun aber weiter das nd.
(S cha m h a c h) kodeu ( Wamme od. Wampe ;
Unterkinn od. Kropf) u. das damit ident.
nd. kotel bei Scham bach (s. pag. 110,b),
•40 bz. (Dähnert) kader (das hangende weiche
Fleisch unter dem Unterkinn), (Danneil)
kaoder, kiiöder (Unterkinn, Doppelkinn),
(Br. Wb.) kodder; mnd. (Seh. u. L.) koder,
kader, kodder; nhd. (Grimm,Wb. V, L56'J)
45 koder (Unterkinn , Kropf) zu 2 kwabbe
(Wamme, Fettwulst etc.), so kann auch dies
ur.'ijtr. ebensogut tcie kwabbe im Allgemeinen
ein weiches Etwas bedeutet liabeti u. sich
wieder durch die Bedtg. : Schlamm, Sumpf,
50 Moor etc. (cf. 2 kwabbe etc.) mit Koder
(Schleim, Motz, od. unreine .'stinkende Flüs-
sigkeit etc., cf. 2 kwedder, bz. das oben
unter b) Bemerkte, sowie auch kwabbe =
Qualle, od. Schleimthier u. zu kwalle auch
55 wieder kwalster) zusammen stellen lassen,
da dieses knden od. koder ja auch ebenso
wie die andern koder auf einen Stamm
quad, quod, kad, kod zurückgeht. Hatte
nun aber das nhd. Köder, bz. ahd. querdar
60 (cf. Grimm, Wb., unter Köder, esca) etc.
KWEDDER KWAEDER 441 KWELLEN
vjirklich urspr. die Bcdttj. Wurm, so kann kvvelftli, s. kwälcn.
auch diese Bedtg. daher rühren, dass der kwelle, kwel, Quelle, Born, Spring,
Wurm ein weiches knochenloses u. Sprudel etc. — Nd. quol; nid. kwel; mnld.
zugleich mit Schleim, überzogenes u. ([uelle; ahd. quella ; mhd. quelle etc. — Zu
Schleim absonderndes Thier, bs. ein wei- 5 k wellen. In der Bedtg.: Born od. Ader,
ches schleimiges Etwas ist u. als icoraus Wasser hervorsprudelt u. emporsteigt
Weich- od. Schle im- Thier avfgefasst sind hier welle u. söd gebräuchlicher.
wurde. Dass aber die ahd. Form querdar kwelle« (kwiil, kwullen), quellen, sprin-
auch ebensogut ans urspr. quedar, quadar gen, .sprudeln, steigen, .sich erheben, sich
(neben Köder, Köder kommen dafür \0 heraus drängen, schwellen, dick werden, sich
auch: keder, queder, quedder vor) od. qua- ausdehnen etc.; — dat water (od. blöd etc.)
dara entstehen konnte, wie nd. quarl aus kwiil d'r üt; — de darmcns un all' wat iu
quaddel u. loie unser scharre aus schadde 't lif sat, kwnl d'r i'it; — wen d'r fül fles
od. schade = ahd. scato, bz. wie kircher in 'n swel kumd, den kwcld dat d'r üt un
aus kicher (s. unter Köder in Grimm, 15 up; — de wanguu (od. handen etc.) sunt
Wb.) ist nicht zu bestreiten (was später ge- hum kwullen ; — de arften sunt göd up-
schah, geschah auch schon früher vor der kwullen. — Nd quWlea u.nd.,mnd. queWen;
Fixirung der Wörter durch die Schrift) u. ahd. quellan ; mhd. quellen (quellen, scaturire,
würden sich dann beim Vergleich von flek, schtoellen). — Es loird von Fick u. An-
flik od. von klak, klatte, klats, bz. nhd. 20 dem von der ]/ gal (träufeln, tropfen, her-
Kletz, kletzen etc. sowohl quader, queder, abträufeln, abfallen) = send, gar (herab-
Voilev in der Bedtg.: Fetzen, Lappen, Flicken, fallen; schw^' sein) etc. abgeleitet, wozu
Tuch- od. Leder-Lappen etc., als in der von: Fick auch griech. bällein (luerfen etc.) u.
Schmutz, Dreck, Schlamm, Schleim etc., so- lit. galas (Ende) etc., sowie auch skr. jala
wie ferner in der von: Wamme, Fettwulst, 25 (Wasser) stellt. Sollte indessen das Stamm-
Kropf (als weiches od. quabbiges Etwas) u. verb. quillan, quäl, goth. qillan, qal, bz. urspr.
in der von Wurm (od. Weich-, Schleim- quilan, qilan (cf. auch kwil) nicht eher zu
Thier) leicht mit einander vereinigen lassen. der y gar (rauschen, tönen, singen, knistern,
Vergl. auch noch die zu koder, köder bz. murmeln, sonare, mussare etc.) gehören,
(Rotz, Schleim, Unflath etc., bz. Lumpen, 30 sodass quil-an ursjjr. die Bedtg. : Geräusch
Lappen, Fetzen, kleines abgerissenes od. machen, bz. rauschen, singen, knistern, mur-
abgespaltenes, abgeschnittenes Stück, Abfall, mein etc. hatte u. dann wegen des Geräu-
Schnitzel, Flitter etc.) gehörenden Wörter sches od. des Murmeins, welches das aus
in Grimm, Wb., als: koderei (Botz, Un- der Erde od. einem Spalt hervorkommende
flath) , koderei (Lumperei etc.) , koderer 35 od. herausquellende Wasser macht, auf das
(sputator, screator), ködern (Schleim aus- (Quellen selbst u. auf die rauschende u.
werfen, husten = kwalstern) etc., soivie murmelnde Quelle übertragen wurde, ganz
weiter mnd. (s. oben) köderen, kodderen tvie Ja auch Klinge (Gie.ssbach, Rinnsal,
(schwatzen, klatschen etc.) loegen des für die Schlucht, seichte Flussstelle etc.) zu kl in-
obigen Wörter artzusetzenden Schallstammes 40 gen gehört u. Mos ein klingendes od.
quad, kod aus idg. gad od gadh (sonare, rauschendes Etwas bezeichnet. Vergleicht
crepitare etc.), bz. in derselben Bedtg. une man aber, dass sengen aus ahd. sangjan
klat od. klap, bz. nhd. Klatsch u. Khipps. entstand u. dass dies vom Präter. sung
2. kvvedder, kwäder, Hitzblatter, Fastet, (sang, tönte, rauschte, knisterte), von singau
Eiterbläschen etc. — cf ahd. quadilla, chwa- 15 (singen), fortgebildet ivurde, sowie ferner,
dilla, quedilla, qhuedilla, chwedilla (cicatrix, dass wir singen auch von Klingen, Rau-
pustula, papula) ; nd. (Br. Wb.) quaddel sehen, Summen od. dem leisen Tönen einer
(Blatter, Nesselbrand), (Schambach) ([UA- Kerzenflamme soioohl , als vom Geräusch
del (entzündete Anschwellung der Haut, des kochenden Wassers im Theekessel ge-
\}Ova\)\\n%eic.),(Danneil)q\\i\M\, (Schütze) 50 brauchen, so ist es begreiflich, dass das alte
quarl (rothes Auffahren der Haut von inner- sangjan anstatt in die jetzige Bedtg. von
licher Hitze, Wanzen od. Mückenstichen sengen auch in die von : flammen, glühen
etc.), quaddel ; dithm. quiddel (eine am Leibe etc. od. in die von : brodeln, toallen, kochen
aufgegangene kleine Erhöhung od. Beide), etc. hatte übergehen können, sodass dann
sowie ags. cvidhele od. cvydhele (varix) u. 55 auch quellen, bz. quil-an aus rauschen
Weiteres unter 1 kwedder sub b, sowie od. knistern sowohl die Bedtg.: sengen,
unter kwäd. brennen etc., od. flammen, glühen etc., od.
kwek, s. 2 kwik. kochen, brodeln, tvallen, aufwallen etc. hätte
kweken, s. kwäken. entwickeln können, ivie ja icahrscheinl. die
kwelder, s. kweller. 60 y ghar (brennen, leuchten, flammen, funkeln
KWELLER KWELDER 442 KWENGELN
etc.) von Hause aus dieselbe }/ ist, wie de schlick undo ordo iiiuiiu' samlet uiule
ghar (soiiare, crepitare etc.), ivozu Ralau, settet dorcli den dachlichcn tho- und affloop
gellen, bs. utiser galm (s. d.) n. atich sk-r. des nieeres" gut 2n1s.il.
gharphaia (Gelächter; Geknister), ghura, kwelipi'-^l'iis, das auf einem kweller od.
ghiiraja (j^rasseln , grunzen etc.) geJiüren, 5 licller irachsende od. (jewachsene Gras,
worüber noch Weiteres unter gar u. gold kweller-hei, das auf einem kweller od.
in meinem Wb. verglichen werden mag. heller grwoiiiuiie Heu.
Vergleicht man nun aber weiter die Wörter : kweili";, kwelsk, quellig, quellisch; —
Born u. Brunnen von brennen (d. h. a) aufgequollen, diel:, voll etc. u. in Folge
nicht in der Jeteigen Bedtg., sondern in der 10 davon unlustig, unbequem etc., wie z. B.
von: in Hitze gerathen, aufwallen, kochen, vom Geiiuss dünner od. blähender Speisen
sieden), bz. söd (Brunnen od. Quelle) von od. vielen Theetrinkcns; — ik bin so kwellig
seden (sieden, kochen, wallen), sowie ferner fau 't föle tedrinken; gif mi insen 'n lütjeu
un.<<er vfcUv ((Juelle, Brunnen) u. nhd. Welle ofsctter (Schnaps zum Abtreiben) her, of 't
(Woge od. Wasser schwall, icie mnd. quäl, 15 den net wat beter word; — b) voll Wasser
aufgestautes Wasser, bz. Wasser - Schwall n. in Folge dessen sumpfig, iveich, schioam-
fcf. Schwall von schwellen] von quel- inig u. zerflicsscnd u. zerrinnend; — de
leu) von wellen (sieden, kochen), bz. ahd. ixnmd is so kwelliLr, dat man d'r hei net
wallaii, wial, wiel (wallen, auftvallen, in in klär worden kan ; — dat saud is kwelsk ;
Hitze gerathen, sieden, sjirudeln, wogen), 120 dat lö])d all' üt "n ander.
so würde (Quelle auch hier aus quellen kwel-saiid, Triebsand, Sand der im nassen
in der Bedtg.: sieden, toallen, sprudeln etc. Zustand nach allen Seiten hin auseinander
entstanden sein. Will man nun aber von flies.st u. rinnt, daher auch löpsaud genannt.
gar (sonare) als ]/ von quellen, absehen, so kwem ; /. q. kwam, cf. kamen.
Hesse sich für Quelle, quellen u. skr. jala 'J5 kwendel , kwennel. Hier u. auf den
(Wasser = quellendes od. = wallendes, wo- In.<:eln dasselbe loiekrnkiötu. 1 pekken, saba,
gendes Etwas':") auch vielleicht die y jar, nämlich Glasschmalz (salicornia herbacea).
jur, gvar (aegrotare, febrire, bz. urspr. heiss cf. nd. (Br. Wb.) queudel, quindcl (eine
sein , glühen , wallen) u. jval (flaramare, Pflanze, die auf dem Schlick zuerst auf-
flagrare, cf. bei Bopp ]/ gar ». gval u. bei 30 wächst; Satureg, Hühnerkohl, cunila, cuni-
G rassmann die Wurzeln jdv 1 u. ö, jur, lago. (j>»e«(/e/ (Thymus serpillum) «(?. ^j>»c»-
jürr u. jvar) heranziehen, zu dem übrigens nel entstand aus cdid. quenala , quenula,
zu bemerken ist, dass ihre eigentliche u. urspr. chenila, conela etc. u. dies entweder aus
Bedtg. sich schwer feststellen laust. lat. cunila, griech. konile, s. unter kölle etc.
kweller, kwelder, a) der Meeres- Anwuchs 35 kwen;2;eln, im winselnden iveincrlichen
od. das Aussende ichsland, was sich durch od. schmeichelnden u. kosenden Tone drän-
den Niedcrscldag des Schlickes allmälig er- giin u. a)ihaltend bitten, um Etwas zu er-
höht u. aus dem Meere emporliebt; — h) das halten, bz. Jemanden auf diese Weise dr än-
auchkwdlcvgvd^ genanide, auf diesem ^[eeres- gen u. quälen, um ihm ein Begehrtes zu,
Anwuchs (gewöhnlich heller od. helder ge- 40 geben u. ihm zu Willen zu sein etc.; daher
nannt) wachsende feine salzhaltige Gras, überhaupt auch: winseln, weinerlich thun
Süssgras (Glyeeria maritima u. distans). — u. reden etc., od. schmeicheln, süsslich thun,
hn nid. hat kwelder ausschliesslich die süsslich, liebkosend u. zärtlich sprechen etc. ;
Bedtg. sub n, während wang. (Ehr entr aut — de kinder stau all' bi do moder to kwen-
I, 342 u. 3S6) u. mnd. (Sch.u.L.) queller -15 geln, dat se hör 'n stük kok gefen schal;
wieder ausschliesslich die Benennung der ■ — junge! hol' uj) to kwengeln (winseln od.
Pflanzen od. der Wurzel ist, welche sich schmeicheln, bz. klagoid u. bittend etc. drän-
zuerst auf dem Schlick zeigt u. erhebt. — ll'dn) ; du krigst dog niks; — de huiul steid
Dass dieses Wort von kweudel ganz ver- bi en to kwengeln (winseln) un liird up 'u
schieden u. nicht daraus entstanden ist, ist 50 stük bröd ; — du must net so föl mit de
wohl zweifellos u. dürfte es wühl eher mit kinder kwengeln (schmeichelnd u. zärtlich
k wellen in der Bedtg.: springen heraus, od. weibisch u. sie verzärtelnd etc. reden
sich erheben etc. zusammenhängen, da es etc.). — Da wir auch dwingen (de kinder
in beiden Bedtgn. ein dem Meere od. dem stau bi en to dwingen, bz. se dwingen um
Boden entsprungenes, oitsprossenes od. ent- 55 'n stük bröd etc.) in der Bedtg. : dringend
stiegenes, entquollenes, bz. ein sich daraus bitten, od. fordern etc. gebrauchen, so ist
erhebendes Etwas ist, tooranf auch die Be- es ivohl zweifellos, dass kwengeln urspr. die
Schreibung (mnd.) : „(jueiler is de wortel, so Bedtg.: drängeln hatte u. dass demnach
(bz. das Etwas, was) sick allererst up dem Weigand auch Eecht hat, wenn er quen-
schlicke erhevet unde dar sick uhagerade 60 geln als ein Iterativ von dem aus dwiugan
KWENGELN KWENKELN 443 KWENTELN
0(7. ahd. twingau (nhd. s loi iif/en), mhd. teil (tauschen, certauschen, verbergen etc.),
quingeu ansieht u. dass demnach dicBedtg.: was mit dem hess. (Vilmar) quanzeii (han-
kleinlich, unzufrieden, unaufhörlich anders dein, schachern, zumal im Kleinen u. Klein-
wollen als Ändere, hz. unzufrieden sein (cf. sten, namentlich von den Kindern, wenn
bei Scham bach: quengelen, queiigelaer 5 diese unter sich gegenseitig ihre Sachen aus-
etc), murren, klagen etc. ivieder aus der u. vertauschen) , — verquauzeii (unrecht-
sjjcitern u. aus drängeln abgeleiteten Bedtg.: massig od. heimlich od. mit Schaden etwas
winseln etc. hervorgegangen ist. Kleines verschachern) eins ist u. wovon das
kwengeln, kweukeln, ein Gefäss mit mnld. (KU.) qwantseleu (commutare, per-
Wasser od. .sonstigen Flüssigkeiten hin u. 10 niutare, cf. 2 kutjeu u. das daselbst ange-
her schwenken, od. immer hin u. her be- führte nid. riiilen) ; mfläm. quautseleii (tro-
loegen u. dadurch das Wasser etc. aus- od. qupr, permuter , chauger, eschanger) ein
verschütten; — he kweugekl od. kwenkelJ Iterativ u. wobei noch zu bemerken, dass
(schwenkt, schwenkelt, bewegt hin u. her od. das nid. kwaiitselen (cf. Weiland) od.
sliugerd etc.) so mit Ae cmmer (Eimer), dat 15 (v. Dale) kwanssolen ausser: tauschen,
't water d'r all' ütüügt im afer de raud hen Tausch- od. Kleinhandel treiben, den Mäkler
löpd. — Daher überhaupt: aus- od. ver- machen etc. auch die Bedtg.: roeren, morsen,
schütten, wegschütten, ivegiverfen, bz. .schien- bz. manschen, od. kleieu, gremen etc. (s. oben
dem, verschwenden etc. ; he kwengeld (od. kwentelu in der Bedtg. sub b) hat, sodass
kwenkeld) 't all' weg; — he kwengeld 20 man also annehme^', muss, dass quanien (cf.
(schleudert) wat mit sin göd herum; — he AdeUmg unter quantsweise u. Weiland
ferkwengeld sin geld un göd. — Nid. kwen- unter kwaut) urspr. die Bedtg. : hin- u. her-
geleu (Wasser aus- od. verschütten durch beioegen, bz. von einer Stelle auf die andere
fortwährendes Hin- n. Herschwenken eines bewegen, Stelle wechseln etc. od. vherhaupt
Zubers etc.). — Es bezeichnet lediglich ein 25 die von: wechseln, changiren etc. hatte u.
Hin- u. Her-Bewegen od. Hin- u. Her- dass demnach das Subst. quant (Tausch,
Schtoingen etc. von Etwas u. wie das vorige Wechsel) als Person auch dieBedtg.: Mensch,
kweugeln von quingen, so ist dies ein Itera- der seine Stelle toechselt od. von einer Stelle
tiv von kwinken, icas dieselbe Bedtg. loie zur andern springt od. von Einem zum An-
schiv i n g e n u. tv i n k e n (cf. wenk, weuken 30 dem übergeht etc. od. die von : beweglicher
od. wink, winken u. das davon abstammende u. flinker, gewandter Mensch etc. u. dem-
wanken, wankein etc. u. \i\\\k-G\ = Biegung, nach quant als Adj. u. Adv. die von: be-
Seitwärtsbeicegung, Krümmung) hat. Vergl. tvcglich, gewandt etc. hatte. Aus der von:
dieserhalb mnld. quiucken (micare, motitare Stelle od. Flat^ wechseln ist dann quanten
etc.) n. das Weitere unter kwink u. kwinken. 35 in die von : Güter od. Besitz wechseln ti.
kwenteln, a) sorglos u. leichtsinnig han- tauschen. Tausch- u. Kleinhandel betreiben
dein u. mit Etwas umgehen, tändeln etc.; u. hieraus wohl in die von: zum Schein u.
— he kwenteld to dül (liandclt od. geht zu heindich od. unerlaubter Weise handeln, be-
leichtsinnig, od. schleudert zu toll) mit sin trügerisch u. täuschend handeln, täuschen
geld herum; dat'kan so net bestän; — he 40 etc., bz. in die von: kleinlich od. leicht-
fierkwenteld (verhandelt, verschleudert etc.) sinnig handeln, nicht im Ernst handeln,
sin geld; — h) Etwas aus- od. verschütten wenig ausrichten (cf. nd. quänteln, quäntern,
u. überall Flecke machen od. Alles be- zum Schein thun od. handeln, nicht im
schmutzen, indem man leichtsinnig u. sorg- Ernst handeln, wenig ausrichten etc. u.
los damit umgeht, od. indem man es sorglos 45 verquantelii, verschleudern, vergeuden etc.,
u. unachtsam trägt u. hält, zu rasch damit besonders beim Kaufen u. Verkaufen etc.),
geht, od. das betr. Gefäss hin- u. herbewegt pfuschen, sudeln etc. übergegangen, ivenn
u. schwenkt etc.; daher überhaupt auch: nicht etwa die Bedtgn. unsers kwentelu aus
schütten etc. u. klecksen, schmutzen etc., bz. der sinnl. Bedtg. : ein Anderes od. sich viel
dasselbe wie 1 kleieu u. gremen etc.; — du 50 u. öfter hin- u. herbewegen, schlendern, bum-
must net so kwenteln ; du mäkst je aferal mein, leichtsinnig u. sorglos leben u. han-
flekken up de däle; — wel hed dar nu wer dein etc. direct hervorgegangen sind. Ver-
mit de melk kwenteld? de hele gang längs gleicht man übrigens das mfläm., mnld.
bit hen na de keller ligd 't je ful drüppen; quantseler = kansseler (sodalis), bz. dasselbe
— kwentel (giesse, schütte od. kleckse etc.) 55 wie quant (sodalis, socius, socius ludi, col-
mi 't kled net ful; — he kwenteld dat d'r lusor; commercia oxercens cum aliquo, per-
üt; — he kwenteld (schmutzt, schmiert, mutator), so ist das Verb, quanten, quanzen
sudelt etc., od. auch pfuscht etc.) d'r wat u. quantseien (permutare etc.) von quant
mit herum. — Schm. (s. unter 1 kwant) (sodalis etc.) weitergebildet u. kann imser
hat ein Verb, quenten, verquanten, verquen- 60 kwenteln u. nd. quänteln dann auch soviel
KWER 444 KWETTER
hcissen (ih: handeln ivie ein Quant — Nhl kwetseii; wiihl. qiiotsoii (quassare,
0(1. Windbeutel, Schalk etc. (cf. 2 kwaut), comiuassaie, rumi>ore,liviloiT,oüViultTe,nialiiin
icor(iu.'> sich die Beiltff. : leichtsinnig sein u. iiifono, vulneraro, laedere, sauciaic) ; )id.
handeln etc. auch run selbst en/iebt. Ist quetseu ; nind. qiicssen, quetscn, kwettcu;
nun aber qiiant urspr. ein socius liuli w. 5 bayr. (Schm.) quetzeu : w/u^. qiictzcn, quet-
ninld. (juautsplor etwa aus kansselcr (dies sehen. — Nach ahd. quäz, qiiaz (luimmus,
wird miläm. mit compagnoii de tavcrnc glos- deiiarius, bz. eine geschlagene od. geprägte
sirt u. ist jedenfalls von kansso = franz. Münze), bz. dessen icaltrsclieinliclie vollere
chanco entstanden), so wird beim Vergleich Form quazä, quazzä, sowie nach Glatze
von mnd. kansc, kanze u. mhd. sclianze 10 aus glazä, glazzä von dem Prätcr. glaz von
((Tlücksfall, Crlückswech.'<cl, bz. aloa, jactus glizan, as. glitan etc. (glcissen , glänzen)
aleae, sors, fortuna, casus, eventus etc., cf. sollte man fast annehmen, dass früher ein
kansl auch das Verb, quanzoii, quantzcn, ahd. Verb, quizau, quaz etc., and. qnitau,
(luanten u. nid. quantseleii (])erniutarc od. quat etc. mit der Bedtg. : schlagen, stossen
wechseln, verändern etc.) aus franz. chincor 15 etc., bz. von zwei Seiten hin auf einander
{umkehren, veränder)t etc. od. eigentlich schlagen u. stossen etc., wie bei khiT^i^cix) bc-
wohl : straucJieln, tcanken, taumeln, schwan- standen hätte, von dessen Prätcr. quaz, quat,
ken, sich hin u. her bewegen, wie nfranz. verstärkt quatz, quats, quatsch (cf. klats,
chanceler, fallen wollen, wanken, taumeln, klatsch von klaz, klat) sowohl die quaz
straucheln etc., was ebenso wie chauce von 20 od. qiiAzX genannte Münze, als auch ein für
lat. caderc stammt) entstanden sein u. dann quetzeu etc. anzusetzendes ahd. quazjau,
auch mnld. quant (socius ludi, sodalis) in and. ([uatjau (cf. nhd. kletsen aus ahd.
irgend einer Weise mit chance (aleac) zu- klazjau unter kladdeu, sowie kl ecken aus
sammenhängen u. seine verschiedenen Bcdtgn. rt/jf/. klakjau von klak) hervorgegangen sein
hievon u. vielleicht auch mit von älterem 25 könnte, zu ivelchem quizan, ([uaz, bz. quitau,
franz. chancer, verändern, wechseln, tauschen quat aus älterem kitan, kat eben auch un-
od. schwanken, taumeln (ein (lunnt od. lusti- scre Verba: kwatsen, kwettern, kwittern,
ger Bruder etc. kann ursprünglich auch ein kattern, kittern zu stellen sein würden u.
taumelnder u. aiigrtrunkener Mensch bcdeu- angenommen werden müs^te, dass auch die-
tet haben) etc., od. dem daraus entstandenen 30 sem cdtcn quizan, quaz ein ähnlicher Schall-
qi\iiutsen,(iuiuizcn (wanken etc. od. verändern, stamm toie klap, khik, knap, knip etc. .?«
loechseln etc ) erhalten haben, zvo dann die Grunde läge, worüber bereits unter kwatsen
Entstehung von qnant aus gewandt (s. unter verhandelt ist. Da indessen das ahd. qua-
1 u. 2 kwant) abzuweisen ist. schiure, quatschiure, quatschier; mnld. quet-
kwer, quer. Aus twer, dwer, cf. dwar. 35 sure; tdd. kwetzuur (Quetschung , laesio,
kwern, eine Jetzt nur noch hie u. da auf vuhius) jedenfalls mit quetsen od. quessen,
dem Lande gefundene Handmühle zur Be- (luescheu, quetschen zusammenhängt u. eines
reitung von Hafer- u. Buchweizen-Grütze; Ursjjrungs ist, seine Form indessen nach dem
daher auch gört -kwern genannt. — Nd. aus adveutura entstandenen ahd. aventiure
quem ; mnd. quernc ; nid. kwcern, kwern ; 40 (cf. äventur) ei7ie Entlehnung aus dem rom.,
mnld., mflüm. i\nevne; af ries. quvnic; nfries. bz. eine Entstehung aus einem /«<. quassura
quem ; toa».'/. quen ; .srt</. tzerne; as. querna; (u. dies von quassus, icie adventura von
ags. cveorn, cv yrn ; aengl. cwerue ; engl. adveiitus) verräth , so dürfte auch wohl
quem; an., /s7. quem, quörn; norw. kveru, kwetsen, bz. mnd. quessen, quetsen, mhd.
*/m/ec^ kveiin, kvedn; kvann; sc/i«'«/. quam ; 45 (juitzen mit engl, quash ; aengl. qiiaschin,
dän. quaern ; goth. (lairnus; ahd. quirn, franz. quasser aus lat. quassare u. quatere
churn, chwirna, churni ; rn;(/tr/. churne; ndtd. entstanden sein u. dann auch vielleicht unser
kurn, kürne, kürn (Mühle, Mühlstein zum kwatsen, bz. mnd. ([uetten /(. unser kwettern
Zerreiben u. Zerkleinern der Kurner); lit. gleichfalls a»/ quassare u. (juatere zurück-
girna. — Mit koren u. kern zu derselben 50 gehen.
y gar. Wegen des ahd. quaz , quaz (luininnis,
kwer-.sak, a) Quersack; — h) ein an denarius) sei übrigens noch bemerkt, dass
beiden Enden bewohntes quer stehendes Ar- dieses Wort auch mit ital. qwdiio (zusammen-
beiterhaus. gedrückt, gepresst) zusammenhängen kann,
kweteln. s. kwäteln. 55 was Diez mit ital. (in Brescia) quat
kweUen, quetschen, drücken, stossen, schla- (Alp, bz. ein Etwas was drückt), .sard. cat-
gen etc., bz. durch Druck, Sloss, Schlag tare (platt drücken) etc. als aus lat. coactus
zerdrücken, beschädigen, verwunden, iveich entstanden ansieht.
machen etc.; — he kwetst dat kört; — ik 1. kwetter, .v. 2 kwatter.
heb' min fiuger kwetst; — de apjiel is kwetst. 60 2. kwetter, ein durch Schlag, Stoss, Druck,
KWETTERN
445
KWIK
Fall, Sturz, hs. dadurch, dass zwei harte
Körper aufeinander schlagen u. prallen, od.
dass ein Etwas von zwei Seiten her stark
gedrückt od, gequetscht wird, entstehendes
od. entstandenes Etwas, too z.B. eine Quetsch-
wunde, Quetschstelle od. ein ge- od. zer-
quetschtes tveiches, breiiges Etwas entsteht;
— de appel was so wek (od. büksek, röt-
terig) , dat 't emer kwetter (eine weiche
breiige unförmliche Masse) was, as he up
de grund ful ; — dat (od. he etc.) is to
kwetter toslagen, das (od. Er etc.) ist zu
Brei etc. zerschlagen. In gekwetter (Ge-
schmetter, Geprassel, Geknatter etc.) drückt
kwetter (cf. kwetteru) auch das durch solche
Vorgänge entstehende Geräusch (soniis, cre-
pitns) aus. Wegen derBedtg. : weiche, breiige,
bz. schmierige schmutzige Masse etc. cf. auch
kwatter u. iveiter das unter 1 kwedder nach
b Ausgeführte.
kwettern, a) crepitare, schmettern, pras-
seln, knattern, knittern etc. ; — dat kwetterd
ördendlik ; — b) zerschlagen, zersrhmettern,
zerquetschen etc. ; — dat is to gnis kwetterd
(durch Quetschen, Schlagen, Stossen, Drücken
od. Werfen etc. zu Grauss od. in Atome
zerquetscht od. zerschlagen, zerschmettert etc.) ;
— de appel is gans kwetterd od. tokwettcrd
(der Apfel ist ganz u. gar zerquetscht od.
zerschmettert, zerschellt, zersprungen, ge-
borsten etc., bz. er hat überall gequetschte
II. iveiche Stellen); — he is gans tokwetterd
(er ist körperlich ganz zerschlagen u. zer-
quetscht, bz. überall gequetscht u. hat über-
all Quetschiounden u. blaue Flecke etc., od.
auch fig. vom Gemüthe : er ist ganz zer-
malmt u. zerknirscht) ; — dat god is all'
tokwetterd (das Zeug ist alle zerknittert, bz.
durch vielfaches Drücken zerknüllt u. kraus
geworden). — Nid.' kwettern (quetschen, zer-
drücken, bz. drukkon, kneuzen, blutzen, be-
schädigen od. kuetteren, knitteren, cf. v. Dale
u. Weila n d) ; nd. (S cha m bac h) quet-
tern (Einen mit Geivalt schieben u. drücken,
dass er gequetscht ivird, quetsclien, pressen),
(D ahne r t) quettern (ungeschickt schneiden,
d. h. das Messer durch Etwas hindurch
quetschen u. drücken, wodurch das Geschnit-
tene zugleich etwas zerquetscht wird, (Br. Wb.)
quettern (den Saft ausdrücken. Etwas aus-
quetschen). — Es ist ein Iterat. von nd.,
mnd. quetten, osnabr. quedden (quetschen,
d. h. durch Schlag, Stoss, Druck, Fall,
Sturz etc. od. dass ein Etwas von zicei Seiten
stark zusammengedrückt loird, beschädigen
od. zerdrücken, zusamtnenpresseyi etc.), ivobei
es aber fraglich ist, ob dieses quetten mit
kwetsen aus lat. quassare od. quatere ent-
stand u. nicht vielmehr mit nid, kwettereu
(s. unter 1 k wattern) u. mnld. quetten, (^uet-
teren (garrire, iueptc loqui, strepere, obstre-
pere), unserm kwattern u. kwittern u. satl.
(Ell r c n t r a u t, II, 21G) quitterje (knattern
etc. vom Donner) zu einem germ. Schall-
5 stamm quat, quit od. kat, kit (cf. kwatsen,
kwittern etc.) gehört, der in äliidicher Weise
ivie klak, klap etc. die Bedtg. sonus, cre-
pitus etc. u. Bruch, Riss, Schlag, Stoss etc.
od. brechen, bersten, springen, zerschellen
10 etc. entwickelte, toie ja auch in schinet-
ter n u. schellen sich ähnliche Bedtgn. zu-
sammenfinden u. ja auch das Subst. Scholle
in seinen verschiedenen Bedtgn. zu schellen
gehört.
15 k Widdern, schwatzen, plaudern etc. ; zwit-
schern etc. cf. kwittern u. kwäteln, kwat-
teln, 1 kwattern etc.
kwifer od. kwiver, lebendig, lebhaft,
munter, frisch, gesund etc. ; — he is nog
20 regt kwifer; — he word wer kwifer. —
Wang. (E h reut r a u t 1, 100 u. 386) qui ver
(kräftig, vom Genesenden), quiver (Kraft),
quiverig (kräftig) ; engl, quiver (lebhaft,
munter, hurtig, rüstig). — Davon, bz. von
25 unserm kwifern (quiveren) : afranz. (D i e z
II, 392) quivrer (wecken, ermuntern). Die z
erwähnt daselbst eines ags. cviferlike (un-
ruhig, beweglich), ivas ich indessen nirgends
belegt finde u. auch S trat m, a n n (cf. da-
30 selbst pag. IM, zweite Spalte) setzt zu cvifer
ei7i ags. cvifer mit Fragezeichen. — Was
das Wort selbst betrifft, so gehört es mit
goth. qius (Genit. qivis), lat. vivus u. vivere
(vixi, victum) = urspr. guivus, guivere (cf.
35 noscere aus guoscere, nomen aus gnomen etc.),
lit. gaivinu (erquicken , beleben) , gyvenü
(leben), skr. givas etc. zu derselben y wie
2 kwik etc.
kvviferu od. kwiverii, leben, aufleben, le-
40 bendig werden u. machen, munter u. frisch
toerden od. machen, muntern, frischen etc. ;
— ht! kwiferd wer (lebt wieder auf, loird
ivieder frisch, kräftig, gesund etc.) ; — he
kwiferd wer up ; — he kwiferd hum wer
45 up. — Auch subst. : he is wer in 't kwifern
(Aufleben, Gesunden etc.)
1. kwik, Plunder od. kleines geringes
Etwas, Kleinigkeit, Brocken, Restchen etc. ;
— he betäld bi kwikken un kwakken. —
50 Cumpos. : kwik-schuld, kleine unbedeutende
Schuld; Plur. kwikschulden, Haushaltungs-
schulden beim Bäcker, Krämer etc., im
Gegensatz zu den Geschäfts- u. sonstigen
Schulden. — Nid. kwik (Lapperei, Narr-
55 heit, Posse etc.) ; mnld., mfläm. quick (pulpa),
wofür im nnld. u. mnld. etc. auch die For-
men kwak od. quack gebraucht werden, ivie
des Weitern unter kwak zu ersehen ist.
2. kwik od. kwek, lebendig, lebhaft, be-
60 weglich, frisch, munter, unruhig etc.; — h6
KWIK 446 KWINKEN KWINKOGEN
is wer kwik an munter; — do kindcr sunt hen es verlauf en lässt, Sicker-QueUe) u.wird
föls to kwik. — jNVt/. kwik; mnld., n(l.,))ind. die Grdform (juil-a demnach auch »lit dem
quick, queck; afries. qnik; tvfries. quick; für kv/eUen anzusetzenden Stammverb. qm]i\.n
nfries. quick, queck; n.s. quic, quik; ags. zusammenhängen, falls nicht etwa das Subst.
cvic, cvyc, i'VHC, cuc ; aemil. cvic ; engl, quick ; 5 quil od. quiia mit hib. gil u. skr. jala
an. kvikr; ahd. quec etc. — Subst.: nd., (Wasser od. loas tropfenweise aus Etwas
mnd., mnld. quick; afries. quik; mJid.qnvk hervorkömmt, s. unter kwolleu) direct von
(lebendiges Thier, Vieh). Mit goth. qius etc. der y jal, gal, gar, gvar etc. abstammt,
(cf. kwil'er) von der y gi, giv, gvi ; skr. ji kuil-l»ak. s. kwil-dop.
(leben, beleben, erquicken etc., cf. Grass- 10 kwil-l»iii'(l , Einer, dem der kwil (od.
mann, 4S8 u. Andere), tcobei sich das k Speichel, Geifer, pituita oris) über den Bart
von quik aus lat. vik-si von vivere erklärt. fliesst, bz. Person, die kwild.
3. kwik, Quecksilber, .so benannt, tveil kAvil-dop od. kwil-Itak, Pfeifen abguss,
dieses Metall so lebendig u. beweglich ist; bz. Topf od. Behälter, Gefäss (cf. doppo «.
— d'r sitt geu kwik nier up 't glas, wi 1,'j 2 bak), worin der kwil od. die Tabaksjauche
niutteii 't heusti'iren, dat 't neis ferkwikd abjliesst u. sich sammelt.
wonl. — Xld. kwik etc. kwilan, den sdilcimigen Speichel od. Geifer
kwik-liake, kwikkel-liake, ein Haken aus dem ALoide Jlicssen lassen, geifern etc. ;
zum kwikk.ii od. tuikkeu (zwicken, zupfen — dat kiud kwiJd so; 't krigd gewis l>old
etc.) des Heues, cf. H kwikken. 20 tanden. — Wang. ([uilc; dithm., nfries. quie-
1. kwikken, ferkwikken, quicken, er- len; nid. kwijlen; mnbl. quyleu, quieieu ;
quicken, erfrischen, beleben, frisch machen nd.,mnd. (Schottel) qnidon; bagr. (Schin.)
etc.; — he kwikd luim wer up; — dat (od. queilen. — Davon auch die Subst.: kwiler
he) t'crkwikd lunu. — Zu 2 kwik. (Person die kwild), sowie gcky/lle u. kwilere
2. kwikkcii. fei'kuikken. mit Quecksilber 25 (Gegeifer u. Geiferei etc.).
belegen etc. ; — de spegid inut neis kwikd kwinen, schwinden, ivelkcn, langsam loeg-
(od. ferkwikd) worden. zehren, od. hinsiechen ohne Aussicht auf
3. kwikkoii ; /. q. twikken (zwicken) u. Besserung od. Herstellung, kränkeln etc.; —
daraus mlstanden wie kwer aus twer etc. he kwiiui so weg; dar is niks mer an to
kwik-liuii's, c/n sehr beweglicher, unruhi- ?,0 hel])en; — dat gnd (Vieh od. Gewächse etc.)
ger Mensch, Einer der kein Sitzfleisch hat. steid all' hen to kwinen un word l'an dag
kwik-sand, beweglicher unfester Sand to dag minder; - he hed al lank kwind ;
etc., bz. dasselbe wie kwel- od. lop-sand. — — kwinondo sukte (auszehrende od. weg-
Nd., nid. ((uicksand. zehrende Krankheit, Schivindsucht etc.). —
kwik-sti-rt od. kwip-, wi|)-.sti*l't, Bach- 35 Sprichw.: beter schinon as kwinen. — Nd.,
stelze; so benannt, tveil sie ihren Schwanz mnd. quTncn; nid. kwynen ; mnld. quynen;
immerfort auf u. nieder beivegt; — fig. auch nfries. quiue; wfries. quijnjcn ; mhd. (juinen.
dasselbe wie kwik-märs. — Es ist dasselbe wie dwinen u. daraus
kwik - stüi'teii od. kwip - sterten, wip- entstanden wie kwer aus dwer, bs. kwalm
«(»•rten , den Schwanz immerfort auf- u. 40 aus dwalm etc.
nieder- od. hin- u. herbewegen, schwänzeln, kwiiiei'e, ^ckwiiie, langsames Wegzehren
viel herumliüpfen etc. ; — lio deid niks as n. Hinsiechen, tutheilbare Kränkelei etc.
kwikstertjen ; — he kwikstc'rtjet al wat Iierum. kwiiikcleren, zwitschern, mit tremulirender
kwil, a) der aus dem Munde heraus- Stimme laut u. lustig singen od. schmettern
quellende u. langsam am Kinn herunter 45 wie die Vögel. — Nd. quinckelereu u. quin-
ßiessende schleimige Speichel od. Geifer; — kein; nid. k winkeleeren «o« »»«/rZ. quincken,
dat kind schreft snöt un kwil; — he wurd qninckeien, quinckeren (crebro et solerter
so itVig, dat huni de kwil bi de mund dül modiilari), was vielleicht ('<■/. kittern = kwit-
lep; — b) die aus dem 'J'abak beim Jiauchen tern etc.) aus unserm k'mkon hervorgegangen
sich absondernde u. abßiesscndenicotinhaltige ^0 sein könnte, wahrscheinlicher aber in der
Flüssigkeit od. Jauche; — taliaks-kwil. — Bedtg. : trillern od. trällern (von den Lerchen
Nfries., wang., dithni. (cf. kwilen), mnd. etc.) mit dem folgenden nid. kwinkeu un-
qull : nid. kwyl; mnld., mjlä)n., wfries. iiny], mittelbar zusammenhängt.
•piiel ; oberd., bai/r. (jneiie (nach queilen, kwillken, kwinkogen, zivinken, zwinkern,
cf. kwilen). — Sofern es nicht etwa mit 55 'las Augenlid rasch auf u. nieder bewegen,
unserm kelen zusammenhängt, ist es viel- blinzeln, einen Wink mit dem Auge geben,
leicht dasselbe wie hess. (Vilmar) ipiiele winken, etc.; — he steid al to kwinken ol.
(Quelle im tveichen morastigen Bodin, welche kwinkugen ; — he kwinkt mi to, dat ik dat
ihr Wasser nicht über die Oberfläche des net düu scliulde. — Sali, quinkje m. quink-
Bodens heraustreibt, sondern unter demsel- 60 ögje; wang. quink (blinzeln, mit den Augen
KWINK-OGEN
447
KWISPEL-DOETJE
zwinJcern). — Da beim kwinken (zwinJcen,
zwinkern od. blinzeln) die Augenlider rasche
unsichere u. zitternde Bewegungen machen,
so ist kwinken dasselbe Wort tvie nid. kwin-
ken (rasch hin u. her bewegen, beben, zit-
tern, bz. trillen, d. h. kleine u. rasche Be-
loegungen machen, fortwährend hin u. her
fahren) ; mnld. qiiincken (micarc, motitare ;
dubio et tremulo motu forri), wie dies auch
durch mflärn. qniucken (ostinceler, cligner)
bezeugt toird. Vergleicht man nun weiter
nfries. (Outzen) qu'mk, flatternd, was sich
hin u. her bewegt, quink-, quog-, quek-,
quag-jacht, Irrlicht u. jütl. qnink-sijert, Ohr-
ivurm (Alles imn der raschen, lebhaften od.
zitternden, hin u. her fahrenden, flatternden
Bewegung u. Letzteres begrifflich dasselbe
tvie unser kwiksterl), so scheint es fast, als
ob der Stamm kwink od. quink von kwinken
etc. eine blosse Nasalation von kwilv (leben-
dig, beweglich, unruhig, unstet etc.) ist u.
demnach kwinken urspr. zunächst die }iedtg. :
beweglich, u n r u h i g, u nstet etc. s e i n
hatte u. dass dann daraus die Bedtg. : sich
rasch od. unruhig u. iinstet bewegen, flat-
tern, hin u. her bewegen, bz. motitare, mi-
care etc. entstand, loie auch ja engl, quinch,
quich (sich regen, sich rühren, sich bewegen,
zurückfahren, loeichen ; sich mucksen) in
der Form quick belegt ist u. tvohl zweifellos
mit engl, quicken (lebendig -nierden; sich
rasch bewegen, zucken) zu quick gehört.
Was das afries. kwinka (schwinden, ver-
gehen etc.) ; ags. cvincan (extingui, evanes-
cere) u. cvencan; aengl. cvenchen (extingucre) ;
engl, quencli (auslöschen, dämpfen, stillen
etc.) etc. betrifft, so hat das obige kwinken
damit schwerlich Etioas gemein.
kvvink-Ogeii, .9. kwinken.
kwink-slag, Finte, Kniff' etc. ; — dat sunt
all' man kwiukslagen. — Nid. kwinkslag;
nd. quinkslag. — Wohl zu kwinken in der
Bedtg. : rasch hin n. her bewegen etc., so-
dass kwinkslag soviel ist als ein rascher
unvermutheter, od. rasch u. unvermtithet ver-
setzter Schlag.
kwiiite, s. fibelkwinte.
kwipstert, kvvinsterten, ,9. kwikstert etc.
kvvirel, kwirrel, kwirl, Quirl, Rührstab,
den man mit beiden Händen rasch hin «.
her dreht od. tvirbelt. — Es entstand aus
twirel, dwirel u. gehört mit diesem zu dwireln
u. hat gekwirel auch ebenso ivie gedwiiel
die Bedtg. : Gewirbel od. rasches Gedrehe
etc. u. kwireln od. kwirreln dieselbe loie
unser dwireln.
kvvirt, was sich rasch dreht, ivendet u.
nach allen Seiten hin beioegt; daher: wir-
belig, dreherig, beweglich, unruhig, rasch,
flink, behende etc.; — he is not so kwirt
as 'n tireltop (Kreisel). — Es gehört zu
einem aus älterem dwiran , twiran (dem
Stammverb, von dwären, dwereu etc.) ent-
standenen obs. quiran (drehen, wirbeln) m.
5 steht demnach für kwiret od. quiret (drehet,
dreht etc.). Vergl. dieserhalb unser knird
u. das daselbst angeführte ags. cneord etc.
1. kwirtjen, sich rasch, lebhaft u. behende
drehen, wenden u. beivegen, sehr beweglich,
10 wirbelig u. unruhig sein, mit Lachen erre-
gendem Eifer umher od. hin u. her rennen,
sich unnütz abmühen etc. ; — he kwirtjet
herum as 'n tireltop, od. as so 'n lütjet
liundje etc. ; — he kwirtjet all' wat herum
15 un rigt dog niks üt.
2. kwirtjen, in Folge von starkem Druck
etc. mit knirr endem od. zischendem
'Tone 100 heraustreten od. herausfliessen,
heraussprützen etc. ; — dat sap (od. blöd,
20 water etc.) kwirtjed d'r man so üt. — Es
ist ein schallnachahmendes Wort zoie snirtjen
u. gehört ebenso wie das vorige kwirtjen zu
einem Stammverb, quiran, was urspr. viel-
leicht mit kwarren od. aJid. queran in der
25 Bedtg. : k n arre n connex ist u. dann ebenso
wie knirr en von knarren ein Ablaut-
verb, von kwarren (knarren) ivar. Vergl.
dieserhalb auch bayr. k n i r r e n in der
Bedtg.: kneipen od. drücken, zusammen-
30 drücken, etc. unter knirr en sub 4 in
G r i m m, Wb., sowie auch k n ir sehen sub 4
in der von : knirschend zermalmen , zer-
drücken, zerstossen etc. u. ferner unter grind
das Verb, grindau, wobei man dann auch
35 annehmen kann, dass die für kern, körn,
kwern etc. anzusetzende y gar (zerreiben etc.)
mit gar (sonare) urspr. ident. loar u. davon
ein altes germ. Verb, quiran, quar, goth.
qiran , qar , qair in doppelter Bedtg. loie
40 grindan (frendere, fremere; molere od. con-
teri) entstand, was dann soivohl dem goth.
qairnus (cf. kwern ?f. cf. auch mhd. quirn-
stein = quernestein, Mühlstein, bz. Stein
zum Zerreiben u. Zerquetschen) als imserm
45 kwarren u. ahd. queran (gemere etc.), sotvie
(nach nhd. k i rre = goth. qairrus, nd. quir)
auch dem spät-mhd. kirren , mhd. kerren
(einen grellen Ton von sich geben, kreischen,
schreien ; loiehern, grunzen, knarren, rau-
50 sehen etc.) zu Grunde liegen kann.
kwispel, betveglich, unruhig, quecksilberig
etc. ; — he is so kwispel as 'n äftaske (Ei-
dechse). — Es gehört mit kwispelig zu kwis-
pelu, od. doch zu demselben Stammverb. u.
55 ist, da kwispeltürig dasselbe ist wie wispel-
tiirig, auch dasselbe tvie wispel. Vergl. Wei-
teres unter kwispeln.
kvvispel-dörtje, Spmcktöpfchen, gewöhnlich
von Porzellan od. Fayence, welches fries.-
60 holt. Reinlichkeit zur Bequemlichkeit für
KWISPELIG 448 KWISf
sich u. die Gäste auf den Tisch stellt. — so ist es wohl zweifellos, dass unser kwispel
Dimin. vom nid. kwispe- od. kwispeltloor u. ahd. kvispel Sjiäter gerin. wispel (statt
u. dies entstellt ««.•<• si>an. escupidor od. es- hvispel) auf eine mit urspr. „k" anlautende
cupidoro von span., port, prov., afranz. idg. }/ ~urück(jehen. Gehört nun aber (cf.
escupir, escopir; ital. escupir; wal. scuipa 5 Fick III, 94) ahd. hwispalön, ags. hvis-
(.fpeien, spucken, au-:speien). priim (ivispeln, wispern) mit ags. hveosau
kwisjtelis^, beweglich, tinruhig, quecksil- u. an., isl. hvisla (ins Ohr ßiistcrn), hvissa
herig, uetterwendisch etc.; — lii- is mi föls (sausen etc.) etc. zu einem agcrm. Verb.
to kwispolig, as dat ik lii hiiin düien kan hvisan, hvas (unverschoben kwisaii, kwas
Uli wat mit lium to döa hebben iiiaü;. U) von einer Schallwurzel kvas, kas, </. dieser-
kwis|iel-iimfS, ein unruhiger quecksilbe- halb an. kvisa, icispern), so ist für kwispel
riger Mmscli, der kein Sitzfleisch hat u. etc. auch ein altes einfaches kvisaa anzu-
7nit dem Arsch immer hin u. her rückt. setzen, dessen Anlaut kv in kwispel unver-
kwispeln, sich rasch u. unruhig hin- u. schoben blieb, indem für mnld. wispeleu
her bewegen od. in steter rascher Bewegung 15 (vacillare etc.) u. wis])el-duerigh (cf. kwispel-
scin ; hin u. her rennen, flattern, schweifen, tüng) anzusetzende)! alten hwispalöa aber
wedeln etc.; — he kwispeld herum as 'n der Lautverschiebung unterlag.
lütjet liuudje; — dat kwispeUi (schweift, Was nun aber weiter das mnd. (luispel
flattert etc ) all' hen unher; — mit de steit (belaubter Zweig od. Laubbüschel, Quast,
(Schtvanz, Schweif) kwispeln (wedeln, hin 20 Wedel etc.) betrifft, so ist es klar, dass dessen
u. her schlagen etc.). — Xld. kwispelen (mit oben erwähntes Stammverb, kvisa od. quisan,
einem Wedel od. einer Quaste besprengen (juas auch das Stammverb, von kwast, soiuie
u. überstreichen; geissein, peitschen ; wedeln). an. kwistr u. kwisl (s. unter kwast«. 1
— Das nid. kwispelen ist lediglich von kwister) sein muss, sofern der Anlaut dieser
kwispel, bz. mnld. quispel (a. cauda; — b. 25 Wörter, sowie auch unseres kwisten der
aspergiilum, aspersoriura etc.; — c. peui- Lautverschiebung entzogen ist u. sie auch an-
cillus); nd., mnd. quispel, quespel (Quast, .statt zu einer y gas, gvas, zu einer ]/ kas,
Wedel, bz. ein Zweig mit Laub, Laubbüschel kvas gehören, die ich mit dem von Bopp
etc.) weitergebildet, ebenso wie wedeln von aufgestellten kas (pulsare, laedere, occidere ;
Wedel, während unser kwispehi anschei- 30 sonare) für (cf. kwisten) ident. halte u.
nend noch mit auf das Adv.k\v\spi'\ (s. oben) wozu Bopp auch kas', öas', gas' etc. ver-
zurückgeht, was formell u. begrifflich ebenso gleicht. Ausser der für an. kvisl (s. unter
zu quispel (cauda otc.) steht, wie alil. wadal, kwast) etc., bz. dessen Stammverb, kvisa an-
wathal (schweifend, unstät, unruhig etc.) zu genommenen Bedlg.: spalten etc. (die dann
wadal, wathal (a. Wedel, tlabellum, Büschel 35 selbstredend auch für quispel in der urspr.
von Haaren, Federn, Zweigen etc. zum Bedtg.: Zwe ig etc. anzunehmen wäre, falls
Sprengen, zum Streichen, Geissein od. Scilla- mau nicht etwa hierfür die Grdbedtg. :
gen im Bade etc. ; Laub- od. Feder-Büschel schlagen, streichen etc. od. schwingen etc.
als Fächer od. Schmuck; buschiger Schweif ansetzen müsste) würde sich die Bedtg. so-
von Thieren ; — b. Schweifen, Schwanken, 40 uare od. rauschen, sausen, surren etc. dieser
Wanderschaft etc.; — c. Phasen des ab- u. y dann auch für an. kvisa (wispern) heran-
zunehmenden Mondes etc.), wie ja auch ziehen u. dann in gleicher Weise auch ahd.
unser kwispeln sich begrifflich mehr mit hwispalön u. hwispriau, bz. isl. hvisla u.
ahd. wadalön (schweifen, schwanken, flattern ags. hveosan (s. oben) davon ableiten lassen,
etc.; mit einem Wedel streichen od. schla- 45 wofür auch der Umstand S2)richt, dass auch
gen etc.) deckt, als das nid. kwispelen. der Anlaut „k" in aengl. (juanue etc. unver-
Was nu)i aber weiter das Wort kwispel schobcnblieb, während er in ahd. h\Aime (nhd.
als Adv. betrifft, so ist dies auch (wie oben wann) etc. der Lautverschiebung unterlag,
unter kwispel bereits bemerkt) ident. mit kwispcl-sti-rtjen, schwanzwedeln, mit dem
wispel in wis])eltüng (s. d.), wie dies auch 50 Schwänze hin u. her schlagen etc. — Nid.
durch das mit unserm kviispela u. zum Theil kwispelstaarten; »(///</. (KU.) quispel-, wis-
auch mit ahd. wadalön (s. oben) sgn. mnld. pelstaarten.
wispelen (vacillare, vagari) u. dem mit ahd. kwispel-, wispel-türig, tvankelmüthig, un-
wadalari (umherschweifender Mensch, Vaga- beständig, flatterhaft etc. — Nid. wispel-
liund) sgn. mnld. wispeler (vagus, vagal)un- 55 turig; mnld. wispelduerigh, also tiirig aus
diis) bestätigt wird. Vergleicht man hiezu dimg u. dies von diircn (dauern), r/". kwispel.
tiun aber weiter, ivie dem alten urspr. harten kwist, k\\\st, Schaden, Nachtheil, Verlust,
Laut „k"' (lautverscJioben = germ. „\\") auch Verderben, nutzlose Verwendung etc. —
im aengl. quauae = ahd. hvauue (nhd. Sprichw.: twist (Streit, Prozess etc.) is (od.
wann, cf. wen od. wenn) erhalten blieb, CO brengd, mäkd) kwist. — Nd., mnld. quist;
KWISTEN 449 KWITEN
7nn(l. quist ncl. (jinst (Schadrn, Nachtheil, ahgerichcn u. gereinigt werden. — Ea ist
VerluM) ; ahd. (iuist (Vcrnichtitng, Veräcr- Weiterhildung von kwist =— kwest, kwast
Iien) etc. Vergl. weiter : (Büschel etc.), cf. kwast u. an. kwistr, .^owie
kwiHtei\},k\\isten.,gewöhnlichl'cv-k\\iHtcM, auch mnld. quispel (Quast, Wedel etc.), iror-
verderJien, zu Grunde riclden, verwüsten, 5 aus sich auch erklärt, dass 2 kwistern wie-
vernichten, sinnlos u. nutzlos vergeuden od. der dieselbe Bcdtg. wie kwispclii hat.
durchbringen, verschwenden etc.; — he hed 2. kwister, Person, die das kwisU' n thut ;
sin hele hiulel ferkwistd un to not mäkd; — ho is 'n kwister od. forkwister (Vergeu-
— wut word dar unniit föl geld mit for- der, Verschwender, Verderber, Verzehrer etc.)
kwistd od. icvs^xWd (versplittert etc.); — he 10 3. kmfi,\<>^v.,k.\\mi^v (Brookmerl.od.nürdl.
ferkwistede un fertärdo all' sin geld un god. Theil des Amtes Aurich), ein. Hafergrütz-
— Sprichiv. : twisten (streiten, prozcssiren) midier, hz. ein Jemand, der auf einer Hand-
ele, is od. mäkd kwiston, od. : mit twisten miihle (kwern) Grütze macht. - Dass dieses
un kwisten ferbrengd man sin göd. — Nid. Wort mit 2 kwister formell u. begrifflich
kwisten, verkwisten; mnld. quisteu (terere, 15 eins ist, scheint zweifellos u. ivird auch
conterere, atterere, friare, dissipare, inutiliter hierdurch wieder bestätigt, dass kwisten (s.
eifnndere, profundere, dilapidare, prodigere); daselbst am Schlüsse) von Hause aus eine
«?_/?«»(. quisten; j/ri. quisten, verquisten; mnd. ähnliche Bedtg. tvie grindan od. wie mah-
quisten od. quisten (nach dem Subst. quist) ; len u. schroten gehabt haben wird,
tbfries. quistgjen ; nfries. qniste ; ahd. qui- 20 1. knistern, kwistern od. ferkwistern,
stan, chwistan (in ar-, fir-quistan) ; goth. unnütz verthun etc. — Iterat. von kwisten.
qistjan (verderben, zu Grunde richten). — 2. kwistern, kwistern, schweifwedeln,
Wie ahd. klacjan, nhd. kl ecken von klac wedeln, schwänzeln etc. — Zu 1 kwister
(Bruch, Riss, Spalt etc.), so ist kwisten, bz. loie kwispeln (wedeln) zu kwispel. — cf. auch
goth. qist-jan u. qist-nan (verderben, zu rifi bayr. (Sc hm.) questern (hin u. her laufen
Grunde gehen, zu nichte tverden) von einem od. rennen) zu kwispeln.
Stamm quist, qist fortgebildet, der tvohl mit kwit, quitt, frei, ledig, los, verlustig etc. ;
ahd. quist etc. (cf. kwist) ident. ist, sofern — kw'it scheiden (frei schelten od. sprechen,
dieses nicht ettoa ans quista od. qiiistä ge- für frei od. ivovon befreit u. ledig erklären) ;
kürzt ist u. ebenso tvie quist- od. qist-jan 30 — he is fan de schuld kwit schulden (er
von einem Stamm quist od. qist weitergehil- ist von der Schidd frei gesprochen) ; — he
det ist. Sei dem nun aber wie es sei, so is de kolde (das kalte Fieber) glükkelk wer
ist es wohl zweifellos, dass dieser Stamm, kwit; — he is 't all' kwit räkd; — ik
od. das Subst. quist formell dasselbe Woi't künde niks an hum kwit worden. — Redens-
ist toie an. kvistr (Zweig) u. demnach auch 35 arten u. Sprichw. : kwit of ins so wid (quitte
ebenso tvie dieses (cf. der Form tvegen auch ou double) ; — de nich kumd to regier tid,
Gift von geben, bz. giban etc. od. Gischt de is sm mältid kwit; — lank bürgen is
von. gischeii etc.) u. an. kvis.\ (s. unter kwAHt) nog gen kwit scheiden. — Nd., mnd. qiiit ;
auf ein verlornes Stammverb, quissan, quas nid. kwijt ; 7nnld. quyt ; mhd. quit, queit;
od. urspr. quisan, quas, goth. qisan, qas 40 afries. quit, quijt ; sali, quit; nfries. quijt ;
zurückgeht, ivas loahrscheinl. mit ags. (L. nfries. quitt, quid; isl. qiiittr; norw. kvitt ;
Ettmüll er) cvissan od. cvisan (terere) schwed. quitt; dän. quit; aengl. qvite; engl.
forevissan (conquassare) , tocvissan (concu- quit; afranz. cuite, quite ; franz. quitte;
tere, od. nach H. Leo: knicken, zerknicken, mlat. quitus, quittus, quietus (frei, ledig,
zerquetschen, vernichten) ident. ist u. mit 4.') los). Mit (Diez 1,124) ital. clieto ; span.,
lat. vastare (aus guastare od. gvastare, loie pmrt. quedo; afranz. coit, coi (ruhig) aus
vivus aus gvivus, s. unter kwifer u. 2 kwik) lat. quietus von quiesco n. dies von quies
auf die y gas, skr. jas od. gas (laedere, (Ruhe).
occidere, spernere, cf. Bopp, Gloss. comp., kwiteii (kwct, kwilten), frei, los n. ledig
pag. 150, b) zurückgeht u. auch für kwast 50 machen, befreien, lösen, entledigen etc. ; frei
u. kwispeln (cf. auch 1 kwister u. Wei- geben, erlassen etc., oft pleon. mit beigesetz-
teres tinter kiseu) aufgestellt wurde. Die tem fre (frei), tvo es dann die Bedtg. : machen
Grdbedtg. toird ivohl: schlagen, hatien, spal- od. sprechen etc. hat; — kwit' di, of gäf
ten, brechen, verletzen, verwunden, zerschla- dt ! (mache dich frei von, od. entledige dich
gen, zertrümmern, zerkleinern etc. sein, da 55 deiner Verpflichtung u. Schuld, beweise dass
das goth. qist-jan od. qist machen doch du deiner Verpflichtung nachgekommen od.
icohl soviel als: Bruch, Brocken, Trümmer deine Schuld entrichtet hast u. sonst ergehe
etc. machen (cf. auch 3 kwister) heisst. dich n. zahle etc.); — he wul siik d'r fan
\.k\\'\H\«,v,k\\\HW\\I[aarquast od. Borsten- kwtten (frei machen) od. fre fan kwiten
quaste, womit das Rindvieh u. die Pferde 60 (frei von machen, frei von sprechen); —
J. ten Doorukaat Koolman. Wörterbuch. II. 29
KWITEREN
450
LABBE-KAK
sin sclmUl is hiim kwätcii (erlassen etc.); —
liö kwi't luim d'r faii (er machte, ihn frei
davon, entliess ihn davon, galt od. sprach
ihn frei davon) od. hö kwöt hum d'r faii
fre (sjirach ihn davon frei) etc. — iV(/.
quitPii ; nind. quiteii, (luitteii ; tild. kwijtoii ;
mnid. qnytcn; enifl. quit; franc. <niitoi-,
qnitter etc.
kwitr'iM'D, quiltircn, der Schuld für ledig
erklär cn de. - Aus franz. qiiiter etc., cf.
kvvitoii
kwitlern ; /. ([. kittorn, öfters einen leisen
od. feinen u. scharfen Ton od. Schall hören
la.-iscn, Jniixlern, knittern, zwitschern etc. —
SiUl. (Ehrcntrant II, '21C>) ([uittcrjo
(knittern, knattern, z. B. vom Donner, cf.
knittern u. knitterslag). — Dasselhc Wort
ist auch nd. (Schani buch) qniltern (von
der zitternden Bewegung der LichtstraJtlcn :
glilzen, funkeln); hess. (Vilniar) qnittern
(glä)izen, leuchten), da dies ebenso wie sen-
gen aus der Bcdtg.: knistern, hz. hier
aus knisternd sprühen u. hin- u. herfahren
(von Funken od. leuchtenden glänzenden
Sprcngstückchoi, die knisternd u. sprühend
durch die Luft fahren) etc. /i er vorging, ganz
wie dies auch mit dem nhl. schitterou (cf.
5 sehittorn) der F(dl ist. Weiter vergl. auch
nd. (Br. M''h.) ((nittern (spitzläeheln od.
eigentlich kichern, hz. fein u. leise tönend
lächeln), sowie hagr. (Sc hm.) ([nitteln, qni-
teln (von der Gans, dem Hahn u. sonstigen
10 Vögeln v. deren zwitschernden u. schmeliern-
den Singen etc.), was übrigens dasselbe Wort
ist, wie ahd. (initilün (murmeln, Etums leise
klagend besprechen) u. dem ebenso wie un-
serm kittern u. kwittern, sowie dem as. (jni-
15 thean (hunentari) u. goth. (lithan (sprechen
etc., cf. kwiUeln u. auch kwalteln etc.l ein
Schallstamm qnit, qiiat od. kit, kat ('<;/'. kat-
tern , k\v(>ttern ete. u. auch kwatsen) zu
Grunde liegt.
20 kwitliu;;', Quittung, Schein, dass die Schuld
bezahlt od. erledigt ist.
kwivei', kwivei'ii, .s. kwilcr
kwiibltelii; /. q. kwaldiein.
L.
1, als Anlaut, steht oft für agcriu. hl aus
kl od. kr. Sodann wechselt 1 auch unge-
mein häufig mit r, wie in den meisten FiUlen
1 aus nr.'^pr. r entstand. Ferner tritt für 1
aucli, oft n ein, wie z. ]>. in kimi'c .slntt khü'o
od. in kniiHAk statt klüflok etc. Wegoi 11
für Id vergl. füllen, kollen cte. statt fohlen,
kohlen etc., ivic umgekehrt 11 auch ivictler
in Id (z. B. in solder etc.) übergeht.
1. la od. lil cds Inlerjection od. Ruf- n.
Schall- Wort, b~. als urspr. SchaUioiirzel, ivie
in eala, helä, hohl etc., ist ident. mit der
von Fick (I, 187) für skr. rä, räyati
(bellen), ran (tönen, klingen etc.), re; ags,
iä; engl, lo (Inlerjection des Rufens) etc.
angesetzten idg. Grdform ra (sonarc), aus
deren reduplic. Form rara, bz. lala wieder
skr. lalalla (vom Laut eines Lallenden) ;
griech. hilos (lallend, schwatzend), laleö
(schwatzen), lällei (murmelnde Bachkiesel) ;
lat. lalhis, Jallnm (das Lcdlcn) etc. u. nhd.
lall Ol hervorgi)igen, während andererseits
die Wurzeln raji, bz. lap (tönen, klagen,
jammern, schwatzen, murmeln, flüstern), rai)h,
ramhh, bz. labh, lamhli (ertönen, schallen),
rai>, raml), bz. Iah, lainh (sonare etc., bz.
claniare od. schreien, blocken, brüllen etc.,
cf. lani, b:. lanilt, Lamm), ras (sonare, bz.
brüllen, wichern, heulen, schreien, dröhnen
etc., cf. raren, rasen etc.) etc. davon weiter-
gebildet sind.
2. la od. la. s. hide.
1. lab als ur.^jn'. Schallstamm, ist ident.
30 mit laf, lap u. erklären sich diese Formen
beim Vergleich der Stämme darb, darf, darj)
(cf. 2 hedarfen) aus tarj) von selb.st, sodass
sie sowohl unmittelbar auf rap (sonare), ids
zum Theil auch mit auf rahli od. ral», <ds
35 Weiterbildung von ra (s. unter 1 la u. vergl.
dieBemerkung zn\ai)pon) zurückr/ehen können .
2. lab, s. libhih.
labail (Schimpfwort), ein grosser langer,
hz. grober ungeschlachter Mensch od. Lüm-
40 mcl; — 't is jo 'n labaii fan 'n kcrel ; —
wat dcid de laban dar mit sin lange knaken
stän ; — dn grote (od. lange) laban (du
grosser Lümmel). — Nd. (Dähnert u.
Schütze, s. letzteren unter lüsig) laban
45 (Scheltwort auf einen trägen od. kindischen
Menschen). — Wohl ident. mit dem bibli-
schen Lab an, der sich von Jakob über-
listen Hess u. schiverlich mit mhd. lape,
lappc (nhd. Laffe, cf. laf n. labbekak,
50 lal)l>er(l (!tc.) verwandt.
labbe-kak, ein dummer alberner fauler
Schivätzer, verächtlicher Mensch etc. ; — 'I
is 'n regten labbekak. — Nid. labbekak
(babbclaar, kwaadspreker etc.); davon: hibbe-
55 kakken (i)abbelen, kwaadsprekon etc.), Iabl)e-
kakker (I. (f. labbekak), labbekaknter ( ll>//(
das labbekakt), labbekakkerij (babbelarij etc.).
— ■ Die erste Sglbe labbe gehört zu nid.,
mnld. labben, loas KU. mit klai)pen (klat-
GO sehen, .•schwatzen, aftrrreden etc. -^ ahd.
LABBE-KAK
451
LABBERE
claphon etc., cf. klappen) loieäcrgieht u.
wovon, nid. labbo, lal)l)ei od. la,hho\\o (Plnudcr-
tuHche, Svhivät.tcrin., Klätschcrin od. Khit^ch-
muiil etc. od. dasselbe wie mnld. klappcyc
[garrula etc.] iion klai)pen), labhoion (klappen,
snappen, babbolcn), lal)ber (klappcr, snapper,
babl)elaar) , labberen (anlndtoid od. viel
schwatzen, bz. nach KU.: vaiia loqni, blate-
rare) etc., wälirend kdk dasselbe Wort wie
unser n. nid. kak (Unrath, Koth, Dreck
etc) ist, sodass labbekak (od. uispr. tvohl
labbor-kak, 7vie labbe-lot statt labbor-lot)
tvörtl. soviel ivie D r eck- Schwätzer od.
Person, die Icak (Unrath od. Gemeines,
Schlechtes, Unnützes od. Böses etc., cf. kwäd
= Böses etc. u. = Koth) schwatzt u. after-
redet etc. bezeichnet, wie ja auch v. Dale
das Wort labbekak mit unnützer Schicätzer
od. babbelaar u. mit kwaadspreeker od.
Bösessprecher, Afterreder etc. erklärt.
Vergleicht man unser flabben, flobben,
flappen in clerBedtg.: schmatz en, bz. so
küssen, dass es laut schallt, od. in der von:
schlecken od. unmässig u. lüstern küssen,
sowie weiter in der von: laut seh allen
od. klatschen, klappen abgeleitet: plau-
dern etc. u. laut schallend küssen
etc. (cf. flappen u. Alles dazu Angeführte),
so i'it es klar, dass obiges labben einerseits
mit läppen u. (cf. die Bern, zu läppen) an-
dererseits auch mit nid., mnld. lahben (lara-
bere, lingere); ahd. laftan ; mhd. laifen ;
aß'S- lapjan; «». lapja; d««. labe; mnd.lii]}on
(lecken, schlürfen, schlecken etc.); nd. labben
otc. (cf. liblabben) von Hause aus miteinander
ident. ti. auch mit flappen u. klappen sgn.
sind u. auf eine aus rap od. rab, rabh
(nasal, ramp, ramb, i'ambh) entstandene ]/
lab, lap (auch laf), nasal, lamb, lamp, kmf
od. lamph (s. unter 1 la, bz. lali) etc. zurück-
gehen, deren Grdbedtg.: rauschen, tönen,
schallen, bz. Schall u. Ton machen in labben
(klatschen, plaudern, schwatzen etc.) u. in
läppen (klatschend schlagen, od. klatschen,
klappen etc.) crhcüten blieb, loährend die
ßedtg. : schlürfen, lecken etc. in dem mit
lat. lambere von derselben y abstammenden
labben od. ags. labjan etc. ebenso ivie bei
flabben u. nhd. schmutzen aiisder Grdbedtg. :
sonare, crepitare etc. in der Weise hervor-
ging, dass eben das G e r aus c h, ivas das
Schlecken, Schlürfen (cf. sUilibern) von Flüs-
sigkeiten macht, auch Vercmlassung zu die-
ser Bedtg. gab. Vergleicht man nun. aber
flabben u. flappen (klatschend schlagen od.
flattern etc. z. B. von ivehcnden Fahnen u.
Gewändern od. nasson Zeuge etc.), so er-
klärt sich auch leicht d((s nid. labberen,
flattern, sclilappern, ivap)pcrn od. loedeln,
fächeln, sanft ivehen, labber, schlaff od. weich,
sanft, .'schwach etc. od. eigentlich wohl:
flatterig, toclk etc., nicht straß' u. fest etc.,
falls es nicht einen Zustand hezeicJtnet, wo
ein. Ftwas wappert od. fächelt, da eine
5 labbere koeltc einen sanft weitenden od.
fache In de )i. Wind bezeichnet, bei dem
auch die Segel im Winde flattern u. schlafl'
niederhängen u. nur stossweise mit klat-
schendem Geräusch an die Masten schlagen.
10 labbo-lot, eine flatterhafte leichtsinnige
alberne Person, die sowohl in ihrem Thun
als in ihren Itcden sehr leichtfertig ist ; —
be (od, se) is 'n regten labbelot. — Nid.
labl)erlot (stratenschender, licbtmis, zwierbol,
15 ploert). — Wohl von labber (Klatscher etc.,
s. oben unter labbekak) od. labber (flatterig
etc. /"Jö. loas flattert u. klatscht) u. lot zu-
sammengesetzt, loelch Letzteres wohl eine
Kürzung von lote od. loter ist, dem Stamm
20 von mnld. lotcren (labcfacere, vacillare etc.),
cf. lütern.
labben, lecken, schlecken = slabben. —
Nd., nid. labben; ahd. laftan etc., s. Wei-
teres unter labbekak.
25 labberd, labbert; /. q. labbekak, von lab-
beren (s. daselbst), wovon auch belabberd.
labberdän od. laberdän, eingesalzener od.
eingepökelter Kabliau od. Stockfisch. — Nd.
labberdän; nid. labberdaan, abberdaan ; mnld.
30 abberdaen ; mfläm. laberdeau, aberdean (molue,
morue) ; engl, haberdine, älter babberdyne ;
älter franz. (cf. KU.) abordean. — Wahr-
scheinl. ist aus dem Letzteren durch Vor-
setzung des Artikels le od. V (also l'abordean)
35 das mfläm. laberdeau, bz. unser laberdän,
sowie durch Vorsetzung eines b das engl.
baberdine (cf. z. B. babade aus abide od.
afries. hacbt statt acbt etc.) entstanden,
loährend abordean selbst vielleicht mit abord
40 (Bord), abord (Anlande, bz. An-Bord od.
Bord-ami. so auch unmittelbar an) od.
aborder (anborden, landen, ans Land legen
od. kommen, an Bord od. Bordan legen,
entern etc.) zusammenhängt u. das ange-
45 bordete od. an u. auf Bord gelegte u.
gebrachte, od. mit Haken geenterte Etwas,
bz. den an Bord od. auf das Schißt ge-
brachten od. den mit Haken geenterten Fisch
(den Fang od. die Beute) bezeichnet hat,
50 der dann selbstredend, um ihn zu conser-
viren, auch gleich eingesalzen iverden musste
u. 20obei es demnach ganz erklärlich ist,
dass in der Regel nur der eingesalzene
Kabliau mit diesem Namen belegt wird.
55 labbere, a) Schleckerei, Küsserei etc. ; —
b) Schleckerei, Schlürferei, Etwas das ge-
schleckt od. geschlürft wird; daher: süss-
liches od. auch dünnes, wässeriges, fades,
kraftloses Zeug u. zwar sowohl in Bezug
60 auf das, was Jemand geniesst, als auf das,
29*
LABET
452
LADE LAE LA
wfifi Jemand ftpricht. — N'd. (Schavihnch)
labberii-, <?n.s' ~u luiujitje Kiisaeu ; im tadeln-
den Sinn. — Zu lablion otc, .s". unter labbo-
kak n. cf. lib-lal), lib-labbcrö etc., soivic nd.
(Scliamlidch) labberii; (fade, schlaff, un-
kräftifi, n-fich etc.).
labet, Icrank, Orcsthnft, knpnt; — br is
lallet; bt' iniit lau d' dokter brukon ; — ht"'
is labet gäii (er ist kuput (jeciumien, bz. ge-
storben od. rninirt etc.). — Es ist das frcinz.
böte (cf. 1 best) mit vorgesetztem Artikel la
u. aus la böte contrahirt.
hib-liattis od. hil>-atti<;, lab-achtig, fade,
u)ikr(tftiii, laffartitj, alhcrn c^f.; — dat snickd
(od. is.) so labbat'tiji- otc. ; — lir is ((>'/. jirötd)
so labliatüii. — Zu labboii otc, cf. labbo-
kak. latibcrö, laf, liblab etc.
la-l)i'äk(Mi, >;. lädc-bräken.
lacll Oll. la^ll, das Lachen, od. cigentticli
d((s einmalicje freundliche Verziehen der Lach-
muskeln, od. auch ein einmaliger 1'o)i der
Freude etc. ; — d'r kiimd gen lacii ot' od.
be let gen lach hüron. — Nid. lach, cf. läclion.
lachen od. läglien, lachen, sei es still-
rergnügt u. ohne hörbaren iMut, durch
blosses freundliches Verziehen der Gesichts-
muskcln od. hörbar aus Freude n. Lust,
vom Kitzeln etc. od. um Jemanden zu ver-
spotten «. zu verhöhnen; — dat kindjc fangd
al an to lachen ; — he läcbdo, dat bum
trauen afor de wangen ruldcn; — mau kan
sin läclicn, (Jod wet war, Iniren ; — du k;inst
wol lachen od. du liest göd h'icbeu (du kaiuist
wohl lachen, bz. gut jubeln, dicli freuen etc.,
od. du hast gut lachen, bz. gut jubeln, dich
freuen etc.); — he lacht huiu wat fit od.
hü ferlächt huiu (er lacht od. höhnt, spottet
Hin was aus od. er verhöhnt u. verspottet
ihn); — ik hol)b' min lachen d'r tan od. ik
lache dl wat iit, um dat to dön; — he lacht
in sin füst. — Nd., mnd., nid. mnld. lachen ;
afries. hlaka od. hlakja; wfries. laeckjen;
satl. h'igJG; ns. hlahan (hlög etc.); ags. (hlali-
jan), hleahhan, hiebhau, hlihhan, blyhhan
(hlöh, hlöhgou) ; nc«^/. hiahhcn ; engl.\M\g\i\
an. hlaeja (h^"^'); "O''"'- 'aeja (log); scluvcd.
le (Ing); f/ft». lee; </o</t. hlabjan (hlöh) ; ahd.
lilahliau (hlöch, /;~. hluocli). lahhan; larhaii,
lachen ; mlul. lachen. — Der Stamm bläh,
blach od. afries. blak entstand aus urspr.
kralc, kark, tvas ähnlich tvie garg (cf. kla-
gen etc.) aus dem Intensiv karkar, od. der
liedupl. der y kar (sonare, clamare etc., cf.
halcn) gekürzt u. demnach ein Schallwort
lüie klak, krak etc. /,s^. — Ausser goth.
hlab-.jan (d. h. einen lachenden Laut, od.
übi rhaupt einen Schidl od. Laut machen n.
von sich geben) gehören dazu: an. hlacka
(cbingere; exsultare), hark (stroiiitus) ; ags.
liraka (tussis); cütil. (bracho), racho ; mhd.
räche (fanx, Schlund, Gurgel, Rachen) —
skr. krka (Kehlkopf, Schlund) ; kslar. krükü
(Hals, bz. Kehle, Gurgel), sowie wahrscheinl.
unser rächen (afterreden od. klatschen etc.)
5 n. räch (s. d.) etc. etc.) ; ferner skr. kark,
karkati; Iit. klegu, klegeti (lachen); .skr.
ki'akscb (brausen, tosen); griech.. krägr-tes
(Schreier), kragön (laut schreiend), kräzö
(schreien, kreischen), kreko (klappsen, schla-
10 gen, klopfen, od. klatschen, cf. klappen etc.)
etc.; — lat. clangor, claugere etc. fr/', klang,
klingen etc.) u. cröcire etc. ; — Iit. krakiii,
krakti (brausen, tosen etc., von der See),
krankiu, krankti (krächzen) ; kstav. krakati
15 (krähen) etc. etc.
laddft, Hasen-Decke od. eine aus Pßanzen
gebildete Jilzartige Decke über einen Sumpf.
— Gleichviel ob dies Wort überhaupt die
Bedtg. : Decke od. die von rauhe, filz-
20 artige, zottige Decke, bz. die von
lockeres, r atihes, zottiges Etwas hat ,
so ist es iDohl zweifellos ur.y)r. ilasselbe
Wort wie an. lodh ; isl. lod, lad (iiirsiities,
von Pflanzen, bz. villositas terrae, od. üher-
25 haupt ein rauhes zottiges Etwas), lod (bir-
sutics, villositas); norw. lode, laadaa; dän.
laad (Haar, Wolle, linuf wolle); an. lodhi
(Pelz, rauhes, zottiges Ueberkleid) ; ags. lodha
(eine Art Mantel); ahd. ludo, lodo ; mhd.
30 iode (grobes, zottiges Wollenzeug , grobes
Tuch; Ucberwurf od. Mantel daraus) ; nhd.
Jjoden, woraus es ebenso oitstand, wie nhd.
Jjatte (in Sommer-Ljatte) aus Ijote, nd.,
wnd. lade aus Iode (Spross, cf. 1 Iode) u.
35 dessen Stammform hitha (Zotte, zottig) nach
Fick (III, 27:')) mit lös u. lesen (in fer-
lesen) von derselben y lu abstammen soll.
Vergl. Weiteres unter 2 Iode etc.
Wie schwed. Indd (Filz, das Bauhe od.
40 Wollige am Tuch), huldig (zottig, filzig, in
einander gewachsen u. verschlungen), luden
(rauh, filzig, haarig etc.) = an. lodinii ;/.
schwed. lödja (die schlechteste, kurze, hunde-
haarige Schafwolle) etc. it. ahd. Indara (11''/«-
45 dcl, cuuao etc., cf. 3 Iure) etc. gehört auch
wohl schivcd. löder; an., isl. lödr (Schaum,
spuina) entweder zu demselben Stamm od. zu
derselben y, da auch diesem Worte wohl
die liedtg.: lose, locker etc. zu Grunde liegt.
50 laddor, ,s\ leddor.
1 . lade, la«, la, Lade, d. h. ein Etwas (Ding,
Gcrälh, kistcn- od. kastenartiger Behälter,
Brett, Stange, Balken, od. Platz, Raum etc.)
worin od. toorauf man ladet od. legt, aus-
55 legt etc., od. loorin u. worauf ein Etwas
gelegt od. geladen, bz. ab- od. aufgeladen it.
attfgcschichtet wird, od. das Etwas trägt u.
hält, also überhaupt ein Lade- Ding, od.
ein Trage- «. Hctlt- Ding, sei es tvas od.
fiO wie CS sei. Daher: a) schfitlade, Schublade
i
LADE LAE LA
453
LAEDE-BRAEKEN
od. Lade in einem Tisch od. Schrank 2uia
Sergen von allerlei Sachen, auch disk- od.
schaps-U'i (jenannt ; — b) buuk-hulc od. bauk-
la, die kästen- od. kistenartige Bank, welche
zugleich zum Sitzoi u. als Behälter od. Kiste
dient; — c) pipen-lade, hölzerner Kasten,
worin die Thotipfeifen gelegt -werden od.
liegen u. aufgehoben werden; — d) smd-
lade, Lade od. länglicher Kasten, worin das
zu schneidende Material (Tabak, Stroh etc)
gelegt od. geladen wird; — e) heft-lade,
Brett od. Bort, mit zwei Schrauben u. einem
(Querbalken zum Einspannoi der Heftfäden,
tüorauf die Bücher geheftet werden, bz. tvel-
ches die Bücher trägt od. loorauf sie liegen
etc. ; — f) wefers-lä, ein viereckiger Rahmen,
der den Kamm hält, womit die Einschlags-
fäden an das bis so weit fertige Gewebe
festgcschlagen werden; — g) doden-lade,
Todtenlade, urspr. der Todten-Schrein, od.
die Kiste, der Sarg etc., tvorin die Leiche
geladen od. gelegt wird, jetzt hier aber bei
den Zünften die Kiste od. der Kasten, zu
loelcher u. worin die Gelder zur Bestreitung
der Leichenbestattungskosten der Zunftgenos-
sen eingehoben u. eingeschlossen u. deponirt
werden u. in welche als Genossenschaft sich
auch Nicht-Zunftgenossen einkaufen können;
— h) kin-lade, der Knochen, worin die
Zähne geladen od. eingelassen u. befestigt
sind; — ferner kennt man im Deutschen
ausserdem noch: \) beim Bergbau, Grund-
Lade, d. i. die Bohle od. der Balken,
worin die Thürpfosten eingeladen od. ein-
gelassen sind, bz. der diese trägt u. hält;
— k) in Ilüttemverken, Laden od. Hölzer,
worin die Bochstempel gehen u. ivovon an
Jedem Pochwerke zwei sind, die durch Riegel
mit einander verbunden tverden; u. ir.i Ge-
schützwesen hiessen 1) früher die Laffetten,
worauf die Geschütze geladen tverden, bz.
welche diese tragen, auch Laden; — so-
dann ist ra) der Laden od. das Brett, der
Tisch etc. , worauf der Verkäufer seine
Waaren ladet od. legt, auslegt etc. auch
dasselbe Wort wie lade, wie desgl. auch
n) Laden in Fenster-Laden, bz. das Brett,
womit das Fenster geschlossen wird. — Nd.
ladp, läe, lä; mnd. lade; nid. lade, la; mnld.
lade, laede ; wfrics. laede; vfries. laae, lae,
laade ; mhd. lade (Lade, Kasten, Behidter,
Sarg) u. lade, laden (Brett, Bohle, Fenster-
laden, Kauf-, bz. Krämer-, Tuch-, Bäcker-
Laden). — Wie schon oben bemerkt, bezeich-
net das von laden abstammende od. mit die-
sem von derselben gcrm. ]/ Uaid. fortgebildete,
aus urspr. hlada od. bladä entstandene Wort
lade ein Lade- Ding od. ein I^a d- Ge-
ra th, bz. ein Etwas, was u. lOorauf od.
wohin hinein man Allerlei ladet od. legt etc.
u. könnte es in dieser allgemeinen Bedtg»
selbstredend auch einen Wagen od. Karren,
der, od. ein Schiff, das ladet (od. worauf
u. tvorin man Eltvas ladet u. legt etc.), bz.
5 eine Scheuer, einen Boden od. sonstigen
Raum u. Platz, toohin man Etwas ladet u.
legt od. auch ein Etwas od. ein Geräth zum
Ljaden (Ladestock) etc. u. selbst auch eine
Person, die ladet (ein Lader) od. legt,
10 schiclitet etc. bezeicJmen, da die Endung od.
das Suffix „a" od. „ä" überhaupt nur ein
Etwas od. ein Seiendes (gleichviel ob Ding,
Sache, Geräth etc. od. Geschöpf, Thicr,
Mensch) bezeichnet, was an u. für sich erst
15 durch das vorgesetzte lad od. blad seine
Bedtg. erhält. Lm an. hat das mit lade
ident. bladha (als L^ade- od. L^eg-Ding, bz.
als Lade-Raum etc.) daher a) die Bedtg. :
Scheune od. Scheuer, bz. geschlossener Raum
20 etc., toohinein man Getreide, Futter etc. (cf.
bygg-hladba, Gerstenscheune, — bey-bladba,
Heu-Scheune, — korii-hladba, Korn-Scheuer
etc.) ladet, legt u. scliichtet od. aufschichtet
etc. ; — b) Raum, tvohinein man Schlachl-
25 fleisch ladet etc., tvährend das aus bladha
od. bladbi gekürzte bladb a) einen offenen
Raum od. Platz vor dem Hause zum Laden
od. Abladen von allerlei Sachen (einen Lade-
Platz) bezeichnet u. b) als Lade- od. L^ege-
30 Ding, od. Geräth zum Laden od. Liegen auf
Etwas wieder die Bedtg.: mit Metallzierrathen
versehenes Band als Kopfschmuck sowohl,
als aucJt die von Borde od. Randbesatz
auf od. um ein Kleid hat u. dann ferner
35 das gleichfalls zu bladban (laden , legen,
schichten etc.) gehörende bladbi (als gelegtes
u. geschichtetes, od. aufgelegtes ti. aufge-
schichtetes Etwas) wieder die von Ha ufe
(strues) lud. -^ cf. noch ags. (L. Ettmüller)
40 liUld (agger, onus) ; aengl. (S trat m a n n)
blad u. bladbe etc. u. Weiteres unter 1 laden.
2. lade, läe, lä, ein Fisch-Netz, welches
Je nacli den Gewässern, die damit befischt
tverden, eine ganz verschiedene Grösse (es
45 ist zur Befischung grösserer Gewässer 4 — 6"
Fuss hoch u. 20—10 Fuss u. darüber lang,
zur Befischung kleinerer Gewässer, ivie z. B.
die slot-lade od. slöt-läe etc., auch tvieder
entsprechend niedrig u. kurz) hat u. ent-
50 weder bei grösseren seitlich von zwei Stücken
r ahmen artig od. bei kleineren vorne von
einem Reifen ring artig eingefasst ist. —
Mag dieses Wort nun wie die Lade der
Weber od. die Lade zum Heften ein rah-
55 menartiges (von zwei oder mehreren Seiten
eingefassles) Etwas, od. überhaupt ein. Be-
hälter (Kiste, Kasten, Bunge, Fischbehälter
etc.) sein, so ist es wohl zweifellos als Wort
ident. mit 1 lade.
60 läde-bräken od. läe-, läbräken, Glied- od.
LADEN 454 LADEN
GUederbiccheii.Glicd-erlirccJie)!. — Spiichw.: ouerare; haurire), iihliulau (uvehere, exhau-
spinnen is giii liiln'akt'ii. — Kid. ledc-, lec- riro), gehladau (oxstnicre, oiR'rart', haurire),
lirekcii. if. litl, Glied. oflilailau (exhaurire), cf. L. EttmüUer, od.
1. laden (lailo. lädst, ladt ctf.; — lud, oiuTaro, congererc, cxstruero, haurire, cf.
liulst etc. ; — laden), laden, legen, schichten 5 Bouterwek; aengl. hladen (onerare, hau-
elc, b::. heben, halten, fassen (in sich fassen, rire); engl, lade (laden, beladen, befrachten
einnc/iinen etc.), tragen, bürden, lasten, be- etc. ; schöpfen).
bürden, belasten, beschweren etc.; — cf. be- Wie aus dem Obigen hervorgeht, involvirt
laden, belegen, belasten, befrachten, beschivc- ladeu od. goth. hlathan etc. sowohl ein vor-
ren, bcbürden etc.; — t'erladen, von einem 10 hergehendes Gr ei fen, Fassen, Nehmen
Hatim in einen od. nach einem a)idern legen, etc. od. Ergreifen etc. (von Etioas), als
tragen od. bringen, fahren, transportiren ein Heben, Alt f heben, in die Höhe
etc.; — inladen, einladen, einlegen etc. od. heben n. richten etc. (von Etwas), so-
einnehmen etc. ; — ofladen, abladen, ablegen, wie ferner auch ein Legen od. Stellen
abheben, abtasten, entlasten, od. verladen, 15 u. Setzen (worauf u. tvor in) od. Nieder-
versenden etc.; — nntladen, entladen, cid- legen. Niedersetzen etc. (von Etwas)
lasten, entleeren etc.; — ütladeu, ausladen, u. ein Belasten (womit), loohei denn aus
auslasten etc. — he ladt (ladet, legt, hebt Heben (wo loeg od. tvo heraus) od. in die
etc.) dat up de wagen od. in 't sehij) etc.; Höhe heben etc. wieder die Bedtg.: in
— he löd hum dat up de schulder (erlegte 20 die Höhe winden u. schöpfen od.
od. hob, bürdete etc. Htm das auf die Schul- ausschöpf c n (haurire, exhaurire) das ags.
ter) ; — de ladt siik dar ök wat up (der hladan entstand, während aus Legen od.
legt od. bürdet sich da auch was auf): — Auflegen neben Belasten, Bcschwe-
dat schip kumd heriu, um liir to ladeu (>tm rcn etc. auch die Bedtg. : .schichten des an.
hier Fracht od. Gider einzunehmen); — 25 hladha hervorging. Da nun -aber kslav.
he hcd to t'Ol od. to swär ladeu (er hat zu k]Ai\ä.,k\dSt\ {iwncre) i)n Auslaut nicht stimmt,
viel u. zu schwer geladen od. zu viel u. zu sondern für goth. lilatli, bz. and., ahd. hladh
schwer eingenommen); — dat is to swar od. hiad ein idg. Thona krath, karth od.
laden (das ist zu schwer gc- od. beladen, bz. krath, karth anzusetzen ist, so ist die Vcr-
belegt, bcJnirdet, belastet etc.); — dat schip 30 gleichung mit Jcslav. klady wohl nicht zu-
ladt 50 last (das Schiff ladet od. fasst, )iimmt lässig u. sind demnach auch wold andere
ein, trägt öO Last) ; — dat gewer is hideii Vergleichungcn mit sonstigen idg. Sprachen
(das Gewehr ist geladen, hat seine Ladung völlig gegenstandslos u. ohne Erfolg, sodass
bekommen, bz. ist mit der benöthigten Menge man bei diesem Wort lediglich auf das
Pulver u. Blei beschwert) etc. — Nd., mnd., 35 Germanische angewiesen ist. Gehört nun
nid., mnld. ladeu; afries. hlada; wfrics. aber germ. (Fiele III, 85 u. I, 41) hntfha
laedeu ; nfries. läe, lüde; wang. (Ehren- (Ruhm) mit griech. (Cur t ins, 138) kleter
traut I, 30^) lithe; an. hladha; norw. etc. u. ahd. halön (cf.hahü) ^h>- y kar, kal
lada; schwed. ladda; dän. lade (laden, be- (rufen), so könnte auch goth. hlathan vicl-
ladcn etc.) ».«?(. hladha; «orw. lada; schwed. 40 leicht zu der y kar, kal (heben, bz. tragen,
lada (legen, schichten, auflegen, aufstapeln, halten, schützen, bergen, bedecken, belegen
lagenweise legen etc., struere); (/o^/t. hlathan etc.) gehören, von deren germ. y hal, hla
in aflilathan (beladen, bz. abladen od. ab- auch ja eine germ. y halth, hlath ebensogut
legen, eine Last auf Etwas); as. hladan weitergebildet sein kann, wie dies mit kart
(aufnehmen u. legen 7vohin); (üid. hladan, 45 u. skart aus kar «. skar der Fall ist.
ladan; mhd. laden (laden, aufladen, beladen, 2. laden (lade, lädst, ladt etc.; — lud,
belasten); ags. hladan (haurire, snrsum tra- lödst, löd etc.; — laden), laden, beruf en, vor-
here, exantlare, onerare, bz. in die Höhe od. laden etc.; — he ladt lunn in; — he ladt hum
ans Etwas heraus liehen od. winden, z. B. to sük; — he let hum i'or gerigt laden. — Nd.,
eine Last od. einen Eimer mit Wasser u. 50 nid., mnd., wH7fZ. laden; »//vo. lathia, ladia,
so auch: schöpfen etc.; auf- od. zusammen laia; rts. lathian, ladoian ; «(/.s. ladhian ; «r»///.
legen, schichten, aufschichten, lagenioeisc ladhieu ; </h. ladlia; r/of/t. lathon; a/tf/. ladön,
legen u. aufbauen, aufrichten etc., z.B. einen ladhün, lathon, laden; mhd. laden. — For-
Scheitcrhaufen von lagenweise auf einander mell entspricht der goth. y lath ein idg.
gelegten Scheiten), to-hladan (ge- od. zer- 55 Thema lath od. rath, was indessen ebrnso-
schichten, zerlegen, aiiseinander legen, ab- wenig loie das für 1 laden anzusetzende
tragen, zerstören), up-hladan (aufheben, auf- Thema krath od. krath in. den sonstigen
tvinden), gc-hladan (aufladen, auflegen, auf- idg. Sprachen vorkömmt, sodass man auch
schichten, aufbauen in seinem Geiste, od- hier wieder die germ. y lath als eine Er-
wickeln, cf. H. L e o, od. struere, exstruere, 60 Weiterung von der Schallwurzel la, ra (cf. 1 la)
LAEDEN 455 LAF
ansetzen muss, da es doch schwerlich anzu- schivachherzifj, klclnmuthig, niuthJos, feif/c,
nehmen ist, dass dieses laden mit (jriecli. furchtsam, blöde). — Ks ist iDuhrscheinl.
kleteiiö (ich lade vor) u. unserm luileu «. (cf. darüber anch noch die Schlasshemerkung)
ballen von derselben |/ kar, kal, kla (sonarc, idenl. mit afries., as., ags. lel' od. löi' (matt,
clamare) abstammt. 5 schivach, hinfällig, krank, bz. infirmus, de-
1. lauen 0(Z. ledeu, Glieder. IHur. vonWCi. bilis etc.), loofür Grimm die Form K'f an-
2. lüden od. leden, gelitten. Partie, von setzt, 'während H. Leo u. J. IL Köne
lideu. dafür lef, bz. \ei ansetzen u. Sc hm eil er,
3. laden od. leA^n, verßossen, vorbei, ver- Ettmüller, Heyne, Sehade etc. es lef
gangen, bz. gegangen, passirt etc.; — 't is 10 schreiben (Heyne schreibt übrigens ags. \\i
wol al 'n jär lüden, dat hc hir was. — Daher: u. lef) u. dieserhalb v. Bichthofen u.
ferläden, vergangen etc.; — he was ferläden Andere es auch mit unserm lep (s. d.) iden-
{vergangencs od. voriges) jär altid up so; tißciren, dessen Auslaut „p*^ allerdings keine
— dt,iüv\ii([(ii\(übergcgangen, hinübergegangen, Schwierigkeit macht, da die Stämme lab, laf,
gestorben etc.); — he is for dre dagcu afer- 15 lap (s. unter lab) von Hause aus urspr.
laden. — Nid. leden in ver- ».. over-leden. eins sind od. jedenfalls im Germanischen
— Es ist das Partie, von anld. lyden; and. nicht aus einander zu halten sind. Da nun
liden ; as. lithan (gehen, vorübergehen, pas- aber lociter unser Inf (schlaff, matt, müde,
siren, vergehen etc.), von dessen Präter. led, träge, bz. iveich etc. od. lau, flau etc.), nid.
bz. hochd. leit eben •unser leden, leiten etc. 20 lof, loof (müde, matt, schlaff, iveich etc.);
abstammt u. wozu auch unser lid (Glied) mnld. loof (cf. KU.) loahrscheinl. auch mit
gehört n. ivorüber Weiteres unter leden, lid laf u. afries., as., ags. lef od. lef idrnt. sind,
u. liden zu vergleichen ist. so scheint es mir, als ob allen diesen Wör-
läde-pin, lä-pin, Gliederschmerzen, Glie- tern eine ähnliche Form zu Grunde liegt,
derreissen. — cf. lädebräken. 25 tvie unserm lef (lieb) od. tvie lof in nid.
lader, Person, die das Laden (cf. 1 u. 2 verlof (Urlaub), bz. wie löf od. lofe m ge-
laden) thut. löf, gelöfe (Glaube) u. dass das afries., ags.,
ladung, lading, laden, Ladung; von 1 u. as. lef od. lef zunächst aus leaf, leof od.
2 laden. leäf, leöf (Schade führt unter \ei auch ein
läe-bi'äken, s. läde-bräken. 30 aengl. lave mit derselben Bedtg. an, ivas
1. laf, schlaff', matt, schwach, flau, fade, ich bei Stratmann nicht finde) entstanden
süsslich, schal etc. ; — laf fan smäk (schlaff) sei u. soioie auch lef (lieb) u. lof in verlof
schwach, matt, flau, fade etc. von Geschmack, (Urlaub), löf m gelöf etc. auf eine urspr.
ohne Kraft u. Geschmack, ohne Salz u. Form hifa, luba, gekürzt lüf, lüf u. eine y
Gewürz etc.); — ik bin so laf (schlaff', matt, 35 Inf, lub zurückgehen, woraus auch die Form:
müde, schwach, flau etc.), ik mut erst wat )dd. laf u. lof, loof in ähnlicher Weise ent-
to äteu hebben, anders fal 'k um; — ik stehen konnte, wie unser ladde u. an. lodh,
heb so 'n latfen (faden, schalen) smäk in de isl. lod, lad, aus lutha od. lade, nhd. Latte,
mund; ik raut inseu 'n härink äten, oft aus lode od. lote, bz. dem. Stamm lud, lut
den wat bäter word ; — dat smekd so to laf 40 von liudan (crescere), cf. lode u. lüde.
(matt, fade etc.); du must d'r erst nog 'n Vergleicht man nun toeiter unser u. auch
bitje solt un peper andön, dat d'r wat mer as. lef (lieb) aus Huf, liub, bz. lub, od. zu
smäk an kumd; — dat hed so 'n laffen ags. \eöi den Stamm heög u.\mg von heö^^w,
matten, flauen, faden etc.) smäk; — dat is bugan (cf. bugen), so ist unser laf, bz. nid.
laffe pröt (fades, schales, leeres, gehaltloses, 45 laf, lof, loof (s. oben), sowie das aus ags.
dummes, albernes Geschwätz) ; — he is 'n leaf, leof od. leäf, leöf entstandene lef nicht
laffen (fader etc.) kerel. — Davon : laf-bek allein ident. mit unserm luf (matt, träge,
od. laf-snüt (Eitler, der ein fades Maul hat, schlaff etc.), sondern ivahrscheinl. auch syn.
bz. fades Zeug schwatzt); — lafheid od. mit demnhd.lass (träge, matt, faul, lässig),
laftlgheid (Fadigkcit, Schalheit, Geschmack- 50 bz. unserm lät (spät), dessen eigentliche
losigkeit, Albernheit etc.); — lafferd (ein Bedtg. tcohl: klebend, haftend, bleibend,
laff'er, fader, geistloser, alberner Mensch, bz. zurückbleibend od. ruhend, liegend, sich nicht
ein Laffe, cf. nid. lafaard) ; — lafhartig rührend, bz. ruhig, still, unbewegt (cf. Wei-
matt- od. flau-herzig etc., cf. nid. lafhartig, teres unter lät u. laten) ist, wie ja slap
matt- od. feig-herzig, blöde, blödsinnig etc.). 55 (schlaf etc.) u. sluf (cf. auch suf) loahr-
— Nd., nid., mnld. laf, lef (flaccidus, lau- scheint, mit slapen (schlafen) connex sind
guidulus, tepidus, segnis, imbecillis ; fatuus, u. hii auch die Bedtg.: still etc. hat. Da
ii)sij)idns) ; mfläm. laf, lef (lau,- flau, .schwach, nun aber ags. leaf, leof od. leäf, leöf, bz.
fade etc.); wfries. (J apix, Epkema) laf, engl, leave (permissio, Erlaubniss , Frei-
lei, laef (flau, matt, flau- od, matt- od. GO gebang, Zulassung etc.) im Stamm mit engl.
LAF 456 LAFEN
leave (lassen, verlassen etc.) eins ist u. beide fest. — Nd. (Br. Wh.) lövel-, lavel-beer;
nach ubiijer Ansführumj auf ein Thema icamj. (Ehrentraut, 1,370) libelbior. —
leöfii ud. lufa, (joth. luba, b:. eine ]/ Inf, liil) Zu lafcu, lofcn (loben, geloben, angeloben,
zurückgehen, die auch die y von löfeu zusagen etc.), cf. 2 lafou.
(glauben, trauen) u. löten (lieben) etc. ist 5 1. lat'en od. luven, laben, erquicken, stär-
u. wahrscheinl. (cf. letVii, latVii, lofoii) die ken ; — he mut sük erst wat lafeii ; — ho
Bedtg. : greifen, fassen, halten (halten u. läfil sük d'r in ; — wi matten hum man 'n
bleiben wo), festhalten, haften, kleben etc. Hesse win heustüreu, dat he sük wat lafen
hatte, so würde sich auch die Bedtg.: träge, kan. — Nd., mnd., }dd. laveu ; ninld. hiven,
matt, müde etc. leicht aus der von haften, 10 laeven; wfrien. (Jap ix) lauwjfjen; aJid.
bleiben ii. ruhen (od. liegen u. schlafen) ab- laben, labün, labön, lapön; wÄrf. laben; ags.
leiten lassen u. demnach auch ags., as. lef, (H.Lco, Ettm üller) ]aÜAn,\df]an. — Wohl
bz. unser laf u. Inf auch ebensogut zu dieser von ahd. laba; mhd. labe, lap (Labe, Labung),
y Inf, Inb gehören können als die Wörter ivas wahrscheinl. (äs dasjenige, toas via)i
lef, lof, löf etc. 15 schlürft od. trinkt, od. das was man zu sich
Wegen der Bedtg. : linquere od. relintineie nimmt (als Sjjeise, Trank, NaJirung etc.,
vcrgl. auch as. lebha, ags. läf (das Uebrig- cf. |' pa, pi, fassen, nehmen, halten etc., bz.
gelassene etc.), tvas mit as. lebhjan ; ahd. zu sich nehmen, trinken, schlürfen etc., cf.
leiban ; ags. laet'an ; afries. lava; mnd. leven, ber ic. imme) mit ahd. latt'an, lafan, bz. an.
loveu etc. (übrig od. zurücklassen) u. as. 20 lepja; ags. lapjan (lecken, schlürfen); lat.
lebhon (bleiben etc.) zu derselben ]/ wie lambo; ^/•«'c/<. laptö (lecken, schlürfen, sau-
Leben u. Leib (cf. läfen etc.) gehört. fen, trinken etc.) u. labe (Griff, Handhabe)
Zum Schlüsse sei übrigens noch die Frage etc., sowie mit lapel (Löffel), lippe etc. etc.
aufgeworfen, ob unser laf u. luf, bz. nid. zu der y labh, bz. rabli (greifen, fassen,
lat u. lof in der Bedtg.: tlaccidus etc. wohl 25 nehmen, halten, packen) gehört, falls es nicht
überhaupt dasselbe Wort icie as., ags. lef etwa direct mit ahd. latfau ; ags. lai)ian,
od. lef ist u. sich nicht eben durch die lajyaii (schlürfen, einschlürfen) von einem
mnld. Form lef u. durch die Bedtg. : lau, dafür anzusetzenden alten lafan, laban, lapan
flau, matt etc. mit dem as., ags. lef od. lef (schlürfen, trinken etc.) od. ies.scr )ioch vom
(debilis, infirmus) gemischt u. verwirrt hat. 30 Fräter. lab, laf, lap, von dem auch das für
Vergleicht man nämlich an. lata, norw. lava lieber anzusetzende alte Verb, liban, lifan,
(hängen, schleppen, lose herunterhängen, lipan, lab etc. (greifen, fassen, halten [er-
schlottern etc.), an., isl. laf (ala pallii, bz. od. unterhalten, ernähren], nehmen, ein- od.
Zipfel, Schooss, Busen etc., cf. engl, lap), zu sich nehmen etc., s. unter läfer) abge-
lafadufe (peuiculamentum), lafeyrdr (flaccus, 35 leitet ist u. also ahd. laba dasjenige bezeich-
tlaccis auribus), lafhraeddr (formidine flaccus net, loas Einer schlürft, trinkt (Trunk
et peudens), lafhaogr (facillimus), lati (pen- od. Nahrung, bz. das, was od. womit man
dere, tlaccescere), lafmödr (valde anhelus) etc., sich labt u. erquickt) od. zu sich nimtnt,
so scheint es mir bei der Verwandtschaft wie ja jeder Trunk eine Labe, Lab ung
von slap u. sluf mit slapeu, sowie mit slepen 40 od. ein Labsal etc. ist.
(schleppen u. .schleifen), bz. einem alten 2. lafen ofZ. laven, se/icHcr lüfen orf. luven,
slipan od. slifan (slaf, sluf, slufun) doch loben, preisen, rühmen, bz. seinen Beifall
loahrscheinlichcr, dass unser laf u. luf eher od. seine Zustimmung u. Genehmigung zu er-
mit diesen an. Wörtern zusammenhängt, als kennen geben. Etwas genehmigen u. erlauben,
ilass es mit dem as., ags. lef od. lef, bz. 45 Einem zustimmen u. ihm Etwas bejahen,
unserm lej) ein.'< ist u. dass es dann mit Ja sagen zu Etwas, zusagen, zusjn-echcn,
lobbe u. an. lafa zu der y rab, ramb od. geloben, versprechen etc. etc. ; — elker (jcg-
lamb (niederhangen, gleiten, fallen) gehört, licher, jeder) bür läfd sin botter; — wat
wozu Fick (I, 102) auch lat. labor, laj)sus läfd he dar für üt? (was sagt od. lobet, ge-
hum, labi, — labare, — linibus etc. stellt u. 50 lobet er dafür aus) ; — he hed mi 't beiafd
wozu ausser unserm lobbe auch wohl lipe, (zugesagt, versprochen, versichert) ; — ik wil
lijjeu etc. gehören. ili 't lafen wesen (ich loill es dir gesagt
2. laf, der Zunge genannte Plattjisch ud. zugesagt, versichert, versprochen sein
(solea vulgaris). — Auch mufries. latf bei lassen); — wo hog läfst (preisest, schätzest)
Cad. Müller. 55 du dat perd? — cf. aferlafen (über od. zu
läfa od. liiva (afries.), s. unter liifen. hoch loben, Überpreisen, überscliätzen, über-
laf-bek. lafTerd. lafheid etc., *•. unter l laf. fordern, den Preis zu hoch stellen): — be-
lüfel-i»«'!', r/n ber (Gasterei, Schmaus, Gc- lafen (be- od. geloben, zusagen, versprechen
läge etc.) zur Feier der Verlobung od. des etc.); — o^-diiiiw (abgeloben) ; — ütlafen fa««-
Verlöbnisses, Vcrspruchcs etc., Verlobungs- üO loben, aus^n-eiscn, ausrufen, ausbieten, aus-
i
LAEFEN LEFEN
457
LAEFEN LEFEN
geloben etc.). — Nd., miul. lavcii, luven ;
nid. loven ; afries. lovia; ivfrics. (JapiJ')
lauwjt'U u. (Ep k c III a) loven ; nfrics. (() utz c n)
lowe; loang. lovjo; as. lobön, lobhöu; a//.s.
loHaii od. lofjau ; aengl. lovcu ; an. lofa ;
Horio. lova ; dän. lovc ; ahd. lobön, lopün,
loben ; mhd. loben. — Wohl con lof (Ijoh)
locitergebildct, wo das Weitere zu vergleichen
ist.
läfen, lefen od. luven, leveii, leben, exi-
stiren, sein, Sein od. Dasein haben, wohnen
etc. ; — be Iflfd nog (er lebt noch, ist noch
da, ist noch lebendig etc.) ; — so lank as 'k
lät'e (so lange ivie ich lebe, od. existire, da
bin, Sein habe etc.); — be läfd (lebt, exi-
stirt, erhält sich, nährt sich) fan bröd un
will; — be läfd (er wohnt, d. h. er bleibt,
hält sich auf, ist sesshaft, verioeilt etc.) in
England ; — Compos. : beläfeu (erleben), —
ferläfcn (verleben), ofläfen etc. etc. — Redens-
arten u. Sprichw. : man mut läfen un läfen
lateii; — be hed to min um to läfen un to
fol um to starfen ; — wult du läfen lank un
sund, frett as de katt' un drink as de huud ;
— de wil läfen an pin, de hüde sük für
stefkiuder un winters win'. — Nd., nid. leven;
afries. leva, liva, libba; ivfries. (Ja}) ix)
lobjen, libjan ; nfries. läwe ; helg. lewwe ;
satl. liwja; wang. lib; as. libbjan, libbean,
libbjen, libbaii, lebbjön, lebbön ; libön ; ags.
litjau, libbean, leofjan; aengl. livien, leovien,
luvien, libbeii ; engl, live ; an. lifa ; iiorw.
liva; schwed. lefva; dän. leve; ahd. libjau,
lijjjau, liban, liben, leben, lepen; mhd. leben;
goth. liban.
Nach den afries., as. u. ags. Formen
muss man entweder annehmen, dass auch
goth. liban für älteres libjan steht, od. dass
neben afries., as., ags., ahd. libjan, litjan
früher in diesen Sprachen gleichfalls wie im
an., goth. u. ahd. (cf. Fick, III, 271, ivo
er an. lifa [übrig sein] mit goth. leiban
[s. unten] u. ahd. liban in piliban [bleiben]
zusammenstellt, während er an. lifa u. goth.
liban [leben] mit as. libbjan, ags. lifjau etc.
für ident. hält) ein Verb, liban, lifan bestand,
die nur insofern von einander verschieden
sind, cds lib-jan sich auf die Gegemoart, —
lifan, liban dagegen (sofern es nicht für
libjau steht) sich auf die Vergangenheit be-
zieht. Was die y lif, lib = idg. rip, ribb be-
trifft, so liegt dieser nämlich wahrscheinl. die
Bedtg. : greifen, fassen, halten, festhalten etc.
od. haften, kleben, festsitzen etc., bz. die
subst. von: Griff, Fass, Halt (Aufenthalt,
Verbleib, Buhe, Bast etc.), od. Haft, Kleb
etc. zu Grunde, sodass libjan ei)i der jeder-
zeitigen Gegenwart angehöriges actives Fas-
sen-, Halten-, Haften-, Kleben-, bz. ein
Griff-, Fass-, Halt-, Haft-, Kleb - m achen
(thun, erzeugen, bewirken etc.), — liban
dagegen ein der jederzeitigen Vergangenheit
angehörendes u. sozusagen schon geschehe-
nes : Greifen, Fassen, H<dten od. Ilaften u.
5 Kleben etc., bz. das Haben von, Halten u.
Haften, ein bereits Gegriffenhaben od. ein
jiarates Fest-, Halt-, H<(ft-, Kleb -haben
bezeichnet, loas sich insofern indessen gleich
bleibt, als sich aus Halt u. Haft machen
10 u. aus Halt u. Haft haben (wo) von selbst
die Bedtg. : bleiben, rasten, sitzen, ruJten,
ivohnen od. leben u. sich aufhalten (wo)
ergiebt «. danii tveiter aus: bleiben u. Halt
machen od. halten (wo), bz. sich halten u.
15 aufhalten (wo) auch von selbst wieder die
von (loo u. loovon) zurückbleiben, übrig
bleiben (cf. restare, ivomit ausser li e s t auch
nhd. Bast u. rasten, bz. unser rüst u. rüsten
zusammenhangen), gespart u. geschont iver-
20 den etc., bz. die von: verlassen iverden,
allein bleiben, verlassen bleiben u. sein etc.,
od. die von: nachbleiben, zu spät kommen
etc. etc. entstand, loie ja an. lifa ausser
leben auch die Bedtg. : übrig bleiben etc.
25 hat u. das Stammverb, von bleiben, näm-
lich ahd. hlTban, liban (cf. blifen) ausser
haften, halten od. bleiben (wo), nicht
fortgehen etc. aus der aus bleiben resul-
tirenden Bedtg. : geschont loer de n, auch
30 die von schonen, erhalten etc. (od.
wahrscheinlicher ivohl aus halten die von
unterhalten, ernähren, bz. erhalten etc. u.
hieraus loieder die von: schonen sowohl,
als auch aus halten od. Halt machen [wo]
35 die von bleiben) entivickelte.
Zu läfen (irgendwo haften, kleben od.
irgendivo bleiben, ivohnen, zurückbleiben etc.)
sei noch bemerkt, dass ausser lif (s. d.)
afries. lävä; ags. läf; as. lebba od. leba;
40 aJid. leiba, leipa ; mhd. leibe ; goth. laiba
(Ueberbleibsel, bz. das was übrig- od. nach-
bleibt, Hinterlassenschaft, Nachlass etc.)
waJirscheiid, auch das Wort leben als En-
dung vieler Ortsnamen im Magdeburg ische}i
45 etc. (z. B. in Ascher s- Leb e n , S a n-
ders- Leb e n etc.) u. zwar in der Bedtg. :
Verbleib, Wohnort, Wohnsitz etc. zum obi-
gen lifan, liban (cf. dazu auch klifeu) ge-
hört, während es von goth. leiban (linquere,
50 relinquere, bz. übrig lassen, schonen, frei
lassen od. geben) u. ahd. liban (schonen,
übrig lassen, bz. geschont werden, bleiben,)
als dem Stammverb, von blifen (s. d.) zweifel-
haft ist, ob diese Wörter aus älterem hlei-
55 bau, liliban entstanden n. demnach mit goth.
lileibjan, ahd. lippan, lipan, aii. lilifa (scho-
nen, schützen, helfen etc.) u. ags. hleov (cf.
leite) etc. zu einem agerm. Verb, lilibau, bleib
etc., goth. bleibau, hiaib, blibum etc. ge-
60 hören, dessen germ. ]/ hlib, idg. krip od.
LAEFEN LEFEN
J5S
LÄEFER LEFER
kribh, bz. krp, karp, krap (cf. liflpeu) etc.
icuhl iiuch ebenso wie die y i'on dem obifßeii
liltaii, loiltaii die Bedtcf.: ipcifen, fasaeii,
halten (ni)terhaltcii, er/ndteti, ernähren, bs.
tragen, helfen, sihidzcn etc., cf. die Wurzeln
pa ud. pi, l)har n. dliar tintcr liodareii),
festhalten etc. hatte, da auch Ja ;/<)th. hhixhs,
hiaifs; ahd. lilaiba, lailta, loili, leip; mhd.
leib; ar/s. hiät" (wovon hläfonl, engl. Lord,
d. h. Brodherr etc. u. hläldiue, engl.
La dg, d. h. Brod-Sjjcnderin etc.); engl.
loaf; an. hlcitV. leifV (Laib, Brod, Speise,
bz. Unterhalt, Xahrung) gnnc gewiss ebenso
gut zu diesem lilil)aii, hleiltan gehört, wie
ahd. Ii'ilia, leipa, guth. laiba etc. (s. oben)
zu lilian, leibaii.
Zu der ] lib, lit" eon libau etc. cf. skr.
lip, linip, ved. vi\^, loelchc Fick (1, 754)
mit: schmieren, salben, kleben etc., — Grass-
mann mit: schmieren an, kleben an, bz.
anschmieren, betrügen etc., — Bopp mit:
unjxeie, oltlinere, coiitaniinare, jtolluerc etc.
übersetzt u. wobei ich heim Vergleich von
klak u. ahd. klaz (cf. kladde etc. u. klatte
etc.) nicht umhin kann anzunehmen, dass
auch lip u. rip ursjtr. die Bedtg.: so-
iiare, crepitare, bz. sonus, crepitus (cf. auch
klifeii) hatten u. demnach urspr. auch Schall-
irurzeln od. Schallwörter ivaren u. Ablaute
von lap, idg. rap (souare etc., cf. 1 lab)
sind, die in gleicher Weise wie klak etc. aus
sonare, crepitare die Bedtgn. : bersten, brechen,
rei.ssen, spulten, springen, sprengen etc., bz.
die von : Bruch, Biss etc., od. Bruchstück,
Sprengstück, abgesprungenes od. abgespreng-
tes Etwas, Fleck, macula, Schmutz, Schmiere,
od. besprengen, beschmutzen, beschmieren,
besudeln etc. entwickelten , wie ja unser
rabbeln u. ribeln (laut u. viel schwatzen u.
laut lachen) ebenso wie rappeln (rasseln,
klappern, viel u. dumm schicatzen etc.) mit
griech. rabax (lärmen), rabassö (lärmen,
stampfen etc.), skr. lambh, lambhate (tönen)
u. ribh (knarren, kni.^tern etc.), ripli (glo-
riari, ]mgnare etc.), ramb (briUlen etc.), lett.
rillet (dröhnen, poltern etc.), lat. lipire (kräch-
zen etc), ßowic ivahrscheinl. auch goth. lamba
(Lamm, als Thicr, was meckert od. blockt
etc., cf. 1 lam) etc. sämmllich zu diesen aus
ra (tönen) wcitergebildeten Schallwurzehi (cf.
1 lab u. laijpen etc.) u. )nan auch annehmen
muss, da.'^s die y lap (leuchten, glänzen, od.
urspr. wohl brenne n, flammen) von Hause
aus mit lap od. rap (tönen, klingen. Jam-
mern, bz. schivatzen, klatschei)) ident. ist u.
eben ihre Bedtg. : brennen, flammen etc. aus:
knistern od. singen, rauschen etc. entwickelte,
wie Ja auch sengen aus singen entstand
u. auch mit ved. rilih (rauschen, vom Feuer
'I. Sijma; singen, lobsingen, loben, preisen)
u. raj) (sprechen, preisen; laut rauschen etc.)
u. rap, raph (brechen, spalten, reissen, be-
schädigen, verletzen etc.) als Wurzeln von
rumpere u. rapere, ripere etc. von Hause
5 aus ident. sind, da auch diese Bedtgn. aus
der älteren von crepitare od. sonare hervor-
gegangen sind.
läfen, läfend od. lei'en de, Leben ; a) Da-
sein etc.; — he lied hum 't liifen scluiiiken ;
10 — uus läfeu is bogst unseker; — d'r sitt liel
gen lafen (kein Leben, keine Beweglichkeit,
keine Biüirigkeit etc.) in lium; — b) Leib,
Körper; — he ked so 'n jökte up 't liifen ;
— he kreg 't scbrefen np 't liifen; — wen
15 he 't siipen np 't läfen (Leben, Leib etc.)
hed, den is he 6k altid dnn; — ik heb' so
'n bit (Jucken, Brickel) np 't läfen (auf dem
Leibe, bz. dem Körper) etc. ; — c) Bewe-
gung, Rührigkeit, Lärm, Geräusch, Sjiek-
20 takel etc. ; — d'r is hei gen lät'en in de stad ;
— de kindcr maken so 'n läfen, dal man
sin egen gelCul net höri'n kan.
liif'endig, lel'eiidig, \Ä\em\ig, lebendif/; —
he is nog läfendig ; — dat is liir regt läfen-
25 dig etc.
liifendi^heid etc., Lebendigkeit.
lafer od. laver, Lober, Breiscr etc. ; —
elk is 'n lafer fan sin wäre. — Zu 2 lafen.
läfer, lefer. Leber. — Nd., nid. lever ;
30 afries. livere; wang. liver; nfries. libber,
liwwer, lewwer; ags. liiere, lifre; aengl.
livere, livre; an., isl. lifr, lifnr; norw. livr,
liver; schwed. lefver ; dän. lever; ahd. libara,
Icbara ; lebera, lepcra; mhd. lebere.
35 Fick (III, 271) glaubt, dass dieses Wort
von liban = lip, kleben (cf. läfen) abstammt
u. demnach ein klehr ig es Ettvas bezeich-
net, während IL Leo (Spalte 32',)) Ufer von
lifau, bz. lifian in der Bedtg.: leben ab-
•10 leitet u. es als den Sitz des Lebens deutet.
Da indessen die alten Nordgermanen unter
Leber - M e e r ein g e r o n n e n e s ^f e er,
bz. ein Meer verstanden, worin die Schifl'-
fahrt wegen des dicklichen od. geronnenen
45 «. leicht gefrierenden Zustandes nicht mehr
möglich ti. höchst beschwerlich u. gefährlich
war, so ist es wohl zweifellos, dass das
Wort Leber mit nhd. Lab; nd. lalf;
mnd., mnid. laf u. lip, libbe ; an., isl. lif
50 (coagnluin od. ein Etwas, tvas selbst geron-
nen ist u. (ds Mittel zum Gerinnenmachen
der Milch gebraucht wird), bz. unserm u.
nd., nid. lebbc (s. d.), .'<owie mit arngl.
(Stratm ann) liveren ; nd. (Br. Wb.) leveni ;
55 mnd. levercn; <did. liberön (in gilibcrun),
später liberen, leberen ('*'« belibercn, i)eleberen,
gerinnen, coagnliren, gerinnen machen, dick
machen) zu einem agerm. Verb, liban, lifan,
lipan (lab, laf, lap, — Inb, Inf, Inji, — Inbnn
60 etc.) gehört, ivas nicht wie goth. leiban, ahd.
LAEFER LEFER
459
LAEG LEG
liban (cf. lilfeii u. s. oben) von einer y lip
= rip, sondern (cf. auch 1 lafeu) voii einer
y lab, laf, laj) =^ idg. rap, ramp od. rabli,
rambh abstammt, ivelche mit sJcr. rabh, ranibh,
bz. ]al)h, lanibh ((/reifen, fassen, packen,
nehmen, halten etc.) ident. u. tvovon auch
rap von lat. rapere wohl eine Nebenform ist.
Aus der Grdbedtg. : fassen, packen, halten
etc. entstanden nun sowohl die Bedtgn. :
fesseln, festmachen, binden, schliessen etc.
als: haften, kleben, festsitzen, bz. die von:
sich verbinden u. vereinigen (mit Etwas od.
mit einander), sich zusammenziehen u. ver-
dichten, dicht u. dick werden, od. gerinnen
(cf. coagulum u. coagulare, von cogo) etc.,
ivonach dann die Leber urspr. wohl als
ein geronnenes Etwas (auch lab u. lebbe,
libbe bezeichnen urspr. die im Magen säu-
gender Thiere geronn e n e Milch u. sodann
auch den Magen solcher Thiere selbst u.
wird sowohl diese geronnene Milch als auch
der Magen dieser Thiere als Mittel zum
Gerinnenmachen der Milch benutzt, wie ja
der Kälbermagen auch bei ti)is deshalb leljbe
heisst u. Hasenlab die geronnene Milch
od. der Magen eines jungen Hasen ist)
aufgefasst ist, wobei man loegen ihrer dun-
keln rothbraunen Farbe sogar wohl an einen
geronnenen Blutklumpen gedacht u. sie
daher mit einem geronnenen Klumpen Blutes
verglichen od. sie danach benannt haben
kann. Da nun aber Alles, was geronnen
ist u. namentlich geronnenes Blut auch
klebrig od. haftend ist, so gehört auch
unser libbe, libber, libberig (s. d.) u. weiter
unser lobbig (dicklich od. wie loir auch sagen :
gcbuiuleii) zu diesem alten obs. liban, lab, lub,
liibun, .^ci es in der Bedtg.: haften, kle-
ben etc. od. in der von: gerinnen (Wei-
g a n d nimmt für liban die Bedtg. : sich
verdichtend verc i n ige n an, cf. dieser-
halb bei ihm unter Lab, Lebd n, gel i c-
fcrn) od. in der von: sich vereinigen
u. verh inden etc.
Zum Schlüsse sei noch loegen des obigen
vorausgesetzten, von der ]/ rabh (greifen,
fassen, packen, halten, heben, tragen, bz.
fesseln, binden, verbinden, vereinigen, zu-
sammen- od. ganz u. dicht machen u. so
auch; schliessen, heilen etc) abstammenden
agerm. liban, lipan, lifan (lab, lap, laf, —
lub, lup, Inf, — liibun etc., cf. binden, band,
bund etc.) bemerkt, dass ausser nhd. Labe,
laben (s. unter 1 lafen) beim Vergleich von
hei u. lat. sanus, Salus (s. unter hei) dann
auch das an., isl. lif od. lyf (medicamenta,
Arznei, Heilmittel od. Heiltrank, bz. urspr.
dasjenige, was Wunden heilt od. schliesst
od. den Körper wieder heil u. ganz macht)
u. isl. lifja (sanare) zu diesem liban, lifan
in der Bedtg. : binden, verbinden, schliessen
etc. gehören könnte, gleichviel ob dies an.,
isl. lif od. lyf mit goth. lubi (Gift, Dosis,
bz. Zaubermittel etc.) in lubjaleisei (Gift-
5 künde, Zauberei) ; ahd. luppi ; )nhd. liippc ;
nhd. Luppe, Liippe, Lippe urspr. for-
mell eins ist od. nicht, bz. ob der Stamm:
an., isl. lif od. lyf des 'Themas lifa od. lyfa
(medicamenta) derselbe ist wie von ahd.
10 luppön ; mhd. Hippen, kippen (vergiften, hei-
len, sanare, medicare), da ja alle diese For-
men sich von selbst aus einem präsumirten
agerm. liban, lab, lub ergeben u. die Bedtg. :
Gift von goth. lubi u. alul. luppi ganz
15 gewiss aus der von: Heil- Mittel od.
Arznei entstanden ist, wie ähnlich das
deutsche Gift aus der von: Dosis od.
Gabe. — Da nun iveiter liban, lipan, lifan
aber auch die Bedtg. : hebe n, tragen etc.
20 aus der von: fassen u. halten etc. ent-
wickelte, so ist es loohl zweifellos, dass so-
ivohl das an. lypta (heben, aufheben, in
die Höhe heben'); dän. lüfte; nhd. lüften
sowohl, wie auch das Subst.: an. lopt; nhd.
25 Luft (cf. lücht, lüchten) , als das Ge-
hobene, Obere, bz. das in der Höhe über
uns schwebende Etwas u. ferner auch das
mhd. lupfen, lüpfen (in die Höhe heben etc.)
auch zu diesem alten Verb, liban, lifan, lipan
30 (lab etc., lub, luf, lup, — lupun) gehört,
indem zunächst von luf- od. lup-jan, in der
Bedtg. : Hub od. Hebung machen, ein Partie.
Fräter. luft, lupt u. hievon sowohl das Subst.
luft als das Verb, luft-jan (lüften, licJUen)
35 entstand. Möglicherweise gehört nun aber
auch luf (Wind) cds das loas sich erhebt
(der Wind erhebt sich od. macht sich
auf) u. aufmacht gleichfalls (cf. Inf)
hierher.
40 läfeni, lefern od. lävern, liefern, aus
seiner Gewalt frei geben od. lassen u. einem
Andern zu Händen geben. — Aus franz.
livrer ; rom., aital. liverare ; mlat. liberare,
bz. lat. liberare von liber (frei, los, ledig etc.).
45 lafferd, laffert, leflFerd, s. unter 1 laf.
lag od. leg, lag; Fräter. von liggen.
lag, niedrig (cf. 1 lag) ; flg. : gemein (cf.
läghart lg).
1. lag, leg, niedrig, niedrig od. flach
50 liegend etc. ; — lag water (niedriges Wasser
od. Ebbe, als Gegensatz von högwater) ; —
lag land (niedriges, flaches, ebenes Land) ;
— 'n lägen stol (ein niedriger Stuhl) ; —
dat geid al lilgcr (das geht stets niedriger);
55 — dat is u]> 't lägste (das ist aufs Nie-
drigste). — Nd. leeg ; mnd. lech, lege ; afries.
legii ; nfrics. leeg, lüg ; nid. laag ; mnld.
laegh, leegh (niedrig; flg. : gemein, schlecht) ;
mhd. laege (niedrig, flach) etc. — Es be-
60 zeichnet urspr. einen liegenden Zustand von
LAEG LEG
460
LAEG-LOPEN
Etwas n. ist es mit lajii' com Priiter. Ia>i
Oll. leg (laij, war od. hatte platt od. flach
niedergeleiß ud. war bereits liegend etc.)
weitergeliildct.
"2. 1,1g, leg, leer, frei von Last od. Ladung,
(hd etc.; — 't scliip is lilg; — Iie färil mit
"t 1;1^' schip üt; — he is Tilg iitgäu (er ist
her ausgegangen) ; — lag gäii od. lug herum
\o\nn\ (iedig od. massig gehen, ledig od.
massig herumlanfen) ; — liig makou, leer
machen, ausräumen etc. — Xd., nid. lecg. —
L's ist ein Contract. eon leiklig, ledig = midd.
ledig (liber, solutus; inanis, vacuus, cassus ;
utinsus, tVriatub;,deses,sui)inus); afries. lethog;
u'iing. liithug; S(Ul. ledüg; /tc/r/. leddig; wfrics.
lediir, luidig; nd. Icddig; mnd. ledicli, led-
dicli, laddigh (dasselbe); nihil, ledec, ledic,
liilic, lidig (ledig, frei, unbehindert, uncer-
heirathet); «f». lidhugr; norw.WtXvxg; schwcd.
ledig; dän. ledig. — Das an., isl. lidugr
wird von Biürn llaldor scn auch mit
facilis u. dexter, bz. dän. let (leicht, bequem
etc.) u. behaeudig (bellende, auf eine ge-
schickte Art, geschwind) erklärt. Da in-
dessen Je. Aasen das norw. \\i\uii, (Neben-
form: liug, leug u. lidig, sowie lidall. Hall,
ieall) ad 1 mit dän. smidig (schneidig, ge-
schneidig etc.), böielig (biegsam, gelenksam,
gelenkig, beweglich) od. som bevaeger sig
meget let (das was sich sehr leicht bewegt)
erklärt a. auch schwecl. ledig ausser ledig,
unbesetzt, frei von Arbeit od. Beschwerde
etc. die Bedtg. : icas sich leicht rühren u.
bewegen kann, geschmeidig od. leicht bewegt,
beweglich etc. hat, so ist es wohl zweifellos,
ilass sich die Bedtg. : facilis etc. des an.,
isl. lidugr auch auf die leichte Bewegung
od. Beweglichkeit u. Gelenkigkeit von Etwas
bezieht u. demnach einfach als Compos. von
lid (Gelenk, Gelenkknoten, Stelle wo die
Beine u. Arme od. sonstige Sachen sich biegen
H. bewegen, als Knie, Ellenbogen, Scharnier
einer Thiir etc.) u. der Endu)ig ig (od. ag,
eg, ug) die Bedtg. : gelenkig (bz. biegsam,
geschmeidig, beweglich, flink, rührig, behende
etc.) hat, od. einen Zustand bezeichnet, wo
ein Etwas sich biegt u. bewegt, ttz. sich frei
u. ungehindert nach allen Seiten hin biegen,
wenden, bewegen u. rühren kann. Da nun
aber nur derjenige der, od. dasjenige was
frei u. ungefesselt od. ungebunden ist, in
einem solchen Zustand verkehrt u. Alles,
was ihm (od. demselben) anhängt, od. was
ihn (od. es) belastet u. beschwert, die Ge-
lenkigkeit u. Beweglichkeit desselben hindert,
so ist es klar, dass die Bedtg.: gelenkig
(od. beweglich, rührig, ßink etc.) auih Iciclit
in die von frei u. ungefesselt, unbehindert,
unbeschwert, unbelastet etc. od. von ledig
im Jetzigen Sinn übergehen, sowie auch.
dass sowohl hieraus die von: müssig, unbe-
schäftigt etc. entstehen, als auch aus der
von: beweglich, rührig in der Weise hervor-
gehen konnte, als ein Jemand, der sehr be-
5 weg lieh ist, auch flatterhaft u. unbeständig,
od. unruhig etc. ist u. viel umhergeht, kein
Sitzfleisch hat u. sich gern müssig umher-
treibt. Da nun aber weiter das Wort lid
(cf. 1 lid) auch die Bedtg. : Stück, Thcil,
10 od. abgetrenntes, abgeschnittenes Etwas hat
od. hatte u. das an. lidlia (trennen, tlicilen,
sich in zwei Theile od. Schichten theilen od.
spalten, zerlegen etc.) entweder mit ahd. lidön
(secare etc.) von lid = an. lidh (Theil, Stück
15 etc.) weitergebildet ist, od. doch mit ahd.
lidun (secare, caedere, in Stücke schneiden
etc.) von derselben Y: gcrm. lid, idg. rit od.
ritli (s. Weiteres unter 1 lid) abstammt, so
kann selbstredend das Wort ledig, lidig, an.
20 lidbugr auch entweder von lid als Stück,
'Theil, od. abgetrenntes Etwas etc. mit ig
weiter gebildet sein od. von lida (trennen
etc.), lidön (i>i Stücke schneiden od. theilen,
zertheilen, abtrennen von Etwas) abstammen
25 od. überhaupt mit diesen Wörtern zu der
ein Gehen, Entfernen u. Trennen etc. be-
zeichnenden germ. y lid etc. gehören u.
demnach ledig (Thema lith-aga) urspr. einen
Zustand od. ein Sein etc. bezeichnet, tvo ein
30 Etwas von allem Uebrigen getrennt u.
abgesondert ist u. lebt u. kein anderes
Etwas ihm anhängt od. mit ihm verbunden
ist, icie dies Ja bei einer ledigen Person
auch der Eall ist.
35 läge, Lage. In allen Bedtg n. wie im
Hochdeutschen. — Es ist vom Präter. lag
von liggeu weitergebildet u. bezeichnet einen
Zustand od. ein Sein des bereits geschehenen
Liegens od. wo ein Etwas schon liegt.
•10 lagen od. lägen, s. ferlageii etc.
lagen od. lägen, logen, gelogen ; s. legeu
u. ferlägen.
lägen, niedrig machen; s. terlilgen, ver-
od. erniedrigen.
45 lager, läger, leger, Lager. In allen Bedtg n.
wie im Hochdeutschen.
läger, niedriger etc.; s. 1 liig.
lagern, lagern; wie hochd.
lägern, niedriger machen etc. ; s. ferlägeni
50 unter tV'rlagen.
lager-stä', Lagerstätte.
läger-ual. ein Ufer od. eine Küste, welche
an der Leeseite des Schiffes liegt u. loovon
dasselbe durch Laviren entjernt werden
55 muss, damit nicht Wind u. Strömung es
darauf hintreiben u. zum Stranden bringen.
— Nd. legerwall ; nid. iagerwal; schwed.,
dän., norw. liigcrvall.
läg-lopen, a) ledig od. müssig gehen ; —
ÜO Redensart : meuuig cu kumd 6k mit laglopeu
/
LAEG-LOPER 461 LAK
dör (lo weit; — b) leerlaufen, auslaufen; an, hz. dass klak als y von ahcl. klakjan
— (lat fat is lag lopen. etc. sowohl ein llrechen, Heissen, Bersten,
lälg-loper, Müssifigünger. Springen, Spalten etc., als auch ein Flecken
lilg-nior, niedriges Moor, niedriges sum- etc. bezeichnet, hz. dass das aus dem ahd.
pfiges Land, niedriges Weideland; Gegensatz 5 klacjan entstandene klecke n dieselbe Bedtg.
zu hüg-mör. toie flecken hat, soioie ferner, dass der
läg;te, das, was niedrig od. tief ist n. Stamm lak ebenso wie klak urspr. wahr-
liegt, Niederung etc. ; — dat geid na de scheint, ein Schallstamm, ist u. demnach auch
lägte (in die Tiefe, nach unten) heu ; — dar loie dieser die Bedtg. : soims, clainor, claugor
sunt föl lägten (niedrige Stellen, Vertiefun- 10 od. crepitus etc., bz. sonare, claniare, clan-
gen etc.) in 't land. — Nid. laagte ; mnd. gere od. crepare, crepitare etc. hatte, so
legede. — Zu lägen, nid. lagen. würde sich für ein von lak ioeitergebildetes
lai, laien, s. lei, leien etc. Thema lak-a — a) die Bedtg. : Geschrei,
1. lak (de u. dat), Lack, Firniss, Siegel- Lärm, Klage, Klatsch etc. od. Schelte, Tadel
lack. — Nid. lak (Gummi-, Siegellack); 15 etc., — b) macula (sinnl. u. fig.) od. Flecken,
mnld. lacke (iacca arab., cancamen). — Mit Fehler etc. — u. c) wie bei ahd. bresta
franz. laque; ital. Iacca; spa7i., prov. laca (Fehler, Mangel, Gebrechen etc.) u. gebrest,
von 2)ers. lak (o.^t indischer Harzsaft) ti. dies gebrist (Mangel, Fehlen, defectus etc., Ge-
aus skr. läkshä (genus pigmenti rubri), was brechen etc.) von brestan (bersten, brechen
wahrscheinl. mit rakta (rnber), y skr. raj 20 etc.) auch die von: Gebrechen, Fehlen, Man-
(sich färben, sich rüthen, roth sein) auf eine gel etc. ganz tmgesucht ergeben, während
aus arg (glühen, glänzen etc.) umgesetzte ein von lak fortgebildetes Verb, lakan u.
idg. y rag (färben) zurückgeht, wie z. B. lakjan soivohl die Bedtg. : a) schreien, lär-
auch bhaksb aus bhag entstand. men , klagen, klatschen etc. od. schelten,
2. lak H. lak, a) Flecken, Makel, Fehler 25 tadeln etc., — als b) flecken, beflecken, be-
etc, od. Tadel, Schimpf, Beschuldigung etc. ; sudeln od. maculare etc. — u. c) auch die-
— he hed 'n lak up dat wicht smeten, bz. seihe loie ahd. brestan (brechen, bersten, ge-
hnr 'n lak ansmeten od. anliangen ; — b) brechen, fehloi, mangeln) od. hrGchAn,\n'echsi.n
falsche Besclmldigung, Verläumdung, TJige (brechen od. entztvei gehen, zerbrechen, ge-
etc, od. urspr. ivohl eine Schmähung od. 30 brechen etc., bz. Brech haben od. Bruch
Beschmutzung etc., bz. sinnl. dasselbe wie machen etc.) haben kann. Hält »«a» nun
Schmutz u. Dreck; — dat is niks as lak, diese Bedtgn. fest u. erwägt man ferner,
wat he dar fan hum segd ; — dat is f'mer dass die Bedtg. : bersten, brechen, spalten,
lak (nichts als Umoahrheit od. Lüge, falsche reissen etc. auch leicht in die von: schnei-
An gaben etc., bz. nichts als Dreck od. 35 den, wunden, verwunden od. ritzen etc., bz.
Nichts u. Nichtssagendes, Nichtsbeweisen- die von Spalte, Bitze, Borste etc. leicht in
de.=t) wat he dar protd od. förbrengd etc. die von: Wunde etc. übergeht, soivie dass
— Nd. (Br. Wb.), mnd., nid. lak (Fehler, Schallstämme zum Theil unverschoben blei-
Mangel, Gebrechen), soioie nid. lak (falsche ben, zum Theil aber regelrecht lautverschoben
Beschuldigung etc.) u. laak (blaara, afkeuring, 40 erscheinen, so ist ivohl anzunehmen, dass
bz. Tadel, Schimpf etc., cf. v. Dale etc.); der obige Stamm lak mit der y lak u. rak
mnld. lack, lacke, laecke (defectus, vitium, (souare , clamare etc.) von griech. lakeö,
vituperium, probrum, ignoniinia, detractio) ; lakazö (rufen, schreien), laskö od. lekeö
n/r/e.s. lek ; ivfries.\cc\i\ satl.\c\i (Gebrechen, (tönen, krachen; singen, schreien etc.), lat.
Fehler, Schande, Schimpf etc.); aengl. 45 loquor etc., lit. rekiu (schreien etc.), lat.
(Stratmann) lac (Fehler, Mangel); engl. raucare, rsLCcare (bridlen) etc. von Hause aus
lack (der Mangel od. das Fehlen u. Ge- ident. ist u. auch in sonstigen germ. Sprachen
brechen von Etwas, das Bedürfniss , die als Iah erscheint, da das as. la-han ivohl
Noth). Davon vielleicht (Diez, LI, 142): zweifellos mit unserm 1 lakeu (s. d.) ident.
.^pan. lacra (Narbe, Mangel, Gebrechen), 50 ist. Dass nun aber die ]/ rak, lak ebenso
lacrar (schaden etc.). wie klak aus der Bedtg. : sonare, crepitare
Wen7i man sich die obigen Sätze ad 1 etc. auch wirklich die Bedtg.: brechen, ber-
soivohl, wie auch die im mnd. Wörterbuche sten, reissen, spalten, klaffen etc., bz. ritzen,
genau u. oJine Vorurtheil ansieht, so m\iss verwunden etc. od. hauen, stechen, schneiden
man doch wohl bekennen, dass die Bedtg. 55 etc. etc., bz. aus sonus, crepitus etc, neben
Makel od. Fleck (im moralischen Sinn) macula od. Fleck etc. auch die von Bruch,
vollkommen für lak ausreicht u. dass dem- Riss, Spalt, Ritze etc., bz. Bruchstück, Fetzen,
nach lak «. klak (macula) anscheinend voll- Ijappen, od. abgerissenes, abgesprungenes,
kommen syn. sind. Sieht man sich nun abgeborstenes Etwas etc. entwickelte, loird
aber weiter klak in der Bedtg. : Bruch etc. 60 dadurch bewiesen, dass sowohl griech. räkos
Laken
462
Laken
(zerri.tftene.f zerfetztCft Kind, Lumpe, Fetzen,
Lappen etc. ; Btimcl, Furche od. Ehnie,
Vertiefung, Ritze, Spalte), rükoö (zerrei.^sen,
zerfetzen, lumpig u. schlumpig machen; run-
zeln, runzlig machen), raktös (abgerissen,
nhschussig,Jäh, Hchrnff), raktös (abgerissener
abschüssiger Fels, Hügel, Felsenklufl, schroffe
Gegend etc., cf. kli[)i)0 u. unter klap das
n/<(/. cluph in der Bedtg.: abgcris.-iener Fels)
etc. als lakis (Fetzen, Lappen etc.), lakizö
(zerreissen, zerfetzen), läkkos (Vertiefung,
Loch, Grube, bz. Sp(dte, Kluft, Höhle.
Cisterne, Keller etc.); lat. lacor, lacero, la-
finia, latus otr., sowie iceiter auch laxns
(iveit, geräumig etc. od. gespalten, klaffend)
mit unserm lok (L.och, Grube etc.) auf die
Bedtg. : reissen, bersten, .ipaltoi, klaffen etc.
zurückgehen, während griech. lakki/.ö (gra-
ben, stechen) u. laktizö (mit der Ferse
stossen, mit dem Fasse stossen etc. od. über-
Itaupt : stossen, schlagen, klopfen, pulsiren
etc.) entweder auf die Bedtg. : spalten etc.
od. wie kloppen u. klappen auf die Bedtg.:
lärmen, lautes Geräusch machen etc. zurück-
gehen.
Zum Schlüsse sei noch der skr.-y rac
(verfertigen, bilden, bereiten, bewirken, thun,
machen etc.) gedacht, die mit kar (machen,
bewirken etc.) .ign. ist u. meiner Ansicht
nach ebenso auf eine idg. }' rak (spalten,
hauen, schneiden etc., bz. behauen etc.) zu-
rückgeht, wie kar auf ^Vav (schneiden, spal-
ten, scheeren etc.) tt. diese auf skar (sonaro,
crepitare, clamaro etc.) n. wegen welcher
idg. y rak unter rak, rok, rik, ruk etc.
M'eitrres zu vergleichen ist. Vergleicht man
nu)i abrr wieder die Stämme knik ii. knak
u. knikkcn {brechen, biegen, fidten etc.), so
wird auch ivohl die |/ rik (reissen, ritzen,
brechen, spalten, schroten, mahlen etc., cf.
Fick I, 742) ei)i Ablaut von rak sein u.
die Bedtg. : biegen, beugen, krümmen (cf.
Fick I, 748, wo derselbe unter Andern
auch das obige griech. lakkös u. lat. lacus
<'tc. ilazu stellt) etc. wie hei knik m. knikken
:unäch.Ht auf die Bedtg.: brechen etc. u.
weiter auf die von: sonare, crepitare etc. r/er
y lak, rak zurückgehen.
1. laken, tadeln, schmähen, schimpfen,
lästern, schlecht machen, verachten etc.; —
hf'lakcn, einen Tadel od. eine Schmähung
etc. werfen auf, beschmähen, beschimpfen,
eines Fehlers od. Gebrechens zeihen etc. —
Redensart (in Bezug auf Mädchen, die einen
Freier erst verachten u. schlecht machen,
bz. zuerst einen Tadel etc. od. lak auf ihn
werfen, ihn be- od. tierlästern etc. u. ihn
nachher doch nehmen) : do liipcl mnt erst
lieläkd wordon, 6r d'r mit äton word. —
Afries. lakia (anfechten, nach v. Richt-
hof en) od. lackia (contomnere, puniro, nach
de Haan Hettema); wfries. (Japi.v)
leckjen (s. unter 2 leck = lak); satl. lakia;
nd., mnd. lakcn (verachten, tadeln etc.) ; nid.
5 lakon ; mjläm., mnld. laeckon, lakcn (rainncre,
dcminiierc, attcnnare, oxtenuaro etc.; bz.
vituperaro , perstringcre aliqiiom) ; aengl.
lakcn; as., ahd. lahan ; ags.\ci\.\vA\\, cotdralt.
loan (vituporare, cxprobrare, prohihoro). —
10 Des inlautenden „k" = as., ags., ahd. „h"
wegen vergl. afries. hlaka unter lachen u.
s. Weiteres unter 2 lak, wonach lakcn u. ahd.
lahan wohl soviel als (sinnl. u. trop.) ber-
s t e n od. b rec h e n, bz. B r u c h u. M ak el
15 od. Fehl machen (an Ftwas) heisst.
2. lakoii, Laken, Tuch, Gewebe von Wolle
od. Lriu, Hanf etc. — Compos.: lakonkoi)or
(Tuchhä)idlcr), — lakcnwinkol (Tuchladen),
— liedlaken (Betttuch), — disklakcn (Tisch-
20 tuch), — dodcnlaken (Todten- od. Bahr-
Tuch) etc. — Redensart u. Sprichw. : dar
siigt man, wo 't laken scharen (geschoren)
word; — he wet 't laken to scheren, dat
d'r gen wiill' up blift; — dat ritt altodül
25 in 't laken (nimmt gar zu viel Tuch od.
Jjcinen weg, fig.: das kostet gar zu viel):
— he hed 't gud für 't laken (er hat den
Wind im Segel, bz. er hat günstigen Wind,
kömmt gut vorwärts etc.). — Nd., nid., mnd.
30 laken ; nndd. laecken, lakon ; afries. leken,
letsen; wfries. lecken; wang. likin; as. lakan;
aengl. lako; ahd. lahhan, lahan, lachan ;
lachen, lacliin ; mhd. lachen (TuchvonT^einen,
Wolle od. Seide, Decke, T^aken, Obergewand).
85 Bczciclmet es urspr. eine Decke, bz. ein
deckendes u. schützendes Etwas, so könnte
es mit griech. lex in a-lexö (schützen, ab-
wehren, schirmen, hüten etc.), bz. lok in
a-lokö (abwehren etc.) n. skr. raksh (hüten
40 etc.) von der y rak = ark (in arceo, cf. Fick
I, 189) abstammen u. dann auch zuerst die
Bedtg. : cutis, Haut (cf. hüd, hud, hüden)
gehabt hcd)en. Möglich indessen, dass es
urspr. blos die Bedtg.: Lappen hatte u.
45 mit griech. räkos (s. unter 2 lak) von der-
selben y rak, lak (reissen, brechen etc.) ab-
stammt, wobei weiter auch beim Vergleich
von klöd u. schürt (Schurz, Schürze) auch
die Möglichkeit vorliegt, dass lakon zuerst
50 ein abgebrochenes od. abgerissenes Etwas,
bz. eine einem Thier abgebrochene od. ab-
gezogene Haut bezeichnete, die sowohl als
Kleid, Mantel od. Decke, Schutzdecke od.
auch als Bekleidung der Zelte u. Wände
55 diente. Weiter aber ist es auch möglich,
dass das Wort lakcn mit der y rak (machen,
thun, verfertigen, bereiten etc., s. unter 2 lak)
zusammenhängt u. entweder ein bereitetes
u. gegerbtes Fell od. überhaupt ein bereite-
00 tes od. gelochtes Etwas bezeichnet hat. Da
LAKEN
m
LAM
indessen die y von lakon ancJt lag, rag ge-
lautet haben kann, so wäre es aucli möglich,
dass es mit lat. ligare etc. zur y lag (haften,
anliangen, adhacrere etc.) gehörte u. ein
Etwas bedeutet hätte, was einem Etivas an-
hängt od. was man, an, auf od. um Etioas
hängt (ein Um- od. Behang), falls man
nicht etwa anzunehmen hat, dass aus der
Bedtg. : haften, halte», festhalten etc. wieder
die Bedtg. : Jielfen, abwehren, schützen etc.
hervorging u. hieraus für lakeii wieder die
Bedtg. : schützendes u. deckendes Etwas,
Schutzdecke etc. entstand.
8. lakeil statt loken (gezogen) von liikeii.
laken-kopei' etc., s. unter 2 laken.
laks, Lachs, Salm. — Mnld. (KU.) lack,
lacks, lasch ; mncl, nd. lass ; ags. leax ; aengl.,
an., dän. lax ; norio. laks ; ahd., mhd. lahs.
— Ob das ital. lasca (ein Fisch, Barbe)
nicht eher aus dem an. lax etc. hervorging,
als (cf. Diez II, 39) aus dem griech.
leukiskos (Weissfisch, bz. Glanz- od. Leucht-
fisch, glänzender Fisch etc. von leukos, licht,
leuchtend, glänzend, hell etc.) entstand, ist
mir zweifelhaft. Dass aber der Lachs
(lit. laszis, lasziszas; lett. lassis ; pre»ss. la-
lasso ; poln., russ. losos etc.) seinen Nameu
auch entweder wie der leukiskos von dem
Glanz u. der Farbe seiner Schuppen, od.
vielleicht noch eher von seinem rothen Fleische
hat u. das Wort laks somit mit 1 lak u.
.ikr. laksay (kennzeichnen etc., cf. Pott,
Wnrzehvb. III, 266) auf die ]/ rag (färben)
-^ skr. raj (sich färben, sich röthen, rotli
sein) zurückgeht (cf. auch goth. reiks u. tat.
rcx, rego etc. von der y rag = arg) zurück-
geht, ist höchst icahrscheinlich. Zu der ]/
lagh, langh, bz. ragli, rangh (springen etc.,
s. unter lang) stimmen die obigen Formen
ivohl kaum, obschon man sonst beim Ver-
gleich von. salma u. salar von der y sal, sar
(.'springen, hüpfen) loegen der Eigenschaft
der Lachse, dass sie über die Wehre sprin-
gen, loohl daran denken könnte, dass sie
daher ebenso wie lat. salmo etc. ihren Namen
hätten.
lak-scliauen, mit tadelsüchtigem Auge od.
missbilligend auf Etwas schauen, Etioas als
tadelnsioerth n. schimpflich od. schlecht be-
schauen u. ansehen etc., cf. 2 lak etc. u.
1 laken.
la-lefer, s. lefer-lä.
1. lam, Lamm (agnus) ; — dat schäp hed
dre lamnier kregen. — Redensart : so främ
(fromm) as 'n lam. — Nd. lamna; nid. lam;
mnld. lam, lamh; wfries. laem; wfries. (Cad.
Mü Her) laum ; ivang. laum ; as., ags., aengl.
engl., goth., an., norw.]amh; schwcd. \nmm;
dän. lam ; ahd. lamb , lamp ; mhd. lamp
(Lamm, Schaf). — Das Thona lamb-a gehört
mehr zur y labli, lamltli, bz. rahh, rambh
(sonare, clamare etc.), s. unter Ulfen am
Schlüsse.
2. lam (lammer, lamer; — lamste), lahm,
5 steif od. gebrechlich, schlaff etc., bz. durch
Steifheit od. Schioüche gehemmt u. behindert,
um sich zu bewegen od. zu gehen etc. ; —
he od. dat ben is gaus stif un lam; — de
fer od. dat slöt is lam (die Feder od. das
10 Schloss ist lahm, will nicht mehr einsprin-
gen, loeil die Feder schlaff ist u. keine Feder-
kraft mehr hat) ; — dat geld ligt lam (das
Geld liegt lahm u. unthätig od. unrentabel,
thut keine Zinsen ; — he is lam legd (er
15 ist lahm gelegt, bz. in seinen Bewegungen
od. seiner Thätigkeit gehemmt etc.). — Nid.,
mnld., mnd. lam ; nd. laam ; afries. lam, lom ;
tvfries. laem, loam; nfries. lom, laam; satl.
lam od. (cf. Ehrentraut I, 196) lom;
20 wang. lom ; heJg. lara ; as., ags. lam od. lama ;
aengl , engl, lame ; an. lama od. lami ; norw.
lamen ; schwed., dän. lam ; ahd., mhd. lam
(clandus, debilis etc.). Davon : prov. lam
(hinkend); jnem. lam (schlaff).
25 Vergleicht man lat. clandus, claudo, clau-
dico zu lit. klausti ßitidern, hemmen, bz.
halten auf, halten loovon ab, halten fest),
klauda (Hinderniss , Gebrechen) u. dass
dieses tvahrscheinl. mit claudo (schliessen,
30 sich verbinden mit, od. sich fügen an Etwas
etc.) u. lit. kludau (hängen bleiben an, bz.
haften, kleben od. festsitzen an Etioas),
kliuvu (kleben od. fassen u. haken an Etwas,
festsitzen u. hangen bleiben), kliaute (Hin-
35 derniss, Hemmniss, Aufenthalt etc.) zu einer
y mit der Bedtg. : fassen od. halten (fest-
halten, haften, kleben, festsitzen, halten od.
bleiben wo, sich od. ein Anderes too halten
od. too aufhalten, bleiben od. ruhen wo etc.)
40 gehört, so glaube ich, dass man für lam
(Thema lama, laman) u. den damit verwand-
ten Wörtern auch eine y lam od. ram mit
ähnlicher Bedtg. ansetzen muss, die meines
Erachtens in ra, ran, ram vorliegt, loofür
45 Fick (111,246) die Bedtg.: weilen, ruhen,
gern bleiben, sich behagen, bz. ruhen, auf-
hören etc. ansetzt, die aber beim Vergleich
von läfen u. skr. ram, ramati (anhalten,
stillstehen machen, Jemanden verweilen),
50 ramate (verweilen, rasten, ruhen), od. nach
Grassmann: Etioas sich Bewegendes zum
Stillstand bringen ; ruhen lassen von ; fest-
stellen, befestigen od. festmachen ; still stehen,
rasten (wo od. wobei); weilen, gerne toeilen
55 (bei) etc. ganz zweifellos die Bedtg. : fassen,
haften, bz. greifen, packen, halten (ich halte
selbst, bz. bleibe .stehen, gehe nicht weiter,
hemme meine Schritte etc., — ich halte Je-
manden od. Etwas, bringe ihn od. es zum
GO Stehen od. zum Stillstand, hemme dessen
LAM 464 LAMEN LAMMEN
Gnng etc.) etc. hatte u. wahr^icheinl auf ar des Brntatnlcs eiues frühem Verh. liman,
(rersetct ra) iu die Bcdt(j.: sieh bewegen, \dim,\\\n\\\\m\\\\ s. auch Weiteres unter \m\\ei\
gehen (wohin od. ~u Einem), konnnen (cu), n. liiinniel ii. sodiuni ef. auch lommor otc.
Jemanden nd. Etwas erreichen u. fassen etc. LaiiilxM'tiis, ml. Name. cf. Ijaniboit, Lam-
zurüekgeht. — Ans der Bedtg.: halten ä port, Lamliroclit ft/. Wolltertr, Wolbregt, fc.
(ein Etwas od. wo) ergelten sieh die Bedtgn. : Wolbergs, Wolhrechts) n. Lanbort, Lanport,
ruhen machen, aufhalten, hemmen etc. so- Jjiint\wrtfic. bei Eö r st em a n )i unter^jAml,
wohl (ds auch die ron : ruhen, rasten, blei- wobei man übrigens auch nicht daraus klug
hen, verweilen, verharren etc. von selb.^t u. wird, ob die Endung bort, port :u poran,
kann ron der y rani, lam sowohl ein altes 10 bpran (tragen) gehört u. also das aus Land
(fcrm. Verb, rinian, rani, nun, riunnn, bs. u. bort od. brockt zusammengesetzte Wort
liman, lani, liim, \nmnu, od. auch ein starkes einen Mann bezeichnet, der etwa Land zu
raman, röni, rnoni, bz. lanian, 16m, luom (cf. Lehn trägt, od ob überhaupt die Vorsylbe
b")ni, lömon etc., welche Jedenfalls ein starkes Lam aus land entstand u dann dies mit
laman voraussetzen, ebenso wie füg ein star- \h beraht, poraht (glänzend, roll (rlanz, bz.
kes fagan) otc. mit der Bcdtg. : hiüten, hem- hochangeschen etc.) zusammengesetzt ist, wo
men, hindern, zurücklndten etc. bestanden dann das wohl aus landn-lioraht entstandene
haben, in welch erstcrem Eidl das Thema Wort einen demand bezeichnen könnte, der
lama, laman (lahm, od. in seiner Beiveguiig überall im lM))de sich durch Glanz aus-
gehemmt u. behindert etc., s. oben wegen lat. 20 zeichnet od. im Lande liochangesehen ist.
claiulus otc.) von dem Präter. lam (hielt, lame, laniliiP, Lahme, lahmer Mensch ; —
hemmte, hinderte, d. h. machte bereits einem do lamon lui di' blindon. — As. lamn. —
Etwas Halt u. Hemmung etc.) weitergebildet Sprichw.: dat uuit 'k dng sön, wo 'n lammen
ist u. einen Zustand bezeichnet , wo ein (Lahmer) danson kan, sä' do blinde.
Etwas od. .Jemand bereits gehalten, gehemmt 25 lailielse ((>. Jj.-B., pag. 710), LAihmung.
V. behindert ist u. sich nicht mehr bewegen — Afries. lemolsa, lamolsa; mnd. lamolso,
kann. Hat aber kein altes liman, lam etc., loniolso, linioslo. — iro/t/ ?h/7 lamto 2'» lamon,
sondern ein starkes laman, luom otc. be- 1,'nion (lähmen); cf. weiter:
standen, so würde sowohl dieses als auch lamon, lamnien, lahmen, hinken, lahm,
lama (lahm) u. lamo (Ljuhme) als directc HO gebrechlich, steif od. schwach u. ungangbar
Weiterbildungen ron der ^ lam (Indien, sein : lahm etc. jverden od. eigentlich wohl
hemmen etc. od. subst. auch: Halt, Hemmung, in seinen Bewegungen gehemmt u. behindert
Aufenthalt, Hinderniss etc.) anzusetzen sein, .s/?/h od. werden; — bö lamd mit beide t'öton;
was mir indessen für die Bedtg. von lama — he is gans ferlamd un stif; — hö forlamd
(lahm) sowenig als für die vonVxmo (Lahme) ?,^^ for?. vorlamd) al mör nn mt-r {n. er verlahmt
nicht so gut zu jxtssen .scheint, als die An- immer mehr u. mehr, uu'rd immer lahmer
nähme eines agerm. liman, lam, lam in der u. .steifer etc. ; — b. er erlahmt od. ermattet
Bedtg.: /laltcn, festhalten, hemmen etc., wo n. ermüdet immer meJtr u. mehr) ; — ihitsU'tt
denn das ]'erb. lahmen, bz. laman od. isgans for]i\un\ (will nicht gehen od. eini^prin-
lamön, lamAn früher allerdings stark ge- 40 gen, weil die Feder lahm ist od. lahm ge-
ivesen u. ein Präter. luom, löm gehabt haben worden ist). — Ahd. laniön ; mhd. lamon ;
inuss, icoron unser lüm otc. sich herschreibt. hagr. (Sc Jim.) lamen ; rt,s. lamnn f/;/ bilamun,
Wegen der Grdbedtg. von lam otc, bz. der lahm werden, erlahmen, ermrdten, erschlaffen,
y s. indessen noch Weiteres unter lamon. scliwach od. gebrechlich werden, dobilitari).
Zu)n Schlüsse sei noch ivegen einer germ. 45 — Dieses Verb, ist toohl ebenso von lam
y lam (urspr. ram) mit der Grdbedtg.: (lahm) fortgebildet, wie das aus \äm-}An ent-
fassen, halten etc. bemerkt, dass KU. ein standcne ahd. lomjan; ndul. lernen (lahm
mnld. lamon mit der Bedtg. tuori etc. hat machen, lähmen, hemmen, hindern od. ge-
(ef. mfläm. lamen, dofendre, garder etc.), brechlich u. schwach machen, dol)ilitare) :=
dessoi Bedtg. auch doch wohl aus li alten 50 rtr/.s\ lomjan ; aengl. \Amm; engl.Vxmc; afries.
(behallcn, erhalten, bewahren etc.) od. aus lema, lama (rcct. lamja, lamia otc.) ; ofries.
halten ab etc. (cf. y dliar unter bedaron, lammen (s. 2 lammen); mnd. lamon, lomon;
bz. bei Bopp in der Bedtg.: teuere, ferre; mnld. lanu'u, laemon (dimiuuoro, minuere,
detiuore; sustentare, sorvare; oouservaro oxtouuaro, nuitilaro, dobilitare) ; a»., /.s/. lama
etc.) etc. hervorging. Sodann vergl. dilhm. 55 (dobilitare, t'rangero, bz. schwächen, knicken,
(Schütze, Br.Wi).) VMnm (Hamen od. Netz beschädigen).
mit einem dreieckigen Jiahmen), u-as auch Unter 2 lam ist für dessen Thema lama
ipohl urspr. dieBedtg.: Behäl ter, (r efäss otc. eine y lam od. ram mit der Bedtg.:
etc. hidte, od. mit lam (ram) in der Bedtg. : halten (he)nmen , hindern etc.) aufgestellt.
fassen, fangen etc. zusammenhängt. Wegen CO Vergleicht man indessen an., isl. lam (a.
LAMEN LAMMEN
465
LAM-HANDIG
fractura, bz. Knack, Kniclc, Bruch; — b.
debilitatio, Schwächioiff, JjäJimunf/), lania
(mombris fractus vol viribus), lanii (fractus,
geknackt od. geknickt, geschwächt etc.), so
scheint CS fast, als ob lahm urspr. die
Bedtg. : geknickt, gebrochen etc. hatte od.
einen Zustand bezeichnete, ivo ein Etivas
einen Knick od. Bruch, Knacks etc. hat u.
somit dcbilis otc. ist. Ist dies loirklich der
Fall, so ist für lahm, lahmen etc., bs.
lama, laman od. lamcii, lamjan, lemjan etc.
ivohl eine mit kiiak k. knilt od. klak, klik,
— klat, klit (s. unter kladde u. klatte,
klittcr etc.), — klap, klip etc. syn. Schall-
tourzcl anzusetzen, die in ähnlicher Weise
wie diese aus der Grdbedtg. : soniis, clamor,
cropitus etc. auch dieselbe Bedtg. entwickelte,
od. loenigstens entwickeln konnte. Ist nun
aber die unter 2 lam angesetzte y lani od.
ram aus la, bz. ra entstanden, so würde auch
lain od. ram (cf. skr. od. zend. ram [schla-
gen] u. ram [so delcctaro, ludere]) cUs Schcdl-
tüurzel aus la od. ra erweitert sein können,
wie auch ja skr. ran (s. unter 1 la), tönen,
klagen etc. eine blosse Erweiterung von ra
sein wird. Zu der Bedtg. : Schall, Lärm,
Geräusch, bz. Geschrei (Klage, Heulen etc.
od. Jubel, Sang; lustiges Gejauchze etc.,
Muthtvillen etc.) etc. der y la, lam, cf. nd.
(B r. Wb., Schütze etc.), mnd.\?im\u.lat.
lamentum etc., sowie bei Sc hm. (neue Ausg.
I, 1471) lemmen (Muthioillen etc.), sofern
dies nicht etwa mit (cf. daselbst 1473) lira-
mcn, lammen (brummen, knurren) u. lam
(loie ein Eberschwein er lam) auf das mit
lat. clamo u. ahd. liram, ram (Rabe) ivurzel-
verwandte ahd. hlimman (knirschen, knurren,
heulen), ags. hlimman (klingen, rauschen,
brausen etc), ahd. Uamm (Falle od. Klappe,
vom geräuschvollen Zuschlage)) od. Zuklap-
pen), ags. liläm, hlem (fragor, ictus), as.,
ahcl. hlamon (brause))), ags. hlemman, an.
hlemraa (stossen, mit Geräusch schlagen) etc.
zusa)))))ie))Jiängt, wobei sich auch für unser
ramme (Stossblock, Ram), ram (Schafbock,
Widder), rammen etc. u. rummeln etc. der
Zusa)nmenhang mit der aus ra erweiterten
Schallivurzel ram ergiebt.
Vergleicht man aber obiges ahd. hlamm,
ags. hläm, hlem etc., soioie die Schallstämme :
knak, knik od. klap, klak etc. etc., bz. dass
sich cnis sonus, crepitus, fragor sowohl die
Bedtg. : Stoss als Schlag neboi Brucli, Spcdt,
Riss etc., soioie weiter auch die von macula
od. Fleck (cf. fiek, flekken, flik etc.) u.
Sprengstück od. abgesprengtes Etivas, Bruch-
stück, Flitter, kleines od. dünnes leichtes
Etwas (cf. flitter, klitter) etc. entwickelte,
so ist es zweifellos, da.ss au.'iser an., isl. lam
(fractura od. Knack, Knick, Bnich etc.) etc.
J. ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II.
auch an., isl. lemja (sehlagen, zerschlagen,
pochen, klopfen etc., bz. vcrbcrare, percutere),
isl. iemstr (Stoss, Sclilag, Wunde, contu^io,
plaga), norw. lemja (scldagen,klopfen, pochen,
.') hämmern ; poltern , donnern etc.) etc. zu
dieser y lam, ram (sonare, crepitare etc.)
gehört. Sodami sei noch des an. limr (Glied,
Ast, Z)veig), Plur. limar (Bau)nziveige, Aeste)
gedacht, dessen Thona lemu Fick(III,2G7)
10 gleichfalls mit an. lemja (schlagen, zerschla-
ge)) etc.), ags. lemjan (brechen) u. lama
(laJun etc.) etc. zu lam (brechen) stellt u.
dessoi Grdbedtg. als Abgetrenntes od. Ab-
ge.'ipcdtoies, bz. als Stück, Theil, Bruchstück
15 etc. auch durch an. lidh (Stück etc.) u. ahd.
lidon (secare etc., ,s. hinter 2 lag u. cf. 1 lid)
bestätigt wird. Da nun aber die von Fiek
für lat. liuquere etc. angesetzte y lik mit
skr. ric (räH)nen, leeren etc., bz. Raum m.
20 Fhttz machen), od. wie klacjan [s. unter
klakken od. klak] urspr. : Riss, Bruch od.
Spalt machen idoit. ist u. mit skr., ved. rikh,
likh (reissen, ritzen, schlitzen, aufreissen)
u. ri^ (abreissen, abrupfen ; abweiden ; zer-
25 brechen, verrenken) auf eine idg. y rik
(hrechoi, bersten, spcdten, reissen, ritzen,
verwunden etc.) zurückgeht, die loahrscheinl.
loie rip von rap (cf. ripere u. rapere, sowie
die y rip, reissen, od. brechen etc. zu rap
30 u. rabh, tönen, kna)-ren, kuiistern, sonare,
crepitare) ein Ablaut von rak (tönen, singen,
brülle)) etc.) ist, so ivird auch das mit lat.
linquere syn. schwed. lemna (lassen, ver-
lassen, zurücklassen, überlassoi, übergeben,
35 überliefern), lemning (Ueberbleibsel, Rest,
bz. das tvas zurück bleibt od. was man zurück
lässt) wohl auch zu der ]/ lam, ram (brechen,
spalten, reissen, bz. tre))ne)i u. spalten von
Et)vas ah) gehöre)), während man beim Ver-
40 gleich vo)i schwed. lommig, lummig (buschig,
laubig, kraus von Zweigen u. Blättern) als
mit limr (Ast, Zweig); isl. lim (Blätter u.
Zweige der Bäume, bz. deren Laubkrone
od. Büschel etc.) zusamnienhängend sowohl
45 für lemu (Glied, Zweig etc.) als auch für
lam, lamen u. lamjan (brechen etc.) ivahr-
scheinl. ein agenn. Verb, liman, lam, lum
etc., brechen etc. od. urspr. sonare, crepitare
etc. anz)isetzen hat, wozu in der Bedtg. :
50 sonare auch schwed. lomma (wiederhallen,
ioiederschallen) etc. gehören kann, ivie loahr-
scheinl. auch lümmel (s. d.) u. lummer (s.
bei Weigand) auf ein altes liman, lam,
Inm , luman (brechen , knicken , knacken,
55 schwächen, unfest machen etc.) zurückgeht.
lam- od. liim-fütig, lam-, läm-föted, lam-,
läm-lotd, lah)))füssig, an den Füssen ge-
lähmt, fusslahm.
lam-iiandi;^, lam-handt, lahmhändig, an
60 den Händen gelähmt.
30
LAMIIEII) LAMMIGHEID
466
LANE LAis^
lauilieid. laiinniiclieid, Lahmheit, Gelähmt-
heit itc. : — huiiinight'iil iu de toten otr.
luillkc, I.dinttichfn.
lum-lendi^, lahmlctulig, hiuh'uhthm, lahme
Lemltii hahend.
1. lamineu, s. lamen.
2. lautineu. lähmen, lahm machen etc.; —
he lauul hiiiii, bz. heil hiim lauid. — Ahd.
lauijan etc. s. unter lamen.
3. lammen, Lämmer (jebären od. werfen :
— dal siliap lied himd.
lammerdiilen, Lombardei. — In dem Ver-
vninderi(nt)sliede : kükoliikii du rode hiin etc..
s. da.ielljst.
lammei'-stiM't, lammerke-stürt, LMmmer-
ud. Lammerchen-ScIiuHinc. — Fi(f. «/s' JSild
ateter Hin- u. Jlerlieu'rf/itnff n. auch spott-
weise zur Bezeichnunfi eines VracJcs mit
lanc/en hin- n. herschlayenden od. stets we-
delnden Schössen, sowie auch eines sehr bc-
iveylichen u. immer hin u. her rennenden
Menschen c/ebraucht.
Lammert, ml. Name; Geschlechtsname:
Lammerts, Lamniers. — Aus Lambert, bz.
Lami)ertus, s. daselbst. — Ob auch der Name
Lampe (s. bei Wcigand) hieraus gekürzt
ist u. dan7i (cf. Renke als Name des Fuchses)
auch zur Benennunf/ des Hasen Veraidassung
gab ? — Oder entstand Lampe als Benennung
des Hasen aus franz. lapin, ivie nid. lam-
preel (junges Kaninchen) aus lapereau, zu-
mal da das franz. \A\n\\ vielleicht auf ein
zu lep gekürztes primit. lepor od. lepiis zu-
rückgeht.
lampe, lamp, Lampe. — Redensart (scherz-
haft) : en up de lamp geten od. nemen, einen
Schnaps trinken. — Entlehnt aus griech.,
lat. länipas (Leuchte, Fackel) von griech.
lämpeiu (leuchten, glänzen), y rap, ramp,
od. lap, lamp, die ihre Bedtg.: glänzen od.
flammen, brennen wohl aus der von : tonen,
singen od. knistern (wie sengen von singen),
rauschen etc. entwickelte u. demnach mit
rap (tönen etc.) von Hause aus ident. ist.
lampen-deeht, Lampendocht.
jamte, Lälimung, Gelähmtheit, Zustand,
wo Jemand od. Etwas gelähmt ist; — de
lamte in de lienen wil hei net wiken. —
Afries. lamethe, lemitlie, lemethe, lanithe;
tid. (Br. \Vb.) lämde, lemede ; mnd. lemede.
— Zu afries. lema, lama, bz. ahd. lanijan
(lähmen), s. unter lamen.
land, Land; — 't schal ml nei dön, war
hS insen wer to lande sleid. — Sprichw. :
bäten in 't iand, gift 't ök beide nn sand ;
— landswise, lanils are. — Bern. : Die hies.
Insulaner verstehen tinter Land gewöhn-
lich nur ihre eigene hiscl, während sie das
Festland „taste wal" nennen; — he is tau
"t Iand na de faste wal trukken. — Nd., nid.
Iand ; afries. lond, Iand ; wfries. lan ; nfries.
Ion. Itin ; helg. hin ; satl. lond ; wang. laun ;
gotlt., as., ags. Iand; aengl. Iand; engl, lond;
an. Iand; ahd. laut; mhd. hxni (Land, festes
5 Land, LJrde, Boden. Acker, Gebiet, Hei-
math, Land, Einwohnerschaft). — Fick
(III, 3G5) meint, dass es mit preuss. liuda
(Thal); kslav. Ivdina (wüstes Land); an.
ledja (lutiim); ahd. h'tto (letjo), letdo ; amd.
10 leddo ; mhd. lette (argilla, Thon, Thonerde,
Letten) wohl zu lau (loeichen, nachgeben,
zurückweichen) geliöroi könnte n. demnach
ein weiches nachgiebiges Etwas (bz. als
2veiche, baubnre Erde im Gegensatz zu dem
15 festen u. steinigen Erdboden od. als Gegen-
satz von Stein n. Fels, od. dem harten Sand ?)
bezeichnen. Da übrigens goth. linnan (wei-
chen etc., cf. lind etc.) aus altem linan (lan,
hin, Innum) entstand, ,s'o würde es auch vom
20 I'räter. lan (ich lan, du laust, er od. es Iand)
entstanden sein können, %oie auch ja brand
x^om Präter. bran, von brinnaii, bz. brinan
(brennen) entstanden sein dürfte.
landen, landen, an od. ins Land kommen
25 od. bringen. — Nach St hg. wurde es früher
nur in der Bedtg.: ivieder ins LMnd od. in
die Ileimcäh aufnehmen (von Verbannten u.
Landßüchtigen) gebraucht, sodass wedderum
g(?landet worden .sotvV/ hiess, als: wiederum
30 ins I^and aufgenommen worden.
landfast, landfest; ix) am Lande befestigt ;
— 't schip is od. ligt landfast ; — b) fest
wie Land od. grundfest, erdfest etc. ; —
hir is 't wer landfast ; hir konen wi wer
35 fasten föt taten.
land-laste, landfast, Landfeste, d. h. ein
Tau, womit ein Schiff an das Land be-
festigt wird.
land-lior, Landherr, Herr od. Eigen-
40 thümer eines Grundstücks od. Gutes, Eigner
des.^elben dem Pächter gegenüber.
land-kiindi^, landkundig, landbekannt etc.
land-loper, Landläufer. — Speciell wer-
den beim liappsaatdreschen unter laudlopers
45 diejenigen Personen verstanden, welche über
das Land od. Feld gelten, um das Happsaat
ins Segel zum Dreschen zu tragen.
lane, lone, lan, Ion (Dimin. liintje, löntje),
Lohne, Durchgang, Durchfahrt, Gasse od.
50 (rang. Weg; — dar is gtMi lone bt 't hös ;
— hir geid gen Ion lien od. dör. — Compos. :
grote-, liitje-, acbterlone etc. — Afries. laua,
lona; wfries. lean; nfries. lana, lona ; nid.
laan; innld. laen ; ags. lane, lone; aengl.
55 laue, lone; engl. laue. — Vielleicht zu einer
y ran, ra (aus ar), sich bewegen, gehen (als
Weg, Gang), ivozu auch rennen u. rinnen
etc. gehören.
lane, iän, Schoss, Schössling, junger ein-
60 jähriger Trieb od. Zweig.
hd-
.%
LAENE LENE 467 LANG LANK
läne, liiiie, lUn, l^n, Lehne, Gitter od. föt lank; — 'n lanfion stok; — afer kört
Geländer, woran od. worauf man sich lehnt of lang otc. — Ecdensart: 't is all' not bo
u. stützt, od. looran man sich hält etc.; — lirrd as 't lank is. — Afries., ags. lang,
de stöl hed gh\ läno ; — d'r is gon lan an long; engl, long; as., ahd. lang; an. langr,
de trap, war man sük an holden kan ; — 5 Itnig ; goth. laggs. — Bas Thema lauga ge-
dii must d'r 'n lan umto makon laten, dat hört -wohl mit tat. longus zu derselben y lagh,
't kind d'r net fitfald ; — he hed uog gen langh, idg. ragh, rangh, wozu auch lingen
läne (LeJine, Stütze etc.) nüdig, he is nog (gelingen) gehört u. bezeichnet langa einen
JLiuk un krägel genug. — Mnld. lene, loyne Zustand von Ausdehnung od. Dehnen, in
(fulcrum, sustentaculum etc.) ; ahd. hlinä, 10 die Länge ziehen (strecken, ausstreclen etc.,
linä, lena; w/u/. üne, lin, lene ; </m'c/i. kline ; cf. langen, länge, längen od. lenge, lengen
s. weiter: etc.), wobei man bei der ]/ lagh, langh od.
länen, leiien, ISnon, lehnen, sich nach ragh, rangh (springen etc.) wohl an sprin-
irgend einer Seite hin neigen od. biegen, gen in der Bedtg. : bersten, reissen, spalten
senken etc., sich looran od. worauf senken 15 etc. od. mit einem plötzlichen Ruck ansein-
u. legen od. an u. auf Etioas sinken u. (bnder gehen od. fliegen (es springt od. ber-
liegen u. zivar speciell um einen Stütz- u. stet, fliegt etc. auseinander) denken muss,
Ruhepunkt zu finden ; — du must nich so obschon man beim Vergleich der y sar, sal
up mi länen od. ISneu (du musst nicht so (gehen, eilen, sich rasch bewegen, von lat.
auf mich lehnen od. liegen, dich nicht so 20 salio n. saltus) auch annehmen kann, dass
auf mich lehnen od. legen, neigen, stützen die y lagh, langh, bz. ragh, rangh (sprin-
etc), du büst mi to swär; — he lönde up gen od. sich rasch bcioegen, eilen, fliegen
(od. sük up) mt; — de ene böm lönd sük etc.) dieselbe tvie rsigh. (gehen, fortgehen, von
(legt od. neigt, stützt sich) up de andere; einer Stelle od. Stätte iveggehen, vorwärts
— he länd sük (legt od. neigt sich) agter- 25 gehen, von Statten gehen, sich trennen u.
afer ; — he länd dat (od. sük) an de wand ; entfernen von Etwas, cf. lingen etc.) ist, ivo
— he länd (od. lönd) all' wat herum (er dann aus: gehen, fortgehen, sich entfernen
liegt [od. legt sich behufs einer Stütze] alle u. trenne)) (von Etwas) etc. die Bedtg. :
[od. in einem fort] toas herum) ; 't schind Trennung od. Raum, Zivischenraum machen
wol, dat he fermOid is, of dat hum wat 30 (zwischen sich u. einem Andern) etc. u.
schätd; — he länd dat (od. sük) tagen de hieraus auch wieder die von : sich bis loohin
wand an (er lehnt od. stellt das schräg gegen ausdehnen u. erstrecken (cf. der Weg geht
die Wand an) ; — he länd sük tagen hum bis zu etc. od. erstreckt n. dehnt sich aus
up etc. — Nkl. leuoen ; mnld. lenen, leynen ; bis zu etc.) entstanden iväre u. das Wort
afries. (hlena, nach hlenbed, Lehnbett, cli- 35 lang nur eine geivisse Erstreckung od. Aus-
nidium), lena; os. hlinön; oÄrf. hlinen, linen; dehnung, od. eigentlich den Rautn od. die
amhd. linen ; mhd. lenen ; ags. hliujan, hleon- Entfernung ztvisc?ien zivei Punkten (dem
Jan ; aengl. hleonjen, leonjen. — Mit ahd. Ausgangs- u. dem End- Punkt von Etioas)
(hleinjan), leinan, leinen; mhd. leinen; ags. bezeichnet hätte, wie ja der Begriff der
hlaenan; engl, lean (Irans, u. intr. lehnen); 40 Länge od. Ausdehnung von Etwas nur aus
goth. hlains (collis) zu einem obs. ahd. hlinan, dem Auseinanderweichen od. Auseinander-
goth. hleinan, was mit lat. clinare (neigen, rücken zioeier Endpunkte hervorgehen kann
senken), griech. klinein (biegen, beugen ; ein u. jede Entfernung od. jeder Zwischenraum
Etwas in eine schräge Richtung bringen, auch den Begriff' der Ausdehnung od. einer
anlehnen, anstützen etc.) etc., soivie ferner 45 gewissen Strecke u. Länge (im Raum u. in
mit ags., an. hlidh (latus montis), ahd. lita; der Zeit) in sich befasst. Vergl. dieserhalb
mhd. lite ; nhd. Leite (Bergabhang, Berg- auch die aus phal (tindi, dirumpi, dissilire)
leite) etc. u. mit nhd. Leiter (cf. ledder) entstandene y phull (se expandere etc.)
zu der y skr. ^ri (lehnen; legen an, auf unter blad , blöme etc., tvonach es wohl
etc. ; anbringen an, bringen zu, ruhen lassen 50 zweifellos ist, dass lang als Bezeichnung
auf, stützen auf etc., cf. Fick I, 552) ge- eines gedehnten, od. ausgedehnten u. in die
hört, xvelche indessen urspr. wohl nur die Länge gezogenen Zustandes auch auf die
Bedtg. : gehen od. sich u. ein Anderes be- Bedtg. : gehen wohin od. wo iveg, sich be-
wegen u. richten (nachod.zuu. auf Etioashin) iocgeti 100 iveg, sich von 'wo od. von einem
hatte,ivie auch Bop2i sie mit \re,ai(\ire etc. (cf. 55 Etioas entfernen u. trennen, aus- od. von-
auch Fick u. Ferd. Justi wegen der Bedtg.: einander gelten etc. beruht, die sich soioohl
gehen der skr. u. zend. y ^ri) übersetzt. aus der Bedtg.: springen, als auch aus
lang, lank (langer, längste), lang, in die der von: gehen der y ragh, rangh, bz.
Länge gereckt, gestreckt, gedehnt , sowohl lagh, langh entwickeln konnte, loie ja auch
dem Räume als der Zeit nach ; — 't is dre 60 lingen od. geli n gen nichts anderes heisst
30*
LANG- LANK-DRADERKl
468
LANG-SCHON-ROGGEN
als: gehen od. sich bewegen (wo weg od.
vorwärt/i), sich fortbewegen, sich bewegen in
den Baum liinnns etc., gleichviel ob dies
tangsiun od. rasch, sjirung- od. ruclivcisc,
od. Hilf irgend eine sonsligr W'cisc gcscliivht.
iiiiig-, lank-draderi^, l:iii,2;(h'a(l(ir^, huig-
dräthig, langfdsrrig ; (fig-) : weitschweifig im
lieden n. Schreiben.
laii^»\ lange, lange Zeit, bei weitem etc. :
— ile laiigo liöm ; — de Irfc lange ttil ; —
dat rekd (reicht etc.) lange nirli nt ; — dat
du ik lange nich etc. otc.
lan^jpii. langen, reichen etc. etc.; — \w
langd nu do liand (er langt, od. reicht u.
giebt mir die Hand, dehnt od. .'itrecfct seine
Hand aus bis zu mir, dass ich sie ergreifen
kann od. soll); — he kan net so wid lan-
gen od. rckken ; — ho langd na 't bröd (er
langt od. greift, bz. streckt seine Hand aus
nach dem Brudc etc., od. auch: er verlangt
nach dem lirode) ; — he langde in de kninmo
nn hol sük d'r 'n stiik spek fit; — he laiigd
sük (holt sich) 'n bök fan do i)or(l ; — ik
kan d'r net an langen (ich kann da nicht
an od. hinan reichen, den Arm od. ein son-
stiges Utwas nicIU so lang machen od. aus-
dehnen u. aus.'itrecken od. vorstrecken etc.,
dass ich an den betr. Gegenstand reiche,
bz. denselben mit der Hand erreiche n. be-
rühre etc.) ; — dat langd nich (das langt
od. reicht nicht, ist nicht so lang, dass es
die betr. Entfernung in Kaum u. Zeit aus-
füllt, streckt u. dehnt sich nicht .so locit ans
wie erforderlich etc.) ; — du kanst dat i)ak
wol äfen hi 1mm anlangen (verabreiclioi,
abgeben etc.), wen du sin liüs fiirbi geist;
— he is net anlangt! (er ist nicht angelangt
od. angckominen, hat den betr. Ort od. die
Stelle nicht erreicht); — ik kan dat net be-
langen (ich kann das nicht belangen od. er-
reichen, bz. nicht erlangen u. bekommen etc.)
etc. ; — lang' nii dat to (strecke ti. dehne
deine Hand etc. aus n. reiche mir das zu,
gieb mir das lier etc.) ; — ik kan dat net
otlangen (ich kann das nicht ablangen od.
meinen Arm nicht so lang machen u. aus-
strecken n. ausdehnen, dass ich den betr.
Funkt, od. das betr. J'Jtwas mit meiner Hand
etc. erreiche) ; — du kanst de bref wol ilfen
bi hum oflangen (du kannst den Brief wohl
eben bei tlim ablangen od. verabreichen, ab-
geben etc ) ; — he ferlangd na huni (er ver-
langt u. sehnt sich nach ihm, macht ■'<ich
lang od. streckt u. dehnt sich nach Htm aus
u. hin, um zu ihm zu kommen etc.); — he
ferlangd dat fan hum (er verlangt od. for-
dert das von ihm) ; — du kanst dat In hum
inlangen (einlangen u. abgehen etc.) ; — U|i-
langen (auf- od. hinaujlangen, hinaufreichen
etc.); — ütlangen (auslangen, ausreichen,
hinausreichen, ausgeben etc.); — dat langd
net üt od. hen ; — he langd dat üt; — he
langd (langt, holt, nimmt etc.) sük d'r 'n
stük \\i; — he langd dat hen; — lie langd
5 d'r hen etc. etc. — Nd., nid., mnld., mnd.
langen (langen, reichen, erlangen, erreichen
etc.); as. Jangön (langen od. verlangen nach
Etwas, gelüsten); ags. Jangian , longian ;
ac//_r//. langen, longen or/. longien ; engl, long;
10 an. langa (dasselbe); ahd. langen; mhd.
langen (lang werden; lang dünken; verlan-
gen ; sich lang ausslrecken nach Etwas, nach
Etwas langen n. greifen, Etivas erreichen
V. fassen, holen, herholen, herlangen, reichen,
15 darreichen etc.).
Da die Bedtg. : vcrl a n g e n (nach Ettvas)
nur aus der von: langen od. strecken u.
dehnen aus (die Hand nach Etwas) n. so
auch: greifen u. /'«.s.sr« (nach Etwas) ent-
20 stehen konnte, so ist es klar, da.'^s das ahd.
langen n. as. langün etc. ebenso wie ags.
langian auch die Bedtg.: lang machen
(od. Etwas ausdehnen u. strecken etc.) neben
lang werden u. lang sein (das langt
25 od. reicht nicht aus beruht doch sicherlieh
auf der Bedtg. : lang sein od. Länge u. Aus-
dehnung etc. haben u. nicht auf der von :
lang werden) gehabt haben muss. Vergegen-
wärtigt man sich nun aber langen in sei-
30 ner eigentl. v. sinnl. Bedtg., so ist auch
leicht zu begreifen, wie das sinnl. Langen
od. das Ausdehnen n. Ausstrecken des mit
der greifenden Hand bewaffneten Armes
einestheils in die Bedtg. : greifen od. nehmen,
35 holen etc. u. andercntheils auch in die von : ver-
langen n. begehren od. habe» wollen, lüstern
sein nach etc. überging, weil eben das Ver-
langen od. Hid>en wollen von Etwas durch das
Jjangen mit der Hand od. durch das Aus-
40 strecken der Hand )iach Etwas bekundet wird.
längen, s. lengen.
iaii^^er, länger.
län^-lisk, .s. lenglisk.
iaii^s, sich wohin od. wo vorbei ziehend,
45 dehnend u. streckend, entlang, vorbei, hin
etc.; — längs de weg (od. de sträk etc.);
— du must do weg längs lopen ; — ho löpd
In nn längs ; — de weg geid bi dat hüs
längs ; — dat geid d'r längs, dat 't so 'n ärd hed.
50 langsam, langsam, sieh in die Länge zie-
hend, lange dauernd, nicht rasch, säumiij
etc.; — de tid geid so langsam hen; — he kumd
langsam aciiteran; — du must wat langsamer
lopen ; — du must not so langsam wesen.
55 lailg-schiir, eine aus langströ gefertigte
od. gebundene darbe, bz. eine lange Stroh-
garbe od. langes Slrohbund.
lan<;-schön-rnpn;on, ein Brod od. eine sog.
Stute (längliches Weiss- od. Graubrod) von
60 gebeuteltem Boggenmehl.
A
LÄNGSTE
469
LAP-DOESE
längste, längste.
lang-sti'O, Langstroh, langes Stroh. Gegen-
satz vo)t körtströ.
längte, s. leiigde, lengtc.
l;ing-WHgen, der Veröiiulungsstock zwi-
schen dein Vorder- u. Hintertheil eines Wagens,
wodurch derselbe lang od. länger gonaeht
wird, nhd. Langioiede genannt; — wen
ji Uli 't holt gän, um de liöincu tu lialcii,
den mut ji 'u langwageu iu de wageu stillcen,
anders is lie to kOrt uu den swiipcu de bonien
to fül.
hing-warpig, in die Länge gedehnt, mehr
lang als breit, länglich, oval. — Nid. laug-
werpig; ninld. laughworpigh (oblougiis).
lang-, liink-wilig, langiveilig.
liinig od. lenig, schlank, biegsam, schmieg-
sam, geschmeidig, nachgiebig, tveich etc. ; —
'n läuigeu stok (ein schlanker, biegsamer,
schmiegsamer, geschmeidiger stok, b,2. ein
Stock od. eine Gerte, der od. die sehr schlank
II. biegsam ist u. sich leicht an u. am Etwas
schmiegt) ; — dat 1er (Leder) od. flas (Flachs),
tau, band etc. is regt läuig (od. smüdig) uu
wek ; — läuig isder (biegsames, zähes u.
weiches Eisen) ; — dat 1er (Leder) mut erst
wat lauiger uu smüdiger mäkd worden, dat
is so to stif uu liard. — Nid. lenig (biegsam,
geschmeidig , nachgiebig, lenksam, weich,
sanft etc.); nfries. (J ohanscn, pag. 154)
lennagh. — Es gehört entioeder zu lauen,
leuen (lehnen, neigen, biegen, bz. sich an
Etwas lehnen od. neigen u. schmiegen etc.),
sodass läuig einen Zustand von Etwas be-
zeichnet, wo ein Etivas sich leicht an u. um
Etwas neigt u. schmiegt etc. od. neig ig
u. schmiegig ist, od. es ist vielleicht von
einetn aus lau od. liu entstandenen Icu, cf.
an. linr, weich, nachgiebig etc. von liunan,
weichen, nachgeben etc. (s. unter leude) etc.
mit ig fortgebildet, sodass es dieselbe Bedtg.
wie lind hat. Vielleicht aber ist es dasselbe
Wort wie ags. laenig (macer, debilis) von
laene ; aengl. laene ; engl, lean (macer, vilis,
exilis), wobei sich dann aus : mager, schivach,
zart, dünn etc. die Bedtgn. : schlank, bieg-
sam etc. entwickelt haben loürden. Ob aber
dieses ags. laene wirklich mit as. lelini (un-
sicher, unbeständig, vergänglich) ident. u.
mit diesem u. dem Subst. ags. laen = ahd.
lehan (s. unter len) zu lihau (leihen) geJiört,
wage ich nicht zu entscheiden.
iünigen, lenigen, mildern, lindern, besänf-
tigen etc. ; — dat länigd de pin wat. — Nid.
lenigen.
länigheid, lenigheld, Biegsamkeit, Schmieg-
samkeit etc. ; — d'r sitt to min länigheid in
dat 1er od. tau etc.
lansse, lans, Lanze. — Nid. lausse; ndi,d.
lanze von dem franz. lance, was mit ital.
lancia; span. lanza; 2'>'oo. lansa; tval. lance
aus lat. lancea entstand, ivas selbst aber
auch wieder ein Ljchnwort (nach Varro
bei G ein US ein spanisches, nach Andern
5 ein gallisches od. germ.) ist. Davon lat.
lanceare ; ital. lanciare (die Lanze schwin-
gen) ; it(d. lancio ; span. lance ; port. lan^o ;
prov. lans (Schwung, Sprung) ; ital. slan-
ciare; prov. eslansar; franz. elancer (schwin-
10 gen) ; franz. elan für elans (Sprung, Satz).
— I)as Wort Lanz- od. L a n d s kn echt
(wovon ital. lanzichenecco, abgekürzt lanzo,
span. lasquenet, deutscher Soldat zu Fuss)
hat mit dem obigen Wort nichts gemein, son-
15 dem bezeichnet einen Knecht (junger
Krieger, Soldat etc., cf. knecht) im Dienst
des Landes od. der Heimath.
län-stül, len-!<(töl, Lehnstuhl, Stuhl mit
einer Lehne, od. Stuhl, in dem man sich
20 mit dem Rücken anlehnen kann. — Nid.
lene-, leu-stoel (solium, sella reclinatoria).
lanteren, Laterne. — Sprichic. : he is 'u
grote lanteren süuder lücht ; — man schal
d'r uog mit lauterens na sökeu. ■ — Mhd.
25 laterne, latern, lanterne. Aus lat. laterna,
lanterna u. dies aus griech. lampter (Leuch-
ter, Fackel) von lampeiu, cf. lampe.
lap, s. läppe.
lap-diJse, a) i. q. lappen-düse, Dose od.
30 Schachtel, worin alte Lappen od. Tuch- u.
Zeugreste aufbeioahrt werden; — b) Flick-
Dose, Dose, Schachtel od. Kasten etc., worin
alle diejenigen Gegenstände aufbewahrt iver-
den u. sich befinden, ivelcJie zum Flicken
35 od. Heilmachcn, Ausbessern u. Wiederher-
stellen von allerlei zerrissenen od. zerschlis-
senen u. kaputen Haushaltungsgegenständen
sowohl (Kleider, Zeuge, Schuhe, Geräthe
etc.) als auch von kaputen Gliedern, bz. von
40 Wunden u. Gebresten der Thiere u. Men-
schen dienen u. gebraucht werden, also im
weitesten Sinn die ScJuichtel etc., welche
Alles enthält, was zum läppen (s. d.) od.
flikken (s. d.), bz. zum büssen (od. wieder
45 heil, ganz u. besser machen, zur Wieder-
herstellung u. Genesung etc.) dient. Daher :
a) (iin Hause) Dose od. Schachtel, ivelche
die Tuch- u. sonst. Zeugreste (Lappen) so-
wohl, als auch Garn, Nadel, Scheere u. alles
50 sonst. Geräth enthält, was zum Flicken im
weitesten Sinn (auch zum- Verbinden od. zum
Bepflastern von Wunden) gebraucht wird ;
— b) (auf Sclufen) der Heil- u. Medicin-
Kasten, bz. der Kasten, der die Pflaster,
55 Salben u, Heilmittel sowohl, als auch die
chirurgischen u. medicinischen Instrumente
enthält, welche der Schiffsarzt gebraucht. —
Das nid. lapdoos (cf. auch lappenkiste,
lappeukörf etc.) scheint auch in der Bedtg.
60 sub a gebraucht zu werden, wo lap für läppe,
L
LAEPEL LEPEL 470 LAPPE LAP
lape (Lappen) steht, wie z. B. auch in 1er- Fetzen, Stück etc.) of; — 't sunt emer lap-
lap etc. u. aho lap-dösc ein Covijws. von pcn im 15reii (es sind nichts als Fetzen u.
dem Sitbst. läppe od. lap ». doic (Schachtel) kleinere Stücke od Restchen etc.): — de
i.^t, wahrend lap in lap-duse sab h zum Verb. läppen (Haut- u. Flcischfetzen) hungen d'r
läppen in der Bcdtg. flicken (sarcire etc.) 5 lil dal, so hebben se hum sträken; — de
gehört, ebenso wie lap /» lap-schüster, lap- läppen (Fetzen, Stücke, Späne, Splitter etc.)
snider u. vielleicht auch in lap-salfen etc., flogen hum um de ören, so hüe (haueie,
bz. tcie Flick in Flickschneider etc. zum hieb etc.) he d'r in; — de läppen (Fetzen,
Vtrb. fl i ck e n. Lumpen od. zerrissene Kanten der Kleider)
läpel, lepel, Löffel. — Sprichw. : he ett in slän hör um de benen ; — he hed 't all' in
tan middag mit de grote liipel (er ist zu läppen torätcn od. tosnilden etc. (//» Fetzen
einem grossen Gastmahl eingeladen , bz. od. kleinere od. grössere Stücke zerrissen od.
nimmt an einem Festmahl Thcil); - he is zerschnitten etc.); — 'n lap 1er, od. dok,
so slank as 'n sak tul livpels un slefen ; — linnen, flesk etc. (ein Lappen od. ein grösseres
he schept dat d'r bi lapels ful in. — Nd., 15 od. kleinere,'< Stück Leder [daher auch:
nid. lepel; a)i., isl. lepill ; ahd. leftil, letil. Sohle od. Stück Leder, welches man unter
lephil, leptil; mhd. letlel. — Als Geräth od. die Füsse bindet, woher die Redensart: frö
Ftwas, womit man flüssige Speisen schlürft up de läppen wesen, früh auf die Sohle
od. zu sich nimmt, gehört es zunächst zu sein, sich früh aufmachen etc.] od. Tuch,
ahd. lepphen (in gilepidien, schlürfen, trin- '20 Leinen, Fleisch etc.) ; — 'n lap is (ein Stück
ken); mhd. letfeu u. mit diesem weiter zu od. eine Scholle Eis)-, — islappen (Eis-
latfau; ags. lapjan ; a«. lepja; mnld. läppen, schollen); — 'n lap Isder od. kaper (ein
lapen (lanibere, lingere), worüber Weiteres lAippen od. ein dünnes Stück Eisen od.
unter labbekak n. lib-labiu'n. Kupfer, eine Platte Eisen od. Kupfer von
läpelke, le|)elkc,/>(;//'t'/c7;e». 7'/»/-. lapelkes. 25 unbe.'^timmter Grösse u. Form); — 'n lap
läpelkes, ///r<c»<äsc/te/A/((»<(capsellabnr8a holt (ein Stück Holz) ; — 'n groten laj) land
pastoris). Von der löffeiförmigen Gestalt (ein grosses Stück od. eine grosse Fläche
der Schutchen .'io benannt. Land); — 'n groten läppen sät (ein grosses
Ijipel-köst Oll. lä|ielspise, Löff'elkost od. Stück Ra2>psaat); — 't ligt in en lap (in
Löffelspeise, Kost od. Speise, die mit dem oO einem Stück od. in einer ungetheilten Fläche)
Löffel gegessen wird. bi "n ander; — he hed wat uj) de läppen
läl»el-sukte, Löffelseuche od. Löffelkrank- (Tuchlappen, bz. die Lappen, die er an u.
heit, (scherzh.) : Seuche od. Krankheit in um sich trägt) kregen (er hat eine Tracht
Folge von Nahrungsmangel. Frügel bekommen) ; — he kreg hum bi de
lapke. lapje, JAppchen, kleiner Lappen, 35 läppen un wamsde hum dügtig dür ; — dat
Stückchen, Restchen etc. — Sprichw.: mit kled (od. de rok, de schö etc.) is kört, lät
klene lap.jes It'rd de hund 1er (Leder) äten. dl d'r 'n lap (einen Lappen, ein Stück, od.
— Die Redensart: en fiir 't lapke hebben einen Flicken) in (od. up) setten ; — ik heb'
(Jemanden zum Besten od. zum Narren mi in de fingcr sneden, gif mi äfen gau 'n
haben, seinen Spott mit Einem treiben, ihn 10 lap her, dat ik de d'r um binde, anders
vexiren etc.) o'l he hed luiin wat tor 't lapke blotd dat to lank. — Fig. auch: Lump,
(er hat ihn was zum Besten, narrt u. vexirt schlechter nichtsnutziger Mensch etc.; —
ihn Etwas, macht ihn lächerlich, treibt .sei- Jan-lap un sin mät; — cf. auch laps m.
nen Spott od. sein Spiel mit ihm etc.) heisst zwar a) in der Bedtg. slaps u. b) in der
wörtl. soviel als „Einen (od. einen gewissen 15 von Klapps; — Compos. : ör-, liT-, flesk-,
Jemand) vor dem Läppchen (od. einen klei- kaper-, linnen-lappe etc. — Sprichw. : beter
nen Lappen) haben", od. „er hat ihn was 'n lap as 'u gat. — Nid. lap (Lappen,
(etwas, eine Zeitlang) vor dem Läppchen", Fetzen, herabhängendes Ende, Zipfel ; Stück
wobei es allerdings schwer zu sagen <.s<, wie od. Theil von Etwas; Schlag, Klajip [twee
daraus die obige Bedtg. der betr. Redensart 50 vliegcn met eenen lap] ; fig. : Lump, Thunicht-
hervorging. — Nid. lajije ; wang. lapnk. gut, unredlicher Mensch, Säufer); mnld.
läppe, lap, Lappen, d. h. ein Etwas lap (scgmcn, scgmentum, frustum, pars abs-
(Fetzen od. Stück, Theil etc.), was durch cissa panni, telae, corii, aeris etc. ; immissiira,
Reissen, Springen, Bersten, Brechen, Spalten, assnmeutum, commissura, panniculiis) ; nd.,
Hauen, Schneiden etc. od. Zcrreissen u. Zer- 55 mnd. lap})e (ein Lajipen od. Flicken, Lumpen
theilen etc. entstand u. zwar überall mit der von Zeugen od. Kleidungen ; ein dünnes
Nehenbedtg., dass ein solches Bruchstück weiches Stück Fleisch od. Fell rtc.) ; mnd.
von Etwas mehr dünn u. flach (u. daher \a\^\h' ; afries. lappa (Lappen, Fetzen, Stück
auch schlaff u. niederhängend) als dick ist ; od. Thcil des menschlichen Körpers) ; wfrics.
— rit' od. suid dl d'r man 'n laj) (Lappen, 60 lape, laepc; wang. lap; ags. lappa, laeppa
T.APPEN
471
LAPPEN
(lacinia, fimbria, pars) ; aengl. läppe ; engl.
Jap (Zipfel od. Schooss eines Rockes od.
Kleides; Lappen od. Läppchen [z. B. vom
Ohr]); an., isl. lappi u. leppr (assumentum,
bz. en klud [Hader, Lumpen, Fetzen], laj),
boedeklud) ; norio. läppe (Sohle; lAiiipen,
Fetzen etc.) ; schived. läpp ; dän. lap (Lappen,
Hader, Lumpen, Fetzen etc.) ; ahd. lappa ;
mhd. läppe (Lappen, Fetzen, Stück, Flicken
etc.). — Vergl. weiter:
läppen, a) klatsclien, klopfen, schlagen,
hauen, prügeln etc., bz. einen Klapps od.
Schlag, eine Ohrfeige etc. geben od. versetzen ;
— he lapde hum en an de oren, dat he net
wiisde, war he biet', bz. dat he afer de kop
stöf; — he lapd (er klopft, haut, prägell,
bläuet etc.) hum dügtig dür; — he lapde
d'r up, dat de läppen d'r of stofen; — b)
Etwas in Lappen od. Fetzen,, Stucke etc.
machen od. schlagen , zerschlagen , kaput
machen od. werfen etc., zerbrechen, zer-
trümmern, zerstossen etc. ; — wel hed dat
fenster lapd V (wer hat das Fenster kaput
gemacht od. zertrümmert, zerbrochen etc. ?) ;
— c) schlagen od. stossen, stopfen, treiben,
jagen od. vielleicht flicken u. setzen (in L£t-
was hinein), ein Loch dicht machen u. füllen
od. stopfen, den Bauch od. Magen füllen
u. vollstopfen u. so auch (cf. indessen unten
das nid. läppen in der Bedtg.: stossen, Jagen,
rennen u. s. w.) essen, trinken etc. ; — he
lapd d'r fan middag dügtig wat in (er schlägt
od. stopft diesen Mittag tüchtig was hinein,
schlägt od. isst u. trinkt sich den Bauch
tüchtig voll) ; — d) jagen etc. ; — he lapd
't d'r all' dör, od. he lapd 't all' dör de
käle (er jagt Alles durch die Gurgel, verisst
u. vertrinkt , bz. verthut u. verschwendet
Alles) ; — e) — he lapd hum fan middag
dügtig, er isst u. trinkt diesen Mittag tüch-
tig, od. eigentl. wohl (da das hum od. ihn
sich lediglich auf den mit Speise besetzten
Tisch, od. ein betr. Stück Fleisch, einen
Braten bezieht): er besieht ihn (den Tisch
od. den Braten etc.) diesen Mittag tüchtig,
er schneidet od. beschneidet ihn diesen Mittag
tüchtig, macht ihn klein od. zu einem Flicken,
Stück od. Fetzen, Bestehen etc., bz. so dass
nur noch Flicken u. Beste etc. übrig blei-
ben, sodass läppen hier wieder die Bedtg. :
einen Flick od. Best machen (von Etwas)
hat, tvie auch die Bedtg. sub b sich aus
lap od. läppe als Fetze od. Bruchstück,
Bruch etc. ergiebt u. ferhippen (lie lied all'
sjn geld un göd ferlapd od. ferspild, d. h.
in unsinniger u. nutzloser Weise verschwen-
det u. zersplittert od. vergeudet) auch ja so-
viel heisst als : Etwas zu Lappen u. Lumpen
od. Fetzen etc. machen; — f) flicken, einen
Flicken od. Lappen, bz. ein Stück in, an
od. auf Etwas fest machen od. .setzen, heften,
nähen etc. ; bessern , dicht , ganz u. heil
machen, gesund machen etc. ; — de biiksen
od. de rok etc. is lapd od. mut lapd worden ;
5 — he lapd (flickt od. .schlägt, nagelt, heftet,
nähet etc.) (lat d'r up fast ; — he lapd dat
up 'n ander etc. ; — de briigge od. dat hüs
mut bold wat lapd (od. ütlapd) worden ; —
he lapd d'r 'n stük holt an ; — de dokter
10 (Arzt) sal hum wol bold wer läppen od. wer
toregt lapjien ; — he hed hum wer uplapd
(aufgebessert, hergestellt etc.) ; — ütlappen
(ausflicken, ausbessern etc.) etc. — Nd., mnd.
läppen, flicken, ausbessern etc. ; nid. läppen,
15 a) dasselbe; — b) stossen, treiben, jagen,
rennen, z. B. : hij lapt hcm de pijke door
het lijf (er stösst od. jagt, rennt etc. ihm
den Speer durch den Leib) ; — iemand den
degen in het lijf läppen; — c) stossen? od.
20 klappen, klatschen, schwatzen ? — z. B. :
hij lapt er maar alles uit (er stösst nur
Alles aus, — od. er pdatzt immer mit Allem
heraus, er plappjert immer Alles aus), wat
hem op de tung komt ; — d) trinken, schlür-
25 fen etc. od. lecken, schlappen? — alles in
zijn gat (od. keelgat) läppen (Alles auf- od.
vertrinken u. versaufen) ; — iets in den
kraag (Kragen, Hals) läppen (Etwas aus-
trinken od. ausschlürfen) etc. ; — mnld.
30 läppen (pangere, tigere, jüngere; — impin-
gere, impellere, illidere, quatere; — abligurire,
heluari ; — consuere frusta, sarcinare ; con-
sarcinare, assuere, coagmentare, sarcire, re-
sarcire, reconcinnare, reticere, interpolare,
35 resuere) ; mfläm. läppen (faire impulsion,
frapper par force ; — consumer etc. ; —
radouber etc.); wfries. laepjen (läppen, aan-
vullen) ; wang. lap (läppen, flicken) ; aengl.
läppen (involvere) ; engl, lap (umschlagen,
•40 wickeln, umwickeln) ; an., isl. lappa (läppen,
flicken, ausbessern etc.) ; norw. lappa (läppen,
flicken, versolüen etc.) ; schwed. lappa ; dän.
läppe; mhd. läppen (läppen, flicken etc.).
Wenn man die verschiedenen Bedtgn. von
45 läppe u. lap[)eu, sowie auch die der weiter
noch zum Stamme lap (s. unten) gehörenden
Wörter zu flek, flik u. flik-flak etc., sowie
weiter zu klatte vergleicht, so scheint es fast,
als ob der Stamm lap ein alter Schallstamm
50 ist, der in ähnlicher Weise wie die Stämme
klat, klap m. andere Schallstämme aus der
Bedtg. : sonus, crepitus etc. (od. sonare etc.)
soiüohl die Bedtg. : Schlag, Stoss etc., als
auch die von : Bruch, Riss etc. (od. schlagen,
55 stossen etc., brechen, reissen etc.) u. Bruch-
stück od. Theil von Etwas entwickelte. Was
sei)ie Grdform betrifft, so kann diese sowohl
rap als rab od. rabh gewesen sein (s. unter
1 la M. 1 lab u. cf. Fick 1, 188 u. 741 etc.)
60 u. wie nun klip u. klup blosse Ablaute von
LAPPEN 472 LAP-SALFEN
klap sind, so sind auch rip, rup od. rib, lainUx (Geschwätz, Gerede etc.), lAimnafMiaid,
ruh, — ribh, ruhh wieder als blosse Ablaute als schwatzendes u. rcdoides Etwas), lapiii
von rap ctr. anzusehen, ^lus rap, rip, rup, (sprechend, verkündend, J((mnicrnd, klagend,
bz. ral», rabli etc. ent.'^tanden dann später schreiend etc.); hih. lalibraim (ich saije od.
wilder die Formen: lap, lip, liip od. lab, 5 spreche, rufe etc.), ]dhhi\u\\\ (Gespräch, Bede,
labh etc. u. die na.'ial. Stämme : ramp, rimp, Discurs) ; W. li'pju (jubeo) otc, sowie weiter
riiinp od. raiiil), raiiil)h etc. mit den A'eben- unsere zur y rabh od. rap gehörenden Wör-
formcn : lanip, liinp, lump od. lanib, lambh tcr rabbclu u. rappolu etc., sowie gricch.
t'tc, wie dies bei Fick an den obigen arabos (Gerassel) etc. u. lat. rabula etc.,
Stellen sowohl, als auch I, l'J2, 407, 414, 10 sowie auch rabere (wiUhcn, toben, rasen etc.)
741, 750 seq. zu ersehen ist. etc., was auch wohl zur |/ rabh, rab (tönen.
Ausser läppe, laiipen u. unsern nachstehen- rauschen, ertönen, schallen, bz. Schall od.
den unmittelbar damit verwandten Wörtern Geräusch u. Lärm machen etc.) gehört,
vergl. das unter labl)ekak wegen nbl. labbeu Weiteres hier noch anzufahren, verbietet
u. ahd. latlan, ags. lapjan (laiubere = griech. 15 der Raum n. die Zeit, zumal da ferner
lajiteiu, ital. lajjpare, franz. laper, prov. lepar unter dem Bachstaben „1" scnvohl, als auch
etc., cf.Diez I, 2 }■'>), sowie auch das unter unter „r" noch rielc Wörter vorkommen
1 laf Bemerkte, soioie werden, die gleichfalls zu der älteren Schall-
a) bei Dies (I,'245) einerseits ivcgen der würzet rap od. ral)li etc. a. deren Ablauten
Bedtg. : Schlag od. Klapps (cf. nid. lap 20 gehören.
unter läppe, bz. läppen u. laps) u. anderer- l.ipi»oii-(lag od. auch lanke-, lapjo-dag,
seits wegen der Bedtg. : Lumpe od. Fetze Lag, an welchem die Manufacturhändler
von läppe, sowie auch wegen der ßg. Bedtg. allerhand Tuch- u. Zeugreste verkaufen. —
von Ijumpe u. sonstiger Bedtgn. : span. Nid. lappendajr.
lapo (Schlag mit der flachen Klinge), comask. 25 \ii\)\}Cii-i\\\so,Lappciidose, Lappenschachtel,
iapiua (Ohrfeige), franz. (in Berri/) lapifine bz. Schachtel, worin man Lappen od. Tuch-
( Lumpen), lapeau (träger Mensch), chw. u. Zeugreste aufbewahrt, loie dies auch in
lapi (Wicht, Pinsei), wonach dann auch einer \-A\^\)(n\-\i\iiv (Ijappcnki.^te) , lappcn-laile
)nhd. lape, läppe = nhd. Laffe (einfälti- (Lap2jenlade)od.ineinem\A\)[>cnköri(Lappen-
ger Mensch, Pinsel, Lumpenkerl, schlechter 30 korb, wfries. lapekoer) geschieht.
od. gemei)ier Mensch, Bösewicht) desselben lapper, Flicker. — Compos.: ()l(llai)per
Ursprungs wie lai)pc (Lappen, Lumpen od. (Altjlicker, Altbüsser), — scliülap[)er (Schuh-
Lump) ist, während .s^jan. solapar (das Kleid flicker),
umschlagen) durch aoigl. lapjien (iuvolvere) lappei'd ; i. q. lumperd.
u. engl, lap (umschlagen, wickeln) als mit 35 lappei'e. a) Flickerei; — oldlapperc (Alt-
lappe (Lap))en , Lumpen etc. , als etwas flickerei) ; — b) Flickioerk, Pfuscherei etc. ;
Schlaffes od. als Etwas [cf. sluutej, was — c) Lapperei, Lumperei, Lappcdie, geringe
man um Etwas wickelt od. was man zum Kleinigkeit.
Einwickeln gebraucht) verwandt vermittelt lapperi^, lappprg, lapper ig, fetzer ig, lum-
wird; 40 pcrig etc., bz. zerrissen, zerfetzt, zerlumpt
b) toegen der Bedtg.: brechen, reissen, etc. od. überhaupt auch: was mit vielen
spalten u. schneiden od. hauen, klopfen etc. Lappen a. Flicken besetzt ist, viel gelappt
der y lap (von läppe cds Zerrissenes od. u. geflickt ist od. aus vielen Lappen u.
Kaputes etc., od. von nid. lap ^ Schlag, Fetzen besteht etc. ; — de bükseu is so lap-
Klnpps etc. u. läppen =: schlagen etc.) ausser 45 perig ; — he hed so 'n lappergen rok au ;
port. lapa (Höhle od. Spalt, Vertiefung, — dat sügt so lapjierg (zerrissen, zerlumpt
Kluft etc.) auch hess. lepper (Wallach), od. /jtwj^/r; <'<c.j iit; — 'n la])perg stük ilesk ;
verlepj)ern (verschneiden), wozu Vilmnr — 'n \Ai)\)Grgen kcrel (ein abgerissener, lum-
(i'47) bemerkt, dass lappe einen ('astraten piger Kerl); — 'n lapperigen sake etc.
bezeichnet u. loas demnach wohl eher mit 50 la|i|)i^, lappig, zerrissen, gcs}>alten etc.;
läppen in der Bedtg.: schlagen etc. (cf. wie ein Lappen beschaffen, schlaff, hängend.
klaphiugst) als mit unserm lüblien (s. d.) laps, a) Sehlag, Klapps etc. ; — he hed
zusammenhängt, zumal da das Verb, lejjpern lapse had od. kregeu ; — b) ein schlaff'er,
od. lappern (in kleinen Zügen trinken) doch manierloser, nichtsnutziger Mensch, ein
auch von läppen := ags. lapjan (lauihere) 55 Schlajips od. Lump etc.
abstammt ; lap-sak, zahlungsunfähiger Lnmp, arm-
c) ivegen der Bedtg. : sonare od. clamare seliger Wuht, kleinlicher alberner Mensch,
etc., bz. ein unarticulirtcs Geräusch machen Dummkojf etc.
etc.: skr. lap, lüpati (schwatzen, klatschen, lap-sallVn, quacksalben, quacksalbern. —
plaudern, schreien, jammern, klagen etc.), 60 Nid. hipzalven.
LAP-SALFER 473 LASKE LASK
lap-salfer, Quacksalber. — Nid, lapzalver. w. würde man dann annehmen können, dass
lär, s. ler. es im Gegensatz zu unsern vielen Wolden
liiren, s. lereii. od. Wald- 0 er lern eine Klärung, Scho-
larni, Lärm. — cf. allarm. nitng od. Lichtung etc., bz. ungefähr
lärmen, lärmen. 5 dasselbe, wie liode od. Eodung (d. h.
Larrelt, ein grosses Kirchdorf in der Nähe eine Stelle od. Stätte, wo der Wald ausge-
von Eviden. — Sprichw. : Larrelt ligt inid- rodet od. gelicldct ist, od. überhaupt eine
deu in de warreld ; — de Larrelter karke waldfreie Stätte) bezeichnet hätte, wo es
haugd fiil krallen, fiil kliiikcrklare rosenrode dann begrifflich auch wieder nahe zu ahd.,
Idödskrallen. — Früher (cf. Friedlaender, 10 as. läri (leer od. wo schon gelesen od. auf-
Ostfries. Urkundenb.) Lerletlie, Lherlete, u. weggenommen ist, leere u. schon vom Ge-
Hlerit, Illerlete u. (cf. Ind. bon. Monast. sträuch u. Wald befreite Stätte) stände, ivomit
Wrrd. etc., ed. Willi. Cr e cd ins, pag.33) ja eben (od. mit dem Subst.: ahd. h'iri od.
Illarfliata. Die Vorsj/lbe lUa.v betr., so steckt lara = nhd. Leere) Förstemann u.
sie auch in dem Jetzt unbekannten u. wohl 15 Andere (s. oben) das in so vielen Ortsnamen
ebenso loie viele andere Ortschaften vom vorkommende alte lär identificiren.
^[eercverschlungene)ill]d.rcs-hem(s. daselbst), Vergl. übrigens wegen des mehr im süd-
sowie wahr scheint, auch in Leer (alt: ]1\gt\, westlichen Deutschland od. am Rhein vor-
Hlere u. Lhare, Lare, Liiere etc.) an der kommenden lar, lari od. lar, läri auch noch
Leda (bz. Ems), sowie wahrscheinl. auch in 20 das lat. Lär, Flur. Lares (eine Art Schutz-
Leer hafe (im Amte Wittmund) u. obschon gitter der Städte etc.) u. das davon abge-
es möglich ist, dass dieses Illara od. Hlari, leitete lar od. lares (Wohnung, Wohnstätte,
Illeri (bz. Hläri, Illeri) dasselbe Wort ist, Haus etc.), womit das alte lar od. lär etc.
wie das vielfach als Ortsname vorkommende ja begrifflich u. formell vollständig überein
Wort (cf. Ar nold, Ansiedl. deutsch. Stämme, 25 kömmt, sodass es dabei einer Angleichung
137) lar, läri, leri (locus, maiisio?, cf. ahd. an läri (leer) ja gar nicht bedarf.
gi-läri, Wohnung, Gemach etc. u. Weiteres las, las, hat gelesen etc.; s. läsen, i*-. lesen.
darüber bei Förstemann, Ortsna^nen, 903, läse, läsen etc., s. lese, lesen.
wo derselbe lari od. läri zu aJid., as. läri, laske, lask, Lasche, d. h. ein Stück (Holz
amhd. laere, md. lere, nhd. leer stellt u. 30 od. Zeug, Leder etc.), was man an Etwas
es in der Bedtg.: Leere, (Jede, Wüste od. setzt, um es zu verlängern od. zwischen u.
Haide etc. nimmt) u. dass demnach die in Etwas setzt, um es weiter od. breiter u.
Formen Hlar, Illeri (wie Arnold meint) länger zu machen, od. um einen Riss od.
nur eine verschiedene Schreibung von Lar, ein Loch auszufüllen; daher auch: Ansatz-
Leri tväre, so wäre es andererseits auch 35 od. Einsatz- Stück, Verbindungsstück u. als
möglich, dass die Vorsglbe Hlär od. Hier Zwischen- Stück zugleich auch die Verbin-
dasselbe Wort ist wie das an. Hier, was dungsstelle ; — de i)äl is to kürt, d'r mut 'n
ebenso wie Oegir etc. (cf. die Bern, zu eide) lask ansetd worden, dat he wat langer wordt ;
sowohl (cf. Hol tz mann, deutsche Mgth., — du must d'r 'n lask in ("orZ. tiisken) selten,
173 u. Edda Saemundar, III, 433 unter 40 dat dat kled wat wider (bz. dat dat tau wat
Hlebardr )/. Hlcsey) die Bedtg.: Meer od. lauger) wordt; — dar sitt 'n lask in 't tau
Wass er als Meer es- od. Wasser-Gott of 't isder etc. (Stelle, wo das Tau od. das
(urspr. : finstere Tiefe od. finstere Wasser- Eisen etc. zusammengesetzt ist). — Nd. laske,
tiefe u. auch Gott der finsteren Tiefe, cf. lasche ; mnd. las, lasch, Streifen etc. (z. B.
Rochholz, deutscher Glaube u. Brauch, 45 auch: GaVäS vures, ein Feuerstreifen), Zeug-
1,85) hat, in welchem Fall dann Hlar-fliata streifen, Zwickel, Keil od. Stück, toas worin,
(das Larrelter Tief mündete früher direct ivorauf, woran od. wo zwischen (namentlich
in die Ems u. durch den Syhl desselben Kleidungsstücken) gesetzt wird; nid. lasch
loässert ein grosser Theil von krumhörn ab) (eingesetztes Stück : Fuge, Naht, Leiste ;
soviel als Was ser- Fleeth (cf. flet = 50 Kerbe; Scherbe; Fügung, Verbindung,
Fluss, Bach etc. od. fiiessendes Etwas), bz. Verbindungshölzer; Flick- od. Deckstück;
Wasser fluss, Wasser aus fluss (cf. Löthung, Löthstelle ; Windruthe, Schamseite ;
Yjxn^i.e.'a. =^ alt : Y.m\\ih2(,, Wassermündung od. Weiche; fig.: Anhängsel, Einschiebsel);
Wassermund,bz. Wasser- od. Flussmündungs- mnld. lassche (iminissura panni aut vestis ;
Ort) od. W ass er fluss- Ort sein könnte, 55 pars assuta) ; mfläm.hDi^che (dasselbe) ; mhd.
während das cdte verschwundene lllsires-ham (Lex er) od. md. (Schade) lasche (Lappen,
-— Was ser -Heim u. Illeri od. das jetzige Fetzen, Streifen); norw., schwed. lask, laske
Leer ^= Wasser - Ort wäre. ImUebrigen (Lasche, an- od. eingesetztes Stück, Ein-
stimmt unser altes Illara od. Hlari lautver- schnitt, Fuge etc.).
schoben gut zu lat. clarus (klar, hell, licht) 60 Die Grdbedtg. dieses Wortes wird dieselbe
LASKE LASK
474
LAST
wie von läppe u. klatte sein, nämlich Stück
od. Etwas, was durch Beissen, Brechen,
Spalten etc. entsteht od. entstunden ist, wozu
ausser Stiicfc od. Lappen, Flicken, an- od.
einge.-yetztes Flickstiick, namentlich auch die
Bedtg. : Kerbe od. Einschnitt, bz. Sjialt (cf.
auch splisse u. dann wieder splissen zu las-
keii, soicie bei Bobrik auch ScJterbe in
derselben Bedtg. wie L a s c h e), Bresche (cf.
hei Ho oft: de spaujaards vertoonen /ich
voor de lasch) i^timmt. Es gehört daher
zunächst zu an., isl. laska (laedore, divcllere,
bz. beschädigen, ruinircn etc.), wovon auch
an., i,sl. laskadr (beschädigt, verletzt, ver-
icundet ; gaffend, klaffend od. gespalten),
laski (maser- od. flammenartige Streifen in
Tannen u. Fichten; das Rauhe od. Zer-
faserte an einem Handschuh ; qiiadrans pilei).
— Zu laske als Stück od. Bruch-, Spalt-
Stück, bz. abgespaltenes od. abgeschnittenes
Etwas etc. stimmt auch span. lasca (Platte,
dünner, flacher Stein, Fliese [cf. 1 brik],
Lederstreifen), port. hxsca (Schnitte), was
Diez (II, 143) zwar als aus lat. laxus,
laxa umgestellt u. entstanden ansieht, mir
indessen eher eine Entlehnung aus dem and.
od. an. zu sein scheint, da es zu laxus auch
in der Bedtg. : schlaff etc. begrifflich doch
loenig stimmt. Was nun aber icciter den
Stamm lask od. lasch von an , isl. laska, bz.
laschi! betrifft, so stimmt derselbe bezüglich
des ableitenden k od. ch, ahd. h zu den
Wörtern flesk, frisk od. fürsk, lesk in fors-
keu u. Itskcii u. wenn derselbe nicht viel-
leicht mit dem Letzteren zusammenhängt u.
urspr. mit dessen alten I'räter. hisk von
Hause aus eins ist, so gehört derselbe viel-
leicht mit isl. lasiia (laccrari, fatisccre), lasiiin
(lacer; invalidiis, dchilis) vXc. zu einem alten
Stamm las (cf. bei Fick flaiska von flais
= plus), der möglicherweise mit ags. liis;
as. les (minder, geringer, kleiner, tvcniger,
schwächer etc. , cf. min) u. las in goth.
lasivosts = ags. läsest (minirnus, od. iiifir-
missimus) von Hause aus nahe vertoandt isl
tt. auf dasselbe Stamm verb. od. dieselbe y las
zurückgeht, wozu auch lesen u. lesken ge-
hören u. worüber Weiteres u)itcr diesen
Wörtern zu vergleichen ist.
Zum Schlüsse .sei noch ((f. Stratmann)
des acngl. lasclie (lif(ula) erwähnt, was urspr.
auch die Bedtg. : S t r c ifc n (Lcder od. Zeug)
hatte u. demnach wie engl, lash (Riemen u.
sodann auch: Geissei, Ruthe ; Schlinge;
Schmitze an der Peitsche etc.) dasselbe Wort
ist, wie das germ. Ij a s c h e. Vergleicht man
nun aber weiter, wie das ahd. flccclio (s.
unter flek) neben Flicken od. Stück,
Bruchstück etc. auch die Bedtg. : Sc hl ag
H. das mhd. vlecken (s. unter flekken) auch
die Bedtg. : schlagen etc. hatte, so erklären
sich auch acngl. laschin (vcrberarc) u. engl.
lash (schlagen, hauen, jieitschen etc.) u. lash
(Schlag od. Hieb etc.) wieder leicht als Ver-
5 wandte von lasche. Stammen nun aber flek
M. flekken in der Grdbedtg. : Schlag od.
Klapi)s, bz. in der von : schlagen od. klat-
schen etc. (cf. auch flik-flak etc.) mit lat.
plaga u. i)lango vo)i derselben y, so würde
10 auch hische beim Vergleich von lapi»e (sofern
dies nämlich auf eine Schallwurzel raj) od.
rabh etc. zurückgeht) mit an., isl. lasna
(lacerari etc., s. oben) auf die Schallwurzel
ras (souare, strepcre, crepare, crepitare,
15 fragorem edere alc, cf. Bopj), Gloss. comp.,
310 u. dazu rasitä in der Bedtg. : t'ragor,
sowie weiter die Stämme: aM. klac ». klaph
unter klak m. klap) zurückgehen können, wo
denn auch hier loieder die Bedtg. : sonare,
20 crepitare etc. in die von : brechen, sjyattcn,
reissen etc. od. stos.sen, schlagen etc. id)er-
gegangen sein würde.
lasken, laschen, od. läppen, flicken, bz.
ein Stück etc. an, in od. zwischen Etwas
25 fügen, setzen od. befestigen, gleichviel ivie
od. auf welche Weise dies geschieht; — he
lasked d'r 'n stük (od. 'i\ ende) holt an od.
tüsken ; — de sniid lasked d'r 'n ende isder
au; — de ring (od. dat tau etc.) is braken;
30 stür' hum hen, dat de sniid huni äfen wer
an 'n ander lasked; — de stefels (Stiefel)
mutten anlaskd worden (durch eine Lasche
od. ein angclapptes Stück verlängert werden)
etc. — Nd. lasken, laschen ; nid. lasschen
35 (laschen, mit Laschen zusammenfügen, an-
einander setzen od. reihen, zusammenschn üren,
fügen , schcrben , verscherben etc.) ; mnld.
lasschen (immittere sive insuere partem panni ;
interjicere, intcxere, assuere j>artem); dän.
40 laske ; schwed. laska etc. — Zu laske etc.
lask-isder, Lasch-Eisen, Hefteisen , bz.
ein spitzes Eisen (cf. splis-isder), was man
gebraucht, um Taue etc. aneinander zu
laschen od. mit einander zu verbinden.
■15 last, Last, d. h. dasjenige Etwas, was
ein Etwas od. Jemand ladet od. trägt u.
hält, od. was in od. auf Etwas etc. geladen
isl u. wird, sowie ferner auch eine bestimmte
Quantität von Dingen etc., die ein Etwas
50 laden od. halten, fassen u. tragen kann;
daher a) Fracht, Ladung, Tracht, Bürde etc. ;
— dat scliip hed sin last in un ligt kh'ir to
ferseiien; — de bon iied sin last tip (d. h.
es isl soviel auf dem Boden geladen, wie
55 derselbe trägt od. tragen kann ; — dat i»erd
hed sJii last, um hum to dragen ; — b) eine
Last von 40 (Jentner Schwere, od. urspr.
wohl soviel u'ic ein Wagen mit zwei Pferden
tragen u. verfahren kann; — c) (trop.) Last,
60 Bürde, Mühe, Beschwerde etc.; — he hed
LASTEN
475
LAT
sin last dik un wet hast net i'it of in ; —
wi hebben föl last tau müsen un allerlei
iingod ; — de dik hed (ud. iidt) uog gm
last (Druck u. Gefahr um zu brechen); —
de sake (od. dat kiud etc.) mäkd hum föl
last un ferdret; — d) Auftrag, Botschaft,
Befehl etc. ; — ik heb hum last gäfeu, um
dat to döu; — ik heb hum de last mit gät'cu,
hum intoladen. — Sprichw. : de swarste last
is de achterlast. — Nd., nid. last; afries.
hlest; wfries. lest; ags. hlaest; aengl blast;
an. hlass ; nonv. lass ; dän. laes ; schwed.
lass; ahd. blast, last; ndid. last. Davon:
ital. lasto ; franz. laste, lest. — Es gehört
zweifelsohne zu 1 laden, bz. goth. blathan
u. wird enttoeder aus hlathet od. hlatbest
(ladet od. ladest) entstanden sein, tvie lest
=: nhd. letzt aus latist, latest = ahd. lazist,
lezist.
lasten, lasten, drücken, liegen, ruhen;
laden, bürden od. auflegen, belasten, beauf-
tragen etc. ; — d'r last tols to föl up ; — ■
he lastede hum dat up; — he hed dat schip
(od. hum etc.) to swär belastd; — he hed
hum d'r mit belastd, dat he dar hen gan
schulde etc.
laster, Laster, Schmach etc., bz. das was
Einem Schmach u. Schande macht u. bringt
u. demnach auch selbst ein böses od. schlech-
tes u. strafbares Etwas ist ; daher auch :
Schlechtigkeit, schlechte od. böse Gewohnheit
od. Neigung etc. ; — 't spil is 'n laster ; —
dat is 'u laster fan hum (od. sin laster),
dat he ligt to fol drinkt etc. — Nd., nid.,
mnd. laster (Spott, Hohn, Tadel, Lästerung,
Schmähung, Vorwurf etc.); afries. laster
(Verletzung, Beschädigung) ; as. lastar, laster
(Strafbares, Sünde, Schuld; Schmähung,
Spott, Hohn); an. last (Schmähung, Tadel)
u. löster (Fehler, Gebrechen, Verletzung) ;
ahd. lastar, lastir, laster u. lahster ; mhd.
laster (was die Ehre kränkt od. verletzt,
Schmähung, Schmach, Schimpf etc. Mit ags.
leahtor, leahter, lehter, lähter (vitium, crimeu,
flagitium; convicium, bz. Tadelnswürdiges,
Sünde, Frevel; Schmähung, Tadel, Vorwurf)
zu ags. leahau (vituporare etc.), ahd., as.
lahan etc., s. Weiteres unter 1 laken.
lasterer, Lästerer.
lastering, Lästerung.
lästern, lästern, schmähen etc.
lästig (lastiger, lastigste), lästig, beschwer-
lich etc.; — davon: lastigheid u. belästigen.
lät, spät, zurück, nach etc. ; — Compar.
later (später, mehr nach, nachher), Superl.
lätste (späteste etc.) ; — du briikst hei net
bang' wesen, dat du to lät kumst; — de ür
geid to lät; — wo lät is de klok; — lät
in 't jär; — in sin late dageii (in seinen
späten od. alten Tagen). — Sprichw. : 'u
bitje to lät, is föls to lät ; — late hafer geid
6k up ; — bäter lät, as hei net ; — wo later
up de dag, wo möjer lue. Bern. : aus dem alten
Superl. latisto (jetzt lätste) = ahd. lazisto
5 entstand unser heutiges lest u. leste = nhd.
letzt u. Letzte. — Nd., nid. laat (spät);
mnd. lat, late (lässig, träge, spät); mnld.,
mjläm. laet (serus, tardus, bz. sero, tarde) ;
afries. let (träge, faul, schlecht u. nach dem
10 Compar. u. Superl. leter [später], letast
[spätest, letzt] auch : spät etc.) ; wfries. let ;
wang. litti ; satl. late ; helg. let (spät) ; as.
lat ; ags. lät (matt, faul, saumselig, langsam,
spät); aengl. lat (tardus); engl. \?ii (lang-
15 sam etc.) ii. late (spät) etc.; an. latr (lass,
faul, träge, langsam) ; norw., schwed. lat ;
dän. lad (dasselbe) ; goth. lats (träge, faul) ;
ahd., mhd. laz (lass, träge, matt; spät) u.
ahd. lazo, lazzo (langsam, .spät).
20 Fick stellt (III, 263) das Thema lata
von goth. lats, bz. lat-a-s etc. zu laten, hz.
läton, let (lassen), wozu indessen das kurze
a von hits formell nicht stimmt. Grimm
u. Weigand nehmen deshalb an, tZ«ss lats,
25 ahd. laz auf das Fräter. lat eines agerm.
Verb, litan, ahd. lizan od. lezau etc. (lat,
laz u. lut, luz, lutun, wie brak u. bruk etc.
od. brach u. Bruch etc. von brikan, ahd.
precban, nhd. brechen) zurückgeht u. dessen
30 ]/ lat auf eine ]/ lad, idg. y rad zurück-
geht, ivozu auch loohl laten od. läten (lassen)
u. nach Fick (1,750) auch Zrii. lassus (für
lad-tus) u. lit. leidmi (lassen) gehört. Was
nun aber die für lad anzusetzende urspr.
35 y rad betrifft, so wird sie übersetzt von:
a) Bop)p mit: lindere, fodere ;
b) Ben feg mit: to split, to divide, to dig ;
c) Fick mit: kratzen, ritzen, hacken,
nagen, u. von
40 d) Grassmann mit: Vertief ungen machen,
sei es durch beissen, hacken, ritzen, spalten,
graben etc., insbesondere Wege bahnen (den
Strömen etc.), od. (diese) durch Bahnbrechen
frei machen; (Jemandem) Güter eröffnen,
45 sie (ihm) mittheilen ;
cdso : 1) beissen, nagen an ; 2) Etwas zer-
beissen, zermalmen, zerkleinern, klein machen
etc. ; 3) Jemandem Wege eröffnen, bahnen
etc. ; 4) Wege eröffnen, bahnen zu ; 5) Ströme
50 eröffnen, ihnen freie Bahn machen od. Raum
schaff'en; 6) Jemandem Gaben od. Güter er-
öffnen, mittheilen.
Sieht man sich nun die y bhid (spalten
etc.) von lat. üudere, bz. unser biten (beissen,
55 spalten, zerspalten, zerbeissen, kaput od. klein
u. in Stücke machen od. theilen, zermalmen,
zerkleinern etc.), sowie ferner die Wörter:
bän (Bahn, Baum, Weg), bauen (bahnen,
Bahn od. Baum schaff'en u. machen); franz.
60 route (Weg od. Bahn etc.) von lat. rupta etc.,
LAT
476
LAIEN
bz. franz. brisee (Bahn, Weg etc.) von bris
(Bruch, SjHilt, liiss etc.), bz. briser (brechen,
bersten, iypalten , reiasen etc., .s-. Weiteres
unter ban) u. an. brautar od. braut (Weg,
d. i. [via] rupla od. fracta etc.) etc.; ags.
brytniaii (spenden, theilen, aus- od. sutheilcn
etc., s. Weiteres unter bret etc.), sowie ahd.
klakjau (Biss od. Bruch machen, Baum
schaffen, von einander trennen, eins von
dem andern trennen u. wo anders hin brin-
gen, von der Stelle bringen ». vorwärts
bringen etc., cf. klakken u. tiekken etc.) an,
so ist es wohl zireifellos, dass sich alle
Bedtgn. der y raJ aus der von : tiiukTe von
selbst ergeben.
Da nun auch nach Fick (III, 269) lat
(idg. rad) die Basis von lit u. hit ist u. es
sich auch überhaujd gleich bleibt, ob man
die Stämme lit u. lut als Ablaute von lat
ansieht, od. von einem Stammverb, litau, lat,
lut, lutan, spalten etc. ableitet, so sei hier
nur bezüglich der eigentl. Bedtg. von hit,
bz. goth. läts etc. darauf hingewiesen, dass
die y lat, bz. das Verb, litau aus der Grd-
bedtg. spalten neben andern (s. oben) so-
wohl die von : theilen od. abtrennen, trennen
(von), entfernen, sondern etc., als auch die
von: offen machen, Bahn, Blatz u. Baum
machen, räumen, frei machen etc. entwickelte
u. dass demnach das von der y lat fort-
gebildete Thema lat-a od. lata = skr., ved.
rada m. räda (s. bei Grass mann unter
rad, bz. bei B enfey etc. rada, (a. splittiuc
etc.; — lt. tooth u. dass er auch der An-
sicht ist, dass ausser lat. rädere u. rödere
vielleicht auch das goth. letau u. ags. laetan
dazu gehört) einen Znstand od. ein Sein
bezeichnet, wo ein Etwas (od. ein Jemand)
von einem andern Etwas getrennt wird od.
bereits getrennt ist u. demnach von diesem
verlassen od. zurück gelassen wird od. ist,
während sich dieses zweite Etwas von ihm
trennt u. entfernt. Aus der Bedtg. : getrennt
od. entfernt u. verlassen (von) ergab sich
nun aber weiter von selbst die Bedtg. : zu-
rückgeblieben, od. zurück, hinten, nach (cf.
auch achter, hinter, zurück etc. als Weiter-
bildung von apa, ab, von, getrennt von etc.),
sowie aus: zurückgeblieben od. zurückbleibend,
bz. nicht mitgekommen od. nicht mitkommend
etc. auch icieder die von: saumselig, träge
etc. Was nun aber ferner lateu od. läteu
(lassen) betrifft, .so ist darüber unter diesem
selbst wegen des Zusammmhangs mit der
y lat (spalten etc.) das Weitere zu ersehen
u. .Sri hier nur noch wegen der Stämme lit
u. lut von littel u. liittei etc. (cf. lüt.jo od.
lüttik etc.) bemerkt, da.ss die Bedtgn. : klein,
gering, kurz etc. sich von selbst aus der
y lat := rad, bz. einem Verb, litau mit der
Bedtg. : spalten, beissen = zerspalten, ser-
beissen, zerkleinern, zermalmen, zerreiben,
klein u. kitput machen etc. (s. oben), od. aus
spalten = abspalten, abtrennen, abhauen
5 (ein Stück von einem Etwas u. so dieses
kleiner machen u. verkürzen od. verstümmeln
etc.) etc. von selbst ergeben. Zu der Bedtg. :
spalten, zersj)alten, bz. bersten, brechen etc.
vergl. auch isl. hit (t'raijjilitas vel Hexibilitas).
10 1. laten od. lätoii (iäf, letsl, lett etc.;
— let, lotst, let etc. ; — laten), lassen ; —
lät' dat (lasse od. unterlasse daj^, lasse es
sein od. bleiben, thue es nicht, rühre u. fasse
es nicht an, befasse dich nicht damit, halte
15 dich fern davon etc.); — lie lett dat uicli ;
— he kan 't uet lateu; he mut 't dön; —
lät lium (lasse ihn, halte ihn niclit, gicb ihn
frei etc.); — liär laten (Haar bissen, Haar
geben etc.); — water laten (Wasser lassen
20 od. von sich lassen, bz. Wasser /leraaslassen
od. geben etc.); — he hed water laten (er
hat Wasser gelassen od. gegeben, ausgeschie-
den etc.); — God let uns net (Gott lässt od.
vcrlässt uns nicht, trennt sich nicht von uns,
25 lässt ttns nicht los od. frei etc.) ; — he let
sin läfen (er lässt sein Leben, trennt od.
scheidet sich von seinem Leben, giebt es hin
etc.); — lät mi dat (lasse od. überlasse mir
das, gieb od. gebe u. gewähre mir das, lasse
30 »«V das zukommen, trenne od. scheide dich
davon, spende mir das, räume mir das ein
etc.); — he hed hum dat laten (er hat ihm
das gelassen od. zurückgelassen, überbtssen,
zukommen lassen etc.) ; — he let dat liv^geu
35 (er Hess das liegen, nahm es nicht auf etc.) ;
— war schal 'k 't laten V (wo soll ich es
lassen od. hingeben, hinstellen':' etc.) etc. u.
ferner icie im Hochdeutschen ; — Sprichw. :
laten (das Unterlassen od. Bleibenlassen von
40 Etwas, bz. das Belassen u. nicht Stehlen
etc.) is f?6d tegen 't (wider das) hanffeu. —
Compos.: afer-, an-, bc-, t'er-, in-, up-, of-
lateu etc. — Nd., nid. laten; mnld. bieten;
afries. leta ; wang. leit; satl. letc ; nfries.
15 lete ; wfries. litten, letton ; as. lätau ; ags.
laetan; aengl. laeten; engl, let; an. lata;
norw. lata ; schwed. hita, lata ; dän. lade ;
goth. letau; ahd. läzan, läzeu; mhd. läzen.
Wie schon unter lät bemerkt, stanunt das
50 obige Verb, entweder mit diesem von einem
altern germ. litan (cf. auch liter u. lütje)
od. mit lät etc. von einer u. derselben y lat
= idg., skr. rad (Hndore) ab, wovon sich
die Bedtgn.: (sich od. ein Anderes) von
55 einander trennen u. (Etwas) weit, offen u.
frei machen, PbUz, Raum od. freie Bahn
machen u. schaffen, sowie weiter auch:
trennen, scheiden (weggehen, ver- od. zurück-
lassen), theilen, abtheilen, spenden, geben,
(JÜ hingeben (be- od. überlassen), zugeben, ge-
LATEN
477
LATEN
statten, freigehen, gewähren, frei lassen,
nicht halten etc. von selbst ergehen. Wei-
teres s. auch noch unter 2 latnn.
2. lateii od. laten, aussehen, scheinen,
Aussehen od. Ansehen, Farbe u. Schein
haben etc. ; — dat lott not god (das sieht
nicht gut aus, hat keine hübsche Farbe etc.);
— dat schal wol nioi lateii (das soll ivohl
schön aussehen etc.) ; — dat lott röd (das
sieht roth aus, hat eine rothc Farbe etc.);
— de sünne löt not as für (die Sonne sah
gerade so aus une Feuer, scliien od. glänzte
gerade uric Feuer, hatte eine Farbe, bz. einen
Schein od. Glanz loic Feuer); — du Icttst
jn net so wit, as dp kalk an do wand otc. ;
— dat letl not 6n as 't andor (das Eine
sieht gerade so aus loie das Andere, das
sieht sich Einer dem Andern gleich, ist nicht
von, einander su unterscheiden etc.) ; — he
lett siik nich m'i'V lik (er sieht sich nicht
mehr gleich etc.) ; — wo mag dat wol laten
(ausgesehen etc.) hebhon; — Sprichio.: in
dunkern laten alle katten grau. — Nd., nind.
laten.
Da das ahd. läzan (lassen) auch die Bedtg. :
sich benehmen od. geberden od. sich anstellen
V. sich den Schein geben (als ob, od. -wie)
hatte (sie entsprang wohl aus der Bedtg. :
sich gehen lassen, sicli frei u. ungebunden
bewegen u. diese wieder aus: sich trennen
u. frei machen von Etwas), so ist es sehr
leicht möglich, dass dieses laton, sowie mnld.
laeten (se gorere, apparoro, videri) urspr.
dasselbe Wort ist wie 1 laten. IJa aber
unser antlät dieselbe Bedtg. ivie das ahd.
antluzi u. antlitze (urspr. ant-lizi, bz. ant-
wlizi) hat, so ist es auch sehr leicht mög-
lich, dass dieses laten od. richtiger laten
aus lät in antlät (Antlitz), ebenso wie ahd.
luzi u. litzc etc., sowie as. wliti (splendor,
Visus, facies etc.) etc. auf das as. wlitan ;
ags. vlitan (Präter. vlät = goth. vlait) ; an.
lita (glänzen, scheinen, blicken., schauen,
sehen, aussehen, .'spähen) zurückgeht u. dem-
nach dieses laten, mnld. laeten (ebenso tvie
an. lita aus vlita, bz. litz aus wlitz od. wliz)
aus urspr. vlätan od. vlätjan entstand u.
demnach mit ags. vlätjan (intueri) u. goth.
vlaiton (aussehen wonach, spähen etc.) auf
das Fräter. vlät, goth. vlait zurückgeht. Da
indessen das alul. gi-läz (Bildung, Gestalt,
Geberde, Benehmen) ztveifellos dasselbe Wort
ist tvie unser golät, nid. gelaat, mnld. ghe-
laet (gestus, hahitus, vultus, ^ pparitio, ostensio ;
Status, species) u. auch mnd., mnld. in der
einfachen Form, lät, laet mit derselben Bedtg.
(nämlich äusserliches Aussehen, Geberde,
Benehmen etc. od. gestus etc.) vorkömmt u.
diese Form zum Präter. ags. vlät, goth.
vlait, as., afries, wlet od. let, nord. leit etc.
von vl'itan, vlaitan etc. nicht stimmen u. das
ahd. giläz in der Bedtg.: Erlassung u. auch
in der von : nhd. Gelass (d. h. ein Etwas,
worin man Etwas ein- od. hincinlässt u.
f) giebt) jedenfalls mit giläzan, bz. läzan (lassen,
cf. 1 hxten) conne.r ist, so rvird auch ivoJil
unser lät u. nid. laat, m^ild. laet in antlät
(Antlitz) dasselbe Wort loie das obige mnd.
lät (gestus etc.) u. demnach auch unser
10 2 laten od. läten in der Bedtg.: aussehen
(wie) od. Aussehen haben (als) von Hause
aus dasselbe Wort wie 1 laten etc. sein.
Zweifelhaft ist es mir indessen dabei, ob
man aber nicht bei dem Subst. lät, ahd. läz
15 u. qiläz in der Bedtg.: gestus, hahitus,
vultus, apparatio etc., bz. Bildung, Gestalt,
Geberde etc.) u. dem. Verb, laten (aussehen
tvie), mnld. laeten (se gorere, apparoro, vi-
deri), aJid. läzan (sich benehmen u. sich, ge-
20 berden, sich zeigen od. aussehen, Gestalt,
Form od. Aussehen haben, gestaltet u. ge-
bildet sein etc.) davon ausgehen muss, dass
die für 1 laten n. das präsunrirte cdtc Verb.
litan, lat, lut etc. angesetzte y lat = idg.
25 rad urspr. die Bedtg. : fiudere, lodere etc.,
bz. spalten, scheiden, schneiden, liauen, steclien.
etc. hat u. demnach mit den Wurzeln tak,
taks (hauen, zurecht hauen, behauen, bilden,
formen, gestalten, machen, loirken, erzeugen
30 etc.) u. der aus skar (spalten, scheiden,
schneiden, scheeren etc., cf. an., isl. skurdr,
(a. vulnus ; — b. mactatio ; — c. sculptura
etc. n. skurgod, Götzenbild, idolum, soulp-
tile etc.) entstandenen y kar (spcdien, thei-
.35 len, schneiden, verwunden etc., bz. bilden,
fertigen, fertig machen od. überhaupt : Etwas
machen, thun, schaffen etc.) von Hause aus
syn. ist u. demnach auch ebensotoolil wie
diese in die Bedtg. : bilden, formen, gestal-
40 ten etc. cds in die von : weg- u. forlnchmen,
Baum u. Platz schaffen für Etwas, Weg
u. freie Bahn machen etc. od. in die von :
trennen u. theilen etc. (s. unter 1 laten)
übergehen konnte. Ist dies nicht zu bestrei-
ch ten, so ist auch die Annahme gestattet, dass
das loohl aus einem Thema lata od. lata =
skr., ved. rada od. räda (cf. G r a ss m a n n
u. s. Weiteres unter lät) in der Bedtg. :
Spaltung, Theilung, bz. das Spalten, Beissen,
50 Theilen, od. gespaltener Zustand ii. gespal-
tenes Etioas, soivie auch: spaltendes u. thei-
lendes Etwas etc. (d. h. überhaupt ein Spalt-
Ding od. gespaltener u. spaltender Gegen-
stand, ge- u. zerspaltenes od. spaltendes F^ioas)
55 entstandene Subst. lät = ahd. läz, mnld.
laet etc. urspr. auch ein Etwas bezeichnete,
loas durch spalten, theilen, scheiden, trennen,
bz. schneiden, hauen, behauen etc. entstand
u. gebildet lourde u. demnach dieselbe Bedtg.
60 wie bild (cf. dieses) u. griech. tüpos hatte.
LATEK
478
LAUKEN
Hält uian diese Beiltg. als die urspr. ro?j
lät, idid. liiz, bc. gelilt, nudd. gholaet, ahd.
gilfiz etc. fest, so erklärt sich leicht, wie das
Wort SU derBedtg.: gostiis, hahitiis, viiltiis,
apparitio, ostonsio, Status, h~. Bdduiuj, (fe-
stalt, (reUrde etc. kam ii. dass auch unser
antlät soviel als (fegen- od. Wider-Bild, Bild
od. (festalt, das od. die einem gegenüber
steht od. tritt etc. bedeutet, .'^owie fer)ier auch
warum n. loie das ahd. gi-, ki-, ka-h\/. die
Bedtg.: exitus hat, bz. zu dieser Bedtg. kam,
da sich diese von selbst aus der von Spalt
od Üeß'nung, Loch (Durch- od. Ausgang u.
auch Eingang, Stelle, wo ein Etwas in ein
anderes Etwas einmündet, bz. wo zwei Wege
eusammentreß'en, od. auch dasselbe tcic Aus-,
Ein- u. Durch-Lass, od. auch die Stelle,
richtiger die Sjndte u. Fuge, wo man ein
Anderes hineinlässt ad. hineinmacht «. zwei
Theile mit einander verbindet, daher ahd.
gih\z auch -^ conjiincturao, niciubra) ergieht.
I)a nun aber das ahd. liz, and. lät als
Subst. schwerlich von läzan, lataii abstammt,
sonder)t wie schon oben bemerkt, urspr. das-
selbe Wort ist wie das .'skr. rada od. räda
(gespalte)ies Etwas), so i.ft es vielleicht rich-
tiger, um das Verb, läzaii, as. lätan etc. als
eine M'^eiterbildung von dem Subst. läz, as.
lät etc. a)izusehen, als dass man das Subst.
läz, lät von dem Verb, läzau otc. ableitet,
sowie ferner auch, dass man das Subst. läz,
and. lät, nhd. Lass itberhaupt nur m der
Bedtg. : Spalt-Ding u. Spalt-Zustand, d. h.
als gespaltenes od. durch Spalten etc. ent-
standenes Etivas u. so auch als geöffnetes
od. offenes u. freies Ding (od. Etioas) od.
als : offener u . freier , tc n beh i n derte r
Zustand etc. auß'asst, ivonach dann das
WoH Gelass als Raum zum Bergen von
Etwas auch soviel als : Spalte, Hohle, offener
Baum etc. od. überhaupt: Baum, Platz etc.
ist.
läter, später; s. lät.
lätei'D, spätem ; s. ferlätorn ; — ho lor-
läteril od. tVrachterd sük.
lat-ferdi^, lat-ferig, iat-lardig. lat-faddi^.
lassfertig, lässig, saumselig, träge.
lati^, lässig. — Nur in iia-latig, nach-
lässig, wovon : nalatiglu'id «. fernalatigon.
latiil, letin. Latein; — dat is kromor-
latiu ! dar forstä 'k uiks fau. — Sprichtc. :
„dat l)indt," sä' Riindo, do sottde hti für
'ii litthalf (:J'i Pfennig) latin in do scbrift.
latinsk, letinsk, lateinisch; fig., bz. iron.:
gelehrt; — ho is 'n latinskon l)fir.
lätste. späteste ; s, lät.
latte, lat, Latte, schmaler aus Dielen od.
Bohlen geschnittener Holzstreifen od. Holz-
stange. Im J'lur. auch Gitter od. Gitter-
werk, Schranke, Umzäunung etc. ; — daher
die Bedensart: he geid mi dör de latteu orf.
't goid all' diu- de latton. — Nd., ntnd. latte ;
nid. lat ; ags. lätta ; aengl. latt ; engl lath ;
ahd. lata, latta; mhd. lato, latte, lat. —
5 Davon (nach D i ez) : ital. latta: span.,prov.
lata ; franz. latte. —
Es würde sich (ds geschnittenes od. ge-
spaltenes Etwas begrifflich gut von der ]/ rad
(spalten, theilcn etc.) ableiten lassen, sofern
10 angenommen werden könnte, dass das „t"
im ahd. lata etc. unverschoben blieb u. nicht
wie bei läz, läzan (cf. lät, laten etc.) in „z"
überging.
latteu, latten, mit Latt e n beschlagen od.
15 versehen etc.; — dat dak (od. hüs, bäge etc.)
niut neis (aufs neue) lattd (od. bc-, fer-lattd)
worden.
lattoil-liailger, Lattenhänger, Einer der
an od. auf einer Ijotte od. dünnen n. leicht
20 zerbrechlichen Holzstange hängt u. sich daher
in einer gefährlichen, bald mit dem Fall
drohenden Lage befindet ; daher : Person,
die dem Bankerott nahe u. zahlungsunfähig
ist; — dat is 'n lattenhanger (od. en de an
25 de latton haagd), das ist ein Insolventer od.
Mensch, dem man vichts borgen darf; —
wel wiiir so 'n lattenhanger sin liörge wol
weson ; de körol hod je siilfst niks in de melk
to brokken.
30 lau, s. 3 Ic.
lauken (löken, cf. hauk = hok), lugen,
(nach Etwas) schauen, blicken, sehen, spähen
etc. — Wang. (Ehrentraut 1,62) lank ;
Compos. bilaiik (besehen), wovon wohl mofries.
35 (Cnd. Müller, pag. 50) blanken, bz. bi-
laukeu, sehen od. auf Etwas sehen u. schauen,
sehen u. schauen auf Etwas, sich Etwas be-
od. ansehen etc., wieble iben von bi-leiben
■u. blök aus bi-lok, — Onlank (ansehen), —
40 tolauk (zusehen) etc. ; nfries. (0 utzen)
loke, lucke ; wfries. (J ap ix) loackjon ; anld.
lüken ; ags. löcjan od. locian ; aengl. lökien ;
engl, look; ahd. Inogen, luagon, Inaken,
lögen, luken; mhd. luogen. — Der Form
45 nach muss der Stamm ags. lue, ahd. Inog
etc. beim Vergleich von fög, ahd. fuog, fuag,
föc etc. (^^ nhd. Fug u. zugleich als Stamm
von [fuogjan], fuogan etc.) von fagan u. des
Stammes sluog otc. von slahan, slagan (schla-
50 gen), as., ahd. lahan, lagan, ags. leahau,
lahan sci)i, was allerdings nur in der Bedtg.
vituporaro, e.\]trobaro, prohibero, bz. cnlpare,
roprehondero (cf. 1 laken) belegt ist. Da
dieses Verb, indessen mit dem Subst. 2 lak
55 von derselben y stammt u. dieses ivahr-
.•icheinl. mit 2 laken, bz. as., ahd. lahan auf
die sinnl. Bedtg. : bersten, brechen, bz. Bruch,
Biss od. Fehler u. Mangel machen u. haben,
mangelhaft sein zurückgeht (cf. ahd. pröchan
60 auch in der Bedtg. : mangeln, fehlen, bz.
LAVA LA WA
479
LE
Mangel, Gebrechen ii. Fehl od. Fehler hohen
etc., sotoie auch briistau, bersten, brechen ;
mangeln, fehlen, gebrechen etc. u. ferner
auch : fehlen u. Fehler in ihrer trop.
Bedtg.), so würde um» annehmen A'ö)i)ien
u. dürfen, dass vom Prät. liiog, liiag, liiac
etc. von lahan (bersten, brechen, spulten,
reissen etc.) zuerst ein Subst. mit der Bedtg.:
Spalte, Bruch, Riss, bz. Kluft etc. entstund,
was mit ahd. luog, liiag, liiak, löc; nihd.
luoch, luoc u. ahd. luoga (cubile, spoous.
Lagerhöhle, Höhle, Loch, bz. Spalt, Ver-
steck etc.) ident. u. demnach auch mit un-
serm glüpe od. glüp (cf. 1 glupe) syn. ist.
Vergleicht man nun weiter unser gliipon,
so erklärt sich sofort, wie das entiveder vom
Prüter. luog od. dem Subst. luog, luoga etc.
fortgebildete luogen zu der Bedtg., entweder:
heimlich aus eitlem Versteck hervorsehen, od.
überhaupt : gaffen, schauen, sehen etc. kam
u. dass auch das aengl. lok (visus), engl.
look (Blick, Ansehen etc. ; Aussicht; Warte;
Lauer, Wache etc.) theils mit nnserm 2 u.
3 glüpe u. theils mit dem ahd. chapf (spe-
cula, cacumen), bz. mit dem von specus fort-
gebitdeten lat. specula sgn. ist.
läva, läwa (obs.), Nachlass, Nachlassen-
schaft etc. — Afries. läva etc., s. Weiteres
unter läfeu (leben).
lavel-ber, s. lafelber.
laveu, läven, läver, s. lafen, läfen, läfer etc.
lavereD, laviren, gegen den Wind kreuzen,
hin u. her segeln u. sich so langsam gegen
den Wind weiter arbeiten ; daher auch fig. :
sich langsam u. vorsichtig weiter od. durch
Etwas hin arbeiten etc.; — wi mutten la-
veren ; de wind is uns tegen ; — du must
sen, wo du di d'r am besten dörlaverst (hin-
durch arbeitest, hindurch windest etc.). —
Nid., nd. laveren ; mnld. u. mfl. laveren u.
loeveren; engl, laveer ; schived. lavera; dän.
laveren. — Aus franz. louvoyer u. dies nach
Diez (II, 350) von franz. lof (die gegen
den Wind, liegende Seite des Schiffes) von
nid. \oei (Windseite) ; cf. 2 löf etc. — Sollte
das franz. louvoyei* indessen nicht eher
direct aus mnld., mfläm. loeveren (s. oben)
entlehnt ti. dies ein Iterat. von mnld., mfläm.
loeven (deflectere sive declinare navigio;
cedere) sein ? — • Vergl. dieserhalb lofen, lüfen
u. löfern.
läwa, s. läva.
lawei, rect. lavei, a) das Aufgeben h. Ver-
lassen der Arbeit od. das sich frei machen
u. befreien von der Arbeit od. überhaupt
von Etioas; daher: Feierabend, Feier- od,
Muhezeit, Arbeitseinstellung, Urlaub etc. ; —
lawei maken (Feierabend machen, die Arbeit
einstellen etc.) ; — to lawei löpea (zu Feier-
abend etc. gehen, bz. zur Buhe gehen, feiern
gehen, müssig gehen, umherschlendern etc.);
— lawoi nemen (Feierabend od. Buhezeit
nehmen, Urlaub nehmen etc.) ; — b) das
Zeichen zur Arbeitseinstellung, gewöhnlich
5 aus einer Fahne od. einem sonstigen Lappen,
der an einer Stange befestigt od. aufgehisst
wird, bestehend ; — 't lawei ujistäken (das
Zeichen zur Arbeitseinstellung aufstecken) ;
— c) (abgeleitet davon, weil die Arbeiter
10 beim lawoi niakon od. 't lawei upstäken ge-
wöhnlich laut lärmen u. singen etc.) Lärm,
Geschrei, Spectakel etc.; — de arbeiders
maken (od. hebben) so 'n lawei, dat mau
hör, God wet war, hören (od. raren un siu-
15 gen liüreu) kan. — Nid., wfn'es. lavei (Ar-
beitseinstellung, Feierabend, Feier- od. Buhe-
zeit, Freisein, Urlaub; Zeichen zur Arbeits-
einstellung). S. weiter:
lavveien, rect. laveien, Feierabend od.
20 Arbeits-Pause, Feier- od. Buhezeit machen,
die Arbeit einstellen, müssig u. frei umher-
schtveifen etc.; — de arbeiders laweien; —
he löpt to laweien; — se laweien (gehen
müssig, schlendern etc.) wat herum ; — laweien
25 gän (schlendern gehen, müssig gehen, sich
müssig od. faul umhertreiben etc.). — Nd.
(Br. Wb.) laveien; nid. laveien; mfläm.,
mnld. laveyen (vagari otiose , otia agere,
errare, palari ; pascere errando sive palando ;
30 — otiari sive pascere et errare quatuor sta-
tutis diei horis). — Kilian vergleicht das
Verb, laveyeu mit engl, leave (desinere,
quiescere, requiescere, remittere, bz. lassen,
verlassen, aufgeben, sich od. ein anderes
35 Etwas wohin lassen u. frei geben etc.), ivas
nach leave (Erlaubniss, Bewilligung, Frei-
gebung, Er- od. Entlassung etc., bz. Urlaub,
nid. verlof) dasselbe Wort wie amhd. loubeu
(erlauben, zugestehen, zulassen) u. nid., mnld.
40 loven (in ver- u. oor-loven, er- u. be-urlauben)
ist. Da aber hiezu laveyen (cf. lüfen)
formell nicht stimmt, so halte ich dafür,
dass das Verb, laveyen vom Subst. lavei
loeiter gebildet ist tt. dieses vielleicht mit
45 afries. lava, lawa (Nachlass, od. das, ivas
man nach-, rück-, zurück- u. hinterlässt),
od. dem Verb, lavia (nach- od. zurücklassen
etc., s. unter läfen) connex ist u. soviel als
das Nach- od. Bleib en-lassen. Zurücklassen
50 etc. der Arbeit bezeichnet.
layde (mofries., Cad. Müller), Blitz;
s. 1 leien.
1. 16, grössere Sichel od. Sense. — Mofries.
(Cad. Müller) lee ; nfries. (B endsen,
55 2^fiff- 37) lä; (Outzen, pag. 181) lee, lee;
uHing. 16; nd. (Br. Wb.) lehe; nmd. le u.
lebe; mnld. (KU.) leen (falx foenaria) ; engl.
(Yorksh.) lea; an. Ija-r, le ; norw. Ijaa;
schived. lia, lie ; dän. lee (Sichel, Sense). —
60 Mit griech. laion, dor. leeon (Sichel; Saat-
LE 480 LE-BANO
fehl, hz. Ernte- od. Mäh-Feld), sl-r. lavi u. kslav. kolija (colla) etc. ot einer von kar
(eisernes Infdrunient zum Schneiden h. Spal- (bedecken) ahstaiiimenden Ordform karaya.
ten etc.), lavitra (Sichel), lava (rnistilliun, Wegen der Umstellung von hlo aus hol
partiriila, res ininuta etc.), lava (cutting, (al'i r/(j.s ?/. als der Bedcclccnde, Schatten
j)luckiiig, smallnoss etc., o/. i? (■»/<■ v^, lavaka ;"> u. Dunkel machende u. selbst auch ivicder
u. laväiiaka (Sichel) etc. von der ]/ lü, idg. Dunkle ?(. Finstere fcf. auch 2—5 schür],
ni od. rii (timlore, ahsciiulero, desecaro, bz. auch der Gott od. die Göttin der Finf^ter-
cvi'Wpio, bz. sptdten,reissen, bersten, brechen, niss od. ftn.'<tcrn Tiefe) cf. Bochholz,
hauen, schneidoi, trennen, zer.<ij)alten, zer- deutscher Glaube n. Brauch I, S5 sr(i., wor-
reissen, zerbrechen, zersttiren, zertrümmern, 10 nach HIT' ids Gott der jinatern Tiefe dieselbe
zerschlagen, zerschmettern etc.), wobei Fiel: Bedtg. ?ü/c IIcl, als Göttin der finster» Tiefe,
(111,37:^) für die obigen gcrm. Formen ein bz. der Hölle (od. wie wir sagen hello) u.
Thema lovaii ansetzt, wonach lo fi\r idteres als Todes-Güttin etc. hat u. leo weiter auch
l»">w od. lowe (Genit. Iowos) steht ti. wohl von Iflee-Meercn u. Lee-Brücken, bz. Lee-
auf skr. lavaua (outtiinr) als Weiterbildung 15 blind (Letzteres hatte ivohl dieselbe Bedtg.
von lava (Spaltung, Theilung ; Theil etc., wie an. lielbliiidi, toas auch Name eines
bz. gespaltener Xustaml u. gesjtaltencs u. Bruders von Loki u. zugleich Beiname von
zertheiltes Etwas) zurückgehl, während, das Odin od. Wodan toar, cf. Grimm, Mi/th.,
für lavion stehende griech. \Aion eine Weiter- pag. 225 u. weiter pag. 2S8 wegen Hol) ge-
bildung von lavi (s. oben) i.st. Wegen der 20 handelt wird.
y hl (hxva, lavi etc.), bz. rii (rava, ravis otc.) 3. Ii', lau n. auch lu, lau, warm, mild,
vergl. noch Weiteres unter 2 loi (Schiefer), weder kalt noch heiss, toiiido, tejiidus etc. ;
los u. lös. — 't wator is man ilfeii lo (das Wafiser i.it
2. le, Zustand od. Stelle, wo ein Schiff nur eben lau od. warm): — lo-warm (lati-
vom Winde nicht getroffen wird, od. unter 25 od. mild-ivarm) : — lo water (laues od. lau-
dem Winde liegt; daher auch id)erhaupt die warmes Wasser). — Fast ebenso gcbräuch-
A^ i cht -Wi nd se ite ah (rcgensatz von Ifif lieh u. in mancher Hinsicht noch, gebrauch -
od. löf, Windseite; — dat schip ligt in lö, lieber ist lau, da wir nicht allein neben
d. h. so od. da, dass od. wo es Glicht vom lowarni auch lauwarm sagen, sondern lau
M^inde getroffen wird, od. auch so, dass es 30 auch ebenso wie das nhd. lau in sonstiger
nach der Nichtwi)idseite hin abtreibt; — dat Bedtg. gebrauchen, wie z. B. : 't is so 'n
scliip lald in lo, das Sc/iiff füllt in die Nicht- lauon lücht (es ist eine so mildwarmc, wciclie.
Windseite, bz. es treibt vor dem Winde ab linde Luft) ; — lau wi-r (laues, mildwarmes,
od. dahin, wo kein Wind, sondern Stille u. lindes, bz. stilles, warmes u. schwüles Wetter) ;
Buhe od. Seestille u. kein Seegang herrscht. 35 — de wind weid so lau (so lau od. mild-
— Nd. lee; mnd. le, lohe; nid. lij; engl. icarm, bz. so flau rt. schivach etc.): — hö
lee ; 7iorw. le ; schwed., dän. lä, dasselbe u. word so lau (er wird so kühl n. zurück-
eins mit, bz. entstanden aus: afries. hli haltend etc.). — Wang. (Ehr ent raut T,06)
(Schulz, bz. Ort u. Stelle, wo ei)i Etwas ge- li. — Die Formen lo j<. lau, Ifi verhalten
schützt ist u. liegt = schul) ; us. hleo (Schirm, 40 .sich wohl so zu einander, dass le u. li\ eine
Obdach, Decke) ; ags. hleö, hloov (Schutz od. mehr urspr. fries. u. die ziocitc die oberd.
Schutzdach gegen Wind n. Wetter od. die ist. Die erste u. dritte mihern sich dem-
Sontienslrahlen etc., bz. Bedeckendes u. nach mehr r^c/» a»., /.s/. hlac-r «. hlyr ; norw.
Schützendes; daher auch: Schatten, cf.^c\\\\Y)\ lao, ly etc., während die zweite mit nhd.
aengl. hloou ; engl, low (der vordem Winde 45 lau, nd. lau; mnd. \aii\\; «W. laauw; mnld.
geschützte Ort); an., isl. hlif (umbra ; iuter- lauw, lonw auf ahd. läo (//. läwer): mhd.
missio); dän.]y, lä (Schutz, Schauer) ; mhd. lA, law zurückgeht. Für beide Formen uurd
lie u. liewo; goth. hlija (Zelt, Hütte). — von Fick (11 1, 87 seq.) ein Thema hlava
Bopp (Gloss. comp., 395) stellt es mit goth. aufgestellt, was nach hh'iva (blau) eine germ.
bloi-tlua (Zelt, Hütte); slav. klo-tl (colla) zu 50 y hlu, urspr. kru od. (;ru, bz. krü od. qrn
derselben y (;ri, wozu auch lat. clivus u. ahd. voraussetzt, welch Letzlere indessen in enl-
liliujan otc. (cf. länen) gehört, indem er an- sprechender Bedtg. nicht belegt ist. Zur
nimmt, dass lilija otc. ein Etwas bedeutet, germ. ]/ hhi (etwa: warm sein, glühen.
wo man hineingeht (von der Bedtg. : ire, scheinen etc. ? cf. taji von topidus) gehört
adiro, iniro etc. der ]/ <;r\), wobei er sich 55 auch wohl an. hly (Wärme) u. vielleicht
auf skr. vof;a, griech. oikos, lat. vicus (Haus, auch schived. IJum (lau), während an. hläna
M"oh)iung etc.) von der y vir (intrare) be- (lau loerden) von hlao-r, bz. hlä-r weiter ge-
zieht. Fick dagegen stellt hUJA (1,45) mit bildet ist. cf. auch luke (lau etc.)
goth. halja (cf. 2 hei) u. skr. kuläya (Ge- 4. le, s'. 1 lei.
flecht, Nest, Gehäuse), griech. kaliüs (Hütte) 60 le-band, s. lödbaud.
LEBBE LEB 481 LECIITMIB LECIITMES
1. lebbe, leb, a) dklcc loulstartige über- de kese smekd so lebbig un sur, dat man
hängende Lippe, Lefze etc. ; — bö lett de se hei not äteu kan.
lebbe (od. lipe) bangen; — b) ein dicker 1. lecht, Licht, TIelligkcit, IJchtschein,
rveicher hängender Fleischwidst od. weiche Glanz, Schein etc.; — 't Iccbt sclund ml
hängende Fleischmasse, Wamme; — he bed 5 in de ogen; — ik kan 't lecht fan de sänne
dar so 'n lebbe (od. lobbe) sitten; — dar net in de ogen ferdragen ; — wen dat insen
bangd so 'n lebbe an. — cf. nid. (v. Dalc) an 't lecht kwam, wat he wol al dän bed;
leb (slappe bnikzijde van cenen visch nadat — dat diird (darf) gen lecht sen (od. liden) ;
het ingewand er is nitgenomcn). — Wohl — he dürd d'r net mit für 't lecht kamen ;
mit let's, leps «. ahd. leffiir; dän. laebe ; 10 — hwovAQvlecXxi (das Nor dlichl). — liedens-
cngl. labbe etc.; as. lepor «. lippe, lipe, bz. arten: he steid sük süli'en in 't lecht; —
lat. labinm u. lambere etc. von derselben he is hum 't lecht in de ogen net günnen.
]/ lab, lap, älter rab, rap od. rabli (lecken. Daneben auch lücht für das künstliche
schlürfen) od. mit lat. lal)or, lapsus sum, (angezündete flammende) Licht (brennende
labi von der ]/ lamb, lab, bz. ramb, rab 15 Lampe od. Kerze, Gaslicht etc.), was aber
(niederhangen , fallen, cf. lobbe), loelche auch loieder in derselben Bedtg. wie lecht
Wurzeln beim Vergleich von beffe aucli, mit (cf. 1 lücht) gebraucht wird. — Nd. lecht,
den Schallwurzeln rabh od rab, rap (s. «n^er lacht; mnd. licht, lecht, lucht; nid., mnld.
1 lab u. labbekak etc.) urspr. ident. sind. licht; afries. liacht; ivfries. Ijoacht, Ijuecbt ;
2. lobbe, leb, Kälbermagen, als Mittel 20 «s. Höht, leoht, Habt; «//s. leoht, licht; aengl.
zur Bereitung des Labs fo^Z. so^r. stremsels), leoht; engl, light; an. Ijös ; norw. Ijos, lys ;
bz. als Mittel zum Gerinnenmachen der schwed. Ijns; dän. lys; ahd. lioht, leoht,
Milch. — Wie unter läfer (Ijcber) des Wei- lieht; mhd. lieht; md. liht, licht; goth.
teren zu ersehen, ist es soivohl urspr. das liuhath, linhad u. liuhadei. — Mit Ausnahme
Geri n n ende od. Geronnene (die saure 25 des an. Ijös (was vielleicht für altes linhsa
geronnene Milch), als das Gerinnen- steht) gehen sämmtliche Lhrmen auf das
machende nd. (Br.Wb. etc.) lebbe, laff, Partie. Perf. liuhath, bz. ahd. liohat (mit
laf; mnd. (Seh. u. L.) laf, lip (Lab); nid. der Bedtg.: [er od. es hat] geleuchtet od.
(v. Dalc etc.) leb (a. vierde maag van her- geflammt etc.) eines verlornen Verb. goth.
kauwende dieren, lebmaag; — b. zuur ge- 30 liuhan, a/wZ. liohan, a^s. leohan, a/nes. li aha
wordene melk, die gebruikt word om melk etc. (loas nach beden ti. bngen bei uns so-
lo stremmen) ; mnld. (KU.) laf, lebbe, libbe tvohl die Form lehen als lühen haben könnte)
(stomachus vitulinus nnde conficitur coagulum ; mit der Bedtg. : leuchten, bz. flammen, blitzen,
coagulum etc.) ; spät-mhd. lab, lob ; schwed. glänzen, scheinen etc. zurück (wobei viel-
lüpe ; dän. lobe. — Weiter vergl. auch hess. 35 leicht von liuhatli etc. 7nit dem Suffix a od.
(Vilmar) luber-milch (geronnene Milch) i ein goth. liuhatha, liuhada od. liuhadi
von lab, lupp (ahd. luppa in chesi-luppa) als das für liiiliath u. liuhadei anzusetzende
u. bei Schm. die od. das lupp, lüpp (Lab, Thema weitergebildet wurde), was mit lat.
od. die Milch gerinnen machender Saft), lux, lucere etc. u. griech. luchnos (T^euchte),
loonach es ivolil ziceifellos ist, dass diese 40 goth. lauhmuni (Blitz) etc. zu einer y luk,
Wörter sämmtlich mit Leber (cf. läfer etc.) bz. ruk (leuchten, glänzen) gehört.
zu einem alten u. abgestorbenen Verb.: liban, 2. lecht, licJit, hell, sclieinend etc.; — 't
lab, lub, lubun (u. mit Wechsel von b mit is al lecht ; — bi hellerlechten dag ; — wi
f u. p etc. %oie in darfen, cf. 2 bedarfen etc., hebben bold wer lechte man (scheinenden
also auch lifan, laf, luf, lufun, od. lipan, 45 Mond, Mondschein); — dat is 'n lochten
lap, lup, lupun, od. ahd. auch liphan etc., klör (eine helle Farbe),
cf. klap etc.) gehören, ivorübcr das Weitere lechten u. lichten, lichten, licht od. hell
unter läfer (Leber) nachzusehen ist. u. klar machen, hellen, klären etc. ; — de
lebbig (cf. l u. 2 lebbe), a) schlaff, matt, sake Icclitd sük up ; — nu se ik erst, wo
kraftlos, ausgemergelt, abgelebt, od. matt u. 50 de sake hauds is, nu mi dat uplechtd is ; —
geschmacklos, fade, unkräftig etc. ; — de i'itlichten (auslichten, z. B. einen Wald etc.).
rainske (Mensch) sügt (sieht) so lebbig üt; cf. 1 lachten.
— dat smekd (od. smäkd) so lebbig, dat leclitmis, lechtmes, Lichtmiss, der zweite
man d'r niks fan pröfen (schmecken) kan ; Februar als Tag der Reinigung Maria. —
— b) abgeschmackt, cdbern etc. ; — dat is 55 Sprichiv. etc. : na lechtmes tröed de fos 't is
so 'n lebbigen (od. laffen, cf. 1 laf) fent net mer ; — na lechtmes sunt de hunden un
(Fent), dat man d'r hei gen lüst an hed, wäfers bürgen ; — na lechtmes kakeln de
um sük mit hum oftogäfen un sük mit hum hüner un blarren de kalfer; — wen de
to underholden; — c) vom Käse, ivenn dazu leferkos für lechtmes singen, mutten se na
zuviel Lab (cf. 2 lebbe) verwandt ist; — 60 lechtmes pipon ; — lechtmis lecht, is de bür
J, ten Doornkaat Koolman, Wörteibucb, II, 31
LED
4S2
LEDDER LADDER
'n kaecht; leclitrais dunker, is de bür 'ii
Junker; — lei'htmis heller un klar, gift 'n
göd immen- un flas-j;\r (od. roggejär).
1. leil, a) Leid, Trühsid, Schmerz, Uebles,
Bösen etc.; — kummer un led ; — dat makd
nu 101 led un ferdret; — he hed lium 'n
grüt led andän ; — ik heb to nun led (od.
ledwäscu) hürd, dat etc.; — led dragen
(Leid tragen u. haben, bz. empfinden, Trüb-
sal u. Reue tragen über etc.); — led hebbcn
(Leid, Schmers u. Heue etc. haben); —
hartled (Herzeleid) ; — b) leid, unlieb, ver-
hakst, zuwider; betrübend, schmerzlich, wehe
etc.; — dat is mi led; — dat deid ml led
etc. ; cf. leiden, leider, leidig etc. — Nd.,
nid. leed; afries. leth, led; icfries. leed ;
as. leth, ledli, led ; ags. lädh ; aengl. lädh ;
engl, loath; schott. laitli ; an. leidlir, leid,
leitt ; norw. leid ; schwed., dän. led ; ahd.
leid; mhd. leit (betriüiend, leid; böse; un-
lieb, widerwärtig, rerhasst etc.; — fjcid,
Böses etc.). — Davon (Diez I, 3i2) : ital,
aspan., aport. Iaido ; proc. lait ; franz. laid
(hässlich etc.) ; afranz. lait ; chio. laid (T^cid).
— Das dafür anzusetzende Thema leda, bz.
afries. letha etc., goth. (laitha) ist ebenso
loie ags. lädh (via, iter; annona, victus, ali-
mouium) ; an. leidh etc. (Weg, Richtung,
Weise) etc. u. unser leden (leiten) etc. vom
Fräter. led; afries. leth; as. ledh od. leth;
ags. lädh ; ahd. leid etc. ; goth. laith elc.
von ahd. lidan, goth. leithan etc. abgeleitet,
bz. fortgebildet. Ob es darnach übrigens
als Subst., ein Etwas, was Einer erfuhr,
od. litt, duldete, trug etc. u. als Adj. od.
Adv. (neben ahd. leid als Subst. u. Adj.
bestand auch ein Subst. leida etc. u. Adv.
Icido etc. mit der Bedtg. : T^ei d u. leid e,
le i d) einen Zustand od. Sein, wo Einer
Etwas erfuhr od. litt etc. bezeichnete, ist
mir nicht ganz klar u. ist darüber noch
Weiteres unter liden zu vergleichen.
2. led (Flur, leden u. leder), Lied, Ge-
dicht, Gesang etc.; — he mut 'n led her-
seggeu ; — he wet d'r 6k 'n Idü (od. ledjc,
Jjiedchcn) fan to singen ; — Redensart, u.
Sprichw. : dat was 't ende fan 't led ; —
man mut net alle leden iitsingen, de man
wet. — Nd. led; nid. lied; wang. (Ehren-
traut I, 37'J) leit; ahd. liod, leod, lioth,
l('Oth, lied ; mhd. liet (carmen, zum Singen
bestimmtes strophisches Gedicht, Lied; ein-
zelne Liedstrophe ; unstrophisches erzählen-
des Ljclirgedicht) ; ags. leödh, liödh ; aengl.
leodh ; an. liodh od. Ijödh (stiopha, Carmen) ;
fränlc, lat. leudos. — Mit goth. lind u.
liudön in avi-liud (Dank, Freis, Lob) u.
avi-lindön (danken etc.), sowie lat. laus
(laudi.s, hiudare) vielleicht von derselben y
hulh, bz. rudh (uxichsen, sich erheben, empor-
steigen zu , ersteigen ; besteigen etc. ; —
wachsen od. emporsteigen machen etc.), die
auch die }' von goth. liudan (uHichsen), ahd.
liuti (Leute, cf. lue) etc. ist. wobei man denn
5 davon ausgehen müsste, dass das goth. liud
u. lat. laus ebenso wie das ahd. liod etc.
urspr. ein Etwas, was sich erhebt od. empor-
steigt (zu Gott) od. übcriiaupt eine Erhebung
od. ein Erlicben- u. IIocIiDiachen (oon Etwas)
10 bezeichnet hätte.
Leda od. Leda, Name des Nebenflusses
der Ems, woran die Stadt Leer liegt. Da
dieser beim alten Rittergut iMthe im Münster-
lande entspringende Fluss bis zu seiner Ver-
15 einigu)ig mit der Soeste ebenso wie auch
die letztere (die Soeste entspringt beim.
Dürfe E m s t ä c k [Ems-Ecke':'] im Münster-
lande) gemeiniglicJi, den Namen Ems führt
u. der Name Leda sich eigentlich nur
20 auf diejenige Strecke bezieht, ivo die zuerst
noch durch das vom Aamermeer kom-
mende Aper tief verstärkte Barsselcr
Ems (od. Soeste) sich mit der Sa g elt er
Em s (od. Tj e d a) bei W i l s h a u s e n in der
25 Nähe oon Stic k h a u scn vereinigt , so
scheint es wohl zweifellos, dass das Wort
L e d a oil. Led ä ein Compos. von led (TjcH)
u. ä (Wasser, Eluss) ist xi. deshalb den
Namen Led-ä od. Jjeit- Eluss führt,
30 loeil sie die vereinigten Gewässer der Sagei-
ter Ems, der Barsseler Ems «. des Aper-
tiefes in die alte u. grosse Ems (cf. äms)
leitet u. bei Leerorth in dieselbe hinein-
führt.
35 led-, leid-, le-, lei-band, Tjeitband, Gängel-
band; a) Band od. Riemen zum Leiten u.
Führen von kleinen Kindern, die noch nicht
allein gehen können u. welches denselben zu
dem Ende umgeschnallt tvird, um sie beim
40 Gehenlerncn daran zu halten u. so damit
zu stützen, dass sie nicht fallen ; — b) ein
Band od. Riemen, tvoran man die Hunde
führt u. festhält, dass sie nicht weglaufen.
Die Redensart : „he. mut iiog mit 'n leband
45 lopen" od. „he hed nog 'n leband nödig"
heisst daher soviel, als: er kann noch nicht
allein gehen, bz. ist noch zu klein u. schwach
(auch fig.) um allein zugehen, od. auch:
er hat es noch nöthig, dass er geleitet u.
50 geführt etc. loird, kann. u. darf noch nicht
allein gehen, u. sich noch nicht allein über-
lassen werden.
ledder, ladder, Leiter; a) ein mit Quer-
Sprossen od. Staffeln (die seitlich in die
55 sog. Leiterbäume eingelassen sind) versehe-
nes Gerälh zum. Steigen od. Klimmen, bz.
zum Ersteigen od. Erklimmen von Etwas,
od. auch um die geschlachteten Schweine
aufzuhängen, indem dieselben mit den beiden
(iO Hinterbeinen an eine oben daran befestigte
LEDDER-BOM
483
LEEN LEIEN LEJEN
i
Querstange befestigt u. aufgehängt werden,
worauf wohl die flg. von Jemandem, der in
seinem Geschäfte festsitzt od. bankrott ist,
gebrauchte Redensart : he liaiigd an de ledder
sich bezieht. — Compos. : brand-, hüs-, dak-,
bun-, trap-ledder; — b) ein von aufrecht
stehenden Latten (die unten u. oben in die
sog. Leiterbäume eingelassen sind) u. durch
darüber hinlaufende Querlatten gebildetes
II. mit einander verbundenes u. befestigtes
Gitterwerk von verschiedener HöJie u. Jjänge,
toelches beide Seiten eines Wagens einfasst
u. gegen die sog. rangen aufgestellt od. an-
gelehnt wird u. dazu dient, dass die auf
dem Wagen befindlichen Gegenstände nicht
von demselben herunter fallen od. gleiten u.
welches unten zu diesem Behuf meistens
auch noch mit einer Planke beschlagen od.
oft auch blos mit Stroh etc. durchfochten
loird. — Compos.: wagen-, kreit-Iedder etc.
ti. ledder- wagen als Gegensatz von körfwagen,
stülwagen etc. — Nd. ledder; nid. ladder;
mnld. ladder, leeder, leer; afries. hladder,
bieder m. (cf. Wiarda, afries. Wb., 190)
hleerda ; lofries. learde ; nfries. ladder ; wang.
lader; satl. läddere; helg. ladder; ags. lilae-
der, lilaedder; rtc^t^rL hladdre. laddre, leddre;
engl, ladder ; ahd. hleitar, hleitara, hleitra,
leitera, leitra; mhd. leiter. — Da einerseits
eine Leiter zum Steigen od. Klimmen eine
Tjchne od. Stütze für die Füsse bildet u.
xiherhaupt dem Klimmenden Stütze u. Halt
giebt u. andererseits eine Wagenleiter auch
geiv isser müssen eine Wagenl ehne, bz. ein
Etwas ist, woran u. worauf sich ein ande-
res Etwas lehnt u. stützt u. obendrein beide
Gerätlie auch wieder schräg in feststehende
Gegenstände lehnen, od. gelehnt werden, wenn
sie ihrem Ziceck entspreclicn sollen, so ivird
das aJtd. hleitara etc. (goth. hlaidara ?) lüohl
mit Recht von Fick (I, 553) zu der y kri,
kli (lehnen) gestellt.
ledder-LüiH, Leiterbaum, der Baum od.
die starke Llolsstange, worin die Sprossen
u. Jjutten der Leitern eingelassen u. be-
festigt werden.
ledder-wagen, s. ledder sub b.
leddig, ledig; s. das hier gebräuchlichere
2 lag.
ledekant, ledkant, letkaiit, ein freistehen-
des, von allen Seiten offenes Bett. — Aus
franz. lit de camp, d. h. L'eldbett, da das
franz. lit aus lat. lectus entstand,
leden od. jeden, s. 1, 2 u. 3 laden.
1. lAdeii (Lieder), s. 2 led.
2. leden (lede, ledst, ledt etc.; — ledde,
leddest etc. ; — bin od. heb ledt), leiten,
führen, lenken etc. ; — lütje kinder mutten
erst ledt worden, wen se anfangen to löpen ;
— de weg ledt na Hage, bz. na de hemmel,
na de helle etc. ; — he ledt hum an de band
(od. 'n band etc.) ; — he ledt dat water na
de strate hcn ; — du kanst 't olde miiisk
wol äfen na hus Irden ; — he ledt de [)erdo
5 (od. de wagen, 't schip etc ) ; — de trap
ledt na bäfen (od. up 't dak, in de kcller
etc.) ; — de bri'igge ledt afer 't dep ; — he
ledt sin kinder god an (od. up) ; — de kö
is nog net ledt (die Kult, ist noch nicht [zum.
10 Stier] geleitet u. daher noch jungfräulich,
bz. eine Färse) ; — de kö is für dre jär
to 'n ersten mal ledt. — Neben leden wird
auch die Form leiden mitunter gehraucht,
wovon der Subst. geleide (Geleite) u. leider
15 (Leiter) des Compos. geleiden, loährend die
Form leden in den Compos. : an-, fcr-, in-,
up-leden ivieder die vorherrschende ist. —
Nd. leiden, leden u. (D ä h n e r t) ledden ;
mnd. leiden, leden ; nid. leiden ; afries. leda,
20 bz. ledia od. ledja; lofries. Heden, liedjen;
helg. lid ; satl. lade; as. ledian, bz. ledjan,
ledien, ledean; ags. laedan ; aengl. laeden;
engl, lead ; an. leidha; >?o>'«'. leida , schioed.
leda; dün. lede; ahd. (leitjan) leittan, leitten,
25 leitan, leiten; mlid. leiten. — Es ist vom
Fräter. led, bz. as. ledh, goth. laitli, ahd.
leid, leit etc. ijou lidcn, 6^. rts. lidhan, lithan,
goth. leithan etc. in der urspr. Bedtg. : sich
beioegen, gehen etc. mit der Endung jan
30 (thun, machen, bewirken etc.) fortgebildet u.
heisst daher urspr. soviel als : sich bewegen
od. gehen machen etc., bz. machen u. betoir-
ken, dass Jemand od. Etwas sich toohin
bewegt od. toohin geht u. einen Weg od. eine
35 Richtung wohin nimmt etc., tooraus sich die
heutige Bedtg. von leden von selbst ergiebt.
leder, LÄeder, s. 2 led.
ledlik, Icdolk, s. lelk.
led-suni, leitsam, lenksam, gehorsam, etc.,
40 bz. leicht zu leiten od. lenken etc. ; — 'n
ledsäm kind.
leen, leien, lejen, bekennen, gestehen, an-
geben, aussagen, off'enbaren, verrathen, aus-
pdaudern etc. ; — he wall net leen, dat he
45 de appels stalen (gestohlen) harr' ; — se hed
mi 't leid (bekannt, gestanden, offenbart etc.) ;
— de meid is so digt, dat se niks leien (be-
kennen od. verrathen, ausplaudern etc.) wil ;
— WC dat wicht hir wer kumd, den must
50 du sen, of du hur nig an 't leien krtgen
kanst un dat se di 't ferteld, wat dar in
hüs förfallen is; — he hed leid (er hat ge-
plaudert, bz. eine Heimlichkeit od. ein heim-
liches Vergehen offenbart u. verrathen). —
55 Afries. hlia, lia ; mnd. lien ; — Compos. :
afries. bi-hlTa, be-hlia, be-lia; m,nd. be-lien
(bekennen., aussagen, zugestehen); Subst.:
afries. hliene, hligene, hlinga (Bekenntniss,
Aussage, Ausspruch, Erkenntniss). — Wegen
GO unsers beliden (cf. 1 beliden), nid. belijden
81*
LEER
4S4
LEFER-LADE LEFERLA'
(beloed) sei hier bemerkt, dass dieses doch
vielleicht icohl eher aus dem n/V/e<. bililui
(s. oben) entstand, als dass das Stammverb.
liden, nid. lijdeii; mnld. lydoa (fatori, con-
fitori) mit lidon (leiden, zulassen etc., cf. 5
lulen) ident. ist, wozu allerdings die Form
(auch namentlich des Präter. bcKnl) ganz
genau .<itimmt, wobei jedoch auch wieder zu
bemcrlen ist, dass auch mnld. die Form
vryden neben vrycn (freien, bs. amare etc., 10
s. unter 2 frecn) belegt ist u. also auch
lyden (fateri etc.) aus africs. hlia (s. weiter
unten wegen der Vocalc von lilia u. fria)
entstehen konnte.
Was nun aber weiter das obige africs. 15
hlia etc. betrifft, so stimmt es in den Vocalen
ganz zu fria, bz. unscrm frccn etc. (freien),
weshalb man denn auch für das africs. Iilia
ein as. hliean od. liliohau etc., ags. hloöhaii,
hleöan; gotlt. hlijön, hliön etc. voraussetzen 20
müs.^tc. Vergleicht man nun tceitcr freen
in bofreen ron iVe, frei (frei) od. 2 freen
von goth. frija (lieb etc., cf. Fick III, 190
seq.), so tcilrde für africs. hlia, bz. hlija
auch vielleicht ein Adj. od. Sabst. lili (Thema 25
lilija, 7iach frija) u. eine y lili (idg. kri od.
kri) anzusetzen sein, die indessen in eiiicr
für hlia j^asscndcn Bedtg. nicht vorkömmt.
Leer, Stadt an der Leda; s. unter
Larrelt. 30
lef, lieb, angenehm, werth etc., bz. den
Gefühlen u. Wünschen entsprechend ii. zu-
sagend; — dat is nii hol iiet lef; — 'n lef
kiüd (ein liebes freundliches angenehmes
nettes schönes Kind); — lef wer (angench- 35
mes mildes ruhiges schönes Wetter); — 'n
lefen regen (ein milder xoarmcr fruchtbarer
sehr erwünschter Hegen) ; — 'n lefen tid
(eine liebe angenehme erwünschte Zeit) ; —
'n lef stiik körn (ein schönes vielversprechendes 40
Stück Getreide); — dar steid jo 'n lefen
bülte gras in 't land ; — he lied sin frö im
kinder lef (Jiat sie lieb, liebt u. schätzt sie
sehr etc.); — he geid so lef (angenehm,
nett, sanft etc.) mit de kinder um etc. — 45
Sprichw. : lefe kiuder liebben föle namen. —
Nd. Icev; mnd. lef; nid. lief; afries. liaf,
lief; wfries. Ijeaf; nfries. lief; satl. Ijaw;
helg. lif; loang. liiif; as. liof, leof, lief, b'f;
ags. leof; aengl. leof; an. Ijüfr; norw. Ijuv 50
(in Ijuvleg) ; schwed. Ijuf; ahd. Hup, Hub,
Hob, leop, Hab, lieb; awj/tf/. Hup, liep ; mhd.
liep; goth. Hubs; poln. luby; wend. luba;
kslav. Ijubü. — Mit lat. lui)et, libet, lubens,
libnns, libido etc. von einer ]/ lul)h (cupere, 55
desiderare), die wohl (cf. cupio zu capio)
eine Ablaulform von lahh (greifen, packen,
fassen, ergreifen etc.) = ur.spr. rabh (fassen
etc., cf. Grassmann, Bopp etc. wegen labh,
sowie auch unter 1 lafen, labbekak etc.) ist. 60
lefde, Liebe; — de lefde trekd, sä' de
kerel, do liol he sin wif bi d' bär afer de
tun, bz. afer do dill. — Xld. Hefde; mnd.
levede, lüfte; afries. Hafte; wfries. Ijeafde.
1. lefe, liebe, lieber; — lefe frö, — man,
— kinder etc. ; — all' de lefe arftcn rullen
afer de diilc.
2. lefe, Liebe, lAcbcr, liebe od. geliebte
Person; — man min lefe, war knmst du her?
lefelik, leflik. lefelk, lieblich; — dat is
je lefelk; — lefelk wer (liebliches Wetter) etc.
lefen, s. läfen.
lefen, lieben, werthschätzen, hoch halten,
gern liaben, lieb u. angenehm sein, gefallen
etc. ; — he löfd sin fro bäfen alles ; — lefd
(od. bel("'fd, blefd, bleft) jö 't, um to kamen.
— Xd. leven ; nid. Heven ; afries. liavia,
luvia, levia; nfries. Ijeafjen; ags. lufjan,
leofjan ; aengl. leovien ; engl, love (lieben,
amare); alid. Hupen, Hnbrn; amhd. liuben ;
mhd. lieben (lieb sein, gefallen), linpan,
Hupen, liuben ; mhd. lieben (lieb machen,
Liebe erweisen, lieb haben etc.) u. ahd.
Huin'iu, Hubüu, lieben, amare.
li"'f-eiip;elke, Lieb- Engelchen; a) Kosewort
= Licb-Kindchcn, Liebchen etc. ; — min
lef engelke fan kindje; — b) der Sonnen-
käfer etc.
lefer, s. läfer.
lefer, lieber, angenehmer, erfreulicher etc. ;
— dat od. he is mi lefer; — b) lieber,
gerner, williger etc. ; — dat dö ik lefer ; —
c) IJeber, Geliebter etc., der Liebere u. Wer-
there, Geschätztere etc. ; — Sjtrichw. : wen
lefer kumd, mut leider (der Schlechtere, min-
der Geschätzte etc.) gan.
leferke, s. leverke.
lefei'-lade, leferla' u. umgesetztauch: l.i'-
K'fer, sanften bequemen Ganges od. Schrittes,
sanfter u. gemässigter Weise, so nach u.
nach u. ohne Stoss n. Hast, langsamer Hand,
allmälig, mit der Zeit etc. ; — dat glid d'r
so mit leferla of; — mit leferlä kumd 't
al wat nader ; — mit leferla (od. lälefer) is
beter, as wen 't to hastig geid ; — all' so
leferlä (od. so sagtjes weg) ; — mit leferlä
kwammen se all' wer to hüs. — Nid. liever-
lede. — Bei Weiland findet man die An-
sicht ausgesprochen, dass lieverlede aus ledo
(contrah. le) voor lede (Schritt für Schritt)
entstand u. verdorben ist. Da indessen un-
ser lefer u. nid. liever der Vocale icegen
diese Deutung schwerlich gestatten u. lefer
od. liever zweifelsohne mit nhd. lieber
(von lieb) ident. sind, .so ist es wohl rich-
tiger, dieses Wort als ein Compos. von lefer
(lieber) u. lade, bz. liever u. lede od. lede
aufzufassen u. lade od. nid. lede, lede mit
3 lüden = nid. leden (gangen, gegangen ,
vergangen, passirt etc.) von ahd. lidan, nid.
LEFERN 485 LEF-TALIJG
lijden (leed, geleden), goth. Icitliau etc. (ychen Endung tallig von luftallif? aus tirspr. talig
etc., cf. li(leii) abzuleiten, hz. mit dem ags. (cf. unser tallig in drrtallig = dreizahlig
lädii, lad (Gang, Weg, Heise etc), gcläd etc.) od. tälig entstanden, weshalb auch
(Weg) zu identißciren, wobei ich wegen Weiland die Wörter lici'tallig u. lieftalig
unserer l^'ortn lade od. lade auf das gleich- 5 mit einander i,dentißcirt u. beide mit lief-
falls zu lldau etc. geJuiroide afries. lade, waardig, lief eii waard übersetzt, ohne in-
lede (Leite, Beweisführung etc., cf. v. liicht- dessen sich darüber zu äussern, ob die En-
hof en, 2)ag. 887, b) verweise u. noch dazu düng talig, tallig von dem Snbst. tale, taal
bemerke, dass das mit ags. lad, lädu (u. (SpracJtc, Bede etc.) abgeleitet ist od. nicht,
formell auch mit afries. lade, lede) ident. 10 ivie dies bei M. Kr am er bei lieftaalig
an. leidh, leidhi ausser Weg, Strasse, (cf. daselbst: lief-taalig, lieblich redend, it.
Bichtung etc. auch die Bedtg.: Weise geliebt, von zoetsprekeiid etc.) tc. auch von
(modus) hat. Ist nun meine Auffassung die van Dale bei dem von liet'tallig (bevallig,
richtige, so heisst lefer-Iäde od. nid. liever- aangenaam, inuemend etc.) getrennten lief-
lede wörtlich so viel als: lieber (od. ange- 15 talig (lief, ter tale, liefsprokeiid, liebsüss od.
nehmer, sanfter, allmälig er) Weise od. (da wohlredend etc.) geschieht. Vergleicht man
das Wort lade, leüc ja überhauxjt ein Gehen nun (Scli. u. L.) mnd. leftalich (a. beliebt,
od. ein Bewegen od. einen Gang etc. wohin angenehm ; — b. der sich liebenswürdig be-
hezeichnet) in od. mit lieber Bewegung etc., vtmi»«^; ('Ä'i/.j jH»/fZ. lief-gbe-tal, lief-ghe-tael,
woraus sich die obigen Bedtgn. von selbst 20 lief-ge-talligb u. lief-talligh (acceptus, gratus,
ergeben. amabilis, peramabilis ; comis, gratiosus, gratia
lefern, s. läferu. valeus, gratia polleus), so ist es Jdar, dass
l^tes, Liebes, Angenehmes etc. ; — he wull' die Endung tal, tael in lief-ghe-tal mit
hör gern wat lefes bewisen. — Sprichw.: taligh od. taeligh , talligh sgn. u. viel-
de wat lefes hed, de geid d'r na; de wat 25 leicht eine aus einem Adj. tale, taele ge-
seres (Sehres, Wundes etc.) hed, de fttld d'r na. kürzte Form ist. Vergleicht man nun aber
left'ei'd, leö'ert, s. lafterd. weiter, dass die älteren mnd. Formen lef-
lel'ke, Liebchen. taldig neben leftalig od. leftalligh öfters vor-
let'kes (Kinderspr.) u. Jetzt mitunter auch kommen u. auch das mnld., mfläm. liefghetal
in der nhd. entsprechenden Form libkes 30 (cf. mfläm.: hy is liefghetal overal = 11 est
gesprochen, lieb, nett, artig etc. ; — wen aime et cheri par tout) beim Vergleich un-
du regt lefkes bist, den brengd papa di 6k sers bol statt bold od. kol u. kolle statt
wat mit. kolde etc. auch sehr gut aus idterem lief-
lef-tallig, liebevoll, liebreich, zärtlich, stets getald entstanden sein kann, so dürfte für
Liebe u. Zärtlichkeit beiveisend, sehr an- 35 tald u. taldich (u. einem daraus assimilirten
hänglich, der Mutter, Braut od. Frau stets tallich) tvohl zunächst die Bedtg. : geschätzt,
lieb u. angenehm begegnend, ihnen gerne geehrt etc. zu Grunde zu legen u. anzuneh-
lÄebe etc. bezeigend, ihnen gerne um den men sein, dass tald von Hause aus dieselbe
Hcds fallend u. sie gerne küssen wollend, Form wie unser aus urspr. tald entstandenes
liebkosend u. schmeichelnd, lieb od. süss- 40 teld (zählt, rechnet, schätzet etc., bz. gezählt,
redig, süss u. angenehm sprechend etc ; — gerechnet, geschätzt etc., — z. B. he teld
'n leftallig kind (ein Kind, welches der hum für niks, bz. für hcl wat dllges un
Mutter immer lieh, süss u. angenehm zu- huges etc., — od. he word für niks teld,
redet od. schön u. zärtlich mit ihr thut u. d. h. für Nichts gerechnet u. geschätzt, bz.
spricht, ihr sehr ergeben tc. anhänglich ist, 45 er ist ein Lump etc.) ist u. demnach mit dem
stets mit ihr koset u. ihr gern viele lAebe as. talda (cf. telde von teilen u. fertelde von
erzeigt, sie viel küsst etc.) ; — he is so lef- fertellen) u. gitald (gerechnet, geschätzt, ge-
tallig un mal mit sin moder (od. frö, brüd), achtet, au.jjsehen, geehrt etc.) zu as. telliau,
dat he hei net wet, wat he hör wol all' to ahd. zaljan, zeljan (zählen, rechnen, schätzen,
lefde dön schal ; — he word, wo older, wo 50 achten, ansehen etc.) gehört. Ist dies aber
leftalliger (er ivird, je älter, je anhänglicher, loirklich der Fall, so erklärt sich die Bedtg. :
liebkosiger u. zärtlicher, bz. verliebter u. aime et cheri, bz. gratus, amabilis etc. von
liebedürstiger etc); — he is mi föls to lef- mfläm., mnld. liefghetal, liefghetallig tf. lief-
tallig (er ist mir viel zu zärtlich u. lieb- tallig, bz. mnd. lef-, Icif-tallich od. lef-taldich
thuig, bz. viel zu süsslich u. schmeichlerisch 55 ganz von selbst u. ist es jedenfalls tvohl
redend od. zu zärtlich, küsserig u. verliebt zweifellos, dass mnld., mfläm. getal u. tallig,
etc.), as dat ik hum regt ütstän kau un taligh etc. in getallig mit dem aus taljan
liden mag. — Da unser tale od. täl (Sprache, entstandenen as. teljan (cf. teilen) in der
Bede etc.) u. falle, tal (Zahl) von. Hause Bedtg. : schätzen etc. zusammenhängt, zumal
aus dieselben Wörter sind, so ist auch die 60 da auch ja schon in sehr früher Zeit ein
LEF-TALLIGHEID 486 LEGEN
Compos. llt'ftelU'u mit der Bcdtg.: beuhach- n'isscn,thciJe)i JreiDien, ooneinamJer machen,
ten, licbacJiätcen, für lieb u. (ini/cnchin an- lösen etc.) zurnd^geheu u. dass wenigstens
sehen u. halten etc. bestanden haben kann. ::w(schcn ruk u. rüg als Wcitcrbildnngeii
Was nun aber weiter das tieuere nid. lief- von rii (wie rüg, briUlcn od. ein lautes Ge-
talig (wohlberedt, wohlrcdcnd, bc. lieblich 5 rausch machen etc. u. riul, heulen etc. von
redend u. sprechend) bctrijj't, so wird die rii, tönen, scliallen, rauschen, lärmen, brüllen,
Kndnng talig wohl von taal {Rede etc.) ab- schreien etc., cf. dieserhalb J, pag. 714 u.
geleitet sein, sofern es überhaupt nicht in liUi) weder ein bcgriß'lichcr noch formeller
missverstandnier Weise aus dem älteren rnterschied besieht. Da es nun aber beim
lieftalicli (ainabilis, gratiis etc.) umgedeutet 10 Vergleich von skr. hhu} (brechen, biegen etc.)
u. nicht allein auf eine lieb zu achtende, eu ruj (brechen, biegen etc.) wohl ganz gleich
liebwerthe, liebgeschätzte, liebenswürdige u. ist, ob man für die Letztere eine idg. Form
sich liebenswürdig betragende, sondern auch rüg od. rugli aufstellt u. es Jedenfalls zwei-
auf eine liebenswürdig u. bestechend spre- fcllos ist, dass auch die von Fick aufge-
chende Person angewa)nlt wurde. 15 stellte y iugh (lügen) eine älinliche Wciter-
I«'t'-talIi,i;boi(l, Zärtlichkeit etc.; — lie hildung von In od. rii ist, wie die obigen
wt't für leftalligheid uich, wat lie sin motler Wurzeln ruk, rüg etc., so gehe ich auch
wol to gefallen düii schal. bei der für lügen aufzustellenden ]/ lug
leg, s. lag. od. Iugh, idg. rüg od. rugh davon aus, dass
lej?, lag, s. liggou. 20 sie als Weiterbildung von ru ebenso wie skr.
legen (lege, lügst, lügt, legen; — lüg, ruj die Bedtg. : brechen, bersten, spalten,
lögst, log, logen; — heil od. is lagen, logen), reissen, trennen, lösen etc., bz. brechen,
lügen. — Redensart: he lügt, dat he swart knicken, biegen, krümmen, loinden etc. (cf.
Word, &^. as wen 't drükt is. — Nd. (Schütze griech. lugizö, biegen, winden, drehen etc.;
etc.) leegen, (Br. Wb.) lögen; mnd. legen, 25 lugismös, das Biegen, Winden, Krümmen
Icigen ; nid. liegen; afries. liaga, liatza; etc.; Ingos, der junge, biegsame Zweig zum
tofries. liegen; satl. Viöge; helg. logge; wang. Winden u. Flechten etc.), bz. die substan-
ling; as. liogan, liagan ; ags. leogan; aengl. tivische Bedtg.: Bruch, Riss, Spalt, 'Trennung,
leogen; engl. lie; an. Ijüga; norw., schwed. Lösung etc. od. Bruch, Knick, Biegung,
Ijuga ; dän. lyve; goth. liugan; «/(rZ. liugan, 30 Krü)nmung, Windung, Drehung, Abweichung,
liukau, liogan, leogan, liagan, liegen; mhd. Wendung etc. hatte. Geht nun die Bedtg.:
liegen ; kslav. lü/^i, lügati. — Nach bug, betrügen, täuschen etc. des lat. fallere auf
lat. fug, skr. bhuj, \)h\\g als der 1/ von goth. die sinnl. Bedtg.: fallen machen, zu Fall
Liugan, ags. beögau, ahd. biugau (biegen, bringen, stürzen etc. zurück u. stammt es
brechen) muss auch für liugan eine ]/ lug, 35 mit fal (Fall, Sturz etc.) u. fallen (fallen,
skr. ruj, rüg, idg. rüg od. rugh angesetzt stürzen etc.) von der y spal, spar, fallen
werden, die im Skr. allerdings nur in der machen, stürzen (urspr. wohl : brechen, spal-
Bedtg. : brechen, verletzen etc., bz. frangere, ten [sie ist auch die y von : sp alte n u.
ferire, laedere, occidere belegt ist u. wozu auch die skr. y phal entstand aus urspr.
Bopp auch lit. hinzu (frango) a. lat. lügeo, iO spal] etc., weil der Wind, wenn er die Bäume
griech. lugros (traurig, elend. Jammervoll etc.), bricht, sie fällt u. stürzt, b:. zu Fall bringt)
ori'issö, oriechö (graben, stechen, eingraben), etc , so kann man auch annehmen, dass das
orüche (Graben), orukte, orugma (das Ge- von Iugh fortgebildete goth. liugan urspr. die
grabene etc.) etc. vergleicht, loährend Fick Bedtg.: brechen^ bz. brechen u. fallen machen
(I, 744) für griech. orüssö etc. eine ]/ ruk -45 etc. hatte ii. sich hieraus auch die Bedtg. :
(graben) u. für das goth. liugan etc. eine täuschen, lügen, betrügen etc. entwickelt hat.
slav. -deutsche y Iugh (idg. rugh) aufstellt, Dass man aber bei lügen u. dem Subst.
ebenso tvie für goth. biugan m. lat. fugcre, Lug aucli an das Brechen u. Nichthalten
bz. skr. bhuj (biegen) eine idg. y bhugh. seines Wortes etc., bz. an Wort- u. Vcr-
Vergleicht man nun aber weiter bei Fick 50 trauens- Bruch etc. od. an das Brechen,
(I, 198) die Wurzeln rüg, runk, rup u. (I, Knicken, Biegen u. Krümmen des Rechtes
744) ruk, runk u. auch rüg (brülloi; sich u. der Wahrheit etc. denken ti. die sinnl.
erbrechen etc.), soivie Alles, tcas er za diesen Bedtg. von liugan sich auch hierauf beziehen
Wurzeln stellt (cf. I, 7-57 auch lug), so ist kann, ist klar, sowie ferner auch, dass Viugan
es einerseits klar, dass alle diese Wurzeln 55 ((/. h. thun od. machen, was der Stamm liug
axtf die einfache y ru, lu (zerschmettern, besagt) anstatt brechen od. Bruch machen
zerschlagen etc. [cf. I le «. bei Fick I, etc. tirsjw. auch die sinnl. Bedtg.: biegen,
lOG seq. u. weiter pag. 412, 743. 7'}~) die drehen, verdrehen etc., kehren, verkehren
Wurzeln ru, In, sowie ferner III, 272 seq. (Etwas, bz. die Wahrheit, das Recht etc.)
die y lu, Ins etc.], bz. brechen, spalten, 60 od. Biegung, Krümmung, Windung, Wen-
LEGEN
487
LEI
düng, Drehung, Abweichung viachen, (db-
iveichen von dem geraden Wege, od. der
Wahrheit etc. od. ausioeichen, Aiisßüchte
suchen etc., krumme od.Winlccl-Zi'igc machen
etc.) gehabt haben kann, weil auch ja hier-
aus die jetzige Bcdtg. von I ü gen leicht
eidstehen konnte.
Zum Schlüsse sei zu legen, bz. goth. liugaii
(lügen) noch bemerkt, dass es noch ein ztvei-
tes goth. liugan mit der Bedtg. : ein Weib
nehmen, heirathcn (vom Manne) ; sich ver-
heirathen od. verheirathet iverden (von der
Frau) giebt, wovon Weigand u. Andere
annehmen, dass es urspr. die sinnl. Bedtg. :
verbergen, verhüllen, bedecken etc. hatte,
tveil nach agerm. Sitte das Haupt der Braut
verdeckt, bz. verschleiert u.verhüllt (daher auch
noch der Brautschleier) tvurde u. looraus der-
selbe dann iveiter schliesst, dass auch liugan
(lügen) sich auf das Verhehlen od. Verhüllen
od. Verbergen der Wahrheit bezöge, bz.
gleichfalls die Grdbedtg. : hehlen od. hüllen
etc. habe. Da nun aber einerseits das goth.
liugan (heirathen etc.) u. das gleichbedeutende
afries. logia dasselbe Wort ist ivie das an.
löga (preisgeben, hingeben, abhanden kom-
men lassen od. los u. frei geben) u. es agerm.
Brauch war, dass der Vater von dem Bräu-
tigam für die Hingabe seiner Tochter u. die
Entlassung derselben aus der väterlichen
Gewalt ein bestimmtes Lösegeld forderte u.
erhielt, durch dessen Entrichtung der Ehe-
bund als geschlossen betrachtet u. bei dessen
Einzahlung die Tochter dem Manne über-
geben wurde, so scheint es fast, als ob dies
letztere goth. liugan, afries. logia ur.'^jjr. wie
das an. löga überall nur die Bedtg. : hin-
geben, übergeben, sich Eines entäussern u.
es aus seiner Geioalt geben (z. B. durch
Kauf od. Contract etc.), alienare etc. hatte
u. dass hieraus die Bedtg. : in matrimonium
dare od. überhaupt die von : eine Ehe schlies-
sen, ein Weib nehmen u. erhalten, heirathen
od. sich verheirathen etc. des goth. liugan
u. afries. logia entstand. Vergleicht man
nun weiter das ags. bryttnian u. brytnian
(theilen, aus- od. mittheilen, spenden, geben,
hingeben) von breötan (frangere etc.), .so
würde sich auch dieses goth. liugan in der
Bedtg. : hingeben, etc. begrifflich gut von der
skr. y ruj (frangere etc.) ableiten lassen u.
zwar um so mehr, als das an., isl. liga nach
Biörn Haldorsen neben alienare auch
die Bedtg. : consumere hat u. es hierin loieder
mit dem urspr. würzet- u. begriff sverioandten
goth. liusan (cf. lesen, bs. fcrlesen) zusammen-
trifft, was ja mit los, lose, lösen etc. (cf.
lös, los) zu einer y lus gehört, die ebenso
wie skr. ruj (frangere etc.) aus idg. ru (zer-
schmettern, zerbrechen etc.) hervorgegangen ist.
leger, Lüger, Person die lügt; — legers
un hedregers de kamen in de helle. — Nid.
lieger etc.
logpi', legeni, s. Ulger etc.
5 leggP, l^ffi fi) cüjc Lage od. Schicht Ge-
treide zum Dreschen, bz. das Quantum,
ivelches auf einmal zum bequemen u. voll-
ständigen Atisdreschen auf der Dreschtenne
liegen kann u. ausgelegt tvird ; — ■ se dörskcn
10 fan 't jär üt de legge wol 'n darden del
minner as in andere jaren, so siegt is de
gefen ; — Sprichw. : he kumd up de slag,
as Jan Wübben bi de leste legge ; — b) der
Eierstock der Hühner etc. — Nid. leg.
\h leggen, legen, liegen machen, Lage u.
Stelle geben etc. ; — he legde (gekürzt lä)
dat dar hen od. up, in, afer etc. — Nd.,
nid. leggen ; afries. lega, leia, ledsa, lidsia ;
wfries. lizzen; satl. ledsa; as. leggjan, legg-
20 Jen; ags. lecgan, legan; aengl. leggen; engl.
lay; an., norw. leggja; schwed. lägga ; dän.
laegge; ahd. leggan, leggen, lekken, lecken,
lecgen, legen; amhd. lecken; mhd. legen
(legte, leite, Iahte) ; goth. lagjau vom Präter.
25 lag, von liggen.
leg-lopen etc., s. läg-lopen etc.
leg-loper, s. läg-loper.
leg-niör, s. läg-mör.
legte, s. lägte.
30 1. lei od. le, Endung u. Endwort von
ener-, tweer-, gener- (keiner-), aller-, men-
niger-lei etc. — Nd., nid. lei; mnd. lei, leie,
leige; afries. leie; mhd. leie, leige, lei. —
Dieses früher stets von den vorstehenden
35 Wörtern: einer, zweier, mancher, aller etc.
getrennt geschriebene (KU. übersetzt mnld.
ley mit via, qualitas, modus, forma, species,
wobei indessen zu bemerken, dass es in der
Bedtg.: Weg wohl mit as. leia ident. ist,
40 worüber Weiteres unter 2 lei) Wort ist nach
Grimm (cf. Weigand etc.) entlehnt aus
afranz., prov. ley (Art u. Weise), welches
dasselbe wie n franz. loi; span. ley (Gesetz)
ist u. aus lat. lex (Gesetz, Herkommen,
45 Begcl, vorgeschriebene Art, Art u. Weise
etc.) entstand (s. übrigens darüber auch noch
unter 2 lei) u. demnach verschieden ist von
(Diez II, U3) span. laya (Art, Beschaffen-
heit), ivas eigentlich, wie auch im baskischen,
50 ein Ackeriverkzeug bezeichnet, mit ivelchem
immer mehrere nebeneinanderstehende Men-
schen arbeiten, ivoher die Redensart: son
de la misma laya, sie sind eines Gelichters
od. alle dasselbe Volk, bz. alle gleichen
55 Schlages od. gleicher Art etc. Vergleicht man
nun, dass wir das Wort p 1 o g nicht allein
in der Bedtg. Pflug od. Ackeriverkzeug
zum Pflügen od. Auf- u. Umreissen der
Erde gebrauchen, sondern auch in der von :
60 Koppel, Potte, Sehaar, Haufe, bz. Schaar
LEI
488
LEI
von Männern, die an einem Werke mitein-
ander arbeiten od. sich zu einer betr. Arbeit
ZHsammenthun it. sich mit einander verbin-
den etc., od. auch in der von: Schlaf/, Art,
Gelichter, (rcsindcl (so liüron all' to eii plog,
a) sie gehören Alle zu einem, l^ßtir/e, bz. zu
einem Gespann od. zu einer u. derselben
Arbeit u. Rotte etc. ; — b) sie gehören Alle
zu einander u. sind Alle gleich, bz. Alle
gleicher Art etc. ; — dar steid 'n hol pl6j^
tblks bj 'u ander ; — sc sunt all' on plöjx,
sie sind Alle eines Schlages, Volkes od. eines
Gelichters etc.) u. dass die letztere Bedtg.
uohl daher rührt, dass in der Urzeit anstatt
der Pferde u. Ochsen die Hörigen u. Sclaven
u. auch wohl das ganze Hausgesinde sich
an den Fjlug s-2)annte u. mit vereinten Kräf-
ten damit arbeitete., so lässt sich daraus
wohl erklären, wie sowohl d(ts span. laya
als u)iser plüg als Inbegriff der ganzen die
Erde aufreissenden ^Maschinerie (d. h. des
Pfluges, incl. der denselben ziehenden u.
damit arbeitenden u. als Ffluggespann be-
trachteten MenschcnscJtaar) in die Bedtg. :
Gespann, zusammengehörender Haufe etc.
od. gleiche Schaar, dieselbe Schaar, eine u.
dieselbe Art od. dasselbe Gelichter etc. über-
gehen konnte. Hier lässt sich nicn aber
auch weiter die Frage anknüpfen, ob das
span., bask. laya niclit auch etwa eine Art
Pflug od. ein Werkzeug zum Aufreissen u.
Lockern der Erde ist u. vielleicht mit lat.
laxo u. laxus (weit, off'en, klaffend, gespalten,
von einander stehend, von einander getrennt,
lose, locker etc.) zusammoihängt, ivas nach
afranz. ley von lex möglicherweise denkbar
wäre, zumal da laxo, laxus doch wohl besser
zu der für rictus etc. von Fick aufgestell-
ten y rag (klaffen, iveit offenstehen etc.)
stimmt, als zu einer y lag (languere), ivozu
Fick auch das an. Icka, lak (lecken, Wasser
durchlassen) vergleicht, trotzdem dieses Wort
(cf. lekken) doch auch ivohl auf die Grdbedtg.:
klaff'en, gespalten sein, einen Miss haben etc.
zurückgeht ii. tvobei man das span., bask.
laya auch vielleicht besser direct von dieser
y rag, lag (sie hat subst. auch noch die
Bedtg.: Klaff', Spalte, Orff'nung, liiss etc.)
ableitet, als von lat. laxus etc.
2. lei, Schiefer, Schieferplatte, Schiefer-
tafel, Eechetitafel ; — dat liiis is mit lei
dekt ; — he sclirift nog up 'n lei un nog
uich up 'u asscl (Papierbogen) ; — du must
't lei äfcn licrkrigeu uu äfen ütrfikncn wo
fol dat 't is. — licdensart : 'i lei uphangcu,
d. h. ivörtlich: die liechentafel, od. die
Schiefer platte od. Schiefertafel, worauf die
ausstehenden Forderungen u. die Schulden
vermerkt u. eingetragen sind, aufhängen, es
(bz. das Debet- u. Credit-Buch) nicht mehr
herabnehmen u. nichts mehr darauf ver-
merken etc., flg. od. hildl. aber: sein Ge-
schäft aufgeben, li(piidiren wollen, bz. sich
in Cuncurs begeben u. erklären, sich bankerott
5 erklären etc. ; — he hed 't lei uphaiigou um
siii büdel slatcu uu siii bökeu ua 't gcrigt
brogt. — Nd. (Br. Wb. III, l'J) leiden
(Schiefer); mnd. leie , leide, leige (Fels,
Stein, besonders Schiefer) ; nid. lei (Schiefer,
10 Schieferstein, Schiefertafel, Bechnentafel) ;
mnld., mfläm. leyde, leye (Schiefer od. Schiefer-
platte zum Decken der Häuser) ; md., mrhein.,
klev. leye (Schieferstein, Schief erplatte). —
DiesesWortwirdmancherseits (cf. 0. Schade,
15 Weigand etc.) mit and. leye od. leie;
mnld. (KU.) ley (via., Weg, Richtung) iden-
tificirt, tüomit Kil. u. Andere (cf. auch 0.
Schade) auch 1 lei, bz. mhd. leie etc. (Art
u. Weise) identiflciren u. (cf. auch skr., ved.
20 riti (Strom, Lauf, Weg, Strich, Linie; Art,
Weise etc.), wozu hier noch bemerkt sei,
dass das zweifellos zu dem alten lidan (gehen
etc.) gehörende an. leidlir neben M^eg, Rich-
tung etc. auch die Bedtg. : Weise etc. hat
25 u. dass das nid. ley (via) auch icohl wie
franz. laie aus urspr. leide od. leid = ags.
lad (via, iter, annona etc.) entstand. Da
indessen lei, leie (Schiefer, bz. Schieferplatte)
im Theuton., bz. bei Kil. etc. (cf. Seh.
30 u. L. u. auch 31 el. Stoke von Huyde-
koper III, 20d) mit lamina, scaudula, sec-
tilis e saxo lamina, tegula übersetzt wird,
so ist es höchst wahrscheinlich, dass dieses
Wort, sowie auch as. leia, od. nach Andern
85 (cf. 31. Heyne, Helia)ul, u. Seh. u. L.)
leia (Fels, Stein, bz. Fels-, Stein- Platte) u.
hlea, hleo urspr. nur ein Etwas bezeichuete,
was man als Decke auf Etwas legte, od.
tvomit man ein Etwas deckte, um Etwas
40 (ein Haus, Grab etc.) damit zu schützen od.
dicht zu machen u. zu schl/cssen. Ist dies
nun aber richtig, so ist leia od. leia (hlea,
hleo) nicht verschieden von dem goth. hlija,
afries. hli, ags. hleö, as. hleo (Decke, Dach,
45 Obdach, Schutzdach, Schutz, cf. 2 le), bz.
von dem gleichbedeutenden as. hlea, mhd.
lie, liewe (cf. leife, leiwe) u. verstand man
unter leia etc. urspr. blos einen Deckstein,
bz. ein Stein- od. Fels-Stück, bz. eine Stein-
50 od. Fels-Platte zum Decken u. Verschliessen
von Etwas (eines Grabes, Hauses) od. über-
haupt ein Etwas, tvas man als Schutz gegen
Raub od. Wind u. Wetter etc. auf Etwas
legte. Dass aber hier die Bedtg.: Decke od.
55 deckendes u. schützendes Etwas in die von
Stein- od. Fels- Platte, Schiefer- Platte, bz.
Fels, Stein od. Schiefer überging, bz. hlea
neben Decke etc., Schutz etc. auch eine
Stein- od. Schiefer- Platte etc. bezeichnete,
60 hat ja auch gar nichts Befremdendes, loeil
LEI
489
LEIDEN
bekanntlich auch das Wort lUik (s. d.) neben
Dach, Decke, Schutz, Schirm etc. auch die
liedtij. : Stroh, Schilf, Schilfrohr od. liied
hat. Die IileiUificiruny u. Verwechslung mit
iHuld. loy, We(j, via etc. (u. auch vielleicht
mit einem schon as. u. afries. vorlcommendoi
Icia in derselben licdtg., cf. dicscrhalb 3 loi)
rührt deshalb loohl daher, dass das yoth.
lilija, as, hlea etc. durch Aphärcsis sn lija,
lea, leia etc. verstümmelt ivurde. Will man
indessen die Entstehung von leia (Stein,
Schiefer od. Steinplatte etc.) ans hlea etc.
nicfit als richtig zugeben u. ist die dafür
auch vorkommende Form hlea od. hlea ei)i,
Schreibfehler für lea, leia, so loürde die
mischeinend: neben leie schon sehr früh vor-
kommende Form leige (lige, lege, bz. liage,
leage etc.) vielleicht auf eine Identität mit
hjmr. lech, gael. leac (Stein), corniv. leh,
ivallis. Iccli (Steinplxdte, cf. cromleh, crom-
lecli), air. (Schleiche r, Chrest., 251) lia,
Gcnit. liacc (Stein) schliessen lassen.
Zum Schluss sei übrigens noch bemerkt,
dass für dieses lei od. leia (sei es in der
Bedtg. : S chiefe r, S c h i ef er platt e od.
Weg = via lupta, cf. bän) auch ebensogut
die y lii (lösen, spalten, trennen, frei machen
etc.) aufstellen kan)t , zumal da ja der
Schiefer ein Stein ist, der sich abspal-
tet od. abblättert u. das Wort Schiefer
selbst auf die Grdbedtg. : spalten, abspalten,
blättern etc. (cf. schäfe ii. schifern etc.) zu-
rückgeht.
3. Lei od. Lej, Benennung des Norder
Fahrwassers vom Siel od. dem Hafenbassin
ab bis zum Ausflusse in die Nordsee (ilat
.schip ligd in de Ley — is de Ley ütgan od.
binnenlöpen), luovon das Legsand (Leysander
Polder, Legsander Siel) u. die zwischen
Norden u. dem Greetsieler Amte, bz. einem
Theile der sog. Kr umhörn belegene Leybucht
ihren Namen haben. Da die Leg nicht
allein das Fa/irwasser der Stadt Norden
ist, sondern auch das Binnenwasser des
Norder Amtes (es münden darin mehrere
kleine Llüsse aus) in die See abführt u.
leitet, so ist die allgemeine (u. auch ivohl
richtige) Ansicht die, dass dieses Wort aus
leide entstanden sei u. ein Etwas, welches
ein anderes Etwas ivohin leitet u. führt
od. überhaupt ein Weg von u. für Etwas
ist, bedeute, in welchem Fall es dann mit
mnld. ley (Weg etc.), nfries. lei, leid (Weg,
Fahrt, Strich, Grenze); an. leidhr (Weg,
Richtung etc., s. unter 2 lei) etc. u. mnd.
leide, leydo. Weg, Gang, Lauf (cf. bei Seh.
u. L. II, 656 [bekümmere dich nicht zu sehr
um] des liemmcls hoghe, der werkle breyde,
des nieres dupe, des waters leyde), bz. unser
1 leide, mnld. leyde, leye (ductus, tractus.
nieatus) etc. zu as. lidhan, lithan (s. unter
liden) gehört.
4, lei od. loi, IiMi, sich nicht rührend u.
regend, träge, faul, unlustig zur Arbeit od.
5 um sich zu bewegen, malt, flau etc. ; — de
kerel is uet so lei as 'a lliiite, bz. he is
Hiiit-lei (der Kerl ist eben so faul wie ein
Kieselstein, bz, er rührt u. regt sich ebenso
loenig wie ein Kieselstein, liegt fest wie ein
10 grosser Kiesel etc.) ; — 't is all' sin läfen
'u leien kerel west, de sin läfen niks anders
dän hed as slapen iin bummeln ; — lie word
wo older wo leier; — he is de leiste fan
allen; — ik wet liel net wo 't is, ik bin fan
15 dage so lei (träge, unlustig, matt,jlau etc.) ; —
dat warme wer (Wetter) mäkd eii lei ; — 't is
fan dage regt lei wer (laues, stilles, müde
u. matt machendes, ermattendes Wetter) ; —
de wind weid so lei (der Wind weht so träge
20 u. matt etc., od. so lau u. warm etc.); —
bi so 'n leien (trägen etc.) wind kan d'r hei
gen molen gän. — Nd. (B r. W b.) loi ; mnd.
loi, loey, leu, loye ; nid. lui; mnld. (KU.)
luy, loy, ley (piger, desidiosus, vappa, mur-
25 cidus, ignavus, segnis, fugitans laborem) ;
nfries. löi ; ivfries. loy, loay ; wang. leu. —
Die Vocale stimmen zu bleien, bloien, nhd.
blühen, ahd. pluoan etc., bz. zu mnd. loien,
as. hluojan (brüllen etc.), tvonach es dann
30 in der Bedtg. : träge, od. ermattet, matt etc.
zweifellos mit an. lyja, lüdha (zerstossen,
stossen; ermatten; entkräften, schwächen),
lüi (Ermattung), liiinn (gebrochen, ermattet,
matt gemacht u. geworden etc.), ist. ]<fa, (fati-
35 gare), lii, liÜ (lassitudo) , lüinn (defessus,
defatigatus), nonv. lu (abgemattet, entkräftet,
erschöpft, matt etc.) etc. zu der y lu, idg.
ru (cf. Fick III, 272) gehört, welche auch
für 1 le etc. aufgestellt ist.
40 lei-, leii-äi'd, leierd, leuerd, träger Mensch,
Fatdenzer, Faulpelz, Lungerer etc. — Nid.
luiaard; mnld. luyaerd, loyaerd, leyaerd ; mnd.
loiard. — Davon mnld. luyaerden (dare se
pigritiae, pigrescere etc.).
45 lei-, leu-bank, Faulbank, Lotterhett etc.
(cf. 4 lei) ; — he mag niks lefcr as up de
leibank liggen un sük wat räkeln.
lei-dak, Schieferdach.
1. leide, Leitung, Wasserleitung, aqua
50 ductus. — Zu leden, bz. dem alten lidau,
cf. liden.
2. leide od. laide, layde, Blitz. — Wang.
leide (in leidslag, Blitzschlag); nfries. (J o-
hansen) laid ; nd. (Schütze) lei (Blitz).
55 Wohl ident. mit mnld. (KU.) laeyc (flamma),
s. Weiteres unter 1 leien.
] ei-dekker, Schieferdecker.
1. leiden, Leiden, Kummer, Verdruss etc. ;
— dat is 't leiden je man, dat ik d'r niks
60 an dön un helpen kan.
LEIDEN LEIEN 490 LEI- LEU-WAGEN
2. leiden, leien, leiten, führen etc., s. leilen. lei»»reii od. leuern (Iterat. von 3 leien etc.),
1. leider, Iriiler; -- ik mut leider fru faulenzen etc.; — he leiertl ilo jjanse dag
meinem Leidwesen ud. Verdruss etc.) gäii. wat herum. — Nid. hiioren ; )«»/(/. luyeieii,
— l'^s ist cifjendivh der Compar. run li'id, faulenzen, hissig sein, sich aufluütcii, rer-
hz. löd u. icird es eoii uns auch sul/st. in 5 zögern, zaudern, cf. 3[. Kr inner.
der Bcdtt/.: der ,':lchlechlere, minder Gc- leife, loiife, loife, Wetterdach, Schirm-
schätzte, Unliebere etc. (s. unter li-tVr) ge- dach, Schulzdach, bedachter Vorbau vor der
braucht. Thitr eines Hauses, worunter man gegen
2. leider, a) Leiter, Führer etc. : — up- Sonne u. Regen geschützt sitzt u. unter
\v'\dcr (Au Heiter, Erzieher) ; — rorleidcrfKcr- 10 ivelchcm früher in meiner Jugendzeit auch
hiter, Verführer); — b) ein Leitrohr, bz. die Waaren zum Verkauf ausgelegt wurden;
ein liohr od. eine liinne (ductus), welche — frügor wurd' d'r 's afciuls 'ii nabcrprütjo
das Wasser vom Dach ableitet; — de leider uiider de leif holden. — Nid. luit', Inifel;
geid afcral kört im nuit bold foriieid worden. mnld. loove, luyti'e, liiyve, hieve (nmbracuhini,
leidig, verführerisch, trügerisch, gleiss- 15 t'rondinm, prnjectiira, comphivium,snggruiida,
nerisch, glatt in Worten u. Wesen etc.: — podiuni etc.); nd. (B r. Wb.) löve; mnd,
dat wif, dat is ,jo 'n leidigen dünner, dar lovene, love ; ahd. loubä, laupä; mhd. loiibe
mut man sük bliksems für in aclit nenien, (Laube, bedeckte Galleric eines obern Stock-
dat se en nicli ferffird; — he kan so möi werks eines Hauses, Gerichtslauhe etc.). —
döu un hed so 'n leidigen tunge, dat lie 20 Davon mlat. laubia; chw. laupia; lomb.,
hast elk begAsken kan; — se kikt mi fols piem. lobia; ital. loggia; port. loja; franz.
to h'idig ifrcundlich u. gleissnerisch etc.) iit, löge (Hütte, Zelt, Gallcric). — Zu löt' u.
as dat ik hur tröe. — Es ist soviel als urspr. wohl ein mit L.aub od. BUittern be-
te it ig u. gehört zu leiden, leden (leiten, dccktes FAwa^.
führen). 25 lei-, leuheid u. leiigbeid, leuigheid, Faul-
1. leien od. laien, blitzen, wetterleuchten, hcit, Triigheit etc. — Nid. luihcid; mnld.,
hell aufflammen; — dat leied in 't siiden. mfläm. luyheyd. cf. 4 lei etc.
— Nd. (Schütze) leien; dithm. leihn ; lei-, leu-lokker-Iand. .SV/t/ara/^eH/rtHr/, /y^.
mofries. (Cad. Müller)\di-^i\%n\ helg.\o\i[Q\ das geträumte Paradies, wo man ohne zu
satl. leie; nfries. (J ohansen, pag. 167) 30 arbeiten od. unthätig (cf. 4 lei) u. lecker
läid, läidagiu ; toang. leith. cf mnld., mfläm. lebt. — Nid., mnld. luilekkerland.
]iiQ\en{ÜSLmmsLre,ÜAgrave), ivas Japi.r(pag. lei-, Icnlenseii ». lei-. leulentern, fuulen-
261) mit wfries. leagjen, hiegjen, dem nhd. sen etc.; — leilenscr, leuh^nser, leih>nter,
lohen von goth. liuhan, lauh etc. (s. unter Faulenzer. — Ob die verb. Endung kMissen
1 lecht) idcntificirt u. loonach dann nid. 35 u. lentern mit enzen im nhd. faulenzen
laeyen, bz. lajen od. lajen (cf. lafen, lät etc.) od. mit 2 leussen, lentern ident. ist, ist mir
für lojen (cf 2 lafen =: lovcn), bz. hijen, zweifelhaft. Da wir indessen auch fiiUentcr,
lögen (cf. löjen = nhd. lohen, gerben etc. bz. fülenter = nhd. Faulenzer gebrau-
u. löjen = nhd. laugen) steht, woraus dann chen u. manchmal auch faull enz en statt
7ielg. hien u. unser leien (der Vocalwandlung iO faulenzen geschrieben wird, so kann
wegen vergl. auch gloicn, gloien, gU"»jen = auch der Volksmnnd beim Denken an nhd.
nhd. glühen u. bleien etc. = nhd. blühen) faulenzen n. bei der Si/nongmität von
sicJi formell leicht erklärt. Bestätigt wird lei u. fiil von dem Ersteren statt lei-ensen
dies auch durch nid. (v. Dale etc.) laai davon ein lei-lensen gebildet haben. — cf.
(Lohe, Flamme) u. laaien (lohen). 15 Weiteres unter 2 lenseu u. lentern. — Auch
2. leien, von lei od. Schiefer, s. 2 lei;— nfries. (J ohansen, pag. 4r>) luilontiu, lui-
'n leien dak. louti, faulenzen.
3. leien od. leuen, träge, faul, unlustig, Leitnant, Lieutnant. — Sprichw. : de 'n
bz. matt, flau etc. fc/. 4 lei) sein od. werden; bitje ferdreij is, de mut Leitnant worden.
daher a) faulenzen, lungern, unthätig, be- 50 — Das fraWz. lieutenant ist gebildet von
schäftigungslos umhergehen, unthätig n. still lieu (Stelle, Platz etc.) u. tenant (von tenir,
liegen etc.; — he leied (od. leid) de ganse halten) u. bezeichnet demnach dieses ]Vort
lefe dag, bz. he leied (leid) wat herum; — ur.'nn: einen Platz- od. Statt- Halter u. Stell-
he mag niks lefer as leien od. leilensen ; — Vertreter des Königs od. des Hauptmanns etc.
h) flauen, matten, stillen etc.; — de wind 55 lei-, leu-wagen, a) eine querstehende,
leied (od. leid) al iner of (der Wind flauet, grosse u. si((rke, hölzerne Scheuerbürste mit
mattet u. stillt immer mehr ab, loird immer einem langen schrägstehenden Stiel zum
flauer, matter, träger u. stiller etc.). Scheuern u. Waschen des Fussbodens ; —
leien, s. leen. b) (Naut., cf. Bobrik, pag. 467, a) ein
loierd etc., .s. lei-, leuärd. 60 etwas gekrümmtes, unter dem zioeiten Deck
LEI- LEU- WAMS
491
LEKKEN
befestigtes, quer licf/endes Stiicic Hob (itlä.
eea dwarshout waurover de roorpen loopt,
cf. V. Dalc), ivclchcs das Gewicht der Itnder-
piiuie od. des Helms trägt n. ivoranf sich
der TrUjicr od. die Uuderpinne selbst hin
u. her bewegt, ivenn gesteuert wird, zu ivcl-
chein Jichufc die obere Flüche des Leuwagens
mit einer eisernen Platte belegt ist ; — c)
(Naut.), eine aber das SchiJJ'sdeck hingehende,
auf beiden Bordseiten befestigte runde u.
ctivas geJcriimmte Quer-Stange, toorauf der
an den Scgclschoten befestigte Hing sich hin
u. her beiocgt, wenn das Schiff loendet u.
die Segel anders gestellt toerden müssen. —
Nid. luiwageu (dasselbe in allen Bedtgn.).
— Dacon entlehnt: nd. (Br. Wb., 111, 56,
Schütze) leuwagen (dasselbe wie a); schiveä.,
dün. (cf.Bobrik H«ier leiiwagen) lewagen,
levagen (dasselbe loie sub b u. c). — Es ist
anscheinend ein Compos. von lei, leu {träge,
faul, malt, sich nicht regend u. rührend) u.
wagen u. muss demnach dieses Wort einen
sicli selbst niclit regenden, trägen u. müssi-
gen, bs. einen unbeweglichen, ruhenden u.
liegenden Wagen, od. (cf. das Compos. Faul-
Bett od. unser leibank) einoi Ruhe-Wagen
(Wagen, loorauf etwas ruht u. liegt, bz.
worauf sich Etwas lehnt u. stützt) bezeich-
nen, obschon allerdings diese Bedtg. kaum
für das nbige Wort passt.
lei-, leu-wams, Faidpelz.
\. lek, a) Tropfen, fig. das Geringste; —
dat fat is so digt, dat d'r gen lek dör kiimd
un ütdrüpt; — dat fat is gaus lös; d'r is
gen lek mer in ; — he hed dat glas so schön
ütdrunken, dat d'r gen lek inbläfen is; —
't is al wer dröge un d'r fald gen lek mer
tan de bömen ; — bit up de leste lek ; —
he gaf nii gen lek (keinen Tropfen, bz. nicht
das Geringste) fan ; — d'r ful gen lek für
nii of; he kun 't all' up ; — he hed gen
lek drinken für 'u ander minsk afer; — en
lek win od. ber, water etc. ; — dar falld mi
^n lek up de kop ; — he hed 'n lek an de
nöse (Nase) hangen ; — b) Traufe, Dach-
traufe, Tropfenfall: — he steid under de
lek ; — he kumd fan de regen under de lek.
— Nur wang. lek in der Bedtg. sub h u.
sonst soviel ich weiss in derselben Bedtg.
ivie ahd. tropho (nämlich in der von gutta
u. stillicidium) nirgends belegt u. vorkom-
mend, was um so bemerke nsiverther ist, cüs
man beim Vergleich des Umstandes , dass
das Verb, tropfen doch auch von Tropfe
weiter gebildet ist, aucli annehmen muss,
dass das Verb, lekken auch von diesem lek ab-
stammt, loorüber noch Weiteres unter lekken.
2. lek. leck, undicJU, Wasser u. sonstige
Flüssigkeiten durchlassend durch eine Bitze,
Spalte od. ein Loch etc.; daher auch: zer-
rissen, kaput etc.; — dat fat (od. dat schip,
de stäfel etc.) is lek un rnut digt niäkd (od.
ütbäterd, fiikt) worden. — Nd., nid. lek;
mnld. leck (manans, flucns, stillans, perfluens,
5 rimosus); an., ist. lekr etc.
3. lek, eine undichte, Wasser od. sonstige
Flüssigkeiten durchlassende Stelle od. Hitze,
Spalte etc. ; — ■ dat fat (od. dat schip, de
stäfel etc.) hed 'n lek. — Nd., nid. Ick etc.
10 leki'isje, Leckage, das Auslecken u. der
Schaden, den man durch das Auslecken an
nassen Waaren erleidet. — Nid. lekkagie;
engl, leakage etc., von 2 lek mit franz.
Endung.
15 lek-l)ßr, Tropfbier, aus- od. abgetropftes
Bier, Bier, das sich tropfeniveise in ein
unter dem Hahn stehendes Gefdss gesammelt
hat u. in Folge dessen verschlagen od. ver-
dorben u. schal geworden ist.
20 lek - fat, Fass od. Gefäss , worin ab-
tröpfelnde Flüssigkeiten sich sammeln.
lek-gat, Tropfloch, Loch, Spalte od. Kitze,
wodurch Wasser od. eine sonstige Flüssig-
keit hindurch sickert od. hindurch dringt.
25 lekje, lektje (Dimin. von 1 lek, sub a),
kleiner Tropfen, Tropf eichen, geringste Spur
von Feuchtigkeit etc. ; — dat fat is so digt,
dat d'r gen lekje dördringt, bz. an to finden is.
lekken (lekde, lekte — het lekt), lecken,
30 tropfen, tröpfeln, sickern, Wasser od. son-
stig eFlüssigkeiten durchlassen, Wasser ziehen,
durchschlagen, undicht sein, einen Leck od.
eine Spalte, Bitze etc. haben etc. ; — dat
water lekt fan 't hüs herunder ; — dat lekt
35 fan de bömen of; — de nöse lekt hum; —
dat lekt dör de böne ; — de pannen lekken
(die Dachziegel sind undicht, lassen Feuch-
tigkeit durch od. schlagen durch etc.); —
dat fat (od. dat schip, de emmer etc.) lekt;
40 — dar is nog niks fan ütlekt (a. davon ist
noch kein Tropfen heraus gesickert u. zum
Vorschein gekommen, bz. herausgedrungen ;
— b. davon ist noch nicht das Geringste
sichtbar od. ruchbar geworden). — Nd.
45 lekken ; mnd. lecken ; nid. leken, lekken ;
ivang. lek; aengl. leken; engl, leak; an.,
norw. leka ; schwed. läcka ; dän. läkke (Alles
ivie oben); ags. leccan ; ahd. lechen, leken;
mhd. lecken (rigare, irrigare, bewässern, be-
50 netzen, berieseln etc.) u. mhd. lecken fTFasser
durchlassen, lecken). — Wie kl ecken für
urspr. klacjan, so steht auch lecken für
lekjan, bz. urspr. lakjan ?t. wteklac ('s. klak)
ein Schallstamm od. Schallwort ist, so ist
55 aucJt, die für 1 lek, bz. lekken anzusetzende
y lak ein Schallwort, bz. dieselbe }/ lak,
rak, welche schon unter 2 lak bespjrochen
ist. Erwägt man nun, dass die Bedtg. :
macula etc. von üek, klak u. lak (cf. 2 lak)
60 anscheinend aus der Bedtg. : brechen, reissen,
LEKKER 492 LEM
spalten etc., bz. aus der von Bruch, Riss, mhd. lecker (Lecker, Schmarotzer, sittenloser
Spalte, Hitze etc. hcrcoryiiifi, so köitnte man Mensch etc., hz. Einer, der gern leckt u.
auch annehmen, </<(*»• man bei Ick «. Ickkeii, schleckt) zu ahd. leccon etc., (/. likki-ii.
hz. dieser \' lak von der \'urs(elliinii od. Ickkcrö, Leckerei, Triqifelei etc. ; — wi
dem Gedanken aits(iini/, das-> die M'olkc ein 5 hcblicii K'kkerc iip de böuo ; dat dak niut
mit Wasser ijcfidller Sehlauch od. Sack ist, iiisen nast'u wordoii.
der durch injend einen Umstand reissl od. lokkoi'-muiicl, -snüto, -taiid. J. eckermaul,
bricht od. einen liiss od. Urach bekömmt Schlemmer, Schlecker etc.
u. somit leck wird u. zu lecken anfängt, lckkevn{\einleckeres,süsses,fcinschmecken-
Wassertropfen fallen lässt u. auch selbst lU des Ltwas, Leckerei, Näscherei, SUssigkcit
ein träufelndes L'twas (od. ein 'Trief- u. etc. ; — lie mag gern lekkeriieoa.
Tropf-Ding, tropfender Gegenstand etc.) ist, Ifkkers, Leckeres, Elivas loas lecker u.
aus welch letzterer Bedtg. Ja auch von selbst angenehm schmeckt, AngcneJimes etc.; — hü
die Bedtg.: Tropfe u. Traufe von 1 lek mag gern wat Ickkers; — lie lied bum wat
hervorgehen konnte. Da nun aber eine J' 15 Ickkeis braden od. käkt, bakt etc.; — be
lak in der Bedtg. des obigen V^erb. lekkeu hod bum wat lokkors (iron.) toregt broed
sonst anscheinend nirgends vorkommt, so od. inbrokt.
liegt die Sache tcahrseheinl. so, dass durch Ickse, Icks, a) Lection, Aufgabe zum Aus-
den Schallstamm lak zuerst der Schall od. wendiglernen etc. ; — be hed sin loks göd
das Geräusch nachgeahmt u. bezeichnet 20 kund, bz. göd fan hüten leid ; — h) Lese-
wurde (auch durclt klik wird der Schall od. zeichen, Zeichen, das man in ein Buch legt
das Geräusch nachgeahmt u. bezeichnet, was od. macht, um sich die Stelle zu merken, bis
ein a)is Fenster od. einen sonstigen harten wohin man mit dem Lesen desselben gekom-
Gegenstand anschlagemtes Hagelkorn od. men ist. — ^-l^.s lat. lectio, von lego.
ein Liegentropfen macht u. sodann auch die 25 lelk, böse, boshaft, unartig, hässlich, an-
stelle od. den Lleck selbst, der dadurch auf leidlieh, unausstehlich, schlecht etc.; — dat
dem betr. Gegenstand entsteht u. zurückbleibt, is lelk tan di, dat du din brßer niks günnen
ganz icie auch ja klak hiervon seine Bedtg. : bist; — he is altid so lelk un bister tcgen
macula herhaben kann u. wie flek möglicher- sin folk, bz. tcgen sin t'rö un kiudor, dat 't
weise ein Etwas ist, tvas durch einen Schlag 30 hast hei net to begnpen is, wo so 'n niinsk
od. Klatsch auf Etwas entsteht u. zurück- so wescn kan ; — be mok so 'n lelk gesigt,
bleibt), den ein auf Etwas niederschlagender dat elk bang für lunn wurd'; — dat past
Wassertropfen (sei es, dass der Tropfen mi lelk ; — lelk wer (böses, bz. schlechtes,
aus der Wolke od. von einem Dach etc. unleidliches Wetter) ; — dat smük lelk. —
herunterfällt u. an od. auf Etwas nieder- 35 Satl., )dd. (mdartl.), nd. lelk. Es ist das
platzt) verursacht u. dann in ähnlicher Weise contrah. (cf. elk) afries. letlilik, ledlik ; as.
auch wieder der niederklatschende Tropfe lethlik, lediilic ; mnd. ledelik, letlik, leitlik ;
sowohl, als auch die ein kbdschendes Ge- mnld. leedelik; idd. leelyk , lalyk; aJid.
rausch verursachende Traufe mit dem iirsjir. leidlih; mhd. leidelich, leitlich (widerwärtig,
Schallwort lak benannt ivurde u. hieraus 40 hässlich, abscheulich, schmerzvoll, schmerz-
eben unser 1 lek i)i der Bedtg.: Tropfe Hell), das Compos. von 1 led u. lik.
«. 1' raufe hervorging, wovon dann in lelker, böser; — lolksto, böseste etc.;
gleicher Weise wie tropfen von 'Tropfe Compar. u. Superl. von lelk.
(cf. drüppe u. drüi)pen) das Verb. Ickjan jplkci'd, Böser, Bösewicht etc.; — be is
('Tropfe machen, tropfen lassen etc.), bz. das 45 'n regten lelkerd tan 'n kerel.
obige lekken in allen seinen verschiedenen lern, Lehm, iceisslieh grauer od. auch gclb-
Bedtgn. iceitergebildet wurde. licher, etwas sandiger 'Thon, der früher noch
1. lekker, Compar. von 2 lok. • mehr als Jetzt im Hausbau zum Verkleben
2. lekker, lecker, gewürzig u. schön u. Bestreichen der Wände u. als Mörtel an-
schmeckend, angenehm, dem Geschmack, Ge- 50 statt des Kalkes benutzt lourdc. — Xd., nid.,
ruch u. Gefühl zusagend, fein schmeckend, mnld. leem (argilla, terra argillacea, leuta,
wählerisch etc.; — 'n lekkern bit ; — 'n tena.x ; lutum ; limus) ; ivfries. liem; nfries.
lekker stük tles; — dat sinekd od. rukd (Johansen) liam; njütl. (Outzen) liim;
lekker; — 't is bir lekker waiin; — he hed wang.\Q\m; «.s. lemo, leimo ; ags.XÄm; acngl.
'n lekkern (eine leckere, feinschmeckende, 55 läm; engl. ]o;xm\ rt/u/. leim, loimo ; mhd. leim,
genau prüfende, widderische) tungc ; — be lein (Lehm, l'Jrde, Schlamm). — Es ist for-
is ferdörad lekker (widderisch) up 't iiten ; mell u. begrifflich eins mit lim (Leim etc.)
— be is mi ()k 'u lekkern f/n^/i.j kuude; — u. lat. limus u. ist das 2'hema lima, laima
Sprichw.: lekker is man 'n tiiiger lank. — mittelst des Suffurs ma von derselben }' li
Mild, lecker etc. u. mit ahd. leccbari, lekhari ; GO weitergebildet, loozu auch lat. lino, lini, litum,
LEMD
493
LENEN
linere u. linio, linire (schmieren, beschmieren,
tünchen etc.) etc. gehört. Die ältere Form von
der y li ist aber ri (cf. zend. ri, beschmutzen,
beflecken etc.) u. ist über die ]/ li etc. das
Weitere bei Fick (I, 702 seq. u. 111,267
seq.) zu vergleichen.
leiutl, gcJehmt, mit Lehm beschmiert u.
verstrichen etc. ; — lOmdc wanden etc.
leinen, Lolenien, mit Lehm beschmieren
od. be- u. verstreichen, bz. be- od. verkleiben ;
— de Walters sunt noi^ net lemd etc.
lernen, von Lehm ; — 'u lernen -wand.
lenimer, Hinderniss, Hemmung, Aufent-
halt, Verzögerung etc. ; — he hed d'r gin
lemmer fan had. — Mnld. (KU.) lemmer,
lammer (impedimentum , nocumentum , mo-
lestia). — Subst. zu dem folgenden lemmern
od. mit diesem von 2 lammen = afries. lema,
lania = alid. lemjan etc., s. unter lamen.
lemmern; i. q. belemmern, hindern,
hemmen, aufhalten etc.; — he lemmerd mi.
— Nd. (Er. Wh.) lemmern.
lemt, lemmt, lempt, lemm. lemp, die
Klinge (eines Messers); — 't lemt fan 't mest
is ofliraken. — Nd. liimmel, lemmel ; mnd.
(lemel, lomel, lamen) Icmmele; n?rf. lemmer;
mhd. lämel, lumel ; hess. lommel etc. Mit
afranz. lemele (Platte, Klinge) aus lat. la-
mella, welches mit ital., prov. lama; franz.
lame (Platte, Klinge) ; afranz. lame (Grab-
stein, bz. Steinplatte) aus lat. lamina ent-
stand.
len. Lehn, Lehen, d. h. ein ge- od. ver-
liehenes Etwas; daher a) ein Amt od. Dienst
(u. besonders ein Pfarr- od. Schul-Amt, bz.
Pfarr- etc. Dienst), das od. der einem Be-
treffenden ge- od. verliehen ivird ; — dat len
is nog nich wer besetd; de gemente mut nog
erst 'n pastör (od. 'n mester) beröpen ; —
b) Darlehn, od. ein Etwas, icelches man
geliehen u. geborgt bekömmt, od. leiht u.
borgt, bz. auf Leihe u. Borg erhält u. nimmt,
um es nach kürzerer od. längerer Zeit zu-
rückzugeben ; — ik hebb' hum hunderd daler
to (od. as) len gäfen ; — ik wuU' gern 'n
bök fan di to len hebben ; — he kan dar
niks mer to (od. as) len krigen. — Afries.
len (a. Darlehn ; — b. feudum etc.) ; nfries.
leen ; nd. leen ; mnd. len ; as. lehn ; ags. laen ;
aengl. laen; engl, loau; an. län (mutuum,
comodatum), len (feudum censuale) ; norw.
laan, len; schiced. län; ahd. lehan, lehin;
7)ihd. leben (Lehn, Lehngut, geliehenes Gut).
— Es gehört zu nhd. leihen (lieh), bz.
ahd. lihan (leh etc.) ; as , ags. lihan ; afries.
iia ; an. Ijä; goth. leihvan (leihen, auf Borg
geben, zu Lehn geben, verleihen, geben) u.
ist das Subst. ahd. lehan (contrah. lehn, len)
vom Präter. leh (nhd. lieh) mit dem SuffLc
an (od. vollständiger vielleicht ana) fortge-
bildet. — Nach Fick mit lit. leku, likau,
likti (lassen); kslav. lekü (Rest); lat. linquo
etc. zu einer ]/ lik, urspr. rik (frei lassen,
überlassen, hingeben etc.), worüber bei dem-
5 seihen 1, 194 das Weitere zu vergleichen ist.
lende, lenne, lenn, Lende, Oberschenkel,
lumbus. — Nd. lende, lenne ; 7ild. lende ;
afries. lende ; .satl. lande ; as. lendi ; ngs.
lenden ; aengl. lende ; engl, lend ; an. lend ;
10 ahd. lenti, lendi ; mhd. lende (ren, femur,
lumbus). — Wahrscheinl. mit kslav. ledvya
(Lende) zu derselben ]/ lan, bz. zu demselben
goth. Verb, linnan, lan, lun, lunnun (weichen,
entweichen, nachlassen, aufhören etc., bz.
15 weichen, nacligeben, zurückweichen, iceggehen
etc.), wozu auch land u. lind, sowie auch
das mnd. (Seh. u. L) lenden (nachlassen,
aufhören, schivinden, enden) gehören, zumal
da unter lende urspr. sowohl diejenige Körper-
20 stelle, wo der Hüftknochen zurückweicht u.
zurücktritt (die liedensart : er gürtete seine
L^enden u. das Compos. Lenden-Gürtel wei-
sen ja auf die Vertiefung über u. hinter
dem Hüftknochen hin), als auch diejenige
25 Stelle, wo der eigentliche Rumpf des Körpers
aufhört od. endet u. schwindet u. das Bein
anfängt, verstanden worden sein kann. Ver-
gleicht man indessen die Wörter land «. lind
(weich, zart, nachgiebig, nicht strenge etc.),
30 sowie das ahd. lunde (Speck, Fett, cf. Wei-
gand unter Lende), so würde man auch
vielleicht annehmen können, dass unter lende
urspr. enticeder derselbe Körp er th eil zwischen
Rippen u. L^enden verstanden wurde, der
35 auch Weiche genannt wird, od. dass der
Oberschenkel deshalb lende heisst, weil er
mit dickem weichen Fleische belegt ist, ivor-
auf ja anscheinend das ahd. lentipräto, ags.
lendenbraeda (Lenden- od. Nieren-Braten,
40 Lenden- od. Nieren-Stück) hinweist. Das
Thema von lendi ist wohl landi u. stimmt
dies zu linnan, lan, lun etc. (cf. lind, linde
etc.), wie brand u. brunst zu brinnan (bren-
nen) u. gehören ausser lende u. ahd. lunde
45 (Speck, Fett) auch ags. lynd (Nierenfett),
gelynde (die die Nieren timgebenden Leibes-
theile), lund (Niere) ; an. lundir (pancreas
vel ductus pancreaticus) auch wohl an. lund
(animi indoles), lyndi (indoles) etc. dazu.
50 lendern, s. lentern.
lene, lenen etc., s. läne, länen etc.
leneu (lene, lenst, lend etc. ; — lende,
lendest oL lendst etc. ; — is od. heb' lend),
leihen, darleihen, borgen etc. ; — kanst du
55 mi nich wat geld lenen ? ik breng di 't afer-
mörgen wer; — dat is man lend un net
schunken ; — he hed dat fan mi lend (ge-
liehen, geborgt, entliehen, entlehnt etc.). —
Afries. lena , lenia ; wfries. lienen ; satl.
60 lena; nfries. (Johansen, pag. 174) lianan;
LENERD LENERT 494 LEXSEN LENTSEX LENSSEN
nid., nd. loenen; «jHf7. leueu, löhcncn, leinou ; halb ausser 2 lens (troclcen, leer, erschöpft
a(/s. laenan; au., isl. lena; ahd. löhanün ; etc.) bei Schilt se (III, 26) auch das Sttbst.
iiihd. löhoncn, It'iiea (!"» od. als Lehoi gebebt, Lenz, Lens in derBcdtr/.: träge od. schlaß'
leihen; belehnen; entlehnen, borgen). Zu machende Kraft, b::. Etwas, das träge u.
len, b-. ahd. li'han etc. 5 malt od. schlajf macht.
lenenl. h'-nort, Leiher, Borger, Entleiher, 1. lenspii od. lentsen, Icnssen, vollständig
Verleiher, Durlrihcr etc.; — he is 'n olden leer u. troclcen machen etc., den Inhalt eines
It'-uoril, de altiil trebrek fan gold lied; — Fasses od. einer Cisterne, eines Brunnois,
Sjtrivhw.: he löpt fan K"'neit na bürgert. einer Flasche etc. bis auf den let::ten Tropfen
l»"!!^, s. lengti>k. 10 ersdiüpfen, od. überhau2)t: leer machen, den
lUn^de, s. lengte. Inhalt erschöpfen etc. ; — 't schip etc. is
lönge, Länge; — he trekt dat in de lenge. lenst; — se lensden lium bit up de h^stp
Gebräuchlicher ist lengte. driip; — se hebben hum lenst (sie haben
lenken, lang od. länger machen u. ivcr- iJtn vollständig leer gemacht, ihn i^ollständig
den, verlängern, ausdehnen, sich verlängern, 15 ausgesogen od. ausgezogen u. ausgeplündert
sich ausdehnen etc.; — he ferlcngd dat od. etc., z. B. heim Spiel). — Nid. lenzen. S.
sük. — Sprichw : wen de dagen anfangen weiter :
to leugen, fangd de winter an to strengen 2. Iciisen od. Icntspn, lensscn (Naut.),
(.strenge od. strenger cu werden). ein Schiß' bei heftigem Sturm od. wen)i das
leilgern, längern. — Nur in l'crlengern, 20 Steuerruder gebrochen ist unter einem Idei-
verlüngcrn. nen Vordersegel od. dem dichtgerefften Mars-
li'n;£:-ttsk, od. (selten) li'llj?, Uinge, Lang- .'icgel vor dem Winde treiben od. laufen
fisch (Gadns od. Lota niolva). — Nd., nid., lassen, bz. (cf. Bobr il) bei schwerem Winde
wang. leng; schwcd. läng, längfisk. — ITö/J od. Sturm vor dem Winde laufen. — Nd.,
wegen seiner zu seiner Dicke verhältniss- 25 mnd. (Seh. u. L.) Icnsen (glatt vor dem
massig grossen Länge so benannt. Winde segeln, das Schiff' ganz in der Bich-
li'ii^jte, li'ii^tlo. Länge; — he wast (wächst) tung des Windes laufen lasf<cn) ; nid. (Wci-
od. deid (ge(h'iht) nier in de lengte as in de land) lenzen, vor einem kleinen Focksegel
bredte. — Nd., nid. lengte; mnd. lengede, segeln, od. (v. Dale) bei Sturmwetter mit
lengde; an. lengdh ; engl, length. 30 wenig Segel od. auch ohne Segel vor dem
lenig etc., s. limig etc. Winde weglaufen, loofür der Engländer den
lens od. leiit.s, lenss, trocken, keine Feudi- Ausdruck to send (laufen, eilen etc., fliehen)
tigkeit od. überhaupt Nichts mehr enthaltend, gebraucht. — Dieses lensen ist ebenso icic
erschöpft, leer etc.; — de pumpe geid lens das vorige Wort auch in die nord. Sprachen
(die Pumpe geht trocken, hat u. giebt kein 35 (schwed. länsa, dän. lense) übergegangen u.
Wasser mehr) ; — de bakke od. piitte etc. loenn man erwägt, dass beim lenssen alle
is lens (die Cisterne od. der Brunnen, die od. beinahe alle Segel eingezogen u. loeg-
Pumpe etc. ist trocken u. leer, bz. ist voll- geräumt, bz. alle Masten it. Stangen etc. leer
ständig erschöpft u. kann kein Wasser mehr gemacht werden, so könnte man sehr gut
geben) ; — se hebben hnm lens drunken (sie 40 annehmen, dass es gleichfalls von lens in
haben Um trocken getrunken, bz. seinen der Bedtg.: leer etc. weitergebildet sein.
Wein bis zu Ende ausgetrunken , seinen demnach eigentlich die Bedtg. : leer machen,
Weinvorrath vollständig erschöpft); — se entleeren etc. od. auch die von leer u. ohne
hebben hum lens mäkd (sie haben ihn voll- Segel gehen u. laufen, leer od. ledig u. müssig
ständig leer u. kahl gemacht, ih)i ganz aus- 45 gehen etc. hatte, wo denn auch unser lei-
gebeutet, z.B. beim Kartenspiel); — Sekunden lensen ein Compos. von loi (faul, träge etc.)
dat schip net lens (trocken u. leer od. loasser- u. diesem lensen (leer gehen etc.) sein könnte
frei) pumpen, bz. mit pumpen net lens hol- u. loörtl. soviel cds faul u. leer gehen, faul
den. — Nd., nid., nfries. lens. Davon ent- u. ledig umhergehen etc. wäre. Da übrigens
lehnt: schwed. liins; dän, norw. lens (das- 50 ein Schiff, tvas leust, durch die Wogen lang-
selbe, .jedoch nur von Schiffen u. Pumpen). sam, träge u. schwer vor dem Winde treibt,
— Die ältere Bedtg. ist wahrscheinl. : matt, bz. durch die Wogen hinschlenderl u. einen
schlaff, hinfällig (mit der Kraft zu Ende schlaffen, unsteten n. schwankenden, schlot-
n. so: erschöpft, kraft- u. saftlos, trocken terigen Gang hat, .so kann dieses Verb,
etc.), sodass es mit m)dd. Icnls, lyns, lins 55 selbstredend auch von dem unter lens er-
(lentns, laxus; lentu-;, mitis, lenis, platidus, wähnten mnld., mftäm. lents, lyns, lins in
snbmis-iiis); mfläm. lents, lyns, lins (tardif, der Bedtg.: lentus, laxus etc. fortgebildet
fade; leut, mnl, donx, beiiing, mansuet) ident. sein u. lensen überhaupt die Bedtg.: schien-
ist II. mit diesen M'örtern, bz. franz. lente dem haben, wo es denn mit \eniera (s. d.)
aus lat. lentus entst-tnd. Vergleiche dieser- GO von Hause aus sijn. wäre, wie ja auch unser
LEN-STOL
495
LEP
lei-lensen u. lei-lentern spi. ist u. ja auch
das mnld. lents (s. unter lens) aus lente od.
lentus entstand. KU. hat leasson, Icutsnii
nur in der Bedtg. : solvere, d. h. in der
Bedtg. : zahlen, bezahlen, biissen, gut machen
etc., wie die.s durch mfläm. lenssen, lentseii
(payer, satisfaire) hestätigt toird. Die Grd-
hedtg. von diesem leiitsen wird aber wo]il
mildern, lindern etc. -s'c/», da sich aus
lindern etc. die Bedtg.: gut machen etc.
sehr leicht entivicJceln konnte. Die Bedtg.:
mild, mildern etc. ergiebt sich von selbst aus
dem tinter lens envähnten mnld., mjläm.
lents, hz. aus tat. lentus u. lentare u. könnte
man demnach auch annehmen, dass das
obige Verb. Icnsen urspr. die Bedtg. : m i l-
dern od. b e quem er ii. leichte r machen
hatte u. das lensen eines Schiffes sich blos
auf das Er leichter n seines Ganges bezog.
len-stül, ,s. länstol.
leute (holl. Grenze, bz. loestl. Ostfriesland),
Lenz, Frühling, Frühlingszeit. — Nkl, mnld.
lente; mM(^. lente, Icnten, linte ; ags. lencten,
lengten ; aengl. leinten (Lenz, Frühling) ;
engl, lent (Fasten, Fastenzeit) ; ahd. leuzo ;
mhd. lenze u. ahd. lenzin, zusammengezogen
aus lengiziu (in lengiziumanöth, Lenzmonat,
März) ; amhd. auch langiz, langez, langeze
(Lenz, Frühling). — Es gehört ivohl zweifel-
los zu ahd. langen (la7ig werden) u. ist der
mit dem 21. März beginnende Frühling des-
halb so benannt, weil von da an, bz. den
ganzen Lenz hindurch bis zum Sommer-
anfange hin, die Tage lang u. länger loer-
den. Da indessen -dieses Wort schon viel
idter ist, als es in Handschriften vorkömmt,
so ist es auch sehr gut möglich, dass langiz,
hz. langizi, langizin selbst noch eine ver-
stümmelte Form ist u. möglicherweise aus
langiziti (lange Zeit, lange Jahreszeit, cf.
ahd. ziti = Zeit, Jahreszeit) entstand.
lentez', a) das hier meist „beste biir" ge-
nannte Kartenspiel; — schöl' w' 'n lenter
maken ? — b) die Eeihenfolge der fünf höch-
sten Trümpfe in diesem Spiel. — Nid. lan-
terlu ; franz. lauturlu (welch Letzteres auch
die Bedtg. : Larifari od. lirumlaruni u.
Gassenhauer, Gassenlied hat); engl, lauterloo.
lentern, lendern, schlendern, langsam u.
müssig umhergehen, langsam u. träge han-
deln u. arbeiten, etwas in die Länge ziehen,
zaudern etc.; — he lenterd wat herum; —
du must net so lenteru; — he lenterd d'r
lo föl mit. — Nid. lauteren, leuderen, hin-
deren , lunteren ; mnld. lentereu (lente et
ignave agere, cunctari) u. lunderen (cunctari,
cunctanter agere, morari etc.) ; mhd. lendern
(langsam gehen, schlendern). — Ob das
franz. lanterner (zaudern, zögern, trändeln),
sowie ferner (D i e z II, 346) franz. leudore
(träge Schlafmütze), norm, lendorer (träge
sein, faulenzen), bret. laudar (träge), lafidrea
(träge sein), landreaiit (Faulenzer) etc. u.
(Diez I, 244) ital. landra, slandra (Metze,
f) feile umherstreifende Strassendirne), dattph.
laodra (dasselbe), nprov. landrin, landraire
(Tagedieb), com. slandron (Landstreicher),
ven. s\Andr ona (3Ietze), nproo. YArnlva, (Pjlaster
treten) etc. aus unserm lenteru, lendern oit-
10 stand od. unser lentern von franz. lanteruor
u. mit diesem von lat. lentus, lento u. dann
ferner ivieder franz. landore etc. u. ital.
landra etc. von unserm leutern, lendern, lasse
ich dahin gestellt sein.
15 1. lep, lief; Präter. von löpen.
2. lAj), böse, arg, schlecht, schlimm; — he
is 'n lepen (böser, arger, schlimmer, schlauer)
kerel od. bedreger, schujcr etc. ; — lep wer
(böses, arges, schlimmes, schlechtes Wetter) ;
20 — dat sägt man lep (böse, schlimm, bcdenli-
lich etc.) mit lium, bz. mit sin biulel üt, dat
geid so net lank mer mit hum (wenn Jemand
schlimm erkranld ist od. sieh in zerrütteten
Vermögensverhältnissen befindet) ; — lepe
25 ogen (böse, kranke, entzündete, eiterige Augen ;
od* auch im moralischen Sinn: böse, scldimme,
scheelscltcndc Augen); — 'n lep wark (eine
böse od. missliche Arbeit etc.) ; — 't geid
hum mau lep (schlecht, elend, misslich, arm-
30 selig etc.); — he steid sük mau lep (er
steht sich nur schlecht od. schwach etc.). —
Nid. leep (triefäugig, eiterig ; schlimm, schlau,
listig, verschmitzt ; schief, scheel) ; mnld. leep
(lippus, gramiosus ; callidus, versutus, vafer,
35 subdolus etc.) ; mfläm. leep (dasselbe) ; lofries.
(Jap ix) Ijeap (schlau, listig etc.) ; nd.(Br.
Wb. III, 53) leep (elend, schlecht, mager,
verkommen); satl. Subst. lepe (Ohnmacht,
Schwäche) etc., cf. Weiteres unter 1 laf.
40 3. lep, lep, Kibitz. — Mofries. (Cad.
Müller, pag. 35) leep; tvfries. (Jap ix)
Ijiap ; nfries. (0 utze n) liep ; ags. (H. Leo)
hleäf-vinge ; engl, lapwing. — Da S tr a t-
m a n n das aengl. Ihapwinche ; ags. hleape-
45 viuce , bz. spätere engl, lap-, leep - winke
(upupa, Wiedehopf) mit dem engl, lapwing
identificirt, so wird dies auch dasselbe Wort
sein u. II. Leo wohl Recht haben, wenn
er die Vorsglbe lileäf od. hleape von hleäpan
50 (laufen, springen etc.) ableitet, bz. hleäf od.
hleäp-viuge cds ein Compos. von hleäp (Lauf,
Sprung, cursus, saltus) u. vinge (Flügel,
Schwinge etc.) ansieht u. hleäf-vinge (cf.
ags. vinge, engl, wing, Flügel, Schwinge,
55 Fittich) als ein Lauf- od. Spyring-, Schwinge-
Thier, bz. als ein mit Schioingen versehenes
Lauf- od. Spring-, Hüpf-Thier deutet. Vergl.
dieserhalb auch norw., schwed. wipa, dän.
vibe (Kibitz), ivas auch wohl von tmserm
60 wip (Hupf, Sprung etc.), bz. ahd. wipph ;
LEP-EIER 496 LEREN LAEREN
mhfl wipf (Schwung, rasche Bewegung) ab- lithara anzusetzende Tliema litlia, urspr. rita
geleitet u. mit wippen (cf. auch nhd. Wiede- zu der }' ri (lostrennen etc.) gehört u. eben
hopf, upiipa u. unserin wipstürt, Bachstehe) auf das wolil aus rita gekürzte verbale rit
coniiex /■</. ^'^'' V "> i"' (lostrennen von Etwas etc., cf.
lr>p-, K'i»-pipi'. Kibitzcier. 5 Grassmann, 1163 seq.) zurilckzuführen
It'iuM. N". liipol. ^'^^ worüber noch Weiteres unter Vn\, lit u.
lopsk, löpsk, ir»|»sk (laufi.'^ch), zum Laufen lidcn zu vergleichen ist.
od. Davonlaufen u. Äusrei.'isen geneigt, leicht li'i'-, lili'-bcredoi', Lederbereiter, Gerber,
durchgehend': — dat pürd is lepsk. lör-, lär-liiu's. VOv-, läi'-Iius, Ljchrbur.'^che.
Icitsk-löper, ein scheues, leicht durch- 10 li're, Iure, li^r, lilr, Ljchre, Unterricht,
gehendes Pferd. Unterrichtung, Betehrung etc.; — lu'* is nog,
1er od. lär, Leder, zubereitete Haut, Fell bz. jieid nog in de lere, — dat hit di 'n
gfc, ; — Redensart. : fan It-r trekkon ; — li-ro wcson, bz. to 'n U-rc denen. — As., ahd.
ItT um Kt, od. lür um Icr, sloist du mt, slä lerä; ags. lir; vmd. lere, lare; afries. liire ;
ik dl wer; — üt andermans Icr is göd römen 15 ?r//-ies. leere ; Srtf/. lare; icrt/j.^. 1er etc. Vergl.
sniden. — Kid., mnld. leder, leer, wovon leren, toonach lere (urspr. lesa, goth. laisa)
mnld., mnd. Iccrse (ledernes Beinkleid, Bein- wohl einen Zustand od. ein Geschehen, einen
schiene, ocrea etc.), — Dimin. leersken Vorgang etc., wo od. ivodurch man allerlei
(cothurnus, soccus), «W. laarsse ("SY/c/e/) rif. ,- erfährt u. kennen lernt, bz. einen Zustand,
nd. ledder, leder, leer; rt/r/rs. letlier, leither, 20 ivo man bereits erfahren hat u. wi.'<send i.st
leder, lider, leer; ags. ledher, letlun-; aengl. od. weiss etc. — od. richtiger noch — ein
ledher; engl, leatlier; an., isl. ledhr ; norw. Etwas, ivas man durch Fahren od. yl?/.s-
leder, 1er, "hier, leir etc. ; .5t7i(o<?r/., (/ä/(. lädt>r; fahren erwirbt od. bereits erworben hat
nhd., mhd. leder ; goth. lithr. — Vergleicht — bezeichnet.
man (F ick J,til8 seq.) lat. scvotnm (Hoden- 25 leren in fcrleren, verlieren; s. lesen.
.lack), scrautum (Ledersack, Ranzen) etc.; 1. li'rcn, liii'Oii, ledern, von Leder; —
qriech. cliroä; an. skrä aus skrava (Haut) leren schö; — 'u leren büksen etc.
von der }' skrn od. skur (spalten, schneiden, 2. lören, Itircn, lehren, ntiterrichten, bei-
scheiden, abtrennen etc.) u. dass auch lit. bringen etc.; — hv K-vd (lehrt, belehrt, unter-
skura (Fell); griech. chörion; lat. coriura; 30 richtet) hum; — wel hed di dat lerd; — ik
kslav. skora (Haut, Rinde) u. lat. scortum, wil di leren, dat du gehorsam bist; — de
cortex etc., soioie nhd. Schale, bz. unser mester lerd (lehrt, unterrichtet etc.) (xciä; —
schule etc. wahrscheinl. mit an. skur in 1er' mi dat net erst kennen. — Nid. leeren ;
skur-godli (gehauenes od. geschnitztes Bild) nd. leren; afries. lera; as. lerian, lerean,
u.skor (Einschnitt etc.) entweder mit Scheere 35 leran ; o/irZ. lerran, leran, leren; mhd. leren;
etc. zu der ]' skar, bz. zum Theil auch goth. laisjan (erfahren od. weise u. wi.i.<iend,
vielleicht zu der obigen ]/ skur (spalten, klug u. gescheidt machen, lehren, belehren
schneiden, scheiden, abtrennen, lösen etc.) etc.). — Vergl. tveiter:
gehören, so wird auch für das Wort Leder, 3. leren, läreii, erfahren, lernen etc.; —
bz. dessen Thema lithara, lithra eine germ. 40 wen du 't net bäter wefst, den must du 't
y lith, urspr. rit mit der Bedtg. : scheiden, leren; — he hed 't uet bäter lerd; — he
lostrennen, lösen etc., bz. ein Tliema litha, wil niks leren; — he lerd (er erfährt etc.
urspr. rita anzusetzen sein u. auch das Wort od. lernt etc.) dar niks as kwäd ; — wat
Leder ursjjr. blos die Bedtg.: abgeschie- man nich lerd, dat fersteid man ük uich ; —
denes u. vom Körper losgetrenntes Etwas, 45 he wil 't smiiden leren. — Xld. leeren; nd.
bz. ein vom Körper abgetrenntes lediges leren; afries. lerna, lirna ; h/V /es. Haren;
Fell bezeichnet haben. Vergleicht man nun as. linön (statt lirnon od. lisnön); ag.s. leor-
lat. rite, ritas etc. von der' y ni, ri (fügen), nian; ahd. Urnen, lirnän, li'rnen, lernön ;
bz. kslav. oriti (lösen etc.), lit. retas (locker) mhd. lernen. — Vergleicht man ahd. leisanjan
von der ]/ ar, r, bz. ir, ri, wovon auch (cf. 50 (imitari) von leisa (Geleis, Spur) ; ahd. rega-
Fick 1,20) lit. yru, ri-ti, sich trennen, n. nön, goth. rignjan (regnen) von regan od.
dass das lat. rete (Netz), lit. retas (Bastsieb, rign, bz. rigan u. ahd. seganön (.segnen) von
Sieb, Netzbeutel) beim Vergleich von nhd. segan, so wird auch das obige Verb, liriien
Beutel u. beuteln (Mehl beuteln od. od. lisnen tvohl aus urspr. lisanjan od. lisa-
sicben etc., cf. bül, l)iden etc.) auch wahr- 55 Jan entstanden sein u. einem goth. leisanjan
scheinl. tirspr. die Bedtg.: Beutel, Sack, entsprechen, loas ivahrscheinl. von einem
Ledersack, Balg elc hatte u. mit retas alten verlornen Subst.: goth. leisa, ahd. lisa
(locker, lose etc.) zur ]/ ra, ri (lostrennen, mit der Bedtg.: Erfahrung etc. (leisanjan,
lösen etc.) gehört, so ist es sehr gut denk- also soviel als : Erfahrung machen, kun-
bar, dass auch die germ. y lith, bz. das für 60 dig werden, lernen etc.) abgeleitet ist u. mit
LiEß-GELD
407
LKSEN LAESEN
goth. leisan, lais, lisum, lisans (erfahren,
lernen etc.), Träter. lais (ich erfuhr, lernte,
weiss etc.) u. so weiter mit \(\ve u. 2 li'-rcii
auf eine y lis zuriiclcgclit. Diese ]/ lis be-
treffend, so wird sie wohl die simd. Bedtg.:
gehen, wandern, fahren, gehen u. fahren
weg od. aus u. ivohin (cf. ahd. arfai'aii, lüid.
erfahren = ausgehen, ausfaliren u. loohin
kommen, sich umsehen in der Welt, sie be-
sehen u. erforschen od. kennen lernen),
kommen ivohin, erreichen etc. (auch ahd.
arfaran hat die Bedtg. : erreichen etc.) haben
u. in ihrer Grdform ris eine Weiterbildung
von der y ri, n (urspr. ar, r), bewegen,
laufen, rennen, rinnen, strömen, bz. bewegen
weg, erdfernen, trennen etc. sein, wie auch
die y lus von lesen, bz. ferlesen (verlieren)
u. lös etc. eine Fortbildung von In (lösen,
trennen etc.) ist. Aus der Bedtg. : sich od.
ein Anderes bewegen (von Ort u. Stelle) er-
geben sich von selbst die Bedtgn. : gehen,
laufen etc., gehen iveg u. davon od. ab, sich
entfernen u. trennen, bz. Etwas bewegen
weg u. entfernen od. trennen u. theilen etc.,
wonach dann das formell mit ahd. Icisa od.
urspr. lisa (Geleise, Spur) vielleicht ident.
preuss. lyso (Ackerbeet), lit. lyse (Beet,
Gartenbeet), kslav. lecha (Ackerbeet), lat.
lii'a (Furche) wohl eher auf der Bedtg. :
tr ennen etc. als auf der von gehen be-
ruht, während es von leisa (Geleise, Spur)
zweifelhaft ist, ob dieses Wort auch auf der
Bedtg. : trennen etc. od. nicht vielmehr auf
der Bedtg. : gehen, fahren (cf. auch nhd.
Fährte, von fahren) der y lis beruht,
tvozu ausser lere, leren etc. u. list auch
2 leste etc. gehört.
ler-geld, Lehrgeld, Geld für die Lehre
od. die Unterrichtung eines Ijehrlings ; —
lie is up (Ire jär bi mi in de lere im mnt
liundcrd daler lergeld gäfen. — Sodann trop.
auch das, toas man zahlt od. cinbüsst, wenn
man ohne genügende Kenntniss u. Erfah-
rung ein Geschäft anfängt od. Etwas nnter-
iiimmt, loovon man nichts Ordentliches ver-
steht, od. auch die Strafe, die Jemand er-
hält, loenn er Böses u. Unrechtes thut; —
he mnt nog erst lergeld gäfen, er he kluk
word ; — he hed nu al twemäl lergeld had
un he wägd 't (od. deid 't) altid nog wer ;
— ofschön he nu al mennigmäl lergeld gilfen
un elkermäl sin strafe d'r för kregen hed,
so kan he 't nifken dog nog net laten.
ler-kamer, Jjehrstube, besonders die Stube,
too die Confirmanden unterrichtet toerden.
Icr-lappe, ler-lap, Lederlappen; a) ein
loeicher lederner Wischlap)pen , besonders
zum Abwischen u. Reinigen von Glasscheiben
u. sonstigen glatten u. polirten Sachen; —
ferner fig. : b) ein Wisch- od. Waschlappen
J. ten Doorukaat Koolman. Wörterbuch. II.
od. ein läppischer, alberner, unbedeutender
Mensch, Schlapps ; — c) ein frischer weicher
zäher Käse od. Lederkäse.
li?r-ir»jor, Lederloher, Jjedergerber.
5 li'l'-IöjciT, Jjedergerberei.
los, s. k'ssc, less.
lese, läse, Xese; — nalese, Nachlese; —
lesetid, Lesezeit etc.
li'sen, läsen (lese, lest statt lesest, lest
10 statt leset etc. ; — las od. les ; — lesen),
a) (simd.) lesen, sammeln, aufnelimen, suchen,
Sortiren etc.; — Compos.: uplesen, ütlesen
etc. ; — b) (trop.) lesen, die Buchstaben od.
Worte einer Schrift mit den Augen sam-
15 mein u. den Inhalt eines Buches etc. ent-
weder blos in sich aufnehmen od. auch laut
hersagen od. vortragen, einen Vortrag od.
eine Bede halten etc. ; — Oompos. : förlesen,
nalesen, aferlesen etc. — Nd., nid. lesen;
20 afries. lesa; tvfrics. (Japix) lezzen ; tvang.
lize; satl. leze od. laze ; helg. lese; nfries.
(J oh anse n) leeshen ; as. lesan ; ags., aengl.
lesan ; engl, lease ; an. lesa ; goth. lisan ;
ahd. lesan; mlid. lesen. — Nach Fick (II,
25 453) mit lit. lesu, lesti (mit dem Schnabel
picken, Körner auflesen), lesalas (Aufgepick-
tes, Vogelfrass), aplasyti (herauspicken, son-
dern, auslesen, wühlen), aplasimas (Sonde-
rung, Auswahl, Lese) zu einer y las (lesen,
30 sammeln, aufnehmen), die wahrscheinl. mit
skr. (Bopp) las (amplecti), bz. (Fick L,
753) las (begehren, verlangen, trachten u.
langen wonach) u. skr. (B opp) ras (gustare,
amare) verwandt ist u. wie viele andere (cf.
35 z. B. ras, las u. rabh, rap = tönen, von ra,
la od. rä, lä, — od. lus, lösen, trennen etc.
von lu, bz. ru) eine secundäre y od. eine
Weiterbildung von ra = ar, sich bewegen
loohin u. wozu, gehen u. kommen tvohin,
40 gehend od. fahrend einholen, erreichen, be-
kommen, gewinnen, erlangen, ergreifen, fas-
se)i, nehmen, aufnehmen, bz. sich bewegen
wollin, um Etwas zu erreichen u. zu be-
kommen, streben, langen, trachten wonach,
45 begehren, haben wollen, verlangen etc. ist.
Zum Schlüsse sei zu lesen (sammeln, auf-
nehmen etc.) noch bemerkt, dass G. Curtius
(Grundzilgc der griech. Etgmol. pag. 366) der
Ansicht ist, dass dieses Wort mit lit. lesu, lesti
50 etc. (s. oben) auf einen durch ^s" erweiterten
Stamm, laks zurückgeführt loerden müsse, für
den dann aber beim Vergleich von goth. basi,
lat. bacca (cf. beje) ciellcicht be.sser eine aus lag
(cf. bhakhs für bhags aus bhag, wonach dann
55 auch skr. bhas, essen etc. tvohl aus bhakhs,
bz. bhags als Erweiterung von bhag entstand),
bz. urspr. rag entstandene Form lakhs, bz.
rakhs für die deutschen u. lit. Wörter anzu-
setzen ist. Was nun aber weiter die y lag u.
60 griech. legein, lat. legere (lesen, sammeln etc.)
32
LESEN
498
LESKEN LESCHEN
anbetrifft, so vergleiche Fick (II, 227 ii.
III, 249) zu goth. rak von rikan (sammeln
etc.), icorüher Weiteres unter 1 rökeu zu ver-
gleichen ist.
lesen, in forlcscn ; s. dieses u. vergl. auch
l(iS u. lüs.
le-seil. Lce-Scgel, Segel, welcltes nur bei
ruhigim Winde od. stillem Wetter neben den
eigentlichen linasegeln beigesetzt wird. Wörtl.
tvofil Stille-Segel, cf. 2 le.
le-sid, Lee-Seite, die vom Winde ahge-
keltrte Seite, bz. die Seite unter dem Winde,
wo das Wasser still u. ruhig ist.
leske od. lesk, Weiche, Leiste, Schambug
od. die Ausweichung u. Vertiefung zwischen
Unterleib u. Lende, bz. die Falte, Furche
etc. od. die Biegung, der Knick zwischen
Hüfte u. Scham, die auch hier sowohl leste
als leske hcisst: — pin in de lösko; — de
drüsen sunt mi in de lt''sko answullen. —
Es ist vielleicht eins u. dasselbe Wort loie
nd. (Br. Wb.) Iccskc ; mnd. leesche; afries.
lesoka, loseka. leska; njries. (Outzen) leeske
od. (Johansen) loesh, Runzel, Furche,
Falte, Vertiefung, Kerbe etc. Dieses afries.
Icseka etc. (es bezeichnet dasselbe wie afries.
wirsene u. unser krilte u. rimpel it. ist das
Durchschneiden dieser Furchen od, Kerben,
Falten, Vertiefungen etc., z. B. vor der
Stirne, bz. zwischen Stirne u. Nase, od. in
der Hand u. dem Fasse, bz. zicischcn den
einzelnen Finger-, Hand- u. Fussgelenken
in den afries. Gesetzen, je nach der Lage,
mit einer niedrigeren od. höheren Geldstrafe
belegt) ist entweder eine Diminutiv- od. eine
Weiterbildung von mnld. leese (sulcus, orbita),
nhd. Itisa (Geleise, Furche etc.) od. von ahd.
lesä (niga), weJch Letzteres auch tvohl für
lesä od. älteres lisa steht u. möglicherweise
mit leisa etc. u. preuss. lysa etc. (cf. Fick
III, 272) zur y lis gehört. Da indessen
unser leske speciell 7iur von der Weiche
od. der Leiste des Unterleibs od. zicischen
Unterleib u. Lende gehraucht wird, so ist
es doch wohl eher idcnt. mit mnld. liesche
etc. (inguen , membrana) ; vifldm. liesche,
Flur, lii'schcn (les eines etc.) ; nnld. lies
(Leiste, Schamleiste, Schamhug) ; mnd. leesche,
liesche (das Gemachte), tvie auch Outzen
das nfrics. leeske, mohr.-fries. laaske (er
giebt dabei auch die Bedlgn. : junctura u.
utriculus an) mit dem dän. lyske (Scham-
hug, Weiche, Leiste) für ident. hält. Dieses
dän. lyske ist aber wieder gleich mit an.,
isl. liöski (pecten , pulier et locus pubis,
sylva; vagina uteri), toas nach lios, bz. an.
Ijos, dän. lys (Licht, aus einer Grdform
liuhsa, von y luh, cf. lecht u. liicht) auf
eine y lus zurückgehl, toobei ich wegen der
Vocale e od. )tld. ie in leske u. mnld. liesche
auf unser lesen = nid. liesen od. nhd.
l i e r e n in ferlesen etc. verweise. Von dieser
y lus in der Bedtg. : trennen, los machen,
bz. lösen, auflösen, zertheilen, erweichen etc.,
5 — od. lose, locker m. weich machen etc. ent-
stand nun zunächst neben goth. liusaii, engl.
leese, nid. lieseu etc. (in fraliusan, nid. Ver-
liesen od. verliezen etc., cf. ferlesen) etc.
ein Thema liusä mit der Bedtg. : loses u.
10 lockeres, bz. aufgelöstes, erweichtes od. wei-
ches Etwas, wovon das mnld. (KU.) liese
(iliapliragma, disseptuin, septum transversum ;
adeps, abdonien, membrana pinguis ex ventre
porcorum), liese (membrana, peius interior
15 tenuis) w. dessen Dimin. lieskon (membra-
nula etc.) sowohl, als auch das mnld. liesche
(inguen, membrana), an., isl. liöski (s. oben)
u. somit auch unser leske (Weiche, Leiste,
Schamhug etc.) abslammen, loährend es mir
20 zweifelhaft bleibt, ob das afries. lesoka, le-
seka etc. (Runzel, Falte etc.) auf lese =
ahd. leisa (Geleise, Spur, Furche) od. auf
ahd. lesä (ruga) zurückgeht u. ich auch nicht
bestimmt zu sagen wage, ob das ahd. lesä
25 (ruga) mit leisa zu der y lis, od. nicht viel-
mehr zu der y las, bz. zu goth. lisan in
der Bedtg. : coliigere, bz. griech. sullegeiu,
sunäzein gehört, da sich aus lisan in der
Bedtg.: coliigere od. zusammenbringen, zu-
30 sammen nehmen, zusammen fassen, zusam-
menziehen, zusammenraffen etc. tvohl die
Bedtg. : Falte od. Runzel ergeben könnte,
da ja eben durch das Zusammenziehen der
Haut die Runzeln in derselben entstehen.
35 l^sken, liLsken (Dimin. von lesen), sam-
meln, suclicn, picken, Nachlese halten, zu-
sammensuchen etc. ; — se, bz. de hüner
lasken elker kürrel up ; — wen ik ük alle
brokken tosamenläske, so kan ik dog nog
40 uet so föl bi 'n ander brengeu, dat ik jo
sat gäfe.
leskftii, loschen, löschen, auslöschen, aus-
od. aufhören machen, tilgen, stillot, erster-
ben od. todt machen etc. ; — he lesked dat
45 für, — de braud, — de dürst etc. ; — 't für,
— 't lücht, — de flamme iitlesken; — kalk
lesken (Kalk löschen, bz. mit Wasser be-
giessen u. sättigen, damit er durch die sich
dabei entwickelnde Hitze ausbrennt u. gahr,
50 lose u. locker wird) ; — stenen lesken (trockne
Mauersteine mit Wasser begiessen od. ins
Wasser setzen, bz. sie damit sättigen, damit
sie nachher, wenn sie vermauert werden, das
Wasser nicht zu rasch aus dem Mörtel auf-
55 saugen u. verzehren). — Wegen nhd. löschen
in Bezug auf das Leermachen od. Ent-
löschen eines Schiffes, bz. der Ladung des-
selben cf. lössen. — Nid., mnld., mnd. leschen ;
as. leskjan ; ahd. lescan, leskan, leschan,
60 lesken; mhd. loschen (löschen, auslöschen etc.).
LESSE LESS LES 490 LEStE LEST
— Caus. SU as. leskan ; ahd. lescan, lesgan ; — ho hed liiim de los läsen (er hat ihm
mhä. leschen; mnd. loschen, was wir nur den Text c/elesen, ihn abgekanzelt u. ermahnt
noch in utlesken (dat losket ut) haben n. etc.) ; — liö hed bum gode lessen (Lectionen
nhd. auch fast nur noch iu den Compos.: od. mündliche Vorschriften u. Ermahnungen
aus-, er-, verlöschen lebt ti. ahd. auch nur 5 od. Belehrungen etc.) mit up de weg gäfen,
in ar-, ir-löscan vorkömmt. Nach ahd. li'san as he up de reise gung un ofschöd fan hum
etc. = goth. lisan steht dies as., ahd. leskan, nain ; — dat lät di 'n los (Lection od. Lehre,
lescan für urspr. liskan, von dessen Präter. Belehrung, Warnung etc.) wc'sen od. to 'n
lask wieder das für urspr. laskjan stehende les denen. — Mit nid. los ; mnld. lesse (lectio,
as. leskjan, ahd. Ifscan (s. oben) gebildet 10 lectio litterarum; doctrina, praeceptuni, ad-
wurde. — Dieses starke Verb, liskan, leskan monitio) wohl aus franz. loQon, bz. lat. lectio
ist ivohl jedenfalls keine ähnliche Bildung (cf. Icks) n. demnach mit lesen unverwandt,
wie: frischen, forschen etc., d. h. nicht tvie lest, letzt; — lest insen (letzt mal od.
diese von einem Adj. od. Suhst. (hier liski letzt einmal) hürde ik, dat etc. ; — s. unter
od. liska) fortgebildet, sondern tvahrscheinl. 15 lät.
von einer aus laks (ursjjr. raks od. rakhs) leste, letzte. Letzte ; — up 't loste do wiird'
versetzten germ. y lask (cf. rispen, mhd. ik so nidig, dat ik hum wol hast ferniören
respen, aus repson, repfsen, refsan, — wespe kunt harr'. — Bedensarten u. Sprichw. : 't
aus wepse etc.) hervorgegangen, tvo es dann leste is 't beste; — de leste is de beste; —
mit sJcr. rakhsas (Beschädigen, Beschädigung, 20 de leste krigt 't beste ; — „'t leste is 't
Verletzung, Tödtung) zu der mit (cf. Grass- beste," sä' de junge, do fret he 't bransel
m a n n, Spalte 1131) arg u. rig (verletzen üt de pot.
etc., bz. abreissen etc., zerbrechen etc.) ver- 1. leste, lest, Leiste, Weiche, Biegung in
ivandten y rakhs od. raks (cf. auch zend. der Schamgegend, Schambug etc.; — ik hebb'
rakh^, beschädigen , verletzen?) gehören 25 dar so 'n klüte in de leste sitten; 't schal
könnte. Vergleicht man indessen, dass das wol 'n drüse wesen, de ml answullen is. —
ahd. \'(iic-An neben zu tönen aufhören haupt- Dieses loeder ahd., noch mhd. belegte Wort,
sächlich die Bedtg.: zu flammen, zu das im Hess, als laste vorkömmt, ist wohl
brennen, zu leuchten aufhören, bz. dasselbe tvie mnld. lyst (diaphragma etc.),
finster od. dunkel rverden (die Begriffe: klar 30 da dies nach KU. mit mnld. liose (diaphragma
u. hell, bz. trübe, dunkel, düster u. dumpf etc., s. unter leske) syn. ist u. auch mfläm.
etc. gehen ja stets in einander über, trotz- liese u. lyst in derselben Bedtg. zusammen-
dem hell von hallen in der Bedtg.: tönen, stehen. Es stimmt formell mit dem fol-
klingen etc. stammt) hatte u. auch leskjan genden leste u. ist weder mit leske (bz. mnld.
die Bedtg.: finster od. dunkel machen etc., 35 liesche u. liese) noch mit liste verwandt, da
bz. auslöschen, verdunkeln etc. hat, so ist es, tvie das folgende leste, tvohl auf eine
es beim Vergleich von griech. laskö (krachen, ahd. Form leisa, gotfi. laisa zurückgeht, loo-
lärmen etc.) von der }/ lak, bz. rak od. ark nach es dann ivohl mit dem in der lex salica,
(cf. Fick I, 22 die y ark in der Bedtg.: 46 (cf. Weigand) vorkommenden latinisir-
einen Schall od ein lautes Geräusch machen), 40 ten afränk. laisus, lesus, auch laisa (Schoss,
od. von air. loscad (bromen etc.) von der Mutterschoss, gremium) zusammenhängt u.
y ark (cf. Fick I, die y 2 ark) auch entweder dieselbe Bedtg. wie dieses laisus
ebensogut möglich, dass das obige liskan, hat, od. einen Theil des Mutterschosses, bz.
lask etc. zu derselben ]/ rag gehört, tvozu ein Etwas, loas sielt am Schosse befindet u.
ausser (cf. Grassmann, Spalte 1134) ved. 45 7mt demselben zusammenhängt, bezeichnet.
rajani (Nacht od. das Dunkle), räjas (dunk- 2. leste, lest, Leisten od. dem Fasse nach-
ler Raum) auch goth. riqisa (Finsterniss etc., gebildete hölzerne Form, tvonach u. worüber
cf. Fick I, 738 das Thema ragas, Dust, der Schulimacher die Schuhe u. Stiefel ar-
Dunkel, bz. das Dunkle etc. u. III, 253 das leitet, od. auch Form, ^vorüber die Strümpfe
Thema rekvisa) etc. gehört u. dass darnach 50 gesogen tverden u. überhaupt : Form, Muster
liskan od. leskan urspr. die Bedtg.: Nacht etc. — Bedensarten u. Sprichw.: he haud 't
od. dunkel u. finster werden od. Nacht, all' afer en lest; — he settd de buk up de
Dunkelheit u. Finsterniss erzeugen hatte. lest (schlägt sich den Bauch so voll, dass
Die Form ragas würde eine germ. Form er gespannt ist) ; — schomaker blif bi de
lakas, contrah. laks, ergeben, welche leicht 55 lest. — Nd. lesten ; jhhcZ. leste; nid., mnld.,
zu lask umgesetzt werden könnte. mfläm. lest ; nfries. (To hans e n) least ; ahd.,
lesse od. less, les, Lection, Aufgabe, Text, mhd. leist (Leisten, calopodium) ; ags. laest,
Vorschrift, mündliche Lesung od. Bede als last, least (Fussspur, Fussstajjfc, Schuster-
Büge od. zur Ermahnung, Warnung u. Be- leisten od. nach Fick 111,272: Wegspur,
lehrung etc.; — he hed sin lesse net kunt; GO Spur, Gang); aengl.\a.e?,i;engl.\Ast (Schuster-
ei*
LESTEN LEISTEN 500 LETTER
leisten): goth. laists ('5/)Mr, vestigium) ; an. V i e r t e J s - Bauernhof. — Formell gleich
leistr (solea, crepida) ; isl. leystr (solea, mit l \et wird es wohl zu \Aten in der Bedfg. :
soccus) ; Horjo. leist; schwed. Mist; </rt«. laest über- od. übrig lassen, als Best lassen etc.
(Leisten). — Es bezeichnet urs2}r. die Spur gehören, so dass es urspr. einen Best od.
od. den Eindruck u. Abdruck (u. so auch 5 Theil eines Ganzen bedeutete. — Was Stb g.
die Form), den der gehende Fuss macht, dazu anführt, stimmt formell durchaus nicht
od. überhaupt eine Spur od. Fährte, die dazu. Ob dies Wort in dieser Bedtg. sonst
ein Etwas im Gehen od. Fahren macht u. noch vorkömmt?
zurücklässt u. gehört mit ahd. leisa (Geleise, iPtiil, ,s". laiiii.
Furche,Wagrnsi)ur etc.) zu demselben Stamm- 10 letse, letscl, dlinderniss, Nachtheil etc. ;
verb. goth. leisan, lais etc., worüber das — ik liebb' d'r gea letsol fan. — Nid., mnld.,
Weitere unter 3 loreii zu vergleichen ist. mnd. letsel (impeilinientuni, nocmiiontum,
leslen, leisten, leisten, jiriistiren, gewäh- ilamimm etc.). — Zu letten, cf. k't.
ren etc.; — hö kan net t'Öl lesten; — hö lettoii, a) aufhalten, abhalten, zurück-
kan 't wol loisteii, dat he föl gold ütgift ; 15 hallen, hemmen, hindern etc.; — wen du
— folge od. gohorsäin, — densten (Dienste), um biiskui» goist, deu must du di under-
— hüipc etc. lesteu; — he lestd (od. leistd) wegens nargends Jetten; — dat lettd mi nich,
1111 goselskup. — 3Ind. lesten, leisten ; mnld., um dat to d(m ; — b) sich aufhalten, stehen
mjläm. leysten, leesten ; afries. lesta, lästa ; bleiben, zurückbleiben, ivarten, stehen bleiben
nfries. (Öutzen) laste, lesta, lasta; dithm. 20 ». warten in u. mit der Absicht, um Etwas
lesten; wang. lestje; ags. laestan (observare, zu sehen od. zu hören, zu vernehmen, einem
sequi, praestaie etc.); aengl. laesten ; engl. Etwas zu lauschen etc, sich betrachtend
last (aber mit verschiedener, theils aus dem wobei aufhalten , betrachtend warten auf
ags. schon sich herleitender Bedtg., wie z. B.: Eticas, merken, hören, lauschen, achten auf
dauern, anhalten etc.) ; as. lestjan (sequi, 25 Etwas etc. ; — lett' afen 'n ogeublik (bleib
e.xsequi) ; ahtl., mhd. leisten (leisten, voll- eben einen Augenblick stehen, ivarte eben
ziehen); goth. \Aistyä,n (folgen, verfolgen, nach- einen Augenblick), wat dat wol is, od. wat
gehen, nachtreten). — Zu ahd. leist, goth. dar wol kumd, — wat se wol don etc. ; —
laists etc. (,s\ unter 2 leste) u. urspr. soviel he lettd (wartet od. auch: hi'>rt, lauscht,
als: dieselbe Spur machen, bz. ein schon vor- .SO achtet, merket etc.) d'r up, wat ik hum to
handenes Geleise, od. eine schon vorhandene seggen hebb'; — he wil net up min worden
Spur noch einmal machen od. in dieselbe letteu (er loill nicht auf meine Worte hören
Spur etc. treten u. darin toeiter gehen, eines od. achten etc.); — daher: uplettend (auf-
Jemandes Spur betreten ti. folgen (ihm fol- wartend, aufmerkend, aufmerksam etc.) etc.
gen od. Folge leisten, ihm gehorsamen u. 35 — Compos.: beletteu (behindern etc.); —
seinem Willen u. seinen Wünschen ent- ferletten (verspäten, versäumen, aufhalten
sprechen etc.) etc., wie in ähnlicher Weise etc.). — Nid. letteu (aufhalten, zögern, war-
auch ahd. spurjan als Fortbildung von spur ten ; gegenhalten, hindern ; schädigen, ver-
(Spur od. Fährte) aus der sinnl. Bedtg.: letzen etc.; achtgeben, aufmerken); mnld.,
der Spur od. Fährte nachgehen u. sie ver- 40 nd., mnd. letten ; afries., satl. letta ; wfries.,
folgen etc. die Jetzigen Bedtgn. des davon nfries. letten (theils in derselben u. theils
abstammenden nhd. sj)üren (cf. spören) nur in einzelnen der obigen Bedtgn.); as.
entwickelte. lottjan; ags. lettan ; aengl. letten; engl. let;
lesten, letzten, Letzten; — lestens, letz- an. letja; norw. letja; schwed. lätjas; ahd.
tens, letzthin etc.; — he kwam lestens (od. 45 lezjan, lezzan, lezzen ; mhd. lezzen, letzen,
anderlestens) insen un frög mi, cf ik hum hemmen, aufhalten, verhindern, hintertreiben,
mit wat geld lielpon kunu'. zurückbleibend machen, endigen; schädigen,
let od. lett, Aufenthalt, Säumniss, Zöge- beschädigen, verletzen; zurück od. wieder,
rung, Behinderung, Störung etc.; — daher wiederum etc. (re) machen u. thun od. geben,
sagt man von einem lästigen u. zehrenden 50 erwidern, vergelten ; im guten Sinn vergelten
Gaste: 't git't man letten (Säumnisse od. u. gut machen od. gut tliun, sich od. einem
Versäumnisse, Behinderungen u. Störungen Andern gut u. gütlich thun, sich od. einen
etc.) uu setten (Aufsetzen von Speisen m. Andern letzen, bz. erfreuen, laben u. er-
Getränken od. Poniren, Tractiren etc.) un quicken etc. — letjan od. lezjan steht für
anders niks. — Daher holet, ferlet etc. — 55 urspr. lat- od. lazjau (cf. nhd. kleck en =
Zu letten; — cf. nid., mnld. let, lette (im- ah'l. klacjau unter klakken) u. ist ident,
pcdimentum etc.); engl, let, letgame etc. u. mit goth. latjan (lass machen, tardare, re-
Letze bei Weigand. tardare etc.) als Weiterbildung von Isit, ahd.
1. let, lie.'is ; cf. laten. laz, afries. let etc., cf. lät.
2. let, ein Drei- od. auch icohl ein Ein- GO letter, iMter, Buchstabe, Schriftzeichen
LETTER-DOK
501
LEVERKE
etc. ; — he kend nog gen letters ; — he kan
nog gen letter sclirifen ; — he Ict gen letter
fan sük hören of sen. — Aus lat. litera,
von liuo, livi, litum, linere (schöneren, be-
schmieren, bestreichen, überziehen etc.), cf.
lern, lim, linje etc.
letter-dök, Tuch od. Lappen, ivorin An-
fängerinnen im lettern zuerst die letters od.
Buchstaben hineinsticlcen , bz. tcoran sie
ihre Versuche zum Erlernen der Buchstaben-
Stickerei machen u. icas sonach für sie eine
Art kladde ist.
lettere, Aufhalterei od. Aufenthalt, Ver-
sögerung etc. ; — Avi hebben dar in 't holt
bi 't iipladen fan de bomen wat föl lettere
had, darum kamen avi wat later to hüs, as
wi dogt hebben.
lettern, Lettern od. Buchstaben zeichnen
ti. sticken, mit Lettern bezeichnen u. merken
etc. ; — de hemde od. taskendoken etc. sunt
ua de neister hen, um letterd to worden ;
— de neie sakken rautten erst letterd wor-
den, er se in gebrük namen worden.
len, s. 4 lel.
leuwagen, s. leiwagen.
levelk, s. leflik, lefelk.
leven, s. läfen u. s. lefen.
lever, s. lefer.
1. leverke, lewerke (Neutr.), Lerche. —
Sprichiv. : de junge is ferdwalen, as de le-
verkes in de beide ; — dat geid d'r mit as
mit de leverkes ; in en nagt fet un mager ;
— stigt 't leverke bog in de lücht un singd
't dar lank, den gift moi un fast wer ; —
wen 't leverke för lechtmes singt, mut 't na
lechtmes pipen. — Nd. (Br. Wb.) leverke,
lewerk, (D ahne r t) lewark, (Seh a m bach)
lerke, lereke ; mnd. lewerike, lewerke ; nid.
leeuwerik, leeuwrik, leeuwerk, leeurik ; mnld.
(KU.) leeuwercke, leewerick, lewerick, lau-
werick, lewerck, lereke; wfries. (Jap ix)
Ij uerck ; nfries. (J oh an sen, 138) läsk,
lörki ; mofries. (C a d. 31 ü Her) letzke ; ags.
läverce, läerce ; aengl. laveroc, larke ; engl.
lark ; norm, lerka ; schwed. lärka ; dein, lärke ;
ahd. lerahhä , lerachä , lerehhä , lerihhä,
lerichä, lerchä ; omÄc?. lewerch; m/td leriche,
lerche. — Nach ags. läverce ist die Vorsglbe
ahd. 1er od. lera des ahd. ler-abha ans
lewer, leiwer od. lewara, leiwara (goth. laivar
od. laivari) contrah. u. lewer od. lewara
selbst eine ähnliche Fortbildung eines ein-
fachen Stammes lew (goth. laiv) loie ahd.
lewari, leiri; amhd. lewer (agger, tumulus)
von ahd. hl6o, leo, goth. hlaiv, ags. hlaev,
hläv (Grabhügel, Grabdenkmal, tumulus etc.),
sodass man für ahd. lerahhä eine volle äl-
tere Form lewarahhä (goth. laivarahä od.
laivaraka, ags. läveraca od. läveroca [cf.
aengl. laveroc], as. leveraka) anzusetzen
haben ivird. Wie für ahd. lewari von hleo,
so würde für lewar od. lewara in lewarahhä
zunächst ein ahd. Thema h'-o, goth. laiv etc.
u. nach dem von Fick für goth. hlaiv etc.
5 angesetzten Thema hleivo, soivic dem für
lat. levis (glatt) angesetzten Thema leivo
gleichfalls (cf. II, 221) ein Thema leivo od.
leiva u. demnach eine y li, urspr. ri od. ri
anzusetzen sein. Da nun aber die Lerche
10 einerseits beim Aufsteigen in die Jjüfte in
steter unruhig er Beivegung ist u. fort-
loährend die Flügel m. den Körper heftig
hin u. her bewegt, bz. auffallend starke
zitternde Beioegungen macht, an derer-
15 seits aber auch fortioälirend trillernd
singt, so ist es höchst loahr scheint., dass
dies für lewar od. lewara anzusetzende pri-
mitive Subst. : ahd. leo, goth. laiv etc., bz.
dessen Thema leivo mit lat. libräre (schwin-
20 gen, schwanken, fliegen etc.), goth. reiran
(zittern, beben, tremere), reiro (Zittern,
Beben, Erdbeben), skr. leläya, leliya (schivan-
ken, schaukeln, zittern), Iclayä (schwank, in
unruhiger Beivegung etc.) zu der (cf. Fick
25 I, 742) y ri, li (schivanken, hin u. her
gehen, sich hin u. her bewegen, schwingen,
schaukeln etc.) gehört. Ist dieses richtig,
so würde der vom Thema leo, hz. nrspr.
leivo od. leiva fortgebildete Stamm lewer od.
30 lewari, lewara von dem aus lewerahhä con-
trah. ahd. lerahhä urspr. entioeder die Bedtg. :
beberig, zitterig, trillerig, bz. bebend, zit-
ternd, trillernd, od. die von: Zitterer,
Triller er (soicohl in Bezug auf die un-
35 ruhigen u. zitternden Beioegungen, als auch
in Bezug auf das zitternde u. trillernde
Singen der Lerche) etc. gehabt haben können
u. demnach das Wort lerahhä (lewer-ahhä)
wörtl. ein Zitier- od. Triller -Wesen,
40 od. einen zitternden u. trillern den
Vogel bezeichnen. Eine ähnliche Bildung
ist auch hliuninga (Sperling od. Wesen was
piej^t, zwitschert etc.) von der y hlu, bz. Qru
(hören u. hören lassen), worüber Weiteres
45 unter lünink.
Zum Schlüsse sei wegen des für ahd. 1er,
bz. lewer, goth. laiver, ags. läver etc. ange-
setzten Themas: leo, goth. laiv, ags. läv,
bz. urspr. leivo noch bemerkt, dass hiezu
50 auch das wallon. livi, lauwi, in. cok-livi,
cok-louwi, franz. cochevis (Hauben-Lerche)
stimmt, da das livi ebenso wie livi in lat.
liuo (livi, litum, linere) auf eine ]/ li, ri
zurückweist, bz. selbst aus dem für leo,
55 lewer angesetzten Thema leivo ident. sein
kann.
2. leverke (scherzh. mit Anlehnung an
lef, bz. lever, lieber u. subst. Lieber), eine
kleine plattrunde Flasche od. ein Taschen-
60 Buddel, den man in die Tasche od. den
LKVER-LA
502
LICHT
Busen steckt, um denselben mit -Branntwein
od. Liqucur gefüllt auf Fusstouren u. licisen
zu gebrauchen; — kri^'' "t li-vcrko man
iifeii üt de taske mi lät uns inscn en ilrinkcn.
— Es cntsj)ric}U einem nhd. Li eber che»,
1)3. einem Ktwas, was man lieber hat od.
ein Liebchen /•>/, wie ja der Taschcn-
Buddcl od. die Schnajis- Flasche leider in
den nieder n Klassen des Volkes ein sehr
beliebter u. begehrter Gegenstand ist.
levcr-lä, s. löfer-lädc.
levos, Liebes; s. löfcs.
li, lind, sanft, sachte, milde, leise, unver-
merkt od. unbemerkbar, un spürbar etc.; —
hl' kau so li (sanft od. lind u. .schön) dön,
as 'n kalte ; — he is d'r so li (sachte od.
leise .schleichend u. schlau, unmerkbar) bi
dön, dat d'r gin minsk wat fan hörd, spörd,
of markd ; — dat is man gans li-lütjet od.
li'-li-lütjot (das ist ganz besonders unspürbar
klein, od. so klein, dass man nur mit grosser
Mühe Etwas davon merken od. spüren kann).
— Es ist wahrschcinl. aus as. lidhi, lithi
(lind, sanft etc., cf. lind, linde) gekürzt, wie
lä aus lade, lü od. lue aus lüde etc., cf.
auch lir-lütjo.
libhe, libber, libbcrig, libsk, fade, ge-
schmacklos, widerlich, übermässig unange-
nehm, ekelhaft, schmierig, klebrig etc.: —
dat is od. sraekd so lii)borig (fade, flau,
nicht kräftig, süsslich, weichlich etc., bz. so,
dass es Einem widersteht u. widerlich ist
etc.) ; — libsk äten (eine fade geschmacklose
xoiderliche Speise); — libb-söt (widerlich u.
übermässig süss, unangenehm süss, schmierig
u. klebrig süss, z. B. von Syrup, Honig
etc.) ; — dat is so 'n lil)berigen kräni (fader
süsslicher, abgestandener widerlicher Kram,
bz. fades süssliches etc. Zeug). — Nd. (D ah-
ne rt) libberig (widerlich süss), (Br. Wb.
in, 39; Schütze III, 30) libberig, libber
(klebrig, iciderlich zu gemessen, klebrig süss,
süss u. tviderlich) ; libberhaftig, libbersöte
(eben dasselbe). — cf. bei Dähnert u.
Dan n eil labberig (loeichlich , unkräftig,
fade, kraftlos, widerlich), sowie (las folgende. ■
lib-lab, lib-labbere od. lif-laf, lif-laffere,
fades, mattes schlaffes unkräftiges, geschmack-
loses, süssliches widerliches Zeug überhaupt,
z. B. fades geschmackloses, schlaffes, weich-
liches, süssliches od. dünnes wässriges Essen ;
— süssliche unkräftige Näscherei für Kin-
der; — fades, leeres od. süssliches Geschwätz
etc. — Nid. Wüwf (unschmackhaft, geschmack-
los, schal, fade; fades geschmackloses od.
abgeschmacktes dummes albernes Zeug, Mär-
chen, Narrheiten, Possen; fade geschmack-
lose Spci.se); — liflaffen (auf fade alberne
närrische od. widerliche Weise liebkosen) ;
— liflafferij (fade schale unschmackhafte
Sjieise; fades schales albernes leeres Gerede;
fade Liebkosungen etc.). — lib u. lif sind
Ablaute von lab u. laf u. ist das Weitere
unter labbckak u. laf zu vergleichen.
5 lii-ham, liclipiu (dat), Leichnam, d.h. der
Körper (gleichviel ob lebend od. todt) od.
ganze Leib, im Gegensatz zur Seele od. zum
Geiste, bestehend aus dem seine Gestalt od.
Figur bildenden u. bedingenden Knochen-
IQ gerüste u. seinem fleischlichen Kleide od.
seiner aus Fleisch m. Haut bestehenden
Knochenbedeckung ; — min licliäm deid mi
fan alle kanten so ser, dat ik bei net wet,
wo ik wol li.u^gen schal ; — ik hebb' dat
15 ganse licbäm ful bülen un drillen; — he is
afer sin ganze licluun bunt ; — min licliäm
word swak, he schal wol net lank inür mit-
gän ; — as se sin liebem dar funden, do
was 't lilfen d'r al üt; — stark fan lichäm,
20 man swak fan gest. — Nid. ligchaam ; mnld.
lichaem (Körper im weitesten u. allgemeinsten
Sinn); nd. licham ; ynnd. licham, likam, lich-
nam ; afries. likkoma, lichama, likma ; tvfries.
(J api.v) liebem, licheme; as. likhamo; ags.
25 lichoma, lichama ; aengl. lichame , licame,
licome, lichome; an. likami, likamr; norw.
likam; schwed. lekamen ; dän. legeme; aJid.
lihhamo, licliamo ; »(/jf^. lichame, licham u.
ahd. lichinamo, lihnamo; ynhd. lichname,
30 liclinam. — Es ist zusammengesetzt aus as.
lik; ags. Iic; afries. lik; gotfi.lelk; ahd. \ih
(KiJrper, Leib, Fleisch, Leiche, od. eigentl.
die äussere sichtbare u. wahrnehmbare Ge-
stalt u. Form von Etwas, bz. dasjenige, ivas
35 aussieht loic ein Etwas u. dem Auge gegen-
ständlich ist od. in die Erscheinung tritt
etc., cf. liko) u. dem alten hämo (Kleid,
Hülle, Decke, Haut etc., s. unter 2 ham),
.sof/as.s lik-hamo loörtl. das Fleisch-Kleid
40 od. das Kleid u. die Hülle des Leibes, bz.
das Kleid der sichtbaren Gestalt u. Form
von Etwas (das fleischliche Kleid der Seele
od. die sichtbare fleischliche Hülle, im Gegen-
satz zur unsichtbaren Seele od. zum Geiste)
45 bezeichnet.
1. licht, licht; — s. das gebräuchlichere
lecht u. für das Subst. Licht gebrauchte
lücht.
2. licht od. li^t (lichter, ligter; lichteste,
50 ligteste, lichtste etc.), leicht, nicht schwer,
unschiver etc. ; leicht od. leichtfertig etc. ;
— he is so licht as 'n fere (Feder) ; — he
lüpt ligt; — foren un dünen sunt licht
(Federn «. Daunen sind leicht, wiegen od.
55 drücken loenig od. gar nicht etc); — dat
brod is to ligt; — dat kan 'k licht (un-
schwer, ohne grosse Mühe od. Kraftanstren-
gung etc.) dön ; — ligt äten (leicht verdau-
liche Speise); — he denkt d'r wat licht afer,
GO bz. he gi>id d'r wat licht afer weg ; — licht
LICHT 503 LICHTEN
d'r an uu licht d'r fan ; — dat ferdarft net die Luft Erhehcnde soioohl als: flüchtig,
ligt ; — h(j geid d'r ligt (od. mit 'n ligtcn fliegend, od. sich leicht hebend, leicht in die
mod) up an ; — he is all' sin liifen wat ligt Luft schnellend etc., ivie als leicht od. leicht
(leichtlebig, leichtsinnig, leicJitfertig etc.) west, wiegend, unschwer etc. bezeichnet.
darnm wundert mi 't 6k net, dat ho sük nu 5 lichten, licht od. hell machen; — cf. in-
up 't older nog so siegt gedragt un so 'n lichten etc. — Zu licht, bz. lecht.
ligt liifen f8rd. — Nd.,mnd. licht; nid. ligt:, 1. lichten od. listen, leicht machen, er-
mnld. (KU.) licht, leycht (levis, facilis) ; leichtern, Last u. Bürde nehmen, entlasten
afries. licht, liucht ; ufries. licht; ags. leoht, etc.; — dat schip mut lichtd worden (theil-
leht, liht; aengl. lihte; engl, light; ahd. 10 tveise entlöscht u. erleichtert werden, damit
lihti, liht u. liehte ; mhd. lihte ; goth. leihts ; es nicht so tief im Wasser liegt) ; 't geid to
an. lettr ; norw. lett, litt, Ijett ; schtved. lätt ; dep, as dat 't hir so binnen kamen kan ; —
dän. let. — Nach Fiele (III, 264) steht min dogter ligtd mi in de hüsholding al
lihti für linhti od. linhta (cf. as. iTdhi, lithi 'n hele büdel of (nimmt mir schon viele
für lindhi, von linnan, lan, cf. lind) u. ge- 15 Arbeit ab u. macht es mir dadurch leichter).
hört es mit lang u. ags. Inngre (rasch etc., — Sprichw. : man mut to lichten un to
cf. lunge etc.) zu germ. lang (springen, vor- swaren weten (den Umständen Bechnung zu
wärts kommen, gelingen), loie lit. lengvas, tragen wissen). — Nd. lichten ; nid. ligten ;
/ts/aw. ligükü etc., sZ-t. laghu (leicht) zu skr. ahd. lihtjan, lihtan. lihten; afries. lichta;
langh, lagh (springen, eilen etc.), deren 20 ligta ; ags. leohten; an. letta etc.
ältere Form raügh, ragh (skr. ranh, he- 2. lichten od. ligten, heben, in die Höhe
schleunigen, beeilen, bz. eilen, dahinschiessen, heben etc. ; — bomen iit de gruud lichten ;
rasch laufen od. fliessen, wovon raghu, rasch — he lichtd sük up ; — he lichtd hura to
u. schnell dahinschiessend, leicht beiveglich, 't bedde hernt; — 't anker lichten; — 't
eilend, fliegend etc.) eine Versetzung der aus 25 rör lichten (das Buder heben, bz. ausheben,
ar (sich bewegen, sich regen, sich erheben, aushängen etc.). — Nd. (Dähnert) lichten
gehen, laufen, rennen, eilen etc., cf. arend, Jt. lüchten (cf. daselbst auch: lichter, lüchter
är, Aar, Adler) erweiterten }/ argh (sich = unserm 2 lichter) ; mnd. luchten u. lichten ;
stark od. rasch u. heftig bewegen, dahin nid. ligten ; mnld. lichten. — Comp)os. : up-
schiessen od. fliegen etc.) ist u. wobei ich 30 lichten, ütlichten, oflichten, aferlichten etc.
für das von Fi c k für ahd. lihti etc. ange- — Dieses lichten (u. fälschlich auch hier
setzte Thema lenhta lieber eine Grdform wie nid. ligten geschrieben u. auch oft damit
ranghita, raghita (später langhita, laghita, vermengt, bz. oft gar nicht davon zu unter-
verdumpft lenghita, leghita, contrah. lenghta, scheiden, tvelches um so erklärbarer ist, als
leghta od. leghta, leighta [goth. leihti, ahd. 35 atich levare von levh neben leicht machen
lihti für leighti, lighti], dessen urspr. „t" die von heben hat) hat mit dem ersten
sich ebensogut erhalten konnte, wie in vielen lichten u. mit licht (leicht) nichts gemein,
sonstigen goth. - germ. Wörtern) ansetzen sondern ist mit Uebergang von f in ch (xvie
möchte, du sich hieraus (die Form u. die bei lücht, Luft — kracht, Kraft etc.) aus
Bedtg. von goth. leihts, ahd. lihti etc. lassen 40 liften etc. entstanden (cf. diescrhalb auch
sich doch nur schiver direct von dem Stamm- das im Br. nd. Wb. III, 62 angeführte,
verb. lingan, von gilingan, nhd. gelingen aus lufta, luchta gekürzte u. jedenfalls zu
ableiten) die germ. Formen von nhd. l eicht luftan, luchtan, heben, tragen, halten etc.
sehr gut ergeben konnten. Was nun aber gehörende lucht, luft) u. eins mit engl, lift;
die Grdbedtg. von unserm leicht soivohl 45 schwed., norio. lyf ta ; an. lypta, lyfta ; dän.
als von skr. laghu u. dem daraus entstan- löfte ; nhd. lüften; mhd. lüften, lüften (in
denen lit. lengvas (leicht) etc. betrifft, so die Luft heben, vom Boden in die Höhe
glaube ich, dass diese auf der Bedtg.: sich heben) als Weiterbildung von Luft (cf.
rasch, eilig u. leicht bewegen, fliegen etc. 1 lücht) u. heisst ivörtl. soviel als Luft od.
od. zum Theil auch auf die urspr. von: 50 Baum etc. machen zivischen einem Etwas
sich erheben etc. der ]/ rangh, ragh, bz. u. dem Boden. Wegen Uebergang des u od.
langh, lagh beruht, da man beim Fliegen ü in i vergl. nhd. Licht = unserm 2 lücht
von Etwas soivohl als beim sich Erheben u. das folgende :
von Etwas in die Luft unwillkürlich an 3. lichten (auch fälschlich Wgteu geschrie-
die Eigenschaft leicht desjenigen, was 55 ben od. gesprochen); jiur in inUchten, Licht
fliegt u. sich in die Lüfte erhebt (Federn, machen od. Licht u. Klarheit in Etwas
Daunen, Vögel etc. fliegen u. erheben sich bringen etc. (von licht = lecht u. 2 lücht).
vom Boden in die Luft, iveil sie sehr leicht Vergl. indessen das folgende :
od. verhältnissmässig leicht sind) denkt u. 4. lichten (gleichfalls auch fälschlich
somit das Fliegende u. sich vom Boden in 60 ligten ?) ; — 't flas (Flachs) ütlichten (den
LICHTER
504
LID
Flachs, hz. die jungen Flachspflanzen durch
theilweises Ausroden od. Ausrujifen etwas
ausdünnen, um den andern Vflanzen mehr
Licht u. JAift zu geben, damit sie besser
icachfen können); — de plunton nuittou wat
ütlichtil (ausgedünnt od. ausgezupft) wonloii,
ilivt s("' wut diinnor to stüii kamen un lu'ti'r
wasseii un di-jon kuneii ; — de bönii'H mutton
wat iitlichtd (ausgedünnt, d. h. die zu dicht
stehenden theihveise loeggenommen u. heraus-
gehoben u. ausgerodet — od. die zu dicht
gewachsenen u. zu viel Zweige u. Holz ha-
benden durch Aus- od. Wegschneiden der
Zweige ausgelüftet etc ) worden, dat so wat
dünner to stän kamen, bz. wat mer lacht
(Licht u. Luft, bz. Baum etc.) krigen. —
Woher dieses Wort u. ivomit ident., ist
schwer zu entscheiden, da es sowohl mit
2 lichten in der Bedtg. : heben (herausheben,
herausnehmen), bz. mit lüften (Luft machen),
als mit 3 lichten (Licht machen , bz. so
machen, dass Licht u. Sonne dazwischen
scheinoi kann), so tvie ferner auch mit dem
von We ig a n d aufgestellten 4tcn lichten
(rupfen, zupfen), auslicliten (ausrupfen, z. B.
Flachs) ident. sein u. wie dieses aus Hech-
ten, älter lühten (abstammend von lieclien,
liuchcn etc., cf li'iken) entstanden sein kann.
1. licliter od. Vi^tev (Compar.), leichter.
2. lichter od. li^ter, Leichter; — a) ein
kleines Schiff zum lichten (cf. 2 lichten) od.
theilweisen J'Jntlöschen od. Erleichtern eines
Seeschiffes, Leichter-Schiff' ; — de lichter is
na hüten hon, um 'u del fan de ladunü; üt
't scliip to halen; — b) eine zum Lichten
od. Heben fc/. 2 lichten) dienende Bettquaste.
lieht-, licht-ferdig (leichtfertig) , leicht,
mit leichter Mühe; — dat kind löpt regt
ligtferdig; — dat kan 'k ligtferdig dön.
lichtjes od. ligtjes, sehr leicht, durchaus
nicht schwer, mit sehr geringer Mühe. —
Dimin. von licht wie lösjes von lös, —
sachtjes von sachte etc.
Hellt-, li^t-löfi^, leichtgläubig.
\. lid od. lit, lith (Flur, lüden 0(7. laden),
Glied, Mitglied, Theil, Gelenk etc. ; — dat
forste (erste, vorderste) lid (Glied, Gelenk
od. Stück, Theil, Ende etc.) fan de finger;
— elke finger besteid üt dre laden ; — all'
min lüden dön mi siir ; — he snid sük in 't
lid (in das Gelenk, od. die Bewegungs-, bz.
Verbindungsstelle zwischen zwei Glieder) ;
— de arm is üt 't lid (der Arm ist aus
dem Gelenk, bz. aus dem Gelenkknochen der
Schulter) ; — de arm is net in 't lid (im
Gelenk zwischen Hand u. Arm, bz. zwischen
dem Unter- u. Ober-Arm etc.) braken ; —
fan lid to lid (von Glied als Einzeltheil des
Armes, Beines, Fingers etc. zu Glied, bz.
von Mitglied eines Vereins etc, zu einem
andern Mitglied); — dat lernt fan 't mest
is in 't lid ofbrakou (die Klinge des Messers
ist im Gelenk, bz. i)i der Stelle, ico die
Klinge in dem Griff' befestigt ist u. ivo die
5 Bcwegungsstellc der in den Griff' od. dem
Heft des 3Iessers einschlagenden Klinge sich
befindet, gebrochen) ; — de kette hed man
fine lüden (die Kette hat nur feine Glieder,
besteht nur aus feinen Gliedern od. inein-
10 ander gebogenen od. zusammengcsclimiedeten
Bingen) ; — he is gön lid fan unse gemente
etc. — Die Compos. s. weiter unten. —
Nid. lid; mnld. lid, led h. lit, Ict (membrum,
artus ; articulus, commissura, com])ago, junc-
15 tura, nodus); nd. lid, led; mnd. lit, let, lid,
led; afries. lith, lid, leth, led: ivfries. (Plur.
von lid, bz. led, cf.Japi.r) Ijea, Ij can s^a/<
Ijeada, Ijeadan, wie auch unser lüden od. lüden
«. nid. leden auf die Form led zurückgehen ;
20 nfries. leth, led u. lass od. (nach J oha n s e n)
las; satl. lid; wang. lith; hclg. lit; as. lith,
lidli, lid; ags. lidh, litii; aoigl. lidh, lith;
engl, lith; an. lidhr (dasselbe n. auch:
Wa r z e aus der Bedtg. : nodus fd. i. gnodus,
25 von godh, cf. gaden], bz. in der von Knoten
od. von Knöchel als Gelenkknochen, als der
Verbindungsstelle zwischen zwei Glieden od.
Gliedern, weil da auch immer Knoten od.
Verdickungen, bz. Knöchel si)id) : norw.\\i\.;
30 schwed., dän. led; ahd. lid, lith, lidh; mhd.
lit (Glied, Gelenk; Theil, Stück); goth.
lithus (mombrum). — Es bezeichnet einer-
seits ein g ehendcs «. bewegliches Etwas
u. andererseits ein von einem andern Etwas
35 sich entfernendes u. abtrennendes
(od. abgetrenntes, für sich allein seiendes,
privates, einzelnes) Etwas u. gehört daher
dieses Wort mit ahd. lidan (gelten, weggehen,
sich entfernen u. trennen von einander etc.,
40 cf. liden) wohl nur zu demselben Thema od.
derselben Wurzel, da es formell sich von
diesem nicht ableiten lässt.
2. lid od. lit, litli, Deckel, Verschluss,
Thür ; — 't lid fan 'n kan, pot etc. od. fan
45 't öge ; — 't lid fan de äfend (der Ver.schluss
od. die Thür des Ofens); — Compos.: pot-,
kros-, ogenlid etc. (Topf-, Krug-, Augen-
Deckel od. das, ivomit man den Topf, Krug
od. das Auge zudeckt u. verschliesst). —
50 Flur, lüden, lüden ; — Compos. : ögen-läden
(Augen-Lider). — Sprichw.: de de leste
clrüp üt de kannc hebben wil, krigt 't lid
(od. de deksel) up de nose. — Nd. lid ;
mnd. lit, let, lid, led; nid. lid; afries. hlid,
55 lid ; ags. lid ; aengl. hlid, lid (Deckel, Thür) ;
engl, lid (Deckel); an. hlidh (Oeffnung,
Zwischenraum, Thor, Gatterthor); norw.
lid; dän. led (Zaunthür); ahd. lid, litli, lit
(Deckel, ojicrculum) ; nhd. lied, lid (kleine
60 Thür am Ofen; Deckel, cf. Augen-Lied,
LIDEN
505
LIDERLIK
Plur. Lider). — Es ist zweifellos mit as.
lilulan, lilC'd, hlidun in den Compos.: ii-hlidan
(sich mifdecken, sich tvec/heben, sich ent-
fernen), — ant-hlidan (sich aufthiin, sich
öß'nen od. aufschliesscn), — bi-h!idaii (be-
decken, überdecken, be- od. ein-sclüiessen) ;
rt/7,s' hlidan, hläd, hlidoii (bedecken, einschlies-
sen), Compos. : behlidau (bedecken), — on-
hlidan (aufmachen, öffnen), — tolilidan (zer-
springen, bersten, auseinandergehen, gähnen,
klaffen, spalten) ; aengl. liliden (bedecken,
schliesscn) ; afries. hlidia (schliessen, zu-
schliessen) unmittelbar verwandt, loobeiioegen
der Bedtg. : Oeff'nung etc. des a)i. hlid daran
erinnert sei, dass auch Thüren u. Fenster
zugleich Verschlüsse u. Oeffnungen sind u.
dass auch unser lok (Loch) urspr. die Bedtg. :
Verschluss etc. hat, bz. dass dies mit unserm
lüke (Verschluss, Klappe etc. u. Oeff'nung
im Boden) zu einem u. demselben alten
Verb, gehört. — Nach Fick (III, 88) ge-
hört es mit lehnen. Lehne etc. (cf. liinen)
zu derselben gerin. y hli, wonach mcm denn
toohl annehmen muss, dass die davon er-
weiterte y hlid (decken, schliessen) urspr.
die Bedtg. (ein Etwas, z. B. ein Brett)
lehne n (od. stellen u. setzen) an u. auf
od. vor Etwas, um es zu bedecken ti. zu
schliessen hatte.
1. lideii (lide, lidst, lidt etc. ; — led, Icdst,
löd etc. ; — lüden), leiden, erfahren, erleben,
erdulden, ertragen, aushalten, ausstehen,
dulden, zugeben, gestatten etc. ; — lie licd
al föl ungemak laden (er hat schon viel Un-
gemach gelitten od. erfahren, ausgestanden,
erduldet, ertragen etc., bz. ihm ist schon
viel Ungemach begegnet u. passirt etc.) ; —
de unschuldige mut föl Tiden ; — he lidt föl
pui ; — he mut d'r altid ander liden ; —
he kan 't hast net Iklen, dat de sünne in
't water sclund; — äten wat man mag un
liden wat man kan ; — wat brükst du dat
liden, dat he dat wegnimd? — dat kan ik
gern liden, dat he mit uns färd; — dat
harr' net fol mer liden kunt, of \yi harren
in 't dep lägen ; — dat kan gen pralen mit
hum liden; — dat kan 't fan middag wol
liden, dat wi 'n glas win drinken; — min
geldbül wil 't net liden, dat ik alle afend
hengä to her drinken ; — 't wer hed 't net
laden, dat wi kwemen ; — de wagen kan 't
net liden, dat d'r mer as dre last upladen
word ; — ik kan od. mag hum hei net liden;
— dat göd mag 'k net liden, dat is mt to
bunt; — ik kun 't wicht wol hast upfräten,
so gern ma^g ik hör Tiden. — Die jetzige
Bedtg. von liden, nhd. leiden entstand aus
erfahren, erleben u. bezeichnet Lei-
den das Erfahr ene od. Erlebte, bz.
das was man auf dem Lebenswege od. auf
der irdischen Wanderschaft erfährt od. was
Einem auf demselben begegnet u. widerfährt.
Die urspr. Bedtg. von liden ist aber: sich
bewegen, gehen etc. u. ist dasselbe ident. mit
6 golh. leitiian, laith, lithura, lithans (gehen,
fahren, wandern) ; as. lithan, lidhan, leth
etc. (gehen, fahren, wandern, einen Weg
begehen, od. befahren ; ^ ausgehen, weggehen,
vergehen) ; ahd. lidan, liden, lidin; mhd. liden,
10 Präter. leid, leit etc. (gehen, fahren, iveg-
gehen, vergehen, dahinschwinden, verderben;
erfahren, erleben; Widerstand u. Trübsal
etc. erfahren, leiden ; erdulden, ertragen etc.) ;
ags. lidhan, ladh etc. (gehen, fallen, wan-
15 dem, reisen) ; aengl. lidhen; an. Tidha, Präter.
leidh (gehen, tveggehen, vergehen, verlaufen,
dahinschiüinden) ; norw. lida, lia, lie ; schwed.
lida; dän. lide; afries. litha, lida; %vfries.
lyen, lye (leiden); anld. lydeu (gehen, fahren;
20 leiden) ; nid. lijden (leiden, dulden etc.) ; mnd.
liden (gehen, vorübergehen, vergehen) u.
liden, leiden (leiden, erdulden, ertragen, aus-
halten, ausstehen, dulden, zugeben, gestatten
etc.); nd. liden (leiden etc.). — Die j/ lith,
25 lidh, lid (Grdform rith, rit), wozu auch 1 lid
gehört, ist von Hause aus dieselbe wie die
allgemeine Bewegungsiourzel rit, von riden,
rc eiche wohl (cf. Bopp, Gloss. comp, 21, h)
mit art, rt, rit (ire etc.) ident. ist u. ebenso wie
30 ardh, rdh, ridh (prosperiren, fördern, ge-
deihen) auf die ~y ar, ri zurückgeht ti. viel-
leicht aus arti, rti, riti (Gang, Bewegung,
Weg) od. aus arta, rta ((lern Partie, von ar
u. hier in der Bedtg. : bewegend, gehend etc.)
35 entstand, wie auch arth (cf. Bopp, Benfey
etc.) ein Denomin. von artlia (ar-tha, ri-tha)
ist.
2. liden, Leiden, bz. das, was Einer (na-
mentlich an Ungemach u. Schmerzen etc.)
40 zu leiden od. zu erfahren, auszustehen, zu
erdulden u. zu tragen hat od. was Einer
leidet u. aussteht etc.; — he hed 'n lank
liden had ; — 't is jo 'n liden mit hum ; man
kan 't hei net langer mit ansen.
45 lider, Leider, Person, die leidet od. viel
Ungemach u. Schmerzen etc. erfährt od.
aussteht etc., ein Elender, Unglücklicher,
Kranker, Leidender etc. ; — 't is 'n arbarm-
likeu olden armen lider.
50 lidei'lik, liederlich, elend, schlecht, schlimm,
böse, abscheulich, fürchterlich, gemein, lüder-
lich, verschwenderisch, bz. verkommen, ab-
gerissen, zerlumpt etc. ; — he geid liderlik
(gemein u. schlecht, bz. abscheulich etc.) mit
55 sin kinder um od. he behandelt sin kinder
liderlik ; — 't is fan dage liderlik (od. lelk)
wer (Wetter) ; — dat störmde fan nagt nu
gans liderlik (schlimm od. fürchterlich) ; —
'n liderliken kram (ein elender od. schlechter
60 Kram od. eine elende, schlechte, gemeine.
LIDERT,IK
506
LIDERLIK
armselige, bz. schlechte, schmidziije, ahschcn-
liche Geschichte) ; — bi' giin.u trans liJorlik
to kör 0(1. tu"' iiiök 'ii liilorliken spcktakel ;
— he geid lidorlik (schlccJit oil. unordentlich
lt. leicht fiinnif/) mit siii göd um; — liö sügt
gaiis lidcrlik (liederlich od. elend, verkommen,
abgerissen, zerlumpt) üt ; — dat göd sägt
all' so iJdorlik (verwahrlost, verdorben, zer-
lumpt tt. schmutzig) üt, dat man 't hast hO\
nt"'t aiifaton mag; — 't sügt d'r gans lidor-
lik in hiis üt. — Xld. (v. Dale) liederlijk
(arm, cllrndig, achteloos, slordig, ougoregold,
vcrkwistcnd). — ^[. Lc.rer hat (sjn'it-mhd.)
liedorlich (leicht u. zierlich in Wuchs u.
Beivegung ; leicht, geringfügig ; leichtfertig,
liederlich) u. liederliche (auf leichte an-
muthige Art u. Iff/.sc; leicht; leichthin,
unachtsam, vberlegungslos, leichtfertig) u.
bei Seh. n. L. findet sich mnd. JiJerlik in
der Bedtg. : leidlich, erträglich, annehmbar
etc., welch Letzteres beim Vergleich von
1 ächerli ch statt lachet i ch (mnd. u.
mnld. lachelyk) u. mnd. schcdderlik statt
schedelik (schädlich), woiderlik statt weidelik
(jagdlich, weidlich) etc., loie dort auch be-
merkt ist, für Iiilelik steht. Abgesehen nun
davon, ob mhd. liederlich (leicht etc.) u. mnd.
liderlik (leidlich) urspr. dieselben Wörter
sind od. nicht, so ist es Jedenfalls zweifellos,
dass auch spät-mhd. liederlich u. liederliche
für licdclich u. liedeliche stehen. Vergleicht
man nun nhd. Lid (in Augenlid) = mhd.,
ahd. lid, litli, mhd. lit (cf. 2 lid) od. nhd.
Glied = ge-lid (cf. glid u. 1 lid), so i.st
es wohl sicher, dass auch das für lieder-
lich etc. vorausgesetzte licdelich etc. aus
früherm lidelich ent.stand. Ein mhd. lide-
]k\\e findet sich aber nur (cf. M. Le.rer)
als Verstiimmlung von lidcc-, bz. ledecliche
(lediglich, bz. ledig, frei, unbehindert od.
ohne Hinderniss, ohne Anderes), icoraus
sehr gut die Bedtgn. : frei, leicht u. zierlich
in Bewegung od. im Gang u. Benehmen,
frei u. leicht beweglich, frei u. leicht Etwas
thuend, frei u. leicht od. ohne viel Sorge u
Nachdenken handelnd, sorglos, unachtsam,
leichtfertig etc., bz. alle Brdtgn. des obigen
spät-mhd. liederlich entstehen konnten. Da
nun aber neben dem von Tiden, bz. mnd. u.
mhd. liden (leiden, dulden, ertragen) ab-
stammenden u. für lidelich stehenden mnd.
llderlich (leidlich, geduldig, erträglich rtc )
auch ein mhd. lidelich u. lulcclich (von lidec
= nhd. leidig) in derselben Bedtg. (näm-
lich: geduldig, nachsichtig, erträglich etc.)
sich findet, so ist es ziveifellos, dass auch hier-
aus das spätere mhd. hcdcrWch formell sehr
gut entstehen konnte wie das mnd. lidcrlich
aus lidelich (s. oben), während es allerdings
schwer hält, um die Bedtgn. des spät-mhd.
liederlich ah aus denen des mhd. lidelich
(leidlich, erträglich, nachsichtig etc.) ent-
standen zu erklären, obschon es Ja allerdings
denkbar wäre, dass sie aus: geduldig od. cr-
0 träglich, nachsichtig u. so weiter: milde, sanft,
bz. mildlich, mihlthätig, freigebig etc. zum
Theil hervorgehen konnten, zumal da liederlich
^5. unten am Schlüsse) auch die Bedtg.:
m i 1 d ig od. vi il dt hat ig etc. hatte. Er-
10 wägt man nun aber, dass liden, bz. das ahd.
lidan ur.'^pr. ausser: erfahren, erdulden etc.
(cf. liden) die Bedtg.: sich bewegen, gehen,
fahren, wandern etc. hatte, so ist es auch
sehr gut denkbar, dass dem davon abstam-
15 mendcn mJtd. lidelich (leidlich, erträglich etc.)
ein ahd. Hdelicho od. lidilichi vorherging,
woraus später das mhd. lidelich mit seilten
eingeschränkleren Bedtgn. nachblieb u. dass
dieses ahd. lidilicho etc. neben: leidlich, er-
20 träglich etc. früher auch die Bedtg. : beweg-
lich, gehelich, wandcriich etc. hatte, aus der
sich dann sehr gut die Bedtgn. : behende,
rasch, leicht u. anmuthig in Gang u. Be-
ivegung, leicht füssig u. so weiter die von
25 Sjiät-mhd. liederlich entwickeln konnten. Da
aber die Stammsgibe lied von Sjml-mhd.
liederlich am besten zu nhd. lied in Glied
= ahd. gi-lid etc. stimmt u. dies den Plur.
lieder od. lider hat, so würde liederlich od.
30 urs))r. lidcrlich am richtigsten von lied, bz.
1 lid (Glied, Gelenk, Abtheilung, Theil,
Stück etc ) abzuleiten sein, wie auch ahd.
lidilicho (mimitatim, stückchenweisc, Stück
für Stück, in kleinen Stücken od. Theilen,
35 Abtheilen, Abtheilungen etc., nach u. nach,
allmälig) von lid (Glied etc.) mit lichi ge-
bildet ist. Da es nun aber begrifflich gleich
bleibt, ob man liederlich od. urspr. liderlich,
ähnlich tvic das obige mnd. liderlich, als
40 o«s lidelich entstanden ansieht, od. annimmt,
da.ss es vom Flur, lider (Glieder, Gelenke,
Abtheilungen od. Abtheile, Theilc, Stücke etc.)
mit lieh od. lichi fortgebildet ist, so könnte
man vielleicht davon ausgehen, da.ss lide-
45 od. liler-lich ursjyr. die Bedtg.: Gelenke-
lich n. Theilelich od. gelenklich u.
tlie ilelich, abtheil el ich etc. zugleich
hatte, wo denn aus gelenkelich od. ge-
lenklich sich leicht die Bedtg.: gelenkig,
50 beweglich, bz. schlank od. zierlich u. an-
muthig in Wuchs, Bewegung u Benehmen
etc. sowohl, als aus abtheilclich etc. die von:
freigebig, mihlthätig etc. od. zum Abtheilcn
u. Geben geneigt etc. ergeben konnte, wie
hb Ja nach Schmelle r icf.Weigand unter
liederlich) auch schon 1439 das Sub.'>t. lieder-
lichait in der Bedtg.: miltikait (Freigebig-
keit, Mildthätigkeit etc.) vorkömmt. Wäre
übrigens das spät-mhd. liederlich aus dem
60 mnd. od. and. entlehnt, so würde man viel-
LID- LIT-HANDSKE
507
LIF-BOETER
leicht hesser annehmen Jcönnen, dass lieder
od. lltler der Compar. von as. lulhi = ahd.
lindi (linde) sei u. liderlik =; nhd. linder-
lich iväre, was also für liderlik die liedtgn.
(cf. lind) : gelinderlich, nachßieberlich, sanf-
terlich, vUlderUch, zürterlich, anfjenchmer-
lich, leichterlich etc. etc. ergäbe.
lid-, lit-handske, Glied- Handschuh, Puls-
ivärmer.
lid-, iit-mäl, ein Maal od. Zeichen,Wund-
seichen, Narbe etc. an einem Gliede; cf.
lidteken.
lid-, lit-mät, a) Glicdmass, Glied; — b)
Mitglied. — Es ist Compos. von lid (Glied)
u. mät (Mass) in der Bedtg. Länge etc., cf.
W eig and.
lid-, lit-rüske (Gliedbinse), Schachtelhalm
(equisetum). — Auch papenpint m. unet ge-
nannt.
lid-säni, leidsam, duldsam, ertragsam u.
vertragsam, erträglich ii. verträglich, fried-
lich, gelassen, ruhig, milde etc. ; — he is 'n
regt lidsära minske, war elk im en siik mit
fergän (od. ferdragen) un god mit umgän
kan ; — 't is fan dage regt lidsam wer
(Wetter) un lang net so windig un kold as
't körtens altid west is. — Nid. lijdzaam.
lid-, lit-teken ; i. q. lidmäl. — Auch nid.
u. nd. (cf. Br. Wb.) lidteeken.
lid-, lit-water, GUedivasser.
lie, s. li.
lif (dat), Leib, Leben, Körper, Theil des
Körpers von der Brust bis zu den Lenden
mit Ausschluss des Rückens, bz. der Theil,
worin die Eingetveide eingeschlossen sind,
Bauch, Mutterleib, Gebärmutter etc. ; — he
is afer sin ganse Iif (od. Jäfen) schunden;
— he hed 't dafen (od. scheiden) up 't lif
(od. 't läfon), er hat das Toben (od. Schelten)
auf dem Leibe (od. Leben), ist vom Toben
(od. Schelten) besessen; — he is 'n minske
up sin Jifs-beste, er ist ein Mensch auf sei-
nes Lehens- (od. Körpers-) Beste, befindet
sich noch im besten (od. kräftigsten etc.)
Lehensalter etc.; — se hed 'n dik lif, sie
hat einen dicken Leih, bz. sie ist schwanger ;
— he hed 't lif (od. de buk) fulslän (sich
den Leih vollgeschlagen od. vollgefressen);
— lifpin (Leibschmerzen, Bauchgrimmen) ;
— hc hed lank gen apen lif (keinen offenen
Leih, bz. keinen Stuhlgang) had ; — de ko
hed 't lif iit (die Kuh hat den Leih od. die
Gebärmutter aus). — Redensart, u. Sprichio. :
he mut 't lif (od. de buk) altid up de leste
(den Leisten) hebben ; — he hed gen apen
lif (fig. auch von Jemandem, der den Beutel
nicht öffnet od. nicht öffnen will, bz. der
nicht mit dem Gelde herausrücken will, hart
im Aiisthun od. Geben ist); — bäter wat
in 't lif, as um 't lif; — äton un drinken
hold lif un sele tosameu. — cf. die Compos.:
lifallen, lifbötcr etc. u. hartlifig, dünlifig
etc. etc. — Nd., mnd. lief, lif; nid. lijf;
afries. lif ; wfries. ly vc, ly v ; nfries. (J o-
5 h(insc}i)]\i; toajig.hi; satl. \\uw (dasselbe) ;
as. lif, libh ; ags., aengl. lif; engl, life (Lehen);
an. lif; schwed. lif; norw., dän. liv; ahd.
lib, lip ; mhd. lip ; md. liph, lif (Leben ; Leih,
Körper; Person, Persönlichkeit). — Das
10 dafür anzusetzende Thema liba gehört mit
läfen (leben) zu demselben Verb, liban (blei-
ben od. haften u. sich aufhalten wo ; übrig-
bleiben etc.) lt. bezeichnet lif, lib etc. einer-
seits als Leben (vita) einen bleibenden u.
15 haftenden Zustand, od. das Bleiben, Haften
u. Sichaufhalten too, den Aufenthalt wo etc.
u. als Körper od. Leih ein bleibendes
od. zurückbleibendes Etwas, bz. einen hlei-
henden od. zurückbleibenden restirenden
20 Gegenstand, od. dasjenige, ivelches als 7na-
terieller u. substantieller Theil von Etwas
nach od. übrig bleibt, die bleibende Substanz
od. der Körper (die bleibende u. sichtbare
Gestalt u. Form, cf. lichäm u. like) von
25 Etwas, gleichviel ob beseelt u. lebendig od.
oh unbeseelt u. leblos. Die Bedtg. : Person,
Persönlichkeit des ahd. lib ergieht sich aber
von selbst aus wo haftendes u. bleibendes
od. wo toohnendes, wo sich aufhaltendes u.
30 100 lebendes Etwas, wie auch Wesen nebst
seiender u. bleibender Zustatid ein seiendes
u. bleibendes etc. Etwas (cf. 1 u. 2 wäsen)
bezeichnet.
lif-achtig, s. lifhaftig.
35 lif-allen, lif-allenig, bz. lif-all-en etc.,
ganz allein, mutterseelen allein, die Person
od. Persönlichkeit eines Jemand allein
für sich ; — he blef lif-allen to hüs ; — ik
gung gans lifallenig des nagts (od. 's nagts)
40 afer 't karkhof. — cf. lif, bz. ahd. lib in
der Bedtg. : Person, Persönlichkeit.
lif-arfe, Leib- od. Leibes-Erhe; — he
hed gen lifarfen nalaten. — Mnd. liferve.
lif-bai'ging, lif-bargen , Lebensbergung,
45 LebenssicJierung, L^ebenserhaltung, Lebens-
od. Leihesunterhalt, Leihesnahrung, bz. das,
loas das Theben sichert u. den Leih od. Kör-
per erhält; daher überhaupt: Lehens- od.
Leibes- Versorgung, Leibespflege etc. ; — dat
50 kind hed fan junk up an sin lifbargen net
ördendlik had, darum kund 't 6k net greien
un dejen; — 'n göden bür sörgd d'r för,
dat sin folk (Gesinde) bi hum hör lifbargen
ördendlik findt. — Nd. (Br. Wb. III, 66)
55 livesbargung, livesbarje; mnd. (Seh. u. L.)
lifberginge.
lif-böter od. lif-för-böter, eine Kuh, die
loährend der Schwangerschaft an Mutter-
od. Scheiden- Vorfall leidet, cf. förböter, hz.
60 1 böten.
LIFE
508
LIK
life od. life (auf den Inseln), der Austern-
Vofjel (Ilacmatopus ostrealis).
lit'-e^en. Icihciiien.
lif-hiifti^, liC-aclitis, lcibhofli(i,mU einem
Leib od. Körper behaftet, leiblich, körper-
lich etc.; — ik heb liiiin llfliat'tij^ sen; —
ik se dat nojr lifhaftig for nn stän.
lifke, J.eibchen, kleiner Leib; — 't lilke
(leid 't kindje ser.
lif-keii, quer dem Treibe vorbei werfen od.
schnrllen mit einem Stein od. Ihdl etc.
lif-Iaf, s. lib-lal).
lif-närig:, auf die F.rnäliriincj des Leibes
od. Körpers bedacht, bz. eifriij dafür be-
sorgt od. sorcfe)id, gierig nach Speise, fress-
gierig, gef rassig ; — \w is iiotr al re.ixt lif-
närijr; — du must net alto llfnäns weseii ;
't süct anders iit, as of du siu liilVnd gt-n
satt äten krigst.
lif-näi'iD^jlif-näreu, Lebens- od. Leibesnah-
ruiirj, Lebensunterhalt etc. — ]\Ind. lifneriuge.
lii-tocht, lif-tucht, lif-tiiclit, Leibzucht,
Lebens- od. Leibeserndlnung, Lebensunter-
halt, lebenslängliche Nutznicssung, M'ilthum
etc. ; — he hed für siu frü iu de fal fan
sin ferstarf dat geuiiik tan 20 dimt land as
liftocht ütsetd. — Africs. (cf. v. liicht-
hofen unter tocht) liftocht; nid. lijftocht;
mnd. liftuclit ; mhd. lipzuht.
li^^en (ligge, liggost od. ligst, liggcd od.
ligd,' ligt; — kg u. leg; — lägen, logen),
liegen, nicht stehen , hingestreckt sein od.
sich hinstrecken u. legen (auf Ktwas) etc.;
— de böm ligt ; — he gung liggen ; — he
lag för düd heu ; — de ürd ligt (liegt, ist
be- od. gelegen, hat Fiats od. Stelle etc.) in
Holland ; — to liggen kamen (a. fallen,
stürzen; — b. sich legen, sich niederlegen
aufs Bett, z. B. von Kranken od. Kind-
betterinnen etc.) ; — liggen laten (liegen od.
ruhen lassen, nicht aufnehmen etc.); — wat
ligt, dat ligt (icas liegt, das liegt, bz. ioas
gefallen ist, ist gefallen). — Xd., nid. liggen ;
afries. liga (ligja), lidzja, lidsa; ivfries. liz-
zen ; wang. lidz; as. liggjan, liggean, liggen;
ags. licgan, licgoau, li,i;gan; aengl. liggen;
engl, lie ; an., norw. liggja; schwed. ligga;
dän. liggo; rt)^fZ. liggan, likkan, liccan, lickaii,
liggen, licken, ligan, ligen ; mhd. ligen ; goth.
ligan. — Mit kslav. H'g;). losti (sich legen),
leii.1 lezati (liegen); air. lige ; griech. Icxos;
lat. lectus (Bett) etc. etc. (cf. Fick I, 74.8)
zu einer ]/ lagh.
lig^er, lAeger ; a) der unterste rührende
Mühlenstein ; — b) der unterste Theil des
Spants, der quer auf dem Kiel ruht, auch
Bauchstück (engl, floortimber) genannt; —
c) Lagerbalken einer Brücke etc.
ligger»*, Liegerei, anhaltendes Liegen etc.
= geligge.
li^t (dat), Nachgeburt (aucJi godje, fiilsel,
tilg goHuuit) od. die häutige Masse, welche
der Mutter nach der Geburt abgeht. — Nid.
ligt. — Wohl mit ligt, leicht (cf 2 licht)
5 ident. od. aus lichte (das Ljcichte) gekürzt
u. so benannt, tveil diese Masse so leicht ist.
lifft, listen etc., .s'. licht, lichten etc.
lik (Subst. zu likkeii), die kleine Quan-
tität, welche man auf ein)nal mit der Zunge
10 auflecken kann; fig. ein Tröpfchen, die ge-
ringste Kleinigkeit, das Geringste; — man
krigt d'r gen lik fan; — he lett d'r gen
lik in.
1. lik (//ed. liker, likste), s\) gleich, gerade
15 so, ähnlich od. ebenso gestaltet, geformt m.
aussehend, bz. so geschaffen, beschaffen u.
geartet wie ein Anderes; — he sucht lik
iit as sin fader od. he sticht sin fader lik;
— dat sucht hum lik ; — de ene büm is de
20 andere lik ; — lie is 'n liken fader, er ist
ebenso gestaltet od. beschaffen u. geartet
wie der Vater, ist u. sieht dem Vater gleich,
hat dieselbe Gestalt u. dasselbe Wesen etc.
tüie der Vater, macht es u. thut «. handelt
25 ebenso wie der Vater ; — b) gerade im eigent-
lichen u. trop. Sinn; — dat is 'n liken böm,
das ist ein gerader Baum, bz. ein Baum
ohne Krümmungen etc.; — dat is 'n lik
stük holt ; — dat hüs steid lik ; — de weg
30 förd d'r lik up an; — he lüpt d'r lik iip
an; — he hed hum lik iu 't hart truffeu;
— dat geid d'r lik dür hen; — likiit gän
(sinnl. M. trop.) gerade ausgehen; — likup
löpen, a) gerade aufgehen; — b) gerade od.
35 in gerader Bichtnng hinaufgehen, z.B. einen
Weg etc. ; — he steid d'r lik up ; — he
steid likup; — lik to, gerade zu; — dat
is likföl (gleichviel); — liküt wesen, gerade
aus sein, geraden, offenen, ehrlichen, auf-
40 richtigen Sinnes, Wesens u. Charakters sein
etc., seine Meinung gerade tt. ehrlich her-
aussagen etc.; daher auch subst. he is 'n
regten liküt = ein Mann, der seine Mei-
nung gerade u. ehrlich od. offen ausspricht,
45 bz. der geraden u. ehrlichen Sinnes u. Cha-
rakters ist, nicht hinter dem Berge luüt etc.;
— man mut lik dörgän un elk lik un regt
dön ; — wi sunt nu wer lik, wir sind nun
loieder gerade od. gleich, quitt etc. ; — dat
50 geid lik um lik, das geht gleich um gleich,
bz. so, dass es sich gegenseitig ausgleicht;
— 't is all' lik un etfen, a) (sinnl.) es ist
Alles gerade u. eben ; — b) (trop.) es ist
Alles ausgeglichen u. geebnet; — 't is ml
55 all' lik un regt, wat ji seggen un dön; —
Sprichw.: 't geid wat stum is, mäkt lik wat
krum is; — „likup, as ik" sä' de scliefe
dansmester ; — c) als Endung vieler Wörter,
als: mannelik (männlich, bz. einem Manne
60 gleich od. so wie ein Mann); — fadcrlik
LtK
500
LTKE-DELEH
(väterlich, einem Vater gleich od. so wie ein
Vater, toas mich subst. gebraucht wird: he
is 'n faderlik, d. h. eine Person wie der
Vater) ; — änlik, wimderlik etc. — Nd. liek ;
Wiwrf. lik; nid. lijk ; nfries.\\k; wfries. \yck;
nfries., helg. lik ; sali., ivang. lik ; as. lik ;
ags. lic; aengl. lic; engl, licli u. like; an.
likr; norio., scliived. lik; dän. lüg, Hg; ahd.
lih ; mhd. lieh, lieh ; golh. leiks (as., ags.,
ahd. n. goth. nur in Zusammensetzungen
wie: gilik, gilic, gilih, galeiks, cf. glik u. in
mannolih etc., s. oben). — Es ist 2vohl mit
lit. lygus (gleich, eben), j^reuss. ligu in poligii
(gleich) direct aus der ]/ hcrrorgegangen u.
nicht von dem folgenden lik abgeleitet, wo
am Schlüsse desselben das Weitere zu er-
sehen ist.
2. lik (dat, — Plur. de liUen), todter
Körper, Leiche, Körper, Fleisch etc. ; — se
hebbea 't lik to 't hiis lieriit dragen uu be-
grafen; — se hebben hum 't mest in 't lik
(in den Körper, bz. ins Fleisch, in den
Leib etc.) stötd ; — C'ompos. : lik-döni (Leich-
od. Fleisch-Dom, Born im Fleische, Hühner-
auge), — lik-biir (Leichenhaus) etc. — Nd.
liek; mnd. lik; nid. lijk; nfries. lik; wfries.
lyk ; as. lik ; ags., aengl. lic ; oigl. lieh ; an.
lik, norio., schwed. lik; dän. lüg; ahd. lih;
mhd. lieh, lieh ; goth. leik. — Das Thema
lika, liha, licha bezeichnet von Hause aus
einen Riss od. Äbriss von Etwas (cf. Riss
von einem Hause), bz. ein geritztes, gerisse-
nes, abgerissenes Etwas od. ein durch in
Etwas eingeritzte Striche od. Linien um-
schriebenes u. gekennzeichnetes, dem Auge
sichtbar gemachtes Bild, (eine Radirung od.
eine bildliche Darstellung von Etwas, durch
mit einem .spitzen Gegenstand gezogene u.
eingeritzte Striche), ivoraus sich dann von
selbst die Bedtg. : ein Bild das od. eine
Figur, die dem durch die eingeritzten Striche
dargestellten, körperlichen Gegenstande (dem
Baum, Thier, Menschen etc.) gleich u. ähn-
lich ist, od. ebenso gebildet, geformt u. ge-
staltet ist, ebenso aussieht (das Aeussere im
Gegensatz zum hinern, das todte Bild od.
die todte Form u. Gestalt von Etwas, im
Gegensatz zu dem abconterfeiten lebenden
Gegenstande etc. od. überhaupt die blosse
Figur von Etwas) ergab, sodass man lik-a
anstatt: Ritz-, Riss-, Radir-Ding, Radir-
Bild etc. auch mit Gleich-Ding, Gleich-Bild,
Gleich- Gestalt, Gleich-Form etc. übersetzen
könnte, während das für 1 lik anzusetzende
liki, lihi hieraus die Bedtg. : Gleich- Zustand
od. gleichgestaltig, gleichförmig, ebenso toie
etc. erhielt. Was nun die ]/ betrifft, so ist
zunächst (Bopp) skr. liüg, lig (pingere) u.
dessen Nebenform likh (sacrificare, leviter
incidere , rädere , scalpere ; scribere ; deli-
neare, pingere) u. das ältere (Grassmann)
rikh (ritzen, aufreissen, aufschlitzen etc.) u.
riQ (abreissen, abrupfen, abspalten, zerbrechen)
etc. zu vergleichen, tvobei zu dem Subst. lika
5 statt liaka (durch geritzte Striche od. lAnien
gemachtes Bild von Elioas) skr. liiiga (Sig-
num, indicium) u. zu liki (gleich etc.) statt
linki od. urspr. vielleicht linkin wohl das
skr. üügin (liaving marks, eharakterised) zu
10 vergleichen wäre. Zu liiig od. lig, likh u.
rikh (s. oben) vergl. loeiter (Fick II, 454)
lit. lygns (gleich, eben), lygei lyg (gleich,
gerade) ; preuss. ligan (Rechtsspruch, Urtheil,
Gericht), ligintwei (richten, recht macJten,
15 ausgleichen etc.), poligii (gleich) ; kslav. lice
(Gesicht, Antlitz), liku in kolikü (qiiantus),
tolikii (tantus) ; griech. ll'kos in pellkos (ivie
gross, wie stark), telfkos (so gross etc.),
eilkos (so gross wie), bz. die Endung von
20 einlif etc. (cf. elf) etc., soivie weiter (Fi c k
II, 446) unter rik, griech. ereikö, erikon etc.
t(. Weiteres unter unserm rigen, rige m. röen,
rejen etc.
3 lik, das Tau od. Saum-Tau, welches
25 in die Kanten der Mühlen- u. Schiffs-Segel
eingenäht ivird, bz. loomit diese eingefasst
werden, damit sie nicht reissen ; verlwch-
deutscht auch Leik u. engl, boltrope, franz.
ralingue; ital. ralioga; Span, relinga, genannt.
30 — Nd. liek; nid. lijk; norw., schwed. lik;
dän. lüg. — Da dies Tau den corpus od.
den innern festen Theil des Saumes bildet,
so ivird es ivohl dasselbe Wort loie 2 lik
sein. — Nach Diez (II, 394) soll das franz.
35 ralingue etc. aus raa-lik (Saumtau des Raa-
Segels) entstanden sein u. demnach für
ra-ligue stehen.
lik-bür, Leichenhaus. cf. 2 bür = Woh-
nung etc.
40 lik-dörn, s. unter 2 lik. — Sprichw. : lei
Eibe hed 'n likdörn under de fot, wen de
hum stekd gift 't watersnod. — Wenn die
Hühneraugen stechen u. schmerzen, giebt es
in der Regel Regen u. Sturm.
45 lik-dradig, likdraderig, likdraderg, ge-
rade ans verlaufende Drähte od. Fasern
habend, geradedrähtig, geradefaserig, z. B.
von Holz, dessen Fasern in gerader Rich-
tung verlaufen u. welches sich deshcdb gut
50 u. schön spalten lässt. Der Gegensatz davon
ist dwars-dradig etc.
1. like, Leiche.
2. like, (das) Gleiche, Gerade, Rechte etc. ;
— wi matten sen, dat wi dat wer ia 't like
55 brengen.
like-deler, Gleichtheiler ; — a) ein Mass
(gewöhnlich ein zinnerner Becher), tvomit
die zu eitlem plög (zu einem Verein, einer
Rotte od. Verbindung etc.) gehörenden Ar-
60 heiter das Getränk etc. gleichmässig vertheilen ;
LÜtE-FOEL 510 LIK-LAWA
— b) ein Communist; — c) ein Seeräuber sieht, einen schönen u. angenehmen Eindruck,
od. Freibeuter </<■.>' 14. u. 15. Jahrhunderts, gefiel ihm etc.); — dat likt 'ii moi wicht to
der zu der Verbindung der Victualienbrüder wesen (das scheint ein scliönes Mädchen .-»
gehörte; — KlTis Stürtebekcr un Göilcko sein, macht u. erzeugt mir ein schönes Bild
Mifliaol de gän mit 'n ander to liker dt'l. 5 od. einen scliönen Eindruck etc.); — diit
like-föl, gleichviel, einerlei, ganz gleich, pol likt niks niOi (das Zeug scheint nichts
ganz gleichgültig etc.; — 't is all' likeföl, hübsch, giebt gar keinen schönen Schein von
of du 't so of anders mäkst; — 't is mi all' sich, sieht gar nichts hübsch aus); — dat
likefÖI, ot" du 't deist of nich. li'-k lium lik (a. das schien ihm gleich, sah
1. likeu (lek, Ulken o(7. leken), a) gleichen, 10 ihm gleich aus; — b. das sah ihm gleich
gleich sein, ebenso sein, ähnlich sein, gleiclt, od. machte dasselbe Bild etc. wie er); —
sehen; gleiche Gestalt, Form, Aussehen u. Itkt di 't wat '? (scheint es dir was':' sieht
Wesen haben (wie), aussehen (wie); — he es dir nach was aus? gefällt es dir?) ja,
likd sin fader gans (er gleicht seinem Vater, dat likt mi nog al wat to. — Nd., mnd,
ist u. sieht seinem Vater gleich etc., hat 15 likcn ; idd. lijken; afries. likia (gleich, eben
dasselbe Aussehen u. Wesen, od. dasselbe machen; gleich od. ähnlich sein; gefallen.
Ansehen u. Gesicht etc. wie sein Vater); — genehm sein); wfrics. lyckjan ; satl. lica ; as.
h6 llkd up sin fader; — dat likd nargonds iicuii od. likon ; ags. licjan ; aengl. liken =
na (das gleicht nirgends nach, ist keinem ahd. liehon u. liken = (tgs. licjan ; engl.
Etwas ähnlich, sieht nirgends nach aus); 20 like (o. ac.t. u. neutr.); an., norw., sehwed.
— dat llkd je nargends na (das sieht ja lika; ahd. liehen, lihhen u. lichaii, lihhan;
nirgends nach aus, das ist ja keinem Etwas mhd. liehen (gleich sein, angemessen sein,
gleich od. äh)ilich, das ist ja ganz fremd- gefallen) u. ahd. jichun ; mhd. liehen ; md.
artig od. wunderbar, sonderbar u. unerhört liehen (gleich gerade, eben u. glatt machoi,
etc.); — dat likd je nargends na, so as de 25 Erhöhungen u. liauhigkeitcn wegnehmen,
junge sin dingen angeid (das ist ja ganz glätten, poliren etc., cf. 2 liken) , gckh. leikaii
ungesehen u. unerhört, so wie der Junge =: ahd. liehen etc. — Die obigen Vcrba ge-
seine Dinge od. Sachen angeht, bz. ihnen hören sowohl zum Subst. als zum Adj. iik.
begegnet od. mit ihnen umgeht etc.); — dat 2. liken (Subst.), Gleichen; — dat (oil.
hed hum läken (das hat ihm geglichen od. 30 he) hed sins likcn net.
gleich gesehen, sah u, war ihm gleich od. likoil-steii, Leichenstein,
ähnlich etc.); — b) gleichen od. gleich, ge- lik-holt, Leichen-Sarg (cf. 2 lik u. holt),
rade, eben, glatt etc. machen, eine gerade auch likenkiste (cf. dodenholt etc.) genannt.
Richtung od. Kante geben, Kriunmungen n. likken, lecken, schlecken, unanständig u.
Höcker icegnehmen, ebnen etc.; — de weg 35 viel küssen u. liebeln etc.; — de katte likkt
od. de böm, de balk etc. nmt wat likd wor- de snhöttels i'it. — Redensarten tt. Sprichw.:
den; — de balk ete. beiiken (den Balken hr likkt de fingers d'r na (weil es so schön
begleichen, bz. den Balken mittelst der A.ct schmeckt od. so lecker ist u. zum Genüsse
behauen, dass er von allen Seiten gerade, reizt) ; — erst likken iin slabben, den hauen
ebene u. glatte Kanten hat); — siik gägen- 40 un kral)ben (von gar zu verliebten Braut-
sidig beiiken (sich gegenseitig begleichen od. Icuten u. deren spätem ehelichen Leben),
vergleichen, die Differenz od. den Streit aus- — Nd., nbl. liK'ken ; mnld. licken, lecken,
gleichen etc.); c) (einem Jemand von einem lacken; 'fv. likköii, lekkön ; ags. lic<jan ;
Etwas od. wovon) Gestalt, Form, Bild od. aengl. licken ; alid. li-cctni, h'chün, lecchün ;
Aussehen, äusseres Ansehen U.Gesicht machen 45 mhd. \vckim; goih laigön; A*/. lingere; griech.
u. gehen od. erzeugen, so dass er das Bild leichein. Mit skr. lili, vcd. rih (lecken;
davon mit dem Auge auffängt u. es sieht liebkosen, küssen) etc. aus einer älteren
od. das Gesicht u. den Abschein od. Schein Grdform righ.
davon erhält, bz. dass es in sein Auge likk-iiiundjen, likk-miindjen, den Mund
hereinscheint u. leuchtet, ihm sichtbar wird 50 od. die IJpprn vor Appetit lecken, begierig
u. zuscheint od. Schein etc. von sich giebt sein.
etc.; dalier überhaupt: Schein machen, schei- lik-lawa (St hg.), Merknud einer Wunde,
nen, aussehen etc.; — dat likd iiii nog al — Mofries. (0. L.-R., pag. 718) licklauwe;
wat to (das scheint mir noch schon was zu, mnd. liklawe, liklave, liklauwe; ahd. lih-
sieht mir noch schon wonach aus, ist schon 55 lawi, lihlüi (cicatri.x, ohductio, stigma). —
noch begehrenswerth od, annehmbar, gefällt KU. verweist bei seinem lyck-klauwe (un-
mir etc.), mi dünkt, dat wJ dat wol dön (od. guium vestigium, signum unguium, vil(!x)
annämen, köpen etc.) könen ; — dat lik hum auf dds obige mofries. lycklauwe u. Woeste
möi (das schien ihm schön, sah ihm ."ichön (cf. Seh. u. L. unter lik-lawe) meint, dass
aus, machte ihm ein schönes Bild od. Ge- CO es aus älterem Itk-klawc entstanden u. es
LIK-MATIG 511 LILJE
ein Compos. von lik (Fleisch, cf. 2 lik) u. Da indessen das Sahst, lik (cf. 2 Iik) iirspr.
klawa (Riss) sei u. also ein Fleischriss, od. die Bedtg. : Riss, Abriss, Abbild etc. (od.
Riss im Fleische bezeichne. Das ahd. lih- ein Etwas, tvelches mit einem stechenden od
lawi, -loi iviirde dann für itli-c.hlavi od. lih- scharfen , spitzen I)istruineid [urspr. auf
clovi stehen, wie nind. lik-Iauwe od. -lawc 5 Holz u. Knochen etc.] auf Etwas eingeritzt
für lik-klavo, -klove, u. chlavi otc. od. klavo, od. eingravirt ist) hatte, so tväre es auch
klove dasselbe Wort wie mnd. klavc, klove denkbar, dass das für mhd. iTch-zeichen u.
(Spalte, rima) sein u. zu ahd. cliol)an (cf. mnd. lik-tekcn tvohl vorauszusetzende lih-
klüfen) gehören, toovon aucJi ahd. chlolti, zaihan, as. lili-töcaii otc. urspr. entweder
chlova, chlovo, klohe etc. in ('hlol)iloiih (cf. 10 die sin nl. Bedtg.: Riss-od.Wund-Zeichen,
knüflök) abstammt. od. (cf. die aus Riss entstandene trop. Bedtg. :
lik-niatig, gleich- od. ebenmässig. Bild, Abbild, Abbildung, Abzeichnung od.
lik-rede, Leichenrede, Parenfation. Zeichnung, Figur, Gestalt, ähnliche od. gleiche
lik-tekcn, Merkzeichen, Merkmal ; — man Gestalt %i. Form etc. von 2 lik) die von
kan de Iiktekens dar nog fan son, man kann 15 Bild-Zeichen, Abbild-, Figur-Zeichen etc.,
die Merkmale, Wundzeiclien, Schlag zeichen, — od. Bild-Maal, Abbild-, Figur-Maal etc.
Eindrücke, Vertiefungen, Spuren etc. (z. B. hatte u. ivenn man dabei gar nicht an lik
eines mit einem scharfen od. schwerem In- in der Bedtg. : Körper, Fleisch, Leib od.
Strumente, als Beil, Axt, Hammer, Schlägel Leiche zu denken hat, sondern nur an die
etc. geführten Schlages) davon (bz. auf dem 20 Bedtg.: Bild, Form od. Gestalt, od. Abbild
betr. Körper od. Gegenstand) noch sehen. etc. von Etwas, wie Ja auch die Iiktekens
— Mofries. (0. L.-R , pag. 236) licktecken; nur Abbild- Zeichen od. durch Schlagen,
— so men ein secker vermoedent up oenie Hauen, Stechen, Stossen etc. entstandenen
(dem Mordbrennen) helft dorch liclctecken, Abbilde von Etwas sind u. eben dadurch
de etc. ; — tid., mnd. likteken (MerkmaJ, 25 (weil sie die Form u. Gestalt des betr. In-
Narbe einer Wunde, Kennzeichen) ; mnld. struments u. die Art u. Weise der Verwun-
lijckteecken (Wundzeichen, cicatrix, viilneris düng od. Tödtung kennzeichnen u. verrathen)
porsauati signura in corpore haerens) u. auch wieder zu Beweismitteln od. Indicien
lijckteecken, iickteecken (signum, indicium, der Verivundung od. Tödtung od. überhaupt
argumentum, vestigium) ; mhd. liclizeichen 30 eines Verbrechens dienen u. stets einer ge-
(Zeichen als Beiveis einer Tödtung). — Wenn nauen u. vergleichenden Untersuchung unter-
man vergleicht, dass KU. auch lijck-stede worfen tcerden. Dass man aber hiebei auch
in derselben Bedtg. loie lijck-teecken hat, wieder die Vorsylbe lik in der Bedtg. gleich,
so ist^ es kaum anzunehmen, dass hier lijck ebenso wie, ähnlich, od. so aussehend loie
od. lik dasselbe Wort wie 2 lik (Körper, 35 (ein Anderes) nehmen u. sie also mit 1 lik
Fleisch, Leiche) ist ti. demnach lijckstede für ident. halten kann, ist selbstredend, weil
u. lijckteecken od. lik-stede u. lik-teken ja eben ein Gleich- Zeichen auch ein
wörtl. mit Körper- od. Fleisch - Stelle u. Aehnlichkeits - Zeichen u. somit auch ein
Körper- od. Fleisch- Zeichen zu übersetzen Abbild- Zeichen von Etwas ist. — cf. lik-
sind. Wahrscheinlicher ist es daher, dass 40 tekenen.
beide Wörter mit 1 iTk (gleich ähnlich, ebenso lik-tekenen od. beliktekenen, mit einem
wie etc.) zusammengesetzt sind u. also urspr. Kennzeichen (likteken) versehen u. bezeich-
die Bedtg.: Gleich -Stelle u. Gleich- nen, od. ein likteken machen (einschneiden,
Zeichen od. Stelle u. Zeichen, die od. das einritzen etc.) auf od. in Etwas; — de
einem andern Etwas gleich ist od. gleicht 45 balke is mit de bökstafen K H I liktekened
M. ebenso ist tvie sie od. das etc. hatte, od. (od. liktokend) ; — de kö is as de mine mit
dass die Vorsylbe lik in ähnlicher Weise nun hüsmarke iTktekend, bz. mit min namens-
loie Merk in Merk-Maal, Merk-Zeichen bökstafen H G (od. Jan, Peter, Paul etc.)
etc. zu merken, od. Stimm in Stimm,- beliktekend. — liktekenen heisst hier soviel
Gabel zu stimmen etc. etc., so hier zum 50 cds .seine Haus-Marke od. seinen Namen
Verb, liken (gleichen, ähnlich sein, aussehen (Namenszug, Anfangsbuchstaben seines Na-
wie, stimmen od. passen wozu etc.) gehört, mens) auf, od. in Etwas hinein ritzen od.
u. also lijckstede u. lijckteecken hiernach schneiden, bz. den betr. Gegenstand mit der
auch wieder die Bedtg.: Gleich - Stelle u. Hausmarke od. dem Namen od. Namens-
Gleich-Zeichen od. Stelle, die dem betr. 55 Zuge versehen u. kennzeichnen.
Gegenstande, der die Vertiefung, Spur od. lilje (Plur. liljes), Lilie. — Nid. lelie ;
Wunde machte, gleich ist u. ebenso aussieht ahd. lilja, liljo; mhd. lilje, lilge, gilge, gilige,
od. dazu stimmt u. passt — ic. Zeichen, gilg; Schweiz, jilge, ilge ; ital. giglio; span.,
welches demselben gleich ist u. ebenso aus- port. lirio ; prov. lili, liri, lis, lir ; franz. lis ;
sieht od. dazu stimmt u. passt etc. hatte. 60 piem., mail. liri ; sard. lillu ; aspan. lilio ;
LlLOF &12 LIND LINDE!
chw. gilgia. Aus lat. liliuui, b2. griecli. lei- Klebe- u. Binde-Mittel, od. urspr. aufgelöste,
rion (Lilie). erweichte, schmutzige u. so auch klebrige
lilöf, s. ilüf. Erde, od. schmutzendes, schmieriges, lieben-
li-lütjt't, s. unter li. des, haftendes Etwas überhaupt, cf. löin) zu
lim. Leim. — Nid. lijm ; ahd., mhd. lim. 5 einer ]/ li gehört, so k-ann man auch davon
— Mit lern eines Ursjtrungs. ausgehen, dass sich aus: regnen, crweicJicn,
limtMi, leimen. aujlösen etc. die Bedtg. : weiches biegsames
limig, leimig, klebig, gebunden, dicklich Etwas etc. od. klebendes u. verbindendes
etc. ; — limige bröi. Etwas (cf. oben liiia, adjuiictus, ailliacrons)
liiupp, linip, Glimpf, sanfte od. müde Art 10 entwickelte u. dass liiui od. lin;i (Lein) urspr.
u. Weise, Gelindigkeit, hüjliches, verbind- als Binde-Mittel od. als ein Etwas, womit
liches, freundliches od. scheinhiißicJies etc. man Etwas verbindet u. befestigt od. an
Ijächeln, eine höfliche Redensart, die tveitcr Etwas anschliesst od. haften macht, aufge-
Nichts zu bedeuten hat ; — lit' kweiii d'r fasst sei. — cf. auch an. linr (weich, nach-
iiiit 'n limp of; — he Ict hum mit 'n limp 1.5 gicbig etc.) u. Weiteres unter liiul etc.
löpen (er Hess ihn mit einem verbindlichen lind, s. lint.
etc. lÄicheln etc. gehen, ohne ihm zu helfen). lind, liiido, lind, gelind, gelinde, nach-
— Nd. (Br. Wb.), mnd. liinpo otc. — S. giebig, mild, sachte, sanft etc.; — lind wcir
Weiteres unter glinip. (lindes od. gelindes, sanftes, inildes, weiches,
lini-pot, Ljeim-Topf. — Redensart: mit de 20 angenehmes Wetter); — 'n linden od. gc-
limpot lupen = 7nüssig gehen. linden iiicht (Luft) od. wind ote) ; — du
lin, LjCin, Elachs. — Compos.: litiülje, mnst wat linder (milder, nachgiebiger, nach-
linkoke, linsäd etc. — Nid. lijn; nd., mnd. sichtiger, sanfter etc.) wesen. — Nd. (Br.
lien, lin ; as., ahd., mhd. lin (Lein, L'laclts ; jr/>.) lind; mnld. lind; nijläm. lindt; alid.
leinoies Gewand); goth. \cm; an. \\ü(JJnnen, 2.5 lind, lindi, linthi ; mhd. linde (weich, zart,
Leinwand) ; lat. linum (Lein, Elachs, sowie dünn, nachgiebig, sanft); as. lithi, lidlii,
ferner Alles, was man daraus macht, als: litlie; ags. lldhe; aengl. lidlie; engl, litlie;
Faden, Schnur; leinenes Tuch, L^einwand, an. linr (/»/• lindhr? ?(?/e wahrscheinl. auch
Irinnen; Segel; Seil, Tau, Netz, Zuggarn) ; an., ist. linni, Schlange, serpens, tnit ahd.
griech. linon ; lit. linai ; Ä's/ac. linu; air. lin 30 lint, Schlan(/e [cf. lind-, lint-wiirm] ident.
(Lein, Flachs). — Nach Fick (IL, 221) ist); norw. l'inn. — Nach Eick (II J, 2(11)
von einer y li (biegen), ivozu er auch lat. aus lentha, lenthja von lan, lennan etc.
lenis stellt u. wonach lin also als das Bieg- (weichen, aufhören), cf. goth. (afjlinnan. lan,
same , Schmiegsame etc. aufgcfasst wäre. hmnum (weichen, fortgehen) ; ahd. \\n)\hmnn;
Eine y li in der Bedtg.: biegen etc. (sie ist 35 «r/x. linnan, (ge)linnan, (l))linnan (sich be-
eine von Fick willkürlich angenommene, ruhigen, nachlassen, ablassen); an. linna,
bz. eine blos hypothetische) i.-it aber nirgends \\\\\a (aufhören, ruhen etc.) etc. u. s. iveiter
belegt n. da sie ebenso wie die y (Bopp) li (II, 21S) lan, len (weichen), wozu er ausser
(liquefacere, solvcre, ivovon lina , solutus, lat. leutus etc. auch griech. elini'iö (ruhen,
dirutus etc., lit. lyti, pluere etc.) — n. 11 40 zögern), ferner (I, 750) auch lat. lenis ; lett.
(adhaerere, inliaerere etc., wovon: lina, ad- lenas (gelind) etc. stellt, indessen fragt, ob
junctus, adhaerens etc.) auf eine ältere aus lana niclü = laina ist u. zu li (linore) gc-
ar, r, ri entstandene y ri od. n zurückgeht, hört, dessen Bedtg. jedenfalls doch uu'eder
so könnte man a^lch annehmen, dass die für auf: regnen od. giessen, strömen, flicssen
lina (Lein, Flachs, Linnen etc.) aufgestellte 45 etc. u. so auch: schmutzen, den Boden er-
y li mit li, linäti (sicli anschmiegen, sich weichen, iveich machen etc. (cf. auch Pott,
andrücken etc.) u. weiter mit ri, rinäti (Vos- Wurzel wh. HI, 262 wegen ]oinns aus ]vmtns,
lassen, laufen, flicssen la.ssen, regnen, giessen; da derselbe auch die Frage auf wirft, ob
sich auflösen; fliessen, cf. Fick I, l'J.H u. ]ontus nicJit die Bedtg.: zäh, klebrig etc. hat),
Grassmann, Spalte 1103) urspr. ident. sei 50 schmutzig u. klebrig werden, hitftoi od. kleben
u. dass man den Flachs deshalb lina od. an Etwas etc. zurückgeht, wobei indessen,
linä (urspr. rinä od. rinä) genannt hatte, toegen der y lan zu bemerken ist, dass diese
weil er sich bei der Bearbeitung in einzelne aus urspr. ran u. ra als Umstellung von
Stränge u. Fäden auflöst u. trennt, ganz ar, r, ri entstand, die auch die y von germ.
abgesehen davon, dass man beim Ij ein od. 55 rinnan, ran, runnum (linnan, lan, lunnum
Flachs ebenso toie bei lenis auch an die entstand auch aus rinnan etc., bz. von einer
Bedtg. : weich etc. denken kann, die sich y ran) ist m. wobei man dann auch wieder
aus: regnen, schmutzen, den Boden auflösen annehmen muss, dass die Bedtg.: weichen
u. weich machen etc. auch leicht ergicbt. (sei es nun in der Bedtg. : sich entfernen
Da nun aber die Wörter lim u. lem (als CO od. gehen weg, fliehen, od. in der von:
LINDE
513
LINT LIND
weich machen, erweichen, sich auflösen u.
von einander trennen etc., cf, unter lin)
sich von selbst arts der Bedtg. : rennen od.
sich bewegen, rasch laufen etc. od. aus:
rinnen, strömen, flicssen, regnen, od. laufen
aus Etwas heraus, laufen von einem Ort
weg etc. ergiebt.
linde, Linde, tilia. — Der allen germ.
Sprachen eigene Name dieses Baumes rührt
daher, weil sowohl sein BlattwerJc als sein
Holz so lind od. toeich, nachgiebig u.
zart ist.
linden, linden od. von der Linde; —
linden bast, linden holt etc.
linder, linder, gelinder etc., s. lind.
lindern, lindern, mildern; besänftigen, be-
ruhigen, mindern etc. ; — de pin lindern ;
— de wind linderd sük.
lind-wurin, s. lintwurm.
line, lin, Leine, dünnes Tau, Seil, Lenk-
seil, Band, Schnur etc.; — Redensart, ii.
Sprichw. : de beiden sunt ens, se trekkon
mit 'n ander an ene iTue ; — he hed hum
in de line, od. an de line — an 't lintje —
in od. an 't tau — in 't sleptau etc. — Zu
lin. bz. mit diesem aus lat. linum.
lingeu od. gelingen, gelingen od. gehen,
vorwärts gelten, vorwärts kommen, von Statten
gehen, glücken, Erfolg haben etc. ; — dat
wul net lingen (od. dat wul hum net lingen
— dat lung hum net — is hum net hingen),
dat he sük dörbrök (od. dat he sin hüs etc.
göd ferköfde). — Mhd., mnd. liügen (vor-
ivärts gehen, von Statten od. vom Flecke
gehen, gelingen). — Es gehört zur y langh,
springen, eilen, vorwärts kommen etc., cf. laug.
link, linke, links, linker, link, linke,
linker, links; Gegensatz von recht, rechte,
rechts; — de linke od. linker band; — du
must links ofdreien. — Ahd. line, ling, lene ;
nd., mnd., nid., mnld. link. — Dieses Wort
wird entweder als Gegensatz von regt (ge-
rade) die Bedtg. : von der geraden Richtung
abweichend, gekrümmt, gebogen, verkehrt,
verdreht etc. oder die von : biegsam, schlank,
dünn, schwach etc. haben u. ivird es daher
wohl mit ahd. hlanca, lanca, lanka, lancba;
mhd. lanke, lanche (Hüfte, Seite, Lende,
Weiche); — ags. hlence od. hlenca; an.
hleckr; dän. länke (Kette); norw. lekk
(Glied, Gelenk od. Bing in einer Kette;
Kette); engl, link; nhd. (Ge-)\Qn\i.; — ags.
blink (Hügel, cf. bog, hök etc. von der y
kuk), engl. Hoch (Hügel, Grenzhügel etc.),
an. hlickr (obliquitas, curvamen) etc. ; —
ags. hlanc; engl, lank dünn, mager, schmal,
schmächtig, schlank, biegsam), mhd. lenke
(biegsam)^ lenken (biegen, falten, wenden,
richten; sich biegen, sich krümmen, sich
wenden od. richten) zu einer u. derselben ]/
J. ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II.
blank (idg. kräng od. kranc, krag, karg u.
dies vielleicht eine Scliallwurzel ivie krak etc.,
die tote knak ti. knik aus sonus, crei)itus
auch die Bedtg. : brechen, knicken, biegen
5 etc. entwickelte ?) od. zu einem u. demselben
Stammverb, blincan (knicken, biegen, krümmen
etc., s. imter lunke) gehören. Andererseits
kömmt aber auch noch in Frage das ahd.
slinc; nid. slink (link), sliiikcn (dünn od.
10 schwach loerden), wovon wallon. blincbe
(link), afranz. esclenque, esclenche (linke
Hand) u. was angeblich mit vorgesetztem
s aus line (link) entstanden sein soll, obschon
ich eher glaube, dass es mit slank, slenke
15 etc. connex ist, toorüber Weiteres unter
diesen Wörtern, sowie unter slinken, slinksk
zu vergleichen.
linjäl, Lineal. Werkzeug um Striche od.
Linien ihm entlang zu ziehen. — Zu linje.
20 linje, Linie, gezogener Strich etc. ; — he
Schrift up linjes, anders makt he alle rigen
schef. — Aus lat. linea u. dies von linum,
cf. lin. — Die Bedtg. Strich entstand aus
Leine od. Schnur dadurch, dass sehr viele
25 Arbeiten nach der Schnur gemacht wurden,
um ihnen enttoeder eine gerade od. über-
haupt die vorgeschriebene Richtung zu geben,
ganz wie man auch Linien od. Striche zieht,
um die Schriftzeilen gerade zu halten od.
30 einem Etioas die beabsichtigte Richtung
zu geben.
linjeron, liniren. Striche ziehen.
linnen, a) leinen, von Leinen od. Flachs ;
— linnen gärn, — linnen göd od. linnengöd,
35 — linnen hemden, — linnen büksens etc. ;
— b) Leinen, Leinwand; — 'n dügtigen lap
linnen. — Aus as. linin (leinen u. auch
subst. : Leinen) von lin.
lin-ölje, Leinöl.
40 lin-siul od. linsät, Leinsamen.
1. lint od. lind (dat), dünnes plattes Band
od. ein Bandstreifen von sehr verschiedener
Breite u. aus verschiedenen Stoffen (Lein,
Wolle, Baumwolle, Seide) gefertigt. Es icird
45 gebraucht zum Besatz der Ränder von
Kleidern, Schuhen, bz. icie auch eine kante
od. Spitze u. sträk genannter Randbesatz
zum Schmuck der Kleider u. Hüte u. auch
zum Binden u. Umivickeln, bz. als Windel,
50 Wickelband, Haarband (taenia etc.). — Nd.
(Br. Wb.) lind, lint; nid., mnd. mnld. lint
(fascia, funiculus, taenia, vitta, fasciola. —
Entweder mit an. lindi (Gürtel), isl. lindi
(cingulum, zona), norw. linde (Wickelband,
55 Gürtel), schived. linda (Band, Wickelband,
Windel), norw. linda (umgürten, umioickeln,
umbinden), schwed. linda (binden, winden,
wickeln, tvindeln), nhd. (Weig and) lind
(Baumbast, Flachsbast) od. lindt, lint, lynt
60 (Bast zum Binden) von linde (tilia) od. als
33
LINt
514
LINT-WÜRM LINDWURM
tceiches, biegsames, zähes, festes u. schmieg-
sames iJtwa^ mit lind u. linde die red. rom
Verb, linnan, lan, lununi (weichen, abbiegen,
nacftgebcn etc.), od. vielleicht auch mit aengl.
lint (tiieuiii, linca; linamcntuni) ; engl, lint
(Flachs, zubereiteter Flachs, (harpie, ge-
zupfte Leinwand, Wundfäden) icohl aus tat.
linti'iiiii od. lintea (von linuni, cf. iJn), wovon
auch (J)icz 1, '^4S) ital. Icuza (Binde von
Leinwand) etc.
2. Hut in der (scherzh. ?) Redensart:
blaue lint od. blau lint für blaue, dünne,
abgerahmte, wässerige Milch. — Ist hier
lint dasselbe Wort wie 1 lint in der Bedtg.:
Leinetist reifen od. wie engl, lint in der von:
Leinen-Fasern od. Fasern überhaupt, so dass
die dünne abgerahmte Milch dc-ihalb so ge-
nannt wird, weil sie blauslreifig od. blau-
aderig, blaufaserig etc. ist, od. ist es mit
lind (lind, milde, sanft, süss etc.) connex,
sodass es als Subst. ein lindes, mildes, süsses
od. linderndes Fticas (einen linden od.
lindernden Trank u. so auch Milch) be-
zeichnet ? — Oder hat es die Bedtg. :
schwaches od. dünnes, jcässeriges Etwas,
sodass es in dieser Bedtg. mit lind, lint,
lintb (cf. lind etc. auch in der Bedtg. :
schwach, zart, dünn, nicht stark etc.)
conne.r ist?
Lilite], Name eines nördlich von der Stadt
Norden von Ost nach West sich hinziehenden
Sandrückens od. Sandstriches, jetzt in zwei
kleine Gemeinden Ost- u. Westli)itel gelheilt.
Da derselbe auch jetzt mit Ausnahme von
Ekel (cf. dieses u. s. weiter unten) noch
mehr mit Gehölz bestanden ist, wie die son-
stige näclistc Umgebung der Stadt u. in alten
Zeiten wohl ganz mit Wald bestanden war,
so ist die Endung 1 od. cl wohl ebenso wie
in Ekel (s. d.) u. Etzol (fries. tz aus urspr.
k, cf. z. B. tzerke statt kerke [Kirche],
tziasa statt kiasa etc. etc.), Bökel etc. (s.
Weiteres unter lo bei Seh. u. L. II, 709
u. Amol d, Wander. der Stämme, pag. 117,
bz. unserm 1 loje) aus lo, loh (lucns) ent-
standen, sodass Lintei für älteres Linte-lo
od. Lint-lo (wie Ekel ». Etzel für Eke-lo,
Eichwald, Eichen-Gehölz) steht, wobei es
dann allerdings noch fraglich ist, ob der
erste 2'heit, nämlich Linto, dasselbe Wort
(die Form ist i}i der ngerm. Sprache überall
linde u. nicht linthc) ist ivie linde (tilia)
n. Lintcd od. Lintelo demnach urspr. die
Bedtg. L i n den- W ald od. ein L i n d e n-
(rehölz hatte, od. ob ilie Vorsilbe lint
nicht mit 1 lint in der Bedtg.: schmaler
Bandstreifen od. Streifen der als Randbesatz
an Etwas befestigt wird, bz. sich an den
Saum von Etwas hinzieht od. auch selbst
den Saum von Etwas (eines Kleides, eines
Hutes, eines Schuhes etc. zu deren Rand-
Einfassung das lint genannte Band ja auch
stets verwandt wird) bildet, ident. ist, so
dass Lintei od. Lintelo urspr. ein Saum-
5 Wald, od. einen Wald (ein Gehölz etc), der
sich wie ein Band od. Bandstreifen, Streifen,
Strich etc. an dem Rande von Etwas hin-
zieht, bezeichnete. Für die Bedtg. : Band-
streifen etc. od. Randbesatz, Saum etc. der
10 Vorsilbe Lint spricht jedenfalls auch der
Umstand, dass der Lintei genannte Land-
strich sich in geringer Breite wie ein Band-
streifen von Ost nach West hinzieht u. zu-
gleich auch der Saum od. Saumslrich der
15 nördlich davon liegenden Marsch ist, deren
Rand er ebenso ein- u. umsäumt u. deren
Rand- u. Saum-Strich derselbe ebenso bildet
wie das lint genannte Band dies bei einem
Kleide etc. thut.
20 lintje, kleine Leine, kleines od. dünnes
Seil; kleine Schnur, Schnürchen; — Dimin.
von line. — Redensart: he hed dat (od.
hum) an 't liiitjo (am Schnürchen).
liiit-wunii, liiidwiirni, Bandwurm (Taenia
25 L.) — Nid. lintworm (dasselbe). — Dieses
Wort enthält im ersten Theil lint etc.
zweifellos u)tser 1 lint (Band), wie ja auch
die tat. Benennung Taenia sich von taenia
(Band etc.) herschreibt. Ob nun aber auch
30 lind, lint im mnld. lindworm (jaculus, croco-
dilus Niliacns, fuchus ; vermis niloticus etc.);
ahd. lintwurm; nd., mnd. lindwurm (Lind-
wurm, geflügeltes, schlangenartiges Unge-
heuer) sowie im dän., norw., schwed. liudorm
35 (zum Theil dasselbe wie nhd. Lindwurm,
sodann aber speciell auch die R i n gel-
schlang e) u. im mhd. lintdrache, lint-
raclie, lintiacke (fabelhaftes Ungeheuer, halb
Schlange, halb Drache od. auch dasselbe tvie
40 lintwurm) überall dasselbe Wort ist toie in
unserm lintwurm od. nicht zum Theil mit
ahd. lint (Schlange) u. an., isl. linni (coluher,
serpens, Schlange, Viper, Eidechse etc.;
servus, Sclave, Leibeigner) ident. ist, ist
45 nicht sicher zu sagen. Dass aber die Vor-
silbe lind, lint //( den obigen Wörtern, sowie
auch das ahd. Subst. lint u. an. linni wahr-
scheinl. ebenso icie lind (lind, gelinde, nach-
giebig etc.) u. unser lint, nebst an., isl. lindi
50 etc. (s. oben unter lind, linde u. 1 lint) zum
Verb, linnan (weichen, abweichen, nachgeben)
gehören u. diese Wörter überall ein weiches,
nachgiebiges , biegsames , schla)ikes , zähes
Etwas od. ein dergl. Wesen bezeichnen, ist
56 wohl kaum zu bezweifeln, zumal da ja eine
solche Bedtg. für die obigen Thicre sowohl
wie für unser 1 lint m. an. lindi (Gürtel,
od. ursjir. ein schlanker dünner Weidenzweig,
bz. ein von Baumbast gedrehtes Tau) sehr
60 gut stimmt.
LIt>E LlP 515 LISPELN
lipe, lip, Lefze, Unterlippe, dicke hän- weniger als Idein, sehr od. ganz besonders
gende Unterlippe, Maul, schiefes Maid; — Mein. — Nd. (Br. Wb. III, 107) lierlütjet;
he let de lipe hangen, er mault, lässt die nfrics. (Jvhansen, pag. 150, a) liiri-letj ;
Unterlippe od. das Maul hängen, macht ein holst. (Schütze III, 62) lürlütj ; dithm.
saures, unzufriedenes, loeinerlichcs Gesicht, 5 luer- od. lücr-U'itjet. — Dieselbe Vorsilbe
wird muthlos etc. ; — ho makt (od. trekt) ist auch lier in nid, mnld., mfläm. Her- od.
'n lip, dat mau d'r hast bang für worden liere-lauw (tepiduhis, bz. un peu tiedo) u.
schul. — Nd., mnd., nfries. lipe ; schwed. lier- od. liere-lauwen (tepidiilam sive subte-
lip etc. Nebenform von lippe, bz. mit ahd. pidam reddcre, bz. ein wetiig lauer machen,
lefs (Lefze) etc. ti. norio. lepe ; dän. laebe 10 od. loeniger u. geringer lau machen, abflauen,
(Lippe, Lefze, cf. lipen) etc. aus einer and. abkühlen). — Was die Herkunft dieses einen
Form lepa CJ/jem« lepja?, s. Weiteres unter geringern Grad od. eine Abminderung u.
lippe) entstanden. Milderung, Abschioächung etc. von Ettoas
lipen, eine lipe od. eine dicke Lefze, hän- anzeigenden lir od. lier, liir betrifft, so
gende Unterlippe machen, die Lefze od. 15 scheint es mir ein ähnliches Contract. wie
dicke Unterlippe auf werfen od. hängen lassen, ter = teder (zart) od. 1er (Leder)., wer
durch Aufwerfen od. Hängenlassen der (Wetter), ter (Feder) etc. zu sein, sodass
Unterlippe u. Verziehung seines Mauls man dafür eine urspr. Form lider od. lither
seinen Unwillen w. Verdruss zu erkennen anzusetzen hat. Dieses lider aber kann nichts
geben, misslaunig sein od. werden, maulen 20 anderes als der Comparativ von as. lidhi,
etc.; — he löpt to lipen; — du brükst net lithi ; ags. lidhi (weich, nachgiebig, schwach,
glik lipen, wen du din wille net krigst. — zart, dünn, bz. linde, gelinde, sanft, milde
Nd., mnd. lipen; nfries. lipe; wang. lipje; etc., cf. lind) sein, looraus sich für das
schwed. lipa etc. — Zu lipe. wahrscheinl. daraus contrahirte lir od. lier
lippe, lip, Lippe, Lefze. — Nid. lip ; 25 die Bedtg. : linder , gelinder , schwächer,
mnld., nd., mnd., md. lippe; afries. lippa; milder, weniger, geringer etc. von selbst
wfries. lippe, lip ; satl. lip ; ags. lippa ; aengl. ergab.
lippe; engl, lip; norw. lepe u. lippa; schwed. li-sam, sanft, milde, sachte, leise, unver-
läpp u. lip ; dän. labe u. lippe ; ahd., mhd. merkt, ruhig, angenehm, bequem, gemächlich
]eh,\erps (Lippe, Lefze) u. ahd. \effiir,\eÜ'urä,; 30 etc.; — lisäm wer (sanftes, ruhiges, mildes,
as. leporä (Plur. labia). — Mit lat. labea, angenehmes Wetter); — he sprekt so iTsam
labia, labium u. labrum etc., sowie läpel (milde u. ruhig etc., bz. nicht hart, rauh
(Löffel) u. labben etc. zu der y lap, lab, od. laut) ; — dat geid all' sin lisameu gang ;
lamb (lambere) ; s. Weiteres unter labbekak. — de wagen färd regt lisäm (sanft, bequem
1. lire od. lire, ein gedrehtes Band (od. 35 etc.); — he is d'r so regt lisam (so recht
eine gedrehte Schnur), tvelches hier früher ruhig u. gemächlich, ohne Spektakel od. Hast
von den Posamentirern gefertigt u. zum Be- etc.) bi dön ; — lisäm uptreden (milde u.
satz der Kleider gebraucht wurde. — Es ruhig, bz. sachte u. leise auftreten) ; — dat
ist wohl Subst. zu liren in der abgeleiteten bot glidt d'r lisäm längs etc. — cf li, wo-
Bedtg.: drehen. 40 von es mit säm zusammengesetzt ist. Es
2. lire od. lire, a) Leier, Leierkasten, kann darnach aber auch schon für ein altes
Drehorgel; — b) Melodie, besonders eine verlornes as. lidhi-samo = ahd. lindi-samo
langweilige u. eintönige; — 't geid all' na stehen.
en lire ; — c) eine mit einem Kurbel gc- lispeln , lispeln , mit leise säuselndem
drehte Drehwinde od. kleine Schiffswinde. 45 Tone reden, bz. beim Sprechen einen leise
— Es ist loie auch nhd. Leier (Kurbel, zischenden Ton hören lassen u. dadurch
cf. bei Weigand das zweite Leier) in undeutlich sprechen, was dadurch entsteht,
beiden Bedtgn. ein u. dasselbe (aus franz. dass man den Mund nicht loeit genug öffnet
lire, ital. lira, bz. griech., lat. lyra ; griech, u. mit vorne zwischen den Zähnen od. Lippen
lyra entlehnte) Wort. 50 liegender Zunge durch die Lippen spricht
liren od. liren, a) leiern, auf der Leier od. dass die Zunge zu lang ist u. stets vorne
od. dem Leierkasten spielen, eintönig singen an die Zähne, bz. an die Lippenränder an-
etc. — b) drehen u. in dieser Bedtg. von stösst u. somit dem Hauche od. dem Tone
der ersten (d. h. von dem Drehen des Leier- den freien Ausgang versperrt. — Nid.,
kastens) entlehnt. 55 mnld. lispelen. — Es ist Iterativ von mnld.
liren- od. liren-dreier, a) ein Leierkasten- lispen (balbutire, titubare) ; ahd. (lispjan),
od. Drehorgel-Dreher, Drehorgelspieler; — lispan, lispen; mhd. lispen; aengl. lispin ;
b) ein Verfertiger des sub 1 lire gedrehten engl, lispe u. wird (auch aengl. lipsed neben
Bandes. lisped lässt ein %irspr. lipsan vermuthen)
lir-lütje, lirliitjet, winzig klein od. noch 60 dieses von 0. Schade u. M. Lexer von
33*
LIST
hl6
LITER
dem aus lepse, lefse od. leps, lefs (s. unter
lippe) versetzten mhd. lespe (cf. auch wespe
aMS wepse etc.) abgeleitet u. mit durch die
lespc od. Lippen spr ecli en gedeutet.
Da indesse)t auch ags. ein AdJ.\\[s\) (lilaesiis,
balbus, sibilans) belegt ist, was auch ahd.
in der Form lisp (0. Schade führt
übrigens kein ahd. lisp auf) vorkommen
soll, so loinl von Andern (cf. Weigand)
das ahd. (lispjaii), li«pan etc., wieder von
diesem Adj. ags. vlisp, ahd. lisp abgeleitet
u. also die Ableitung von lespe, bz. lepse
(Lefze, Lippe) verwarfen.
list, Ljist, ränkevolle Klugheit, Schlauheit,
Verschlageiilieit, bz. Kunst etc. ; — dat siiut
siu ferilOuulo listen od. künsten. — Sprichw. :
mit list nn gediiUl fangd mau 6k de tos. —
Nd., mnd., nid, mnld., mjläm. list; afries.
list, lest •, satl., wfries. list ; as., ahd., mhd.,
vid. list (Klugheit, Weisheit, Wissoischaft,
Kunst, Zauberkunst, List, Schlauheit) ; an.
list (Kunst,Kunftferligkeit, Geschicklichkeit) ;
norw., schwed., dän. list (List); goth. lists
(scioütia, ars ; dolus). — Zu goth. leisan, lais ;
]\sum,V\sins (erfahren, lernen, wissend wer den),
bz. ahd. lisnün etc., s. Weiteres unter ö leren.
liste, list, Leiste, Streifen, Holzstreifen
etc., bz. erliöhte od. vorstellende Borte, Ein-
fassung, Eand etc. namentlich von JIulz; —
dat schap is mit listen belegd ; — de disk is
mit listen int'ädt; — dat is mit goldlisten
infädt etc. — Xd., mnd. liste; }dd. lijst: mnld.
lyst, list (limbus, timbria, ora, extreniitas,
labruni, margo) ; ahd. lista ; ndul. liste ; ags. list ;
aengl. liste ; an. lista; engl, list ; norw., schwed.,
dän. list. — Davon ital., span., prov. lista;
port. lista, listra; franz. liste (Streif), abgel.
franz. lisiere fiir listicre (Saum, Kante). —
Ks gehört gleichfalls zu einon, dem goth.
leisan (s. unter list u. 2 leste) entsprechenden
ahd., as. lisan u. zwar wühl nicht wie Fick
(cf. II J, 272) in der Bedtg.: abire, sondern
ivold eher in der von: gehen, fahren etc.,
sodass es wie nhd. Geleise urs^^r. einen
durch Druck entstandenen Streifen od. iiber-
haupt eine Vertiefung etc. (cf. auch 1 leste
((. leske) bezeichnete, loobei man, wie bei
einem Geleise, auch erwägen muss, dass
Jede durch Druck entstandene Spur od. Ver-
tiefung auch ivieder vor.-itehende u. gegen
die Umgebung abstechende Bänder hat.
2. liste, list, Liste, Verzeichniss od. eigent-
lich ein Streifen Papier, worauf Namen etc.
verzeichnet sind; — ik liebb' dat net mit
iip de list; — sin n;ini steid net mit up de
list. — Entweder dasselbe ivic 1 liste od. aus
dem franz. liitc u. dies aus l liste entlehnt.
listen, leisten, mit einer Leiste od. meJirercn
Leisten beschlagen od. verzieren; — be-
listen, beieisten.
listig, a) listig, schlau, verschlagen etc. )
— b) fremdartig, sonderbar, komisch etc.
lit, s. lid.
liter, ein kleiner hohlgeschichteter pgra-
') midenförmiger Haufe u. zwar speciell von
Torf; — de tört' in liters setten um to
drögen. — Dieses hier nur in der Torf-
gräberci bekannte u. gebrauchte, auch sonst
anscJieinend )iirgends vorkommende Wort
10 hat selbstredend mit dem erst durch die
neuere deutsche Gesetzgebung eingeführten
franz. liter od. litre nichts gemein, sondern
ist wollt mit der Ableitungssilbe er von lit
in der Bedtg. : Stück, Thcil (cf. 1 lid) weiter-
15 gebildet, tved aber der frisch gegrabene Torf
zuerst auf recht stehend in sog. Tagwerken
zusammengestellt tvird u. dann, wenn er
etwas consistent geworden ist, behufs des
völligen Austrocknens in liter (od. kleine
20 Theile, kleine Haufen etc.) zerlegt u. kreuz-
weise über einander liegend aufgestellt wird,
so könnte es auch mit litik u. littel (klein)
vom Stamm lit fortgebildet sein. Da aber
litik u. littel (klein, cf. auch engl, lite,
2") klei)i, wenig etc. u. lite, ein kleiner Theil,
ein Weniges etc.) auch Weiterbildungen
eines Stammes lit (wie liitje u. liitjet von
lüt) sind (de Haan Hettema liat in
seinem fries. Idioticon auch einen Compar.
30 litter), so wäre es auch möglich, dass von
dessen Compar. liter (kleiner) zuerst das
folgende Verb, liter n (s. d.) gebildet u. dann
wieder liter das Subst. iväre. Sodann
ist es ferner aber auch möglich, dass neben
35 ahd. lidün (theilen, in Stücke schneiden)
u. an. lidlia od. lida (articulatim dividere
etc.) als Weiterbildung von lid (Glied,
Stück, Theil, Abtheilung) auch ein as.
lidliön, lithön; afries. lidha, litha mit der-
40 selben Bedtg. bestanden hat, u. dass eben
das obige liter (od. urspr. lither) nebst dem
nachfolgenden Verb, litern (ursj)r. lithern) zu
diesem Verb, gehört, wo dan n litern als Iterativ
von afries. litha = ahd. lidön einerseits
45 die Bedtg. : in Theile oder Abtheilungen zer-
legen u. aufstellen, andererseits aber auch
wieder dieselbe Bedtg. wie das nhd. gliedern
(cf. auch die Compos. : ent- u. zer-gliedern)
haben könnte.
50 Zum Schlüsse sei noch loegen der Stämme
lit vo)i afries. litik etc. u. lüt von unserm
lütje etc. (ef dieses) bemerkt, dass man hier-
für wahrscheinl. ein altes germ. Verb, litan,
lat, lut, hitum, lutans (trennen, spalten etc.)
55 anzusetzen iiat, von dessen Präter. lat auch
möglicherweise unser laten (lassen, ver-
lassen, sich trennen von etc.) abstammt u.
wovon sich dann auch das obige liter u.
das folgende litern bei uns auf den Mooren
CO erhalten haben könnte.
LITERN
517
LOBBE LOB
litern, den gegrabenen u. zuerst in sog.
Tagwerke (utigefähr 2 Last) aufrecht neben
einander aufgestellten Torf in kleine Haufen
von etwa 10 Soden eintheilcn u. krcu-jweise
über einander gelegt aufschicMen, damit die
einzelnen Torfsoden an der Lnft trocknen
u. hart loerden; — de türf is bohl so wid,
dat he literd worden kan. — Zu liter od.
dieses das Subst. zu litern, s. das Weitere
unter liter.
lit-gröing (0. L. B.,pag. 767, litgrowinge),
Glied- od. Gelenk- jbickwerdung, bz. das
Dickwerden, Anschioellen eines Gliedes od.
Gelenkes in Folge eines Schlages od. Stosses
etc. — gröing, bz. growing gehört zu groien,
cf. greien etc.
lit-handske, s. lidhandske.
lit-niul, s. lidmäl.
lit-mät, s. lidmät.
lit-rüske, s. lidrüske.
litse, lits, dünne runde Schnur, od. Schnur,
Band etc. als Bandbesatz an Kleidern od.
an Kleidungsstücken, um sie damit auf einen
Pflock od. Nagel aufzuhängen. — Mhd.
litze. — Aus ^ranz. lice u. dies aus lat.
licium, dessen erste Bedtg. Trumm (cf.
drömel u. daselbst das nhd. Trumm etc.)
lüohl auf einen Zusammenhang mit der y lak
(zertrennen, zerreissen etc., cf. lat. lacer,
lacerare u. griech. läkos, Fetzen etc.) od.
mit der ]/ rik (reissen, ritzen, zerreissen etc.,
cf. griech. ereikö, zerreissen, zerbrechen, zer-
spalten, theilen, trennen etc.) schliessen lässt.
lit-snialilig (0. L. B., pag. 731 u. 735) ;
mnd. litsmalinge ; afries. litlismelinge, Glied-
Schmälung, Schmal- od. Dünn - Werdung
eines Gliedes, Gliedverdünnung, Glied-
schwindung, Gliedeinschrumpfung de.
lit-teken, s. lidteken.
litterig, litti'ig, gliederig od. was viele
Glieder, Gelenke, Absätze od. Gelenkknoten
u. Verdickungen hat, wie z. B. von Stöcken,
Zweigen, Aestcn od. viel- u. kurzgliedrigem
Biet etc.; ferner auch: vielfach gegliedert
od. in viele einzelne Glieder zertheilt u.
zerspalten, wie z. B. von vielästigen Bäumen
u. namentlich solchen, die gleich unten sich
vielfach theilen u. nicht in einem Stamm in
die Höhe schiessen.
16, s. loh.
lobbe, lob, a) eine weiche schwammige od.
schlaff niederhängende, dick aufgeschwollene
Fleisch- od. Fett-Masse od. ein Etwas ivelches
weich u. schlaff, od. dick aufgeschwollen u.
lose, locker od. schivammig etc. zugleich ist;
— daher auch sgn. mit nhd. Wamme, Wange
u. unserm 2 kwabbe; — he hed dar so 'n
lobbe under 't kin od. au de hals hangen ;
— se krigt ördentlik lobben (Wammen)
undert 't kin, so fet word se ; — de lobbeu
(tceiche schioammige Lappen od. Klumpen,
Stücke etc.) fet mut ji mi net an 't Hcs
Sitten laten; — b) eine geronnene dickliche
breiige od. weichklumpige Flüssigkeit; —
5 't is emer lobbe, z. Li. die Suppe, der Brei,
die Jauche etc., cf. lobbig ; — c) Klunker
od. Schmutzklumpen, die unten am Bande
der Kleider hängen u. Einem baumelnd um
die Füsse schlagen; — de lobben bangen
10 d'r bi dal un slän hör um de benen. —
Vergl.dazu: lob, lub (v.Dale etc.), nieder-
hängender Halskragen, ivulstige Hals- od.
Handkrause, krause Manschette; Wamme,
Wambe; — lobbe, Lumpe, Lümmel; —
15 lobbenloos, sonder od. ohne lobben; —
lobberen, kwabbeln od. tvackeln von Fett
etc.; im Wasser plantschen od. ivaten; —
lobbig, schlaff' u. weit hängend; — loboor,
Hund od. Schwein mit schlaff hängenden
20 Ohren ; fig. ein Lump, Lümmel etc. ; —
loboorig, mit schlaff' niederhängenden Ohren
versehen ; fig. : dumm, einfältig etc. ; —
mnld. lobbe (fibra ; patagium , ornamenti
genus crispum et sinuatum in extremitate
25 colli aut brachii), lobbe , lobbeken (canis
villosus); — nd. (Br. Wb.) lobbe; mnd.
(Seh. u. L.) lobbe, lubbe (Manschette, dicke
Hand- od. Halskrause; dicke hang ende Lippe ;
der dicke unförmliche Vordertheil eines Stock-
30 od. Bundfisches ; im osnabr. auch ein grosser
Hund od. Muffel) ; — engl, lob (Lümmel,
Flegel, Grobian; eine dicke Masse, Klumpen;
der TJieil des Baumstammes, wo die ersten
Ziveige sich ausbreiten ; eine grosse Schneu-
ze kugel; ein Begeniourm , auch lob-worm
genannt), lob (schlaff od. träge hängen lassen,
z. B. den Kopf, die Ohren etc.), lobcock
(lA'immel, Flegel, bäurischer Mensch); lobe
(Jjungen- od. Leberflügel; Ohrläppchen,
40 Samenlappcn, Ljäppchen), lob-like (plump,
grob) etc., lubber u. Inbby (dicker faider
Schlingel, Lümmel, Tölpel, Grobian), lubbard
(Bärenhäuter, Faulpelz) ; — aengl. lobbe
(canis villosus), lober u. lobi (lÄtmmel, fauler
45 Schlingel) ; — schalt. (Orkn., cf. Jamieson)
lubba (a coarse grass of any kind) ; — ■ an.,
isl. lubbi (liirsiitus, flaccus [canis] ; sorvus
ignavus = engl, lubber) etc. ; — nono. lubb,
lubba (eine rundliche dicke beleibte Figur,
50 meist am Thier ; auch eine Benennung der
Schafe; abweichend libb, libba), lubbefisk,
lubbetorsk (Fisch mit einer dicken stumpfen
abgerundeten Figur), lubben, schwed. dialect.
lubbig (dick stumpf rundlich beleibt) etc. —
55 Zu lobbe etc. kommt zunächst das zur y
lab (niederhängen, baumeln, bummeln etc.)
gehörende griech. löbos (der unterste her-
unterhängende Theil des Ohres, Ohrläppchen ;
L.eberlappen, Leberflügel etc.) in Betracht,
60 tcoraus es tvahrscheinl. entlehnt ist u. tvoraus
LOBBIG LOBBERIG 518 LOD
sich dann auch wohl die sonst. Bedtf/)i. der — Nd., mnd., uld., mnid. lood od. lod, 16t;
obigen (zweifellos sämmtlich verwandten) afries. lad; wfries. lead ; nfries. luad, liid;
M'örter weiter entwickelt halten. Wegen der wang , xatl. lod ; helg. leadd ; ags. leäd ;
7 lab, wozu Fivk auch inhd. lape (Laffe) aengl., engl lead; an., ist. lod; norw. lodd ;
u. unser lajipe etc. stellt, cf. Fick II, ^l'J 5 dän., schwed. lod; nilid. \ol (Blei, giesshares
u. Weiteres unter ]aj)i)eu. Metall, Metallgemisch zum Lüthen, Senkblei,
lobbi^. lübbei'i^. a) schlaff' u. weich, welk, aus Metall gegossenes Gewicht, Gewicht). —
schwammig, lucker (z. B. von Hüben, Kohl- Fs stimmt formell wohl zu h'it in lüto,
rabi, Carotten etc.): — b) gallertartig, dick- li'into, lelüta von griech. li'iö (lösen, auflosen,
lieh, dickflüssig etc. (z. B. von Milchspeisen, 10 trennen, scheiden), bz. lut in griech. luter
Suppen etc.). — J\7(^ lobbig (schlaff etc.), (Löser, Fntschcider, Schiedsrichter), luterios
s. unter lobbe u. cf. kwabbig, kwabbelig (lösend) etc. — lat. lüt in so-lütum, so-lütus
von kwabbe. von solvo (so-luo), sowie ferner zu lut in
löehem, Lohe, Flamme, Flämmchen; — lat. lutum (Dreck, Schmutz), die wohl mit
de lüibem sleid d'r üt. — Mnld. od. fries. 15 air. lotli (Schmutz), lit. liitynas, lutyne
(cf. KU., pag. :255b) lochene; mnd. (Seh. (Sumpf, Pfuhl, Lehmpfütze) zu der ]/ lu
M. L.) loclieiie, logene ; as. logiia; nd.- (trennen, spalten, lösen, auflösen, aufthauen,
meklenb. \a\xc)ici\ od. nd.-pomm. (Dühnert) erweichen od. weich werden etc.), bz. urspr.
loechen, leuchcn; anld. (cf. Weiland ru (cf. ruto bei Fick II, 210) gehören «.
unter loog, Flamme) logcliem. — Zu anld. 20 wenn Fick (III, 273) zu dieser y auch
loogh ; mhd. lohe; ahd. loiic, lauch etc. fo»i an. lodh (hirsuties, bz. Zottel), lodhiiiu
Brüter, laue, lauh, löli etc. von goth.\\\\\\Ai\ (zottig); ags. lodba (Mantel); ahd. lade,
etc., cf. lecht u. lücht (Licht). \oAo; mhd. lode (grobes Tuch, Mantel daraus)
löehenen, löchnen, lochen, leugnen, in etc. stellt, so ist wohl kaum zu bezweifeln,
Abrede stellen. — Satl. löcheiije ; nd. lüguen, 25 dass auch obiges löd (Blei) derselben y an-
löchnen , lochen ; 7nnd. lochenen , lochen, gehört u. ziour entweder in der Bedtg. :
loken ; nid. loochenen ; as. lögnian ; ags. auflösen, weich werden od. weich u. flüssig
legnjan, lygiijau, lyguiiu ; goth. laugujau; machen etc. od. in der von lösen, trennen,
ahd. lougauen, lougenen, lougnan, lougueu, sondern, scheiden etc., sodass löd ursjjr.
laucneu ; amhd. lougenen, lougenün; mhd. 30 entweder als ein lösiges, weiches, leicht
lougenen, lougen, louken. — Weiterbildung flüssiges etc. Etwas, od. ah ein Etwas was
von lougan (cf. logen) mit jan u. demnach sich leicht löset u. trennt od. leicht scheidet,
wohl soviel als Lügen (od. eine Lüge) abscheidet etc. aufgefasst ist, zu welch
machen od. anfertigen, erfinden etc. letzterer Auffassung ja auch die leichte u.
löchener, löcliner, Lügner. S. tveitcr das 35 mühelose Art der Gewinnung des Bleis
gebräuchlichere lögner. Veranlassung gegeben haben kann. Wie
1. löd, a) Loth, Blei, plurabum; — b) ein steht es nun aber mit dem lat. plumbum m.
Gewichtsstück od. Gewicht, icovon hier griech. mölubos, mölubdos (Blei), wozu
früher 32 (bz. 2 auf eine Unze), sjmter 30 Pott auch ein hindost, mulwa in derselben
u. Jetzt 10 (Neu-Loth genannt) auf ein 40 Bedtg. anführt u. verschiedenerseits (cf.
Pfund gingen; — c) Senkblei der Schiffer z. B. G. Curtius, Grundzüge der griech.
u. Maurer; — 't löd smiten od. ütsmiten ; Eiymol , pag. 373) eine Stammform mluva
— 't löd bi de mür od. de pal holden (das postulirt wird? — Geht diese nicht vielleicht
Senkblei bei der Mauer od. dem Pfahl halten, mit ahd. maro, marawer (mürbe, weich etc.)
bz. es dabei an einer Schnur herunter gleiten 45 etc. u. griech. mölus (mürbe), amblüs für
lassen, um zu sehen, ob dieselbe od. der amlus etc. (cf. Fick I, 718) auf das Thema
Pfahl auch gerade od. lothrecht steht, tvoher niarva, malva (weich, mürbe etc), bz. mrava,
auch 2 löd in der Bedtg : senkrecht etc.;— mlava als Weiterbildung von der y mar,
d) Blei od. Bleikugeln, Bleikörner, Schrot, mal, bz. mra, mla (sterben, sich auflösen,
Hagel; — krüd un löd; — e) Gewicht, 50 vergehen etc., bz. zerreiben, aufreiben etc. etc.)
Schioere etc. ; — he hed löd in de billen zurück, ivozu auch unser mölen, malen, mär,
(er hat Gewicht etc. in den Arschbacken, mer, mör, mSr, mol, molt, mullen etc. ge-
d. h. a) er ist od. iviegt schwer, bz. er hat hört, soda.ss auch plumbum, mölubos u.
Gewicht u. Schwere etc. — «. b) er t^t hindost, nnüwa, ein weiches od. sich leicht
schwer od. corpulent ?<. somit schiverfällig 55 auflösendes Etwas bezeichnet? — Das
u. träge, bz. langsam u. faul); — he hed Blei i.^t ja das weichste, leicht lösigste
't löd in de billen (er hat das Gewicht, die od. leicht schmelzbarste, leicht flüssigste u.
Schioere, die drückende Last etc. in den leicht giessbarste von allen Metallen u. ist
Arsch-, bz. den Lenden-Backen od. Ober- meiner Ansicht nach die Zusammenstellung
Schenkeln) un kan darum ök net mitkamen. 60 von löd (Blei) mit goth. lamla, mhd. löte
LOD
519
LOD-REGT
(beschaffen) u. aho die Ableiluny (cf.Fick
III, 276 unter lud) von der y lud (cf.
lode) 2U verwerfen. Will man indessen die
Ableitung unsers lod etc. von der ]/ lu
(trennen, lösen, auflösen, schmelzen, thauen,
tveichen etc.) nicht gelten lassen, so tvürde
für lod als das leicht flüssigste od. das am
leichtesten fliessende u. giessbarste
Metall auch die y rudh, ruh; zend. (F.
Justi) rud (ßicssen, strömen, giessen) an-
gesetzt werden können, wie auch ja lode
von der aus rudh entstandenen germ. y
lud abstammt u. wozu ausser an. rodhra
(Blut, urspr. als das flies sende u. später
als das Bothe, roth färbende, Böthliche
aufgefasst, cf. rod) auch skr. loha (Eisen,
Metall etc. u. nach B enf ey auch B l u t),
kslav. ruda (Metall) etc. gehört, was Fick
allerdings als Roth-Erz deutet, toovon es
aber doch nicht sicher ist, ob es urspr. nicht
ebenso wie löd als ein flicssendes od. giess-
bares u. schmelzbares Erz, bz. als ein Etwas,
loas im Feuer in Fluss geräth od. flüs-
sig wird, aufgefasst ist. Angenommen aber
auch, dass die für skr. loha, bz. roha (cf.
lohita = rohita), kslav. ruda wirklich urspr.
die Bedtg.: roth es Erz od. Roth -Erz
gehabt hat u. dann später in die Bedtg. :
Eisen, Kupfer od. Erz u. Metall überhaupt
überging, so wäre es auch %vieder möglich,
dass auch unser lod urspr. blos die Bedtg. :
Metall od. Erz hatte u. später in die
spec. Bedtg.: Blei überging, bz. dass es
von Hause aus dasselbe Wort wäre wie das
kslav. ruda od. dass es mit diesem u. skr.
loha auch auf das dafür angesetzte Thema
raudha zurückginge.
2. lod, Loth, lothrecht; — de mür steid
net lod. S. unter 1 löd.
1. lode, lud od. lote, 16t, Latte od. Lode,
Lote, (einjähriger junger) Schoss, Spröss-
ling od. Spross, Trieb etc. ; — de junge
loden (od. loten) fan de albejen mutten
elker förjär bit up darde öge torügsneden
worden, wen de busken frügtbar un de bejen
gröt un dik blifen schölen ; — de water-
loden (die Wasser- Schosse od. die wilden
Triebe eines Fruchtbaums) mutten alle för-
jär wegsneden worden. — Nid. loot ; mnld.
lote; nd. (Br. Wb.) lade, late u. (Scham-
bach) lode, löe; mnd. lode, lade; ahd. Iota,
lata, latta ; mhd. late in sumar-lota (Sommer-
Schoss, einjähriger Schössling).
Es wird gewöhnlich mit lüde, lue (Leute,
s. d.) von as. liodan, ahd. liotan ; goth.
liudan (wachsen) abgeleitet, doch ist es
wohl wahrscheinlicher, dass es mit diesen
u. mit as. lud (crescentia) direct von
der y lud =: idg. rudh (wachsen etc.)
entstand.
2. lode, lod od. lodte, lodt, lotlie, lote
u. liitft (auch slötliaue, d. i. Graben- J laue
od. Graben-Hacke genannt), eine eiserne,
an einem langen Stiel befestigte, nach unten
5 einwärts gebogene Schaufel od. Schippe, die
dazu gebraucht wird, um den Schlamm u.
alle daselbst wachsende Wasserpflanzen aus
den Gräben u. Wasserleitungen zu ziehen.
Das dazu gehörende Verb, wird hier meist
10 (hart) lüdten u. seltener loden od. lothcn
gesprochen. — Nd. (Br. Wb.) lote, lootse,
late (dasselbe). Weiter vergl.: mnd. (Seh.
u. L.) lote (Rechen, Harke, tractula) ; nid.
(v. Dale) loet (ovenkrabber ; spaansche
15 bezem, bz. een werktuig waarmcde een schip
onder water geschrobd werd, also dasselbe
wie unser krabber [Kratzer od. Scharrer,
Kratz- od. Scharr-Eisen etc., Werkzeug,
worauf man die Füsse abkratzt od. die
20 Strassen reinigt u. den Dreck damit ab-
zieht u. zusammenscharrt] od. sclirabber u.
Schrubber od. Werkzeug zum Abkratzen,
Abschaben, Abscharren, Abreiben od. Rei-
nigen od. Wegnehmen von Schmidz u. Un-
25 rath) ; mnld. (KU.) loete, loedte u. gloedte
(d. i. ge-loedte), ein Scharr- od. Schür-Eisen,
rutabulum) ; mfläni. loet , loete , loedte,
gloedte (rable, rouable). — Ob mit ladde
etc. zu der y lu (trennen, lösen, reissen,
30 scharren etc.) ?
1. loden (zu 1 löd) bleiern, von Blei; —
'n loden dak; — loden kugeis etc.
2. loden, lüden, a) löthen, mit Blei od.
Schlagloth, Zinn etc. fest- od. zusammenlöthen.
35 3. loden (cf. 1 löd sub c) lothen. Ettvas
in Bezug auf seine senkrechte Richtung od.
in Bezug auf die Tiefe messen;^ — du niust
de mür äfen loden, cf se ök lik steid ; —
du must 't löd äfen ütsmiten un de düpte
40 fan 't water äfen loden od. peilen.
4. loden od. lödten, lothen, loten, mit
dem lode (s. 2 lode) genannten Instrument
arbeiten, bz. damit Gräben reinigen von
Schlamm. — Comjios. : üt-loden od. iitlödten ;
45 — de slöt mut ütlödt worden, dat 't water
wat beter oftogt krigt.
lodig (Adj. zu 1 löd), a) löthig ; — twalf-
od. sestein-lodig; — b) schwer, gewichtig,
schwer wiegend; — dat kind word so
50 lodig, dat en de arms d'r möi (müde) fan
worden , wen man 't 'n setje hold ; —
lodige kinder.
lodigheid. Schwere, Geioichtigkeit ; — fan
lodigheid kurod de junge na sin older hast
55 gen lik.
löd-line, Loth-Leine; a) Senkschnur zum
Lothen od. Blessen der Tiefe; — b) Perpen-
dikel, Senklinie.
lod-regt, lothrecht, senkrecht, der Blei-
60 schnür od. dem niederhängenden Loth gemäss.
LODSE LOTSE B20 LOF
lodse, lotse, löds, lots, ioo<sf, rfe5(7rHHf?es (das Lootsen, die Lootsenlioist, die Steuer-
«. des Weges kundiger Führer od. Geleits- )na»ns- od. Schiß'faJirtsJa(nde,(f. englmsLüAgc
mann, yiamentUeh auf Schiffen, sodann aber = Handhabung, Führung, Regierung, Len-
auch auf den Watten u. sonstigen unbe- kung, Aufsicht etc.), load- od. lodo-star
kannten u. gefährlichen Wegen, in welch 5 (Leitstern, Polarstern), load- od. lode-stone
letzterem Fall er den betr. Personen od. (Leitstein, Magnetstein) u. lodesman (der
Wagen zu Fasse vorangeht od. zu Pferde Ganghauer, JSlinenganghauer od. Mann, der
voranreitet ; — wi matten 'u lödsc an bord die Gänge haut etc.), ivelches letztere Wort
neraeii, de uns na baten hen ludst; — •wi allerdings nicht icie aengl. lodesman einen
hebben 'n goden iüds (od. lödsman) bi uns, 10 L.eits- od. Geleits mann bezeichnet,
de schal uns d'r wol seker heu geleiden. sondern ivohl von engl, lode in der Bedtg. :
— Xd., nid. loods, loots; Ja«, lods; schwed. Gang, Jlinengang, Erzader abzuleiten ist,
lots. Statt dessen aber auch : löi.h-,\(>tsmAn; was auch dasselbe Wort ist, wie ags. liidu
nd., nid. loods-, lootsman; noid. (Seh. u. etc., aengl. lade, lode etc. in der Bedtg:
L.) lötsman od. loetsman ; midd. lootsman; 15 iter, ductus, bz. Reise, Weg, Gang, Lauf,
Inflam, lootman ; engl, loadsman ; aengl. L^eitung etc.
lode-, \odes-n\a.n od. (cf. Str atman n unter Bass übrigens das aus ital. piloto u.
lad) lödesmon, lodesman ». lüdcrman. — pilota, franz. pilote entlehnte Pilot, nid.
Da in den altern Wörterbüchern das ein- iiijloot tceder mit lödse u. lödsman noch mit
fache lödse od. lotse nirgends verzeichnet 20 peilen u. löden etwas zu schaffen hat ti.
ist, so ist tcohl anziaxehmen, dass dieses ivahrscheinl. auch im rom. ein Fremdwort
neuere Wort aus dem jedenfalls alten löos- ist, sei hier noch beiläufig erwähnt,
od. lötsman gekürzt ist, zumal da man bei Iddsen, lootsen, leiten, geleiten, führen;
diesem wohl zunächst an einen Zusammen- — he lödst dat schip in de hafen; — he
hang mit löd in der Bedtg.: Senkblei 25 schal uns wol iifen na hüs lödsen.
(cf. 1 löd sub c) od. mit löden (lothcn, das lödsman, lötsman, s. unter lödsc.
Senkblei auswerfen od. fallen lassen, iim lol", Lob, Preis, Ruhm, Ehre etc. ; — he
die Tiefe des Wassers zu peilen, cf. 2 loden) hed gen lof (lobende Anerkennung etc.)
gedacht hat. Was nun aber das mnld., kregen ; — he hed d'r gen lof fan häld;
mnd. lootsman u. mfläm. lootman betrifft, 30 — dat hed hum gen lof makd; — God lof
so ist dies zweifellos mit dem neuen engl. (Gottlob, Gott sei gelobt). — Sprichw. :
loadsman aus dem aengl. lodesman u. lode- egen lof stinkd. — Nd., mnd., nid., mnld.,
man od. lödes-, lödermau (s. oben) entstanden, afries., ivfries., as., ags., an., schwed. lof;
bz. entlehnt u. da nun Stratmann unter noriv., dün. lov ; ahd., mhd. lob, lop. — Die
lad auch ein aengl. laedesmon in derselben 35 urspr. Bedtg. ist tvohl: LJebe, Geneigtheit,
Bedtg. hat, so ist es beim Vergleich der Gunst, Wohlwollen, geneigte, günstige, wohl-
aengl. (cf. Stratmann) Formen \öd für wollende Gesinnung u. so iveiter : Aeusserung
lad, bz. löde für lade = ags. lädh, lädhu, derselben durch Zeichen u. Worte, günstiges
laedhe; encjl. load, lode, lade, and. lede, beifälliges Urtheil, Zustimmung u. Beifall
leide; o/«/. leita ete. (iter, ductus, cf. 1 leide 40 durch lautes Geschrei od. Zujauchzen, Hände-
u. 3 Lei), — laedeu = ags. laedan od. klatschen etc., um dadurch zu erkennen zu
lädan, engl, lead, cdid. leitan (ducere, cf. geben, dass das Gesagte od. Gethane Einem
leden), — lädh = ags. lädh, engl, loath, lieb, gut u. genehm sei, bz. dass man es für
ahd. leid (cf. l led) etc. ivohl zweifellos, gut u. lobenswerth n, preiswürdig halte,
dass der erste Theil des aengl. laedes- od. 45 ivoraus sich dann weiter die Bedtg.: Lieifall,
\()de&mon,\ödc- od. lödermau dieselben Wörter Zustimmung, Genehmigung, Erlaubniss etc.,
wie nhd. Leites, bz. Jje ite = ags. ]a,dhu, bz. Lob, Preis etc., od. lobende u. ehrende
laedhe (iter, via, ductus, s. oben) u. L^eiter, Anerkennung etc. von selbst ergab u. ivozu
(Führer, ductor) sind u. dass demnach das noch bemerkt sei, dass das Wort lof im an.
aus dem aengl. entlehnte «(Z. lödsman ebenso 50 au.'iser Ljob od. Preis, Ehr etc. auch die
wie das aengl. läedes- od. lödesmon \cortL Bedtg.: G enehmi gung , Erlaubniss
einen L^eites- od. Jj eitsm ann, bz. G e- etc. u. im ags. die von: Ehrenzeichen,
leitsmann od. einen Mann bezeichnet, Kranz od. dergl. hatte,
der Etwas (einen Zug, eine Fahrt, ein Die Herkunft dieses Wortes betr., so ge-
Schiff etc.) leitet od. führt. Bestätigt 55 hört es mit lef etc. zur y lubh (cu])ere,
toird dies auch durch das ags. lädmau desidcrare).
(Führer, Geleitim-inn), tvelches gerade wohl 1. löf, Laub, Blattwerk der Bäume,
dem aengl. löd- od. löderaan n. mfläm. Sträucher, Bohnen, Rüben, Carotten etc.;
lootman (s. oben) zu Grunde liegt, soivie — de liöm mäkd gen löf ; — 't löf brekt
ferner durch die engl. Compos. : load-manage 60 üt ; — dat sitt in 't löf bisid; — 't löf
LOF LUF 5^1 LOF LÜP
word gäl; — 't 16f fald of etc. — Nd., führt S trat mann ein aenglAbi auf, was
mnd., nid., ntnld. loof od. löf; afries. läf; er mit hall, loef, schwed. löf n. engl, loof
tvfries. leaf, loaf; nfrics. Inf, lof; wanff. idcntijicirt. Vergleicht man indesaen die von
löf; as. Jöbli, löf; ags. leäf; aengl., engl. ihm angeführten Stellen od. Citate: hco
leaf; (in. lauf ; «or«?. lauv; dän.V(i\ , schived. 5 scuven üt hcore löf, — lie peiit tliene löf,
löf; ahd. lonb, laub, loup, laup; mhd. loup — her loof and her windäs, — heo wenden
u. ahd. auch lob ; goth. laufs; Flur, laubös heore löfcs (löves) & lidhen töward londe,
(Laub, Blatt). — so ist es klar, dass es in diesen Stellen
Fiele (cf. II, 451 u. III, 261) stellt es jedenfalls in einer ganz anderen Bedtg. ge-
mit lit. lapa (Blatt); Jcslav. lepeni (Blatt, 10 braucht ist wie das nnld. loef u. nengl.
Laub) zu einer y lap (schälen) u. venoeist loof, bz. unser löf, lüf u. vielmehr an-
dabei ivegen der goth.- deutschen Form auf scheinend die sinnl. Bedtg. von liuderstange,
goth. haubith (cf. höfd) = lat. caput. Dass Buderbaiim, lluderpinne od. Ruder hat. Da
es aber von einer y mit der Bedtg. schälen nun aber das Wort löf auch hier in den
abstammen soll, kann ich kaum glauben u. 15 angeführten Stellen überall nur als naut.
möchte ich es beim Vergleich des griech. Wort od. als naut. Bezeichnung von Etivas
phüllon von der y phull (se expandere, bz. steht, so ist es wohl ziveifellos, dass es von
sich spalten etc. u. so: sich öffnen od. sich Hause aus sowohl mit dem mnld., mfläm.
ausdehnen, ausbreiten, entfalten etc.) u. loef, loeve (scalmus etc., s. oben) als auch
diese von phal (findi, dirumpi, dissilire) 20 mit loef, loof, lüf in der heutigen Bedtg.
lieber von der y rap, rup, rump, später von : n ach dem Winde hing er ichtete
lap, lup, lump (Andere, rumpere, destruere) Seite des Schiffs ident. ist u. sich dem-
direct ableiten, die selbstredend auch die y nach die frühere simü. Bedtg. desselben in
von lit. lupu, lupti (schälen, schinden) u. die heutige trop. verwandelt hat. Vergleicht
griech. lepein (schälen), ahd. louft, loft 2.5 man aber tveiter die naut. Ausdrücke u.
(äussere Nussschale) ist, da eben die Bedtg. : Compos.: Ijxiv -halten (Wind-halten, bz.
schälen, schinden etc. auch aus der von nicht abtreiben, gut beim Winde segeln =
ändere, rumpere etc. (cf. dieserhalb schilleu, franz. tenir le lof ou le vent etc ), — Luv-
schille etc.) entstand. Ljaub ist doch das, Bäume, nid. loef boomen, en^?. looftimbers
ivas in Folge des Spaltens u. Klaffens od. 30 (Bäume od. Stangen, ivelche durch die
Eeissens, Berstens, Brechens od. Springens Seite des Schiffs gesteckt werden u. 7 bis 8
od. sich Oeffnens der Knospen entsteht u. Fuss aus dem Schiffe ragen u. dazu dienen,
sich dann weiter ausdehnt u. entfaltet od. tun ein auf die Seite gelegtes Schiff' zu
ausbreitet zu einem breiten u. flachen Etwas stützen, wenn es kalfatert werden soll), nid.
u. stimmt zu dieser Bedtg. auch das kslav. 35 loefhout (Buderholz, Buderpinne, Buder-
lapa (planta ursi) «. goth. löfa; an. löfi; pflock), — Luv- Spante, nid. loefspant,
ags. löf etc., sowie ahd. lafa, laft'a (flache, engl, loof-frame etc. (Balancir-Spante etc.),
bz. die offene, offen stehende, klaff'ende etc. so ist es klar, dass auch Luv etc. hier
od. geöffnete, ausgebreitete, entfaltete Hand, nicht überall (cf. auch löfeu, lüfen u. löfern)
die Handfläche, s. weitere Formen unter 40 die Bedtg. Windseite od. gegen den
2 löf nach dem Schlüsse hin) besser als zu Wind gekehrte Seite etc. hat u. na-
der für löf von Fick angenommenen Bedtg. mentlich im nid. loefhout (Buderholz etc.,
schälen der y lap. s. oben), sowie auch in Luv-Bäume,
2. lüf od. liif, Luv, die Seite ivo der noch mit dem obigen mnld., mfläm. loef
Wind herkömmt od. die Windseite, gegen 45 (scalmus etc.) synonym ist. Vergleicht man
den Wind gekehrte Seite eines Schiffs u. nun aber iveiter, dass das Wort löf od.
somit Gegensatz von Lee als der Nicht- Laub (cf. 1 löf am Schlüsse) toahrscheinl.
toindseite od. der Seite wo Seestille od. Buhe urspr. ein entfaltetes u. ausgebrei-
u. Stille etc (cf.2 le) herrscht. — Nid. loef; tetes od. breites u. flaches Etivas
mnd. (Seh. u. L.) lof od. loff; engl, loof 50 bezeichnete u. auch das ags. löf; aengl.
u. luff; schwed. löf; dän., norw. luv. — löve, loove, lüfe; engl, hilf; schott. lufe,
Davon afranz. lof, c/. laveren. — Im mnld. luif, luffe, loof; an., isl. löfi; noriv. love;
u. mfläm. hat loef, loeve nur die Bedtg. : schwed. dicdect. love ; goth. löfa etc. (flache
scalmus od. la cheville de l'aviron (Ruder- ausgebreitete geöffnete Hand, off'ene Hand,
holz, Ruderpflock, Holz od. Pflock, loorin 55 Handfläche etc., bz. vola od. the palm of
od. worauf das Ruder sich bewegt u. dreht the band etc.) dieselbe Bedtg. (cf. auch unser
od. hin u. her bewegt u. dreht od. hin u. luffe) hat, so scheint es mir, dass auch das
her bewegt u. gedreht wird), während es in aengl. löf u. anld. loef etc. urspr. dasselbe
der jetzigen Bedtg. von Windseite od. gegen Wort ist wie das ags. löf in der Grdbedtg. :
den Wind gekehrte Seite fehlt. Sodann 60 flaches, breites Etivas u. dass demnach
LOF- LUF-BOMEN
522
LOEFEN LOEVEN
auch das aettgl lüf in seiner anscheinend
durch die obigen Stellen gesicJtertcn Bedtg.:
Kuder (od. flaches u. breites Stück
Hol::, tcomit u. uodurch man ein Boot od.
Schiff im M'asser iceiter schiebt u. gegen
den Wind vorwärt.'< beu-egt, bz. wotnit n.
wodurch ynan den Lauf eines Schiß'cs diri-
girt u. et: beim Winde hält u. auch das
Laviren ermöglicht, indem man mit dienen
jilatten od. flachen IlohstiJckcn das Schiß'
gegen den Wind od. nach der Windseite
hindrängt u. so in L u v hält) von Hau.'^e
aus kein anderes Wort ist, wie das ags.
]öf od. lüfa, flache Hand, od. flaches u.
breites ICtwas. Zu der Entstehung der
Bedtg. U ud er od. Buderbrett, bz.
Stange, die unten am Ende breit u. platt
ist, vergl. man, dass ja ur.'ijjr. die Menschen
sowoJd beim Schicimmen als beim Budern
eines primitiven Bootes ihre Fl a chh ä )i de
benutzten u. dass auch die Schwimmfüsse od.
Schwimmhände der verschiedenen Thiere
aus flachen u. ausgebreiteten Lappen be-
stehen u. ihnen Buder u. Werkzeuge zum
Fortbewegen u. zum Drehen u. Schicenkeyi
od. zum Lenken u. Steuern sind. Bezeich-
net nun aber das Wort lüf od. löfa von
Hause aus nicht blos speciell die flache
ausgebreitete geöffnete od offen e
Hand, sondern überhaupt nur ein flach es
tt. breites Eticas (gleichviel, ob eine offene
u. flache u. breite Hand od. ein flaches u.
breites Stück Holz), so ist es nicht zu be-
streiten, dass sich hieraus ohne Schicierig-
keit die Bedtg. : Buder sowohl als B ude r-
stange od. Buder -Werk z eug (gleich-
viel ob in der Bedtg. von Etwas, womit man
ein Fahrzeug weiter schiebt u. stösst od. in
der von Etwas, icomit u. wodurch man den
Lauf u. die Bichtung eines Fahrzeugs diri-
girt u. ändert und wodurch man das Schiff
ztcingt, tnnzuicenden u. zu drehen u. Wind
zu halten, bz. wotnit ynan es gegen den Wind
drängt u. gegen den Wind od. nach der
Windseite hin vorwärts bewegt) entwickeln
konnte u. dass demnach auch der technische
Ausdruck Luv -halt en urspr. blos die
Bedtg.: das Buder od. die Buder Stange,
die Bude rp i n n e halten (u. so das Schiff
nach der Windseite hindrängen od. beim
Winde halten) hatte.
löf-, Jfif-bomen, LAiv-Bäume. S. unter
2 löf.
1. lofen od. lovon, lohen. S. 2 lafen.
2. lofpn orZ. lufen, luven, d. h. das Steuer-
ruder u. mittelst desselben das Schiff tcenden
u. drehen, um dem Letzteren eine andere
Bichtung, nach dem von der Seite od. von
vorne kommenden Winde hin zu geben ; —
wi mutten nog 'n bitje lofen od. lufen
(wenden, drehen), dat wi wat hardcr bi de
wind upfaren ; — liifd wat höizor up (drehet
das Steuer etwas höher auf, od. drehet u.
wendet das Schiß' so, dass es noch etwas
5 .'Steiler in den iVind od. bei dem Winde
hinaufsegcU u. nicht so stark abfällt. —
Compos. : anlofen od. aiilufen (das Steuer
od. das Schiff an den Wind drehen od. so
drehen, dass der Wind etwas von vorne
10 kommt) ; — ofliifcn (das Steuer od. das
Schiß' vom Witide abdrehen od. abhalten) ;
— uplufen (das Steuer od. das Schiff in
den Wind hinaufdrehen). — Xld. loeven;
engl, loof u. luff; schwed. lofva ; dän. luve;
15 norw. luva, luffa (luven, ein Schiff an den
Wind drehen etc.). — Dass dieses Verb.
dasselbe ist wie mnld. locvcn (deflcctere sive
docliiiare navi<i;io ; cedere) u. mfläm. loeveii
(floclür et docliner avec la navire), ist wohl
20 zweifellos u. bestätigt auch dieses wohl die
Annahme, dass das Subst. löf od. lüf urspr.
die Bedtg. : Buderstange , Buder, Steuer-
ruder od. Stange womit man die Bewegung
eines Schiffes lenkt u. dessen Bichtung ändert,
25 (cf. 2 löf etc.) hatte, cf. auch lofern.
löten od. löven, glauben, für wahr ati-
nehmcn od. halten, trauen, vertrauen; —
he li'ifd an gin God, nog an sin gebod ; —
lie liifde hum in gin en ding;^ — warum
30 kanst du dat net löfen wat ik di segge ? —
l»f net, dat dat war is. — Sprichw.: elk
lofd dat sin iiscl bäter is as ander lues perd.
— Nd. loven, luven ; mnd. loven ; afries.
leva, liuva, liova ; wfries. leauwjen ; nfries.
35 (J oha n se n , pag 174, a) liawan ; as.
gi-Iöbjan, -löbean, -löbjen, -löban, -löfjan;
ags. ge-leäfan, -lefan, -lyfan ; aengl. be-, ge-
Icven ; engl, be-lieve ; ahd. gi-louban, -louben,
ge-louben, -loiben, cbi-lauban, ga-lauben,
40 -laupan etc.; mhd. ge-louben; goth. laubjan
u. ga-laubjan. — Der Stamm goth. laub,
ahd. loub, loup; as. lob, löf; ags. leäf etc.
ist das Bräter. eines unbelegten goth. Verb.
liuban = ahd. lioban, as. lioban, liofan ;
45 ags. leofan etc., icas mit lef u. lefen, lof,
läfen od. lofon (loben) etc. zu derselben }/
lubh gehört. Die Grdbedtg. von laub als
altes Präter. von einem vorhergegangenen
liuban betr., so ist diese wohl nach der y
50 lubli (cupero, desiderare), bz. nach liub (Heb,
begehrenswerth, angenehm, werth, theuer, zu-
sagend, genehm etc.) u. liuben (lieben, be-
gehren, gern haben, werthschätzcn, hoch-
hidten etc., cf. lef «. lefen) zu urtheilen
55 wohl mit: liebte, schätzte, hielt hoch u.
theuer, lohte, gab Beifall u. Zustimmung
od. stimmte zu, genehmigte, gestattete etc.,
wieder zu geben, weil ja auch laub etc. der
Stamm von Urlaub u. erlauben etc. (s.
60 weiter unten) ist. Von diesem Präter. laub
LOFERN LOVERN 523 LOG
wurde nun loahrscheinl. zuerst ein Subst. schwüle od. bedeckte trübe Wetter frischet
lauba gebildet, das urspr. einen Zustand etc. und klärt sich etwas auf) ; — lio loferd up
bezeichnete, wo man begehrte, liebte, schätzte, (er wird frischer, lebendiger, lebhafter, ruh-
hoch u. theuer hielt, lobte, Beifall u. Zu- rigcr, bz. gesunder, besser etc. od. auch:
Stimmung gab, genehmigte od. genehm hielt 5 seine geschäftlichen u. V ermögen s-Verhält-
u. gestattete, woraus sich für das für mnd.lo've nisse bessern sich) ; — 't loferd wat up (es
(Glaube), bz. ahd. gi-louba (cf. gelofe) so- wird frischer, lebendiger, rühriger, lebhafter,
wohl wie für ahd. loub, as. löf (in urloub, cf. auch z. B. im Geschäft) ; he is in 't lofern
ferlöf) M. goth. galaubs (schätzbar, tverthvoll, od. in 't bätern, in 't winneu, in 't klimmen
kostbar etc.) anzusetzende Thema lauba von 10 etc. — Formell stimmt nach löf = nid. loef
selbst die Bedtg. : Liebhabung, Schätzung, nur mnld., mfläm. loeveren, welches dieselbe
Hochhaltung, Verehritng od. ausgesprochenes Bedtg. wie laviren hat u. von KU. auch
Lob, ausgesprochener u. gespendeter Beifall, für dasselbe Wort gehalten wird, obschon
Zustimmung, Genehmigung, Gestattung, ich eher glaube, dass loeveren eiti Iterativ
Freigebung, Erlaubniss etc. entwickelte u. 15 von mnld., mfläm. loeven ist u. laviren
wovon dann einerseits das einfache (od. mit dagegen aus franz. louvoyer (s. unter lofen,
der Vorsilbe ge od. be zusammengesetzte) lufen , luven , die Richtung ändern etc.)
laubjan etc. (glauben) sowohl, wie auch das entstand u. entlehnt wurde. Ob nun
einfache (nach Fick für laufja stehende) aber unser lofern auch dasselbe od. ein
an. leyfa (gestatten, freigeben, Erlaubniss 20 Iterat. von 2 lofen od. lufen ist, ist mir
ertheilen) u. goth. laubjan in uslaubjan (er- nicht klar.
lauben, cf. ferlöfen) wieder weiter gebildet lofert, lovert, luvwärts, windwärts; —
ist. Was nun aber mnd. love, bz. ahd. subst. auch die Luvseite; — dat ligt to
louba etc. in gilouba (Glaube, Glauben) n. lofert. — Nid. loevert, loever u. loefwaart,
laubjan (glauben) betrifft, so ist wohl anzu- 25 loefwaarts ; schwed. lofvart ; dän. luvart.
nehmen, dass lauba od. gi-louba, mnd. love löf-god (cf. Stbg.), das , nach Abgang
etc. urspr. die Bedtg. :Liebhabung, Schätzung, früherer Ausstattungen u. Abfindungen,
Hochhaltung, Verehrung etc. u. laubjan od. Uebrigbleibende, den Nachlass bildende Ver-
gilouban (glauben) die von: lieb haben, od. mögen. — Ist diese Erklärung wohl richtig
Liebe, Zuneigung u. Verehrung bezeigen u. 30 u. ist es nicht vielmehr das Gelöbniss-Gut
spenden etc. hatte, da der Glaube doch wohl od. das Gut, welches der Frau bei der Ver-
nur aus der Liebe zu u. Verehrung von lobung od. beim Eheversprechen (cf. mnd.
Jemanden entspringt. Dass aber die jetzige love, Gelöbniss, Versprechen etc.) im Tod es-
Bedeutung von glauben auch aus der von : fall ihres Mannes als ihr Eigenthum zuge-
genehmigen, zustimmen, gestatten 35 sichert od. ausgelobt ist?
(cf. oben das an. leyfa) hervorgehen konnte lof-side, Luv-Seite.
u. Jemandem glauben auch soviel als lofsknp od. loffensknp, Verlobung.
Jemandem zustimmen u. beipflichten, lofte (meist helaiie), Zusage, Versprechen,
das was er sagt u. behauptet für wahr u. Gelübde, Gelöbniss etc.; — he deit altid
r echt annehmen u. es nicht in Abrede 40 gode loften od. beloften. — Zu lafen, lofen,
stellen etc. sein kann, ist klar u. ist dies geloben.
wahrscheinl. wohl die richtige Bedtg. des 1. log, Lug; — 't is niks as emer log
von lofa od. lauba (Liebe, Geneigtheit, Ehr- un drog, bz. bedrog. — Nid., mnld. log,
erbietung, Schätzung, Verehrung, Lob, Zu- logh ; ahd. lug, lue ; mhd. lue. — Zu legen,
Stimmung, Genehmigung, Gestattung, Er- 45 bz. liugan, ivie bug zu biugan.
laubniss etc.) abstammenden löfen od. lofen, 2. log, Log, Lock, ein flaches dreieckiges,
laubjan, gel6fen:=^o</i. galaubjan (glauben). unten mit Blei beschwertes Brett, welches,
lofern od. lofern, lovern, frischer, be- an einer Leine (Logleine) befestigt, in
wegter, lebendiger od. lebhafter werden? — See geworfen wird, um die Geschwindigkeit
od. vielleicht hin u. her belegen, flattern, 50 der Fahrt des Schiffes zu messen; daher
wappern ? — od. was sonst ? — Vergl. : Verb. : loggen (das Log werfen, um die
de wind fangt an to lofern od. de wind Geschwindigkeit der Fahrt eines Schiffes zu
loferd up, was gesagt wird, wenn der Wind messen) u. Compos. : logbok, logtafel, log-
frischer icird od. auffrischt u. ein in Wind- holt, logline etc. — Nid. log ; engl, log ;
stille u. mit schlaffen niederhängenden Segeln 55 schwed. logg ; dän. log ; franz. loch u. (cf.
liegendes Schiff' durch den sich erhebenden Bobrik, 474, b) loc, lock; ital. 16, loche.
Witid in Beioegung geräth u. zuerst die — Da das engl, log auch die Bedtg. : Klotz,
Segel anfangen zu flattern od. zu wappern Holzklotz, Block etc. hat, so ivar auch das
u. dann später sich füllen u. aufblähen ; naut. log wohl urspr. nichts anderes als ein
— dat wer loferd wat up (das früher laue stille 60 Holzklotz od. Holzkloben, welchen man 'an
LOG
524
LOGE LOJE
einer Leine befestigt, in See warf. Ver-
gleicht man nun aber weiter, tcie das Wort
biok (urspr. bi-Iok, bilocli) aus der Bcdtg. :
Verschluss (cl;uisur;i) in die von : llohricgel
od. Stuck Holz zum Verschluss, od. Ver-
schluss bewirkendes Stück eines Baumsta)nmes
u. so weiter in die von : Klotz, dickes Brett,
Bohle etc. überging (also umgekehrt wie bei
Bieget, cf. rogel) u. dass, xvic aus blök
das franz. blOr (Klotz, Haufe, cf. auch
tinser blok /« der Bedtg.: Haufe, grosser
Klumpen von zusammengelegtem Heu, Stroh
etc.), so aus lok auch das franz. loc (Schloss,
Verscliluss) entlehnt wurde, so ist es höchst
wahrscheinl. u. wenigstens sehr leicht mög-
lich, dass auch das anschei)tend in der Be-
dtg. : Verschluss etc. schon veraltete franz.
loc (M oz i n - Fe s c h i c r führt es wenigstens
in dieser Bedtg. nicht mehr auf) eben.^o wie
das (j//ebi-lok, bi-loch, bi-loh (Block) in die
Bedtg : Bicgcl, Holzriegel, Klotz od. Schliess-
holz, Schlicssbrett u. so weiter in die von :
Kloben, Scheit, Klotz etc. überging u. dass
dann wieder hieraus die Bedtg. des naut.
«. mit engl, log ident. franz. loc, loch, lock
(s. oben) hervorging, wonach dann das in
den älteren Wörterbüclicrn noch nicht auf-
geführte naut. log vielleicht wieder aus dem
franz. loc, loch, lock ins holt. u. engl, über-
gegangen u. somit eine Entlehnung des franz.
loch, loc etc. sein könnte. Vergleicht man
nun aber weiter das mfldm. loch =: franz.
od. älter franz. loc in der Bedtg.: Loch
= unserm lok, bz. dass das mjlüm. loch od.
eigentlich logh dasselbe Wort ist wie das
Wort lok od. ahd. loh, loch in biloh od.
blok, so ist es auch sehr gut denkbar, dass
das obige naut. log für logh od. loch st^ht
u. von Haicse aus dasselbe Wort ist tcie
nhd. Loch (cf. lok), zumal da auch das
mfläm. loghen u. mnld. (KU.) loghen (coni-
ponere, cf. hey loghen = componoro foriium
in mctam) ein von locli od. logli in der
Bedtg.: Häuf, od. ein Etwas, das mit ein-
ander verbunden od. zusammengeschlossen
ist, ein geschlossenes Etivas, (cf. block ?f.
engl, lock in der Bedtg. : Bündel, Bund od.
zusammengeschlossenes u. mit einander ver-
bundenes Etwas) fortgebildetcs Verb, ist ii.
demnach auch ein anld. loch od. logh =
lok od. nhd. Loch, ahd. loh, mhd. loch etc.
voraussetzt, woraus dann auch wieder das
obige naut. log od. logh, loch in der Bedtg.:
Holzriegel, Holzkloben od. Holzbrett etc.
hervorgegangen sein könnte.
1. log. s. legen.
2. lüg (dat), Dorf, Ort, Stätte, Ortschaft,
Wohnstätte, Wohnsitz etc. ; — de ncgon
logen bi Auerk ; — in de krumhurn liggen
'u hele budel logen. — Cotnpos. : kark-lög
(Kirchdorf); — heksen-lög (cf. Bis um),
lögs-t'olk (Dorfs- Volk), 16gs-lüe (Dorfs-Leute)
etc. — Jfrics. loch, loech, lüg ; satl. log ;
tcang. lauch ; Jeverl. u. butjadingerl. loch
5 od. liig; nid. (Provinz Groningen, Drenthe
etc.) loeg ; mnld., mfläm. loogh ; mnd. loch,
log; ags. loh (locus, sedes) ; aengl. St rat-
mann, 370, b) lüg 0(/. logh. — Wie aengl.
logh, loiigh, louh ; engl, loch ; gäl. loch ;
10 Schott, loch, loiu'h (See, JAind.'iee) wohl das-
.^clbe ist wie hd. lacus, so ist log od. 16gh
(afries. auch Gerichtsstätte) tcohl ident. mit
lat. locus (ob entleltnt od. nicht ist zweifel-
haft; dass aber die fries. u. nid. Stämme
15 mit diesem Worte bekannt traren n. wenn
sie es noch nicJit hatten, es von den Bömern
entlehnen u. in ihre Sprache aufnehmen
mussten, ist bei dem langen Verweilen der
Bömer in den fries. u. nid. Landen ganz
20 unzweifelhaft), was (cf. lat. lis ans stlis,
stris von der y Star, stri, cf. Stern, strö,
strei etc.) für älteres stlocus steht u. wovon
auch, bz. von loco (LJiez, I, 254) aital.
loco (Zeitadv.), span. luego ; 2)ort. logo;
25 prov. luec, luecx ; afranz. luec, kies; wal.
loc (Zeitadv. statim).
Die Zusammenstellung u. Identiücirung
unseres lüg od. logh, loch mit dem ahd. (cf.
Grimm, Bechts-Alterth., 055) luog, luoc,
30 luac, lok ; mhd. luoch w. ahd. auch luoga
(spocus, cubile. Höhle, Ljagerhöhle, Loch,
Spalte, Kluft, s. unter lauken) ist jedenfalls
abzuweisen, ebenso tcie die mit alid. löh ;
mhd. loch (Wahl, Holz, Gebüsch, Waldort)
35 = lat. Incus, cf. unter Lintcl u. 3 löje.
löge, lOje, Lauge, mit Soda u. Pott- od.
Pjlanzenasche, od. einem Auszug daraus,
getränktes scharfes u. beizendes Wasser zum
Bein igen u. Ausziehen der WäscJie u. zum
40 Bleichen des Ljcinens, sowie auch der Fässer
etc. ; — 't göd (die Wäsche od. das Ljeinen-
zi'ug) mut tan afond nog in de löge setd
worden, dat 't erst göd üttrokd er 't wusken
word. — Bcdensurt: üt de lüge biirseln (aus
45 dem ff reinigen od. bürsten). — Nd. löge;
vind. löge, logge; nid. loog; mnld., mfläm.
looghe (lixivium, canstica spuma); aengl.
leaghe ; c»r//. leach ; ahd. lauga, longa; mhd.
louge. — Es ist urspr. toohl eins mit an. lang
50 (Bad, Waschung, Beinigung, lavacrum) od. ein
von demselben Stamm laug abgeleitetes Wort
mit der Bedtg. : Bade- od. Wasch-, Beinigungs-
M^asser, wovon auch an. langa(lavare,abluere),
langan (lavatio), ivic von laug (Bad etc., Plur.
55 laugar, Bäder, warme Bäder, thermae) das
r'o??J2^os. laugar-dagr(diessaturnivellavationis)
u. laugartrog (Badetrog, Badewanne). —
Wohl von einer aus In, lav (cf. lat. luere m.
iavare u. griech. locö, loüö) erweiterten germ.
60 y lug (reinigen, waschen etc.).
LOGEN LOJEN
52?)
LOJE LOl
lügen, lojeii, laugen; — iitlugen, aus-
laugen, durch Lauge od. scharfes ätzendes
Wasser ausziehen u. reinigen etc., wie z. B.
Leinen etc. od. Fässer etc.
lögen, Lügen, Unwahrheit; — dat sunt
(od. biint) niks as emer logeiis. — Nid.
leugeu, logen; as. lugina; ahd. lugina; mlid.
lugene, lugen, lügen, cf. legen.
lögener, lognei*, lÄigner.
lögen - fat , (Lügenfass , Liigengefüss),
Schimpfwort in der Bedtg. : lügenhafter,
verlogener Mensch od. Mensch der voller
Lügen ist.
lögner, s. lögener.
lügs-folk, lögs-lüe, cf. 2 log.
1. loje, .s. löge.
2. löje, löi, Ljohe, die gemahlene od. zu-
bereitete Baumrinde zum Gerben u. Beizen
des Leders, sodann auch der Gerb- od.
Beizstoff selber, tvie desgl. auch ein Absud
od. ein von der Gerberlohe durch Auskochen
desselben gewonnener Extract zum sog. tanen
(s. d.) der Fischnetze, um diese haltbarer
zu machen. — Nid. looi ; mnld. (KU.)
loye, loe, loewe, louwe u. loeye (in loeyer,
Gerber, cf. löjer); mfläm. loye (nur in
loyen gerben) u. loeye (in loeyer Gerber);
nd. (Dähnert, 283, a) loo ; mnd. (Seh.
u. L.) lo, loo M. loy oz. loye u. loe, nach
dem Genit. loys u. loes ; mhd. 16 (Genit.
löwes) u. später loe, lohe. — Nach Arnold
(Ansiedl. u. Wander. deutsch. Stämme, pag.
117 u. 504) ist es dasselbe Wort wie ahd.
loh; mhd. loch, 16 (Gehölz, kleines od. nie-
driges Holz, Gebüsch); mnd. (Seh. u. L.)
lo, loh, loch, löge, läge, loy (Gehölz, Ge-
büsch, Busch), das mit lat. lüciis, alt loucos
(Hain, Gebüsch etc.) u. lit. laukas (das Fehl,
der Acker, bz. das Freie, im Gegensatz
zum Hause etc.); skr. loka (heller unbe-
schatteter Baum od. Stelle, Ort, Licldung,
freier Baum, das Freie, Baum, Ort, Platz,
Stelle; später auch: Welt, Leute, Weltlauf,
Leben etc.) zu derselben ]/ wie lat. lux u.
lücus (Licht), bz. unser lücht u. lecht
(Licht) gehört u. zu dessen urspr. u. älterer
Bedtg. als das Freie od. das freie Feld
auch stimmt, dass das altdeutsche 16h od.
16 u. mnd. lo od. 16 etc. (cf. Arnold u.
Seh. u. L.) ebenso wie das h't. laukas auch
die Bedtg. : Feld, Wiese, grüner Platz, Aue
etc. u. so weiter auch die von: niedriger,
sumpfiger Ort etc., sowie ferner auch (cf.
hei Schütze, III, 46 das zweite lo) die
von Tenne od. Dr esehdi ele (urspr.
wohl soviel als der grosse freie Platz od.
Baum im Hause, im Gegensatz zu den Stall-
u. Wohnräumen) hatte u. hat. Vergleicht
man nun wie bark (Borke) in die specielle
Bedtg. : gemahlene Binde mm Gerben od.
Gerberlohe überging, so ist auch denkbai^,
dass das alte 16h, 16 (Gehölz, niedriges Ge-
hölz, Unterholz, Gestrüpp od. Holz) in die
Bedtg. : Holz od. Holzstoff, Material, Zeug
5 etc. überging od. dass von 161i, 16 (Gehölz,
Jfoh) ein ahd 16ha in der Bedtg. : Holz-
Stoff, bz. Etioas, das vom Gehölz od. Holz
kommt u. abstammt fortgebildet wurde (das
w im mnld. loe\v(! etc. u. im Genit. des mhd.
10 16 erklärt sich ebenso im aoigl. lowe u. mnd.
lo, lowe = Lohe in der Bedtg. Flamme;
cf. auch 1 löjen u. lö.jer u. so in die speci-
elle Bedtg.: Lohe zum Gerben überging.
Ist aber das w in mnld. loewe, louwe u. im
15 Genit. löwes des mhd. 16 lourzelecht u. das
„h" i)i Lohe unorganisch, so wäre es auch
denkbar, dass das Wort 16 od. mnld. louwe
etc. urspr. die Bedtg. : abgelösete od. losge-
löscle, abgerissene Binde od. überhaupt die
20 von : lose Binde od. Schale, loses Etwas etc.
gehabt hätte u. in gleicher Weise wie das
mnd. louwen, löweii, löwen u. afries. levin,
lioven (Becken, Schale, od. Waschbecken ?
etc., cf. auch mnd. lovenbecken, löfbecken,
25 loef hecken, louebecken, louenbecken = Wasch-
becken? od. = flaches Becken?) auf eine
y lu, lav zurückgeht, die für 16 od. louwe
(lose Binde od. Schale, losgelöstes Etwas
etc.) jedenfalls die ]/ lu (lösen, trennen etc.,
30 cf. 1 le u. lös, lös etc.) sein würde, loährend
es bei dem afries. levin etc. u. mnd. louwen
in der Bedtg. : Becken, Schale, od. Wasch-
becken etc. zweifelhaft ist, ob dieses Wort
zur y lu (lösen, trennen, abreissen etc.) od.
35 zur y lu (reinigen, waschen, cf. lat. luere
u. lavare etc. unter löge) gehört. Dass nun
aber aus lö od. low, louw od. löwe, louwe
(lose II. abgelöste Binde od. Schale, cf.
schille u. schulen, soicie schäl, schäl etc.)
40 ebenso wie aus bark (Barke) auch die Bedtg. :
Lohe od. Binde zum Gerben, od. Gerb-
Material, Gerbstoff etc. entstehen konnte, ist
ja zweifellos u. deshalb die Abstammung des
Wortes lö od. lohe von der y lu (lösen)
45 ebensowohl denkbar, als dass dieses Wort
von dem ahd. löh (Gehölz etc.) abstammt.
Wegen der Bedtg. : Binde, Schale, Hülse
etc. von einer y mit der Bedtg.: brechen,
reissen, spalten etc. vergl. auch kslav. luska
50 (Hülse) etc. von luz = skr. ruj od. urspr.
rüg olIs Weiterbildung von ru , später lu
(reissen, lösen, trennen, spalten etc.) bei
Fick, II, 655.
3. loje, löi ti. auch löLsel, a) Graphit;
55 — b) eine bläuliche od. blaugraue Farbe
od. Färbung als das was zum löjen (cf.
3 löjen) gebraucht tvird u. dient od. auch
dasjenige, ivas löid od. eine bläuliche Farbe
verursacht; — du must nog wat löi od.
60 löisel anrören un striken de äfen d'r mit an ;
LOJEN
526
LOK LOKKE
— d'r sitt nog to f31 lOi od. löisel in de
pot; 't ätcn word d'r all' blau fan. — Der
Graphit od. das lie issble i heisst h ier
auch potlöd Off. potlüt (wörti Topf öl ei),
welche Benennung wohl daher rührt, dass
der Graphit auch zur Anfertigung feuer-
fester Töpfe gebraucht wird od. möglicher-
weise auch davon, dass die Gusseisenwaaren
(als Oefen, Kochherde, eiserne Töpfe etc.)
mit Graphit od. Reissblei angestrichen werden,
um ihnen eine glänzend blaue od. stahlgraue
Eisenfarbe zu geben u. sie vor Rost zu
schützen, od. besser vielleicht noch daher,
weil hier die eisernen Kochtöpfe vor dem
Gebrauch inwendig mit Graphit angestrichen
u. dann ausgeglüht werden, damit die Speisen
später keine löje od. bläuliche bleiähnliche
Farbe mehr annehmen, wie dies manche in
neuen eisernen Töpfen gekochte Speisen be-
kanntlich thun. — Was nun dieses loje be-
trifft, so ist es zweifellos, (cf m8i od. niftje
= müde, — scliröjen = schröden etc.) aus
lode od. löde entstanden u. bezeichnet es
demnach ein Etwas was aus 16 d od. Blei
gemacht ist u. entstand od. davon herrührt,
bz. ein Bleimaterial od. einen Bleistoß', Blei-
farbe u. so auch eine bläuliche od. graublaue
Farbe etc. Bestätigt wird dies auch durch
mnd. (Seh. u. L.) löie od. loye, Icie (der
bleierne Stempel od. die Plombe), loien
od. loyen (mit der Bleimarke od. der Plombe
versehen etc.), wie auch mfläm. neben looten
(plomher, soulder) die Form loyen (cf. auch :
looten oft loyen kloot = une plombee etc.,
— gheloot, verloyt = plombe) vorkömmt.
1. Idjen, s. logen.
2. löjen, lohen, gerben etc. — Nid. loojen ;
mnld. loyen, locwen, louwen ; mfläm. loyen;
mnd. löen; mhd. löwen. — Zu 1 löje cf.
auch löjer etc.
3. löjen, a) mit Graphit od. einem daraus
bereiteten flüssigen od. breiartigen Gemenge
an- od. bestreichen u. bläulich od. blaugrau,
stahlgrau etc. färben; — de afend (Ofen)
mut noch beter loid worden; — b) eine bläu-
liche od. blaugraue Farbe ablassen, bz. .so
färben od. abfärben ; — de pot löid nog ;
't äten word d'r all' blau in. — Compos. :
oflüjen, blau od. bläulich abfärben; — de
afend (Ofen) od. de pot löid of; — de
kassen, l)rummelbeen un bikbr-on lüjon of;
— ütlöjen (den in einem eisernen Kochtopf
befindlichen Graphit- Ueberzug durch Aus-
glühen entfernen). — Zu 2 löje, wie auch
das nd. (im Br. Wb. III, 82) von den die
Lippen etc. blau färbenden Kirschen ge-
brauchte lohen wohl dasselbe ist u. nicht
wie unser 1 löjen von löje od. lohe (Gerber-
rinde) abstammt.
löjer, Loher, Loh- G erbe r ; — ler-löjer,
Lederlöher, Lohgerber. — Nid. loojer; mnld.
loeyer, loyer, loewer ; mfläm. loeyer, loyer ;
mnd. loer, lower, lorer, mhd. löwer.
löjere, Loherei, Gerberei, Lohgerberei;
5 — lerlöjere, Lederloherei, Ledergerberei. —
Nid. looijerij.
lüigär, lohgahr.
luike, ein kleiner Wagen, od. ein kleiner
Schlitten mit einem oben offenen Kasten od.
10 einem Fass zum Transport trockener u,
flüssiger Gegenstände ; — du kanst wol äfen
mit 't löike henfaren un halen 'n lutjestcnen;
— du kanst wat messe (Mist) mit 't löike
na de tun (Garten) brengen. — Compos. :
1.5 drauk-, mes-löike etc.
lui-kupe, Lohkufe; de hüden sittcn nog
in de löikupe. — Nid. looikuip.
lüisol, s. 3 löje.
1. lük (Plur. lokken, lökker), Loch, Spalt,
20 Riss, Wunde; Vertiefung, Grube; Gefäng-
niss; — he krupt in (od. dür) 't lok ; —
'u lok in de kop od. de dik, in de mür etc. ;
— lok in 't klöd ; — timmermans lok (Zim-
mermanns Loch, bz. die Thüre) ; — he sitt
25 in 't lok (Gefängniss) ; du kumst in 't lok.
— Redensart: ik se di d'r nog 'n lok mit
in de kop (ich sehe dir daraus noch viele
Schwierigkeiten erwachsen , weissage dir
nichts Gutes, wenn du dich damit befasst
30 etc.). — Nid. loch, lok; mnld., mfläm. loch,
lock ; nd. lok (Loch , foramen) ; afries.,
mofries. lok (Schluss, Verschluss, Riegel) ;
ags. loc (repagulum , septum , claustrum),
loca (dausura, carcer) ; aengl. loc, lok;
35 engl, lock (Schluss, Verschluss, Schleuse,
Wehr, Schlussbrett; das Um- u. Einschliessen
etc.) ; an. lok (Schluss, Beschluss, Ende ;
Verschluss, Deckel), loka (Verschluss, Rie-
gel) ; norw. lok ; schwed. lock ; dän. laag
40 (Verschluss, Deckel); ahd. loh, loch (Plur.
loh M. locher, auch luhhir, lucher); mhd.
loch (Verschluss ; Versteck; Höhle, Grube,
S[)alt, Oeffnung, Loch). — Davon afranz.
loc, abgeleitet nfranz. loquet, Hai. lucchetto
45 (Schloss, Vorlegeschloss). Mit goth. luks in
usluks (reclusio, Oeffnung od. eigentl. toohl
Er schluss, Erschliessung, Auf-
schluss, Aufschliessung) zu lukan
od. lükan = ahd. lulihan (schliessen), icie
50 ahd. biloli, bloh, bloch (cf. blök) zu biluhhan,
^vorüber Weiteres unter luke u. luken.
2. lok od. lokke (Plur. lokken). Locke,
Haarlocke. — Nid. lok; mnld. locke; afries.
lok ; icfries. lock ; as. lock, Plur. locka
55 (capillos); ags. loce, loc; aengl. loc; engl.
lock; an. lokkr; norw. lokk; schwed. lock;
dän. lok; ahd. loc, loch ; mhd. loc (cincinnus,
capillus, cirrus, Hoccus). — Es bedeutete
urspr. wohl nur einen Büschel, Busch od.
GO einen Bündel, Haarbündel etc. u. gehört
LOK 527 LOKKER
dieses Wort vielleicht ebenso wie 1 lok zu gleicht man das Verb, froh -locken u. dass
lukaa (schliessen, zusammenschliessen od. locken hier die Bedtg.: rufen od. jubeln,
susammenmachen, dicht machen, fest machen, singen od. Töne u. Laute machen hat u.
verbinden, vereinigen, sodass es ei)ie ge- dass das Locken auch darin besteht, dass ein
schlossene od. in sich verbundene Anzahl 5 Thier od. Mensch laute u. frohe od. lieb-
od. einen Bündel u. Büschel (cf. engl, lock liehe u. schmeichlerische Töne von sich
auch in der Bedtg. : Heubündel, Fliess, Busch, giebt od. laut werden lässt u. ausstösst u.
Schopf etc., neben der von Locke) von einer dadurch Anderes zu sich heranlockt (man
Anzahl von Haaren bezeichnete, wie aucli lockt die Hunde auch durch Flöten od.
ja eine Flocke eine kleinere od. grössere 10 Hufen etc.), sowie ferner auch, dass das
Menge eines zusammengeballten leichten Verb, holen auch urspr. die Bedtg.: rufen,
Stoffes ist. Bemerkt sei indessen , dass nennen etc. (cf. halen) hatte, so ist es wohl
Fick (111,374) es zu lukaa in der Bedtg.: zweifellos, dass die für lokken od. urspr.
biegen, krümmen, zusammenbiegen etc. stellt, wohl lok-jau, lukjaii anzusetzende germ. y
woraus sichnachihm dieBedtg.: schliessen 15 luk von Hause aus ein Schallwort od. eine
etc. entwickelt haben soll. Schallwurzel ist, die idg. rüg lautete u. eine
1. lok, Brüter, von luken. Weiterbildung von ru (sonare, clamare, cre-
2. lok, Lauch. = Compos.: knüf-, liüs-, pitare etc., cf. skr. ruta, Gebrüll, Geschrei,
snidt-lök. — Nd., mnd., nid., mnld. look Gesang etc. ; rava, Gebrüll, Gedröhn, Ge-
(allium, poiTum, porrum capitatum, arici- 20 schrei, Gesumme, Gesang, Laut od. Ton
nuin); wfries. losLcke; nfries. (Out zeti) luk; überhaupt etc., sowie weiter auch singen
ags. lQi,c\ ae«</Z. leac; engl, leok; an. laiikr; in der Bedtg.: knistern od. rauschen,
norw. lauk; schwed. lok; dän. log; ahd. sausen etc. von der Flamme, dem kochenden
louh, lauh, louch ; jHÄd louch (porrum, cepa). Wasser) ist. Zu der j/ lug stellt Fick
— 'Nach Fick (III, 260) soll dieses Wort 25 (11. 655) ausser aas. loccjau, ahd. lochöu
auf die Bedtg.: biegen, krümmen etc. der etc. (fordern, locken, schmeicheln, ergötzen)
y luk (s. unter 2 lok) zurückgehen u. also auch lett. lugt (bitten od. auffordern), wüh-
etwas Gebogenes od. Gekrümmtes rend er dabei zugleich auf lit. lugnas (bieg-
bezeichnen. Wahrscheinlicher ist es indessen, sam) verweist, welches indessen ebenso tvie
dass dieses Wort nicht direct von der y 30 lok (Loch) u. lok (Locke) zu der y lug,
luk, sondern vielmehr vom Präter. louh, rüg in der Bedtg. : brechen, knicken, biegen
lök des Verb.lühha,ü,luch3iü,lükaa (schliessen, etc. (s. Weiteres unter 2 luken) gehört,
zusammenschliessen etc., cf. 1 lok) fortge- Wegen der Schallwurzel lug aus rüg vergl.
bildet ist u. in der urspr. Bedtg. : Ztoiebel nun aber weiter Alles, was Fick in I, 744
od. Ztviebel- Gewächs ein geschlossenes 35 unter rüg, bz. II, 211 unter 1 u. 2 rüg zu
od. zusammengeschlossenes Etwas dieser aus vn erweiterten Schallwurzel stellt,
bezeichnet. loobei ich mich beim Vergleich des Schall-
loken, laken, part. praet. von luken, Stammes knak od. knik nicht der Ansicht
ziehen, reissen etc. enthalten kann, dass die alte y ru aus der
\. lok.k&n,lochen, ein Loch worein schlagen 40 Bedtg.: sonare, crepitare aucfi die von:
od. bohren. — Zu 1 lok. reissen, spalten, brechen, knicken, krümmen
2. lokken, locken; — he lokt hum 't etc. entwickelte u. dass auch die y skr. riij
geld üt de taske; — de klukhenne lokt hör od. rüg (brechen, spalten etc., cf. bei Bopp
kiikens ; — he lokt de hund mit sük od. in seinem Gloss. com})., pag. 323 die y rüg
na sük to ; — he hed hum d'r henlokt ; — 45 «. dazu Weiteres unter 2 luken) eine blosse
in 't net od. in de falle lokken ; — he lokde Weiterbildung von ru (sonare , crepitare,
dat d'r üt (z. B. ein Geheimniss) ; — ik strepere, clamare etc.) ist, bz. dass die y ru,
wil sen, of ik hum net ütlokken (ausholen, lu (spalten, trennen, lösen, cf. lös etc.) die-
aushören u. seines Geheimnisses habhaft selbe ist, wie ru, lu (sonare etc.)
werden) kan; — ferlokken (verführen, ver- 50 1. lokker, Locker, Person die lockt; —
leiten etc.) ; — anlokken (an sich holen od. ferlokker. Verlocker, Verleiter, Verführer etc.
ziehen etc.). — Davon: lok-änt, — lok-äs, 2. lokker, locker, lose, unfest, undicht,
— lok- od. lokkel-bröd, — lok-fink, — lok- porös etc. ; — he lett net lokker ; — lokker
fSgel, — lok-düfe etc., — lokking, — fer- läfen. — Nd. Schambach, Dähnert
lokking etc. — Nd., nid., mnld., mfläm. 65 etc.) lucker od. lukker, lokker (locker, un-
lokken od. locken ; wfries. lockjen ; ags. fest , porös , schwammicht etc.) ; Schweiz.
loccjan ; an., isl., norw. lokka ; schwed. lucker (lax, milde, zu lind, fahrlässig etc.).
locka ; dän. lokke ; ahd. lokon, lochon, Es ist Weiterbildung von einem älteren
locchön, lokken, locchen; mhd. locken u. mnZ^Z. ('Ä'tl.^ lack (laxus, flaccidus, fungosna);
ahd. lucchen; mhd. Kicken, lücken. — Ver- 60 md., mhd. lücke, lück, lugge, luck etc., was
LOEKS
LOMIG
nach muhl. luggherigh (cf. KU.) dasselbe
Wort icie unser lug (s. d.) zu sein scheint.
WahrscJie in! icher indessen gehört es mit
1 lok (/. nhd. Ijiicke (s. unter luke) zu
der l luk, b:. liik (frangere etc.), *•. unter
2 Ulken.
lüks, ein langer schloffer unbeholfener
trüger 3Icnsch, grosser Tölpel, fauler Hekel,
Schlapps etc. ; — barg' iltii beneii du lOks,
dat man d'r net afer fald ; — 't is so 'n regten
langen ITtks fan 'n fent. — Nd. (Scham-
bach) lOks (Faulenzer, Tagedieb). — Es
gehört wohl mit nd. (Schambach) loken
(aus Trägheit langsam u. schwerfällig gehen,
hinken, humpeln) zu einem Adv. luk (matt,
schlaff, träge, müde etc.), tvas mit )dd. lenk
(matt, jlau, schwach, lau, gleichgültig etc.)
ident. ist u. nach der von v. Dale neben
leuks angeführten Form lukcs, bz. nach
unserm rOk, nid. renk = nhd. ruch (in
Geruch) ein ahd., mhd. lurh voraussetzt.
Dieses lach selbst könnte )iun aber wohl
wieder dasselbe ]Vort sein, wie das unter
2 lokker erwähnte mnld. liick u. das auch
wohl aus lui'h entstandene mhd. Ings^e, Uick
(laxus, flaccidus etc.) wonach dann auch
löks ebensowohl wie 2 lokker mit unserm
lug conne.v sein dürfte, falls es in der
Bedtg.: debilis etc. nicht etwa zur y luk,
lug (frangere etc., s. unter 2 luken) gehört.
Vergl. tndc.<>sen Weiteres unter 3 liik.
Lokuard od. Lö([uur(l, ein grösseres Kirch-
dorf (k-Arklög) in der krumhörn, nordwestlich
von Emden. Früher hiess es (cf. ostfr.
Urkundenb. von Dr. Fr iedlaender, Nr.
153) Lachwerth u. (cf. Index bonorum etc.
Monast. Werdin. von W. ('r eceiius)
Lacuurdh, dessen erster Theil tvohl dasselbe
Wort %vie nhd. Lache; and. laca; ags.
lac; lat.VACWi (cf. Wcigand) ist, während
uurdh, l)Z. wurdli dasselbe Wort wie afries.
•wurth in wurtli-saten (jetzt Name des Landes
Wtirsten) ist, loorüber Weiteres unter
wirde, wörde. Die Bedtg. von Lac-uurdli
od. Lökward ist demnach wohl See- od.
Sumpf- Lisel, bz. Anhöhe od. Werder am
od. im See od. Sumpf u. so später auch
See- od. Sumpf-Dorf, See-Ansiedlung etc.,
weil eben diese Anhöhen od. wurthen, wirden,
■worden hier überall die Ansicdlungs- u.
Wohnstätten unserer noch nicht durch
Deiche von den Meeresüberschwemmungen
geschützten Vorfahren waren.
loUeu, laut sumsen od. ein unarticulirtes
dumpflönendes lärmendes Geschrei machen,
ohne Worte od. unverständlich od. schlecht
u. unangenelim si)igcn, heulen, schreiend
weinen etc. ; — he Jöpt de ganse dag dort
't hüs to lollen ; — loll' dog net so, du
bliksems junge. — Nid. lollen, lullen (grollen,
krollen, niaauwen als de katten ; onregel-
matig schreeuwen); mnld., mfläm., mnd.
lollen, lullen (mnssare, nuissitare, niutire,
nunieros non verba ranere, sonum iniltari) ;
5 aengl. S trat mann) lollen ti. lullin; engl.
lull; nhd. lullen (leise tönen od. singen,
z. B. um Kinder einzuschläfern). Von
einem Stamm mnld. lol, hil (ratio harmo-
iiica, numeros carmiuis, teuor, bz. Ton, Klang,
10 Schall etc.), der tvold auf eine ron der y
hl, urspr. ru (schreien, brüllen, sumsen etc.,
cf. Fick I, 742) gebildete redupl. Grdform
lu-hi, bz. ru-ru zurückgeht, wie auch .s/iT.
riiru (capreae genus) u. das Intrans. roru,
15 roniya (heftig bridlen etc.) durch liedupl.
der y ru gebildet ist. Dass aber lollen,
lullen auch ebenso wie mnld. lellen (lallare)
ein blosses ablautendes lallen (cf. loeqen
lallare etc. bei Fick IT, 214 unter 2'la)
20 sein kann, ivie auch ru u. hi blosse Ablaute
von ra u. la sind, sei hier noch beiläufig
erwälint. — Zu lollen etc. gehört das mnd.
lolle- od. hiUe-broder, bz. das mhd. (Le.cer)
od. md. lolhart, lollhard etc.
25 löui, gelähmt, steif, hinkend, gebrechlich,
ermüdet, matt, müde, flau, ermattend, er-
schlaffend, lähmend etc. ; — dat i)erd is löm
(gelähmt u. steif etc.) un kan hast net iner
gän; — ik biin net so löm (matt, müde u.
30 schwer in den Beinen) as 'n hiind; — ik
bün so löm in de beuen, dat ik hast net
gän of stän kan ; — dat perd lüpt so löm
(müde, langsam, träge, schwerfidlig etc),
dat man d'r hei net mit fiirgels kamen kan ;
35 — 't is fau dage sük löm wör (schwüles,
müde u. matt machendes, erschlaffendes od.
flaues slilkcarmes Wetter), dat man hei gen
last bed um wat to dön. — Nid. looni ;
mnld. lome; norw. laam; schwcd. lomig. —
40 Wohl aus dem Prätcr. löm, luoni von as.
lamöu, b:. ahd. laman (cf. lamen) entstanden,
wie auch unser lömen u. schwed. loma (die
Beine schleppen etc); mhd. luomen (er-
schlaffen, ermatten) etc. u. ahd. luomi (sehlaff,
45 nachgiebig etc., cf. bei Weigand etc.
lome, Innimc, lum, Lohme , Folaroüe,
Ententaucher (colymbiis arcticus od. septen-
trionalis). — iVW. lom; engl, loom; schwed.
lomm ; norw. lom ; an. lömr. — Da dieser
50 Vogel zu einem gewöhnlichen Gange u. sogar
zum Stehen unfähig ist u. nur rutschen
kann (cf. Brehm, Thierleben, IV, '.)45) so
hat derselbe wohl seinen Namen daher, weil
er löm ist u. geht.
55 lomen, gelähmt sein, steif sein, hinken,
gebrechlich u. matt etc. gehen etc. ; — dat
jicrd lömd ; — he fangd an to lömen (zu
hi)iken od. gebrechlich u. matt zu gehen etc.).
— Zu löm.
60 lümig, müdig, matt, schwerfidlig etc., s. löm.
LOMIGHEID 529 LOERE LOER
lumigheid, Müdigkeit, Mattigkeit etc. faren, as junk faren un old löpen; — wat
Ion, s. lonne. man net holden kan, mut man löpen laten ;
Ion, Lohn, Vergeltung nach Verdienst od. — lät de budel löpeu, od. riten etc. —
das was ein Jemand verdient, Entschädigung Compos. : an-, of-, bc-, fer-, in-, um- u. up-
od. Gabe, Geldentschädigung für eine Lei- 5 löpen u. zwar Letzteres hauptsächlich in der
stung od. Arbeit etc. — Davon Dimin. löntje Bedtg. : an- od. aufschiveUen, dick werden
im Sprichw. : böntje krigt stn löntje. — Nd., etc., sowie auch in der von : aufbrausen,
nid., mnld., mfläin., mnd., as. loon od. lön; heftig od. zornig werden etc. — Nd., mnd.,
afries. län ; wfries. lean ; nfries., helg. luan ; nid., mnld. loopen od. löpen , afries. hläpa,
satl. Ion; ags. leän; aengl. lean; an. laun; 10 läpa, hliapa (blep, hliop) ; wfries. Ijeappe;
norw., schwed., dän. lön ; goth. laun ; ahd. nfries. lüpe ; satl. löpe ; loang. löp ; helg.
Ion, laon ; mhd. lön. — Es gehört mit 1 le löpe; rts. hlöpan; a^s. bleapan; aew^/Z. hleapen,
u. lös etc. zu der y lu, urspr. ru (spalten, leapen; engl, leap; an. hlaupa; nono. laupa;
reissen, trennen, theilen, abgeben etc.) u.be- sc/iwecZ. löpa ; da«, lobe; ^oi/i. hlaupan; ahd.
deutet urspr. soviel als Theil od. Antheil 15 hlaufan, laufan, loufan, loufeu (liuf, Hof,
von Etwas, bz. Theil, Stück od. Gabe, das liaf, lief) ; mhd. loufen. — Wegen des Zu-
od. die man Jemandem zutheilt u. abgiebt, sammenhanges mit griech. krap, karp in
bz. Stück u. Beute od. Antheil der Jemandem karp-alimos u. kraipnös (schnell) u. kalpe
zufällt u. zukommt. (Trab) etc., cf. G. Curtius, 143, Nr. 41,
lone, s. lane. 20 tvobei zu erwähnen ist, dass karp wohl durch
löne, 15n, Lehne, Stütze; s. läne. p von kar, später kur (sich bewegen etc.)
lÖnen, lehnen, stützen etc. — Nid. leunen. als der y von gall, lat. carrus u. currus,
— Davon: gelöne, Gelehne, Gestütze etc. currere etc. fortgebildet lourde.
Ionen, lohnen; — he lönd sin folk man loper, Lauf er, Läufer, Benner, bz. ein
siegt ; — dat lönt sük de meite (Mühe) net; 25 Etivas (Mensch, Thier, Ding etc.) tvas läuft
— dat wil net regt Ionen (nicht Bechtes ab- od. sich betvegt, geht, rennt etc. ; — Compos. :
loerfen od. austhun etc.). hard-löper (Schnell-Läufer , Schnelltraber
lonne, lönne, Ion, lön, Koppel, Koppel- etc.) ; — swerd-löper (Schwertläufer, bz. das
stock, Stock od. Stange womit das Vieh an- zum sog. Schwert des Schiffes gehörende
einander gekoppelt od. verbunden wird. — 30 Tauwerk, worin dasselbe läuft, bz. womit
S. tveiter : dasselbe auf- u. niedergelassen wird); —
lonnen, lünnen, koppeln, zusammenkoppeln löper in einer Mühle ist a) das grosse Bad,
od. zusammenketten. — Stammt es vielleicht ^üelches um den sog. könig sitzt u. b) das
(cf. fries. lond =: land, — mon = man etc.) kleine Bad oben um das sog. spil, wodurch
von mhd. \a.üne,\an (Kette, auch als Schmuck); 35 der Mahlstein vermittelst des grossen löpers
mnd. (Seh. u. L.) lanne (Kette od. Gürtel in Bewegung gesetzt wird.
aus einzelnen Stäbchen od. Gliedern ge- löpj«, lopke, löpken, scherzh. : Erzählung,
macht od. aus Metallblech getrieben, od. Märchen, Erdichtung, dichterischeErfindung,
urspr.: Stange od. Blatt von Metall, lamina)? Lüge etc.; — d'r gän allerhand löpjes (od.
lönstol, Lehnstuhl. — Nid. leunstoel. 40 löpkes etc.) dör de weit ; — dat sunt all'
löp, Lauf, Gang, Bewegung etc. ; Gang, man löpkes, wärfan man net wet of se war
Weg etc.; — lie nam 'n löp (od. tolöp) un sunt ofnet; — he wet altid allerhand löpjes
Sprung d'r afer ; — he is up de löp ; — he to fertellen. — Es ist das Dimin. von löp
hed dar sin löp ; — 't is all' in (od. up) de (Lauf, Gang, Beivegung etc.) u. also loörtl.
löp; — 't geid all' in d' löp (es geht alles 45 soviel als Läuf chen od. ein Etivas welches
weg od. verloren) ; — he hed 'n dügtigen sich loohin beivegt od. zieht, bz. durch die
löp mäkt ; — de löp fan 't water etc. ; Welt hinbeioegt od. unter den Menschen
— de löp fan 't gewer. — Ferner auch: umläuft od. umgeht u. erzählt loird.
Diarrhöe, Durchfall, Buhr ; — he hed de löpTg, in för- od. wid-löpig, vor- od.
löp ; — de rode löp (rothe Buhr) ; — Nd., 50 weitläufig.
nid. loop; afries. hlep; wfries. Ijeap; ags. löpsk, löpsk, zum Laufen u. Bennen od.
hlyp ; an. hlaup ; dän. lob ; ahd. louf, louph ; Fortlaufen, Durchgehen geneigt, bz. läufisch,
mhd. louf (Lauf, Sprung etc.). — cf. weiter : rennisch od. rennerisch, flüchtig, tvild etc. ;
löpen (lope, löpst, löpt etc. ; — lep, lepst — dat wicht (Mädchen) is mi föls to löpsk ;
etc. ; — löpen), laufen, rennen, rinnen etc. 55 — löpske wichter un perde sunt kwäd to
— Bedensart. u. Sprichw.: he löpt as 'n holden; — fig. auch: brünstig z. B. von
hase; — he wet d'r up to löpen; — löp' Hunden.
an de pumpe od. an de man etc. ; — he 18re od. lör, ein abgetrenntes, abgespaltenes,
löpt as wen he up eier geid ; — junk faren, abgerissenes od. zertrenntes u. zertheiltes,
old löpen, od. auch : beter junk löpen un old 60 zerrissenes, zerfetztes Etwas ; Fetze, Lumpe
J. ten Doornkaat Eoolman. Wörterbuch. II. 34.
LOERE LOER
530
LOEREN
od. Abfall, kleines Stück etc., Brocke etc.
od. ein kleines nichtiges icerthloses gering-
fügiges Etwas, ein Nichts etc.; — he lied
niks as läppen im lören (Lappen u. Fetzen)
in de käste; — de jBde brogde mi niks as
emer lappeu im ISrcn (Lappen u. Abfälle
od. kleine Stücke), war gen en god stük flcs
manken was. — Daher: to lür (od. 15re)
maken (zu Abfall od. Brocken, bz. zu Nichts
machen etc. «. so auch: fig. zu Nichte
machen, zu Schanden machen, verderben
etc.) ; — he mok dat to 15r (er machte das
zu Nichte, bz. zu einem Nichts od. einem
nichtigen n. verfehlten Etwas, machte dass
Nichts davon heraus kam, verdarb ii. ver-
hinderte das, z. B. einen Plan od. einen
Anschlag, ein Unternehmen, eine Speculation
etc.); — to lör (od. lOre) stellen (in den
Erwartungen u. Hoffnungen täuschen, sie
zu Nichts od. zu Nichte machen etc., od.
wörtl. wohl Etwas zu od. in u. auf das
Niveau von Nichts stellen u. setzen od.
bringen etc.); — lie steld min ferwachtingen
gans to l(^r (er stellt od. setzt meine Er-
tcartungen auf Nichts herunter, reducirt sie
auf ein Nichts, macht sie zu Nichte od. zu
Schanden, täuscht od. betrügt mich sehr in
meinen Erwartungen u. Hoffnungen etc.);
— he is gans to lör steld (er ist ganz ti.
vollständig in seinen Erwartungen «. Hoff-
nungen betrogen, bz. alle .seine Erwartungen
u. Hoffnungen sind zu Nichte gemacht n.
zu Schanden geivorden) ; — to lOr gän (zu
Nichte gehen, kaput gehen, verloren gehen,
verderben, verkommen etc.); — de hele budel
is to lör gän ; — 't gcid all' to lör, wat he
deid un undernimd. — Nid. (cf. bei v.
Dale 2 u. 3 leur ?/. loor) leur (lomp, vod,
prul ; beuzeling, nietigheid) u. Iciir, loor
(te lour of te loor stellen ; — te leur of te
loor komen ; — te leur of te loor gaan) etc.
Ki lian nimmt an, dass das mfläm. Icure,
leuren (ravauderie; chose de petite valeur),
lore, leure in der Bedtg. : res parvi valoris,
merx frivola; tricae, res frivolae, res uihili,
nugae dasselbe Wort sei, wie das aus lat.
lora entstandene u. entlehnte mnld., mfläm.
lore, leure; ahd. Iura; mhd. Iure; nhd.
Lauer (Nach- od. Tresterwein etc.) u. also
hievon in die obige Bedtg. : res parvi va-
Inris etc. übergegangen sei. Dagegen stellt
er die Bedensart: te lore od. te leure stellen
(er übersetzt sie mit: illicerc, inescare et
frustrare, decipere) zu lore, leure, bz. loeyer,
luder od. anld. loedcr (illecei)ra, redamato-
rium, revocatorium accipitrum ; instrumentum
quo accipitres ad escam propositam invi-
tantur et alliciuntur, illecebra escae etc.),
deren Formen lore, leure wohl mit mnld.
leren, leuren u. franz. leurer (anlocken, ver-
führen, betrügen) auf das mit ital. (cf.
Diez, I, 255) logoro , a franz. loitre aus
7nhd. luoder od. ahd. luodara (cf. luder)
entstandene franz. leurre, j^fov. loire, engl.
5 Iure (Stück I.,eder, um den Falken damit
zurückzulocken) zurückgehen, während die
mnld. Form loeyer aus der mit mhd. luoder
u. nhd. Luder ident. Form loeder (cf. nid.
moeijen = nJid. müden, bz. unser mBje
10 = müde u. tinscr meicn, raoien) erweicJit ist
u. entstand. Ob nun aber mnld. lore, leure
in der Bedtg. : res parvi valoris etc. wirk-
lich dasselbe Wort ist wie das aus lat. lora
entstandene lore, leure (Nachwci)t etc., s.
15 oben) u. in der Redensart: te leur stellen
(cf. oben auch die Redensart : te leur komen,
— te leur gaan etc., bz. bei uns auch die
von: to lor maken) wieder mit lore, leure
(illecebra etc.), bz. nhd. Jjuder (cf. Iftder
20 auch in der Bedtg. : schlechter gemeiner
Kerl, Ljumpenkerl etc.) ident. ist, ist doch
sehr fraglich, zumal da die Bedtg. : Fetzen
etc. sich auch aus der von : Streifen, Wickel,
Windel, Stück Band od. Tuch, Lappen ent-
25 joickeln konnte u. demnach 18re in der Be-
dtg. : Fetzen, lAimpen etc. auch ebensowohl
wie unser liire, lür (Windel) ein Contract.
tjon ahd. ludara (cunae, cunabula involu-
mentum) sein kann, worauf auch die für
30 älteres loeder, luder stehenden mnld. Wörter
loeyer, luyer (lorum, loramentum, vinculum
etc.) u. loeyer, luyer (vodde, flets, bz. linteum
tritum panniculus) zurückgehen u. ivoraus
auch das franz. lodier (wollene Bettdecke)
35 entstand, falls es nicht etwa ebenso ivie lu-
dara (cf. 3 löre) selbst auf das einfache
ludo (loses grobes Tuch etc.) zurückgeht,
loobei es denn für afranz. lodier (Tauge-
nichts) ivieder zweifelhaft ist, ob dies aus
40 ahd. ludara (lorum, vinculum etc.) od. atts
ahd. luodara, mhd. luoder, nhd. Luder ent-
stand. Ausser Iure, Iftr in allen Bedtgn.,
soioie 2 lüder, cf. I m. 2 ISren, lötern, ludder
etc. u. liiren.
45 1. lüren, a) abfallen, Abfälle od. Fetzen,
iMppen, Stücke, Brocken, Reste zurücklassen
od. geben; — dar lOrd niks fau (da fällt
nichts von ab, od. giebt es keine Reste, da-
von bleibt nichts übrig etc., z. B. Tuch,
50 Lappen für den Schneider in seine Hölle,
od. Fleisch- I'etzen %i. Fleisch- od. Speisen-
Reste od. sonst. Brocken od. Gaben für
einen Dienst, einen Armen od. einen Bettler,
einen Hund etc.); — is d'r 6k wat lörd ?
55 (ist da auch toas abgefallen od. zurückge-
blieben .^ — hat es da auch was für dich
abgegeben, hast du auch loas erhalten tc. ist
dabei auch was für dich herausgekommen':') ;
— wat schal dar fan so 'n budel wol lörcn?
60 (was soll da von einem solchen Handel od.
LOEREN
5B1
LOES-BANDIG
einer solchen Geschichte wohl übrig bleiben
od. herauskommen ?) ; — b) mit Brocken od.
Kleinigkeiten , nichtsnutzigen Sachen u.
Bedensartcn abspeisen u. hinhalten, Jemanden
foppen, narren u. täuschen, ihn betrügen in
seinen Erwartungen u. Hoffnungen etc. ; —
he lörd hum wat. — cf. nid. (v. Dale etc.)
leuren (einen Klein- od. Höker- Handel
od. auch einen Schleich-Handel betreiben),
lorren (betrügen, anführen), lorrendraaijen
(schmuggeln, verstohlen od. heimlich ein-
schleichen etc.), leiir- od. lorren - kramer
(Lumpen- Kr ätner od. Lumpen- Händler) etc.
u. Weiteres unter löre «. vergl. auch unser
lüren u. lurrendreier.
2. lören ; i. q. lötern ; — he lörd od.
löterd wat herum.
ISrere, Kleinigkeit etc. = klattere, lum-
pere etc. ; — 'n ISrere geld ; — mit sükse
lörereen kan 'k mi net ofgefen im upholden.
— Nid. leurery. — Zu löre.
lörer, laurer, Lorbeer; — Phcr. löreren,
laureren (Lorbeeren) ; — lorer- od. laurer-
bladen; — lörer- od. laurer-krans (Lorbeer-
Kranz). — cf. ahd. lör (in lörperi, lörbere,
lörber u. lorpaum, lorboum etc.) aus lat.
laurus.
lork, lörk, Schelm, Schuft, Schurke,
schlimmer durchtriebener Geselle etc.; —
wat deist du lork dar in min tun ? wilt du
dönner wol maken dat du fürt kumst? —
't is jo 'n lork fan kerel. — Nd. (Br. Wb.)
lork, (Schütze) lork, lurk; hess. (Vilmar)
lorcli, lork, Kröte; hauptsächlich aber als
Schim2'>fwoi't gebraucht, loie auch schwed.
lurk, tvelch Letzteres indessen wohl mit an.
lurkr, lurks (Prügel, Knüppel), norw. lurk
ident. ist, während das nd. lork (Kröte)
wohl dasselbe Wort wie nhd. Jjurch od.
Lurche (kriechendes od. schleichendes
krötenartiges Thier) ist. cf. lurken.
lös, Laos; s. lot.
lös, lös (flect: lösser, loser; — lösseste,
loseste), los, lose, abgeschieden od. abgetrennt,
nicht fest, ungebunden, locker, fr ei, ledig, leer
etc.; — 't sitt al lös; lät 't man, du brftkst 't
net mer dörhauen ; — du must dat lös laten ;
— de hud sitt d'r lös up od. umto ; — he
is lös spraken ; — de regen sitt so lös, dat
't al regend wen d'r man 'n wulkje an de
lücht sitt; — lös wer (loses od. unfestes,
unbeständiges , unzuverlässiges , regnichtes
Wetter) ; — he is lös kamen ; — he löpt
lös (a. frei u. unbehindert etc.; - — b. un-
belastet u. unbebürdet etc.) herum; — he
geid lös herum; — he hed hum lös bunden;
— de bom steid lös in de grund ; — de
appels Sitten so lös an de bom, dat se man
so herundcr fallen , wen man d'r man äfen
anstödt ; — 'n lössen (a, loser, lockerer, leicht
auseinander fallender etc. u. b. ein leerer,
nichts enthaltender etc.) grund ; — he is sin
geld etc. lös od. kwtt ; — lös holt (loses,
lockeres, poröses, zveicJies, leichtes Holz) ; — •
5 'n lös schip (a. ein Schiff, welches nicht an-
gebunden ist, bz. fest sitzt od. fest liegt; —
b. ein Schiff, das unbelastet u. leer ist) ; —
't hüs steid lös (leer) ; — dat fat is lös
lopen; — mit 'n lös lif is kwäd arbeiden;
10 mit lösse banden is kwäd häfkes fangen; —
lösse faten dansen am mesten; — lösse
Wagens rummeln am dülsten; — wat is dar
wol lös od. lös? dar stän je so 'n budel
minsken bi 'n ander ; — nü is de düfel hei
15 lös ; — he fßrd 'n lös (loses, lockeres, leicht-
fertiges) läfen ; — he is mi föls to lös
(schlimm, listig, schlau, pfiffig, gerieben) ; —
he is so lös as 'n fos ; — he is 'n losen
gut. — Sprichu). : 't gifd gen loser gödje as
20 minsken , man kan d'r apen (Affen) mit
fangen ; — ligt land, lose lue ; sware klei,
gräfe ossen. — Bäthsel: 't tüntje (das
Tönnchen, bz. das Ei) lag up de bank, —
't tüntje ful (fiel) fan de bank; d'r is gen
25 so 'n losen (pfiffiger, schlauer) timmerman,
de dat tüntje wer maken kan. — Nd. lös,
los, lös; mnd. lös, los; nid., mnld. los, loos;
afries. las ; lofries. leaz, los ; nfries. Ins,
luas ; satl. lös od. löz ; wang. lös ; helg.
30 los; as. lös (los, frei etc.); ags. leäs (liber,
solutus, vacuus, expers, fallax, falsus, men-
dax); aengl. leas; an. lauss ; norw. laus;
schiced., dän. lös ; ahd., mhd. lös (los, nicht
fest etc., frei; beraubt; freigesprochen; zueht-
35 los; harmlos; fröhlich); goth. laus (solutus,
inanis, vanus, leer, vergeblich, nichtig). —
Das dafür anzusetzende TJiema lausa ist
vom Präter. laus, lös, leäs von goth. liusan;
as., ahd. liosan; ags. leösan etc. als dem
40 Stammverb, von fraliusan etc. (verlieren, cf.
ferlesen) fortgebildet u. da dieses die sinnl.
Bedtg. : spaltete, trennte od. hieb u. schlug
ab etc. hat, so bezeichnet lausa od. lös dem-
nach einen Zustand, wo ein Etioas bereits
45 getrennt od. gespalten, bz. von einem andern
Etwas abgetrennt od. abgespalten, abgehauen,
abgeschnitten etc. ist u. sonach nicht mehr
fest ist od. fest sitzt, wo denn aus nicht
mehr fest od. unfest neben ungebunden, un-
50 gefesselt, frei, befreit von, leer etc. auch die
Bedtg. : unzuverlässig, falsch, treulos, be-
trügerisch, listig, schlau etc. hervorgingen.
Bern. Von den Compos. mit lös u. lös
werden hier nur die bemerkenswerthesten
55 aufgeführt:
lös-bandig, los od. frei von Banden u.
Fesseln, bz. kein Band habend, nicht mit
einem Band od. einer Fessel behaftet etc.,
frei, ungefesselt, zügellos, frei u. ungebunden,
60 ungehemmt, unbehindert etc.; — de hund
34*
LOES-BANDIGHEID
532
LOESJES
löpt lösbandig herum ; — lösbandige (zügel-
lose, freche etc.) jungens ; — he förd 'n lös-
bandig (a. zügellOftcs ausf^chweifendes etc.;
— b. freies eheloses) lafen ; — he liit'd lös-
bandig (frei von Ehebanden, ehelos, allein
etc.) för sükhen; — datsteid dar lösbandig
(unbefestigt, nicht fest gebunden, lose etc.)
hen ; — he kwam lösbandig (ungehemmt, bz.
frei H. ohne Last od. Bürde, bz. allein etc.)
wer um; — ik biiu gans löslvandig (unbe-
hindert, unbehelligt, unbclästigt, ungefährdet
etc.) nn allön na luis heu kamen. — Nid.
losbandig; nd. lösbandig.
lüs-baiuligheid, Zügellosigkeit , Zuclit-
losigkeit.
löse , Lose , loser od. lockerer Zustand,
Lockerheit, Lockerung, Freiheit, freier Be-
wegungsraum, Raum, Spielraum etc. — d'r
sitt gen löse genug in ; — du nuist dat tau
mer löse gefen; — du must de junge (od.
de perde) mer löse laten, anders haud he
(bz. hauen se) ligt afer de strenge.
löse, Losungswort, Losung, Signal etc. ;
— he gaf hum de löse; — geld is de löse;
Redensart. : 't is man för de löse, es ist nur
für die Weise, od. für den Anstand, für
den Schein etc., bz. um die Weise od. die
Gewohnheit, den Gebrauch (usus) zu begehen
K. zu beachten, der Weise od. Gewohnheit
des Gebrauchs od. Anstandes u. Scheines
halber; — he deit dat mau för de löse, er
thut das nur für den Schein, bz. des Ge-
brauchs, Anstandes u. Scheines halber; —
he fragt man för de löse od. um de löse to
begän, er fragt nur für den ScJiein od. des
Gebrauchs, Anstandes u. Scheines halber,
bz. tim die Gewohnheit u. den Gebrauch etc.
zu begehen. — Nid. leus (geld is de leus;
— Redensart : voor de leus, Gewohnheits-,
Gebrauchs-, Anstands-, Scheines-, Scherzes-
halber); mnld. lose, leuse ; mnd. lose (I^o-
sung, Signal, Losungswort, Wort tvelches
als Losung gegeben wird od. dient, tessera,
tessera militaris, symboluni, bellicum sym-
bolum). — Es gehört mit dem aus ahd.
hlosunga entstandenen nhd. Losung (mili-
tairischer Erkennungsruf etc., tessera etc.)
zum ahd. blosen, losöu ?/. losön (zuhören,
hören, horchen, lauschen, aufmerken), welches
mit dem gleichbedeutenden ags. hlosnian ro»
einer aus lilu erweiterten y hlus (wovon as.
hlust. Gehör, Gehörorgan; Hören, Aufhor-
chen, Aufmerksamkeit etc.) stammt, während
die y hlu sowohl im nhd. J^eumund (urspr.
hliumunt etc.. Ruf etc.) als in unscrm lünink
(s. d.), sowie ferner auch in lud (laut),
luden u. luden (s. d.) steckt.
1. lösen, losen, das Loos ziehen etc.; s.
lotten.
2. lösen, los u. locker machen, Lose u.
Lockerung geben, lockern, Raum od. Spiel-
raum geben etc. ; — du must dat schip wat
lösen ; — löse dat tau wat etc. — (/. weiter
das folgende lösen, toomit es urspr. tdent.
5 ist, sowie auch lössen.
lösen, lösen od. los machen etc., bz. machen,
dass ein Etwas in einen abgespaltenen od.
getrennten Zustand (cf. lös am Schlüsse)
kijmmt u. gerätli u. die Verbindung u. der
10 Zusammenhang von Etivas aufgehoben wird ;
daher überhaupt: spalten, trennen, sondern,
auflösen, zerlegen, zcrtheilen etc. ; auf u. offen
machen, die Verbindung u. den Zusammen-
hang aufheben u. so auch (ein Etwas) los
15 od. frei machen, entbinden, entfesseln, be-
freien etc.; — de liiul lösd (trennt, scheidet,
spaltet etc.) siik d'r of; — de schille wil
siik net lösen (trennen od. abtrennen, ab-
scheiden etc.) od. siik net löseu (trennen,
20 scheiden, abscheiden, entfernen etc.) laten ;
— stenen lösen (Steine losmachen od. los-
brechen, herausbrechen etc.); — dat wil sük
net in water lösen od. nplösen ; — dat tau
I8sd sük ; — löse dat band d'r of (schneide od.
2.5 trenne, scheide das Band davon ab) ; — he
I8sd sin banden (er trennt seine Hände von-
einander od. auseinander, bz. er macht seine
Hände von einander frei, od. auch: er
macht seine Hände frei) ; — ketten un banden
30 lösen (Ketten u. Banden aufbrechen od.
offen machen, von einander machen, spren-
gen) ; — hum iit ketten un banden lösen
(frei machen, befreien, erlösen, lösen, los-
kaufen etc.); — de körrcls d'r üt lösen (die
35 Kerne da heraus lösen od. herausstechen,
aus entfernen etc.); — fragen, upgafen,
rädsels etc. lösen od. uplösen (Fragen etc.
öffnen od. aufschliessen) ; ■ — geld lösen
(Geld lä-icn od. los u. frei machen durch u.
40 aus dem Verkauf von Gütern etc.); — he
hed hum d'r fan erlösd od. ferlösst. —
Weiter vergl. 2 lösen u. lössen. — Nd.
lösen; JH«f/. losen; «/(/.lössen; ?««/(/. looseu,
losen, lössen (solvere, liberare, vacuare,
45 laxare, exonerare etc.); afries. lesa; tcfries.
(J api.v) leazjen «. lossjen; loang. (Ehren-
traut 1,71) leiz ; as. lösjan, lösean «. lösön;
ags. lesan, lysan ; aengl. lesan ; engl, loose;
an. leysa (statt lausja) ; schwed. lösa ; dän.
50 löse ; ahd, lösjan, laosjan, lössan, lösan, lösen
u. lüsön ; amlid. lösen ; mhd. loesen (los
machen, lösen, frei machen, auslösen, er-
lösen); goth. lausjan (los machen, lösen, frei
machen, befreien, erlösen; nichtig machen,
55 zu nichte machen, vereiteln etc.). Zu lös, lös.
löslieid ; /. q. lössighcid. — Nid. losheid.
löslioid, Schlauheit, Pfiffigkeit etc. — S.
lös, lös u. lösigbeid.
lösjes, lose, locker, leicht, nicht steif od.
CO stark etc. ; — du must dat gaus lusjes binden ;
LOSIGHEID 533 LOT
— lösjes anbinden; — lat wat lösjes; — wfries., wang. lot; nfries. lod; as. hlot;
lösjes un saclitjes ; — lösjes un ligtjes C/oc/icr ags. hlot od. hlöt; acngl hlot; engl, lot;
u. leicht, auch vom Charakter) ; — de grund norw. lot; schwed. lott ; dän. lod ; goth.
is hei lösjes; — du raust man lösjes anriten. lilauts ; ahd. hlöz, löz; mhd. löz. Davon:
— Nid. lösjes. 5 ital. lotto (Glückstopf); port. loto (Sorte,
lösigheid, a) Losigkeit, Lockerheit; — Anzahl); franz. lot (Antheil). Abgel : loterie
lösigheid od. lössigheid (s. d.) in 't tau od. (Glücksspiel). — Mit ags. hlyt; an. hlutr
in de grund etc.; — b) Schlauheit, Pfiffig- (Loos, Antheil, Landesantheil) ; norw. lut;
keit etc. ; — dat was de fosse sin lösigheid. ahd. hluz, luz (dasselbe) «. an. hluti (Theil)
lössen, a) lösen, los %i. frei machen etc.; 10 u. an. hleyti od. urspr. hlautja (dasselbe)
— he lösst hum üt; — ferlössen, erlösen zu as. hliotan, hleotan ; «^.s. hleötan ; aengl.
etc. ; — b) frei od. leer machen, löschen, hleoten ; an. hljöta (hlaut , hlyt) ; norw.
entlöschen, entladen; — stenen, törf, kalen, Ijota; aschived. Ijuta; goth. (hliutan, hlaut) ;
rogge etc. lössen; — 'n gewer od. 'n büsse, ahd. hliozan, hleozan, liozan, liazan, leozan;
kanone lössen; — dat schip mut morgen 15 jnhd.liezen {sorüri, loosen, das Loos werfen,
lösst worden. — Auch subst. : wi sunt bi 't icahrsagen, zaubern ; erloosen, erlangen), od.
lössen od. mit 't lössen anfangen. — Nid. Alles (nämlich hlot od. hlöt u. hliutan,
lössen. — cf. lös u. lösen, womit es urspr. hliotan u. ags. hlyt, an. hlutr, ahd. hluz
ident. ist. etc.) vielleicht besser von der germ. y hlut,
1. lösser, a) loser, lockerer etc. — b) 20 die loohl in ähnlicher Weise wie die für
leerer etc., cf. lös. goth. hlutrs (cf. liiter) anzusetzende y hlut,
2. lösser, Löser. — Nur in ferlösser (Er- bz. klud od. klud auf eine aus kru od. kru
löser) = nid. verlosser. — Ahd. lösari, (sjiäter klu, klu, cf. hinter lud, lünink etc.)
lösare ; mhd. lösaere, loeser (Löser, Erlöser, enveiterte f krud od. krud zurückgeht, ganz
Befreier, Erretter). 25 ivie dies auch mit der aus skru eriveiterten
lössig, lockerig; — up 'n lössigen (locke- y skvud von schvöden, schröjen (schroten) der
rigen od. lockern , nicht gebundenen od. Fall ist. Was nun aber die Grdbdtg. dieser
steifen) grund seien ; — ^n lössigern sand germ. y hlut betrifft, so ist ivohl mit Sicher-
(einen lockeren, losern, bz. leichter stäubenden heit anzunehmen, dass sie die Bedtg. : spalten,
u. leichteren Sand) as de dröge dünensand 30 hauen, stossen, stechen, graben, ritzen, reissen,
gift 't wol net. bz. brechen, bersten, reissen, auseinander-
lössigheid, Lockerigkeit, Lockerheit, Un- gehen etc., od. hauen, schneiden, theilen,
gebundenheit etc. ; — d'r is od. sitt nog gen trennen etc. hatte, da doch überall die Bedtg. :
lössigheid od. lösigheid (s. d.) genug in de Theil, Antheil, Stück etc., bz. theilen, ab-
grund, de is nog föls to fast un stif. — 35 theilen, zutheilen etc. in den obigen Wörtern
Nid. lössigheid. auftritt u. einestheils ein Loos ja stets nur
lössiDg, lössen, Lösung, Erlösung, Frei- ein Theil eines Ganzen ist, andererseits aber
machung, Befreiung; Löschimg, Entleerung das Loosen od. Loostoerfen in alteti
etc. ; — he kan d'r gen lössen (Erlösung, Zeiten auch ja mit Stückchen Reisern od.
Befreiung, Freilassung, Dispens etc.) fan 40 Stöckchen, kleinen Holzstäbchen etc. geschah.
krigen; — ferlössing (Erlösung); — he hed — Vergleicht man nun aber die y kru von
'n blödlössing od. blodlössen (Blutentleerung, 1 u. 2 rau etc., sowie von griech. kroainö
Blutsturz, Aderlass) had; — waterlössing, ?<. kroüö (schlagen, klopfen, stossen, stampfen
yfa,teT\ö?,&en (Wasser-Entleerung etc.); — in etc.) zend. khvn (verletzeti, venvunden, furcht-
lössing od. lössen (Löschung, Entladung) 45 bar sein) etc. u. lat. crudelis u. crudus etc.,
liggen. — cf. nid. lossing, verlossing, in- so dürfte daraus auch wohl unsere germ.
lossing etc. u. ahd. lösunga; mhd. lösunge, ]/ hlut in der Bedtg.: stechen, ritzen, ver-
loesunge (Lösung, Erlösung, Loslassung etc.) lounden, reissen, bz. schlagen, abschlagen,
u. inlössing unter inlös. hauen, spalten, scheiden etc. eriveitert u. dem-
lösnng, lösing, lösen, Lösung etc., wie im 50 nach lautlich dieselbe sein wie von lat. crudus
hochd. — Sonst cf. lössing. etc. Zu zend. khru (verletzen etc.) vergl.
lot (zum Theil schon verdrängt durch das übrigens auch noch skr. khur (Andere, bz. to
nhd. Loos, toie auch lotten, loten durch kut, to break), die Ben feg (pag. 240) zu
das nhd. loosen), Loos;— 't lot smiten; kshur (to cut, to Scratch, to make furrows) ver-
— he hed 't grote lot wunnen; — he spold 55 gleicht u. wahrscheinl. aus urspr. skur, skru
(spielt) 'n half lot ; — 't was sin lot (Loos, (spalten, schneiden, theilen, schroten etc.) als
Bestimmung, Schicksal etc.), dat he schipper Ablaut von skar (spalten, schneiden, trennen,
worden is ; — he hed 'n trürig lot (Schicksal) theilen etc., cf. schären, schulen etc.) ent-
had ; — Compos. : nödlot. — Nd., mnd., stand, wie auch kar u. kard auf älteres
nid. lott od, lot; afries. hlot od. hlöt; 60 skar u. skard zurückgehen u, andererseits
LOT 534 LUECHT LUCHT
auch wieder nach Fick (cf. I, 810) das ein Grdverh.: lilan, lat, lut, lutuni, lutans,
skr. kürd ans kard, bs. skard hervorge- zurückgeht.
gangen ifi. lOter-kräm, Trändcl- od. Tändel- u. Trödel'
Wegen der Bcdtg.: schlagen, spalten. kram etc. ^
bersten, brechen, reissen etc. der für hlot 5 lotse, lots, s. lödse.
od. hlot, lilut etc. anzusetzenden f, cf. auch lotsen, s. lodscn.
griech. kloros (als Zeichen des Looses n. als lütten, losen, das Loos ziehen od. icerfen
das Gc- od. Verlooste , bz. Tlieil, Äniheil etc.; — se lottcn d'r um, wel 't hebbeu schal.
etc.), was vielleicht 7nit klaö (schlagen, spal- —Nid., nd., mnd. loten; afries. hlotia;
ten, brechen etc.) zusammenhängt. 10 satl. lotje. — Zu lot.
lüt, s. 1 lode. lottere, Lotterie, Glücksspiel ; — he lied
lote, s, 2 lode. wat in de lottere wunnen; — he spöld in de
loten, 's. 4 lodcn. lottere; — dat is 'n lottere, of d'r wat bl
15ter, gelöter, Gezauder, Gezöger, Ge- wunnen of bi ferloren word. — S. unter lot.
trödel, bz. das Sichaufhalten wo od. das 15 loven, s. lafen.
Hinhalten von Eticas, das Sichbeschäftigen loven, s. lüfen.
mit allerhand Kleinigkeiten u. nichtsnutzigen loven, s. lüfen.^
Bingen etc.; daher auch: Getändel etc.; — lu, lau: s. 3 le.
't is je 'n old gelötcr mit hum, hC- kumd je lü ; s. lue, lüde.
hei net wer afer, od. he kumd d'r je hei net 20 lübben, a) verschneiden, castriren ; — b)
mit afer, — he word je hei net klar etc. schinden, schädigen, betrügen; — c) die
cf. lötercn. Mutterbrust stark ziehen, ihr viel Milch
löter -büksen, ein Zauderer, Zögerer, entziehen, bz. die Mutterbrust od. die Mutter
Trändelcr, Tändcler etc.; — 't is so 'n stark mitnehmen etc. ; — dat kind liibd hum
regten olden löterbüksen. 25 (d. h. die Mutterbrust) od. hör (die Mutter)
lÖtere, Zauderei, Zögerei, Aufhalterei, dügtig. — Nd., mnd., nid., mnld. lubben,
Trödelei, Trändelei etc., cf. lettere. castriren etc. u. nnld. auch: betrügen. Da
löteren, lötern, lässig od. nachlässig es im mnd. auch die Bedtg.: vergiften u.
sein, zaudern, zögern, trödeln, trändeln, zaubern, bezaubern etc. hat, so ist es mit
tändeln etc. ; — hO IBterd wer so lank, dat 30 ahd. luppön ; mhd. luppen, lüppen (vergiften,
't gewis wer to lät word, er he kumd; — heilen); an. lyfja (lieilen, curiren) ; norio.
h6 löterd d'r so lank mit, dat 't hei net (Aasen) lyvja (heilen; lindern, stillen, z. B.
wer afer kumd; — he löterd al wat herum; die Schmerzen) ident. u. gehört es mit diesen
— wet de düfel war he nu wer herumloterd; zu goth. lubja in lubja-lcisei (Giftkunde,
— he lOterd d'r wat mit herum uu krigt d'r 35 Giftlehre, Zauberei) ; a/jr/. luppi; m/jrf. lüppe,
niks ürdentliks fan toregt; — he ferlöterd luppe ((^ift, Vergiftung, Zauberei; mhd.
(vertrödelt, vertändelt etc.) sin tid; — he auch: Salbe, zusammenziehender Saft); an.
ierloterd (vernachläs.sigt etc.) smhelehndel. \\]i (Arznei, Heilmittel); norw. lyv (Lin-
— Nid. leutcren; mnld. loteren; leuteren deriing, Linderungsmittel, Heilmittel) etc.
(cunctari, morari, differre, negligenter agere ; 40 Labbert, ml. Name. Davon: Geschln.
fallere, decipere) u. loteren (labefacere, labe- Lübberts, Lübbers.
factare, vacillare) ; mfläm. loteren, leuteren Lübbo, ml. Name; Geschln. Lübben u.
(fatrouiller , tasser son temps inutilement, Lübbena. Davon: Dimin. Lübke, Geschln.
t&rÄer, t&rkiveT etc.)] aengl. (Stratmann) Lübkes, wie von Lüppo auch Lüpke,
loitren ; engl, loiter (zaudern, zögern, trän- 45 Geschln. Lüpkes.
dein, trödeln). — Wegen oi im engl, loitren, lübstik,i«>ös<öc^-c?(Ligusticum]evi8ticum),
loiter cf. engl, cloister (Kloster), sowie das Das Decoct des Samens dieser Pflanze
mit un.serm beistern, beustern, büstern ver- tcird hier als Mittel gebraucht, um Kühen
7vandte engl, hoistcrous, — engl . doit = nid. die Nachgeburt abzutreiben. — il/?i(/. lubbc-
deut (cf. deit) etc., wonach der Grundvocal 50 stok, lubestickel; ahd. lubistechal, lubistikel
lüohl „o" od. richtiger „u" ist. Vergleicht u. lubistecco etc. ; mlat. lubisticum. Nach
man nun aber wieder klßteren od. klötern Weigand aus lat. ligusticum, wahrschein-
= nid. kleuiercn als Ablautform von khitci-i^n, licher (cf. Seh. u. L.) aber wohl aus levi-
klatern, od. tökeln als Ablautform von takeln sticum entstanden.
etc., so ist wohl anzunehmen, dass auch bb 1. liiclit, lucht, !/»/<; — de hiebt is heller
löteren, lotern eine Ahlautform von lateren unklar;— deXnchi (Luft, Himmel, Wolken-
od. latern (spätem) ist u. demnach auch decke etc.) is gans rod, bz. en für un flamme ;
istern mit lat, bz. nhd. lass u. lässig u. — de lücht is gans swart ; — d'r haugd so 'n
unserm letten zusammenhängt, bz. (cf. swaren lücht bafen uns, dat 't wol hold swär-
Weiteres unter lät) mit diesen Wörtern auf ^0 wer (Gewitter) giftj — de lücht sitt ful
LUECHT LUCHT
535
LUECHTEN LUCHTEN
sterrens ; — he was net as wen he üt de
lücht ful ; — de f5gels flegen dör de lücht ;
— dat stigt in de lücht up; — 't is net as
wen d'r is üt de lücht fald ; — de lücht is
dik fan rok ; — 'n rügen od. frisken, kolden,
heten , warmen , dikken , dünnen , swaren,
ligten, mallen, godeu, stinkergen etc. lücht ;
— he kan gen lücht krigen (er ka)in keine
Luft bekommen, leidet an Luftmangel od.
Äthemnoth etc.) ; — lücht amen od. halen,
scheppen etc. (Luft athmen od. Luft u.
Atliem holen, schöpfen) ; — du must wat in
de lücht (in die Luft, hz. ins Freie etc.)
gäa un dl wat ferfrisken; — he kumd net
genug in de lücht; — d'r dürd hum hast
gen lücht od. lüchtje (Wind, Zug etc. od.
Windchen etc.) anweien of he is al ferkold ;
— pas up dat d'r gen lücht an- od. hikumd,
anders ferdarft 't ligt ; — dat hed gen lücht
(Luft od. üamn, freien Baum etc.) genug;
— du must hum lücht (Baum) maken, dat
he mer bot krigt etc. — Sprichio.: friske
lücht deid net so nöd, as rein water un ge-
sund bröd. — Nd. luft, lucht; mnd. lucht;
nid. lucht; mnd. lucht, locht, loft; wfries.
lofte, loft ; nfries. loft, locht ; wang. lucht ;
satl. liucht ; as., ahd., mhd. luft ; goth. luftus ;
ags. lyft ; aengl. lift, luft ; e7igl., schott. lift ;
an. lopt ; norw. loft ; schwed., dän. luft.
Das Wort luft bezeichnet im mnd., ags.,
engl., an., norw. etc. ausser dem Baum über
uns od. über der Erde, bz. dem oberen freien
Baum im Allgemeinen, auch noch speciell
ein über dem Baum zu ebener Erde liegendes
Gelass od. den oberen Baum in einem Ge-
bäude (oberes Stockioerk, Obergemach, Ober-
saal). Die eigentliche u. urspr. Bedtg. des-
selben ist aber wohl: freier unbeschränkter
tveiter offener Baum od. trennender Baum,
Baum der Himmel u. Erde trennt u. scheidet,
Himmelsraum od. Baum u. Weite überhaupt
u. ist die für luft anzusetzende gertn. y luf
daher wohl ident. mit der alten u. weitver-
breiteten y lup, lump, bz. rup, rump (reissen,
spalten, scheiden, trennen, bersten, brechen,
knicken etc.), wozu ausser luft als Spalte od.
Kluft zwischen Himmel u. Erde, od. weiter,
freier, offener Baum u. Platz über der Erde
etc. auch ahd. luf (Spalte , Kluft , Höhle,
Loch, Abgrund), skr. ropa, an. rauf (das-
selbe); skr. lopa (Abfall, Schwund, Verlust,
Einbusse; das Entreissen, Berauben, Ent-
wenden etc., cf. rofen, ruffen etc.); lat. rumpo,
rupes, rupta etc. tc. auch wohl unser luf etc.
u. 2 lüchter (linker) gehören u. für Letzteres
sowohl als für luft loohl den frühem Be-
stand eines alten, obsolet gewordenen germ.
Verbums lufan od. liufan (cf. unter harl
dieserhalb des Weiteren u. sodann auch
kluft von klöfen) vermuthen lassen, falls
nicht etica beide Wörter auf das Partie,
perf. pass. rupta, lupta (gebrochen, zer-
brochen, unterbrochen, gespalten, getrennt
etc., cf. Fick I, 746) der y rup, lup su-
5 rückgehen u. daraus entstanden sind.
2. lücht, lucht, Licht; — he steid ml in
de lücht od. auch : he steid mt in 't lücht ;
— he hed sük sülfen in 't lücht stän ; —
he ferböed hum 't lücht ; — du must mi üt
10 de lücht gän; — dar geid mi 'n lücht up ;
— ik wil hum 'n lücht (ein Licht od. eine
Leuchte) up- od. anstäken, dat man sin daden
sen kan; — dat dürd gen lücht sen (das
darf kein Licht sehen, bz. nicht von der
1.5 Sonne beschienen werden); — dat dürd gen
lücht liden (das darf kein Licht leiden, bz.
erfahren etc., darf nicht sichtbar iverden od.
an den Tag kommen etc.) ; — stak 't lücht
(das Licht, bz. die Kerze, Lampe etc.) an,
20 't Word düster ; — 't lücht (das Licht, die
Kerze, Lampe etc.) wil net brannen, de
decht is gewis nat, bz. d'r is gewis gen ölje
mer up; — du kanst 't lücht (od. de
lüchten) man ütmaken od. ütpüsten. — Be-
25 densart. u. Sprichw. : 't lücht brand hum up
de Stert (das Licht brennt ihm auf dem
Schwänze, bz. brennt ihm schon von hinten,
od. fig. : es kann nichts mehr mit ihm leiden,
er befindet sich in einer sehr gefährlichen
30 «. bedenklichen Lage, schwebt in grosser
Gefahr, dass er sich bei einer Sache brennt
od. verbrennt u. dabei zu Schaden kommt
etc.); — dat lücht brand as wen d'r 'n
wäfer um 't hüs löpt un freid na de meid.
35 — Weiteres s. unter 1 lacht.
1. lachten, lachten, leuchten, Licht, Glanz
u. Helligkeit etc. machen u. geben, Licht u.
Glanz verbreiten u. ausstrahlen, glänzen,
blitzen etc.; — du must mi äfen lüchten,
40 ik kan anders net sen; — lücht' dar äfen
hen, of 't dar wol hentrulld is; — dat
schinfat (die Laterne) lüchtd man siegt ; —
he hed hum henlüchtd od. to hüs lüchtd (er
hat ihm hin- od. zu Hause, heim- etc. ge-
45 leuchtet etc. ; auch fig.) ; — dat lüchtd hum
net in od. wul hum net inlüchten, dat etc.;
— dat kan hum lüchten od. schinen (auch
fig.); — werlüchten (wetterleuchten); — de
ogen lüchten (leuchten, glänzen, blitzen,
50 strahlen etc.) hör in de kop ; — dat lüchtd
as 'n demant. — Nd. lüchten, lüchten;
mnd., mnld., mfläm. lüchten, lochten ; wfries.
Ijuechten, Ijuechtjen ; tvang. liucht; as.
liohtjan, liuhtjan, liohtean, leohtan; ags.
55 leohtan, lyhtan; aen^ri. leohten ; aM liuhtan,
liuhten, luihtan; mhd. liuhten; md. lühten;
goth. liuhtjan. — Mit lechten; nid. lichten;
mnd. lichten, lechten; engl, light; ahd.
liebten; mhd. liebten (hell werden od. sein,
60 leuchten etc.) zu einem u. demselben urspr.
LUECHTEN LUCHTEN
536
LUDDER
Suhst.: as. Höht etc., wovon sowohl 1 lecht
als 2 lücht.
2. liichten, luchten, lüften, Luft machen
u. geben , der Luft aussetzen u. erfrischen
etc. ; — dat hiis is lauk iiOt lüchtd od. üt-
lüchtd ; — lücht' de kamer god, dat d'r fau
afend 'n godcn lücht in is, wen wi to hcdde
gän ; — dat bcdde mut insen wer lüchtd
worden, 't is lank net na hüten west; — he
lüchtd sük wat üt (er lüftet sich etwas aus,
setzt sich eine Zeitlang der Luft atts, ist in
od. an die Luft gegangen , um sich etwas
zu erfrischen etc.); — sük ferlüchten od.
ferlüchtern (sich in der Luft erfrischen u.
erholen, frische Luft schöpfen); — hörnen
ütlücliten (Bäume auslüften od. ausputzen,
ausschneiden, ihnen mehr Luft u. LAcht
gehen etc.). — Nd. luchten, lachten ; satl.
lügtje; nid. luchten etc. — Das mhd. lüften
hat wie zum Theil auch noch das nhd.
lüften nur dieBedtg.: in die Luft heben,
in icclcher Bedtg. es mit an. lypta, lyfta;
schiced., norw. lyfta ; dein, löfte ; engl, lift
etc. zusammenfällt u. ivoraus auch unser
2 lichten entstand.
1. lüchter, Leuchter, Gestell icorauf das
Licht steht.
2. lüchter (nur noch selten gebraucht u.
fast ganz durch linke u. linker verdrängt),
linker; — an de lüchter od. lüchtere sid.
- Nd. (Schütze, III, 56. Br.Wb. III,
06) lugt, lucht, lugter, lugts (linl; linker,
links); mnd. lucht, locht, geivöhnlicher lüchter,
lochtcr; 7nnld. (Eil.) locht, luft (sinister,
laevus) ; ivfries. (Hindel.) loaft; aengl.
luft, leoft, left, lift ; engl. left. — Die eigent-
liche Bedtg. dieses Wortes ist loohh debilis,
gebrechlich, mangelhaft, schlaff, schioach,
matt, dünn, kraftlos etc. (cf. link) ?<. dürfte
es demnach tvohl mit 1 lüclit gleicher Ab-
stammung sein, bz. mit luf (matt, schlaff),
sowie ferner auch mit an. lufa (hirsuties,
coma incomta , bz. vir hirsutus ; hirsutia,
villositas) zu derselben y rup (brechen,
knicken , zerbrechen , reissen, spalten etc.)
gehören, tvobei wegen des an. lüfa auf das
zur y lu, urspr. ru (siossen, brechen, reissen,
spalten, scheiden, lösen etc.) gehörende an.
lodli (hirsuties) etc. ic. nhd. loddern etc.
(cf. 3 h'ir u. luddern) verwiesen loird.
1. lücht je, Lüftchen.
2. lüohtje, Lichtchen, kleines Licht.
nichtig, a) luftig, frisch, kühl, windig,
zugig etc. ; — 'n lüchtig fcrtrek (ein luftiges
Zimmer) ; — 'n lüchtigen keller (ein luftiger,
frischer, kühler Keller); — 't is hüten regt
lüchtig (frisch, kühl, toindig) ; — lüchtig
wer (frisches kühles Wetter); — 't is mi
hir butea to lüchtig to stän ; lät w' na binnen
gän, er w' uns ferkolden ; — b) luftig, leicht
etc.; — se is to lüchtig kledt (sie ist zu
luftig u. leicht, bz. zu kühl gekleidet); —
(fig.) windig, leicht, leichtfertig, leichtsinnig
etc. ; — he is 'u lüchtigen patrön od. 'n
5 lüchtig hachje (er ist ein windiger, leichter
Patron etc.).
lücht-snüter, Lichtschneuze, Lichtputze,
Lichtscheere.
1. lud, Ifit, (lüder, lüler; Iftdste, lütste),
10 laut, vernehmlich, deutlich, gut hörbar, ge-
räuschvoll etc. ; — he röpt so lud as he kan ;
— du must wat lüder pröten, anders kan ik
dl net ferstan ; — ik hebb' di 't dog lud
genug toropen od. segd etc. ; — 't is mi hir
15 föls to lud; — de kinder sunt so lud, dat
man siu egen gclüd net hören kan. — Nd.
lud; 7nnd. lud, h'it, lüde; 7ild. luid ; mnld.
luyde; afries. hlüd; tvfries. luwd; tvang.,
satl. lud ; as. hlud ; ags. hlüd ; aengl. hlüd ;
20 lud ; engl, loud ; ahd. hlüt, hlüd, lüt ; mhd.
lüt. — 3Iit dem folgenden:
2. lud, Ifit u. gelüd, Laut, Ton, Schall,
bz. das ivas man hört a<. vernimmt (he gift
gen lud fan sük ; — d'r lett sük gen lud
25 hören) = ahd. hlüta, lüta etc. u. goth.
hliutha, hliuth (Gehör, aufmerksames Hören
od. Lauschen, Aufmerken, Stillschiveigen) ;
an. hliodh (dasselbe u. auch Gehör); ahd.
hliumunt, nhd. Leumund (Buf, Gerücht,
30 guter Buf, Bulim) ; goth. hliuma (Gehör)
etc. ; griech. klüö (ich höre), kk'itos (be-
rühint; laut, vernehmlich, lärmend) etc.;
lat. clueo (ich heisse, xoerde gerufen od. ge-
nannt), inclutus (bekannt, berühmt) etc.;
35 skr. ^ruta, (^'rüta (gehört, berühmt), gravas
(Buhm) etc. ; zend. qriita, (gehört, berühmt),
rravaüh (Wort, Gebet), ^raoman (Gehör);
ved. ^romata (guter Buf, Berühmtheit) ;
air. clü (rumor) ; cambr. clyw (auditus),
40 clywet (Jiören) etc. zur y ^ru (hören, ver-
nehmen, zuhören , horchen , lauschen etc. ;
[pass.] gehört werden ; berühmt sein ; fcaus.j
hörend machen, Stimme hören lassen etc.),
Partie. perf. pass. gruta, FerftaZ^rut, clienach
45 G r a ssm a n n auch die subst. Bedtg. : Wort,
Buf, Scliall etc. hatte u. zu der mit s er-
weiterten Form 9rus, ^lus (hören etc.) das
ahd. hlosen; ags. hlosnian etc. (lauschen);
as. hlust (Gehör, Gehörorgan, Ohr; Hören,
50 Außiorchen, Lauschen); ags. hlyst (auditus,
auditio. auscultatio) ; an. hlust (auris) u. ahd.
hlüstren, mhd. lüstern (cf. lüstern) gehören.
Vergl. auch lüning.
ludder in geludder, Gelotter etc. — Es
55 ist dasselbe Wort wie ahd. lotar, loter, lotter;
mhd. lotcr, lotter (lockeres, leichtfertiges
Wesen, Nichtsnutzigkeit, Gaukelei), welches
mit ahd. lotar ; mhd. loter, lotter (locker,
leicht, leichtfertig, nichtsnutzig, gauklerisch) ;
60 mhd. loter, lotter (lockerer leichtfertiger
LÜDDER-BANK
537
LUDEN LUEDEN
Mensch , Taugenichts) ; ags. loddere ; an.
loddari (LumpenJcerl , Dummkopf, Flegel,
Lümmel) ; nid. lodder (LumpenJcerl, Flegel,
fauler Schlingel, Lotterbube, liederlicher
Mensch , Wollüstling etc.) ; mnld. lodder
(scurra ; homo venereus luxuriosus, scortator) ;
mnd. lodder, loder, lader (lockerer Mensch,
Taugenichts, Possenreisser, Gaukler, Bettler
etc.) u. dem davon entlehnten afrans. lodier,
laudier (Faulenzer, Tagedieb, Taugenichts).
— Es ist trotz des nhd. loddern, ver-
lud dem (cf. Fick, III, 273 unter lutha)
u. trotzdem, dass auch das an. lodli (hir-
suties etc.) ein locker es loses Etwas
bezeichnet, schwerlich mit dem Letzteren (s.
unter ladde u. 3 Iure) direct verwandt u.
ebensowenig mit dem begrifflich gleichfalls
sehr nahe liegenden nhd. Luder (cf. luder
it. ludern, ferludern), sondern es muss wohl
angenommen iverden , dass es aus einem
älteren ngerm. lodi, ahd. loti od. loda, Iota,
bz. ludi, luti od. luda, luta (cf. ahd. ludara u.
lodara = unserm 3 Iure) mit dem Suffix ara,
a,r weitergebildet ist, was gleichfalls schon einen
lockern losen, nicht zusammen-
hängenden od. nicht dichten u.
festen od. g eschlossenen Zustand, bz.
ein solches Etioas od. Wesen (gleichviel ob
sachlich od. persönlich) bezeichnete u. dessen
inlautendes d m. t ebensowohl aus älterem
dh als th entstehen konnte. Falls nun aber
die für an. lodh (hirsuties) etc. angesetzte
Stammform lutha wirklich zu der y lu
(lösen, lockern, lose u. locker machen etc.) ge-
hört, so ist es auch zweifellos, dass das obige
ahd. lotar etc. entweder gleichfalls von dieser
Stammform lutha fortgebildet ist od. dass es
mit ags. (cf. H. Leo, 663) leödh (nichtsivür-
diger Mensch), lydda (homo nequam), lydher
(nichtswürdig), leädhr (tiichtsivürdiger od.
loser listiger betrüglicher Streich), lydhre
(Hure, leichte lockere Person) zu einer aus lu
(lösen, lockern) fortgebildeten y ludh gehört.
luüder-baiik, Lotterbank, Faulenzer-Bank.
ludder-bedde, Lotterbett.
luddere, Lotterei, Gelotter, Gefaulenze etc.
Indderen, luddern, lottern, faiüenzen, faul
u. träge liegen od. umherliegen u, umher-
gehen, seine Zeit mit Nichtsthun od. ynit
Liegen u. Schlafen, Träumen etc. verbringen,
nachlässig u. liederlich wirthschaften etc.;
— he ludderd de ganse dag wat herum; —
he is flintelei un deid niks as luddern; —
he ferludderd sin tid od. sin geld un god
etc. — Nid. lodderen (aus Faulheit im Bett
liegen u. schlafen ; locker u. liederlich leben).
ludderi^, ladderg, lotterig, zum Faulenzen
od. Schlafen u. Liegen geneigt, faul, träge,
unordentlich, verkommen etc. ; — he is so
ludderg, dat he sin knaken hei net rörd,
wen he nig dör de nöd dräfen word; — 'n
ludderig wif is hast slimmer as 'n höre ; —
dat sügt dar in hfis all' so ludderig un fer-
kamen öt, dat man hast bange wesen mut,
5 um d'r hen to gan. — Nid. lodderig.
ludder-peik, lotterige schlotterige un-
ordentliche verkommene Person, Schlumpe
etc. — peik ist syn. mit püt (Sack, Beutel,
Tasche) u. demnach ludderpeik sgn. mit
10 sludderpüt. — cf. engl, lutter-putcb (der
unordentliche, schmutzige, schlurige Mensch).
lüde, lue, lü' u. lüden, liien, Leute,
Menschen, Volk, Dienstherrschaft, Familie
etc.; — dar wanen 'n hele budel lü (od.
15 lüden) in dat land ; — de^ lue stunnen all'
up de strate; — he is bi ander lü' (od.
lüden) afer dal ; — he mut 't all' under de
lü brengen ; — lütje lü' (a. kleine Leute od.
Menschen; — b. geringe arme Leute etc.);
20 — ji lü' od. lüden! wat raen' ji wol? —
unse lü' sunt ütfaren; — bi unse lü' hebben
de knegten un meiden 't god ; — enige lüden
weten hei net wat se willen of mutten. —
Sprichio.: man mut de lue proten laten un
25 sük nargends an keren ; — man mut de lue
spreken laten, de gösen könen 't net; —
junge lue, dumme lue; olde lue, kolde lue.
— Nd. lüde, lue; nid. lieden, luiden, lui;
mnld., mfläm. lieden, luden, luyden ; afries.
30 Kode, liude; xvfries. (Jap ix) lie, Ijue, Ijoe;
wang. liud, liuden; satl. Ijüde; nfries (Jo-
hansen) lidj; as. liudi; ags. leöde ; ahd.
liuti, liudhi ; mhd. Hute. — Es ist der
Plur. von as. liud; afries. liod ; ags. leod,
35 liod; aengl. leod; engl, leod; an. lydhr ;
narw. 1yd ; ahd. liut, liuth, liud, luit ; amhd.,
östr. lout; mhd. liut; md. Kit, luit (Volk,
Stamm, Geschlecht etc.; einzelner Mensch),
ivas mit 1 lode u. ags. lud (crescentia, vigor)
40 zu goth. liudan ; as. liodan ; ags. leödan ; ahd.
liotan, leotan (ivachsen etc.), bz. mit diesem
u. preuss. ludis (Mensch) ; lett. laudis ; kslav.
Ijudü (Volk) etc.; zend. raodha (Wuchs,
Ansehn, Gesicht) etc. zur y rudh, ruh (sich
45 erheben, wachsen, spriessen) gehört.
lüden, lüden, lauten. Laute machen, einen
Laut od. Laute, Töne, Worte etc. von sich
geben, rufen, sprechen, klingen, schallen etc. ;
— he kan hast net lüden, so hesterg is he ;
50 — dat ludt od. lüdt (lautet, klingt etc.) je
sünderbar, bz. net god etc.; — dar lüd'de
(lautete) niks fan üt; — de bref ludt (od.
lüdt) net so, as ik di segd hebb'; — dar
hed nog niks fan ludt ; — de leste narigten
55 luden (od. lüden) man siegt; — Compos.:
ferlüden, ferlüden, a) verlauten etc.; — he
lett niks fan sük ferlüden (verlauten, ver-
nehmen, hören) ; — d'r ferludt (od. ferlüdt)
niks fan (da verlautet nichts von, wird nichts
60 von gesprochen od, erwähnt, bz, nichts von
LUEDEN
538
LUDOWIG LUDEWIG LUDWIG
gehört od. laut u. ruchbar); — d'r hed nog
gen starfensworil fan ferlüdt, dat etc. ; —
b) we(jlauten , verklingen, verschallen, ver-
hallen etc. ; daher : ferlüdt, verschollen, weg,
todt, verstorben u. verdorben, verloren etc. ;
— he is gans ferlüdt (er ist ganz verschollen
u. weg etc., bz. es ist gar nichts wieder von
ihm gehört ivorden etc.) ; — uü is he erst
regt ferlüdt (weg u. verloren); — de hele
biidel is ferlüdt (die ganze Wirthschaft od.
Familie etc. ist verstorben u. verdorben od.
zu Grunde gegangen). — Nd. luden, lüeu;
innd. luden; nid. luiden ; mnld. luyden ;
afries. hlnda ; xvang. lud ; as. hlüdan, hlüdön,
lüdön (laut sein od. werden, einen Laut
von sich geben) u. hlüdjan (laut machen,
ertönen lasse)i , lund thun) ; ags. hlydan ;
acngl. hluden (sonare, clamare) ; an. hljödha
(lauten, sonare etc.); norio. Ijoda; schiced.
Ijuda; dän. lyde (dasselbe); ahd. hinten,
Inten; mhd. liuten (laut sein, lauten, tönen,
klingen etc.) u. hlütjan, hlüttan, lüttan, lüten,
liuten; mhd. lüten; md. lüden (einen Laut
od. Ton machen u. erzeugen, einen Laut etc.
von sich geben; laut od. tönend machen,
ertönen lassen, läuten), cf. 2 lüden.
1. lüden, s. lüden.
2. lüden, läuten. Schall mit der Glocke
machen, schellen, klingeln; — de lüders
sunt an 't lüden, d'r word gewis 'n döde be-
grafen; — d'r is nog net to de karke lüdt;
— d'r is fan nagt so in unse klokk' lüdt,
dat wi hei net wussen (wussten) wat d'r
was. — Auch subst. : dat lüden. — Nd.
luden, lüden ; mnd. lüden ; nid. luiden ; wfries.
(Jap ix) lieden; ahd. hlütjan etc., s. unter
lüden. — Compos. : belüden, inlüden etc.
3. lüden, s. lüde.
1. lüder, lauter; s. 1 lud.
2. lüder od. lader, Luder od. a) das
übermässig Fette od. die übermässige Fülle
an u. namentlich das dicke iveiche Fett od.
weiche fettige Fleisch auf den Hippen eines
Thieres ; — de katte hed ördentlik lüder up
de ribben, so dik un fet is dat der ; — man
kan för emer lüder hast gen ribben fölen ;
— wen d'r man lüder genug up de ribben
sitt, den sitt d'r 6k mesttid fet genug fan
binnen in; — b) Fleisch od. Aas von ge-
fallenen Thieren ; — c) Schimpfwort für
unordentliches gemeines liederliches Volk u.
namentlich Huren. — Nd. (D ahn er t)
luder; nhd. luder (Lockspeise, Lockaas;
Fleischfülle an Säugethieren; Aas von ge-
fallenen Thieren; lockere leichte od. ver-
führerische, durchtriebene Weibsperson;
lockeres, wüstes Leben, Schlemmerei) ; mhd.
luoder; tnd. lüder (Lockspeise ; Lockfalle, ver-
führerisches, lockeres Leben; Schlemmerei),
wovon afranz. loitre; franz. leurre; prov.
loire; ital. logoro etc., s. unter 18re. —
Der Form nach scheint das mhd. luoder
von einem Prät. luod eines Verb, ladan mit
dem Suffix er fortgebildet u. da nun das
5 aus hladen entstandene 1 laden (laden, be-
laden etc.) begrifflich nicht zu lüder passt,
so muss man im Fall der Abstammung von
einem Verb, ladan wohl annehmen, dass der
Stamm luod von luoder 7nit dem Präter.
10 luod = nhd. lud von ahd. ladan (rufen,
berufen, auffordern, einladen, bz. anrufen,
anholcn, zu sicli rufen etc., cf 2 laden)
ident. ist ?(. demnach iirspr. die Bedtg.:
rief hatte u. dann weiter in die Bedtg.:
15 lockte überging, was insofern sehr gut
denkbar ist, als man bei ladan (laden, rufen,
auffordern etc.) ja gar nicht anzunehmen
braucht, dass das Laden od. Einladen, Be-
rufen durch gesprochene Worte geschieht,
20 sondern dass dies auch überhaupt durch
unarticidirte Laute geschehen kann, wie
z. B. die Männchen der Vögel etc. dies
durch allerlei Jjocktöne thun, wenn sie ihre
Weibchen einladen um zu ihnen zu kommen.
25 Ist das mhd. luoder nun aber wirklich vom
Präter. luod voyi ]ada.n fortgebildet, so ivürde
es urspr. blos ein Etwas, tvodurch u. womit
Einer einlud u. lockte od. ein einladendes
n. verlockendes Eticas bezeichnet haben u.
30 so in die Bedtg. : Lockspeise u. Lockfcdle
etc. übergegangen sein.
lüder , Läuter , Einer der die Glocke
läutet; — de lüders sunt al up de toren,
um de klokken to lüden.
35 ludere, Läuterei, anhaltendes u. viel-
faches Läuten; — wat is dat fan dage für
'n ludere in de stad ?
lüderig, lüderg, luderig, liederlich, ge-
mein, unordentlich, verkommen etc. ; — he
40 is al to lüderfg worden, as dat man hast
nog d'r an lüfen kan, dat he sük nog wer
beterd ; — 't is so 'n lüderigen kram od.
budel etc., dat d'r niks mer an to helpen is.
lüdern, ludern, ein lockeres sorgloses
45 müssiges Leben führen, müssig gehen, lungern
etc. ; — he lüderd wat herum. -- ferlüdern
(verschlemmen, verprassen, vergeuden, ver-
derben, verkommen etc.) ; — he fcrlüderd
sin geld un göd, bz. sin hele budel ; — he
50 ferlüderd gans od. is hei un dal ferlüderd
un ferkamen. — Mhd. luodcren, luodern ;
j«(Z. lüdern (schlemmen, prassen; ein lockeres
Leben führen, Possen treiben ; reizen, ver-
locken, verführen).
55 Lüdowig, Lüdewig, Ludwig, ml. Name.
— Geschln. Lüdowigs, Lüdewigs, Ludwigs.
— Die frühere galt., f rank. Form Chlodowich
= germ. Illuodowig od. Hlüdowig, Ludwig
lässt wohl auf eine Zusammensetzung von
60 wig (Kampf etc.) mit hlüdo (laut, mit ver-
LUD-RUEFTIG LUD-RUECHTIG 539
LUG
nehmlicher Stimme, heftig, stark) schliessen,
sodass dieser Name soviel als: laut od.
heftig u. stark im Kampf bezeichnet.
— Wegen Lüdo in Lüclowig cf. auch Luke
u. Lüth.
Iful-rüftig, lud-rüclitig, a) laut rufig od.
laut schreiig, laut rufend od. laut schreiend,
laut lärmend etc. ; — de kinder sunt so
lüdrüftig, dat man sin egen gelüd net hören
kan; — b) laut klingend, laut od. weit
schallend, laut od. allgemein ruchtbar u. be-
kannt; — de säk' is al to lüdrüftig worden.
= Nid. luidrüchtig. — rüfttg, rüchtig ist
von einem mit nhd. rucht in ruchtbar, bz.
r ü cht in Gerücht ident. Stamm ruft, rücht
mit ig fortgebildet u. dieses ruft, rüclit, rucht
mit dem zu ahd. hröfan (cf. röpen) ge-
hörenden ahd. hröft, hruoft, ruoft, ruaft;
mhd. ruoft (Buf, Geschrei; Feldgeschrei;
Gerücht, Ruf, Leumund, Nachrede etc., cf.
Lex er), bz. hruofti; mhd. ruofte, ruefte;
md. rufte in ahd. gehruafti etc. (Rufen, Ge-
schrei, Lärm; Geschrei um Hülfe, Hidfs-
geschrei etc.) urspr. eins, dessen „f" in
ähnlicher Weise wie in sacht, klücht, kracht,
1 lücht etc. in Gerücht u. ruchtbar, bz. im
mnd. ruchte etc. (s. unten) in „ch" über-
ging. Demi dass rücht u. rucht im nhd.
Gerücht u. ruchtbar, bz. mnd., mnld. (cf.
Seh. u. L. u. KU. etc.) geruchte, gerechte
(das Rufen, der Lärm ; Geschrei um Hülfe,
Hülferuf; Ruf, Gerücht), ruchte , rochte
(Rufen, Geschrei, Ruf, Gerücht), ruchtich,
rochtich (ruchtbar) mit Uebergang von „f"
in „ch" aus dem mhd. ruofte, rüefte, ruoft;
md. (s. oben) rufte entstanden sind, geht aus
der gleichen Bedtg. der obigen ahd. ii. mhd.
ti. mnd. Wörtern wohl genügend hervor, u.
kann ich wenigstens dtirchaus nicht glauben,
dass die Form rücht od. rucht in Gerücht
u. ruchtba r , bz. ruft, rücht in unserm
lüdrüftig in irgend einer Weise (cf. dieser-
halb Weigand) mit den Wörtern Ge-
ruch u. riechen, bz. mit unserm rök,
nid. reuk etc. u. ruken zusammenhängen.
lue, s. lüde, lü.
1. Inf, schlaff, matt, müde, träge, still, un-
beioegt etc. ; — de seils hangen luf hen (die
Segel hangen so schlaff, träge, still u. unbe-
wegt hin, sind in Folge der Windstille nicht
steif u. mit Wind gefüllt) ; — ik bün fan
dage so luf (schlaff u. schwach od. matt u.
müde etc.) in de benen, dat ik hast gen ben
rören un gön en föt för de andere selten
kan; — de bladen hangen för bitte un
windstilte luf (schlaff u. wie welk etc.) an
de bomen; luf wer (träges stilles unbewegtes
etc., bz. träge matt u. schlaff machendes
schwüles Wetter); — 'n luffen lücht (eine
schlaffe weiche warme od. schivüle u. matt
machende Luft). — Nid. lof, loof (schlaff,
loeich, müde, matt, ermüdet, feige etc.; —
een love ziel, ein mattherziger, feiger Wicht).
— Es ist wohl Ablautform von laf u. da-
5 selbst das Weitere zu vergleichen, doch kann
es auch mit aengl. luft, leoft etc. (s. unter
2 lüchter) zu lüfa gehören, da für dasselbe
auch das frühere Bestehen eines as. u. ags.
lüfan angenommen werden muss.
10 2. luf, s. lufFe.
luf, s. 2 lof.
lune, luf, ein weiches lockeres, ziemlich
grosses u. flaches Weizenbrod, wozu in der
Regel ein etwas gröberes Mehl als zu den
15 Semmeln gebraucht wird u. jetzt fast nur
noch zu den Viehmärkten für die ländliche
Bevölkerung gebacken wird, die sehr oft
einen Häring zu ihrem luflfe verzehren; —
ga hen un kop dl 'n pär luffen, de du
20 underwegens upeten kanst, den brükst du
dl anders niks kopen. — Nd. (Br. Wb.)
luffe. — Ob es urspr. dasselbe Wort ist,
wie nfries. (Johansen, pag. 11) liaf, od.
(Outze n) lif, lef (Brod), leflfe (ein grosses
25 dünnes flaches Brod); nhd. Laib; ahd.
hleip, hlaib ; mhd. hlip u. ahd. hlaiba, leiba ;
goth. hlaifs, hlaibs (Brod, Speise) ; ags. hlaef,
hläf (loovon das ags. hläford, engl, contrah.
Lord u. hlaefdige, contrah. engl. Lady);
30 aengl. hläf; engl hläf, loaf ; an. hleifr etc.
= lit. klepas; lett. klaips (Brod) etc. ist
mir zweifelhaft, da es ebensowohl urspr.
ein flaches, breites Etioas bezeichnet
haben u. dann vielleicht mit engl, luff etc.
35 (s. unter 1 u. 2 lof) connex sein kann.
Als loeiches lockeres od. schlaffes Etwas
könnte es aber auch mit 1 luf, bz. lüfan etc.
zusammenhängen wie auch sluflfe mit sluf
connex ist.
40 lug, faul, träge, matt, müde, schleppend,
schicer etc. ; — lug wer (faules träges unbe-
ivegtes stilles etc., bz. laues schtvüles matt
M. träge machendes Wetter) ; — he is so
lug (faul M. träge od. langsam etc.), dat he
45 hast gen finger of föt rören mag ; — lug in
de benen (inatt u. schwer od. schwerfällig
in den Beinen); — lug in 't lopen (faul u.
träge etc. od. langsam u. schiverfällig od.
zurückbleibend im Gehen) ; — dat geid d'r so
50 lug (so träge u. schwerfällig od. unlustig u.
langsam etc.) hen, dat he hei net förüt kumd ;
— 't geid all' lugger un lugger (es geht
Alles od. in Einem iveg, immer, stets fauler,
langsamer u. schleppender, schwerfälliger
55 etc.); — he ligd d'r lug (faul, träge u. un-
thätig etc.) hen. — Nid. log (langzaam,
traag; onbewegelijk liggend, zwaar etc.) ; —
een log mensch, ein fauler träger Mensch;
— een log schip, ein faules träges unbe-
60 weglich liegendes Schiff; — het logge lijf,
LUEG 540 LUEK
der träge od. sclncere Leib; — met logge od. herauszieht, herausnimmt etc. (sitinl. u.
mokers kneuzen, mit schioeren Hämmern trop.) bezeichnet hätte u. so in die Bedtg.:
zerschmettern) ; u-fries. (Jap ix) log, logge. Laos (sors) u. Schicksal, Geschick etc. über-
— Kur Matth. Kr am er (ISl) hat noch \og gegangen wäre. Vergleicht man indessen,
(schwer, dick, unbeholfen), zvährend ich sonst 5 dass das mhd. gclücke auch die Bedtg. :
nur die folgenden Ableitungen davon finde, Beruf hat, so könnte luck-a auch die blosse
als mnd. (Seh. ti. L.) Ing^icli (tardus, piger, Bedtg.: Zug od. das Ziehen, die Ziehung,
bz. träge, schläfrig etc.), luggicheit (Trag- bz. die von: Zieh- od. Zug-Zustand, Zustand
heit etc.) : nd. (B r. Wb.) luggern (aus Faid- wo man einen Zug od. ein Ziehen wohin hat
hciiim Bett liegen), XnggQVQT (fauler Mensch), 10 u. fühlt etc. gehabt haben u. demnach sich
higgerhuuk (Faulbank, Faulbett), higgerstool hieraus die Bedtg.: Lust, Neigung, Incli-
(Stuhl um darin die Mittagsruhe zuhalten) ; nation, Beruf, Geschick etc. cntivickelt hätte,
mnld., bz. fries. (KU.) luggheu (ignave et zumal ja die Bedtg.: Lust neben Beruf
scgniter agei'e), luggherigh (ignavus, segnis); auch in die von Freude u. Glück übergehen
engl, lug (sich langsam u. schioerfällig be- 15 konnte. Gehört es nun aber zu lokken, bz.
wegen), higeons(sch2ver,><chwerfällig),\üggnT(i ahd. Incchen (locken, rufen etc.), so würde
(fauler, träger Mensch, Faidenzer), Ingge luck-a ein Etwas tcas lockt u. ruft u. womit
(Zauderer, Faulenzer), lug-loaf (ein unbe- u. wodurch ein Etwas od. Jemand lockt u.
holfener schwerfälliger träger Mensch) etc. — ruft sein, bz. einen Jjock- od. liuf-Zustand
Ob es mit liggen, lag (cf. unser bund statt 20 bezeichnen u. soviel als lockendes od. rufendes
b a n d von binden, — klum von klimmen, — Etwas, bz. Lockung od. Bufung, Verlockung
sund== nid. zond = nhd. sandte von senden od. Berufung etc. bedeuten, loie ja auch das
u. dies aiis sandjan von sindan) connex ist? Glück einerseits ein lockendes Eticas od. ver-
lüg, dl) Lüge ; — Compos.: lugfat (X%e«- lockendes, verführerisches Etwas ist u. die
fass, cf. lögenfat); — b) Lügner od. Lüg- 25 Bedtg.: Beruf sich ja andererseits auch aus
Person; — Compos.: Ilans-lüg; Lür-lüg. dem von Buf- Zustand od. dem von Ruf (ich
Inggen, Inggern etc., s. mnld. lugghen u. habe u. fühle keinen Buf od. Beruf u. Ge-
nd. luggern unter lug. schick dazu) wieder von selbst ergiebt. cf.
Lüitje, ml. Name. — Geschln. Luitjens. auch lükken wegen der Möglichkeit, dass
lük, Geschick, Schicksal, Glück, Heil, Er- 30 eben lük zu lükken (gelingen etc.) gehört u.
folg. Gelingen etc. ; — 't lük hed 't so wuld, nicht lükken von lük weiter gebildet ist.
dat ik all' min läfen 'n armen slukkerd blef; 1. Ifik, Zug, Ruck od. ein einmaliges An-
— föl lük un sogen in 't neje jär (viel Glück ziehen. Aufziehen, Anreissen od. Zerren etc. ;
od. viel Erfolg u. Gelingen im neuen Jahr); — mit en lük truk be wol tein stige äl up;
— dar hed he gen lük mit had. — Compos. : 35 — mit ea lük truk (od. 16k, cf. 1 luken) he
mislük (Missgeschick, Misserfolg etc.); — de band so fast d'r um to, dat 't hei net
wanlük (böses Geschick, Unglück, Missge- wer lös to krigen was; — mit en lük was
schick etc.) etc. — Nd. (Br. Wb.) luk, 't lös od. truk he de böm d'r üt. — Afries.
(Schambach) lücke ; mnd. lucke ; nid., lük od. luuc in mes-lük , mesluuc (das
mnld., mfläm. luck , lucke ; afries. luk ; 40 Mcsserziehen) ; westergoisch luuc.
mofries. (C ad. 31 Uli er) \ukk, lokk; ivfries. 2. Ifik, s. luke.
luk; aeyigl. lukke ; engl., schott. luck; an., 3. lük od. luke, lau, ivarm, flau, still,
isl. lucka ; norw. lukka, lykka ; schioed. lycka ; ruhig, unbewegt, bz. lau, kühl, gleichgültig
dän. \ykke. — Davon: glük = jhM. gelücke ; etc.; — lük wer (laues od. toarmes stilles,
md. gelnckc (Glück ; Geschick ; Beruf). — Es 45 bz. flamvarmes schwüles Wetter; — he is
muss entweder mit afries. luk (Zug od. das lük (er ist lau od. gleichgültig, bz. still u.
Ziehen, Herausziehen, Herausreissen etc.) in tinbekümmert, sagt nichts u. kümmert sich
mesluk od. mes-luuc (das Messerziehen) zu um Nichts). — Nid. leuk, leuks, «. (cf.
luka (ziehen, reissen etc., cf. luken) ; ags. v.Dale) lukes; nfries. (Outzen) lunk; in
lyccan; ahd. liuhhan (evellere, aus- od.her- 50 Angeln aber laege, lyge ic. in Hader sl.
au^reissen; auch trop.: herausreissen, er- lyked; e??///. luke fc/. lukewarm, lukeness etc.);
retten, befreien etc.) gehören od. mit lokken schott. luik (wann) in luik-hartit (loarm-
(locken, rufen etc.) zusammenhängen, dazu herzig); acngl. (Str atmann) hleuke,
dessen weiteren Formen : ahd. lucchen ; 7nhd. lüke (tepidus). — Ist das „h" im aengl.
lucken, lücken (cf. lokken) die mhd. Formen 65 hleuke organisch u. urspr., so würde es
von gelücke auch sehr gut stimmen. Ge- nicht mit unserm loks zu einer gcrm.
hört es nun mit afries. luk zu luka, ahd. ]/ luk gehören können, sondern andern
liuhhan (ziehen etc.), so würde man an- Ursprungs sein.
nehmen müssen, dass luck-a urspr. ein h{\)s.^ contrah. ausljixh eck, dessen frühere
Zieh- Bing od. ein Etivas was man zieht 60 Blüthe u. grosser Reichthum ivohl zu unserm
LUKE LUK
541
LUKEN
Sprichwort : „lie kan Lük un Hamburg up"
Veranlassung gab.
Inke, lük, Luke; — a) Klappe, Fallthüre,
Deckel, Laden etc. zum Schliessen eines
Ein- od. Durchlasses od. einer Luftöffnung,
eines Fensters; — mäk 't Iftk digt; — du
must de bönlukon apcn sotten ; — sett de
luken d'r for etc. ; — Cornpos. : bBnluke
(Boden-Luke), — kellerluke, — dakluke, —
schipshike etc. ; — b) Diirchlass, Ocffnung,
gefertigtes Loch im Boden od. in einer
Mauer etc., wo Einer hindurch geht od.
Sachen hindurch lässt u. gieht etc. od. wo
hindurch Licht u. Luft kömmt ; — dat koru
mut bi 't forste lük uptrukkeu worden ; —
de wagen steid al uuder 't lük ; — du must
alle luken un fensters digt maken ; — he is
dör 't lük od. tö 't lük herüt fallen; — c)
Riss od. Loch in einem Kleide etc.; — 'n
lük in 't kled, in de schude, in de schö etc.
— Nd. luke (wie sub a u. b) ; ynnd. luke ;
nid. luik ; mnld., mfläm. luycke (wie sub a;
jedoch nach v. Dale nid. luik auch ein
Loch, wodurch das Wasser auf ein Mühlen-
rad fällt, tvährend das nid. luikgat auch die
Bedtg.: Zug -Loch hat u. hier luik mit
unserm 1 lük ident. ist); isl. lüka (Deckel
od. Klappe, Verschluss eines Pultes u. auch
wie an. lüka, hohle Hand, das Hohle od.
die Höhlung der Hand, vola manus) ; norto.
luka (Deckel, Klappe, Fallthüre, Fensterladen ;
Loch, Luke, Oeffnung etc. in einer Wand;
die hohle Hand) ; schwed. lucka (Luke, Fall-
thüre, Deckel, Laden, Schliessventil ; Lücke
od. Oeffnung, Spalt etc.); dän. luge (Luke,
Fallthüre, Deckel etc.) u. lukke (Ver-
schliessung, Verschluss) ; ahd. luchä, luccbä,
luckä, lukka; mhd. hiebe, lücke (Lücke od.
Loch, Oeffiiung, Riss, Spalte etc.). — Die
Bedtgn. : Verschluss od. schliessendes Etwas
einerseits, sowie andererseits von : Oeffnung
u. Lücke od. Lochding, Loch etc. treffen in
den obigen Wörtern wieder ebenso zusammen
wie in dem Worte lok, hz. ahd. loh, loch
u. ergiebt sich die Bedtg. : Höhlung der
Hand od. vola manus von selbst aus der
von Höhle od. hohles Etwas, cf. lok u. s.
Weiteres unter 2 luken.
Luke, ml. Name; Geschln. Luken. —
Wohl Contract. von Lüdeke, Ludeke, Liudeke
als Dimin. von Ludo, Liudo etc., cf. Lüth
u. Ludowig. — Redensart: Luke läfd nog.
1. lükeii od. luken (luke od. lük, lukst,
lukd od. lukt etc. ; — 16k, lökst, 16k etc. ;
loken od. laken), reissen, pflücken, zupjfen,
zerren, ziehen, melken od. saugen etc.; —
he lukt hüm de här üt de kop ; — he 16k
net so lank, dat 't tau ret; — de perde
willen net luken od. anluken; — de perde
koncn de wagen d'r hast net wer üt luken,
so fast sitt he ; — spikers üt 't holt luken ;
— he harr hum de 6ren bold fan de kop
laken; — he 16k sük de benen hast of; —
b6men od. wurtels etc. üt de grund luken ;
5 — du must net so stif od. hard anluken ;
— 't is so früchtbar, dat ^t net is as of 't
gras üt de grund laken word ; — de kuse
satt so fast un ik harr d'r so 'n jnn an, dat
't net was, as of ik uplaken (in die Höhe
10 gerissen od. gezogen, gehoben etc.) wurr'; —
dat kind lukt hum g6d (das Kind zieht od.
saugt ihn, bz. die Zitze od. die Mutterbrust
gut od. tüchtig); — 't kind lukt de borst
net so lank, as d'r nog 'n drüp in is; —
15 an 'n ander luken (aneinander reissen od.
ziehen, zusammenziehen od. schnüren etc.);
— tosamen luken (zusammenziehen etc.) ; —
fast od. digt luken (fest od. dicht ziehen u.
schnüren); — üt 'n ander luken (aus ein-
20 ander ziehen od. zerren, reissen, zerdehnen,
in die Länge zielten etc.); — 'n belaken
lücht (eine bezogene, verdeckte Luft); —
wel ferlukt mi de disk nu war? (wer ver-
reisst od. verzieht, verrückt etc. mir den
25 Tisch nun tvieder?). — cf. anluken, beluken
(s. dieses wegen aber auch unter 2 luken),
ofluken, upluken, ütluken. — Nd., mnd.
luken; afries. luka od. lüka; wfries. (Japix)
luwcken, luwckjen iL früher auch luken,
30 soivie awc/i loecken od. (cf.v. Rieht hofen
u. Ehrentraut, I, 201) loecke ; nfries.
lucke od. (nach Outzen) luke; satl. lüke;
tvang. lük; ags. (L. Ettmüller) lyccan,
luccan, lucjan, locjan ; aengl. lucchen (vellere,
35 evellere); ahd. liuhhan, lauch , lauchum,
lochan (vellere). — S. Weiteres unter
folgendem :
2. luken od. luken, dicht machen, schliessen
etc.; — 'n schip luken od. ferluken, toluken
40 — dat schip is net g6d ferlükd (mit Laden
Klappen od. Luken u. sog. Presennings ge
deckt u. dicht gemacht od. geschlossen) od
tolükd west, anders harr' de ladung fan
bäfen net nat worden kund. — Nid. luiken
45 mnld., mfläm. luycken, loken; afries. luka
satl. luka; nfries. (Outzen) locke, loke,
lacke, locke u. luka, laka od. (nach Jo
hansen, pag. 17i, b) lükkan; as. lükan
ags. lücan ; aengl. lüken ; engl, lock ; schott
50 louk ti. lucken, luken; an. lüka; norw
luka; schived. lycka; dän. lukke; goth
lukan; ahd. lühhan od. nach Andern (cf.
L. Ettmüller , pag. 193 unter lücan u.
E. Schulze, 193, a unter uslukan) liohhan
55 liochan; mhd. lüchen, louchen.
Vergleicht man die Cornpos. : goth. uslukan
= a) griech. änoigein, dianoigein (öffnen,
offen machen, auf schliessen, erschliessen) ;
— b) änaptüssein (entfalten, entwickeln, aus-
60 einandersetzen , erklären); — c) elkein,
LUKEN 542 LUEKKEN
spasthein (ziehen, aus- od. herausziehen etc., rcissen etc.) gehört u. dass diese urspr. Be-
z. B. das Schwert); — mhd. erlüchea (a. dtg. auch soioohlin Wok als in luke u. nhd.
erschliessen, aufschliessen, öffnen etc.; — b. Lücke ('s. unter luke) zu Tage tritt u. er-
auslecreii) ; — goth. galukan ; mhd. gelüchen halten blieb.
(schliessen , zusclilicssen , vcrschliessen , be- 5 Wegen der y rüg, lug ßrechen etc.) als
schUessen, einschliessen , fangen); — östr. Weiterbildung, icie auch n\nk (raufen, rupfen,
gelouchen ; africs. bi- beluka; wfrics. be- ausraufen etc) u. rup (brechen, reissen,
lucken ; as. biliikan ; mnd. boluken ; mnld. rauben, raufen, rupfen etc.) von der y ru,
boluycken; »W. beluiken; «<7.s. bolücan; ac«;?/. lu (cf. 1 le, lös, lösen etc.) cf. Fiele, I,
biliiken, bilouken (einschliessen, umschliessen, 10 198 u. 757, sowie II, 226 u. 457), sowie
abschliessen , verschlicssen, schliessen, zu- bei G. Curtius die Nummer 148 u. 149 u.
machen, umschliessen, umfassen, enthalten etc., sodann wegen der wahrscheinl. urspr. Identität
icomit beim Vergleich der Bcdtg. : fan gen mit x\\ n. rüg in der Grdbedtg.: sonare od. als
von galukan [s. oben] auch wohl unser be- Schallwurzcln u. ru, rüg (brechen, bersten,
\uken [erfangen, erfassen, ergreifen, erreichen 15 reissen etc.) des Weiteren unter 2 lokkcn,
etc.] icohl urspr. idcnt. ist, sodass es gar kein wobei ich ausser auf die Schal l stamm e : knik,
Compos. von be u. lukeu [ziehen etc., s. 1 knak auch noch auf die Schallstämme: klak,
luken] ist); — as. antliikan; ahd. ant-, int-, klat, knap, krak u. deren Ablaufformen ver-
in-lüchan; mhd. entlücben ; nid. ontluiken weise, bz. darauf aufmerksam mache, dass die
(er.'ichliessen, aufschliessen, öffnen, aufthun, 20 Bcdtg.: Geräusch etc. n. Bruch etc. sich
eröffnen, offenbaren); ags. un-, oü-]ncan (auf- in denselben stets zusammen findet u. dass
schliessen, öffnen), — tnlücan ; aengl. tolfiken demnach ivahrscheinl. auch die ]/ ru, lu, er-
(evellere,divel]ere), — alücan(ejicere,evellere), weitert rüg, lug aiis sonare, crepitus od.
so ist namentlich beim Vergleich von afries. sonus crepitus etc. die Bedfg. : brechen etc.
mesluk od. (cf. Altfries. Gesetze, pag. 558, 25 n. Bruch etc. entwickelte, worauf ausser lug
zweite Spalte, Zeile 8) mes-luuc (das Messer- (bitten od. rufen, cf. 2 lokken) auch die y
ziehen im Streite etc.) zu goth. us-lukan rüg (rülpsen, vomiren, sich brechen od. er-
(elkein etc., s. oben) wohl anzunehmen, dass brechen etc., cf. Fick, II, 211) hindeuten
luken (schliessen) u. luken (ziehen, reissen, dürfte. Wegen der Bedtg.: biegen, krümmen
zupfen etc.) entweder urspr. dieselben Wörter 30 od. zusammenbiegen «. zusammenziehen,
od. doch beide von einem u. demselben Stamm contrahere etc. in afries. biluka vergl. auch,
luk fortgebildet sind. Vergleicht man nun, dass das in den afries. Gesetzen (v. Rieht-
dass sowohl Fick (III, 274) als H. Leo hofen, pag. 91, Zeile 16) vorkommende:
(pag. 415) die gcrm. ]/ luk von liikan thriu bilekeue lithe od. thriu bilekena lithi
(schliessen) etc. mit der idg. y rüg, skr. ruj 35 im. lat. Texte (cf. v. Richthof cn, 640
od. rüg, europ. h\g (brechen) für ident. halten unter biluka) mit tribus contractis membris
n. dass Fick annimmt, dass die Bedtg.: erklärt wird.
brechen in die von: biegen u. so iveiter Ifik-gat, Oefnung od. Loch im Boden,
in die von: zusammenbiegen n. schliessen Schiffsdeck od. in einer Mauer, Wand etc.,
etc. (besser wohl: brechen, knicken, biegen, 40 welche mit einer Luke od. Klappe (cf.Xwkc)
krümmen etc., bz. brechen, abbrechen, beenden, geschlossen loird, od. überhaupt ein sehliess-
Ende u. Sehluss machen, schliessen etc., od. od. verschliessbares Loch, da die Vorsilbe
auch: durch Zusammendrücken ziveier Enden luk auch ebensogut mit luken (schliessen)
od. Seiten irgend eines Etwas einen Bruch als mit luke conne.v sein kann. — Nid.
od. Knick, eine Biegung od. Krümmung etc. 45 luikgat (dasselbe, aber auch [s. unter 1 luken]
erzeugen u. so überhaupt: zusammendrücken ein Zugloch); cf. 1 liik.
u. biegen, aneinander drücken od. klemmen Liikko, wbl. Name. — Koseform wie Luke.
etc., fest drücken, dicht drücken, dicht liikkelik, lükkelk; /. q. glükkolik.
machen, schliessen etc.) übergegangen sei, liikkeii , vorwärts od. von Statten gehen,
so ist es beim Vergleich der y rup, runip, 50 Erfolg haben., gelingen, glücken etc.; —
bz. lup, lump (brechen, reissen, rauben, wen 't Jükken wil, den geid 't all' göd wat
raufen, rupfen etc.) zu lug, bz. skr. (cf. man angript un deid; — wat lükken schal,
Bopp) rüg (frangere; ferire, laedere, occi- dat lükt 6k; — dat wul net lükken; — dat
dere u. subst. : morbus, aegritudo) od. (cf. is lium net lükt, dat he 't tau to faten kreg ;
Graxsynann) ruj (durchbrechen, zerbrechen, 55 — dat mislükte hum etc. — Nd. lükken,
zertrümmern, zerschmettern, vernichten, er- lükken; mnd. lucken; nid. lükken; mnld.
brechen, aufbrechen, eröffnen) wohl zwei fei- lucken; wfries. locken; nfries (Johansen)
los, dass unser 1 luken, bz. afries. luka, lokkin ; sn</.lukje; io«»«;. luk; aew///. lükken ;
ahd. liuhhan (vellere, evellere etc.) gleich- schott. luck; isl. luckaz; norio. lukkast,
falls zu dieser y lug (brechen, spalten, GO lykkast; dän. lykkes; schtved. lyckas. —
LÜEKKEN 543 LUELLE LUEL
Das isl. Inckaz ; norw. lukkast etc. steht im fortgebildet ist, wie 1 lokken von lok) das
selben Verhältniss zu einem an. lucka wie Subst. lük (Geschick etc. od. Erfolg, Gelingen,
andast ; isl. andaz (aushauchen, verhauchen. Glück) od. mnd. lucke etc. (cf. lük) aus
sterben) £u anda (athmen, hauchen), — diesem Verb, lükkcn entstanden sein müsste
amast (lästig od. beschtverlich werden) zu 5 u. nicht lükken (gelingen, glücken etc.) von
ama (belästigen), — heitast (drohen , be- lük etc. weiter gebildet sein kann,
drohen etc.) zu heita (heisscn , verheissen), Luks, ml. Name = Lucas. — Sprichw. :
— hnippast zic hnippa (stossen), — norw. hau in, Liiks ; 't is schäpbotter ; — dat is en
knappast (knapp toerden, abknappen) zu (seil. Lügen) üt Lüks-öm sin bül.
knappa (knappen, beknappen etc.) etc. m. ist 10 Inks, Luchs. — Nd. luks od. lukks; nid.
demnach dafür auch icohl ein mit and. lochs; and. lohs; ags. lox; ahd.,mhd. \i\\i^;
lucken, aengl. lukken etc. ident. lucka an- lat. lynx; griech. lugks; lit. luszis. — Ob
zusetzen. Vergleicht man nun flekken als ivegen der scharfen leuchtenden Äugen mit
Weiterbildung von flek (Platz, Baum, Stelle ags. lioxan (leuchten) zur y luk ? cf. locht,
etc. od. urspr.: Riss, Bruch, Spalte; Lücke, 15 lücht, lüchten.
offener u. freier Platz etc.) u. nhd. klecken luksen, heimlich wegnehmen, stehlen, rau-
= ahd. klacjan (Biss od. Bruch, Spalte, ben, plündern etc. ; — he lukst hum de dök
Lücke, od. offenen u. freien Baum etc. üt de taske ; — he lukst hum 't geld under
machen, von Statten gehen, Erfolg u. Ge- de handen weg; — he hed hum all' sin geld
lingen haben etc., icovon ital. schiaccare, 20 oflukst (z. B. auch im Spiel) ; — he lukst
knacken, quetschen etc., cf. klak u. klakken) hum net so lank, as he nog 'n deit hod ; —
als Weiterbildung von ahd. klac (Riss, Bruch, he hed hum göd belukst. — Nd. luksen ;
Spalte etc.) u. dass flecken m. klecken nhd. luchsen. Wohl zu luks, wie musen
somit aus der sinnl. Bedtg. : Riss, Bruch etc. zu müs.
od. Raum etc. machen etc. in die trop. von : 25 lülle, lül, a) eine aus starkem Leinen od.
von Statten gehen, vorwärtsgehen, Erfolg Segeltuch gemachte Röhre,bz. eine Mamierung
u. Gelingen haben, gelingen etc. iiberging, od. ein um das Ende eines Hahns od. eines
so könnte man auch annehmen, dass das sonstigen Abflussrohres gewickelter Lappen
weder as., ags. noch ahd. belegte einfache von starkem Leinen, der auf diese Art auch
Verb, lukken od. lücken urspr. eine ähnliche 30 einen Schlauch od. eine schlaffe Röhre bildet
sinnl. Bedtg. wie flecken u. klecken hatte u. u. zu dem Ende darum gebunden wird, dass
gleichfalls eine Weiterbildung von der ]/ luk die ausfliessende Flüssigkeit nicht zu weit
(brechen, reissen, spalten, bz. subst.: das umJierspritzt od. in das richtige Loch etc.
Reissen od. Bersten u. Brechen, bz. der hineingeleitet tverden kann; — jT mutten 'n
Riss, Bruch od. Spalt = ahd., mhd. klac) 35 nejen liil an de krän maken, de olde is kört
sei u. demnach entweder von Hause aus un of ; — leg' de lül regt in de göte, anders
dasselbe Verb, wie 1 u. 2 luken (a. reissen, flügt 't water all' bi de sTd üt ; — b) männ-
abreissen, ausreissen od. abtrennen etc. — liches Glied, ipenh (Röhre, Abflussröhre etc.?);
II. b. schliessen etc. od. urspr. : brechen, — c) ein Fetzen, Lappen, bz. schlechtes,
biegen etc.) gewesen ist, od. als Weiterbildung 40 werthloses, unnützes Etwas etc. ; — niks as
von luk in der subst. Bedtg. : Bruch etc. eraer lüUen un prüllen ; — d) ein Schwätzer,
(ähnlich wie klecken od. ahd. klacjan von Lügner, Faseler, Hansiourst, Zauderer etc.;
klac) aus einem, alten u. verloren gegangenen — Jan lül un sin mät. — Dass es in allen
lukjan entstand. Dass indessen lukken, Bedtgn. od. überhaupt mit den folgenden
lükken, (ge)lükken (Erfolg haben, gelingen 45 Wörtern als: nd. (Dähnert) lull (eine
etc.) statt direct von der y luk (s. unter Röhre od. Saugröhre etc.), nur flg. in der
2 luken) aber auch ebenso gut von ahd. Redensart: he wet nich van lüU noch tüll,
lucka, lucchä, luchä; mhd. luche, lücke wo es also etwas ähnliches wie eine Tülle
(Lücke, Spalte, freier u. offener Raum etc.) bezeichnet, — (Br. Wb.) lull od. lullpipe
weitergebildet sein kann, ist klar u. zwar 50 (Röhre, lederne Schlauchröhre od. Leder-
um so mehr, als ja dieses ebenso wie 1 lok, schlauch) ; nid. lul (Saughorn od. Saug-
ahd. loh, loch, luhh ('Pfer. locher m. luhhir) schlauch, Ludet, Lutsche ; Röhrkanne ; Röhre
etc. gleichfalls auf eine Grdform luka einer Pumpe od. Feuerspritze ; männl. Glied;
(Bruch- Zustand od. Bruch-Ding, bz. Zu- Vorstagsegel od. urspr. wohlblos ein Lappen,
sammendrückungs- od. Zusammenbiegungs- 55 s. unter lülle sub c), — lul-laadje (Fopperei,
Zustand, zusammendrückendes u. ver- Betrug; albernes Geschwätz etc., cf. unser
schliessendes Etwas etc.) zurückgeht. Bemerkt lülle od. lül sub d u. unser lüUere), — lulle-
sei indessen, dass in diesem Fall (d. h. wenn man (Spritzenmann od. Mann der die Aus-
lükken, gelingen etc. von luk, brechen od. lauf- od. Spritz-Röhre der Spritze hält u.
Bruch etc. od. von lucka = nhd. Lücke 60 führt ; Schwätzer etc.), — lullepeis (Narr^
LÜELLE LUEL
544
LtJEMMEL
Buimikopf, Tropf etc.), — luUepijp (Seidel ;
Saug-, Lutsch- od. Ludel-Röhrchen ; Dudel-
sack, Sackpfeife), — luUcr (Lutscher, Lu-
deier; Schwätzer; Tölpel, Narr etc.); mnld.
lulle (sipanim, velum quo juvatur cnrsus
navis), lul- od. lolle-, lullc-pype (ruisch-pype
od. sack-pype, tibia utricularis), lullc-peyre
(pyrum fracidnin) ; mnd. (Seh. «. L.) lolliken-
pipe, bz. mlat. lullela (Sackpfeife, Schlauch-
pfeife od. Dudelsack); nhd. Lull (liölire
zum Ablaufen einer Flüssigkeit), sowie ferner
mit dem schon bei Keiscrsberg (f 1510)
vorkommenden nhd. lullen (ludein, luischen,
saugen), luller (Sauglappcn, Lutschbeutel,
cf. bei Weigand Lull u. 1 lullen) sowie
ferner aucJi mit unserm lullen zu lol, lul,
bz. lollen (s. d.) etc. gehört, ist mir sehr
ziveifelhaft, obschon es ja allerdings denkbar
ist, dass aus einem altern lu-lu od. lu-la,
(als Eedupl. der Schallwurzel lu, od. einer
Zusammensetzung der Schallwurzeln lu u.
la, cf. 1 la) mit der Bedtg.: Ton, Klang,
Schall, Geräusch od. das Rauschen etc.
neben lol, lul od. lollen, lullen u. lolle od.
lulle in lolle-pype (ruisch-pype od. Dudelsack,
Sackpfeife) in ähnlicher Weise wie das zu
pipen (pfeifen etc.) gehörende pipe (Pfeife,
Möhre etc. od. urspr. ein Etwas zum Pfeifen
od. ein Pfeif-Ding etc.) auch ein lolle od.
lulle mit derselben Bedtg. wie pipe hervor-
ging u. dann ebenso wie nnld. lulle-pijp (s.
oben) cms der allgemeinen Bedtg. : Bohre u.
Schlauch, Ausflussrohr etc. in die Bedtg. :
Saug-, Lutsch- od. Lud el- Röhre , bz. ein
Etwas woran u. ^vorauf man saugt, bz. loomit
man saugt u. trinkt od. schlürft etc. od.
überhaup)t in die von Ludel überging (cf. bei
We ig a n d JaicM auchin der Bedtg. : Tabacks-
pfeife wie pipe u. ludel n nicht allein in
der Bedtg. : saugen, sondern auch in der von
Tabackrauchen, schmauchen etc. wie unser
pipken) M. dass dann tvieder aus der Bedtg. :
Ludel als Saugrohr, Sauggtfäss, Saug- od.
Jjutsch-Ding u. so auch wohl ein Saug- od.
lAitsch-Jjappen etc. wieder die Bedtg. : Lappen,
schlaffer, weicher Jjappen, schlaffes u. weiches
Etivas (cf. oben mnld. lullc-peyre, pyrum
fracidum) entstand. Da es nun aber nicht
wahrscheinlich ist, dass das nhd. Tjudel
durch Einschiebung eines d (cf. Weiga7id
unter Ludel) aus dem nid. lul od. lulle
(Röhre od. Röhrkanne etc.) entstand, so kann
man beim Vergleich von 3 liir od. Iure, lurre
aus ludere od. ahd. ludara auch für denkbar
halten, dass das gleichfalls zu ahd. ludo, lodo
ßockeres grobes Tuch od. Zeug etc., womit
auch mnd. lode, Lappen, Fetzen etc. wohl
ident. ist) gehörende ahd. ludilo (Art Zeug
od. Tuch, genus vestimenti od. Tuch, Lappen,
Mantel, den man vor od. um Etivas hängt
u. wickelt od. tvorin man sich od. Etwas
wickelt u. was man um sich hängt u. schlägt
u. so auch ivie ludara od. Iure ein Wickel-
Ding, eine Windel etc.) einerseits zuJjudel
5 gekürzt u. andererseits zu lulle contraliirt
wurde, u. so neben Zeug, Tuch od. Tuch-
lappen, Lappen, Fetzen etc. u. kleines Segel,
siparum, od. siparium, velum etc., bz. Stag-
segel etc. (s. oben mnld. lulle) auch ebenso
10 wie ludara (Windel etc., cf. 3 lür) einen
Streifen Zeug od. Ljappen bezeichnete, der
(cf. lüUe in der Bedtg. sub a) um Etwas
gewickelt wird u. eben dadurch, dass er um
das Ende eines Au.s:flussrohrs behufs des
15 besseren Zusammenhaltens des ausfliessenden
Wassers gewickelt wurde, selbst auch wieder
einen hohlen Schlauch od. eine Röhre von
Leinen bildet u. auch zugleich zum Ausfluss-
od. Aus- u. Ablauf -Rohr (Tiille etc.) wird.
20 Dass nun aber ein aus ahd. ludilo (Zcug-
lappen od. Stück Zeug, ivelches man zur Be-
kleidung, Umkleidung od. als Vorhang, Um-
hang etc. gebraucht) entstandenes mhd. ludele
od. ludel, nhd. Ludel u. ein daraus con-
25 trahirtes liilo, lullo, lulle etc. leicht u. un-
gesucht in die Bedtg. Lappen, den man zu-
sammenwickelt u. befeuchtet, um demselben
nachher von einem Säugling toieder aus-
saugen zu lassen, od. auch als ein Wickel-
30 Ding od. ein Etwas, das um Etwas od. sich
selbst gewickelt ivird u. somit auch einen
Schlauch od. eine Röhre bildet (gleichviel
also, ob Saug- od. Lutsch- Lappen, Jjutsch-
Beutel, Saug- od. Lutsch-Röhre etc.) u. in
35 alle .sonst. Bedtgn. von unserm liille über-
gehen konnte, ist nach den obigen Aus-
führungen wohl nicht zu bestreiten.
iiilleii, a) schwatzen, faseln, lügen etc.;
— he lülld nn wat für; — b) beschtvatzen,
40 hinters Licht führen, zum Besten haben,
vcviren etc.; — ho wuU' mt lullen; — c)
seine Zeit mit Faseleien u. sonstigen Dumm-
heiten od. Narrheiten verbringen, tändeln,
trändeln; — he lülld wat herum; — he fer-
45 lülld sin tid; — Nid. lullen.
lüllor, Schwätzer, Faseler, lÄigner,
Fopper etc.
lullere, Schwätzerei, Faselei, Vcvirerei.
lül-propliet, Lügenprophet.
50 lümmel, Lümmel; — a) ein dickes unge-
schlachtes schweres Etwas od. ein dicker
ungeschlachter grober Mensch, Grobian,
Flegel etc. ; — dat ia jo 'u dikkcn lümmel
fan 'n böm od. pi'rd, junge etc. ; — he is 'n
55 regten lümmel; — Sprichw.: gif de her
pastör de hand un segg' göndag (Guten-
Tag), du lümmel; — h)männl. Glied, ■pcms.
— Nid. lummt'l (Flegel, Grobian, Lümmel
etc. u. in Groningen auch ein dichter süsser
60 Kuchen); nd. (Br. Wb., Dähnert etc.)
LUMMERKE-BAN
545
LUMPE LUMP
s. 1 lüiiseu.
liimmel, liiramel (Weichling, fauler Schlingel ;
unbeholfener feister träger Junge od. Mensch).
— Da früher für lümmel (cf. Weigand)
die Formen lemmel ii. linimcl vorJcamen, so
liinnte es vielleicht mit mnld. Icmmor, lammer
(cf. lommer) od. den von Weigand ange-
führten Wörtern lamm (locker, schlotterig,
weich), luramer (unfest, undicht .1 schlaff,
schlotterig etc.) u. mnld. (KU.) lemmcr,
lemmerstuk (pulpamentum; pars carnis deli-
catioris in bove) «. mnd. luinmel (abdomen)
etc. zu dem Stammverh. liman , lam , lum,
luman von lam ?(. lamen, Inm etc. gehören,
falls nicht etwa auch mnld. lemmer (piilpa-
montnm etc.) aus lummer, bz. ahd. lumbal
etc. (s. tmter lummerstük ti. vergl. auch bei
Schm eil er unter Lende die Formen:
Lemmer- u. Lammer-Braten) aus liimmcr,
lommer entstanden ist.
lummerke-])än,
lumiiieni,
lumiiier-stiik, Lendenstück, Keulenstüclc,
hz. das Stück Fleisch od. der Braten von
dem iveichen Dick-Fleisch des Oberschenkels
vom Hinterviertel eines geschlachteten Ochsen.
— Es gehört wohl ebenso tvie das hess.
(Vilviar) lummer u. lummerbraten zu
lumme , bz. hess. lumbe; mhd. (Lex er)
lumbe, lumpe (Ljcnde, Weiche), loclches mit
ahd. lumbal; mhd. lumbel, lumbele (Theil
der Eingeiveide) ; mnd. lummelen, bayr.
(Schm.) lumbel (Eingeiveide der Thiere,
Ljunge u. Leber) aus lat. lumbus hervorging
u. tooraus sich (d. h. aus lumbe in der
Bedtg.: Weiche od. Weichtheile , tveiches,
schlotteriges, schlaffes Etwas, Geschlinge od.
unc wir sagen : geslüns) aucli tvold das nd.
(Br. Wb.) lummel (Weichling, fauler
Schlingel, s. unter lümmel) u. das bei Frisch
vorkommende lummlea (schlaff herunter hän-
gen), luml (weich etc.) u. hess. (Vilmar),
bz. nhd. (Weig and) lumm, bayr. \nmmor
(weich locker unfest etc.) hersclireibt.
lummert, Lombard, Leihhank, Leihhaus.
— Bedensart. : dat geid na de lummert, das
geht nach der Leihbank, bz. zum- Teufel
od. verloren ; — lat de hele düfele na de
lummert gän.
lummersk, luramertsk, lomhardisch; —
lummerske liöner (lombardische od. welsche
Hühner, eine Art, die bedeutend grösser u.
schwerer ist, tvie die hiesige); lummerske
nöten, ei^ie grössere Art Haselnüsse, rvelche
gewöhnlich Tjamherts-Nüsse, von vielen (cf.
Adelung unter Lambertsnuss) aber auch
Jjomhard-Nüsse genannt toerden.
lamp, lump, lumpig, plump, dick, unförm-
lich, bz. unbehülflich, dumm, klotzig, unan-
ständig, grob, unbehobelt, ungesittet ; schlecht,
genau, schäbig, nichtswürdig, iverthlos etc. ;
J. ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II,
— he snidt d'r so 'n lump (plumpes dickes
etc.) stük flesk of; — dat sügt al to lump
(od. lumpen, lumpig) üt; — he löpt d'r so
lump (nachlässig, schleppend, unanständig
5 etc.) hen ; — he kumd d'r so lump (plump
od. ungesittet etc.) mit fan dag ; — he is
d'r so lump (unbehülßich, nachlässig, dumm,
klotzig etc.) bi dön ; — he fätd dat all' so
lump an (er weiss nichts ordentlich u. ge-
id bührlich anzufassen) ; — dat lumpen gödje
(schäbige nichtsnutzige gemeine Volk), wat
deid dat all' h!r stau to kiken ; — de lumpe
flpgel fan kerel ; — dat is je 'n lumpen kerel
od. wif, perd etc ; — um so 'n lumjien (od.
15 lumpig) stük holt, dar wult du krakel um
maken? — dat was nog lumper as lump,
wen ik mi fan so 'n arbarmliken kerel lumpen
laten wul; — 'n lumpen kerel as he is, heb
'k min dage nog net sen ; — he hed siik fan
20 de hele geselskup up 't allerlumpste mäkt.
— Nid. lomp (schwer, grob, roh, plump,
unbehauen, nicht nett; gross, schwerfällig;
ungehobelt, ungesittet, unmanierlich etc.).
Vergl. iveiter :
25 lumpe, lump, Lumpe, Tjump; — a) Lum-
pen, Lappen, Fetzen etc.; — 'n lumpe od.
lump fan 'n schötteldök; — de lumpen (od.
fudden, klatten) flegen hör na od. hauen
hör um de benen ; — se geid in lumpen ;
30 — se hed niks as emer lumpen an; — b)
armer von allem entblösster Wicht, gemeiner
Kerl od. roher plumper unbeholfener Ge-
selle, Flegel etc. ; — he is 'n regten lump
od. lumps, de niks hed; — wat deist du mit
35 de lump to löpen ; — sükse lumpen fan
kerels sunt mi den dog nog net förkamen.
— Nd. lump (mir persönl. als Schimpfwort) ;
mnd. nur in (cf. Seh. u. Ij.) lumpechtich
(lumpig, pannosus) ; nid. lomp (in allen Be-
40 dtgn. wie nhd. lAimp, LAimpe u. Jjumpen) ;
mnld. (KU.) lompe (a. frustum, frustulum,
massa ; — b. manualis fasciculus lini aut
lanae; — c. panniculus, assumentum ; — d.
linteolum, liuamontum, linteura attributura ;
45 vestis lacera cujus partes quaedam pendulae;
e. fomes igniarius, funis bombardicus od.
Lunte, Ijappcn od. Fetzen zum Anzünden
des Pulvers auf der Pfanne eines Geschosses ;
— f. holothuria, mustela flnviatilis etc.) ;
50 aengl. lompe, lumpe (frustum); engl, lump
(Klumpen, Masse, dickes unförmliches Stück,
Bruchstück, eine Masse unordentlich unter-
einander geworfener u. gemischter Dinge),
lump od. lumpiish, lumpsucker der gemeine
55 Bauchsauger, Klumpjlsch, Seehase) u. lomp
(der Kugelfisch) ; isl. mir in lumpinn (stupidus,
ignavus), lumprar (plumpe grobe Matrosen-
Handschuhe), lumpruvcrk (opusinconcinnum,
Tjumpenwerk, Lumpenarbeit); noric. lump
GO (knub, klods, tyk stump = engl, lump), cf.
35
LUMPE LUMP
546
LUNDERN
auch : lumpe (et tykt fladbrud, et slags kage)
u. lumpen (tyk, but rundagti-i:); schwed.
lump, im Plur. lunipor (Lumpen) u. lumpen
(lumpiclit, verächüich), lumpsamlare (Lum-
pensammler) : (Hin. lump im Verb, lumpe 5
(lumpe»), lumpon (lumpen, lutnpicJit), lumpcn-
karl (IjUmpenkerl), lumpensukker (Lumpen-
zuclcer), lumperi (Lumperei) ; mhd. lumpe
(Ijumpen, Fetzen).
Da das nd. lumpen in der Bedtg. : ein 10
icenig hinken od. hinkend n. schleppend (u.
so auch: nachlässig, langsam u. träge) gehen,
im Gehen den Fuss nachziehen etc. ebenso
icie ahd. gilumplih (angemessen, jjassend),
nd. (Br. Wb., III, 98) lumpe = limpe 15
(Glimpf, cf. limp etc.) jedenfalls zu einem
and. Verb, limpan, lamp, lump, lumpun ge-
hört u. dieses einerseits mit ahd. limphan,
limpf'au, limfan, lirafen (convenire, oportere),
ags. (Ettmüll er) limpan, lamp, lumpon, 20
lumpen (evenirc, accidere, pertinerc) ; an., isl.
lempa (moderari, tomperare, accommodaro)
etc. ti. andererseits mit ahd. limphan ; amhd.
limplien, limpbin (Jiinken, lahmen, gebrech-
lich sein etc.), and. u. ags. limpan (cf. das 25
von L. Ettmüll er unter limpan aufge-
führte lempbealt, lahmen, hinkend, claudus)
ident. ist, so glaube ich, dass auch der Stamm
lump von lumpe (Lappen, Fetzen etc.) zu
einem dieser beiden Verba gehört. Gehört 30
nun ahd. limphan (liinken etc.) ebenso tvie
limphan (convenire etc.) zu einer y lamb,
ramb (schlaff herabhängen, od. niederhangen
etc.), so ist tcohl anzunehmen, dass limphan
(flinken etc.) urspr. die Bedtg. : schlaff, 35
schwach, matt u. gebrechlich sein, debilem
esse etc. hatte «. dass demnach lumi^c übcr-
haupt ein schlaffes od. schlaff nieder-
hangendes Etwas bedeutet, was dann loeiter
in clic Bedtg.: schlaffer Lappen, Lumpen 40
etc. (sinnl. u. fig.) überging. Vergleicht
man übrigens, dass lumpe (s. bei We iga n d
unter Lumpe) auch die Bedtg.: weib-
liche Scham hat u. dass auch das tat.
lumbus in derselben Bedtg. gebraucht wurde, 45
.so könnte auch lumpe als urspr. schlaffes,
hangendes, schlotteriges Etwas, bz. als Lappen
etc. u. als Schimpfwort ebensogut mit ahd.
lumbal etc. u. mhd. lumbe, lumpe (Lende,
Weiche etc.) u. nhd. lumm etc. (s. unter 50
liimmel u. lummorstük) aus lat. lumbus her-
vorgegangen u. urspr. dasselbe Wort sein,
wie mnd. lumbe, lumpe (Lende, Weiche,
Schambug etc.). Ging nun aber iceiter auch
lumm (schlaff etc.) aus lumbe, lumpe od. 55
himmele, lumml (s. unter lummcrstück) her-
vor., so würde auch nd. (Br. Wb.) lumpfiu
(hinken, mit dem Beine ziehen od. schleppen,
schlaffe u. schicache Beine haben etc.) wieder
gleichfalls mit ]umj)e, als urspr. xoeiches, GO
schlaffes unfe.'ites Etwas, b~. mit lumm u.
luml (weich, schlaff, unfest etc.) zu.^ammen-
hängen können.
1. lumpen: /. q. lump, lumpig; — dat
sucht so lumpen üt ; — lumponer (lumpi-
ger) ; — 'u lumpenerer fent as lu* is, gift
't wol net ; — lumpenste; — he is de lum-
penste fan allen.
2. lumpen (nur mit dem Ilülfsverb. laten),
lumpen; — ik wil mi nicli fan buni lumiien
laten (zu einem Lump machen od. ivie ein
LAimp behandeln lassen); — he bed fan
middag dügtig trakterd un sük uargonds in
lumpen laten.
lumperd, lumpsak, ein Mensch der lump
ist u. sich überall lumpig bezeigt.
lumpig, lumpig; — 'n lumpigen kerel ; —
'n lumpigen daler etc.
lun, s. lime.
Lunden, Lnnnen, London ; — he färd up
Lunden. — Ags. Luuden, Lenden ; aengl.
Lunden, Luudone, Lunde, Ijondene.
luuder, Brand, jlammcndes, lichterloh
brennendes, hell «.. stark brennendes od. lo-
derndes Feuer etc.; — so as de bliksem dV
in slög, stund 't ganse hüs glik in de huuler.
— cf. lundertjo ?/. das folgende:
lundern, a) lodern, intensiv od. hell bren-
nen, hell u. flackernd od. stark flammen etc.;
— dat für iunderd dügtig; — du must de
afend (Ofen) net so lundorn laten, de schür-
stein kunn' anders wol in de brand kamen ;
— de sponen lundern glik up, wen se in
brand kamen ; — b) intensiv u. stark brennen
machen, heizen etc.; — he Iunderd luim (z.
B. den Ofen) dügtig ; — he hed dügtig
inlunderd. — Es ist anscheinend wohl
ein Lterativ des mhd. (cf. LjC.ver u. s. b.
Weigand unter Jjunte) lunden, hinten
(brennen, glimmen), od. von unserm luntjen
etc., doch kommt beim Vergleich des nd.
(Schambach) luntern, mnld., vifläm. hin-
deren, londeren = nhd. loddern auch das
nhd. lodern od. früher (cf. Ltither,
Joel2,5) l od dem in Betracht, welches viel-
leicht mit dem an. lodhr (das Feuer od. das
Lodernde, Flammende etc.) u. Lüdbr od.
(cf. Edda Saemundar hins Froda, III, 49(j)
Lödburr, Lödhur, Tjothr (der Gott des Feuers,
der ■■^onst auch Logi u. Loki heisst) zu-
sammenliängt u. mit diesen möglicherweise
zur selben }/ rudh gehört , wovon ausser
roth (cf. rod) u. an. riodha (röthcn) etc.
auch skr. rudhira (a. roth, blutig; — b. der
blutrothe Planet Mars ; — c. Blut), rodhra,
lodhra (Baum, ans dessen Binde ein rothcs
Pulver bereitet wird) etc. abstammt, da
der begriffliche Uebergang von roth zu
glänzend, scheinend u. flammend etc. od.
Röthe zu Uitzc, Entzündung etc. sehr
LUNDERTJE 547 LUNGE LUNG
nahe liegt u, man den Eost im Getreide punld, Stunde, gewisse Zeit od. Stunde);
(robigo) auch ja Brand nennt u. umgekehrt dän. lune (Laune, Grille etc.). — Mit engl,
das Wort Brand auch von Hitze u. Röthe luna (Mond) u. lune (Halbmond); kslav.
im Gesicht gebraucht ivird. luna od. (cf. Pott, Wurzelwh. III, 250)
Wegen des an. lodhr u. Lodhr cf. übri- 5 louna; gael. luan (Mond), sowie auch franz.
gens auch das nach Grassmann (1174) lunette (Augenglas, Brille; Fensterchen od.
zu einer y rud (glänzen) gehörende vcd. Luftloch in Thurmhauben, Lunette eines
rudra, glänzend etc., a) cds Beiwort ver- Festungswalls etc) ; itcd. lunctta (Lichtöff-
schiedener Götter; — b) siihst. Name eines nung in einem Gewölbe), aus u. von lat.lwna,
Gottes, der als Vater der Maruts od. Ge- 10 welches wieder für urspr. lucna od. lucina
witter u. untergeordneteren Gewittergötter steht u. mit lux u. luccre etc. zu der y luk,
als Geivittergott u. Erzeuger der Gewitter urspr. ruk (cf. lecht) gehört. Auch das nid.
den Blitz im Arm hat u. in seiner äusseren luim (Laune etc.) steht ivohl für älteres luin
Erscheinung als röthlich u. mit glänzendem od. nd. lün u. wenn man hei Jap ix (pag.
Goldschmuck geziert dargestellt ivird u. loo- 15 275) das unter ivfries. Ijueutjcn Beigebrachte
mit möglicherweise auch der an. Lodhr vergleicht (cf. daselbst: het luint od. loent
urspr. ident. geiuesen sein kann. VergleicJit ray niet u. luinig etc., soivie Weiteres unter
man indessen, dass (cf. Grimm, BIgth., 221) luuen, limsk), so muss früher neben luin
von dem an. Lodhr (als loderndes Feuer) auch die Form loen (gespr. lün) od. loene
Blut u. Farbe ausging u. er also nicht den 20 im nid. bestanden haben, wie wfries. ein
Blitz erzeugte, so ist bei seinem Namen tvohl gleichbedeutendes Ijoene.
eher an einen Zusammenhang mit rudhira luiien, launen, Laune haben, gestimmt sein
(roth, blutig etc., bz. Mars) zu denken. od. bei Laune sein etc.; von Launen u.
lundertje (Dimin. von lunder), ein kleines Grillen besessen sein, launisch u. verdriess-
hell brennendes flammendes flackerndes Feuer, 25 lieh od. mürrisch sein, Grillen fangen, od.
wie es z. B. die Kinder oft -im Herbste beim schlechter n. böser Laune sein , schmollen
Kartoffelroden aus Stroh, Reisig, trockenem etc. ; der Laune od. Stimmung zusagen u.
Laub etc. machen, um Kartoffeln darin zu entsprechen, gefallen, gelüsten etc. ; — he
braten; — kämd mit jungens, uns folk is is net god lüud; — be lüud od. sitt to
na 't land to kertuffelrtiden, den willen wi 30 lünen un segt gin minsk gin god wörd ; —
'n lundertje maken un uns kertuftels braden. dat lünde bum net, um dar ben to gän ; —
lariAsk, lunsk, englisch od. eigentlich: wat bum net lüud, dat deid he 6k net un
Londisch, von London (cf. Lunden) ; — wen ji jo 6k up de kop stellen. — Nd.
lundske ker tuffeis, eine dicke, grobe, mehlige (Schütze III, 63; Br. Wb., D ahne rt
Kartoffel, die hier früher von England, bz. 35 etc. lunen od. luunen «. bei Danneil lün
London eingeführt ist. — cf. Seh. u. L. (launen, launisch u. verdriesslich sein, auf
unter lundisch. u. gegen Jemand sich verdriesslich beiueisen,
\üu& od. \nne,\nn, Laune, zeitweilige leicht böser Laune sein, sauer sehen etc., cf. auch
dem Wechsel unterworfene Stimmung od. mnd. lunekater, launischer Kater etc. u.
Beschaffenheit u. Verfassung des Gemüths 40 lunewinkel , Schmollwinkel) ; nid. (cf. bei
od. eines sonst. Etiuas, od. überhaupt auch: v. Dale das zweite luimen) luimen, luinen,
Stimmung, wechselnde od. veränderliche loenen; tcfries. (cf. Ja 2) ix ?m<er Ijuentjen)
Stimmung, Wechsel, Abwechselung, Phase Ijoeuen (gefallen, gelüsten, bz. der Laune
etc.; — be is net göd bi lune (bei Laune, zusagen u. entsprechen); loang. (Ehren-
Stimmung od. Humor etc.); — he bed up- 45 traut I, 72) lün (schlechter Laune sein,
stünds nog al 'n goden lune od. flage etc.; schmollen etc.); mhd. lünen; nhd. launen,
— he bed altid sükke bliksems lunen ('/ja««e??, s. Weiteres unter launen in G r im vi, Wb.
Grillen, sonderbare od. loechselnde Einfälle lange, lung', Lunge. — Nd., mnd. hinge ;
etc.), dat man bei net wet, wo mau mit bum nid. long; midd. longhe, longber; afries.
d'r au is ; — elker minsk bed sTu Innen; — 50 lungcne, lungeii, longen ; ivfries. longe, long;
dat pörd bed ml to föl lunen ; — 't wtr ags. hingen ; aengl. hinge, longe , engl, hing ;
(Wetter) bed sin lunen; — de lunen fan 't isL, norio., schwed. lunga; da», lunge ; alid.
glük sunt unberekenbär. — Nd., mnd.lima; lungä; mlid. lunge «6. rt/ic?. lungina, lunginna,
mhd. \i\nQ (Mond, Mondphase, Constellation; luugunna; mhd. lungeue «. Isngele, lungel.
Zeit des Mondwechsels od. Neumondes ; 55 — Da die Lunge sehr schwammig locker u.
Zeitpunkt od. eine gewisse u. bestimmte Zeit porös u. so leicht ist, dass sie im Wasser
U.Stunde überhaupt; Veränderlichkeit, Laune schwimmt (cf. lat. pulmon, versetzt fms_ plumeu
des Glücks; tvechselnde Gemüthsstimmung, = griech. pleumön, später pneumön [ivie
Laune, Neigung, Gesinnung); norio. luna unser knüfl6k aus klüfl6k] von der ]/ plu,
u. lona (Laune j Stimmung, Humor; Zeit- 60 schwimmen), so nimmt Fick (cf. III, 265)
35*
LUNGEN-SUEKTE 548 LUNKE LüNK
an, dass sie icie das uuild. lichte (Lunge) luni^, Innisk, lunsk, launig, launisch,
u. engl, lights (Lunge der Thiere) von litht nnbcstüiidig, loettenocndisch, grillig, eigen-
od. liglit (leicht) auch wegen ihrer I^eichtig- sinnig, wuiiderUch, ecrdriesslich ; — he is
keit od. geringen ScJtwere so benannt sei u. so fordümd huiig od. huisk, cl;it d'r hei uet
vergleicht er deshalb das Wort hinge mit 5 up hum to reken uii hast hei gen umgan
ags. luugre in der Bcdtg. leicht. Da in- mit luim is; — luiilg 0'7. h'nisk wer. — JWl.
dessen das ags. liingre ebenso icie lungor, Innig, luunsch, lüniseh, lünsch ; nid. luimig
as. lungar; a/ai lungar, luukai"; hi/k?. luuger u. (cf. J ap ix ««^cr Ijuentjen) luinig; mhd.
nur in der Bedtg.: rasch, schnell, hurtig, liunic.
eilends, ßugs , plötzlich, heftig etc., bz. 10 luiije, Schenkel, Keule, Lendenstüch ; —
eeler, confestim, illieo, subito, cito, strenuc, kalferlunje, Kalbskeule od. Lendenstück von
acriter, fortiter gebraucht icird u. möglicher- einem Kalbe. — Mit mnld., mfläm. longie,
xoeise zu lingen in der Bedtg.: vorwärts aengl. loine, engl. loiu aus franz. longo,
gehen, von Statten gehen od. urspr. : springen, afranz., wall, logne (I^endenstück), was nach
eilen etc. gehört, so ist ein directer Vergleich 15 Diez (II, 351) mit span. lonja (Stück
od. eine directe Zusammenstellung des Wortes Schinken), aus mlat. Adj. lumbea von luiiibns
Lunge mit ags. lungor u. luugre doch icohl (Lende) entstand.
kaum zulässig u. wohl eher anzunehmen, dass luniiij2^. lünilik, lünonk (Flur.: luuings,
dasselbe aus einem älteroi, gleichfalls zu der lüneiis; Dimin.: Iflntje); Sperling: — Com-
y lagh, langh od. ragh, rangh gehörenden 20 pos.; henip-lüning od. hcmji-lünenk. — Be-
Worie entstanden ist. Vergleicht man nun densart. u. Spricliio.: hv. is so wif as 'n
aber (cf. Fott, Wurzelwb. III, 713) das lüuink up de agterdür ; — se parcn siik as
russ. legkü, legök (leicht, nicht schwer; be- luninks; — 't is lünings (scherzJi. für kleine
hende, flink, gewandt etc.) u. legkoe woisko Kinder) tid to hedde. — Kd. lüning, liink,
(die leichten Truppen), .sojü/c legkoe (pulmo, 25 lüncke ; mnd. luningh, luninck, luningk;
Lunge) n. dass diese Wörter auf skr. ]ag\m satl. liinege; wang. lüning. — Nach den
(a. rasch, schnell, behende etc,; — b. leicht, von Dr. Crecelius herausgegebenen Essener
nicht schiver etc., s. iinter 2 liclit) zurück- Glossen 7cird Matth. 10 das lat. asseres mit
gehen, so ist es sehr xoahr scheinlich, dass \\\\üi\\i\g'x?, glossirt, sodass die urspr. as. od.
sowohl das ags. lungor u. lungre als auch 30 and. Korm hliuninga lautete. Diese Form
d<is Subst. hingen od. lungä u. lungunna ist aber wie Nanuinga von Nanno, Manninga
(s. oben) mit Vcrdumpfung des tirspr. Vocals von Manuo etc. mit dem Fatronym. inga
a zu 0 u. u (cf. z. B. unser bus in büsdür von einem alten Sahst, hliuua od. hliuni
M. lunke) ans skr. langliu entstanden sind fortgebildet, welches eboiso wie goth. hliuma
u. sich hieraus für ags. lungor, lungre die 35 (Gehör etc.) u. ahd. hlinimiut (Leumund,
Bedtg. : celer etc. u. für hingen od. hinge Buf etc.) in seinem A)daut hliu zu der
die von leichtes Etwas etc. ergaben u. unter h'ul erwähnten ]/ ^tu, crunoti gehört,
demnach auch das ags. lungre keinen di- aus deren causat. Bedtg. : Jemandem Etwas
reden Zusammoihang mit lingen hat. hörend machen od. hören lassen, eben auch
lunöjen-sukte, Lungenseuche. 40 die Bedtg.: Stimme erheben, laut sein, rufen,
Iuii;;c- od. luii^-pipe, Lungenröhre. schreien etc. hervorging v. wonach dann
1. lungern, lungern, gierig u. lüstern sein, der hliuninga genannte Sperling wohl von
nach Etwas verlangend, nach Etwas trachten, seinem lauten Geschrei diesen Namen hat.
mit lüsternen, auf das Begehrte hingerich- lilukc, liink, Lende, Oberschenkel, Dick-
teten Augen still liegend ivarten etc.; — he 45 bein, Bein überhaupt; Bein-, Schenkel- od.
Inngerd na (od. up) 'n stük fan de brade; Schinkenknochen etc.; — he hed 'u par
— li(j lungcrd up 't ilten ; — hc* ligd to gode hinken (Lenden); — mit sin lange
hingern, of d'r iiig 'n stük für hum offald. hinken (Beinen) sitt ho en altid in de woge;
— Nd. (Br. Wb.) lungern. — Ob dieses — he smitt sin lange hinken so wid fiirüt,
Wort zu as., ahd. lungar (s. hinter lunge «. 50 dat man d'r hast afer fahl ; — hö rot hum
cf. Weigand wegen lungern) in der de hinken üt; — he rot hum d'r 'n hink of
Bedtg.: schnell, schnell bereit etc, gehört od. (z. B. von einem gebratenen Geflügel) un
zu lung von lingen? smöt hum se to; — he smöt de huiid de
2. lungern, faulenzen, müssig ii. träge hink to. — Nfries. (Outzen) hink (Ilüft-
gehen od. liegen etc. ; — he lungerd wat 55 bein, Ilüftknochen, Oberschenkel, Lende). —
herum. — Nd. (Dähnert etc.) lungern, Es ist (cf. nfries. lunn, afries. lond = land
lunkern. Davon langcrd = mnd. (Seh. n. od. unscrmhun(l = band, — fund =/rtnr? etc.)
L.) hmgerie u. gelunger, sowie nd. (Däh- von Hause aus dasselbe Wort loie nd. (Br.
ncrt) lungerbiink (Faulbett). — Wohl aus Wb., Schambach) lanke (Seite zwischen
luggern nasalirt. GO Hippen u. Lenden, Weiche) od. (Schütze)
LUNKEN 549 LUENSE LüENS
lank (Schenkel, Keule, Lenäenstüelc) ; mnd. — liö Imikd d'r langsam lien. — Wohl mi
lauke (Weiche od. Flanke , Seite) ; nid. schived. luiika (einen schleppenden, latschigen
(v. Dale) lank; mnld. (KU.) lancke ; ahd. Gang gehen); «or;«;. lunka (gaae sagte, nden
lilanca, lanca, lanka, lancha; »ihd. lanclie, nogen hast), Innkra (gaae tungt cller seent)
lanke (Rufte, Weiche, Seite, Lende) ; aengl. 5 u. sclnvcd. linka (hinken), norw. linka (gjoere
fiS'ir rti j«a« j(j lanke, lonke (lumbus) ; engl. slaeng eller boeininger med kroppen) ent-
lank (Weiche, Leiste; Schamhug, Schamseite) weder zu dem unter lunke envähnten ver-
u. lonk (die Biegung der Hüfte od. das Jörnen hlinkan od. von einem ablautenden
Hüftgelenk ; die Vertiefung od. das kleine lunke, linke iii derselben Bedtg. loie ahd.
Thal), tvelches loahrscheinl. vom Brüter. 10 hlanka (nämlich in der urspr. Bedtg.:
hlank eines verlornen Verb, hlinkan, hlank, Biegung, Krümmung etc. od. gebogenes u.
hliink , hlunkun , ahd. hlinchan (knicken, gekrümmtes Etwas) fortgebildet. Vergl.
biegen, krümmen, zusammenbiegen, rund- iveiter:
lieh biegen od. rundlich gebogen machen, 2. lunkeii od. lunk-oren, lauschen, lauern,
wölben) abstammt u. zu welchem auch ags. 15 horchen, hinhorchen od. zuhören etc. — he
hlanc (biegsam , schlank , dünn , scJnvach, sitt still hen to limken od. to lunkören ; —
mager, bz. gracilis, tenuis) = aengl. hlanc, he lunkd od. hinkörd d'r net na, wat d'r
lank, lonk; engl, lank etc. ti. mhd. lenke segd word. — Nd. (Br. Wb.) lunk-ören.
(biegsam), — ags. hlenkan, aengl. hlenchen — Man muss diese Verba buchstäblich mit
(torquere), sowie auch nhd. Gelenk, g e- 20 Seiten od. eine Biegung u. Neigung zur
lenk ig etc. u. lenke^i gehören, loie desgl. Seite hin machen, den Kopf auf die Seite
auch a/7s. hlenca, hlence ; an. hlekkr; norio. legen u. S eit- ohren etc. übersetzen, da
lekk u. lekkja, lenkja ; dän. laenke ; engl. sie von dem mit ahd. hlanka urspr. ident.
link (Kette, Glied einer Kette etc.) etc. ; — lunke, jedoch hier in der Bedtg. : Biegung
ags. hlinc ; engl, linch (Hügel etc.) ; — an. 25 u. Seite, fortgebildet sind. In äJinlicher
hlikkr (obliquitas, curvamen etc.) etc. Was Weise gehört auch mnld. lonck (adspectus
nun aber die y dieses alten verlornen hlinkan, limus), loncken (limis ohtueri, leviter obli-
hlank etc. betrifft, so stimmt sie lautlich zu quare oculos, retortis oculis tueri), mnld.
lat. claug (Fick veriveist III, 90 bei lonkcn (schielen, liebäugeln etc.), lonk (ver-
hlankja, Kette, Gelenk etc., auf lat. clingere 30 stohlener, heimlicher Blick etc.) hieher.
als Nebenform von cingere, ivorüber Weiteres luiiker, liiokerd, Hinkender, bz. Person
bei ihm I, 52 unter kragh, tvo er zugleich die hinkt od. hinkend u. schleppend geht,
bemerkt, dass wohl besser eine Grundform — Zu 1 lunken.
krak, krank dafür anzusetzen sei, loährend lunk-läm, Lendenlahm. — Zu kmke.
er ags. hlank, schlank, dünn etc., I, 52 zu 35 lunk-öreu, s. 2 lunken.
krak, bz. skr. kar^, abmagern etc. stellt) liins, .:?. llinse.
von clangere, welches mit ags. hringan lüiis-bän, s. 1 lünsen.
(sonare) etc. von Fick (cf. 1,42) zu einer lüiiso, Mins, Lünse, Achsnagel, Lannagel;
von kar erioeiterten y kark, krak (sonare — de lüns is d'r för weg, 't rad lüpt iit.
od. überhaupt ein unarticulirtes Geräusch 40 — Ob unsere Bedensart : mit de lünse lopen
machen, cf. lachen etc.) gestellt ivird. Ver- = müssig gehen, faulenzen etc. sich auf
gleicht man nun aber die Schallstämme: dieses lünse bezieht od. mit 2 lünsen zu-
knak, knik od. klak, klik, — krak, krik, sammenhängt? — Nd. lünse, lüns; mnd.
— knap, knip etc., so scheint es ivieder, als lunse, luns, lusse ; nid. luns, lens ; nnild.
ob die für hlanka od. hlinkan, hlank, hlunk, 45 lonse, lunse u. londse, lundse ; nfries. (Jo-
hlunkun anzusetzende y hlank dieselbe y hansen) lans; and., bz. as. lunisa; ags.
kark od. krak (cf. auch krank u. kraken, lynis; aengl. lins. — Es ist mit dem gleich-
kriken etc.) ist, ivozu Fick das lat. cli\n- bedeutenden ahd. Urning; mhd. lüninc aus
gere etc. stellt u. dass demnach auch hier dem ahd., mhd. hin ; md. Ion, löne, lau
ivieder ebenso loic bei kuak u. knik, knikken 50 (obes, paxillus) «» ähnlicher Weise fortge-
etc. aus der urspr. Bedtg. : sonare, crepi- bildet tvie ahd. segansa (Sense, cf. seise)
tare etc. die Bedtg. : knicken , biegen, von saga, sega (Säge) od. von seche (Pflug-
brechen etc., bz. krümmen etc. hervorgegangen messer, bz. Schneide- Werkzeug). Das ein-
ist, lüo dann die für lat. clangere lautlich fache ahd. lun aber betr., so ist dieses ivohl
stimmende y kark, krak, krank auch die y 55 aus einem zu der y lu, ru (brechen, reissen
von hlinkan od. hlanka etc. sowohl als von spalten, theilen, schneiden etc., cf. 1 le u.
as., ahd. bring, nhd. Bing sein könnte. lös etc ) gehörenden Thema luna (nach Vil-
1. lunken, hinken, in die Knie od. in die mar, s. unter Lunn, soll in den Glossen
Seite fallen, lahmen, lahm u. schleppend neben lun auch die Form luna vorkommen)
gehen etc. ; — he lunkd mit beide benen ; 60 od. luni (cf. ags. rynan, ryn, tönen, brüllen
LUENSEN LUENSSEN 550 LUR LURE
etc. von der Schalbcurzel ru) gekürzt, da lüusd wat herum (er liegt icas herum, er
der lun genannte Pflock od. hölzerne Nagel schlendert od. geht müssig, frei, lose u. un-
urspr. entweder hlos ein abgeschnittener u. behindert etwas herum). — üb mit hcss.;
gekürzter kleiner Zweig od. ein von einem bai/r. (cf. Vilmar, Schm.) lunzen, luutzen,
grösseren lloUklohen abgespaltenes u. zugc- 5 \m\c7.Q\i (leicht schlummern, halbschlummernd
spitztes Stückclien Holz tvar, welches vor das im Bette liegen); mhd. luuzen (leicht schlum-
l\ad des Wagens gesteckt wurde. mern); nd. (Schambach, Schütze etc.)
1. liinsen ot/. liinssen, (/t'5^?. a»c/i lönsken luntjen, lunschon (den Kopf zum Schlafen
u. litniineni, gefärbte Uster-Eier von einer anlehnen, ein Mittagsscldäfchen halten, leise
erhöhten u. schräg ablaufenden od. geneigten 10 schlummern, halb luach im Bette liegen etc.)
Fläche, bz. einem schräg gestellten Dach- eins od. mit schwed. Iiins (ein schwerfidliger,
Ziegel in eine rundliche Sandbahn herunter- träger Mensch), lunsa (ein schleppendes
rollen lassen, lüie dies die Kinder am zweiten Weibsbild, Schlampe, Schlumpe), lunsig
Osterfeicrtagc mit ihren gefärbten Oster- (schwerfcdlig, schleppend, träge) connex? —
Eiern thun od. thaten, da diese uralte Sitte 15 Zu luuzen cf. auch nfrics. lontin in lui-
Ja auch hier leider immer mehr aus der lontin tt. unser lensen = satl. (Ehren-
Mode kömnd u. tvie so viel Alterthümliches traut II, 211) lonsje (faid herumlungern)
stets mehr in Vergessenheit gcräth. Die u. lentern in lei-lcuson u. lei-lcntorn. —
kreisförmige, mit einem kleinen Wall einge- Zu vüid. luuzen u. nfrics. lontin cf. auch
friedigte Sandbahn, worin die Eier hinunter- 20 dän. lunte (zaudern, zögern, langsam fort-
rollen, heisst davonKms-jlimsk- od. hunmcrke- kommen. Von nhd. hm/.cn ?(. luuz (Schläf-
hau. Da nun bei dem lünscu (lüuskeu od. rigkeit), bayr. lunzet (schläfrig) stammt viel-
lünschcn ist ivohl eine blosse Nebenform leicht (cf. Diez II, 10) das ital. lonzo
davon) od. lummcrn mit den Oster-Eiern, (schlaff).
bz. bei diesem liiusen od. lummern genannten 25 lunsk, s. Innig.
Eierspiel einerseits viel Lärm n. Geschrei lunte, Lunte, Zündstrick, Zündlappcn;
von den betheiligten Kindern gemacht icird, — \w is kapabel un smit de lunte in 't
es sich aber andrerseits dabei auch um den pulfcrfat. — Bedensart: lunte rukcn, Lunte
Gewinn der Eier handelt (wessen Ei näm- riechen, Gefalir loittcrn. — Nd., mnd. XnwiQ ;
lieh von dem hcruntcrrollenden Ei eines 30 nid. lont; mnld., mßäm. lonte; engl, lunt;
andern Mitspielers getroffen wird, der ver- norw., schwed. \m\\^\ (/««.lunte. — Daneben
liert es an diesen), so könnte das Wort lunte früher auch die Form londe (s. bei
lummern im ersten Fcdl urspr. blos die Be- Weigand) bestand, so ist es ivohl mit
dtg. : Lärm n. Spektakel machen etc. gehabt mhd. liinden, lunten u. unserm luudern (s.
haben u. dann xirspr. dasselbe Wort sein 35 d.) connex.
wie mnd. (Seh. u. L.) lommcren (lärmen, luntjen od. lundjon, das dürre Gras u.
brausen, sausen), tcovon gelommer, gelummc Gestrüpp auf u. an den Kanten der Wälle
u. \ommQvuv^\\Q: (Lärm, Tumult), welches mit anzünden od. in Flammen setzen, bz. sie
n/u/, hlimmun, limman; rt//s. hlimman, lilanim, abbrennen od. absengen; — se sunt an 't
hlummon (elangerc, rugire, souare, fragorem 40 luntjen; — se hebben de wall ofluutjed.
edere etc.) lilemm (fragor etc.) etc. zu- — Wohl nicht von lunte, sondern icohl eher
sammenhängt. Bezieht sich indessen das mit hindern von luudeu, lunten (zünden etc.).
lummern mit den Eiern auf den Gewinn Lüppo, ml. Name. — Wohl Nebenform
od. das Gewinnen derselben, so icürde dabei von Lübbo.
a» eine Entstehung aus nid. lommerdcn 45 1. lup od. Iure, Lauer, Spähe etc., d. h.
(wuchern) zu denken sein, was von lommerd Zustand od. Thätigkeit, Handlung etc. too
(s. lummert) fortgebildet ist. Was nun aber gelauert od. heimlich gespähet u. gehorchet,
ferner das Wort Jansen (mit de eier limsen, bz. verlangend ausgesehen u. gewartet tvird
od. se lüusen laten) betrifft, su ist dies viel- u. auch Ort, Stelle od. Versteck, Hinterhalt
leicht ursjn'. dasselbe Wort wie 2 lünscn, 50 etc., von %oo aus das Lauern od. heimliche
weil eben die Bedtg.: rollen od. loie wir Spähen u. Horchen, bz. das verlangende
sagen : trullen, trülien (wir sagen vom 2. Auskucken nach u. Warten auf Etwas ge-
Ostersonntag, wo das liinsen stattfindet: de Schicht; — de katte sitt up de lür, of se
eier triillen mändag) ein freies Gehenlassen de miis net belCiren un fangen kan ; — he
od. ein freies n. loses Hin- u. Hergehen u. 55 steid up de lür, um to sen un to hören
Bewegen in sich befasst. wat d'r förgeid, od. um to sen of he net
2. lün.sen od. lün.sscn, milssig liegen, wat fangen kan; — he legd sük up de Iure
lungern, faulenzen, müssig gehen od. liegen, auf die Spähe, od. auf das Spähen u.
.fehlendem etc. ; — dat od. he lünsd d'r so Warten etc.) um to wagten ; — ik wil mi
wat hen ; — he deid niks as lünseu ; — he 60 erst lefer nog wat up de lür leggcu, den
LUR LURE
551
LURD LURT
kau 'k naderliaml altul srn, wat 't beste is ;
— ho legd de sake up de liir, um to sOu
wo se iitfald. — Nd. luur ; nid. loer ; mhd.
Iure, lür (Lauer, lUnterhalt). — Wohl
Subst. SU u. von lüren, doch sei hie)' zugleich
bemerkt, dass das obige lür od. nid. loer
loeder mnld. noch mfläm. belegt id u. das
bei KU. vorkommende loer, loere, loeyer,
lore (revocatorium), bz. loeyer (revocatorium,
illecebra) tc. lore, leure, loeyer, luder (ille-
cebra, reclamatorium, revocatorium acci-
pitrum ; instrumentum quo accipitres ad escam
propositam invitantur etc.) dieselben Wörter
sind u. demnach aus loeyer, bz. loeder =
mhd. luoder, md. liider (Lockspeise u. Lock-
falle od. ein Etwas toas lockt, verlockt, ver-
führt u. betrügt etc.) zu loer od. lür contrah.
ist, ebenso wie auch unser 3 lür od. Iure
aus lüder, bz. ahd. ludara zusammengezogen
ivurde. Vergl. iveiter 2 m. 4 lür u. lüren.
2. lür od. Iure, Laurer, schlauer hinter-
listiger Mensch, Verlocker, Betrüger etc. ;
— de kerel is 'n regten lür. — liedensart:
de bür is 'n lür un blift altid 'n scholm fan
natür. — 3Did. Iure, mnd. lür (heimtückischer,
schlauer, hinterlistiger Mensch); mnld. loer
(insidiator, speculator, captator) ; mfläm. loer
(guetteur, espic). — Wohl auch zu lüren,
ivährend nid. loer ; mnld. loer, loerd (horao
murcidus, ignavus, stupidus etc.) u. mfläm.
loer (homo stupidus etc.) wohl mit unserm
1 lurd aus franz. lourd entlehnt u. iveiter
mit ital. lordo, lurido aus dem lat. luridus
(cf. Diez I, 255) entstanden ist.
3. lur od. Iure, eine looUene Decke od.
Windel, worin die Säuglinge gewickelt
werden; — 't kind sitt nog iu de Iure. —
Nd. luur, Iure ; nid. luur, luier ; mnld. loeyer,
luyer u. luere (fasciae, cunabula, crepundia) ;
mnd. ludere ; alid. ludara; luthara, ludera,
ludra u. lodera (cunae, cunabula, involu-
mentum) u. dies von ahd. ludo, lodo ; mhd.
lode (Art grobes Wollenzeug od. loses lockeres
grobes Tuch, Ueberwurf od. Decke u. Mantel
daraus, penula, lodix) ; ags. lodha (lacerna),
icas mit dem rt«. lödh (hirsuties ; villositas);
norw. lode (Wolle, Haar, Rauhigkeit) ; dän.
laad (dasselbe) u. lodli in an. lodhbrök
(Zottelhose) von Fi c k (III, 273) zu einem
Thema lutha (zottig od. Zotte) gestellt u.
von der ]/ lu (lösen, lose u. locker machen,
cf. lös) abgeleitet wird.
4. lür od. Iure, Augenmerk, Obacht od.
Zustand wo man Etwas erspähet u. bemerkt
od. auf Etwas spähet u. lauert; — he hed
't glik all' iu de lür, wat d'r umgeid (er
sieht u. hört od. bemerkt gleich Alles, ivas
um ihn herum vorgeht) ; — ik heb' hum al
lauk in de lür (od. in ^t fermik, in de
kikerd etc.) had (ich habe ihn schon lange
im Augenmerk gehabt, bz. ihn schon lange
daraufhin beobachtet etc.), dat he am ende
dat göd stalen harr'; — liö kreg dat gau
in de lür (er erspähte u. bemerkte das bald,
5 schöpfte bald Verdacht etc.), dat se hum
brüdeu wullon ; — de budcl heb' 'k dik in
de lür, de tröe 'k bi den düfel net. — Wohl
auch Subst. zu lüren.
5. lür od. Iure? — Die Redensart: 'n
10 lür dreien od. andreien heisst (ivie auch im
nid. een loer draajen) soviel als (Jeinanden)
täuschen, anfuhren, betrügen etc. od. auch
(ihn) hinterrücks u. in böswilliger Absicht
in eine faule od. böse Geschichte verwickeln.
15 — Ob diese Bedeutung tcörtl. soviel heisst
als eine Windel drehen od. andrehen
u. dass es demnach dasselbe Wort wie 3 lür
ist ? — Oder gehört es in der Bedtg. : Be-
trug etc. zu lüren, bz. lüren, sodass 'n lür
20 dreien wörtl. soviel heisst als einen Betrug
dreJten od. andrehen, toie man auch sagt:
he hed hum en dreid od. andreid für: er
hat ihn angeführt od. betrogen? — Oder
hat lür, bz. Iure od. lurre hier die Bedtg.:
25 Lüge, Erdichtung etc. ivie das nd. (Scham-
bach etc.) lurre? — cf. Weiteres tinter
lurendreier.
lür-angel (persönl. Schimpfwort), heim-
licher Laurer od. böser heimtückischer hin-
30 terlistiger Mensch; — he is 'n regten lür-
angel, war man sük aferal für waren un
hüden mut. — Ob dieses Wort nicht urspr.
soviel als Luder- od. Köder-, Lock- Angel,
loar, od. eine Angel, loomit man die Fische
35 etc. köderte u. lockte, bedeutete?
1. lurd od. lürd, bz. Inrt od. lurt, a)
Dreck, nichtsnutziges, loerthloses Zeug etc.
— 't is niks as emer lurd od. lurt etc. ; —
b) gemeine Person, Nichtsnutz, Dummerjan,
40 Flegel, Lump, bz. Schmutzlappen, Lumpe,
Schlumpe etc. ; — 't is 'n lurd fan 'n kerel
od. fan 'n wif. — Einestheils mit nid, loer;
mnld. loer, loerd ; mfläm. loer (homo murci-
dus, ignavus , stupidus etc.) entlehnt aus
45 franz. lourd, lourdaud, bz. lourd (träge,
faid, dumm etc.) u. anderntheils mit nd.
(Dähnert) lort; schived., norw., dän.
lort (Dreck, Koth, Schmutz, Unrath) ; norw.,
schwed. lorta (schmiUzen, besudeln etc.) aus
50 ital. lordo (schmutzig, cf. fül), Subst. lor-
dura (Schmutz), welche Wörter nach Diez
(I, 255) aus lat. luridus entstanden sind.
2. lurd od. lürd, bz. lurt od. lürt, alte
Lappen od. Fetzen, bz. aus alten aufge-
55 drehten Schiffstauen gefertigte lose Garne
od. lockere Dräthe, loomit die Schiffsseile u.
Riemen od. Ruder, soivie auch Bordstangen
u. Bordseiten eines Schiffs unuoickelt u. be-
legt werden, damit sie nicht abreiben u.
60 schmutzen etc. — Nd. (Adelung) lurde
LURDER
552
LUREN
u. lurdiug; nhl, schwed., däii. lordiug u.
auch (cf. Bobrik ttvtcr Schiemannsgam,
pag. 300 u. auch 476) lorring. — Begriff-
lich schliesst es sich als das ivas zur Scho-
nung um Taue etc. gewickelt wird am
nächsten an unser 3 lür od. Iure, gedehnt
lurre u. hart mit eingetretenem d lurde ge-
sprochen (cf. kelder, Keller, — soklcr, So II er
od. Söller, — kerdel, Kerel, Kerl etc.) an,
woraus beim Vergleich des mnld. lore =
loeyer, luycr aus loedcr, nhd. Luder ^ bz.
mnld. loeyer, luyer, aus ahd. liidera, lodere
(s. unter 3 lür) auch das nnld. lor (Lappen
etc.) entstehen konnte, icorüber noch Weiteres
unter Iure.
lurder, *-. liirer, Laurer.
lüren, lauern, d. h. scharf spähend nach
LJtwas selten od. spähen u. horchen od.
lauschen zugleich u. zwar in der Kegel mit
der Nebenbedtg., dass dies mit halbzuge-
kniffenen od. hcdbverschlcierten blinzelnden
Augen, bz. durch die enge Hitze der halb-
geschlossenen Augen od. auch durch eine
Hitze u. Spalte, bz. von einer verborgenen
Ecke od. einem Versteck aus, od. mit ge-
senktem u. nach der Seite hingerichtetem
Blick, bz. mit gesenktem u. seitwärts ge-
neigtem Haupt heimlich u. unvermerkt ge-
schieht ; — wi willen uns fersti'ikeii, man du
dürst net lüren, wür wi hcngün ; — he hed
dör de fingers lürd ; — he lürd um de hörn
od. dür 't fcnster; — wat steist du dar
agtcr de döre to lüren? — dat kiud hold
de kop up de sid un lürd na uns hen ; —
du must iifen to lüren, was se dar mit 'n
ander hebbcn, bz. mit 'n ander dön od.
proteu ; — he ligd in 't bedde un lürd dör
de gardiucn ; — tili 't dek up un lür d'r
äfen under wat dar in is; — he sitt dar to
lüren wat d'r passerd ; — he lürd un snürd
aferal herum, of he net wat findt ; — he
lürde (lauerte od. passte) hum up; — de
katte lürd na de fögels od. se lürd d'r up,
of se nich 'n müs belüren kau ; — du kaust
lank lüren (verlangend wonach sehen u.
warten) dat du wat krigst; — he lürd
(lauert still sitzend u. erwartungsvoll) up 't
äteu, of 't nog net bold kumd ; — so lürd
man de bür de künst of; — dat harr' 'k
hum gau oflürd, wo he dat mök; — he hed
al lank uj) 'n godeii gelegenheid lürd (ver-
langend gewartet), um to ferreis.'n ; — he
lürd up "u goden wind, um to fers/ilen; —
ik lür' up de post, of 'k mitfareu kan od.
of d'r ök 'n bref für mi mitkamen is; —
he lürd (hört, lauscht, horcht) net na mm
worden ; — he lürd nargends na (er sieht
od. hört nirgends nach, kümmert sich um
nichts, geht ungestört seines Weges etc.);
— wat lür ik d'r na (was höre od. frage
ich darnach)? ik dö dog wat ik wil ; — he
lürd na gin God af sin goböd ; — Compos. :
bc-, in-, of-, up-, ütlüren. — iV(7., mnd.
luren ; nid., mnld. leeren; mhd. lüren;
5 norw., schwed. Iura; dän. Iure; wang. lür;
satl. lurje; nfries. (Outzen) lörre od. wohl
richtiger (cf. J ohans en , pag. 174, zweite
Spulte) luurin; tvfries. loerje.
Wenn ma)i bei KU. die drei Verba:
10 loeren (retortis oculis intucri), locren od. loer- ,
oogen (observare, insidiosc speculari, captare, 1
insidiari ; conuivere) u. loeren (froutem con- 1
trahere, corrugare, obducere sivc caperare,
bz. die Siirne zusammenziehen od. runzeln
15 u. ein fi)isteres böses Gesicht machen etc.)
u. tceitcr sein mit dem ersten loeren h-gnon.
loncken (limisobtueri, leviterobliquareoculos,
retortis oculis tueri) vergleicht, so finden wir
edle diese Bedtgn. auch in lüren sowohl wie
20 in ttnserm 2 glumen, glupen u. glüren, ioie
auch unser 2 lür, bz. mnld. loer (insidiator)
mit unserm glumcr ti. gluper , bz. mnld.
gloeper, gluiper (insidiator etc., s. unter
gkipen) synonym ist. Vergleicht man nun
25 glupen von glupe u. dass dieses neben Spalte,
Kitze etc. im nid. auch die Bedtg.: decipula
hat, ebenso ivie das zu clioban spalten etc.
gehörende ahd. clobo (cf. klofe u. klöfeu),
sowie ferner, dass unser 2 glumen od. glümen
30 = nid. gloemen u. gluimen mit mnld. (KU.)
luymen od. auch loemcn (incedcre capite
tei'ram versus prono; observare, insidiari;
retortis sive insidiautibus oculis iutueri) u.
luymer (insidiator etc.) möglicherweise auf
35 mnld. gloeme od. gluyme, bz. kerne od.
luyme (apertura glaciei, ostium sivc foramen
in glacie, od. überhaupt eine Spcdte, Kitze,
od. ein Locli, eine Oeffnung etc.) zurückgeht,
falls es nicht etwa mit engl, gloom (finster
40 drein sehen etc.), glum (finster etc., s. unter
2 glumen) zusammenhängt — u. dann weiter
auch das ahd. luogen (aus einem Verstecke
hervorsehen, bz. überhaupt : spähen, schauen,
sehen, lugen) von hiog (Höhle, Lagerhöhle,
45 s])ecus, cubile etc., cf. lauken), so liegt es
sehr nahe, um auch bei lüren eine ähnliche
begriffliche Entwickelung u. an dieselbe
Ordbdtg. seines Themas loie bei glumen,
glupen, glüren, bz. mnld. luymen u. cdid.
50 luogen zu denken.
Was nun aber zunächst den Stamm od.
das Thema lür od. Iura von lüren, bz. den
Subst.: 1, 2, 4 if. 5 lür betriffst, so ist der-
selbe jedenfalls ein Contractum entweder
55 von lu-er od. lü-er, od. von luwer od. lüvver,
— od. von luder od. lüder (wie 3 lür, aber
dann lür wohl von luoder, Jjockfcüle etc., bz. d
verführerisches u. betrügerisches Etwas «. ^
lüren von luodern, locken, verlocken, verführen,
60 betrügen, nachstellen etc.) od. von einem
LUEREN LUERREN
553
EUREN- LURREN-DREIER
sonstigen älteren Worte. Ob min aber ICiren
(lauern) beim Vergleich von glumcii zu engl.
glooni, glum etc. mit aengl. (Str atmann)
liireii, lüurcn, lourin ; engl, lower (trübe
finster düster aussehen etc., bz. die Stirne
runzeln u. zusammenziehen etc.); flandr.
(KU.) loor (mclancholicus, tristis, subtristis)
etc. u. an., ist. Iura (coercore), lur (ignavia),
liiri (ignavus haerere), liiri (homo torvus et
def'ormis), schott. lowryd (finster, grämlich
etc.) od. mit schott. lowric, lawrie (ein listiger
verschlagener Mensch) etc. auf ein altes wie
ahd. büwan (bz. böen) conjugirtes Verb.
lüwan, lüan (von einer y lu, urspr. ru, loie
binvau, büan von der y bu, urspr. bhu)
zurückgeht ii. davon ein Subst. liir (loie bür
resp. büwcr, büer, von büwan, büan) ent-
stand, od. ob vielleicht dieses lüreu urspr.
dasselbe Wort ist tvie das folgende lüren
od. noch aus anderer Quelle stammt, ist loohl
nicht mit Sicherheit festzustellen.
Erwähnt sei zu lüren noch das aengl.
(Str atmann) lurken ; engl, lurk; norw.
iurka (lauern, auf der Lauer liegen, auf-
lauern; lauschen, verstecJct liegen, sich ver-
borgen halten) u. liirch (sich plötzlicli um-
legen od. auf die Seite legen, seitwärts fallen ;
auf der Lauer sein, Kniffe anivenden, an-
führen, betrügen), toelche nach harken,
liarkjen (horchen) auch zu lüreu gehören
könnten, ivenn sie nicht etwa besser von
inhd. Iure (s. unter lurken am Schlüsse) ab-
geleitet werden.
lüren od. (tvie Stbg. schreibt) liii'ren,
hintergehen, betrügen, belauern, fangen,
überlisten etc. — cf. nd. (Br. Wb.) u.
mnd. lureu in der ziveiten Bedtg., sowie nid.
loeren (beirügen, anführen) u. (v. Dale)
lorren (betrügen , anführen , schmuggeln) ;
mnld. (KU.) loreu u. lorren (betrügen,
pfuschen, heimlichen u. unerlaubten Handel
treiben etc., cf. M. Kramer) — cf. luren-
dreier. — Nach nid. gluereu , gloereu,
gluyeren = unser glüren tvird auch mnld.
loren, lorren wohl für looreu , lueren, bz.
luyeren, loyereu stehen u. toenn man dazu
mnld. luere, loeyer, luycr als aus ludera,
lodera (cf. 3 lür) entstanden vergleicht, so-
loie ferner auch, dass das mnld. lore, leure,
loeyor (illecelira) dasselbe Wort ist wie engl.
Iure u. alid. luodara, mhd. luoder (Lock-
speise, Lockfalle), so ist es sehr gut möglich,
dass mnd. lureu u. nd. lurren, bz. nid.
'oercn u. lorren in der Bedtg.: betrügen,
anführen etc. urspr. dieselben Wörter sind
u. luren, loren, lorren etc. ebenso wie aengl.
luren; engl. Iure; mnld. loreu (allicere) aus
dem ahd. luodarön, mhd. luodereu, md. ludern
(anlocken, verlocken, verführen, betrügen)
contrahirt sind, bz. mit franz. leurer zu
ahd. luoder (Ijockspeise, Lockfulle) gehört.
Weiteres s. auch noch unter Iure ?*. loren,
tvozu noch bemerkt sei, dass v. Dale neben
lorren u. looreu in der Bedtg. : betrügen etc.
D u. lorren in der von: Schleichhandel treiben
etc. auch leureu einerseits in der von
hökern u. mit Kleinigkeiten handeln u.
andererseits in der von: Schleichhandel
treiben, schmuggeln (s. Weiteres unter luren-
10 dreier) hat u. dass bei M. Kr am er auch
leuren u. lor, lorren tvieder in derselben
Bedtg. (nämlich in der von Lumpen, Fetzen,
Lumpereien etc.) vorkömmt. Der Form
icegen vergl. auch mnld. (KU) lorre =
15 loewer od. mnd. loer, lower, lorer, loycr
(coriarius) ; cf. lojer.
luren- od. lurren-dreier, ein Mensch, der
andere Leute durch allerhand Kniff'e u.
Pfiffe hinters Licht führt u. sie durch feine
20 Schliche u. Ränke zu betrügen u. anzuführen
sucht, Betrüqer, Schurke, falscher, gemeiner
Kerl. — 'iVfZ. (B r. Wb., Schütze,
Dähnert etc.) lurrendreyor (Betrüger,
Schurke, Lug- u. Trugmacher , Rechtsver-
25 dreher, Sehleichhändler) ; nid. lorreudraayer
(Schleichhändler, Schmuggler ; Schm uggler-
schiff'; blinder Soldat; Pfuscher, Betrüger
etcj; mnld. (M. Kr am er) lorreudraayer.
— Mit (Bob r i k) Lur r endr eher e i, bz.
30 nd. lurrendreiere; nid. lorrendrajerij; schwed.
lurendrägerie ; dän. lureudreierie (ein in
den Seerechten gebräuchliches Wort, welches
alle Arten von Veruntreuungen u. Betrü-
gereien von Schiff'crn u. Kaufleuten bezeich-
35 net), bz. dän. lurendrejer (Duckmäuser, Leise-
treter); schwed. lureudräga (Schleichhandel
treiben etc.), lurendrägare (Schleichhändler)
etc. von mnld. lorren - draayeu (cauponari;
mercos lucri causa alio clam trausferrc
40 et distrahere etc.) od. (M. Kramer) lorren,
lorreudraayen (betrügen, pfuschen ; Handels-
loaaren heimlich verführen u. ohne die Ge-
bühr davon zu bezahlen verhandeln, Schleich-
handel treiben), loonach das einfache lorren
45 ivoid dasselbe Wort wie lorren od. loren u.
leureu in der Bedtg. : betrügen etc. (s. unter
lüreu u. cf. bei KU.: loren ende soreu
[imponere alicui, fraudare aliquem], loren
[venales ferre merccs frivolasj, loreu [carptim,
50 miii Utatim et ignave aliquid agere], soivie dass
er für soreu auch die Form seurou in der
Bedtg. : praevaricari etc. hat u. also auch
leuren dasselbe ivie loren u. lorreu ist) sein
tvird. Nach der Form lorren, loren u.
55 leuren zu urtheilen muss od. kann dies
Verb, ebenso tvie ahd. luodarön, bz. mhd.
luoderen ; md. lüderii von luodara, bz. mhd.
liiodere, luoder; md. lüder, bz. engl. Iure
(locken etc.) von Iure = mhd. luodere etc.
60 wieder von einem Stibst. lore, lor, lorre od.
LÜRG 554 LÜRKEN
auch U'iire (s. unter lore) ahstamnicn h. wenn lauer, fc. li'icr (cf. lii = lau etc.) mit ig
mainnin enrä'jt, dui^s das md.Uidvrn, b::. iiihd. weiter gebildet icäre n. ivürtl. mit lau er ig
luotltTou neben verlocken n. betrugen etc. auch übersetzt werden nüisste, in welcJtem Fall
die Bedig.: Füssen treiben etc. hat, so luum lurg (es wird mit tiefem n. sehr gedehntem
auch das obige lorreii ebensogut wie nid. 5 u gesprochen) dann ein Contract. von liicrig
leureu etc. ein Contract. von luotloru od. sein würde. Auch an., isl. liir (ignaviaj,
h'uleru sein. Da i)idcssen das ^'erb. lorreu- ii'irgr (tergum animalis birsuti; dcfectus
draajeu kein Com2Ws. von lorren (betrügen) virium; gibbositas) gehört zu h'i (lassitudo,
». draajen (drehen) sein kann, so kann man Lassheit, Müdigkeit, Mattigkeit), tvie norw.
auch annehmen, dass lorren von lor, lorre 10 lur (schloff, matt etc.) zu lu (abgemattet,
(Lumpe, Fetze od. ein werthloses nichtswar- entkräftet, matt, schwach),
diges Fttcas, ros hivolaQ etc., cf. 7nnld. ]ovo, Das acngl. louri; engl, lowery (trüb,
k'ure unter löre u. lor, lorren bei M. Kra- düster, Sturm od. liegen drohend) gehört su,
mer) iveiter gebildet ist tt. lorren-draajen lowor (trübe werden, sich verfinstern) u. hat
urspr. soviel als Lumpen u. Fetzen od. 15 auch wold mit nd.-ditltm.lim'j; nichts gemein,
nichts werthe u. nichts würdige Dinge lurii,', IlU'sk (laucrig, lauerisch), lauernd,
drehen od. zurechtdrehen u. machen etc. heimtückisch; — lürig od. lürsk wer (vom
hiess, wie auch ja mnld. loren-kraemer (tri- M'etter kurz vor einem Gewitter, tvenn es
volarius) eigentlich ein L.umpenhündler, bz. noch ganz still ist, aber bald loszubrechen
ein Mensch, der mit Lumpen handelt u. ^ich 20 droht, bz. ivenn das Gewitter so zu sagen
mit LAimpcn n. lAimpereicn (dtgicht , ist. auf der iMucr liegt); — 't is so 'u lürigeu
Gäbe es übrigens nur das Verb, lorren- od. liirskcn kerel (ein lauernder, heim-
draajen od. nd. lurrendreien, so würde es tückischer Kerl); — de katte sitt dar so
sich am besten von nd. lurre (lAige, Fr- liirig od. lürsk (still lauernd, mit halbzuge-
dichtung, Märchen etc., cf. Scham buch, 25 kniffenen blinzelnden, od. auch mit scharf
Dann eil etc.) ableiten lassen, dessen Be- lauernden Augen) ben.
dtg. jedoch auch wieder leicht aus Posse, Ifirko od. Ifirtjo (Dimin. von 3 lür), kleine
Narrheit, Fnsinn etc. entstanden sein könnte, Windel od. kleines icollencs 'Tuch zum Fin-
wo es dann aber auch wieder mit mhd. wickeln von Säuglingen.
\uoder (Schlemmerei etc.) u. luodern (ver- 30 hwkcn, mit den Beinen ziehen od. schleppen,
locken ; schlemmen, ein lockeresl^cben führen, schwerfällig u. schleppend od. langsam u.
Possen treiben, Unsinn machen etc.) vcr- gebrechlich gehen, schleichen, schlecht u.
tcandt sein dürfte, lorreu- od. lurrendreien nachlässig gehen , langsam u. träge gehen,
icäre dann = Uyisinn, Possen, bz. Lügen, hinken etc.; — be lurked (zieht etc.) mit
Erdichtungen etc. drehen od. fabriziren etc. 35 beide bcnen; — he od. dat lurket d'r so
u. ein von lorre od. lurre abgeleitetes Verb. langsam un sagtjes ben. — Gehört es zu nd.
lorren od. lurren hätte dann dieselbe Bedtg. lurk, nhd. Jjurch (Kröte, cf. lork) od. ist
tvie lorren- od. lurren-dreien. es von einem Adj. lurk in der Grdbdtg. :
lurg, still u. ivarm od, schwül, lau, flau, debilis etc. fortgebildet'^ Im letzten Fall
matt, bz. nicht bewegt od. frisch, kräftig 40 ivärc dann vielleicht an mhd. Iure, bz. lirc,
etc.; — lurg wer (stilles, schwüles, laues, lere (link, cf. link u. 2 lücliter) zu denken,
flaues. Jaul ti. müde machendes Wetter) ; — wie möglicherweise ttnser lurteu mit dem
't is mi fSls to lurg (schwül u. drückend, vihd. lurz od. lirz (link) zusammenhängt, da
od. schwer u. bleiern, leicht zu Gewitter eben dieses eine nd. Form lurt voraussetzt,
geneigt, unsicher) as dat ik lüfe, dat 't wer 45 — 3Iit hess. lurcbcn (schlürfen); Schweiz.
sük bold ; — ik bün so lurg (matt, müde, lurggen (schlürfen, nippen), lurch , lorcb
bz. schwer etc.) in de bencn, dat ik bäst (Tru)ik od. eigentlich eine Portion, die man
gen föt rören kau. auf einmal ein- od. aufschlürft u. demnach
Ob es mit dithm. lurig in der Bcdtg. : a) sgn. mit nhd. Suff od. Schluck u. «n-
tcohnlich od. angenehm temperirt etc. u. b) 50 serm tOge, Zug) hat unser lurken tvohl nichts
unsicher, von der Witterung (cf. Nachtrag gemein, obschon man bei schlürf en u.
zum Br. Wb., pag. ISO) eins ist u. mit dem verwandten schlurfen auch wohl an
diesem, ivie unser liirig zu liiren (lauern, ein Ziehen u. schleppendes, langsames Gehen
cf. auch lürsk) gehört , ist mir zweifelhaft, denken könnte. — Zu mhd. lirc, Iure, lere
da jedenfalls die Bcdtg.: müde, matt od. 55 in der Grdbdtg.: gebrochen od. contract.
schwer (in den Beinen od. Gliedern) nicht steif, ungcloik, lahm, gelähmt, matt, debilis
dazu stimmt u. diese eher dafür zu sprechen etc. gehört jedenfalls auch das mhd. lirken,
scheint, dass es mit eingeschobenem unor- lurken, lerkcn (stottern, gebrechlich od. un-
ganischem r aus lug entstand. Möglich wäre gelenk sprechen), wobei man beim Vergleich
es indessen auch, dass es vom (hmparat. 60 von mhd. lürzen (täuschen, betrügen, s. unter
LÜERREN
555
LUEST
lurteu) auch vielleicht das aengl. lurkeii ;
engl, liirk ; noriv. lurka (lauern etc.) u.
ewjl. liirch (hiiitcrgchen, täuschen, betrügen,
ausweichen etc.) besser hievon ableitet, als
von liiren (lauern) od. luven ^ mn Id. \unn\;
nid. loeren (betrügen, überlisten etc.), s. unter
luven am Schlüsse.
lürren, s. lüren.
lurren-dreier, s. lurcndreier.
lürsk, s. lürig.
lurt, s. 1 u. 2 lurd.
Inrten, liirtjen ; /. q. lurken. Wohl zu
mhd. lirz, lurz, lerz (iinlc), toie lurkeu zu
mhd. lirc, Iure (link), bei dem man loie bei
link n. 2 lüchter auch wohl an eine urspr.
Bedtg. von: geknickt, gekrümmt, contract,
bz. gebogen, krumm, nicht gerade od. recht
(als Gegensatz von recht od. gerade) etc.,
bz. geknickt, gebrochen, kraftlos, gebrechlich,
mangelhaft, schtvach (debilis), dünn, biegsam,
schlank etc. denken muss u. wozu auch mhd.
lürzen (täuschen, betrügen, bz. nicht recht
od. gerade handeln, nicht den geraden Weg
gehen etc., od. das Recht krümmen, etc.),
lürzen, lurzen (Täuschung, Verstellung etc.)
u. aengl. lurten (betrügen etc.) abstammt.
Zum mhd. lerz, lirz cf. auch (Diez II,
39) ital. lercio (a. schmutzig; — b. schielend);
sard. lerzu (schief, verdreht, bz. nicht recht
od. gerade), loobei indessen die Bedlg.:
schmutzig rüthsclhaft bleibt, falls nicJU
etwa die Bedtg. : schief od. schielend, bz.
krumm etc. in die von: sittlich schlecht
u. gemein od. schmutzig u. dann diese wieder
in die von sinnlich schmutzig überging,
lüie umgekehrt die Bedtg. : seh m utzig von
fül od. nhd. faul in die von: listig etc. u.
träge überging.
liirtje, s. lürke.
lartje, Dimin. von luvt, bz. lurd, s. 1 u.
2 lurd.
lus, Laus, auch collectiv : he od. de böm
sitt ful lüs; — de kiiider kamen um in
füligheid un lus; — fig. auch gemeines od.
lausiges Volk in der Zusammenstellung mit
plus. — Compos. : blad-, plat-, schild-liis etc.
— Redensart, u. Sprichio. : magere läsen
biten up 't hardste; — do 'n bädeler göds
un du worst mit lusen belond ; — ■ beter 'n
lüs in de köl, as liel gen fiesk ; — dar geid
't hen, sä' de jung', do let he 'n lüs dansen;
— he het hum 'n lüs in de pels settd ; —
sin egen lüseu biten hum; — d'r löpt hum
'n lüs afer de läfer; — he is so arm as 'n
lüs; — wat beter is as 'n lüs, dat nim mit
na hüs ; — he hed 't in de föl, as 'n bädeler
'n lüs; — he is so wranterig as 'n pot ful
lüson ; — de lüscn laten sük wasken un
wringen un ök wer in 't schap bringen ; —
d'r is gin j unker so krüs, of he hed ök wol
'n lüs; — he löpt sük 'n ende in de rigte,
as de lüs afer de nörskarfe; — mit de
nätcn (Nissen) is mer to dön as mit de lüsen;
— lüsen! lüsen! so sunt so dik as müsen,
5 se sunt so dik as ossenknaken, man kan d'r
wol tein pund fet ütkaken ; — he is so arm
as 'n lüs, d'r is niks fan hum to lialen, od.
he is so arm, dat d'r gen lüs (Laus, bz.
das Geringste) fan hum to halen is ; — mit
10 lüs un plus (gemeinem lausigem Volk, bz.
Bettlern u. Gesindel) mag 'k mi nig ofgefen;
— de sük mit lüs un plus befätd, de mut
sük net wundern, wen hum wat anhangd.
— Nd. luus ; mnd. lüs; nid. luis; mnld.
15 luys; ags. lüs; aengl. lüs, lous, luis, lis ;
engl, louse, lyse ; «??. lüs ; nonv., schwed.
lus ; dün. luus ; ahd., mhd. lüs. — Ent-
iceder direct vom Verb. : goth. liusan, ahd.
liosan etc. in der Bedtg. : verderben etc ,
20 cf. ferlesen), wie gricch. phtheir von phtheirö
od. mit liusan u. lös von derselben y lus
als Erioeiterung von lu (spalten, trennen,
schneiden, abschneiden, reissen, zerreissen,
ruiniren, verderben etc.).
25 lus-arm, arm ivie eine Laus.
luse-kräm, Lausekram; — mit de lüse-
kräm wil 'k niks to dön un tö raaken hebben.
lusen, lausen.
lüfsig, lausig, in denselben verschiedenen
30 Bedtgn. wie nid. luizeu u. lüizig, bz. nhd.
lausen u. lausig.
lüst, Lust, Plaisir, Spass, angenehmer
Sinnenreiz, Annehmlichkeit, Genuss, Freude,
Vergnügen, Wohlgefallen, Verlangen, Nei-
35 gung, Begierde, Gelüste etc. ; — wat hebben
wi dar up de hochtid för 'n lüst had; —
he hed sin lüst d'r mit had; — he hed d'r
gen lüst au um deren to kwälen ; — hast
du lüst um fan afend mit uns to gän? —
40 't is wärhaftig gen lüst um altid sitten to
plögen; — he hed gen lüst an 't äten, od.
um to äten ; — se hed 't mit lüsten od. is
mit lüsten (mit Lüsten od. Gelüsten, bz.
(ülerhand Neigungen und Begierden zu Ge-
45 missen, tvie z. B bei schwangeren Frauen)
besäten ; — he hed dat hüs mit last un last
afernaraen ; — Sprichw.: „lüst köstd geld",
sä' de jung', do harr' he 'n örtje fcrdanst.
— Nd. lüst, lust; mnd. lust ; nid. lust;
50 mnld., mfläm. lust , lost ; afries., tvfries.
tvang., satl. lust ; nfries. löis ; dithm. lois ;
helg. lüs; as. lust; ags. lust, lyst; aengl.
lust, list, lest, lost ; engl, lest, list, lust ;
Schott, lest (cf. lüsten) u. lust (cf. lüstig);
55 an. losti u. lyst (cf. lüsten); norw. lost u.
lyst; schwed. lust u. lyst (cf. lüsten); dän.
lyst; ahd., mhd. lust; goth. lustus. — Wie
lüst, nhd. lust, in ferlüst, nhd. Verlust, bz.
aengl. lost (perditio) u. engl, lost (verloren
60 sein od. gehen, untergehen, scheitern), zu,
LUESTEN 556 LUETJE
liusau (cf. ferK'SCu) gehört u. davon aitcJi Lauschoi) ; nffs.h]y^t; ac ii gl hhist (aiulitiis,
goth. linst in liustan (schlagen, vencitndcn, auditio, ausciiltatio) ; an. blast (aiiris, Ohr,
bz. stossen, stechen etc., t'erirc) u. an., isl. Ohr-Miischcl) ahstauinit u. mit skr. rrushti
Ijost in Ijosta (fijrore, traiisfigcrc; vcrberaie) (Gehorsam, Willfährigkeit), zend. ^n\s{\ (Ge-
— lyst in isl. lysta, lyst, laust, lostit (feriro, 5 hör) etc. zu der y (;rii, gerin. hin (hören,
colliderc etc.) abstammt, so tvird auch der s. unter 2 lud) gehört u. wobei die Bedlg.
Stamm lust von goth. lustus wohl zweifellos flüstern od. zuflüstern, zuraunen etc. tcohl
zu diesem urs2)r. Verb. goth. \h\san gehören aus der von hören machen, zu Gehör
u. zwar in der von der ]/ Ins (s. unter \iis, bringen etc. entstand.
]iJB u. ferlvscü) ausgehenden Bedtg.: sjndten, 10 lüst-lifis, Dimin. liist-hfisko, liist-hüske,
trennen, bz. hauen, sjndten, scheiden, schlagen, lAisthaus, Lusthüuschen, Summerhäuschen,
stossen, stechen etc. od. reissen, verwunden, Gartenhäuschen.
ritzen etc., wobei man beim Vergleich des Viiaüi:^, lustig, fröhlich, freudig; — liistigf
nhd. Reiz aus ahd. riz ro» rizan (reissen, lue; — dat geid d'r lüstig her; — dat gcid
ritzen etc., s. auch unter klak u. kiddelu) 15 d'r lüstig (freudig, mit Lust etc.) up an ;
wohl annehmen muss, dass das Wort Inst — liö arboid lüstig un flitig; — dat regend
od. goth. Instns urspr. auch die Bedtg.: d'r lüstig up au. — Nd. Instig; «?cZ. lustig;
Kitz el od. Bei z hatte u. dass sich daraus mnhl., mnd. lusticli; aengl. lusti ; engl.,
dann die weiteren Bcdtgn. von lüst ent- ,sc7(o/<. Insty ; an., ts?. lyslugr ; norw. lystng;
wickelten. 20 dän. lystig; schwed. lustig; mhd. Instec, lustic.
lüsteii, lüsten, gelüsten, Lust u. Freude liisti^heid, Lustigkeit,
machen, freuen etc., L^ust u. Neigung haben liist-jiuniiier, LAistjammcr ; — a) Genuss-
od. verspüren, begehren, wollen, mögen etc.; Jammer, bz. Jammer od. Schmerzgefühl etc.
— 't lüstd hum uet um mit to gan ; — dat (cf. Jammer) in Folge gehabter u. genossener
schulde hum lüsten, wen be de reise ua 25 Lust, Katzenjammer etc.; — he hed fan
Holland mitmaken dürsde ; he Of7. hum lüstd morgen 'n lüstjammer; — b) Jammer od.
gern wat äteu ; — wen jo wat lüstd, den Geschrei, Gewinsel etc. nach Ijust u. Genuss
schickt mit au. — i\'r/. lüsten; »ük?. lusteu ; od. vor Begierde u. LJistcrnheit etc.; — be
nid. lüsteu; innld. lüsten, losten; wfries. hed 'u lüstjammer od. is lüstjammerig.
lesteu (Hindel. leste); as. lustjau, lustean ; SO lüst-jaiiuiieng, lüstjammpri?, a) katzen-
n(/s. lustan,lystan; ae»///. lasten, listen, lesten ; Jammerig etc.; — he is nog lüstjammerg fan
engl, leste, list, lust; schott. lest; «».lysta; güstcrn; — b) stöhnend u. jammernd vor
;(o/vü. losta, lysta; scÄwt'(/. lysta; f/ä«. lyste; Begierde u. LAisternheit , bz. lustwinselig,
ahd. lustjau, Insten; mhd. lüsten, lüsten; sehr lüstern etc.; — se is so lüstjammerg as
uhd. luston; mhd. lüsten; goth. luston. 35 de düt'el.
liister (Horcher od. Horcherin od. Flu- Ifit, s. lud.
sterer, Flüsterin ?) nur in dem Spriclnv. : liite, s. 2 lüde,
lüster, flüster; kattc sin süster, d. h. eine 1. Ifiter, s. luder von lud, laut.
Berson die lüsterd or/. tlüsterd ist der Katze 2. lutoi', lauter, klar, rein, unvcrmischt,
Schwester. — Auch in gelüster. — Sahst. 40 nichts als etc.; — 't is lütere warheid; —
zu lüstern. he drinkd Inter melk; — he ett lüter botter;
lüstern, a) aufmerksam u. gespannt lau- — 't is all' lüter water, wat man dar si'igt ;
sehen, horchen; hören, gehorchen etc.; — — 't sunt lüter büren, de dar bi 'u ander
he lüsterd d'r na, wat dar prötd Avord; — stän; — 't is lüter un allen diu schuld, dat
lüstere äfeu heu, wat dat für 'n tikken in 15 ik d'r um kamen bün; — 't sunt emer Inter
de wand is ; — be lüsterd mit nose un lögens, wat du dar fertellst. — Xd., mnd.
niund to ; — he wil nrt na sin worden Ititer, lutter; nid. louter; africs. hlntter;
lüstern; — de uet lüstern wil, de mut fölen ; ivfrirs. lotter; satl. lüter; as. hluttar, hlntter;
— h) flüstern, zuflüstern, zuraunen etc.;— ags. hlütor, hluttor, hlntter ; (tcngl. hlntter;
he lüsterd hum wat in 't 6r; — hold diu 50 goth. hlutrs; (üid. hlütar , liluttar, lütar,
6r äfen her, ik wil di wat lüstern; — wel luttar, lüler, Intter; mhd. lüter; schwed.,
hed hum dat tolüsterd? — Xld. Inisteren; dän. lutter. — Fick stellt das Thema h\ut
mnld. luysteren; ;hZ. lüstern ; why/. lusteren ; (III, !)()) zu bin, bz. (I, 552) klu, klud
mhd. (Lexer) lüstern, lüstern (horchen, (spülen, reinigen).
lauschen, lauern); norw., schwed. lystra ; 55 lifitll, ml. Name. — Wohl contrah. aus
dän. lystre. — Es ist Iterativ von ags. dem altern männl. Namen Lütet, wovon
hlustan, hlystan; rtc«///. hlustcn ; c«_7/. listen ; auch wohl der Name Luitje (gespr. Lütje).
an., isl. hlusta (aiidire, obedirc, auscultare, iiiljc f^V>?;?^v<(/-. lütjer, liitjeder: — Superl.
bz. hören etc.), was von as. hlust (Gehör, lütjeste), Iritke, lütk, liittik, liitjPt, lütket,
Gehörorgan; Hören, Auf horchen, gespanntes 60 klein, gering, toenig etc.;— lütje appels od.
LUETJE
557
M
pöron, kertuffels etc.; — dat is je man so
'ii lütje (od. lütjet, lütke, lütket otc) bitjed,
wiit du mi dar bro^d liest; — sctt 'ii lütje
1)1 tjo türf an 't für; — ik was nog so 'ii
liitjeu jung', as min fader stürf; — fan lütjo
(od. lütjet etc.) up is lic- alt'id man 'u swak
kiud west; — he lied sük fan lütjed up altid
föl kwälen must; — lie is fan lütje up grot
uu rik worden ; — sin lütje fingor deid luim
sar ; — se hed dre lütje kinder nalaten ; —
de kinder sunt all' nog lütjet; — he is to
lütjet bläfen ; — fan lütk herkamen ; —
lütje lue (kleine, bz. geringe Leute) sunt
ök lue. — Auch suhst. dat u. de lütje od.
lütke, das, bz. der od. die Kleine; — he
deid in 't lütje un in 't grote ; — ^'t lütje
kan nog net lopen; — kum her, min lütje,
un ga mit nii na moder ; — se hed 'n lütje
(od. lütke, lütked, lütjet) liäld od. krC'geu ;
— se hed wat lütjes (Kleines, Ideines Kind-
chen) an de borst; — he is en fan de lütjen.
— lledensart. u. Sprichw. : lefer in 't lütje
bestän, as in 't grote (od. gröddön) to gründe
gän; — lütjet un wol, is hoter as grot un
hol ; — lütjet un krägel is beter as grot ua 'u
flägel ; — lütje potten (fig.fär Ideine Kinder)
hehben 6k ören ; — lütje potten lupen gau
afer ; — de 't lütje net ärd is 't grote net
ward ; — God lof un dank, mm niör is krank,
nu krigen wi hold 'n lütjen puppe, — od.
auch God lof un dank, min frö is krank,
nu krigen wi bold wat lütjes. — Nd. lütje,
lütj', lütt, lütjet, lüttik; mnd. luttik; nid.
luttel; mnld. luttel, littel ti. luttick; afries.
litik, littech ; tvfries. (Jap ix) lyts, lytse u.
lettel ; nfries. lit, leit; loang. Utk; sali.
littik ; helg. letj ; as. luttic «. littel, luttil ;
ags. lyteg, lytig, liteg, leteg u. lytel, litel,
lytle; aengl. lutig, luti u. Intel, litel; engl.
little; Schott, little; an. litil, litill ; norw.
liten, lille; schived. liten, Ulla, lille; dän.
lille ; ahd. luzic, luzig, lucig, lucic, luzzic,
luzzik, luzcic u. luzil, lucil, luzzil, luccil,
luzzel, liuzil, lyuzil; amhd. lutzil, lutzel;
mhd. lüzzel, lützel ; goth. leitils. —
Zu bemerken ist dabei, dass das formell
mit ahd, luzig ident. ags. lytig ?/.. aengl. lutig
nur in der Bcdtg. : astutus , callidus , bz.
schlau, listig etc. belegt ist u. dass diese
aus der sinnl. Bcdtg. : klein, toenig, gering,
geringfügig, iverthlos, schlecht, gemein etc.
von lytig hervorging, toie auch ahd. luzil,
5 luzzel etc. neben klein, gering auch die
Bedlg.: elend, erbärmlich hat, sotoie ferner,
dass die obigen Wörter von einem Stamm
lut, lyt, lit IV eitcr gebildet sind, der as. u.
ags. als lut, lyt auch schon in der Bedtg. :
10 IV e 71 ig belegt ist u. tvahrschcinl. auf ein
altes Verb, litan, lat, lut, lutuni, bz. auf
eine Basis lat (cf. Fi c k II J, 2GD), idg. rad
zurückgeht, wozu auch unser lixt u. laten,
sowie vielleicht auch unser liter u. litorn
15 gehören. Was nun aber die y rad betrifft,
so hat sie im skr. (s. unter h'it) die Bedtg :
findere, federe etc., bz. spalten, zerspalten,
zermalmen, zerkleinern, zerbrechen etc. u.
graben od. stechen, ritzen etc., tcorans sich
20 von selbst auch die Bedtgn. : klein od. zer-
kleinert, bz. abgespalten u. abgeschnitten,
kurz, nicht lang od. gross etc., od. zerklüftet,
zerborsten u. zerbrochen, kaput etc. ergeben,
während andererseits aus spalten, brechen
25 etc. auch die Bedtgn. : kaput gehen u. machen,
bz. zerbrechen od. brechen n. knicken etc.
u. dann ferner aus brechen u. knicken etc.
aucli von selbst toieder die Bedtgn. : biegen
u. krümmen (cf. unter h'it am Schlüsse das
30 an., isl. lat in der Bedtg. : fragilitas vel
flexihilitas) etc. hervorgingen, weshalb es
denn auch zweifellos ist, dass ausser den
obigen Wörtern auch die von Fick (III,
276) unter lut, leutan (sich neigen od.
35 niederbeugen, bz. sich biegen od. krümmen
etc.) aufgestellten Wörter zu diesem voraus-
zusetzenden alten u. verlorenen Verb, litan, lat,
lut, lutum etc.) gehören u. loobei man bei
den Bedtgn. : Fehler etc. toohl beim Ver-
40 gleich von brek u. gebrek von breken od.
"bräken etc. od. von nhd. Gebreste von
brestan, bz. bersten toohl an die sinnl.
Bedtg. von Spalt, Bruch, Riss (Wunde,
Verwundung, Beschädigung od. Schädigung,
45 Verletzung, Schändung, bz. Makel, Fehler
etc.) denken muss.
luv, Inveii, s. 2 löf u. 2 lofon.
M
m als Buchstabe fällt aus in stuf, trüf,
sacht (für saft aus samft, bz. sanft) etc., — 55
wechselt mit n od. steht für älteres n od.
als mit n ident. Nasal (z. B. in emmer,
ambacht etc. od. in märs = nars, in kim
= kin od. kimeu = kinen etc.) od. vor
auslautendem b, f, p etc., — desgl. mit w 60
(z. B. in machandel etc.), od. wird auch
vorgeschlagen od. ivahrscheinl. aphär. (z. B.
in ulm = mulni) od. wird auch vorge-
schlagen, wie das mit dem ivahrscheinl. aus
firs entstandenen märs u. närs der Fall ist,
worüber noch Weiteres bei Seh. u. L. in
ihrem mnd. Wb. verglichen werden mag,
MACHANDEL MECHANDEL
)58
MAEDE
sowie auch bei G r im m in seiner Grammatik,
hz. in Grimm's Wörterbuch. Wie aber
icahrscheinl. auch schon die skr. y mar ti.
smar urspr. (cf. auch skr. kar aus skar)
ident. waren, so sind wahrscheinl. auch
malt M, smalt, hz. molt u. smolt etc. od. die
Stämme mar, siiiar — mal, smal etc. etc.
von Jlause aus dieselben, worüber unter den
mit diesen ]'orsi/lben anlautenden Würfern
das Weitere (cf. auch die Ablaute mit den
Vocalen e, i, o u) zu vergleichen ist.
niaeliandel, lueeliandel, Wachholder ; —
machaiulel- od. mecliaiiile]-l)öion, Wachholder-
beeren ; — kau 'k wol 'u bitje mechanclel-
bi'iou krigenV ik lielj' 't so fan 't water. —
Kd., mnd., mnld. macliandel. — Mit Wechsel
von m für w aus mnd. wacUandel u. dies
wohl aus Wacholder, ahd. \vc'clialter,wecluilder,
jvas selbst aber aucJi loohl aus qiu'ckoltcr
(quöckal von quec, cf. 2 kwik) entstand, da
weder ein Adj. wüchal noch ein Verb.
■wi'chan, wchhaii (vigore) im ahd. belegt ist.
Maehelt, wbl. Name = Machtild, s. d.
macht od. magt (rcct. maght), 3[acht; —
de hed jo 'u macht (Kraft, Stärke) in de
fiugers ; — dat hed luim in de macht kragen
(das hat die Herrschaft über ihn bekommen) ;
— alle macht is mi üt de banden namen ;
— he hed hei gen macht (VermiHjen od.
Kraft um Etwas zu greifen u. zu halten)
mür in de banden. — Nd., nid. macht od.
magt ; afries. mecht, macht ; as. mäht ; ags.
mcaht , miht ; aengl. meabt , mäht , miht,
might; engl, uiight; an. mättr; norw., schwed.,
dän. magt; ahd. mäht; mhd. mäht, macht;
goth. mahts. — Ks steht überall für magt,
da es (der Bildung icegen cf. klagt vo)i
klagen) mit dem gleichbedeutenden as. megin ;
ags. mägen, milgn (contr. aengl. main, main,
mein , engl, main in Mainland) ; an. megin,
magn, megn ; ahd. magan, makan, megin,
mekin ; mhd. magen zu magan (mögen, ver-
mögen können, cf. mögen) gehört.
machte, meclitc, gcniochtp, Gemachte,
Genitalien. — Mnd. machte, mechte, ge-
mechte; afries. mechte, machte etc. — Es
ist hier wohl der Flur, voyi macht od. steht
wie ahd. mäht .selbst für älteres mahti, was
aus der Bedtg. : Vermögen od. Können, bz.
Stärke, Kraft etc. auch in die Bedtg.: Ge-
machte od. Genitalien n. hicvon weiter (weil
sowohl weibl. als männl. Zeugungs-Organc
bezeichnend) in die von: Unlerleib, Bauch-
höhle od. Bauch (cf. auch mage) überging.
machtig od magiig, mächtig, Macht etc.
habend «. besitzend, stark, kräftig, gross,
sehr od. sehr stark, sehr gross, sehr viel,
ungemein, ungeheuer etc.; — he is od. word
mi to machtig; — he is sins sülfst net
mächtig; — 'n machtigen böm; — 'n machtig
grot hiis; — dar sitten je 'n machtigen biilt
appels an de böm ; — machtig (od. almachtig)
niüi etc.; — 't hed machtig tlil ragend.
Machtild, Mechtild, wbl. Name = nhd.
5 Mathilde, ahd. mahthilt als Compos. von
inaht 0(7. macht u. hilt od. hild (Kampf,
Stärke od. Kraft im Kampf), wie auch
Ilildebrand damit zusammengesetzt ist.
made, Made, weiche icurmartige fusslose
10 I>tsectenlarve, kleiner 7iackter weisser od.
weissgrauer Wurm z. B. auch in den Ein-
geweiden, im Käse etc. ; — dat sitt ful
maden ; — de maden friiteu hnm up. —
Nd. mnd., nid. made; mnld. made, maede,
15 maeye ; as. matho ; ags. madha ; aengl. mathe ;
Schott, maid; ahd. mado ; )uhd. made; goth.
niatha. Davon (Dimin.?)-' ""■ niadhkr ;
dän. maddik; schwed. matk, mask ; norw.
makk ; aengl. madhek, mäk, maak, mawk,
20 mauk ; engl, maak, maggot ; schott. manch,
mach, mank ; wang. (Eh reut r a u t I, SSO)
mathuk ; 7n)id. medeke, meddik , raoddik,
maddik; nd. (Br. Wb.) meddik, metke
(Made, Wurm, Regenwurm). — Ei c k stellt es
25 (III, 224) mit mätha (Mahd, cf. dimath),
bz. griech. ämaö u. lat. metere u. ahd.
mäjan (cf. maien) zur y ma od. mä, (mähen,
ernten, od. abschneiden). Da indessen die
31 a den genannten Würmer einestheils sich
30 fortwährend im Kreise drehen u. quirlen,
bz. sich drehen u. ivinden etc. u. anderer-
seits in den Eingeweiden etc. herumwühlen
u. Alles zerfressen od. zerreissen u. zerstören
etc., so ist dieses Wort vielleicht doch besser
35 zur y (Eick, I, 169 u. 710) mat, mant,
bz. skr. math, manth (drehen, quirlen, rühren;
durcheinander rühren, wühlen, zerioühlen,
zerzausen, zerreissen, zerstören etc., bz.
cominovere, agitare, perturbarc, distnrbare,
40 dirnere, cf. Grassmann u. Bopp etc.)
zu stellen, wozu es begrifflich jedenfalls
besser stimmt, als zu ma od. ma (mähen).
müde, mäe, mätli od. mildli, Melh, Ilonig-
trank, bz. aus Honig u. Wasser bereiteter,
45 etivas berauschender Trank. — Nd. müde;
mnd. mede; nid. mede, mee ; mnM. mede;
afries. mede ; as. medu (cf. med-gebo, Spender
des Methes) ; ags. medu, meodu ; aengl.
mede; engl, mead; an. mjüdhr; norw., dän.,
50 schwed. mjüd ; ahd. metu, meto, medo n.
mite ; vdid. mute, met ; air. med ; lit. midfis ;
preuss. meddo. — 3Iit lit. medds (Honig);
kslav. medu (Honig, Meth, Wein) ; .slav.
med (Honig, Meth); griech. methu (berau-
55 sehendes Getränk, Wein), metbe (Rausch)
etc.; skr. madhu (süss, angenehm) lieblich
etc.; süsse Speise, süsser Trank, Honig,
Meth) von einer Basis madh, die ebenso
toie mad (messen, cf. mäten) u. madh (als
GO Basis von lat. medius, cf. midde), sowie
MAG 559 MAGSKUP
mad (wallen, aufwallen etc., schwelgen, sich u. ihre toif/eschwüchtc Jugendkraft u. Keusch-
berauschen etc., cf. Fich, I, 710 etc.) heit besonders auszeichneten,
auf eine yrimäre y m,a zurückgeht n. Das nhd. Mädchen, nd. mädcken,
loahrscheinl. aus ma -h dha, hs. madha mildkcu, mäkeu, mnd. mcydifhin ist ein
entstand, wobei man bei niadliu (berau- 5 Dimin. vo)i meyd, wie auch mhd. magcdin,
sehendes Etwas) u. mada (Bausch, freudige ahd. magatin , engl, raaidcn (s. oben) it.
u. thatkräftige Begeisterung; berauschen- Mädel, mhd. meidcl als Contract. von
der Trank etc., cf. Grassmann 681) magetlin od. magotli mi Dimin. von
wohl annehmen muss, dass die mit dha maget ist.
u. da fortgebildete y ma ebenso tvie am 10 mage, Magen; — so hed so 'n godon
(s. unter Amel u. Emma) eine blosse Be- ni'ige, dat se hcir läfeu uog gen mago iuld
icegungsicurzel ist, die aus der durch da hed un hei net wet war hür mage sitt ; —
u. dha (thun, machen, bewirken etc.) ver- he hed de mage (Magen od. Bauch) ful. —
stärkten od. activcn Bedtg. : sich od. ein Nd., mnd. mage ; nid. maag ; mnld. maeghe ;
Anderes bewegen od. regen, erregen, auf- 15 afries. maga; tvfries. maegc, meage ; nfries.
regen etc. die verbale Bedtg.: berauschen, magh ; ags. maga; aengl. mage; engl, maw ;
berauscht machen etc., bz. aus der subst. an. magi ; norw., schwed. mage ; dän. mave ;
Bedtg. : Erregung u. Erregtheit od. Auf- ahd. mago ; mhd. mage (Magen, Bauch). —
regung u. Aufgeregtheit die von: Bausch, Es bezeichnete urspr. loohl tvie machte das
thatkräftige Begeisterung n. berauschendes 20 Gemachte, bz. das Vermögende u. ging
Etwas etc. entwickelte. dann tveiter wie auch machte zuerst in die
mag, s. mögen. Bedtg.: Unterleib, Bauchhöhle etc. u. so
mägd, niaid, meid, Magd, erwachsenes iveiter in die heutige von Magen über,
Mädchen, Jungfrau, Dienstmagd ; — 'n .sodass es auch tcohl ebenso wie machte zic
möje od. 'n flinke maid etc. ; — knechten 25 magan (mögen, vermögen etc.) gehört.
im meiden;; — gröt-, lütje-mägd etc. od. mägeii, gepisst; s. migen.
gröt-, lütje maid etc. ; — Sprichw. : „all' mager, mager, wenig Fleisch u. Fett od.
göd mit," sä' de maid, „do kreg se 'n snider ; Gehalt etc. habend; — de kö is mager
— „ewigheid is 'n langen tid, man May kumd bläfen ; — he word so mager un klen ; —
sin läfen net," sä' de meid, do schul se um 30 'n mager stük land ; — 'n magern (gehalt-
May tröen ; — „allens kumd an 'n man," lose dünne wässerige) soppe ; — dat körn
sä' de meid, „man blöt ik net; — „rade steit so mager. — Alte Entlehnung aus lat.
rai güd," sä' de meid, „man rade mi net macei', cf. Fick, I, 835 unter smak, klein
of;" — „ik mut d'r 'n ende in hebben," od. gering sein.
sä' de meid, „al is 't 6k erst up 't leste 35 magerheid, Magerkeit.
Auerker markt;" — „unse jüffers hebben magern, magern, mager werden; — he
sük mamsellen laten," sä' de meid; — nu magert al mer un mer of.
gift 't wat to lachen," sä' de meid, do set maggele, maggeln, s. margele etc.
se to schrefen. — Nd. maagd, maid; mnd. Magreta etc., s. Margreta.
maget; nid. maagd, meid; mnld. maeghd, 40 mägskup, Verioandtschaft, Bluts- od. Ge-
meyd; afries. megith, megeth, maged; lofrics. scJilechtsverwandtschaft, Familie etc. ; — he
maegd, meid; wang. möget; as. magath, hord to unse mägskup. — Mofries. (O.L.B.,
magadh , magad ; ags. mägedh , mägdh ; 312) mageskup ; nid. maagschap ; nd. maag-
aengl. mäidh u. mäiden , maiden , mäide, schup ; ags. maegscype. — Es ist ein Compos.
maide (aus ags. mägden = mhd. magedin) ; 45 von mag od. mage «. sknp od. schap «.
engl, maid u. maiden ; schott. maiden ; ahd. mag dasselbe Wort wie nhd. Mage (in
magad, macad, maged, magid; mhd. maget, Schwertmage) = nid. maag; mnld. maegh;
contrah. meit; goüi. magaths. nd. (Br. Wb.) mage, maech ; mnd. mäch.
Es gehört jedenfalls wie vielleicht auch mage; afries. meg, mech; wf ries. mi^g', satl.
(s. indessen auch unter mägskup) mit goth. 50 mag; nfries. (Outzen) mag od. eigentl.
magus; as. magu; an. mögr (Sohn, Knabe) wohl Mos meeg, meg, da mag wahrscheinl.
u. dessen Femin. goth. mauja (für magvia) ; mit as. magu (s. unter mägd) ident. ist; —
an. maer, Plur. meyjar (Mädchen) zu magan ahd. mag ; mhd. mäc ; as. mag ; ags. maeg,
(mögen, vermögen, können, Kraft u. Stärke meg (cognatus , Verwandter) ; goth. megs
haben, cf. macht) u. loird demnach das b5 (Tochtermann, Eidam); an. mägr (durch
Wort magath urspr. die Vermögende od. Heirath Verwandter, Schwager, Schwieger-
Kräftige u. Starke, Ungeschivächte etc. be- söhn, Schwiegervater) ; norw. maag ; schived.
zeichnet haben, wie ja bekanntlich die germ. mag. — Dass dieses Wort sich formell nicht
Jungfrauen u. Jünglinge sich durchweg ivie macht ti. mägd etc. direct von magan
durch ihren schönen kräftigen Körperbau 60 (vermögen,können) ableiten lässt,istziveifellos
MAI MEI 560 MAI-IIITESKE
M. tcürrle auch lein goth. migaii, mag etc. messis etc. ; air. meitliol (eine Schuitter-
(cf. mögen), sondern wohl nur ein wie schaar), meithleor (messor) ; cornw. midil
(liifoii i(. migeu (mingere) gehendes altes (messor) von einer ]' ma od. mä (erweitert
]'erb. migan dafür an(ics('t::t icerden Jcüntien, mat od. matli), die waJirscheinl. auch die ]/
da dazu die Formen mit langem h u. o am 5 von messen (cf. raäten) ist, da ich beim
besten stimmen. Vergleicht man indessen Vergleich der y kar (machen, fertigen etc )
läga (cf. lag, niedrig etc. u. bei FicJc y lag aus skar (spalten, hauen, schneiden etc.) u.
von liggen, .s. III, :iGl sec^.), so würde auch taks, tak (brechen, spalten, hauen, behauen;
für mcgs ». mag etc. ein urspr. Verb. m\ßa.n machen, wirken, zurechtmachen, bilden,
ausreichen, u-as Ja auch für magan (cf. 10 schaffen, formen etc.) u. tak (pass machen,
luugoii) angesetzt werden muss u. als Ab- zusammenfügen, ordnen etc. od. urspr. wohl :
kümmling von der y ma.gh,ma.n^h (wachsen, behauen, behobeln, glatt, eben n. gerade
gedeihen, gross u. stark werden etc.) wohl machen etc., wozu Fick auch europ. tag,
die liedtg.: oitstchen, geboren tverden etc. tang, denken etc. stellt) etc. nicht toiders
hatte u. von dessen l'rütcr. mag dann icaJtr- 15 annehmen ka)in, als dass die y ma od. ma
scheint, auch goth. magus (s. unter mägd) (cf. raät, mäten etc.) urspr. auch die sinnl.
fortgebildet wurde. Bedtg. : brechen, spalten (trennen, theilen),
mai. niei. Monat Mai. — liedensart. u. hauen, schneiden etc. hatte u. dass sichhieraus
Spricliw.: 'n dnige snro mai mäkd 't jär neben mähen ancli die Bedtg.: messen, ab-
arm; — mai kolil iin iiat, t'üld koUer uii l'at, 20 messen, ab- v. cintheilen, ordnen etc., b~.
— od. de maimänd kold im nat, l'üld kellor, machen,bilden, schaffen, verfertigen, bereiten,
schür nn fat, — od. mai kold iin nat, fiild zurichten, zurüsten , errichten, bauen etc.
den l)ür sak iin tat; — de mai deid mür in (cf. bei Grass mann u. Andern die y ma
(in dag as do foltniar in aclitiintwintig dagen; ». dazu matr od. mätar, bz. unser moder)
— in mei logt elker togel 'n ei, de kiwit un 25 entwickelte.
de swAn, de hobboii 't loiigon al dän, — od. niaier, moiei', Mäher: — de maiers küiieu
in mei legt elker fügel 'i\ ei; de kukiik un bold in de mede gaii. —• liedensart: dat
de t,'ret I Pfuhlschnepfe), de loggen in d' geid so regt na maiers sin (wenn das (rras
maimänd net. sich gut schneiden u mähen läftst). — Nd.
mäi-])»m, Maibaum, der mit einem grünen 30 maier, meior, mi'jer; miid. mi-ier, meigor ;
Büschel u. mit Kränzen gezierte Baum (od. nid. maaijer; mnid. maoyor. — Fs gehört
Stange) icelcher beim Ixichten eines Hauses direct zu maion, während das ahd. madäri,
aufs Dach gesetzt od. auch toohl bei fest- madarc; /«/K?.mridaere,mädor, maeder, nieder;
liehen Gelegenheiten vor dem Hause aufgc- md. mediro, meder; mnd. nieder wahrscheinl.
pflanzt wird. — mai 0(Z. maie, sowie (Die z, 35 cnticeder von ahd. miido; ndul. mkde (Schwade
I, 200) itaJ. majo, span. mayo, franz. mai, heim Midien) od. besser wohl von ahd.
2)rov.ma.\i\. (Art Birken ; desgl. grüner Baum, mäd (in ä-mäd , Nachmath); mlid. mät ;
der vor einem Hause aufgepflanzt wird etc.) nhd. Mahd fortgebildet ist, falls es nicht
ist ident. mit dem Monatsnamen mai u. he- etiva wie auch diese Wörter eine Weiter-
zieht sich auf das Grüne der Bäume im 40 bildung des Brüter, mäd = Einser maid (ik
Mai. cf. auch maihüske. hebbe maid, ich habe gemäht, — 't is maid,
iiiaid, .s. mägd, bz. meid. es ist gemäht) i.'it.
niaidc, s. meide. mai-, inei-feld, Mäh-Feld; — a) ein zum
maieii, meien, a) mähen, schneiden etc. ; Mähen od. Gras-Schneiden, bz. zum Gras-
— b) hin «. her beuwgen od. drehen, 45 Schnitt u. zur Gras- od. Heu-Frnte be-
schwcnken, hin- u. herschlagen, schlenkern slimmtcs od. liegen gebliebenes Feld, od.
etc.; — he maid so mit beide arnis. — Die eine Wiese, sofern sie gemäht od. geschnitten
letztere Bedtg. ist von dem Schicenkcn od. wird; — de maiors gän mändag in 't niai-
Schwingcn der Sense beim Mähen des Grases fehl ; — b) die loirkliche Oberfläche eines
entlehnt. — Sprich w.: maien is nilcs as 50 Mäh-, Schnitt- od. Frnte-Feldes, soweit die-
bukken un dreien, man wuUspinnen is liin- selbe über das Wasser od. den Wasserstand
briiken. — Nd. maien, meijen, moion, mejen, eines Grabens, eines Flusses od. des Meeres
meen ; mnd. meien, meigen ; nid. maaijen ; emporragt; — 't water stoid nog dre föt
mnld. maeycn, maeden; afries. mca.; wfries. nndor 't maifeld ; — de dik ligd tein i'öt
(Japi.r) mjean ; satl. mäne, mjanc ; wang. 55 bäfen 't maifeld.
mei; ags. mävan ; aengl. niawen, meowon, luai-hüskc, Mai- od. Maien - Häuschen
mowcn ; e«///. mow ; ri/j^/. majan, maan ; mint. grüne, bz. von grünen od. grünenden Sträu-
maojen, maogen, maen ; md. melien, mewon. ehern (Maim) errichtete Laube, od. auch
— Wahrscheinl. mit griech. ämäö (mähen, Häuschen, loas im Grünen, bz. im Schatten
abschneiden, ernten, sammeln); tat. metere, GO von Maien od. grünen Bäumen liegt u. so
MAIKE 561 MAKELEN MAKELN
überhaupt: Garten-Häuschen, Sommer-IIäus- etc., worüher Weiteres unter raaken u.
chen etc., da ein solches maihüske sowohl mäken.
von Steinen gebaut, als von grünenden 2. iiiak. Dieses nur in der Verbindung
Sträuchern u. Bäumchen, od. auch zeitweilig mit hak vorlcommende Wort muss toic hak
von grünen Zioeigen od. Maien (cf. maiböm) 5 ivohl die Bedtg. : Zerhaclctes u. Zerkleinertes
errichtet toird. od. Flunder, schlechtes Zeug etc. gehabt
3Iaike, s. unter Mare. haben, da hak iin mak od. mnd. hack undc
1. mak (flect. makker, makste), gemach, mack (cf. 1 hak, bz. bei Seh. u. L. unter
bequem, sanft, gelinde, mild, süss, bz. sanft, hack) allerlei durch einander geioorfenes u.
fromm, gefügig od. fügsam, zahm etc. ; — 10 gemengtes werthloses Geräth u. fig. auch
dat geid iiog al mak to ; — dat sunt 'n pär gemeines Volle, Janhagel etc., bz. C'rethi
makke (sanfte, gefügige, zaJime, bz. bequeme u. Plethi bezeichnete. — Vergleicht man
u. bequem zu regierende) perde , — dat piird nun das schwed. hack-mat (gehackte od. zer-
is nüt so mak (sanft, fromm u. zahm, bz. hackte Speise, fig. Alles unter einander ge-
bequem u. lenksam od. geduldig) as 'n schäp; 15 mengt, od. Alles unter einander gemengtes
— 'n mak kind (ein bequemes, ruhiges. Etwas) u. dass mat od. ahd. maz loahr-
sanftes, fügsames, gehorsames, bz. frommes scheint, dasselbe Wort ist wie unser met
u. zahmes Kind) ; — ik wil hum wol bold (Gehacktes etc.), so würde man bei diesem
mak krigen ; — he schal wol bold mak mak auch auf eine ]/ mak (hauen, spalten,
worden, wen he man erst up de latinske 20 schneiden, beissen etc., bz. hacken etc., s.
schöl kiimd ; — makke kastanjes (süsse milde unter maken am Schlüsse) schliessen können,
Kastanien, im Gegensatz zu den Boss- falls nicht etiva dieses mak aus mask (in
kastanien od. ivie wir sagen: wilde kastanjes, misk-mask) entstand u. so überhaupt ein
die herb u. bitter schmecken). — Sprichw.: Gemenge (cf. neben Z mask rtifc/t 2 mask)
d'r gän föle makke schapen m ea huk; 25 bezeichnete od. die Bedtg. : Treber,Büekstand,
ivorauf indessen oft enoiedert wird: man Ueberbleibsel etc. hatte. Ist indessen das
wilden nog föl miir, de springen up 'n ander. schwed. mat in hackmat ursprünglicher als
— Kinderreim : kakke— makke — stoleke, de unser od. mnd. mak, so könnte man auch
kinder gän na d' scholeke ; se leren dar un annehmen, dass unser mak blos des Wohl-
fleren dar, un krigen ^n pukkel ful slage. 30 klanges wegen u. nur um auslautend mit
— Nd., mnd., nid. mak ; mnld., wfries. hak zu stimmen aus mat zu mak umgeformt
mack; nfries. (Outzen) mack od. (Jo- wurde.
hansen, 148) meak ; aengl. mak ; an., isl. niake, mak, Mache ; — de scho (od. kler,
makr; norw. mak; ags. mäc (in gemäc) ; ahd. käste etc.) sunt in de make (die Schuhe etc.
mah (in gimah) ; nhd. mach (in gemach). 35 sind in der Mache od. im Machen u. in der
— cf. makkelik, maklik etc. u. gemak. — Arbeit, bz. sind u, befinden sich im Mach-
Es gehört mit maken zu derselben y mak od. Erzeugungs- u. Anfertigungs-Zustand,
71. wird die von Fiele (cf. III, 226) für sind somit noch im Entstehen u. Werden
mak , bz. ahd. gimah (womit verbunden, begriffen) ; — ik löfe, d'r is wat in de mak
ioozu gehörig; entsprechend, passend, gleich; 40 (ich glaube, da ist Etwas in der Mache,
passlich, bequem, angenehm, behaglich, bz. im Entstehen u. Werdest begriffen, z. B.
ruhig) u. gemak , bz. ahd. gimah (Ver- Krieg, Aufruhr etc. od. Sturm, Geioitter) ;
bindung; Gleiches ; Bequemlichkeit, Annehm- — se hebben hum diigtig in de make had
lichkcit, Behaglichkeit, Gemächlichkeit; Buhe; (sie haben ihn tüchtig in der Mache od.
Pflege; häusliche Bequemlichkeit, wohnliche 45 Arbeit, Bearbeitung etc. gehabt, bz. sie haben
Eäumlichkeit, Zimmer wo man sich pflegt ihn tüchtig bearbeitet u. mitgenommen etc.,
u. ruht, Gemach etc.), bz. norio., schwed. sei es sinnlich mit Fäusten od, fig. im
mak; dän. mag (Gemächlichkeit etc.) ange- Spiel etc.). — cf. gemak u. fermäk.
setzte Stammform maka wohl ebenso wie makel, Makel, verunreinigender Flecken,
das für an. maki u. as. gimako (aequalis) ; 50 Schandfleck, Fehler, Gebrechen etc. — Aus
ahd. kamahho (socius), gimahhä (uxor, lat. macula, über dessen y noch Weiteres
conjux); ags. geraaca, gemäcca (Genosse, unter maken zu vergleichen ist. — Von
bz. Gemahl, Gemahlin), gemace (Gemahlin), makel auch das Verb, makein od. mäkeln,
bz. norw., schiced. make; dän. mage tadeln etc.
(seines Gleichen ; Gatte, Gattin) u. schwed. 55 makelen, makein, mäkeln, handeln, hin u.
maka (Ehefrau, Ehegattin) etc. angesetzte her handeln, Kauf- od. sonstige Geschäfte ver-
makan (cf. auch unser makker) direct mittein u. abschliessen, den Mäkler od. Zwi-
von maken (machen) abgeleitet sein u. schenhändler u. den Vermittler zwischen
zwar in der Bedtg. : herstellen, fertig u. Verkäufer u. Käufer machen, das Mäkler'
ganz machen, zusammenmachen, verbinden 60 geschäft treiben etc.; — he makeld d'r net
J, ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch, II, 36
MAKELER MAKLER
502
MAKEN
BO lank mit herum, dat hö tle wäre an de
man brocht hed ; — he makeld mit koren
od. wessels. — Auch siibst. : he deid 't niakchi
od. hed 't makehi anfangen. — Nd. mäkeln ;
tild. makolen ; mnld. maeckeleu (conciliare,
transigere); »i//«w. makelen ; stÄJccrZ. mäkla;
dän. mägle. — Es ist jedoifalls ein Iterativ
von maken, sei es in der Bedtg. : surecht
machen, ordnen, in Ordmuui bringen, zu
Stande bringen etc. od. susammenmachen
u. verbinden etc. od. in der von: thun,
handeln, wie wir auch anstatt: lie handcld
od. deid in körn nd. ölje etc. sagen : he
makt in körn od. ölje. — Das mnld. (KU.)
maecken; wjläm. maken (transigere, pacisci ;
componcre, pactum faccre, conciliare), wovon
eben maeckelon od. makelen das Iterativ ist,
ist ja auch Jedenfalls dasselbe Wort wie
maecken u. maken (facere) ic. wenn man die
aus conciliare in der Bedtg. : zusammen
bringen u. vereinigen etc. entstandenen ver-
schiedenen Bedtgn. als: schaffen, verschaff'cn,
ergeben, kaufen; zu verschaffen od. anzu-
schaffen suchen, erwägt, so wird eben auch
hier maken u. makelen ivohl auf der Bedtg. :
jüngere, conjungerc od. zusammen inachen,
vereinigen, verbinden etc. von maken (faccre)
beruhen, obschon es sich Ja iiberhaupt auch
blos auf das zu Stande bringen ti. Fertig-
machen von Etivas (u. zwar hier eines Ge-
schäfts, bz. Handels od. Kaufgeschäfts) be-
ziehen kann.
1. make\er, ra-dkler, 3Iakler; Mäkler, Ver-
mittler ; — ofbraken köi)lüe un bakkers
worden mest all' makelers. — Compos. :
wessel-, geld-, gesinde-, körn-, schSps- od.
schips-, türf-makeler. — Nd. makeler, mäke-
1er; mnd. makeler, mekeler; nid. makelaar;
mnld. maeckelaer (proxoneta, mediator, paca-
rius, pararius, conciliator in contractibus, Se-
quester , interventor , transactor) ; mfiäm.
makelaer; sc/t2üff/. mäklare ; fZä». mägler. —
Zu makelen u. mit lat. niango unverwandt.
2. makeler, niäkler, a) das auf einer
steinernen Unterlage, bz. in der Hegel auf
fünf sog. klippen (s. klippe sub c) ruhende,
aus Holz gefertigte u. gezimmerte Trage-
Gerüst einer hölzernen Windmühle, bestehend
aus zwei im Kreuz über einander liegenden
11. in der Mitte in einander verzapften
Balken, auf welchem in der Mitte ein auf-
recht stehender starker Baum als eigent-
licher Träger der 3 fühle mit dem Fusse ein-
gelassen ist, der durch starke schräg stehende
u. gleichfalls auf dem Grundkreuz ruhende
u. befestigte Kniehölzer gestützt icird u. um
dessen oberes Ende das grosse Bad der
Mühle befestigt ist, welches durch das Bad
der Flügel-Achse in Bewegung gesetzt wird
M, diese auf die kleineren Bäder der Spindel
überträgt ; — b) der aufrecht stehende Baum
od. die Spiindel (bz. der Tragebalken) einer
Wendeltreppe; — c) (auf Schiffen) das aus
mehreren Kniehölzern gezimmerte od. auch
5 aus einem auf- u. niederstehenden Knie be-
stehende Trage-Gerüst, tvorin (namentlich
früher, cf. Bobrik,pag. 4S2 unter Mäkler)
der Flaggenstock gesteckt wird. — cf. nd.
(Br. Wh., III, 115) mäkeler sub 3; mnd.
10 (Seh. u. L.) mekeler; nid. (v. Dale n.
Bobrik) (makelaar); schwed. (Bobrik)
milklaren, wo das Wort überall der Haupt-
sache nach ein Tr ag e- Gebälk od. ein
Trage-Gerüst, bz. ein Gerüst od. ein
15 Etwas was Etwas trägt od. worauf Etwas
r u h t bezeichnet. Die Grdbdtg. wird aber
wohl ein aus Holz od. mehreren Holzslücken
gemachtes u. zusammengesetztes, bz. errich-
tetes u. gebautes od. ein zu einem Ganzen
20 u. Festen mit einander verbundenes Etwas
(ein Holz-Gefüge od. ein Compositum etc.)
sein, sodass auch dieses Wort ebenso ivie
1 makeler zu makelen in der Bedtg. : zu-
sammen machen od. zusammenbringen od.
25 conjungerc, conciliare, componere etc. gehört.
niakelere, niäklere, Maklerei, Geschäft
eines Mäklers.
makelerske, inäklerske, Mäklerin.
mäkeln, s. makel.
30 makelöse, faide Geschichte, Lüge, Be-
trug, Täuschung etc., — dat sunt all' man
makelösen (faule Geschichten , Täuschun-
gen, Lügen, Erfindungen etc.) ; — mit sülke
makelösen brükst du mi net kamen, dar
35 löfe ik niks fan un dar d6 ik niks up üt.
— Zu makel.
maken (make, mäk — makest, makst —
maket od. maked, mäkt od. mäkd etc. ; —
niök, mökst, iiiök, Flur, möken ; — mäkt od.
40 mäkd, gemacht), machen, verfertigen, erzeugen,
wirken, arbeiten, thun, schaffen, bilden, ge-
stalten, formen, herstellen, zusammenfügen,
wieder ganz u. heil machen, flicken ; machen,
arbeiten, thun, handeln etc. — God hed de
45 weit mäkt ; — kinder maken ; — he hed hör
'n kind mäkt; — de schö sunt kört, se mutten
hen, dat se wer mäkt worden; — he mök sük
an hör; — he mök sük up de weg; — ik
heb' d'r niks mit to maken ; — her, scliüppen,
50 hiiscn etc. maken etc. etc. — Compos. : an-,
be-, bi-, döi'-, fcr-, her-, in-, na-, of-, to-,
um-, up-makcn etc. — Nd., mnd., nid. maken ;
mnld. maecken, maken ; afries. makia ; wfries.
maaikjen ; wang. mäcki ; satl. mäkje ; helg.
55 mäcke ; as. makön ; ags. macian ; aengl.
makien ; engl, make; norw. maka ; dün.
mage ; aJid. machön, mahhön; mhd. machen
(lier vorbringen, ztt Stande bringen, anstellen,
bewirken, componere, concinnare, jüngere,
60 conficere, parare ; treiben, betreiben, machen,
MAREN 563 MAKl^N
faccrc, moliri, machinari ; aJul. gi-, ka-, ki- — mak, hlöclcen, quäken od. quaken, meckern
machön , gi-mahliön (jüngere, conjiingere, etc. u. dann unter 3 ma auch mä als Lall-
congcminare, acquiparare) ; mhd. gemachen wort in skr. ma, Mutter, griech. ma, ma-ia,
(machen, hervorbringen etc.). Mütterchen, bz. in nhd. Mama), sondern
Fick nimmt an, dass die j/ mak von 5 überhaupt eines jeden Geräusches , sei es
maken eine blosse Nebenform von mag, von desjenigen eines Bisses, Spaltes od. Sprunges
magan (cf. mögen) sei, ivonach dann auch od. eines knisternden u. prasselnden Ge-
mag urspr. ivohl dieselbe Bedtg. wie mak Tausches etc. verivandt tverden u. somit aus
gehabt haben muss, da die Bedtg. von maken sonare u. crepitare (cf. auch knak, knik, —
jedenfalls eine sinnlichere u. ursprünglichere 10 knap, knip, — knat, knit, — klap, klip etc.
ist wie von magan u. mag nur noch das etc.) auch in die von : bersten , brechen,
Vermögen od. die Fähigkeit u. Kraft um knicken etc., bz. reissen, spalten, theilen.
Etwas erzeugen od. machen zu können aus- schneiden etc. od. schlagen (cf. klappen,
drückt. Vergegemvärtigt man sich indessen, kloppen), hauen, stossen etc. übergehen u.
dass mag als Stamm von magan eigentl. das 15 hieraus auch ivieder die Bedtg. : machen,
Präter. eines urspr. migan ist u. demnach bilden, erzeugen etc. (cf. bild u. bilden), hz.
magau od. mögen in demselben Verhultniss theilen, eintheilen, abtheilen, abmessen etc.
zu diesem steht, loie köneu (können) zu einem (cf. skr. mä, mäti, mimitc, mimate, messen,
älteren kinnan od. kinan u. dass migan selbst abmessen gegen, vergleichen etc. ; zend. mä,
auch auf eine J/ mag zurückgeht, so ist es 20 messen, schaffen, erzeugen, bilden, machen
ivohl möglich, dass eben diese urspr. ]/ mag etc., skr. mätar, Bildner, Wirker, Schöpfer,
gleichfalls die Bedtg. : machen , erzeugen, Macher, Erzeuger etc. ; — zend. mätar, hz.
wirken, schaffen etc. hatte u. eben in dieser unser moder, Mutter, od. Erzeugerin, Wir-
Bedtg. die y des urspr. Verbums migan, kerin etc., bz. unser mät, mäten etc.) ent-
mag, mug, mugun ist. 25 wickeln. War nun aber ma erst in die
Sieht man sich nun aber weiter Alles an, Bedtg. : spalten od. Andere übergegangen, so
tvas Fi c k zunächst (III, 225 — 228) unter konnte u. musste daraus auch ivieder die
germ. mak u. mag, sowie ferner (I, 707 — 709) Bedtg.: auseinander gehen, sich öffnen,
unter europ. mak, mag u. magli, bz. (1, 168) entfalten u. weiten, bz. sich ausdehnen u.
idg. mak od. mak u. magh zusammenstellt, 30 entwickeln, loachsen, gross, dick n. stark
so ist zuvörderst zu constatiren, dass die be- werden (cf. skr. pliuU , se expandere,
treffenden Wurzeln weder im Skr., Ved., florescere etc. aus phall, findi, dirumpi,
Zend., noch in einer sonst, nicht germ. dissilire) entstehen, wonach dann mag als
Sprache dieselbe Bedtg. wie unsere ]/ mak y von magan od. urspr. migan (gross u.
von maken hat u. dass es zum Theil auch 35 stark werden od. wachsen) sich aus der
sehr schwer hält zu sagen , auf tvelche Bedtg. : findi etc. ergab, während mak als y
Grdbdtg. u. Grdform die betr. Wörter zu- von maken auf die Bedtg. : spalten, schneiden,
rückgehen, worüber auch bei Po 1 1 (III, hauen, behauen etc. zurückgehen tvürde, wie
954—99.5) wegen mah od. urspr. magh u. dies auch schon bereits für ma od. mä
(III, 1000 Nr. 1447) tvegen mak od. unser 40 (messen u. machen etc., s. oben) unter maien
maken etc. das Weitere zu vergleichen ist. ausgeführt ist, loas ja auch zu einer y ma
Wie nun aber auch G. Curtius (s. pag. (liauen od. schneiden) gehört.
329 unter Nr. 462 u. cf. dazu Nr. 90 u. Es giebt ausser mak (vielleicht in der
473) meint, so glaube auch ich, dass man Bedtg. : auseinander gehen, sich ausdehnen
für die betr. Wörter drei Grdformen, näm- 45 nach allen Seiten hin etc., s. oben) für
lieh mak, mag u. magh ansetzen muss u. griech. mäkar (vielleicht loohl urspir. : gross,
dass diese alle drei auf ein primitives ma stark, mächtig, reich, gesegnet etc.). glück-
zurückgehen, was urspr. vielleicht, wie icohl lieh, — makrös, lang, — mekös, Länge etc. ;
die meisten Primitiva, ein blosses Schallwort — skr. makaras, ein Meerthier ; — zend.
od. eine Onomatopöie loar u. in der Aus- 50 mnqsiüh, Grösse, magita, ^rross ; — Za^ macto
spräche theils zu mä od. mä verstärkt, theils u. macte etc. ; — lit. makaris, grosser Stab
zu man zerdehnt lourde. Vergleicht man etc. u. dem aus ma (sonare) erweiterten mak
nun die Schallwörter 1 la od. lä, sotvie klik, (blocken, quackcn, meckern etc., s, oben)
klak, od. kwak, kwik, kik etc. etc., so konnte auch noch eine y mak (zermalmen, kneten
ma od. mä etc. nicht allein zur Nach- 55 etc., ivozu Fick (I, 167) skr. mac, macate,
ahmung von Thierstimmen (cf. bei Fick, zerreiben, zerkleinern, zerdrücken, weich
I, 164 unter 2 ma od. mä, mamä, skr. mä, drücken, kneten etc.; — griech. masso =
brüllen, blocken, bz. nach Bopp: einen m&kiö, zerdrücken, kneten, mkgeh'os, Koch,
Schall od. ein Getöse, Geräusch etc. machen, mageüs , Bäcker etc. ; — lat. macerare,
sonare ; ~ manmana, vertrauliches Flüstern ; 60 macer, macula (cf. auch 1 mal) etc. ; —
36*
MAEKEN MEKEN
564
MAKKER
Jcslav. mqika, Mehl, mekükil, weich, sowie
unser raengeu etc. stellt, die mich ihm gleich-
falls aus nia (Grdform von mi, klein machen,
minuore, cf. miu, miudeni) erweitert ist u.
woraus er auch (I, 707) eine ]/ mak, quä-
len, mühen etc. für griech. mogos, Mühe etc.;
Ut. miiki'i u. kslar. myika, Qual, Pein etc.
ableitet, u. dann da::u auch griech. mekön,
dar. mäköu ». ahd. mägo (Mohn, cf. man,
bz. niänkop) stellt. Vergleicht man nun
dazu icieder unter grand das ags. griiulau
(a. frendero, fremere; — b. niolerc, couteri
etc.), bz. dass auch hier die Bedtg. : zer-
reiben etc. aus sonare, crepitaro, frendcre
etc. hervorging, so darf man auch %vohl bei
dieser y mak, bz. dessen Primitiv ma vor-
aussetzen, dass sie ursj^r. eine Schallwurzel
war u. sich ihre Bedtg. : klein machen, zer-
kleinern, bz. zers2}altcn u. zermalmen etc.
aus der früheren von sonare entwickelt hat.
Wegen der Bedtg.: schlagen, hauen,
spalten, schneiden u. des Schwankens zwischen
mak u. mag als Grdform cf. auch ausser
unserm 2 mak das as. mäki; ags. moco; goth.
mt'ki (Schwert) zu griech. mäciiaira (Schwert,
Messer), machomai (kämpfe), miichi: (Schlacht)
etc. u. lat. macelliim (Fleischmarkt), mactare
(schlachten), welch Lczter es G. Curtius
(cf. pag. 32S u. 161) von mactare (gross
machen, s. oben) trennt.
mäken, lueken, eine eheliche Verbindung
od. Heirath zu Stande bringen u. stiften,
bz. dieselbe einleiten, vermitteln u. ab-
schliesscn od. den Unterhändler u. Ver-
mittler (cf. mäksman) etc. dabei machen ; —
he licd al mennig liilk toregt makt. — Auch
siibst. : lic dcid 't miiken ; — he lied al
mennigon iiejen Lud mit 't miiken ferdend.
— Wohl urs2)r. icie auch an., ist. maka;
norw. maka (ambire conjugem od. eigentlich:
zusammen machen od. thun, vereinigen, ver-
binden, paaren etc., maka sig, sich zusammen-
thun od. vereinigen, paaren, ein Paar machen
od. bilden) von Hanse aus dasselbe Wort
ivie maken, womit auch das mnld. maecken
od. maken (transigere, pacisci etc., s. unter
makein) urspr. ident. ist u. wo dann das
Machen hier enticcder speciell auf das zu
Stande bringen einer Ehe bezogen ist od.
miiken auch wie das isl. maka urs2)r. die
Bedtg.: jüngere, conjungere, conficore etc.
Jiatte IC. in dieser Bedtg. mit ahd. macliön,
giraaclum (s. unter maken) zusammenfällt.
Man könnte übrigens dieses miiken od.
meken auch als von afries. mckc, mek (Ehc-
schlietsung, Vcrheirathung od. Ehe, Heirath,
conjuginm, matrimonium, conventus matri-
monialis) abgeleitet ansehen, was indessen
jedenfalls ebenso icic ahd. gimah (verbunden
u. vereinigt mit etc.), kamahho (socius),
gimahha (iixor, conjux) etc. (s. unter 1 mak)
zu maken gehört, zu welchem hier noch be-
merkt sei, dass de Haan Hettema in
seinem Idioticon Frisicum neben makia (fa-
5 cere), makia (couticere, reparare) auch die
Form mekkia od. mockia aufführt u. Japi.v
auch ein nach seiner Ansicht aus meyckjen
entstandenes meytsen, meytsjen (fries. ts od.
tz aus k, cf. britsa etc. aus brika, — tserka
10 etc. aus korke, s. unter karke) hat, wonach
dann auch das afries. matia, maitia, meitia
(facere) für ein aus makia, maikia entstan-
denes matsia, maitsia steht.
Zum ScJilusse sei noch bemerkt, dass
15 a) wegen des afries. mekere etc. unter
unserm miiksman das Weitere verglichen
werden mag u.
h) da.^s das nfries. (Outzen) macke
(küssen, bz. gut inachen, versöhnen etc.) von
20 Hause aus dasselbe Wort ist wie (cf. dar-
über auch die Frage von v. lii chthofeti
unter mek, bz. moke, conjuginm etc., s. oben)
maken. Vergleicht man nämlich, dass unser
sonen od. sonen (küssen) dasselbe Wort ist
25 wie nhd. s ö h n e n in vers ö h n e n (cf.
auch s6n, Kuss) u. dass das afries. maketh
(pacificatus , arbitratus , confectus , cf. d c
Haan Hettema) das Partie, perf. von
makia (conficere, reparare) ist, so kann über
30 die xirspr. Identität von nfries. macka mit
afries. makia durchaus kein Zweifel bestehen,
zumal man dabei auch (cf. dieserhalb auch
Outzen unter macka) an mnld. maecken
in der Bedtg. pacisci etc. denken kann.
35 niaker, Macher, Verfertiger, Erzeuger,
Schaffer od. Schöpfer, Bewirker, Stifter,
Anstifter, Urheber etc. ; — wel is de maker
d'r fan. — Compos. : schö-, kler-maker etc.
niakere, Macherei, Fabrikation. — Com-
40 pos. : schö-, kliimp-makerö etc.
makhcid, Zahmheit etc., s. 1 mak.
makkelik, niaklik, niakkelk, gemächlich,
bequem etc. ; — ik sitt hir regt makkelk ;
— dat is makkelk to dön; — de rok etc. sitt
45 mi makkelk od. dat is 'n makkelken rok
etc. ; — 'n makkclkcru wagen etc. heb 'k
nog uet had, as disse, war mi nu in faren;
— dat geid all' makkelk to od. of etc. ; —
'n makkelk kind ; — makkelk wer ßcquemes
50 angenehmes gelindes sanftes etc. Wetter). —
Nid. makkelijk; mnd. makelik, makelk u.
make-, meke-, makliken ; ags. maralic etc.
— Zu 1 mak, bz. dessen Stammform maka.
makkelikheitl , inakkelklieid , Gemäch-
55 lichkeit, Bequemlichkeit etc.; — dat kan 'k
in od. mit makkelklieid dön od. of etc.
1. makker, Comparativ von 1 mak.
2. makker, Genosse, Kamerad, Helfers-
helfer, socius ; — he is mit sin makkers ftt-
60 gän. — Compos. ; spölmakker, Spielkamerad.
MAKLER 565 MAL MALL
— Nd., nid. makker. Wohl aus make, vmss, dass es gleichfalls von einem Verb.
makke, toas ursin-, dasselbe Wort wie (s. mekia abgeleitet u. nicht von dem Subst.
unter 1 mak) ags. niaca, mäcca in gemaka, meke, mek (conjugium) iceitcr gebildet ist,
hz. ahd. mahlio in kimahho (socius) geivesen in welchem Falle dann aber mekerc formell
sein muss. 5 dasselbe Wort tvie ahd. mahhäri seiji ivürde,
mäklei', s. makeler. da ja eben mekere auch für älteres makere
niaklik, s. makkelik. (tvie auch meke für make od. maka, s. unter
niäksel, Gemachtes od. das was gemacht, mäken) steht u. dann auch das franz. ma-
er zeugt, geschaffen, gefertigt, fabrisirt etc. quereau (Kuppler, cf. Diez, II, 357) loohl
ist; daher auch: Geschöpf (cf. schepsel), 10 aus diesem fries. mnld. makere entlehnt ist.
Fabrikat etc. ; — weis mäksei is dat od. is Ztc unserm mäksman vergl. loang. mokier
he; — dat mäksei ber is siegt geraden. — (Freiiverber), welches dasselbe Wort loie
Nid. maaksel. makeler (Mäkler) ist.
mäks-man, nieksiuaii, Unterhändler u. 1. mal od. mall, wirbelig (u. so auch:
Vermittler in Ehesachen, bz. Freiwerber od. 15 hin u. her wirbelnd u. drehend, tänzelich.
Mann der Eheschliessungen od. eheliche Ver- muthivillig, leichtfertig etc., s. unten), un-
bindungen einleitet, vermittelt u. abschliesst klug, thöricht (u. so auch vielleicht anstatt
od. zu Stande bringt u. stiftet, u. als solcher von ivirbelig ausgehend: muthioillig,
auch bezüglich der Heiraths-Cautelen od. leichtsinnig etc., s. oben), unsinnig, dumm,
Ehepacten mit den betr. Partheien pactirt; 20 verrückt, toll, verdreht, albern, verkehrt etc.
— wetst du ml not 'n godeii maksman to od. wirr, durcheinander, unordentlich, wild (u.
nömeu, de 'u passende frö för mi söken kan? so vielleicht auch statt von wirbelig aus-
— 't meske wul freien, wel sal de meksman gehend : muthioillig, leichtsinnig etc., s. oben);
sin ? etc. — Es gehört entweder zu mäken, unordentlich, schlecht, hässlich ; ferner auch :
meken od. es ist vom Genitiv mekes des 25 weich (iirspr. ivohl sinnl. : zerrieben, tveich
a/r «es. meke (conjugium etc., s. «Hier mäken) etc.) mild, nachgiebig, zärtlich etc.; ■ — 't
u. man zusammengesetzt. word m! d'r mal (wirr etc. od. auch schlecht,
Was nun das afries. meker od. mekere, übel) fau för de ögen, wen 'k dat se ; — 't
meikere betrifft, so übersetzt Wiarda sol- geid d'r mal (toll, unsinnig etc.) her in de
ches (cf. afries. Wb., pag. 257 unter mec) 30 weit, de ene hold ^t mit de bül (Beutel) un
einmal mit Unterhändler u. dann auch mit de ander mit 't geld (Frage: war holst du
Freiwerber, während de Haan Hettema mit? Antw. : mit handen un tanden); —
(cf. Idiot. Frisic, Spalte 344 u. 345) meikere jT mutten upholden to spektakeln un to
init „arbiter od. Schiedsmann" u. mekere mallen, ik word d'r gans mal (ivirbelig od.
mit „qui contractum matrimoniale scribit od. 35 ivirr, verivirrt, ivüst, dumm, verrückt etc.)
Jemand der den Heirathscontract aufmacht fan in de kop; — maller (verwirrter, toller,
u. schreibt" erklärt. Da nun aber nach unsinniger, verkehrter etc., bz. schlimmer,
den betr. Stellen in den afries. Gesetzen schlechter etc.) as mal kan 't net gän od.
der mekere od. meikere anscheinend eine wesen, mäkt worden etc. ; — dat is de malste
öffentliche u. von den Richtern ernannte 40 (verwirrteste, verivickeltste od. ivirrste, ver-
Person u. sozusagen eine Art Eheprocurator rückteste, dümmste, tollste, verdrehteste, ver-
war, so lag es auf der Hand, dass er als kehrteste, schlechteste etc.) budel de 't gift ;
derjenige der bezüglich der Heiraths-Cautelen — hc is mal (toll, verrückt etc.) worden; —
(cf. hilliks förwärden) mit den Partheien he mäkt alle wichter mal (er macht alle
Ijactirte u. dieselben mit ihnen verabredete 45 Mädchen toirr, verrückt, thöricht, bz. muth-
u. abschloss, in streitigen Fällen auch als willig, verliebt etc.); — 't word hol mal
arbiter od. Schiedsmann u. Schiedsrichter (toll, verrückt, verkehrt etc., bz. schlimm etc.)
aufgerufen wurde u. fungirte, toonach dann un dül in de weit, so as 't d'r upstünds
mekere u. meikere zweifellos (wegen e u. ei hergeid ; — 't ligt all' so mal (wirr, ivüst,
vergl. auch unter mäken die fries. Formen 50 ivild etc.) dör 'n ander heu, dat man siik
von maken) dieselben Wörter sind. Ob d'r hei net wer ütfinden kan; — dat is 'n
nun aber das Subst. mekere, meikere von mallen (verrückte od. verkehrte, schlimme,
afries. meke, mek (conjugium etc., s. unter schlechte etc.) sake od. kram , geschichte
mäken u. cf. oben wegen mäksman) od. von etc. ; — ik bün bange, dat word 'n mal
unserm mäken, meken od. von afries. makia, 55 (tolles etc., od. schlimmes etc.) jär fan 't jär,
meckia, ivfries. meyckjen (facere, bz. jüngere, z. B. ivenn Krieg od. Aufruhr kommt, od.
conjungere, conficere) abgeleitet ist, ist schwer ivenn die Ernte missräth etc. ; — dat sucht
zu entscheiden, obschon man beim Vergleich mau mal (schlimm, schlecht) bi hum in hüs
des Subst. maker, ahd. machäre od. mahhäri üt, ik bün bange, dat he sm beide kinder
von maken, ahd. machon ioohl annehmen 60 ferlüst; — he kek mi so mal (wirr, ver-
MAL MALL 566 MAL MALL
stört, 7cie toll, aufgeregt, hz. zornig, böse dreht «. wirbelt u. Alles wirr «. icüst durch-
etc.) an, dat ik bauge fOr luim wurr' ; — einander geht u. kommt. Obschon nun aber
't word rai mal (wirbelig od. tcirr, trübe, dies einfache mal sonst in dieser Bedtg.
dunkel, finster, schicarz etc.) für ile ugcn; nicht belegt ist (cf. auch noch die zu mal
— dar iu 't westcn sitt so 'u mallen f.sT/;//jH)HC 6 gehörenden Wörter n. Compos. : mallicid,
lt. Gefahr drohende, bz. dunkele, schtcarze mal-jan, maljaaen, malle, mallen, mallighoid,
etc.) liicht, dat 't gcwis bold swär wör (od, nialniOlen etc.), so dürfte es beim Vergleich
unwör un stürm) gift ; — he kikt mal (wie des mit unserm mallen U'ohl ident. ags.
wirr, voTückt u. toll etc. od. auch: schlimm mealljan (inanire etc., cf. L. Ettm üUer,
u. schlecht, krankhaft etc.) iit de ogen ; — 10 j)ag. ^04) sowohl als auch von malsk (s. d.)
'n mal (verrücktes, albernes etc. od. auch doch auch schon im as., afries. u. ags. vor-
Jiässlich aussehendes) wicht; — he sucht handen gewesen sein. Da nun aber ags.
not niüi un ök net mal (hässlich etc.) iit; meal = goth. mal ist n. formell auf ein ags.
— de söfeu (Sieben) is "n mallen (böse etc.) melan, goth. milan zurückgeht, so ist auch
tal ; — he is 'n regten mal-jan (er ist ein 15 wohl für unser mal (wovon Ja eben mallen
rechter thörichtcr, verrückter, unsinniger, fortgebildet ist) ein goth. mUmu, and. va'vlan an-
dummer etc., od. auch ein rechter toller, zusetzen, dessen Präter.ma.\nachunscrmmahk
tollender, muthwilliger Dlensch, der aller- it. ags. me&lm, goth. mulma, (Zerriebenes etc.)
hand tolle, muthwillige u. lustige u. listige indessen zunächst die Bedtg.: zerrieben,
Streiche od. Eulrnsjiiegeleien macht); — de 20 zermalmt etc. gehabt haben muss u. hieraus
malle Jan (im Volksmunde spielt er hier einestheils fc/. nialsk) in die Bedtg.: mürbe,
dieselbe Bolle wie Ulenspegel ti. wird der zart, weich, milde etc. überging, während
kloke Jan [kluge Johann] überall in allen dann andererseits unser mal vielleicht nicht
Erzählungen von dem mallen Jan überlistet auf die Bedtg. : drehen, 2virbeln etc. von
u. düpiii.) un de kloke Jan gungen mit 'n 25 malen zurückgeht, sondern möglicherweise
ander üt un aferal war se kwammen gung (aitch ags. malsk loird von L. Ettmüller
de malle Jan mit de beste büt un de kloke neben tener mit superbus, elatus glossirt, in
Jan kun agter 't net fiskcn ; — he is so mal welcher Bedtg. es auch au.'^schliesslich im
(zärtlich u. nachgiebig, .ichwach od. weich as. belegt ist) in anderer Weise aus der
u. milde etc.) mit sin kinder, dat se net 30 Bedtg. : zerrieben, mürbe, weich etc. in die
dön un laten konen wat sc willen; — he troj). Bedtg.: nachgiebig , unzuverlässig,
is so mal mit dat wicht (od. sin briid), dat leichtsinnig, thöricht, muthwillig etc., od. von
se mit hum maken kan wat se wil. — Da- mürbe ausgehend in die von: zart, schwach,
her : wichtcr-mal (zärtlich mit Mädchen od. schwachgeistig etc., dumm, dummstolz, hoch-
verliebt in Mädchen); — kinder-mal (zart- 35 müthig etc. überging. Die Begriffsenticickelung
lieh u. nachgiebig mit Kindern, od. verliebt geht ja oft in überraschender u. wundcr-
n. vernarrt in Kinder); — minskcn-mal licher Weise vor sich u. ist es Ja zweifellos,
(zärtlich mit Menschen od. verliebt u. ver- dass malsk in der Bedtg.: weich, mürbe,
narrt in Menschen), wobei man aber bei zart etc. dasselbe Wort ist wie malsk in der
kerels-mal od. man-mal (d. h. Kerlstoll od. 40 Bedtg.: superbus, elatus u. dass es mit isk
Mannstoll) auch wieder auf die Bedtg.: od. nlid. isch von m^il fortgebildet wurde,
verrückt, toll, bz. verrückt, verkehrt, unsinnig, 2. mal od. mall (Plur. mallen), ein Modell
närrisch etc. von mal zurückschlicssen kann, (od. Mass, Form, Bild, Abriss, Umriss etc.)
weil ja auch eben solche Leute , die zu von Etwas, sei es aus Holz etc. gemacht od.
schicach u. nachgiebig gegen ihre Kinder 45 auf Etwas gezeichnet, geritzt, gestochen, bz.
etc. sind, verrückt u. toll od. verkehrt od. abgezeichnet , abgeritzt, abgestochen, abge-
närrisch handeln u. unsinnig sind. — Nd. zirkelt etc. ; — er ji d'r bi gän, mutt ji erst
7nnd., nid., mnhl. mal (lascivus, petulans; 'n mal maken, war ji 't na maken könen ;
stultus, insulsus, insanus); ivfries. (Japix) — 'n mal tan 'n fenster, bz. fan 'u pütte
mal od. niaol ; nfries. mal (geck, närrisch, 50 (Brunnen), hiis, schip etc. — Nid. mal ;
unsinnig, toll, böse etc.). — Es ist entweder schwed. mal (Flur, mallar) etc., cf. bei
das Präter. von, bz. aus dem Prätcr. mal Bobrik Mall u. daselbst auch das Verb,
des auch für malen anzusetzenden ursj^r. mallen, bemallen, tvas nach ihm auch schived.
Verb, milan, mal, mul, mulun entstanden, «. dän. im Gebrauch ist. — Dass dieses
od. es gehört zu malen in der Bedtg. : drehen, 55 Wort mit dem gleichbedeutenden engl, mould ;
runddrehen, wirbeln etc., da man es zu- aengl. (St rat mann) moldc; sjian. molde;
nächst icohl mit drehig, loirbelig etc. a franz. modle; franz. modelle ; nhd. Model,
Übersetzen muss u. es ja einen drehenden Modul (aus lat. modulus, dem Dimin. von
u. wirbelnden Zustand, bz. ein solches Sein modus, cf. mode) «r.s^jr. ident. ist u. aus
bezeichnet, wo es sozusagen im Kopfe herum- GO molde, mollc entstand, ist wohl kaum anzu-
MAL
567
MALEN
nehmen, ohschon es beim Verffleidi von apen
statt open (offen), afer (nid. over, über), afen
(Ofen) etc. S07ist icolümöglicliiväre, wenn eben
der Uebergang von o zu a im nid. auch vor-
käme. — Mit grosser Wahrscheinlichkeit ist
daher wohl anzunehmen, dass es entweder
dasselbe Wort ist wie goth. mela od. mela
(Scheffel, bz. Mass); an. mal (Mass), bz.
mit dem folgenden mal (cf. 1 mal sub d)
urspr. ident. ist, 2oeil ja eben auch mal od.
mall einerseits ein Mass etc., als anderer-
seits ein abgemessenes u. abgestecktes od.
abgezirkeltes Etwas bezeichnet. Dass aber
dann auch das Siibst. mall od. malle von
dem Verb. an. maela (messen) od. dem ahd.
malen, mälon (bezeichnen od. zeichnen, malen,
pingere , schreiben) ; as. mäloa (mit dem
Schioerte zeichnen, bz, stechen, ritzen, ver-
20unden) ; goth. meljan (schreiben, d. h.
reissen, ritzen etc., cf. engl, write u. griech.
grapliein) abstammen u. zu diesem gehören
könnte, ist nicht zu bestreiten ti. jedenfalls
der Bedtg. von mal od. mall nach sehr gut
möglich.
mal, a) 3Ial od. Zeit, Frist, Stunde, Zeit-
raum od. Zeitpunkt etc. ; — fan mal to mal ;
— he is sunt (od. sid sedert) dat mal net
mer lur west; — küm 'n ander mal wer,
fan dage heb' ik gen tid; — to twe of dre
malen heb' 'k di 't al segd ; — he was do-
mäls in Auerk ; — se lepen all' to mal weg ;
— up enmäl stunn' he bi mi; — dit mal
wil 'k dl 't nog wer fergäfen, man wen ik di
d'r nog iusen 'n mal wer up betrapp, den
krigst du heller wat up de juken ; — cf.
auch etmäl ; — b) die Zeit od. Stunde etc.,
bz. der Zeitpunkt wo gespeist wird, die
Essenszeit tt. so auch das Essen od. Mahl,
die Mahlzeit selber; — Compos.: morgen-,
middag-, afend-, nacht-mäl, mältkl etc. ; —
he hed hum 'n göd mal försettd ; — he hed
sin läfen gen mismäl (Fehl-Mahl, Fehlessen
etc.) dän; — he hed 'n grot mal (od. gast-
mäl, brämäl [Braten-Mahl, Braten-Essen],
brüdsmäl etc.) gäfen od. anrigten laten ; —
de gasthüsers hebben fan dage 'n mal (die
Gast- od. Armenhäusler haben heute ein
Mahl od. festliches Essen) ; — c) der Mess-
strich od. die Grenze, der Grenzpunkt, das
Ziel etc. ; — he hold de föt net bi 't mal ;
— he springd afer 't mal (cf. auch mäte)
heniit; — d) Zeichen (meta, Signum etc.),
od. Fleck, Abzeichen, Bild, Abdruck etc. ;
— d'r is gen mal fan torüg bläfen of to sen ;
— Compos. : brand-, denk-, finger-, föt-,
graf-, mark-, moder-, nagel-, wund-mäl etc.
— Nd., nid. maal ; mnd. mal ; mnld., mfläm.
mael ; afries. mel, mal ; wfries, mielle ;
wang. (Ehrentraut, 1, 380) mail; helg.
mal ; as. mal ; ags. mael, mal ; aengl. mael,
mel ; engl, meal ; an. mal ; norw. maal ;
schwed. mill ; dän. maal ; ahd., mhd. mal.
Mit an. maeli, meli (Zeit, Zeitpiinkt) ; goth.
mel (Zeit, Stunde), Flur, mela (Schrift,
5 Schriften) u. an. mal (Mass); goth. mela
(Scheffel , modius) ; kslav. mei'a (Mass) ;
Verb. an. maela (messen) zu derselben }/
ma od. mä tvie mäte u. mitten etc. u. zwar
theils in der Bedtg. : messen, abmessen, ah-
10 theilen, eintheilen etc. (nämlich sub a — c als
Abg emessen e s) u. theils in der Bedtg. :
spalten, hauen, schneiden od. stossen, stechen,
ritzen etc., worauf die Bedtg. sub d, bz. die
von Schrift etc. des goth mela (cf. auch
15 unser 2 mal u. 3 malen) hinzudeuten scheint.
Zu mal sei noch bemerkt, dass sich dieses
in der Bedtg. : Zeichen etc. (s. sub d) be-
grifflich toohl mit goth maila (contrah. aus
urspr. mahila = lat. macula ?) ; ahd. meila ;
20 mhd. meil (macula, bz. Fleck od. Mal u.
goth. auch: Falte, Bunzel) gemischt hat u.
dass es mit mal in dem Compos. : 2 gemäl
(s. d.) nichts gemein hat.
mSI, Mehl. — Sprichw.: wen de miis sat
25 is, smekd 't mal bitter ; — he wil pusten un
holden 't mal in de mund. — Nd., nid.
meel; mnld. (KU.) mael, meel; afries. mei;
lofries. moal u. früher auch (cf. Jap ix)
meal ; nfrics. (0 utz e n) mal, meel ; wang.
30 milli ; satl. mal ; helg. mel ; as. mel ; ags.
melo,mealo, meolo; aengl. mele-, engl, meal;
an., norw., schwed. mjöl ; dän. meel ; ahd.
melo ; mhd. mel (Mehl ; Staub, Kehricht etc.
od. überhaupt : Ge- od. Zermahlenes, Zer-
35 riebenes. Zerkleinertes etc.). Mit ahd., mhd.,
as. melm (Staub) ; goth. malma (Sand, Staub)
etc. zu 1 malen. — Zusammen gemengt mit
Schmiere od. Fett bildet mal un smer die
sog. Schlichte der Weber.
40 mal-blad (flg.), ein thörichtes albernes
Mädchen.
mal-brägen (Toll-Gehirn) und
mal-brok (Toll-Hose), fig. ein toller od.
halbverrückter loagehalsiger ausgelassener
45 Mensch; — 't is so 'n rechten malbrägen
od. malbrok ; — hebt ji jo läfen so 'n mal-
brok sen, as de düfels kerel ; de steid nargens
för Stil.
mal-darten, toll od. ungemein u. überaus
50 muthwillig u. ausgelassen ; — he word so
maidarten, dat d'r hast hei gen ütkamen
mit hum is; — he is so maidarten as 'n
junk fäl.
Dial-dartenheid, toller od. überaus grosser
55 Muthwillen etc. ; — se wet för maldartenheid
net wo se sük tiren un wat för unsin se
maken schal.
1. malen (möl; mäld od. malen), mahlen
(molere) ; a. zerreiben, zermalmen, zerkleinern
GO etc.; — körn od. mal, musterd, koffe etc.
MALEN 568 MALEFKE
malen; — de mMen miiUl net fin genujT; (zu sprechen etc., hz. zu bitten n. sii drängen
— hO raül ilat nüt so fin, dat d'r gen kürrelke od. zu klagen, zu interpelliren etc.), dat ik
mi'T iu to tiiidcii was; — b. mittelst der mi hast not fan hum redden uu bargcu kau.
Mühle Wasser aus der Tiefe od. wo heraus — Es ist vielleicht idcut. mit dem von ahd.
mahlen u. heben; — wen d'r man wind 5 mahal (s. weiter nntcu) fortgebildeten as.
kiimd, den lett sük dat land bold drügo niahaljan, mahljan, mahljcn ; ahd. mahalen,
malen; — c. sich drehend u. ivirhclnd be- mahelan; amhd. mahilcn, niehilön; mhd.
tcegen, drehen, wirbeln, xcidzen etc. ; — de mahclen, maheln, nieheln ; md. malen, melen
m81en niäld in 't rnnde; — de wind mrüd (sprechen; versprechen, verloben, vermählen)
wat hernm; — 't water od. de stof etc. 10 n. ahd. malialün, mahelün, contrah. mälön
mäld in 't runde; — de wagen mäld in 't (vor Gericht laden, postulare, iiiterpellare,
sand ; — dat sand mäld so, dat On de stof gerichtlich befragen, anklagen), dessen Vor-
um de ören tlügt; — 't mäld all' mit mi dcrthcil mahal aus einem altern madal
in 't runde; — d'r mäld mi (es wirbelt mir od. mathal entstellt ist, bz. aus dem davon
da, od. es dreht u. geht mir da) al so wat 15 contrahirten mal zerdehnt tvurde. Ver-
ia de kop herum, man ik kau mi d'r hol gleicht ma)i indessen das goth. mxüü {forum) ;
net so regt up besinnen wat 't is; — he ahd. madal; ags. mädhel, medhel, contrah.
hed de hole nagt lägen to malen (zu über- mal, mel, mal (Versammlungsplatz , Vcrsamm-
legen od. zu sinnen n. denken, d. h. da.<>s lung, Bede, Unterredung) ; an. (contrah)
ihm allerhand Gedanken in dem Kopfe 20 mal (Sprache, Hede, Gespräch, Sprüche;
Jicrumivirbeltcn u. herumgingen); — he Vertrag, Rechtssache, Satzung etc.); nono.
ligd dar al hen to malen od. he steid al hen maal ; dän. maele (Rede, Sprache, Stimme) ;
to malen (zu überlegen od. zu sinnen u. zu »huW. mael ('/« maelstede Of/. maelstad) ; mnd.
denken etc., bz. die Gedanken im Kopfe mal (in mälstede, mälstat) ; nhd. Mahl (in
herumzuwälzen etc.). — Redensarten u. 25 Mahlstatt od. Mahlstätte, Mahlscliatz, Ge-
Sprichw.: de erst kumd, de erst mäld; — nudd etc.) u. das davon fortgcbildcte goth.
en stOn kan allön gen mal malen; — twe mathljau (reden); ags. miulhlan, medhlan,
harde stöucn malen grn güd mal. — Nd., madhcljan, madholjan, contrah. mälau, mclan,
?iW. malen; mnd. ma]cn,mc]cn; in nid., mfläm. mälan (sprechen, reden) etc., so ist es höchst
maeleu ; satl. mölnje ; an. mala (möl) ; norw., 30 ivahrscheinl, dass unser obiges malen od.
schwed. mala; dän. male; goth., rts. malan ; malen auch direct aus einem dem ags.
ahd. malan, malen; mhd. maln. — 3Iit lat. madholjan entsprechenden africs. madelja
molere; lit. malii, mälti (mahlen), maliinas (nach nfries. mial, mual [Sprache] loird es
(Mühle) etc., soivie auch molen, mullen, mulm wohl jedenfalls auch i)n Fries, bestanden
etc. etc. von der y mal, älter mar, reiben, 35 haben) contrahirt zvurde u. bz. von Hatise aus
zerreiben, zermalmen, zertrümmern, zer- dasselbe Wort ist wie das obige ags. m^c\^\\,
schlagen etc., bz. aufreiben etc., worüber bei mahn u. an. miiclii (reden, sprechen etc.), über
M. Müller, Vorlcs. über die Wissenschaft dessenZusammenhangmitzend.mtithra,(Wort
der Sprache, IL. Serie, pag. 309 seq. das etc.) u. skr. mäntra (Spruch etc.) das Weitere
Weitere zu vergleichen ist. 40 unter 2 gemäl zu vergleichen ist.
2. malen od. infileii, reden, sprechen etc. ; 3. malen od. malen, malen, bilden, zeich-
— wat best du dar afer to malen (zu reden, nen, schildern, färben, anstreichen etc. ; —
zu sprechen, bz. zu sagen, zu bemerken, dat is müi mäld; — he mäld dat of; — 'u
Anmerkungen zu machen, od. zu klagen u. bild malen; — de bökstafen d'r up malen
zu murren etc.)!' di gcid d'r je niks fan an un 45 etc. — he mäld 't all' in 't swarte etc. —
du host d'r niks afer to proten; — he hed Nd., nid., mnd. ma,]en; )«»/(/. maelen; wfries.
altid aferal wat afer to malen (zu reden, zu (Jap ix) mealjen «. mieljen ; «/r/cs. mialen ;
sprechen, zu sagen, zu bemerken, zu kriti- wang. mail ; satl. maelje ; as. malou ; ags.
siren od. zu schelten, tadeln etc.) ; — wat maelan ; ahd. malen, mälön ; mhd. malen ;
best du nu wer to malen (zu reden, drein 50 gotli. meljan, ein mal od. irgend ein Zeichen
zu reden, zu bemerken, zu kritisiren, zu od. Bild, Abzeichen etc. (s. mal sub d)
tadeln etc.)? swig dog lefer stil un lät ander machen, sei es mit einem spitzen, scharfen
lue proten, de older un kloker siint as du ; Instrumente od. Werkzeug (Stift, Feder etc.)
— he mäld (od. prötd) d'r al wat um herum, od. einem Pinsel, einem Stück Kreide od.
man be wil 't net regt scggen wat be wil 55 einem sonstigen Etwas; dalier as. malön
un mend; — dat kind steid al In mi hen auch: mit dem Schwerte zeichnen od. be-
to malen (zu reden, zu fordern, zu fragen, zeichnen, bz. ritzen u. verwunden «. goth.
bz. zu bitten, zu flehen, mit Worten zu meljan etc. auch : schreiben, aufschreiben,
drängen etc.), dat ik hum wat gäfcn schal ; aufzeichnen.
— be ligd mi altkl so in de ören to malen GO malel'ke, mallefke, molefke, s. marleflte.
MALER
560
MAEL-PUET
maler, Maler, Zeichner, Färber etc.; —
Sprichio. : he is 'n kloken maler, geraden
hum de engeis not, den mäkd he diifels d'r
üt ; — „ärd lett net fan ard," harr' de maler
• segd, do harren de kinder sük in de nars
kleid un dar mit schräfen.
malere, Malerei, Schilderei etc.
1. mälig, almälig, mühlich, allmählich,
nach u. nach. — Es steht eigentlich für
mächlich = unserni maklik, makkelk u.
bedeutet soviel als : gemächlich , bequem-
lich etc.
2. mälig, mehlich, so tveich u. trocicen
wie Mehl; — de appel is so mälig un
dröge, dat ik hum hast hei net dör de hals
kr Igen kan.
niäl-ins, mäl-inseii, cinesmals, einstmals
etc.; — he kwam mäliusen to mi, um
etc. etc.
lual-jageii, tollen, scherzen, schäkern etc.;
— mit de wichter maljageu. Wörtl. toll
; jagen u. rennen etc.
mal-jagere, Tollerei, Scherzerei, Schäkerei
etc.; — se drifen od. hebben maljagere mit
'n ander.
mal-jan, eine kraus ausgeschnittene Holz-
figur, od. eine kurze dicke Holzstange mit
kraus ausgeschnittenem Kopfe auf dem
Hintergiebel der Sauernhäuser. Dieselbe
wird auch wohl jan-hinnerk (d. i. Johann
Heinrich) genannt u. ivird daher mit dem
folgenden Compos. ident. sein.
nial-Jan, unkluger, thörichter od. närrischer
geckischer Jan od. Johann; s. unter 1 mal.
— Sprichio.: „de nich döf is, mut föl hören,"
harr' mal-Jau segd, da läfde he noch; —
„de 't dön kan," sä' Maljan, „de gilf mi 'n
sülfern örtje," — „dar gcid 't hen," sä'
Maljan, do harr' he sin mür (Mutter) för
de plög.
malk (obs.), männiglich, jeder. — 3Ind.
malk, mallik, malich, melk. — Vergl. bei
Wi a r d a (Ostfries. Geschichte, II, 62) das
Losungslied des Grafen von Oldenburg bei
Gelegenheit seines Besuches auf der Grenz-
festung Friedeburg : ruse, muse, ruse, malk
seh tho sinen huse.
Es ist contrah. aus mannelik = ahd.
mannolih od. aus manniklik = ahd. manno-
gilih, manniglih, manniclih, nhd. männiglich,
wie elk enttveder aus eolik, elik od. eogelik
= ahd. eogalih contrahirt ist.
malk-ander, einander, bz. einer od. jeder
dem andern; — dür-malkander geten od.
löpen etc. ; — mit malkander ütgän etc. ; —
wat under malkander delen ; — se gäfen
malkander de band. — Nid., mnlä., nd.,
mnd. malkander. — Es ist Compos. von
malk u. ander, ivie elkander von elk (jeder)
u. ander.
mjllker, inelker, Mehlhändler.
mal-kiiken, ein verrücktes tolles närrisches
sonderbares Küken od. Küchlein; — fig.
ein verrückter toller närrischer muthwilliger
5 ausgelassener Mensch. — Mnd. (Seh. u.
L.) malküken, verrückte sonderbare Küchlein
od. Vögel.
malle, das Tolle, Verrückte, Närrische,
od. Verkehrte, Wirre, Wilde etc. ; — de
10 ganse wereld (Welt od. Menschheit etc.) is
in 't malle räkd; — 't geid all' in 't malle
wat d'r man is ; — fröger het 't : de kinder
mutten warken un de olden (die Eltern, bz.
die Alten) understönen un helpen, man nü
15 is de wereld so in 't malle (ins Verkehrte,
bz. in den Wirrtvarr) räkd (od. kamen),
dat de olden apen fan hör kinder maken
un reineweg slafen fan hör kinder sunt.
mallefke, s. marlefke,
20 mallen, tollen od. es toll, verkehrt, ver-
dreht u. unsinnig etc. (mal) machen, wie
verkehrt u. närrisch thun, Unsinn, Narr-
heiten u. Muthicillen treiben etc. ; — he
malld so herum, dat 't net is as of he sin
25 fifen net regt bi 'n ander hed. — Compos. :
fermallen, vertollen, unsinnig verschwenden
etc. ; — de sin geld will fermallen, de köp
glasen un Kit se fallen etc. — Nid. mallen ;
ivfries. malljen.
30 maller, toller verrückter, schlimmer etc.;
Compar. von 1 mal; — wo maller wo möjer.
— Sprichio.: „'t geid narkens maller her,"
sä' de jung, „as in de weit un in min färs
un mors hüs."
35 malliglieid, Thorheit, Närrischheit, Spass,
Scherz, 3Iuthwillen, Ausgelassenheit etc. ; —
he wet för malligheid net wo he sük tiren
un wat he wol anfangen schal ; — he mäkd
gern malligheid mit de wichter ; — du menst
40 wol of 't malligheid (Scherz) is, man du
kanst mi löfen, 't is bittere ernst; — dat
heb 'k üt pleser un malligheid dän ; — he
hed sin malligheid d'r wat mit. — Sprichw. :
bi de brünköl h8rd spek un malligheid; —
45 malligheid is malligheid, man für in de nars
is ernst; — „dat is gen malligheid," sä' de
nagtwagter, „wen man mi in 't hörn schitt."
— Von einem Adj. mallig (närrisch, spassig
etc., cf. nfries. malagh bei Johansen,
50 i^agr. 36) als Weiterbildung von 1 mal.
mal-lardje (Compos. von 1 mal ii. lurdje,
dem Dimin. von lurd), thörichte, alberne
Person; — 'n malhirdje fan 'n wicht.
mal-mölcn, Carroussel. Wörtl. ivohl so-
55 viel als Tollmühle od. Narrenmühle.
mal-perdus, toller verrückter unsinniger
närrischer Mensch.
miil-püt, mäl-peiik, mäl-bül, a) Wlehl-
beutel; — b) Mehlpudding. In letzterer
60 Bedtg. hiess es früher wohl mal in de bfU
MALSK 570 MAN
etc., u'ovoti dann sjiätir das in de der men (aber, sondern, allein); schwcd. man
Kürze wegen ausgelassen icttrdc. (nur).
malsk, mollig, sanfl, milde, weich, mürbe, 3. man (Phir. man u. mannen, manscn),
zart, zärtlich, nachgiebig, nachsichtig etc. ; Mann, männliche Person im gereiften Alter,
— 'n malsken liicbt ('/-»//'j ; — malsk flesk, 5 Ehemann, auch Mensch überharqit ; — liö
— sr is to malsk tcgen od. mit de kindcr. is 'n fulwiissou man; — man un frö ; —
— ^Y(/. (B r. Wb.) mals, malsk; ;(/</. maisch, man für man: — he is 'n s.Cn\ man; — sc
malts, maltsch. — Wie schon unter 1 mal stau mau au man (nicht allein von Menschen,
bemerkt icurde, hat das ogs. malsc nach sondern auch von Bäumen, Pfählen etc.) ;
L. Ettmüllcr neben teuer, ebenso u-ic im 10 — de gemene mau od. de lütje man (der
as., mnd. auch die Bcdtg.: superbus, elatus gemeine od. der kleine u. geringe Mann im
«. ist dort das Weitere darüber zu ver- Gegensatz zudem Vor)uhmcn, Adelichen od.
gleichen. IWicr gestellten u. Mächtigen od. Reichen).
mäi-tid, Mahlzeit. — Sprichw.: de net — Bedensart. u. Sprichw. : siilfst is de man ;
kunul tn regier tid, de is sin maltid kwit. 15 — lie is de man de allens kau; — harr' ik
mamnia, luannn', Jlfrt>»rt, ,Vh«(T. — Griech. man erst 'n mau; wat gäu mi auder wichter
mämma, mämme (Mama, Grossmama); lat. an; — „ik büu de her," Sil' de man, do satt
marama (Mutterbrust) ; ital. mamma; span. he uuder de disk; — „God straf min frö
mAm-A; franz. maman; ical. mame; cambr., mit godc würden," sä' de man, do smet he
cornic, arm. mam; lit. mama, momä ; kslav. 20 liür mit de bibel au dekop; — is 't berät
mAma. (Jluttcr) : ^>vVc7i. mammia ; //^ memme de kau', is d' ferstaud üt de man; — man
(Mama). — Es ist wohl eine Bedupl. der uu wif sunt en lif ; — dat wörd geid wider
y ma od. mä (machen, schaffen, erzeugen, as de mau ; — he is därbi stn man ankamen
bilden, bz. messen, abmessen, vergleichen etc., (er ist dabei schlecht tveggekommen, d. h.
cf. maien, muten u. moder etc.) n. hat mä 25 ivörtl. : er ist da bei seinem hfann od. Gegner
V. ma (icovon griech. maia Mütterchen, angekommen, bz. seinem Mann od. Gegner
Amme) im skr. u. griech. auch schon die begegnet); — hi' hed sin uiaü (^fann, Wider-
Bedtg.: ^futter od. Erzeugerin, c/. memme. jjfrr^, Gegner) fluiden; — hir is de man de
MamniO, Manniie, ml. Xame. — Davon 't laud ferhflrd; — de klokke mag gäu as
Geschln.: Mammen, Memmen u. Mamminga, 30 se wil, 'u wisen mau wet altid siu tid ; —
Memininga. — Vergl. bei Eörstcman n die de ene hed de mau un de andere lied de
iVowif» Mamo, Manimo u. das Fcmin. ^I-Ama,, wil d'r fan; — mans-mür is de düfel afer
«coro« r/eZ/c/c/(^ Mamila ein Bimin. od. eine de flör; — maus-haud bäfen ; — 'n riken
Koseform ist. — Beim Vergleich von Atto mau, 'n godeu man ; — ik bin di de man
u. 1 u. 2 atte könnte Mammo urspr. tvohl 35 d'r für etc. — Nd., nid., ahd. mhd., as. man ;
die Bedtg.: Vater gehabt haben u. das afries. man, mon ; icfries. mau; ags. man,
Mascul. von mama (Mutter) sein. mon, manu, manua, monna; aengl. mau, mon ;
1. man (Pron.) man; — mau segd dat engl, mau; an. madhr (Genit. mauns, Plur.
wol ; — man geid mit 'uauder; — man deid menn) ; norio. mann; dün. maud; schived.
'n ander niks etc. — Ahd., mhd., as. man; 40 man; goth. mAmvA. — Mit skr. mAnw, Mensch;
nd. man, men; mnd. men, me ; nid. men; Mensch im ausgezeichneten u. besonderen
innld. mau, men etc. — Es ist urspr. dasselbe Sinn, Urmensch, Urahn u. Vater der Men-
Wort tcie 8 man in der allgemeinen u. un- sehen (cf. auch Mäues, der Urahn u. Stamm-
bestimmten Bcdtg. : Mensch, wie auch das vater der Phrygicr u. ]\ranus, der Urahn
franz. ou, afranz. om, hom aus lat. bomo 45 u. Stammvater der deutschen, bei Tacitus)
entstand. von der y mau, mä, denken, sinnen, meinen
2. man, nur. Jedoch, aber etc.; — dat is (cf. m«"'iien ». Weiteres unter 2 mund am
man so wat; — kum man her, wen du dürst; Schlüsse), tvonach man od. manua (cf. auch
— ik wil man äfeu heugän un kikon to, minsk) ein denkendes Wesen bezeichnet.
wat d'r wol is ; — In"' is man lüt.jet; — 50 1. man, s. mande, mäudc etc.
ditinäl wil 'k 't nog bengän lateu, man deist 1. man, s. mäue u. mane.
du mi 't wer, den krigst du wat mit de rode 2. nidn, Mohn; — mäukoppeu, Mohn-
für de nars ; — man d^de güru mür, man köpfe od. Samenkapseln des Mohns u. auch
(jedoch, aber, allein) mau hed 't sidfeu mau zugleich Benennung der Mohnpflanzen in
to knap; — h(* wull' wol nrt, man he mus' 55 Vertretung des Collectivums M oh n. — Nd.
wol; — du segst dat wol, man is dat wol mnd. maau od. mau; mnld. maen; oberd.
war ? — man ! mau ! wat deist du dar. — (mdartl.) mäcu u. mägou ; ahd. mägo ; mhd.
Nd. mau; mnd. man, meu ; afries. men mäge ; mhd. iiiäu, später mon, als Contract.
(sondern, aber) n. monna (nur) ; satl. man ; von mhd. (mähen), ahd. mälian ; griech.
nfries. mau , meu ; norw., dän., schwcd. 60 mckön, raakön ; kslav. raakü ; russ. mak' ;
MAN-BAR 571 MANDEL
böhm., poln. mak ; apreuss. moke. — Viel- pipeninand. — Nid. mand ; nmld. mande
leicht von der ]/ mak, sJcr. mac (zermalmen, (corbis, sporta ; vas vimineum, cista, cala-
zerqiietschcn, kneten etc., cf. Fiele, 111,226 thus) ; nd., mnd. mande; ags. mand, mond ;
ti. I, 707), tveil man die Körner zerquetscht. aengl. mande; emjl. maund. Davon (Di cz,
nian-bär, mannbar, geschlechtreif, hei- 5 II, 357) : fratiz. m3i,nne; j^ic. in».ude; Jiochd.
rathsfähig od. iirspr. Man- fähig (vom mdartl. (cf. Weigand) mande, manne,
iveibl. Geschlecht), cf. 2 bar; — se is nog mäne, mann n. mange. — Es würde sich
net raanbar. beim Vergleich von (cf. Fi c h , II, 182)
mand, s. mande. griech. mode, mötbe (Korb) ; mötboura (Dreh-
mtlnd (Flur, mänden), Moyiat. — Nd., 10 holz am Buder) u. lat. matta (Matte, Binsen-
mnd., nid. niaand od. mand ; afries. monath, geflecht) loohl am besten begrifflich u. for-
monad, mond; ufries. moanne; nfries. mön ; mellmitdem aus mandcl ofistoMf^enen mangel
satl. mond ; tvang. mönt ; helg. mfint ; ags. (Bolle, Drehholz etc., cf. 1 mangel) von der
monadb, mondb; nen^'Z. monedb; m(/?. month; y matb, mantb; idg. mat (hin u. her be-
an. mänadhr , mänudbr; noriv. maanad; 15 wegen, hin u. her loenden, drehen etc.) ab-
schioed. mänad; dän. maancd ; ahd. manöd, leiten lassen, da ja die Bedtg. : hin u. her be-
mänotb, manöt ; mhd. mänot, mänet, mant, wege7i, drehen etc. leicht in die von : ivinden,
monet; goth. menöths. — Der Form nach Irümmen, biegen etc. tc. weiter in die von:
ist es das Part. prät. eines von mäno flechten, zusammenbiegen, zusammenflechten
(Mond, cf. 1 mäne) abgeleiteten Verb, mänou 20 etc. übergehen Iconnte, ivonach dann mande
od. mänjan (mönden, d. i. Mond tverden od. urspr. ein G eflecht od. geflochtenes Eticas,
Mond machen u. erzeugen), iveil in u. mit Weidengeflecht etc. bedeutet haben müsste.
jedem neuen Monai der Mond nett ivird od. Sollte dann aber nicht auch vielleicht das
aufs Neue entsteht, too denn Monat wörtl. anscheinend aus dem and. ins hd. überge-
soviel heisst als (es ist od. hat) g emöndet. 25 gangene nlid. Mandel (Zahl von 15, bz.
mändag, Montag. — Ahd. mänetac etc. Fruchthaufen aus zusammengestellten Gar-
Compos. von mäne, man (Mond) u. dag, ben) ; mnd. mandele (Zahl von 15); nid.
wie söndag, aJid. sunnantac von sünne (Sonne) (v. Dale) mandel (graanboop, Korn- od.
ti. dag. Getreide - Häuf e) ; mnld. (KU.) mandele
1. mande od. mande, manne, man, man, 30 (manipulus; duo fasces straminei; mergetes
Gemeinde, Genossenschaft, Gemeinschaft, duodecim) ; mfläm. mandele (deux gerbees
Commiinion od. gemeinschaftlich etc. ; — d'estrain) in gleicher Weise auf die Bedtg. :
mande- od. mande-, män-polder, ein Interes- drehen, ivinden, zusammendrehen etc. zii-
senten- od. Genossenschafts-, Communion- rücJcgehen u. somit gleichfalls auf dieselbe
Polder in der Ostermarsch; — se hebben 't 35 y matb, manth zurückgehen? — Vergleicht
all' mit 'n ander in de man ; — se sunt mit man min aber loeiter das as. menä^an,mendiSi,n;
'n ander in de man (in die Gemeinschaft ahd. mandjan, mendjan u. (cf. Seh. u. L.
od. in die Communion) gän ; se holden mit tinter mendeldacb) od. (cf. 0. Schade)
'n ander in de man ; — mande-göd (Ge- mendan , menthan , menden (sich freuen,
meinde-, Communion- od. gemeinscJiaftliches 40 sich ergötzen, seine Freude bezeugen über
Gut) — , schandegod ofZ. mangud — , schan- Ettvas) ; mnd. (Seh. u. L.) mendeldacb
göd; — mandekräm — , schandekräm; — (Freuden- Tag) ; ahd. mandilon, meudilon,
mandewark — , schandewark od. manwark mentbilön (gratulari) etc., bz. dass diese
— , schauwark. — Afries. mande, monde, Wörter von einem Präter. mand, mantli
monda (Gemeinde; Gemeinschaft; fleischliche 45 eines älteren Verb, mindan, mintban (y mand,
Gemeinschaft od. Vermischung) ; satl., mnd. mandli, mantb) fortgebildet sind, so wäre es
mande (Gemeinschaft, Communion etc.) u. auch sehr leicht möglich, dass die Bedtg. :
mnd. mande, maende (gemeinschaftlich etc.). sich freuen od. seine Freude bezeugen etc.
— Da das afries. mande etc. in allen Be- gleichfcdls aus der sinnl. Bedtg. : sich hin
dtgn. (auch in der von fleischliche 50 u. her beivcgen u. drehen, bz. aus der von:
Gemeinschaf t) mit demnhd. Gemeinde locdzen, tanzen u. springen, hüpfen etc. ent-
stimmt, so kann u. wird auch mande, mande, standen iväre n. dass somit auch diese
maende nur dasselbe Wort loie meinde in Wörter gleichfalls zu der ]/ matb, mantb
Gemeinde, bz. unser mende od. mente (sich hin u. her bewegen, drehen, quirlen
(s. d.), bz. mit diesem von afries. mene, men 55 etc.) gehörten.
ioeiter gebildet sein, ivobei ich wegen der mande-gÖd, / ^^^t,, mande, mande etc.
Formen auf ags. man = ahd. mein (falsch niande-kram, | '
etc., s. unter 1 men) verweise. mandel, üfaM^e?; — a) die Frucht {a.mjg-
2. mande od. manne, mand, ein von dalus); — b) Drüse, wegen der mandel-
Weiden geflochtener Korb. — Compos. : 60 förmigen Gestalt ; — de maudels sunt hum
MANDELIG 572 MANERE
answullen. — Mit nhl amandel ; ital. man- jrrivil (collum, ccrvix) n. Jcslav. griva (Mähne),
ilola ; span. alnicnJra; prov. amandola ; bz. dass die Bcdtg. Mähne atis der von
franz. aniaude etc. aus (jrieeh. äinugdäle. Hah od. Nacken entstand od. dass auch
man-delig , gemeinschaftlich, bz. zu ge- hier unter Mähne urspr. der Hals u.
meinschaftlich gleichen Theilen od. auf die 5 Nacken verstanden wurde, so dürfte auch
ganze Genossenschaft vertheilt etc.; — dat unser germ. niana in demselben Verhältniss
niuttcn ji maudölig betalen od. unigrafen, zu skr. manyä (Hals, Nacken, Nackenynuskel)
doli etc. — l'Js ist Compos. von dem aus stehen u, demnach auch urspr. den Hals od.
mundo, miittdc gekürzten ma.n (Gemeinschaft, Nacken bezeichnet haben, wie aucJi Fick
bz. gemeinschaftlich, alle zusammen) n. 10 (cf. I, 71 unter grivä, bz. III, 231) mana
delig (theilig). mit skr. maiiyii für ident. hält.
mand-geld, Monatsgeld, monatlicher Bei- mauen, mahnen, erinnern, antreiben, zur
trag, monatliche Bezahlung , Monats-Gage Bezahlung einer Schuld auffordern etc.; —
etc.; — de Onikos (Armenvorsteher) kamen lie lott sük gern manen; — lio iiiänd lium
iin halen 't mändgeld up ; — he licd sin 15 um sin gold; — waclite dog erst of, dat du
miindgold nog net ütbotäld kregen. d'r an od. um mänd worst; — he hed lium
mäiic , iiitiu, Mond. — Bedcnsart. u. d'r an mänd; — miin hum inseu wat au, dat
Sprichw.: de man is to ber; — löp an de Le wat fürt mäkd. — Compos.: au-, ge-,
man un plük sti'-reus; — 'u hof um de man, fer-manen. — Nd., mnd., nid. manen; mnld,
dat kan nog gän ; man 'n bof um de sünn, 20 maenen; afries. mouia od. monja, ; wfries.
dar kriten de scbippers-fröen uq kiiuler um. moanjen; scdl. mönje ; wang. monni; helg.
— Nd., ?(/(/. maan: mnd. mane, man ; mnld. mono; as. manon; ags. manjan, moiijan ;
maene; afries. möua; wfrics. moanne ; satl. acngl. manieu, monicn; ahd. manun, manen;
mäne, möne; nfries., wang. mm; helg. mim; mhd. manen. — Es gehört zwar mit lat.
as. mano ; aengl. möne; engl, moou ; an. 25 mouere (cf. moneren) zu derselben ]/ man,
mäni; norw., dän. maaue; schwed. iiulne; ist jedoch von einem Präter. man eines
ahd. mano; mhd. mäue, möne; goth. mena; älteren Verb, minan, mau, mun, niunan
griech. mene ; lit. menü. — 3Iit skr. mäs, (denken, gedenken etc., cf. 3 man u. mOncu)
mäsas (Monat); zend. mäonh (Mond, Mo- mit jan tvciter gebildet u. heisst wörtl. soviel
nat), mäonba (Mond); lat. mensis; lit. 30 als gedenk od. ein g e de nk machen. Zu
nicnesis (Monat); k.'<lav. mes^-ci (Mond, diesem verlornen minan, man, mun etc. ge-
Monat) etc. Wühl von der y ma od. ma hört iveiter auch goth. muuan (meminisse,
(messen, abmessen, abtheilen, eintheilen etc., cogitare, putare, sich entsinnen, sinnen,
cf. maien, mäteu etc.) u. so als Messender denken, meinen, glauben, dafürhalten etc.)
od. Messer der Zeit, bz. als das, wonach 35 u. munan (gedenken, tvollen etc.) ; «s. munau
die Zeit gemessen xoird od. als derjenige, in farmxman (nicht woran denken, verläugnen,
der die Zeit misst, bz. das Jahr u. die Zeit verachten etc.), soivie ahd. manen, moneu
in bestimmte Masstheile od. Abschnitte ab- etc. in ahd. far-, tir-manen, fir-moneu (ver-
n. eintheilt, aufgefasst. — Nach Fick achten etc., cf. (). Schad e unter favma,nCia),
(I, 176) gehört es jedoch nicht zu ma 40 icobei wegen der Vocale auch mögen (mag,
(messen), sondern zu mä (loechseln, tauschen). inug etc.) zu vergleichen ist. cf. auch niennen.
vx^ne.xaiiw, Mähne, der mit langen nieder- nianer, Mahner, Schuldeinforderer od.
wallenden Haaren besetzte Hals od. Nacken Schuldeintreiber ; — he hed alle dage de
von Pferden, Löwen etc. — Compos. : man- nianers um de dürc.
bär, Mähnen- od. Nackenhaar u. zwar a) 45 maiuT, Planier, Art u. Weise um Etwas
(collect.) das sämmtliche Haar der Mähne; zu handhaben u. zu behandeln u. zu thun,
— b) ein einzelnes Haar derselben ; — man- sich zu benehmen etc., Handhabung, Be-
kam (Mähnen- Kamm), a) Kamm loomit die handlung, Benehmen etc. ; — >vat süut dat
Mähne gekämmt od. gestriegelt tvird; — b) nu wer für wunderlikc maueren, um wat au-
Mühnc incl. des Kammes auf dem Halse; 50 tofaten un to dön ; — he hed sükke malle
— män-kappc, mänkap, Kappe womit die maueren in de kop, dat man d'r hei net
Mähne od. der Nacken bedeckt u. geschützt mal of klök üt worden kan ; — sine maueren
%oird, wie dies häufig bei cdclen liacepferden fan düu de mag 'k net lideu ; — wat is dat
M. theueren Luxuspferden geschieht. — Nd., nu wer für 'n luaner, dat du so stolt tegeu
mnd. mano, man; nid. maan ; hihW. maene; 55 mi büst? — Es ist das entlehnte franz.
afries. mona; nfries. (0 atzen) m;1n, iinui ; manierc; ital. mauiera; span. manera etc.,
satl. möne; ivang. münnc; aoigl., engl, manc; was nach Diez (I, 264) a?<s /«<. manuarius,
an. mou (Plur. manar); norw. maan, mün, luDidlich etc., von manus) entstand.
man, mun; dän., schwed. man; ahd. mana; m&nevv, Mahnerei ; — ik mag net altld so
mhd. mane, man. = Vergleicht man skr. 60 'n mauere (od. gemane) um de düre hcbben.
MANGEL
573
MANK
1. mangel, Mange, Mangel, Rolle jod.
Maschine mit Waisen zum Bollen u. Glätten
der Wäsche. — Nd.., nid. mangel; mnd.
nianga, mangel etc. — Nach Diez (J,2iJ.j)
u. AVeigand (cf. daselbst die Mangel)
etc. mit ital. maugano etc., hz. ahd. mango
etc. aus griech. magganon. — Nach Ftck
(III, 232) aber durchgängig entstellt aus
dem gleichbedeutenden nhd. Mandel, was
mit an. mönduU (Drehholz) etc. u. skr.
raantha (Quirl) auf die ]/ math, manth
(hin u. her bewegen, drehen, rühren etc.)
zurückgeht.
2. mangel , Mangel , Entbehrung , Noth
etc. ; — d'r is aferal mangel un gebrek an
körn etc. ; — he hed mangel lüden. — Nd.,
nid., mnd , schwed., dän. mangel, — Fehlt
ahd. u. mild., hat indessen nach ahd. man-
golon, mankolön ; mlid. mangelen, mangeln
(mangeln, entbehren) u. ahd. mangelunga
(Ermangelung, jactura) früher bestanden u.
geht mit ahd. mangön, mhd. mangen (ent-
behren) u. ahd. mengen (mangeln, gebrechen,
fehlen) entweder mit lat. mancus auf die-
selbe y od. auf ein aus lat. mancus (cf.
2 mank, 2 manken u. mankeren entstandenes
mang zurück.
mangel-körii, niengelkörn, Mengkorn, ge-
mischtes Korn. — Nd. mangelkorn, mang-
korn ; mnd. mankkorn. — S. unter mengen.
mangel-, mengel-kräm, gemengter od. ge-
mischter Kram od. durcheinander gemengtes
u. gemischtes Zeug.
mangel-nios u. mangel-mOske, allerhand
tmter einander od. durch einander gemisch-
tes od. durch einander gemengtes Zeug, bz.
ein Gemisch tc. Gemenge od. ein Mischmasch
von Zeug, zvie z. B. von Korn, Obst, Kar-
toffeln od. auch von sonstigen Sachen. —
Nd. mengelmoos, mank-moos; mnd. mank-
müs etc., cf. mos u. müs.
1. mangeln, mangeln, bz . auf der Mangel
rollen u. glätten.
2. ma,ngeilnj7nangeln, fehlen, gebrechen etc.
man-god, s. mandegod.
män-här, s. unter mane.
1. mank, auch manken, zioischen, unter,
durehhin, durch etc.; — he sat d'r midden
mank ; — manken de kinder is f ol strid ; —
mank 'n ander sitten od. don, geten, maken
etc. ; — manken j6 (zwischen od. unter
euch) ; — he hed 't d'r manken r8rd. —
Nd. mank ; ynnd. mank, manket, mankent,
mangen ; mnld., mfläm. manck ; afries. mong,
mog ; satl. monk ; helg. mank ; as. mang (in
an-gi-mang) ; ags. mang (in ge-, a-mang) ;
aengl. mang, mong (in bi-moug, a-mongst) ;
engl, mong (in a-mong); md. manc, mang.
— Vergleicht man die Wörter mangelkorn,
mangelkräm, mangelmos etc., so ist es klar,
dass mank od. mang etc. mit meng in mengen
(miscere etc.) em ii. dasselbe Wort ist u.
dass demnach mengen (s. d.) auch in ähn-
licher Weise %oie nhd. kl ecken a«s klakjan
5 (cf. klakken) aus einem älteren mangjan ent-
stand. Was nun aber loeiter den Stamm
mang betrifft, so halte ich ihn für das
Präter. von einem alten u. verlorenen Verb.
mingan, mang, niung, mungun (miscere), was
10 beim Vergleich von misken, miskmask, mask,
mangelkorn, mengen, mengsei etc. wohl mit
griech. mässö (für makjö), memaclia (drücken,
quetschen, kneten, zerdrücken etc.), mägeiros
(Koch), mageüs (Bäcker), mäza = raagja
15 (Teig od. Geknetetes; Brod) etc. vielleicht
zu der von Fick (I, 167) aufgestellten ]/
mak (zermalmen, kneten) gehört. Da nun
aber aus mengen u. mischen sich von
selbst auch die Bedtg. : durch einander
20 machen od. durch einander rühren, ver-
wirren, Unruhe stiften (cf. mnd. mengen
auch in dieser Bedtg.) ergiebt u. hieraus
auch die von : verwirren, trüben, verdunkeln,
bz. trübe u. dunkel machen etc. entstehen
25 konnte, so ist es beim Vergleich der Form
mank neben mang (s. oben) auch höchst
wahrscheinlich, dass zu dem obigen mingan,
mang, mung etc. auch der Stamm munk des
and. munken, miild. moncken (trübe u. dunkel
30 machen od. trübe u. dunkel sein etc., cf.
munkeln) gehört.
Vergleicht man nun aber ferner noch die
verschiedenen Bedtgn. von lat. turba als:
Unordnung, Verwirrung, Zerrüttung etc. u.
35 Schwärm, Haufe, Menge etc., so gehört zu
mang in der iirspr. Bedtg. : (bereits) ge-
mengt, gemischt, od. (bereits) unter w. durch
einander geknetet u. gerühH etc. ausser nd.
mengen (verwirren, Unruhe stiften, Streit
40 machen) u. menger (Verwirrer , Unruhe-
macher, Streitmaclier, Verhetzer) auch zwei-
fellos das as. gi-mang (Schaar, Haufe, Ge-
sellschaft, bz. consortium, concursus, turba
etc.), ags. ge-mang (die Menge, das Gemenge
45 etc. od. conventus etc.) etc., loomit das
Subst. menge (Menge od. Vielheit von Per-
sonen II. Sachen) übrigens völlig unverwandt
ist, da dieses von mennig abstammt.
2. mank, mangelhaft, fehlerhaft, gebrech-
50 lieh, lahm etc.; — dat is mank od. dat is
mankgod ; — dat perd is mank un läm. —
Auch subst.: Fehl, Fehler, Mangel, Ge-
brechen etc. ; — dar is gin mank an to sen.
— Nid., mnld., nd., mnd. mank etc. Mit
55 ital. (Diez, I, 262) manco, franz. manc
aus lat. mancus, was vielleicht mit kslav.
menkas (zu wenig) u. skr. manak (ein tvenig)
etc. auf eine ]/ ma, man als urspr. Form
der y mi, min (minuere) zurückgeht, wor-
60 über Weiteres unter min.
MAN-KAM 574 MAR MARE
iiifin-kam. | . ,. .„,,.„ stark etc.) genup; to, um dat to dragen od.
nian-kaj), I to don; — do stok (od. dat tau etc.) is
inaiikeiiifiit, iiiankolineiit, l'eliJer etc.; — maus (dick u. stark) ponug, um dat to lioldcu.
d'r sunt g("u iiuinkonioutin an. — Aus franz. inailschetto , Manschette, Jlemdärmel,
inan(juomcnt con uiano, cf. 2 mank. 5 llandkrausc. — Spricliic: mit manschetteu
1. uianken, *-. 1 mank. un liandskcs is kwäd dörskon. — Das franz.
2. uianken, hinken, lahmen, gebrechlich maiuliette von mancha (Aermel u. dies aus
sein etc. lat. nianica von manus (Hand),
mSL\ik^rfn,uiangeln, fehlen, gebrechen etc.; mun-schiu, 2[ond.schein. — Sjn-ichio.:
— maukOrd d'r wat ? — wat mankörd d'r 10 In"- kikd (od. tredt) so hög, as de pogge in
anV — mankörd di wat? — Aus franz. de mänscliin.
manquer von manc aus lat. mancus; s. maw-sv^k, 3Iann-siech, Mann-krank, krank
2 mank. um einen Mann.
mäii-kop, s. 2 man. mans-t'ar, 3[anns- Vater, Schioiegervater.
uiaulik, niannelk, >Hrt»H//c/f, cmem il/rtHHc 15 nian-skup, nian-selinp, Mannschaft, Ge-
od. erwachsenen voUkräftigen Menschen sammthcit von ]\Icns(licn od. JSIänncrn; —
gleich: — he sügt al rogt mannelk üt. \\\ mit unsc ganse manschup liünt dar hen
manliklioid, niannolklieid, Männlichkeit, wcst; — se sunt mit de licle manskup ütrükt.
Mannglcichhcit, männliche Kraft, Zeugungs- nian-slaj?, nian-slagt, Krschlagung eines
kraft, Gemachte, Hoden. — se bebben bum 20 Menschen, Todtschlag, bomicidium. — Nid.
5>in manliklu'id ofsncdca od. namen. mansiag, manslagt; nuild., mnd. manslacbt;
nian-nial, s. unter 1 mal. o/r/cs. monslacbte, manslacbta; rt.s. manslacbt,
man-liüwsk^männl. Mensch, Mannsperson, manslabta; ags. manslybt ; <j/tf/. manslaht ^^
als Gegensatz von i'römhisk, Fraicensperson. auch manslago, manslecco; mhd. manslecce.
manne, ein kleines Fischnetz ('aHc/i slötlä 25 nians-nior, Manncs-Mutter , Schivieger-
u. schiiflu'im genannt), ivelches um einen mutter. — S2)richio.: mansmor, is de düfel
starken lieif befestigt ist, an welchem sich afer de flür (Flur, Diele).
eine lange Stange befindet, mittelst tvelcher mans-tal (0. L. B., 314, S8S), Mannes-
das Netz auf dem Grunde hingeschoben länge; s. unter tal.
wird. — Fs ist zweifellos dasselbe Wort 30 man-sük, /. </. man-sek.
wie mande, manne (Korb) in der urspr. niantel (Plur. mantcls), Mantel, Ueber-
Bedtg.: Weidengeflecht. ivurf, Schutzkleid, Bekleidung von Holz,
manneken ». niantje, Männchen; — 'u Schutzwand von Holz od. Stein, Bäumen etc. ;
liitjet mannoken; — mannekens od. mantjcs — he deid siu mantel um; — he smit bura
raaken (Männchen machen, z. B. mittelst 35 de mantel afer de kop; — wen du 'n tun
der Finger an der Wand als Schattenspiel, (Garten) anlegst, den must du d'r erst bunieu
od. indem ein Jemand allerhand Sprünge umto planten, dat du d'r 'n mantel umto
od. Capriolen u. Possen macht wie eine krigst. — Sprichio. : be hangd de mantel na
Gliederpuppe). — Nid. mnld. manneken, de wind. — Aus lat. mantellum, mantclum
mannekin, wovon franz. mannequin (Glieder- 40 (pallium, Mantel).
2juppe). mantje, Dimin. von man; s. unter
mannen, mannen; — Compos.: be-, afer- manneken.
mannen etc. mantjen, (Jemanden) zu einem kleinen
Manno, 3Ianne, ml. Name; — Geschln. Manne od. Männchen (cf. mantje) machen;
]\Ianninga. — Wohl von man (3Iann, vir 45 daher überhaupt: klein machen, unterkriegen,
bomo) weiter gebildet. bezwingen , überwältigen , besiegen etc. ; —
manöver, Manöver, Kunstgriff, Kunst- he kau hum wol mantjen ; — he mantjed
stück, Kunst, Schlich, Schwank, Kniff etc.; luim, dat 't so 'n ärd bcd.
— wat mäkst du mi^ dar nu wer für ma- man-wark, s. mandewark unter mande,
növers ? — he hed altid allerhand manüvers 50 miindc.
b! d' ende. — Aus franz. manocuvre (Hand- 1. mar, nur, aber, jedoch etc.; — Nid.
griff, Kunstgriff etc.) etc. u. dies von lat. maar; jhhW. maer. — Entiveder mit Ueber-
manus, wonach es wörtl. Hand- Werk od. gang von s in r aus franz. ma,\s, od. ursjn'.
Hand-Arbeit bezeichnet. dasselbe Wort wie mer (mehr), da auch mer
mann (Mannes), kräftig, stark, robust etc.; 55 (mehr) im mhd. cds Conj. die Bedtg. : son-
— dat kind (od. dat wicht, de kö, de böm, dem, aber etc. (cf. mer) hatte.
de kerol etc.) is diigtig wat mans; — 't is 2. nuir od. niare (Flur, mären), kleiner
'n fujmans (vollmannes, voll ausgewachsenes, Fluss od. natürliche Wasserleitung, Abzugs-
vollkräftiges) kind; — 'n fulmanseu böm; Graben, Grenz-Graben etc.; — dat mär in
~ he is d'r mans (Mannes, bz. kräftig ti. 60 Brökmerland (ein kleines Flüsschen im Brak-
MARDER 575 MARGRETA
tnerlande, Amt Aurich). — Nid. (Weiland) mit zcnd. maregha, mercglia ^Fo^eZ) zu skr.
ein Wasser od. Getvässer , Landsee; ein mrg, i;^. marg, zend. msire.gh (umherschweifen
breiter Abzugsgraben etc. u. (cf. v. Dale) od. umherstreichen u. schioeifen etc.) gehört.
auch eine Vertiefung od. kesseiförmige Ein- Marc, Maria. — Modcr-Mart', Mare-mo.
Senkung in nicht vulkanischem Gestein ; 5 — Dimin. : Marekon, Marekc, Maiko.
mnld. maer, mer (staguum, lacus, palus, margel, s. das gebräuchlichere mergel.
piscina) ; afries. mar, maer od. mär, mare mar^elß, Sudelei, Schmiererei etc. ; s. das
(Graben, Abzugsgraben u. anscheinend auch folgende:
Landsee, wie auch nach J ap ix das wfries. 1. margeln, klecksen, sudeln, schmieren
marr diese Bcdtg. hat). — Es ist dasselbe 10 etc. ; — ho margeld en de ganse wand ful ;
Wort toie mer (Meer, Landsee) u. daselbst — de kinder miitten ea altid de ganse for-
das Weitere zu vergleichen. dör ful margeln; — he margeld wat toregt ;
niarder, Marder. Hier schon höchst selten, — alle wanden (od. boken etc.) sunt bemargeld.
doch wurde vor einigen Jahren in einem Wenn man die Verba : kreiden (von
alten Gebäude noch ein Stein-Marder ge- 15 Kreide), kleien (von klei) od. klemen, lernen,
fangen. — Nd. maarte ; mnd. marth, raarte, limen etc. vergleicht, so ist es zweifellos,
marder, mardel ; mnld. marter ; ags. meard ; dass dieses Verb, mit mergeln, bz. mnld.
ahd., mhd. marder ti. mhd. mart ; ital. mar- marghelen, merghelen (mit Mergel düngen
tora; franz. marte, martre. — od. überziehen etc.) ident. ist, bz. ebenso
Das lat. gleichbedeutende raartes ist loohl 20 ivie dieses von margel, mergel ; mnld. mar-
eher eine Entlehnung aus dem and., ags. ghel, merghel (marga, creta fossitia, terra
meard, mhd. mart, als dass dieses mit ahd. Candida, terrae adeps etc.) iveiter gebildet
marder etc. aus dem lat. martes entstand, ist u. soviel heisst als mit Mergel bestreichen
zumal da der Marder ein Säug ethier der od. beschmieren, bz. Mergel machen auf
nördlichen Gegenden ist u. die Römer mit 25 Etioas u. an Etivas etc. cf. auch das
denselben tvohl erst durch die von den Be- folgende:
wohnern der nördlichen Gegenden gekauften 2. margeln, mergeln od. a) (sinnl.) Mergel
Felle u. Pelze derselben mit diesen Thieren od. fette Dungerde etc. (s. unter 1 margeln,
bekannt wurden. Die urspr. Bedtg. von bz. unter mergel) graben od. ausgraben u.
meard od. mhd. mart, mnd. marth etc. ist 30 wegnehmen wo, bz. mit Mergel überziehen
wohl Mörder, weil es eben ein so mör- u. düngen, od. Mergel ge- od. verbrauchen
derisches u. blutdürstiges Thier ist u. gehört u. verwenden (als Dungstoff u. das Wachs-
das ags. meard od. mQdiVdih. jedenfalls eben- thmn beförderndes Mittel); — he margeld
sogut zur y mar wie unser mörd u. mörner od. (loie jetzt gewöhnlicher gesagt ivird)
od. das lat. mors, moriri u. mordere etc. 35 mergeld (gräbt u. ge- od. verbraucht Mergel,
märe, mär, Mahre, drückendes u. been- benutzt u. verwendet Mergel) net so lank,
gendes Gespenst. — Compos.: nagt-märe. dat he sin margel all' up un ferbrükt hed;
— Die gewöhnlichere Form ist hier mire, — h) (sinnl.) Mergel od. Dungstoff' u. (trop.)
mtrje u. ist unter Letzterem das Weitere zu das Mark u. Fett od. die stark u. fett
vergleichen. 40 machende Kraft (cf. 1 mark u. mergel) ge-
märe, TüKr, Mähre, Stute, weibliches Pf erd. u. verbrauchen od. loegnehmen; — he mar-
— Bedensart : he lett de lip hangen, as de geld dat land üt ; — he margeld sük üt (er
mär afert 't dode fäl. — Nd. märe; and. entkräftet u. schwächt sich, macht sich
mere ; mnd. mere, merie ; nid. merrie ; mnld. schioach , schlaff' u. mager etc.) ; — he
merie, merrie ; afries. merie, merrie ; nfries. 45 sügt gans üt- od. ofmargeld üt ; — he mar-
mar ; satl. märe ; wang. mer ; ags. myre ; geld sük of (er mergelt sich ab, schivächt,
aengl. mere, mare ; engl, mare ; an. merr ; mattet u. miedet sich ab, quält u. mühet sich
norw. merr, dicdect. maerr, mar ; schived. vollständig ab, mühet u. martert sich ab etc.)
märr, dialect. marr, mar; ahd. merihä, od. (wie ivir auch sagen) he ritt sük of, um
merhä; mhd. meriche, merhe. — Es ist das 50 mit sin arbeid klär to worden, bz. um 't
Femin. von ahd. marah, marach, marih, regte wörd to finden od. um hör to helpen
marh ; mhd. march ; md. mar ; ags. mearh, etc. — Mnd. mergelen ; mnld. marghelen,
mear; an. marr. Wohl mit dem gleichbe- merghelen (marga stercorare agrum, margain
deutenden welsch, march ; ir. mare aus akelt. adhibere agris) ; nid. mergelen (mergeln, mit
marka (Pferd). — Da g sich nach r im 55 Mergel düngen; abmergeln, ausmergeln, des
air. zu c, bz. k verhärtet (cf. Schleicher, Markes berauben, entkräften etc.).
Chrestom., pag. 240), so würde zu ir. mare, Margreta , Margret , Magreta , Magret,
akelt. marka das aind., ved. mrga, bz. marga Megret, 3Iergret (gekürzt Greta ; Dimin. :
(Gazelle, Antilope; überhaupt jedes ivilde (jv^tjei), Margaretha. Margereta ot?. Marga-
frei umherschweifende Thier) stimmen, xvas 60 rita ist entlehnt aus lat. margarita u. eins
MARGRETENDAG 576 MARlt
mit griech. margaritcs (Perle). Dieses seihst dän. niarv ; schiveä. niärg , aJid. marg, marag,
ist aber auch wieder ein Lehnwort n. marc, mark, niarac ; amhd. march ; mhä.
7cahrsihei)il. urs2)r. eins mit as. merigriota, marc. — cf. sJcr. niajjan, iiiajjä od. maggaii,
mcri'grita ; ar/s. moregreot; ahd. marigri'Oz, magga; send, niazga; njicrs. magli2 ; afyh.
mcrigrioz, luerigrüoz, moricri-oz ; inltd. mer- 5 maghzali; osset. maghz od. mazg ; kslav.
griczo (Meer-Gries, Meer-Kies, Meer-Korn ; mozgü (Marl-, modulla u. send, auch Ge-
Perle) als Compos. von: mcri (Meer) «. hirn), xcas wahrscheinl. ein in ein anderes
griota, grcot etc. (Gries etc. od. Zermalmtes) PJtwas e i n g etauchtc s od. versenktes u.
von griotan, griozan etc., s. Weiteres unter eingelassene.'^ Etivas (u. so auch ein Inneres
gürte. 10 u. von Aussen Unsichtbares, bz. das Innerste
Ist es übrigens richtig, dass das Wort u. Inioendige) bezeichnet u. zu der y niajj
margarita od. as. merigrita; j««rf. margarite od. magg (niergeri , mcrgi) gehört, wofilr
in der ausschliesslichen Bedtg. : Perle, wie Fick (I, 722) eine idg. Form masg (wie
Wacker na gel, kl. Schriften I, 71, he- für niajja od. majjaii ein 2Vtc?«rt masga) an-
merkt, schon eher bei den Germanen be- 15 setzt, deren inlautendes s im lat. mcrgo,
stand, bevor sie in Europa eimvanderten, mcrgiis etc., sowie im germ. marga (modulla)
so könnte es auch möglich sein, dass der in r (cf. leren = goth. laisjau etc.) über-
ztceite Theil garita gar nicht mit griota, ging u. tvubei für die urspr. Form masg
griot, od. goth. erinta ident. toäre, sondern auch der Um.stand spricht, dass das skr.
vielmehr zur ]/ ghar, ghr (brennen, flammen, 20 majj od. magg gewöhnlich masj od. masg
glühen, glänzen etc., cf. as. glitan, glänzen (cf. Popp unter magg) geschrieben ivird.
etc., an. glit, Glänzendes, Glitzerndes etc. Ist nun aber marga wirklich aus masga
von gli, bz. glili, ghal aus gliri, ghar, ivovon (s. unten) entstanden, so würde dazu auch
auch lit. zeriii, zcröti, glänzen etc.) gehörte das lat. P'rondwort (akclt. od. agerm. ?)
u. demnach garita nrsjir. ein glänzendes, 25 marga (Mergel) stimmen u. (weil der Mergel
helles, leuchtendes od. schimmerndes Etwas gexvöhnl. tief sitzt u. im Grunde versenkt,
u. so auch einen glänzenden Schmuck od. od. der tiefliegende Untergrund ist) dem-
eine Perle bezeichnet hätte, wo dann die nach auch dieses marga nrsjjr. mit dem aus
Vorsilbe mar sich einfach auf den Fundort masga entstandenen marga (modulla) ident.
im Meere od. im Wasser od. überhaupt auf 30 gewesen sein können.
das Meer od. Gewässer (cf. 2 mar u. mer) Zum Schlüsse sei übrigens noch erwähnt,
bezieht, wie dies ja auch bei ahd. marigrioz dass Ferd. Justi ausser mazga (Gehirn,
etc. der Fall ist. Blark) auch noch ein zend. merezu mit der
MarjEjrt'tcndag od. Margreten (13. Juli) Bedlg. Mark aufführt, was er zu mdn-cz
wird auch häufig pis-Margret genannt, ivcil 35 = skr. marj, idg. marg (streichen, streifen,
es, im Fall am 13. Juli Begen einfällt, tvischen etc., cf. auch 2 mark u. molk, mol-
dann meistens 6 Wochen hindurch regnigt ken) stellt, dessen Grdbdtg. (als Weiterbil-
u. 7iass bleibt, wie denn überhaupt nach düng von mar, reiben, zerreiben, aufreiben,
dem Volksglauben das Wetter des Marga- tödten) aber jedenfalls auch r eibcn (gleich-
rethen-Tages die Witterung der nächsten 40 viel ob mit Anwendung von Druck u. Kraft
0 Wochen bestimmt. Daher Wittcrungs- ein Etwas zerreiben u. zerkleinern, zer-
regel: Margreten deid scs wäken heton malmen etc. [cf. 1 malen u. mal etc.] od.
(Jieizen) of sos wäken geton (giessen od. mit od. ohne Anwendung von Kraft u. Druck
regnen). fahren über Etwas hin u. so auch : w i sehe n,
iiiai'jen-blöme , Marienblume, Massliebe 45 streichen, streifen etc. od. abwischen, reinigen,
(hellis pcreiiuis), auch marlefke «. moder- bürsten etc.) ist, wobei man dann bei marezu
marlefko genannt. (Mark) u. bei unserm germ. marga (Mark,
1. niai'k, Mark od. die innere fette toeiche (cf. auch Grütze u. brägcn in der Bedtg.
Substanz der Knochen, Bäume u. Pflanzen ; Gehirn n. dazu zend. mazga, Gehirn u.
flg. Gehalt, Kraft od. Kern. Bestes, Nähr- 50 Mark) auch ebensogut annehmen könnte,
haftes etc. ; — he sugt hum 't mark üt ; — dass das Wort mark cds der weiche Inhalt
d'r sitt od. he hed gen mark in de knakon ; der Knochen u. Bäume ursjjr. blos ein zer-
— d'r sitt gen mark in hum etc. ; — dat riebenes u. iveiches Etwas bezeichnet hätte,
geid en dür mark un ben. — Nd. mark ; bz. dass das germ. Thema marga mit zend.
mnd. march, mcrch ; nid. marg, merg ; vinld., 55 merozu (Blark) zu einer y marg als Weiter-
mfläm. margh, mergh ; afries. merch, merg ; bildung von mar (reiben, zerreiben etc.)
wfries. mergc; nfries. marg ti. (Outzen) gehört.
mark; wang. mirich ; as. marg; ags. mcarg, 2. mark, Zeichen, Kennzeichen, Merk-
mearli ; acngl. mearg, marg, nieari, mari ; zeichen etc. ; — ik hohb' min mark d'r up
eH<7/. marrow; «w. mergr; «o/"w. merg, marg ; 60 miikt (od. uphaucn, upsetd, insnedeu, inhaueu,
MARKBAR
577
MARKEN
inbrand etc.) dat ik 't altid wer kennen kan ;
— fan dat mark is niks raür to sen. — Nd.
mark; nid. merk; -»duI, mnld., vifläm. marck,
merck; vihd. marc; an., norm, mark; schwed.,
rZä«. marke. — 3Iit nhd. Mar he (Zeichen
etc.), sowie Mark in der Bedtg.: Grenze
(cf. z. B. Körner: hier steh ich an den
Marken meiner Tage u. das Comj^os. Mark-
seheide) u. abgegrenzter Bezirk od. Land-
strich, Bezirk, Provinz etc. (cf. die Mark
Brandenburg etc. od. das (^ompos. Mark-
graf), bz. afries. merka, merk (cf. sterk,
sterik = nhd. stark), merik (Zeichen, Mal,
Wu7idmal od. nota, Signum, macula ; Grenze ;
Landstrich, Bezirk od. abgegrenzter Bezirk) ;
satl. merk (Grenze) ; mnd. mark , marke,
merke (Mark od. abgegrenzter Landtheil u.
Bezirk als gemeinschaftliches Eigenthuin einer
Gemeinde, Feld- od. Dorf-Mark etc.); as.
marka (Grenze, Bezirk, Landstrich, abge-
grenzter Bezirk); ags. mearc (nota, Signum;
limes, finis etc.) ; aengl. mearke, merke ; engl.
mark (Marke, Zeichen etc.) ; ahd. marka,
marca, marcha, maracha, marhha, marha;
anihd. marche ; mhd. marke (Grenze; Grenz-
land; abgegrenzter Landestheil, Bezirk, Pro-
vinz ; einer Gemeinde zugehöriges Gesammt-
eigenthum ; Wald) ; goth. marka (Grenze,
Grenzland), soioie auch wohl an. mörk,
markar od. markr (Wald als Grenzland od.
das was die Länder scheidet u. trennt u. so
iirspr. auch = Grenze od. Grenz-Scheide etc.)
etc. von derselben y gerni. mark ; idg. marg ;
skr. marj (streichen, streifen), wozu auch
lat. margo (Band, Kante, Grenze) gehört u.
wonach dann das auch für unser Neutr.
mark anzusetzende Thema marka ebensowohl
wie das goth., ahd., as. marka etc. u. lat.
margo urspr. blos die Bedtg. : Strich od.
Streif, Streifen (cf. sträk «. sträp etc.)
gehabt hat.
Von goth., ahd. etc. marka etc. stammt
ital, span., port. marca; franz. marque,
marche (Zeichen, Grenze); ital., span., port.
marco ; prov., franz. marc ; afranz. auch
merc (Zeichen, Mass) ; Verb. : ital. marcare,
marchiare; span., pori., j^rov. marcar; franz.
marquer; afranz. auch: merker, merchier
(bezeichnen), marchier (angrenzen) ; desgl.
Suhst. : ital. marchesc ; sjjan., prov. marques ;
franz. marquis (Markgraf) etc.
Wegen der ]/ marg s. Weiteres unter märe,
1 mark ii. melken u. sodann ivegen mark als
bestimmtes abgegrenztes Gewicht u. als Münze
von gewissen abgegrenzten Werth des Wei-
teren bei W eig and, Fick (III, 234)
u. Anderen.
markbar, merkbar, bemerkbar etc.; —
dar is niks fan markbar.
markel-dag, Merkel- od. Merk-Tag, d. i.
3, ten Doornkaat Eoolman, Wörteibucb. II.
Zeichen- od. Anzeichen- u. Vorbedeutungs-
Tag od. Tag der besonders gemerkt u. ge-
kennzeichnet ist u. ein besonderes u. be-
merkenswerthes Zeichen u. Gepräge hat od.
5 ferner auch Tag, den man sich vorzugsweise
merkt, anmerkt, bemerkt u. aufzeichnet, weil
er wegen irgend eines Ereignisses besonders
wichtig u. ein Gedenk- u. Frinnerungstag
an selbiges ist ; — de erste dre fredagen na
10 lechtmis sunt markeldagen^ up 't förjär, de
sömmor un de harfst ; — bi sük markeldagen
kau man 't am besten beholden, wen d'r wat
besünders in 't läfen un in d' familie för-
kamen is ; — he hed aferal sin markeklagen
15 för. — Nd. (Dähnert etc.) markeldag.
mäi'kelik, niarkelk, merklich, bemerklich
etc. ; — dat is markelk genug , dat he alle
dage swakker word.
1. marken, merken, mit einem Zeichen od.
20 Merk verschen, zeichnen, bezeichnen etc. ; —
de faten un de balken sunt so markt, dat
elk gllk wet, wel se tokamen. — Nd. marken ;
mnd. merken, marken ; nid. merken ; mnld.
marcken, mercken. cf. loeiter :
25 2. marken (murk, murken u. auch markde,
merkte u. markd od. markt, gemerkt, bemerkt),
merken, bemerken, loahrnehmen, spüren,
verspüren etc.; merken od. schreiben, zeichnen,
notiren, anmerken, bemerken, einprägen, auf-
30 zeichnen etc.; — he murk d'r niks fan, dat
ik hum anstötde ; — best du 't wol murken,
dat he uns bedrügt ; — all' wat ferköft word,
dat must du di marken ; — he markt dat
od. markt sük 't all' genau an un up, wat
35 he hörd un sügt; — he hed sük de pris
markt od. an-, upmarkt; — mark di dat,
wat ik dl segd heb'. — Nd. marken ; nid.
merken ; mnd., mnld. marken , merken ;
afries. merkia; wfries. (Jap ix) merckjen,
40 mierckjen ; engl, mark (v. n.) ; an. merkja
(kenntlich machen, bezeichnen ; vermerken,
aufzeichnen; unterscheiden; bedeuten, sig-
nificare; wahrnehmen, bemerken); noriv.
merkja; schwed. märka; dän. marke; ahd.
45 (markjan, merkjan) merkan, merchan, mer-
chen, merken; mhd. merchen, merken (be-
achten, Acht geben auf etc.; ivahrnehmen,
bemerken, beurtheilend u. auslegend ver-
stehen; im Sinne behalten, merken; einen
50 tadelnd beurtheilen ivorüber ; mit einem Mark
od. Merk (mhd. marc) versehen.
Dieses Verb, gehört ausschliesslich ebenso
wie zoohl auch 1 marken zu dem Neutr.
mark (s. 2 mark) u. heisst soviel als mark
55 od. Merk, Zeichen etc., Signum, nota (bz.
urspr. Stric h), mit einem spitzen od. schar-
fen Etwas (Griffel, Feder, Stichel, Messer
etc.) machen (in od. auf Etwas). Was je-
doch as. markon (anordnen, bestimmen;
60 merken, bemerken, aufmerken); a<7s. mearcj an,
37
MARKET
578
MARLIN
merkjan, myrcjan bezeichnen, sulcare, fodere,
scribere, siynare, b:. notare, designare, do-
ccrncrc etc.) ; aenrjl. niearkien ; engl, mark
(v. a.) ; «»• niarka (kennzeichnen, abbilden;
erkennen, schlicsscn auf (Etwas); nono.
marka, mcrka; .sc/iM'f(/. märka; rfri«. marke ;
ahil marcön,marrhöii (abgrenzen, bezeichnen,
bestimmen, abschätzen etc.) betrifft, so lässt
es sich nicht mit Be.-<timmtheit sagen, ob diese
ausschliesslich zu goth., as., ahd. marka;
as. moarc etc. gehören, od. nicht auch theils
von mark (signum , bz. das Zeichen, cf.
2 mark) weitergebildet sind, was zweifellos
aucJi as. u. ahd. bestanden haben wird.
nKirket od. niarked, markt, a) Markt als
Platz, Ort od. Stelle u. auch als Tag od.
Zeit wo Handel stattfindet ; — d'r stau f51
kramen od. d'r is föl drokte un handel up
't markt ; — li6 wand up 't market ; — um
pingster hebben wi dre dagen markt; — so-
dann ferner auch b) Markt im Sinn von
Handel od. Kauf u. Verkauf von Waaren
od. auch im Sinn von Tanzbclustigung od.
Zusammenkunft zum Tanze od. Genuss
sonst. Vergnügungen; — d'r word bold wer
markt holden, war allerlei küft un ferköft
word; — dat wicht un de junge hebben
pinkstcrmarkt (am Pfingstmarkte) mit 'n
ander markt holden. — Bedcnsart : he is lan
alle markten wörki'rd od. up alle markten
to büs. — Compos. : marktdag, markttlek,
marktgaug, marktgöd od. marktwäre, markt-
kräm (Marktbude), marktschip etc. — Afries.
market, merket, merkad; ahd. merkät, mar-
chiit ; mhd. market, markt, mark, merkt,
merk etc. — Ans u. von lat. mercatus von
mercari (handeln, Handeltreihen etc.) u. dies
von merx (Waare etc.).
markten, markten, handeln, feilschen etc. ;
— se markten d'r um, man se künen net
regt klär mit 'n ander worden.
marlefke, gekürzt aus: mareen- od. marjen-
lefke (Marien-Liebchen); s. marjen-blöme.
Statt marlefke heisst sie auch mallefke,
meli'fke od. modermarlefke (d. i. Mutter-
Marien-Liebchen), sowie raoilefke (Schön-
Licbchen) u. modermöileflce.
\\\w\^w (Naut.), a) das Saumtau od. Leich
(cf. 3 lik) am Segel mittelst dünnen festen
Garn (marlTn genannt) in der Weise fest-
nähen, dass jeder Stich u. Umschlag des
Garns durch das Segel u. durch od. um das
Tau mit einem sog. marlslag (s. d.) od. (wie
wir auch sagen) einem halben Stich (nid.
kettingswijze) festgesteckt wird; — b) (cf.
Bobrik, naut. Wb.) überhaupt ein Etwas
)nit einem dünnen Seil od. einer Leine in
der oben beschriebenen Weise befestigen. —
Nid., nd. marlen ; schtvcd. märla; dän. (cf.
Bob r i k) mürle ; engl, marl (dasselbe) ;
aengl. (St rat mann) merlin (illaqueare).
Danehen auch engl, marline ; franz. merliner
(l'attacher ä la ralinque avec du merlin,
marlen, anmarlen etc.), was aber wohl nicht
5 vom Verb, marlen, sondern vom Sahst.
marlin (s. d.) weiter gebildet ist.
marlen lieisst so viel als (ein Etwas) loieder-
holt od. zwiefach u. doppelt fest machen od.
fest stecken, fest nähen etc. u. steht für
10 marreln, marrelen als dem Iterativ von nid.
marren, maren, merren (a. binden, festbinden,
befestigen, festmachen etc. ; — b. zügern,
säumen, aufschieben, verzügern etc.); vinld.,
mjläm. marren, merren, maren, meeren ; alid.
15 marrjan, marran, marren, merran, merren ,
mhd. merren ; as. merrjan, merri-an (impe-
dire, retardare, aufhalten, behindern ; be-
festigen, anbinden, anschirren ; sturen, errare,
scandalizare ; fastinare); afries. meria od.
20 merja; ags. mearrjan, merran, myrran, mirran
(errare, impedire etc.) ; aengl. marren, merren ;
engl, mar etc. (wovon auch prov., afranz.
marrir, sich verirren; ital. smarrire, hindern,
vertvirren etc., s. weiter bei 1) i e z, I, 260),
25 toas hüchst loahrscheinl. mit Uebergang von
s in r aus ursjjr. marsjan entstajid u. dem-
nach mit goth. marzjan (scandalizein ; impe-
dire, ottendere etc.) ident. ist. Was nun
aber das goth. marzjan od. marsjan betrifft,
30 so ist es klar, dass dieses von einem Stamm
mars od. Thema marsa (urspr. wohl marsba)
mit jsin fortgebildet ist, der od. das zu einer
von mar, mr weiter gebildeten sekundären
y mars od. marsh gehurt, ivohei 7nan beim
35 Vergleich von goth. marzjan u. ahd. marrjan
zunächst wohl an skr. (cf. Benfeij) mrisli
(to bear, to endure patientely; to snffer;
to let; to pardon) zu denken hat, über dessen
Weiterbildung aus mar od. mr ich mich
40 beim Vergleich von send, maresh (sterben,
todt u. still loerden od. sein, ruhen, sich
nicht rühren, stille u. tinheioeglich sein etc.),
marsha (Tod od. Sterben etc.) hier nicht
weiter verbreiten will u. nur noch tcegen
45 der Zusammenstellung von goth. marzjan
mit skr. mrsh (vergessen) a«/ mars hei Fick
(II, 434) vertveise.
marlin n. marling, dünnes festes Seil (od.
Band, Tau, Leine zum Binden u. Fest-
50 machen od. Fesseln von Etwas. — Nid.
marlijn M. marling, meerling; wfries. (Japi.r)
merlijune; engl, marline; schwed. (cf. Bo-
brik), dän. marling; franz. merlin; ^wrt.
marlim ; ital. merlino di due.
55 Dieses Wort scheint mir nicht zum Ite-
rativ marlen od. marrelen, marreln, sondern
eher zum Verb, marren, iLaren, merren,
meeren (festmachen, binden etc., bz. hindern,
hemmen etc., s. unter marlen) od. zum Sub.'^t.
fiO afries. mere (Band, Fessel) zu gehüren, wie
MARL-PREM
579
MARS
dies auch mit dem mnld. (KU.) meertouwe
(rudens) der Fall ist u. wie auch afries.
meringa (Hemmung, Hinderung) ; ags. mca-
rung myrring ; aengl. merring ; engl, marring
(Hinderung, Störung od. Schaden, Nachtheil
etc.); mnd. merringe, marringe (Aufenthalt,
Hemmung, Verzögerung od. Zögern, Säumen)
etc. zu meria od. merja; ags. mearrjan etc.
(s. unter marlen) gehört.
marl-prem od. marl-spiker, der zum marlen
od. festnähen , feststechen , festmachen etc.
gehrauchte Pfriemen od. Nagel etc. — Nid.
maripriem ; engl, marline- od. marling-spikc ;
schwed. märlepry] ; dän. märlespiger.
marl-rep od. inarltan, Seil od. Tau zum
marlen od. Festbinden u. Festlegen von Etwas.
— Nid. marlreep, marltouw.
marl-slag , Marlschlag , bz. Schlag od.
Schlinge, Verschlingung, Knoten etc. ivomit
man Ettoas festmacht od. festet. — Nid.
marlslag; dän,, schwed. märlslag; engl.
marlingknot.
marl-tan, s. marlrep.
marmel, a) Marmor; — b) eine Kugel
von Marmor, auch murmel genannt. — Com-
pos. : marmelsten (Marmorstein) etc. — Nid.
marmel ; nd. marmel, marrel ; mnd. mermel.
— Statt marmeln = nid. marmelen ; nd.
mermeln (marmoriren) gebraucht man hier
(wenigstens in der Stadt) schon meistens
das dem nhd. entlehnte marmoreren od.
marmereren.
mSr-perd, eine Mähre od. Stute, bz. ein
weibl. Pferd u. loörtl. ein Pferd, tvas eine
Mähre u. kein Hengst ist. Compos. von
märe w. perd, wie das hier gleichfcdls ge-
bräuchliche hingstperd von hingst u. perd.
Das mnd. (Seh. u. L.) märpert od. mäer-
pert wird dasselbe sein ti. mär, bz. mäer
schwerlich mit mör (dem contrah. moder)
ident. sein.
mär-röddik od. mar-röddik (auch peper-
wurtel genannt), Meer-Rettig (cochleäria
armoracia). — Ähd. meriräticli, merrätih,
merrätich; mhd. merraetich, merretich ; mnd.
merreddich , mirredich ; nd. marreddik u.
(contrah., cf. Schambach) marreik;
wetterauisch meredsh, mercli ; mrhein. mir-
retich ; nid. (contrah.) mierik, raerik u. auch
mierik- od. merikwortel, zeeradijs, meer-
radijs, meerredik, hoerenradijs, waterpeper
genannt. — Trotz des gleichbedeutenden engl.
horseradish (d. i. Pferde-Rettig od. Pferde-
Radies, cf. röddik u. radis) hat die erste
Silbe mär, mar od. ahd. meri etc. doch mit
märe (Mähre) od. dem ahd. maraha (Pferd)
nichts zu schaffen, da meri-rätih zioeifellos
ein Compos. von meri (Meer) u. rätih (Rettig)
ist. Dass aber meri-rätih soviel (cf. Schade
u. Weigand) als über das Meer ge-
kommener überseeischer Rettig be-
deutet, glaube ich kaum, da meri (cf. mör u.
2 mär) hier zvohl in der cdlgemeinen Bedtg.
Wasser od. vielleicht in der von: lacus,
5 palus , fossa etc. steht u. demnach diese
Pflanze od. Wurzel wohl daher ihren Namen
hat, weil sie in Wassergräben u. kleinen Bä-
chen einheimisch ist. Vergl. dieserhalb auch
mnld. (KU.) macr-radijs (raphanus rusticanus,
10 sinapi persicum), — maer-wortel, mcrwortel
(eryngiura, marinum od. radix marina), —
maer-koet, mer-koet (Wasser-Huhn) etc.
marokske, cdtes Weib, Hexe, Zauberin
etc.; — 't is 'u olden marokske. — Fs ist
15 möglicherweise aus mare od. mara (incubus,
cf. mirje) in der Weise entstanden, dass zu-
erst von diesem ein Dimin. u. Femin. ma-
reke , marake (cf. das wallon. marke in
chaude-marke, bz. bei Diez, II, 359 unter
20 mare) gebildet u. von diesem Femin. dann
nochmals ivieder ein Dimin. marakske od.
YCiSiVok^'k.Q gemacht lourde, da Letzteres jeden-
falls ein Dimin. ist, ähnlich wie pastörske
von pastor, — od. mesterske von mester, —
25 sniderske von snider etc.
1. mars, Plur. niarseii, der Mastkorb od.
der sog. Korb oben am 3Iaste grösserer
Schiffe, loelcher gewöhnlich nur aus einem
um den Mast gelegten, auf den Sahlingen
30 ruhenden Brettergerüst besteht. — Compos. :
fok-, besän-, röster-mars. — marsklampe,
marsrä, marsschote, marsseil, marsstenge etc.
— Nid., nd. mars ; mnd. merse ; mnld.
meerse; norw. mers; dän., sehived. märs. —
35 Dieses eigentlich nid. Wort hat wie das da-
mit ident. ivfries. (Ja 2^ ix) mersse im nid.
auch die Bedtg. : Kiejje od. Tragkorb eines
Krämers od. Trödlers u. Hausir er s, welchen
der Krämer etc. gefüllt mit allerlei Waare
40 od. Kram zum Verkauf auf dem Rücken
od. vor dem Leibe trägt. Vergleicht man
bei KU. die Wörter: meerse,meerserije (raerx,
mercimonium, vulgo merciaria; franz. mer-
cierie; ital. merche; span. mercaderia; engl.
45 mercerie); meerse, meerskorf (corbis insti-
toris, canistrum institorium, sporta vimenea) ;
meersman (circitor , circuitor ; qiü merces
distrahendas vicatim circumfert) ; meers-
mande (canistrum institorium) ; meersenier od.
50 mersenier (circitor, tabernarius, bz. Krämer,
Hausirer etc.) etc., so ist es klar, dass nicht
allein diese Wörter, sondern auch mnld.
meerse ; mnd. merse «. das daraus entstandene
mars als Korb am Mäste u. als mit allerlei
55 Waaren gefüllter Korb eines Krämers od.
Hausirers mit ital. merche etc. aus dem lat.
merx (Waare, Handelswaare od. überhaupt
Ding, Sache) entstanden sind. Sieht man
nun aber weiter wie das Wort kram aus
60 der Bedtg. : Bude zum Verkauf von Waaren
37*
MARS
580
MAERT
u. Sachen etc. in die Bedtg. : Kramwaare
od. iiherhaiipt in die von Wnare, Ding,
Sache etc. überging, so ist es auch denk-
bar, dass hier umgekehrt das aus merx od.
aus ital morche, rect. merce entstandene
mnld. mcerse aus der urspr. Bedtg. : Waare,
Handelswaare od. Sache etc. (s. oben meerse
= nicrx) in die von Korb od. Behiüter für
allerhand M''aaren u. Sachen etc. m. so über-
haupt in die Bedtg. Korb etc. überging.
Dass aber von merx als Waare od. Sache
etc. auch ein Subst. mcrsü od. meorsii(Waaren-
Ding, od. Waaren-Sache) entstehen n. hier-
aus wieder die Bedtg. Waarenkorb od. Korb
u. Behiüter für allerhand Waaren hervorgehen
konnte, ist klar, sowie es ferner auch möglich
ist, dass von den Compos. : mecrs-korf u.
ineers-mande (korf u. mande sind synonym,
cf. 2 mande) im täglichen Gebrauch wieder
die Wörter korf u. mande abgeworfen lourden
u. dann meerse od. mars dieselbe Bedtg. wie
diese Wörter behielten u. hieraus dann in
die alleinige Bedtg. Korb übergingen.
2. mars od. marsch, 3Iarsch, Gang, Fuss-
tour ; — liö lied al 'n dügtigen mars mäkt.
— Verb, marseren, marschOren, marschiren,
laufen etc. ; — he kan diigtig marseren. —
Wegen des Ursprungs des franz. marcher
(marschiren od. reisen, gehen etc.) u. marche
(Marsch od. Gang, Tour, wovon ital. mar-
ciare , ven. marchiare; span. marchar, cf.
Diez, II, 358 seq.) sei bemerkt, dass diese
Wörter vielleicht auf marche (Grenze etc.)
M. mit diesem auf ahd. marka (Grenze,
Grenzland, Provinz, Landstrich etc., cf. 2
mark) zurückgehen.
mars, Arsch, Podex od. der Hinterste ; —
he hed so 'n dikken märs, dat 't ürdondlik
'n liist is, um hum d'r cn up to klappen.
— Im hiesigen Sprachgebrauch ist es seiner
Bedtg. nach massiver od. plumper u. gröber
als närs, mit ärs (Arsch) aber nicht allein
begrifflich, sottdern auch im Sprachgebrauch
(cf. likk' mi in de märs od. in de ars) gleich.
— Ist es aus min ärs contrahirt u. entstanden,
wie närs vielleicht aus en od. 'n ärs ? Schioer-
lich: vergl. mnd. Wb. III, 1 ti. 142.
märs-darm, Arschdarm, Mastdarm.
raärs-ende, das Ilinterende eines Gegen-
standes, z. B. einer Garbe, einer Scheune etc.
marsk, mask, Marsch, a) der die hohe
Geest umgebende früher vor dem Bestehen
der Deiche, von den Meeresjluthen oft über-
strömte, durch Meeresamouchs entstandene
u. aus fruchtbarem u. fettem Kleiboden be-
stehende Küstenstrich, wie z. B. die Wester-,
Lintler-, Oster-marsk etc. ; — Sprichw. :
harr' de Westermarsk gen dik, so was d'r
nH sins glik ; — b) eine grössere sumpfige
Niederung od. ein grösserer von vielen
Wasserläufen u. Gräben durchschnittener
Landcomplex, dessen Boden aus vermoderten
Wasserpflanzen u. Sumjyfgräsern besteht n.
welche icegen ihres wasserhaltigen Bodens
5 sowohl od. weil sie auch sehr oft inundirt
ist, gewöhnlich nur als Meedland od. auch
zum Weiden benutzt 2vird, z. B. die Victor-
burer-, Engerhafener-, Bedecaspeler-marsk
etc., welche Landcomplexc deshalb oft auch
10 mede od. meden (z. B. Victorburer meden
statt Victorburer-marsk) od. auch hamrik,
Flur, hamriken od. hammerkeu (cf. hamrik)
n. mor (cf. z. B. die Ortschaft Neer- od.
Nedder-mör u. das sog. läge mür bei Norden)
15 heissen. — Nd. marsch, masch; hess. (Vil-
mar) masch; mnd. mersch, marsch, masch;
«7(Z. marsch (in msirschland, Moorland, fettes
Kleiland, niedriges, morastiges Land) u. (Süd-
holland) meersch (Morast, Wiese, Aue, Wei-
20 de); mnld. maersche, mersche, meersche,
marse (palus, pratum hyeme plerumque aquis
tectum, pratum palustre, locus palustris et
vliginosus); engl, marsh; aengl. mersh; ags.
mersc. — Wohl nicht entlehnt aus mlat.
25 mariscus (Sumpf), sondern wohl eher mit
diesem u. (cf. Diez, I, 265 unter marc)
ital. marese (Lache, Sumpf) ; afranz. maresc ;
nfranz. marais etc. direct von mar, maer,
mer (cf. 2 mär ii. mer) in der allgemeinen
30 Bedtg.: Wasser od. nasses feuchtes
weiches fl ü ssiges Etwas etc., zumal da
es ja ebensogut möglich ist, dass sowohl
mlat. mariscus u. ital. marese ; afranz. maresc
etc. aus dem agerm. marcsk od. marsk,
35 mersk entlehnt u. entstanden sind, als dass
diesem das lat. mare zu Grunde liegt.
Was nun aber formell unser m&v&k, morsk
od. m)ild., mnd. marsche, mersche u. ags.
mersc betrifft, so halte ich dafür, dass diesen
40 Formen in ähnlicher Weise wie dem Subst.
Mensch (cf. minsk od. minske) ein Adj.
marisk, merisk (d. i. meerisch od. wässerig,
sumpfig, moorig etc.) zu Grunde liegt u. dass
demnach marsk od. marsch, marsche, mersche
45 ivörtl. ein meer isches od. w äs s er ige s,
7iasses, feuchte s, lo e i eh es, s u m pfi-
g e s, ni oor ig es Etwas bezeichnet.
Märt od. 3Iert, März (mensis Martis). —
Redensart, n. Sprichw. : Märten späk (Trocken-
50 Jieit, Dürre etc. od. Sj^alten u. Reissen des
Bodens in Folge von Dürre) gift rogge in
de sak ; — Märt hed 'n krull' in de stert,
od. auch : Märt rürd de stert ; — 'n drügen
Märt, 'n nattcn April un 'n kolden Mai,
55 fülld keller un schür un brengd föl hei; —
de arfton un boncn wil äteu, dürd de Märt
nf't fergätcn; — molt in de Märt, is gold
würd ; — 'n natten Märt, de öst (cf. 1 öst.
Ernte, Ertrag etc.) fertärd; — Märtengras
GO mnt man anspöjen od. anfuijen; — 'n drögen
MARTE MART
581
MASKE MESKE
Märt uu 'n natten April, den dcitl de bür
wat he wil ; — gift de Märt Aprilwör (A2)ril-
Wetter), den brengd de April Märtenwür;
— wat de Märt net wil, dat bald de April.
marte, mart, märte, märt, Wabe, Hmiig-
ivabe ; — märten - hönnig (Waben-Honig,
Honig in der Wabe). — Nd. (Br. Wb.,
III, 134) maarte. Wie Wabe von weben
in der Bedtg. : verbinden, verstricken etc.,
so marte od. märte wohl von marreu, mareu
etc., ahd. marrjan etc., bs. dessen Präter.
marta; s. unter marlen.
marteln, martern, i)einigen, quälen etc. ;
— he marteld biira bit up 't blöd ; — wo
kanst du so 'u arm der nu wol so marteln;
— he marteld sük of. — Subst. gemartel ;
Compos. martelholt etc. — Nd., mnd., nid.
martelen, mertelen ; ahd. martolon ; amd.
mardelon.
Mit dem auch hier gebräuchlicheren mar-
tern = ahd. martirön von marter, martel
= ahd. martyra etc. aus lat. martyrium ;
griech. martürion (Zeugniss, Blutzeugniss
für die christliche Religion etc.) von märtur
(Zeuge od. Person die ein Etwas kennt u.
dessen gedenkt od. sich dessen erinnert
u. dieses Etwas daher der Wahrheit gemäss
bezeugen kann), ivas mit lat. memor, memoria
(cf. meraörje) u. nhd. Märe, 31 drehen
(Erdachtes, Erdichtetes) zur ]/ smar (denken,
gedenken, sich erinnern etc.) gehört.
1. mask, s. marsk.
2. mask od. mascb, die beim Bierbrauen
von gebrauchter Malze zurückbleibenden Tre-
her od. der ausgequetschte u. ausgezogene
trockene Bückstand der Bier- Maische, wie
derselbe nach dem Ablaufen der Würze im
Maischbottich zurückbleibt u. mit Spaten aus
demselben herausgeworfen wird ; — he förd
sin swinen mit mask. — Nfries. (Outze n)
u. norw., dän. mask. — Es ist vielleicht
ident. mit dem zu misken (mischen) gehö-
renden folgenden mask, worauf auch das
engl, masb, Gemisch, Gemengsei, Mischmasch,
Mengfutter, (Brauerei) Meisch; mash, (zu
einem Brei) zerquetschen u. zerstossen, mengen,
mischen, matschen, (Brauerei) einmaischen
etc. hinzudeuten scheint u. wozu auch das
etymol. anscheinend von nhd. M ei sehe
ganz verschiedene nd. (Dähnert) mesch
(das eingewässerte od. gemischte Malz beim
Brauen), sowie das mnd. (S c h. u. L.) masch,
mesch (Meische, Bier malz) u. meske in
meske-wert (Meisch-Würze) formell u. be-
grifflich stimmt. Oder entstand es vielleicht
aus Matsch als zerquetschte breiweiche
Masse (Verb, matschen, breiweich quet-
schen etc.) etc. od. mit diesem direct aus ital.
marcio (faul,verrottet etc., cf. Weiga n d), wo-
bei noch zu bemerken, dass matschen ausser
der bekannten Bedtg. im Kartenspiel ti
ausser der von : im Koth u. Schmutz herum-
wühlen etc. (wo es aber auch mit mant sehen
ident. sein kann) im nd. (cf. Dähnert)
5 auch die Bedtg. : zerschneiden, zerhauen etc.
(wohl aus zerquetschen, z er drücken
etc.) hat.
Wegen des ital. marcio (faul, verdorben),
marcire (faulen, verfaulen ; verwelken etc.),
10 marcido (faul, eiterig etc.) sei noch bemerkt,
dass diese Wörter aus lat. marceo (schlaff'
welk, matt sein od. iverden) u. marcidus
(welk, matt, kraftlos etc.) entstanden, welche
auf eine aus mar (reiben, zerreiben, zer-
15 malmen, aufreiben od. zer- od. aufgerieben
tverden, sterben, sich auflösen etc., cf. 1 malen)
eriveiterte y mark zurückgehen.
3. mask m misk-mask, Misch-Masch od.
Gemische von allerhand Sachen, durch ein-
20 ander gemischtes u. gerührtes Zeug etc. ; —
't is emer misk-mask. — Davon Verb, misk-
masken u. Subst. misk-maskere. cf. misken.
1. maske, Maske, Larve, Gesichts-Decke,
falsches Gesicht, verdeckter od. falscher ver-
25 stellter u. erheuchelter Schein, Heuchelei etc. ;
— he hed 'n maske för 't gesigt banden;
— under de maske stäken (unter der Maske
stecken od. verborgen sein) ; — du brükst mi
gen maske för maken (du brauchst mir gegen-
30 über keine Maske vorzumachen, bz. dich
mir gegenüber nicht verbergen u. verstellen,
mir gegenüber nicht heimlich thun etc.), ik
wet regt göd, wat d'r agter stekd un war du
egentlik hen denkst; — ik lat mi gen maske
35 maken (ich lasse mir keine Maske machen,
bz. mich nicht blind machen «. täuschen etc.);
— under de maske (unter der Maske od.
unter dem falschen Gesicht od. Schein etc.)
fan fründskup. — Wegen der Abstammung
40 u. des Ursprungs dieses Wortes cf. Diez
(I, 268) unter ital. maschera, loozu noch
bemerkt sei, dass die nid. Form niasker
auf eine Entlehnung aus ital. maschera
hinzudeuten .scheint, während das nid. maske,
45 mask aus franz. masque entlehnt sein wird.
2. maske u. auch meske, meske, Masche,
eine durch Stricken od. Knüpfen u. Knoten
von Garn erzeugte Schlinge od. ein ver-
schlungener kleiner od. grösserer Bing, bz.
50 eine kleinere od. grössere ringförmige Oeff-
nung in gestrickten Gegenständen, ivelche
durch die Verknüpfung u. Verschlingung
des Garns in denselben entsteht; — de
masken fan 't net sunt to wid, dar gän de
55 älen dör. — Mnld. masche, raaesche ; nid.
maas ; mnd. masche, maesche, mesch ; nd.
masch; nfries. (Outzen) mask od. (Jo-
hanse n) meask ; ags. (H. Leo, Spalte 540)
max (masc); aengl. (Stratmann) maske;
60 engl, mash, mesh; ahd. maska, masga; mhd.
MASSE
582
MAT
masche ; an. möskvi ; tiorw. nioske ; schwed.
maska ; da», maske. — Es bezeichnet ein
geknotetes od. durch Knüpfen u. Knoten
entstandenes Etwas u. gehört mit lit. masgas
(Knoten, zugezogene Schlinge; Knoten od.
Knopf, Knospe [cf. kuop] an Bäumen; lett.
masgs (Knoten, Knopf) u. lit. mezgu (ver-
Jcnotai, knüpfen, Xetze stricken etc.) zu einer
y die formell von der }/ masg od. skr. majj
(tauchen, untertauchen, eintauchen etc., s.
unter 1 mark) nicht verschieden ist u. icahr-
scheinl. aus der speciellen Bedtg. tauchen
od. ins Wasser versenken, ins Wasser stecken
etc. in die allgemeine Bedtg.: einstecken,
hineinstecken etc. überging u. dann aus :
Eines in ein Anderes stecken od. zwischen
«. durch Etwas stecken etc. tciedcr die
Bedtg.: verflechten, verzweigen, verknoten,
stricken etc. entwickelte, ganz wie ja auch
das Stricken ti. das Erzeugen der Maschen
lediglich durch das In- ii. Durcheinander-
stecken der Nadeln u. des darauf genommenen
Garns geschieht u. auch beim Flechten der
Weiden diese gegenseitig durcheinander ge-
steckt werden.
masse, mass', Masse, Klumpen, Menge etc. ;
— 'u holen masse göd od. hei, sti'ö, minsken
etc. ; — liü hed 't in masse. — Es ist be-
kanntlich das entlehnte lat. massa (ein Teig
od. Teigklumpen etc.), icas selbst auch wieder
aus dem griech. maza (Teig od. Geknetetes)
entlehnt ist. Dies griech. maza aber steht
nach Fick (II, ISO) für älteres nvAgja, ivas
mit unserm mengen u. mengsel zu einer u.
derselben ]/ gehört.
1. mast (Phir. mästen), Blast od. langer,
hoher, spitzer Baum n. zwar zunächst der
Schiffsmast od. Mastbauyn zum Tragen der
Stengen u. Segel eines Schiffes n. sodann
auch ein Baum od. eine spitze lange hoch-
aufgerichtete Stange iiberhaupt. — Compos. :
raastbom , maststenge , bcsänmast , topmast
etc. etc. — Nd., mnd., nid., mnld., ahd.,
mhd., engl., schwed., dän. mast ; wfries.
(Jap i x) mest ; nfries. (J o h an se n) meast ;
ags. mäst (Flur, mastas); aengl. maest; an.
mastr; norw. master. — Davon: port. masto,
mastro ; prov. mast; franz. mät; span. mastil
(Mast, Mastbaum). — Als die Spitze od. das
Oberste, Höchste des Schiffes, bz. als ein
hochaufragendes Etwas tvürde es sich be-
grifflich u. formell ganz ungesucht mit skr.
masta (Kopf) vergleichen lassen , wovon
mastaka (Kopf, Schädel; Spitze, Gipfel etc.,
cf. bei Bc nfey: masta, the head u. mastaka,
the head ; the top, the summit) mit ka weiter
gebildet ist.
2. mast, (die) Mast od. Speise, Futter,
Fütterung, Mästung, Fettmachimg etc.; —
hl en up d' mast od. up 't für stän. — Es
2cird hier selten gebraucht u. gehört, doch
ist das Adj. mastig (dat is 'n mastigen böm
od. 'u mastig stük höh) in der Bedtg. : tcohl-
genährt od. dick, stark, mächtig etc. ti. na-
5 mentlich das dazu gehörende Verb, mesten
(mästen) hier sehr gebräuchlich. — Nd.
(Dähnert) mast; ags. milst; aengl. maest;
engl, mast, a]id., mhd. mast. — Wegen der
icahrscheinlichcn Abstammung von ahd. maz;
10 as. mat etc. (cf. met) s. das Weitere bei
Weig a n d, doch vergl. auch die Bemerkung
zu mos, müs.
luast-darni, Mastdarm, Afterdarm, d. i.
Darm icodurch bei der Mast od. Nahrung,
15 Fettmachung etc. (cf. 2 mast) der Koth geht.
mästen, mästen, einen Mast setzen etc.
Nur in bemasten.
1. mastig (von 1 mast), mastig, mit 3Iast
versehen. Nur in en-, twe-, dre-mastig etc.
20 2. mastig, s. unter 2 mast.
1. mat, matt; — a) Zuruf beim Schach-
spiel, ivenn man den König des Gegners
matt od. fest gesetzt hat; — b) zuglos od.
fest (beim Schachspiel) ; — sin könig is mat ;
25 — ik bün mat; — c) (übertr.) matt, müde,
kraftlos, flau etc.; — mat uu möi; — mat
wer (flaues müde machendes Wetter); —
mat (kraftlos) fau smäk etc. — Es ist das
entlehnte franz. mat, welches mit prov. mat;
30 ital. matto ; span. u. port. mate ; mlat. mattus
aus dem arab. nuit, mala (er ist gestorben
od. todt) verbunden mit schah (König, cf.
Schach) = mät-schäh (der König ist todt,
lüoher unser Schach-matt) entstand.
35 2. mat (Masc), Schwaden, d. h. der Schnitt
mit der Sense od. der Strich mit der schnei-
denden Sense incl. des dadurch abgemähetcn
Grases u. des dadurch erzeugten leeren Bau-
mes, soiceit die Sense reicht. — Sprichw. in
40 Bezug auf das Mähen : 'n liitjet mat un dat
wat rat. — Es ist ident. mit mhd. mäde
(der Schwaden) u. gehört mit dem Femin.
afries. meth od. meth, met u. mete ; mhd.
miit (Mähen, Mahd, Gemähtes etc.) zu
45 maien (mähen). Das Jetzige kurze ii stimmt
auch zu engl, math (Mahd), bz. nid. mat in
doimat = nfries. deimeth ; afries. dimeth
etc., cf. dimath.
3. mat, die Mahlmetze od. das gesetzliche
50 3Iass Getreide, welches der Müller als Mahl-
lohn bekömmt. Hier gesetzlich, wie früher
auch beim Dreschen, der sechszehnte Theil;
— för bröers un stokers (Brauertl. Brenner)
mälden de müllors früger för 't hälfe mat.
55 — Nd., mnd. mat. — Dieses Neutr. isttcohl
ident. mit as., ags. met od. met (in ge-met
etc.); ahd. mez od. mez (3Iass womit ge-
messen tcird; massgebende Bestimmung etc.)
was. Je nachdem die Schreibung met od. miit
60 die richtige ist, entweder aus einer Grdform
MAT
583
MAT
mata (als Forthüdung vom Präter. mat von
goth. mitan, cf. mäteu) od. aus einer Grdform
mita (von mitan, ivie ahd. geba von geban,
goth. gibaii) entstand ti. wo dann das mit
mhd. metze, nhd. Motze (als 3Iass od. Ge-
mäss womit gemessen wird) ident. mnd.
matte, mette auch aus einer Grdform mata
entstand, bz. vom Präter. mat von mitan,
ahd. mezan fortgebildet ist. Vergleicht man
indessen das mit unserm mat synonyme nhd.
(die) Metze (als Mahllohn des Midiers), so
scheinen dessen Formen mitze, mitz wohl
darauf hinzudeuten, dass dieses Wort gleich-
falls aus ahd. mez, as. met (Grdform mita,
s. oben) weiter gebildet (vielleicht mit ja u.
also aus mezja, metja, bs. mitja zu mezza,
metta, mezze, metze, mitze geworden) wurde
u. demnach von mhd. metze u. mnd. matte
(als Ideines Gemäss od. als der 8te Theil
eines Malters) formell verschieden ist, da
dieses aus einer Grdform mata od. mata
(als Fortbildung vom Präter. mat von metan,
goth. mitan) entstanden sein wird. Weiteres
vergl. noch unter 1 mät, mäte, matig etc.
4. mat. — Dieses Neutr. ist wohl ident.
mit nhd. (das) Matt (urspr. vom Mattsetzen
od. Mattwerden beim Schachspiel u. vom
Adj. matt [s. 1 mat] substantivirt, loie
vielleicht auch das ital. matte [Narr, Thor,
Pinsel etc.] neben matto [närrisch, thöricht,
albern, dumm, stumpfsinnig, schivach von
Geist etc.] von matto, matt, schachmatt, ein-
getrieben od. in die Enge getrieben etc.),
wie dies jedenfalls mit mat in der Redens-
art: he setcl hura up 't mat u. so auch
wohl in den folgenden der Fall ist. Vergl.
dieserhalb : he sit (od. kumd) hum ferdömd
up 't mat, d. h. wörtl. : er sitzt (od. kömmt)
ihm verdammt (od. sehr stark) auf das Matt.,
od. dem Sinne nach : er treibt ihn sehr stark
in die Enge, setzt ihn in grosse Verlegen-
heit od. macht ihm soviel zu schaffen, dass
er nicht mehr aus noch ein weiss etc. ; —
he kumd mi al nader up 't mat, d. h. wörtl. :
er kömint mir immer näher auf das Matt,
rückt mir immer näher u. näher, treibt mich
fortwährend mehr u. mehr in die Enge etc. ;
— he kwam mi unferwagts up 't mat, d. h.
wörtl. : er kam mir unerwartet auf das Matt
od. dem Sinne nach : er überraschte mich
unerwartet u. brachte mich in grosse Ver-
legenheit etc. — Auch in den nid. Bedens-
art. (cf. Weiland, van Dale etc.): in
de mat zijn (sich in Verlegenheit befinden) ;
— voor iemand in de mat springen (Je-
mandes Sache aufnehmen u. vertlieidigen) ;
— iemand op 't mat komen (Jemanden über-
fallen auf Essenszeit u. Um dadurch in
Verlegenheit setzen) etc. deuten loohl eher
auf eine Ident. mit (das u. früher der)
Matt (vom Schachspiel) als mit dem
folgenden :
5. mat ; s. matte.
1. mat od. mate (dat u. de), Mass; —
5 a) das Wieviel in Baum u. an Masse od.
Menge, sowie auch in u. an Gewicht, Zeit
u. Kraft od. auch das abgemessene Theil u.
die richtige Grösse etc. von Etwas etc. ; —
dat od. he hed sin mät net ; — dat od. he
10 hold gm mät ; — he hed sm mät net kregen
etc. ; — de snider lied hum 't (od. de) mät
nameu; — b) das toomit man die Grösse
od. die Dimensionen u. den Inhalt von Etwas
misst, bz. das Mess-Ding, Mess-Geräth u.
1.5 Mess-Gefäss etc.; — de snider krigt sin mät
iit de taske um mt 't mät to nemen ; — de
6rts- od. ferps-mät etc. is to lütjet ; — du
must hengän un laten de mate iken. —
Sprichtv. : „alles mit maten," sä' de snider,
20 do gaf he sin wif wat mit de elstok. —
Nd., nid. maat; mnd. mate; mnld. maete ;
afries. meta, mata, mete ; tvfries. miette ;
nfries. "mete u. (Johansen) miat; satl.
mete; ivang. meit; helg. miat; aengl. maete;
25 ahd. mäza; mhd. mäze (Mass, zugemessene
Menge, abgegrenzte Ausdehnung in Baum,
Zeit, Gedeicht, Kraft; Art u. Weise; ge-
messene richtige gehörige Grösse, rechtes
gebührendes Mass; Angemessenheit ; Mässi-
30 gung, massvolles Wesen u. Betragen) u. mhd.
mäz (das Mass, die bestimmte Quantität;
Gefäss zum Messen ; Grad, Art u. Weise) ;
an. mäti (Art u. Weise) ; norw. maat ; dän.
maad ; scJuved. matt (Mass, Art u. Weise
35 etc.) — Es gehört wohl mit 3 mat zu meten,
od. mit diesem u. lat. modus, modius, mo-
dulus etc. zur y mad, cf. meten.
2. mät od. mate, Theil od. Stück, Schnitt,
Scheibe etc. ; — du must de schelfisk in dre
40 maten od. delen sniden ; — wen wi lisk äten,
den niim ik mi up 't lefste 'u middelmät;
— d'r is fan middag man en mät aferbläfen ;
— fan de spekäl hebben wi nog man 'n
pär maten ofsnäden uu ferbrükd.
45 Es toird dasselbe Wort sein wie 1 mät
od. jedenfalls mit diesem zu meten (s. d.)
in der Bedtg. : abmessen, abtheilen, eintheilen,
in Theile zerlegen etc. gehören.
3. mät, 3Iaat od. Genosse, Gehülfe, Ka-
50 merad, Spielgenosse, Freund, Bursche etc.;
— he is mit sin maten (od. makkers) ütgän
to baden ; — dat is min regte mät (Genosse,
Geselle, Gehülfe etc.), war 'k mi up ferlaten
kan ; — kum ins her min mät (Kamerad
55 od. Freund, Bursche etc.), ik wil di inseu
wat för de büksen mäten. — Compos. : böts-,
koks-, timmermans-, stürmans-mät etc. —
Nd., nid. maat ; mnld. maet ; mnd. mät ;
alt- u. neuengl. mate ; schwed., dän. mat.
60 Formell stimmt es nur zu einem von mnd.
MAET
584
MATTE MATT
mat, ahd. maz (Essen, Sjieise) abgeleüeten
as. inato, ahd. iiiazo, tcas aus der Bedtg.
Ess- od. Speise- Person, hs. die Person
die isset od. ■•<p eiset in die heutige Bedtg.
von : Gast, Tischgast, bz. Tischgenosse u.
so in die allgemeine Bedtg. von: Genosse
od. mit einem Jemand zusammenlebende
Person (cf. lat, couviva u. convivium von
convivo, zu.iammen leben od. icoJmen, zu-
sammen essen etc.) überging, wonach dann
das obige aus mata od. niato, niate geliirztc
nuit «r.</)r. dasselbe Wort 2cie ags. mete in
gemcte, bz. ahd. mazo, mazzo in giniazzo
(Tischgenosse) wäre u. viit diesem zu niat
(Essen, Speise, Nahrung etc., cf. met) ge-
hört. Dn.ss einer Ableitung des Wortes niät
od. urspr. mata, mato in der urspr. Bedtg. :
Essen u. in der abgeleiteten Bedtg. : G e-
nosse von mat (Essen, Sjjeisc, Nahrung,
Mahlzeit etc.) od. mit diesem von einem
Präter. mat eines älteren Verb, mitau, mat
etc. (essen etc.) nichts entgegensteht, dafür
spricht auch, dass das aus nauta gekürzte
an. iiautr (Genosse) u. not, nöz im as. go-
not, ahd. ginöz (Genosse), ahd. nöz-scaf
(Genossenschaft), mhd. nozcii (sich zuge-
sellen) gleichfalls vom Präter. naut, not, noz
von niutau, niotan, niozan (geniesscn, be-
nutzen, gebrauchen etc., cf. uüt «. geneteu)
etc. fortgebildet wurde u. demnach auch
nautr od. genöt (Genosse) ursjn-. blos eine
Person die genoss od. gebrauchte etc.,
bz. einen Gen i esse r u. Ge brau eher
(von Eticas) bezeichnete u. hieraus in die
heutige Bedtg. von Genosse überging.
niJlf, s. mete.
niiitelik, mätelk, s. unter raätig.
muten, massen ; — iitermäten föl; — afer-
mäteu kold etc.
luäten, s. meten.
niaterial od. auch: niatrial (Plur. raa-
trialieu), Material, Stoff' od. Zeug etc. zum
Bau od. zur Anfertigung etc. von Etwas.
— Compos.: bö-material, sclinf-material etc.
— Aus lat. materialis von materia; s. das
folgende :
materje, Eiter, Giftstoff eines Geschtvürs.
— Auch ahd., nd. u. mnd. (cf. niatcrie bei
Seh. u. L.) in dieser Bedtg. vorkommend.
— Es ist ident. mit nhd. Materie (Stoff
woraus eticas gemacht u. gefertigt od. ivird,
Inhalt etc.) ?<. mit diesem entlehnt aus lat.
materia, loas eine Weiterbildung von mater
(Mutter, cf. moder) ist u. demnach ivörtl.
soviel als Mutter Stoff od. Stoff ivoraus
Alles geboren u. erzeugt loird od. entsteht
etc. bezeichnet.
mat-fat, od. matt-fat, Eass od. Gefüss,
womit der Müller mottcd (cf. 2 matten) od.
das mat (cf. 3 mat) mis.st.
1. luatjp (Dimin. von 1 mat), kleines Mass
od. Gemäss zum ]\[essen von Flüssigkeiten,
wovon 4 auf ein ort od. 16 auf einen Krug od.
eine Kanne gehen,bz. gingen. — Nid. maatje.
5 2. luatje (Dimin. ro« 3 mat), kleiner Ge-
nosse ; namentlich in der Bedtg. : Freundchen
od. BürscJtlein gebraucht etc.; — mätje!
mät.je ! wat liest du m'i dar wer för geschichten
mäkt? — Nid. maatje.
10 niiUjes-liäriiiiS;, od. auch kurzweg inätjes
genannt, Jläring bei dem Bogen u. Milch
noch nicht voll od. vollständig entwickelt ist.
Gegensatz von fulliäriug. — Nd. maatjes-
hering; 7Üd. maatjeshariug; mnd. niadikes-
15 heriug. Sie werden sonst auch maikcii od.
maikensliering u. nhd. Jungfern- Hering
genannt u. sind die Vorsilben matje u. mnd.
madekeu, soioie auch maikeu sämmtlich
Contraeta von mägdeken u. inaidekeu = nhd.
20 Mädchen , dem Dimin. von magd ». maid
od. meid (cf. dieses), wie auch das mnld.
(KU.) maeghdeden in maeghdedens-haeriuck
(halec prima virginea seu primo omnium
caj)ta-lactibus et ovis carcus) für maeghdeken
25 steht u. demnach mätjes- od. mnd. madekeus-
lieriug soviel als 3IädcJie)i- od. Ju ngfern-
Hering ist.
niatig, massig, gemässigt, angemessen od.
das 3[ass habend u. dem 3Iass (von Etwas)
30 entsprechend od. gleich; — he hed mätig
fol geld; — nuitig gröt od. dik, stark; —
he is regt mätig etc. — Zu 1 nuit u. synon.
mit mätelik od. mätelk (masslich, bz. dem
Masse [von EtivasJ gleich u. entsprechend).
35 mätigen, massigen, massig sein etc.; —
he kan sük net mätigen etc.
mjitigheid, Massigkeit.
mat-molen, Mühle die vom Getreide das
mat (s. 3 mat) od. den Lohn für das Mahlen
40 in natura nimmt u. nicht für Geld mahlt.
matröse, Matrose, gelernter od. befahrener
Schiffs- 0(1. See-Mann; — he färd för ma-
tr(3se ; — Spriehw. : „'n dtibbeltje (doppelter
Stüber) kan mal (sonderbar) rullen," sä' de
45 matröse, de to Amsterdam en fuud uii up 't
käp (Ccq) der guten Hoffnung) en ferloren
harr'. — lieber den Ursprung dieses Wortes
cf. die Abhandl. von Director Breusing
in der „Weserztg." vom 18. Juli 1879 Nr.
50 11,079.
inat-schiiddiiig, s. mattenschüdding.
niatse , mats , Osterkuchen der Juden.
Alis Hebr. mazäh od. mazzäh (ungesäuer-
tes Brod).
55 mats-fots , Matzfotze. Schimpfwort od.
Schimpfname für eine tölpelhafte od. ge-
meine Person.
matte, matt, mat, Matte; — a) von Bin-
sen, Stroh, Bast od. sonst. Material ge-
QO flochtene Decke; — du must d'r 'u mat
MATTEN 585 MEDE
henleggen, war man de foten up ofwisken maiien, miauen, schreien wie die Katzen.
kan ; — dat schip (od. de däle etc.) is mit — Sprichiv. : wen de katte mi'isd, den maud
matten belegd ; — b) ein aus Binsen od. se nich. — Nd., mnd. raauen ; nid. maauwen ;
Stroh geflochtener Behälter od. Korb etc.; mnd. mouwen; engr?. mcw; ahd. xakyien (von
— 'n mat figen. — Bas entlehnte franz. 5 Katzen u. anderen Thieren) etc. — cf. y
matte aus lat. matta u. dies nach Fiele mii (sonare etc.), wovon auch mewe etc^
(II, 182) von der ]/ mat (drehen, winden). mede, med, met u. geharzt auch me u.
1. matten, matten, matt iverden etc. in mä (fast obs.), mit; — me (od. med, met)
of- u. fermatten (ab- u. ermatten). gän; — wie (wer) gät mä, agter up de lange
2.m&ttm, metzen, die Mahlmetze ('s. 3 mat) 10 slä?^ — S. Weiteres unter mit.
von zu mahlendem Getreide entnehmen. — mede (Femin.). Unter diesem. Namen od.
Simchio. : bi 't müllers matten un 't sniders dieser Bezeichnung verstehen wir hier aus-
katten (wegwerfen , verwerfen , bei Seite schliesslich nur Heuland u. das Gras was
iverfen etc.) geid föl dör d' latten ; — wen darauf wächst, bz. eine .solche Wiese die
't matfat to fol kan fatten, mut de müller 15 gemäht wird, soioie auch das darin ste-
na sin dod stau to matten. hende zur Heugewinnung bestimmte Gras u.
matten - schüdding, das durch die u. wird dieses Wort im Singular niemals
aus den Matten geschüttete Getreide, tvelches von einem Stück Grünland gebratecht, sobald
nach der Entlöschung u. nach dem Heraus- das Gras bereits geschnitten ii. das Heu
machen der Matten unten auf dem Boden 20 davon geerntet ist; — wi willen mändag in
des Schiffes zurückbleibt u. das zusammen- de mede, du kanst de maiers man bestellen,
gefegt ivird u. deshalb auch wohl blos dat se kamen to malen ; — ik hebb' 'n stük
fägsel heisst. mede in de wisker köft, dar steid 'n göd
maue, man, (loser od. festgenähter) Äermel; stük hei in; — de mede (od. dat gras) up
du must 'n pär mauen afertrekken, dat du 25 't lagmör sal mändag ferköft worden ; — dar
de arm net fiil krigst; — he löpt in blote steid 'n göden biidel mede in dat land; —
hemdsmauen. — Bedensart. : he hed wat in de mede sügt fan 't jär göd üt, sodat d'r
de maue (d. h. er hat was im Aermel od. wol 'n büdel hei to ferwachten is. — Daher :
er hat dicke kräftige Arme im Aermel u. medland (zum Mähen od. zur Heugewinnung
kann daher tüchtig was leisten) ; — dar sunt 30 bestimmtes Land, als Gegensatz von weide-
hel gen mauen an to slän (da sind gar keine land) u. Verb, meden (zum Mähen u. zur
Aermel anzuschlagen od. anzubringen u. Heugewinnung benutzen) ; — dat stük land
so flg. : die Sache ist unausführbar) ; — he sal fan 't jär medt worden ; — dat grSnland
lett sük wat up de mau binden od. spellen is so ferhürd, dat 't man um 't darde jär
(er lässt sich loas aufbinden); — he mut 35 medt (gemäht, geschnitten u. zur Heuge-
'n denksädel up de mau hebben; — he loinnung benutzt) worden dürd. — Unter
schüddeld en üt de maue (von Pastoren die dem Plural meden versteht man indessen
eine Predigt aus dem Stegreif halten) ; da- blos einen grösseren Complex Wiesenlandes,
her auch; de präk (Predigt) rukd na de ivelches ivegen sumpfiger Beschaffenheit u.
maue ; — dat schul man hum net üt de mau 40 niedriger Lage fast ausschliesslich zur Heu-
schüddeln ; — (iron.) 't is jo 'n wäghals ! gewinnung benutzt wird u. ist es auch ört-
he ferlüst lefer de mau as 'n arm. — Nd. liehe Benennung (ähnlich wie hamrik u.
maue, mauje, mauwe ; mnd. mouwe, mowe, raarsk) eities grösseren nur aus Wiesen- u.
mäwe; nid. mouw; mnld. mouwe; afries. Heuland bestehenden Landstrichs (he wand
mowe ; wfries. mouwe ; mhd. mouwe ; md. 45 in de meden ; — dat hüs ligt in de meden),
mowe. — Es bezeichnet ivohl ivie auch muf der einer bestimmten Gemeinde angehört,
(s. d.) ein Etivas ivas man aufstreift od. wie z. B. de Dornummer-, Resterhafener-,
aufschiebt, bz. auf od. über ein anderes Victorburer-, Osteier-, Upganter-meden etc.
Etwas streift od. schiebt, zieht etc., wie ja — Afries. mede od. (nach dem Dat. medum
die mauen früher nicht an den betr. Klei- 50 im ersten Ems. Ges., pag. 203, Zeile 32 bei
dungsstücken festgenäht, sondern blos lose v. Bichthofen) medu; wfries. miede;
auf od. über den Arm gestreift od. geschoben nfries. maade ; satl. mede ; butjad., fries.
wurden u. wie man auch die muffen über meide; a/7S. (c/. (Sira^mawnj mäedu, mäed ;
die Hände od. auf u. über die Enden von aengl. mede od. medewe, medue; engl.
Bohren etc. streift u. schiebt. Wegen der 55 meadow, mead (Wiese, Heuland).
Verwandtschaft vergl. daher lit. msiuin, va?iuü Bemerkt sei zu diesem Wort, dass es hier
(streifen), rankmauste (Armbinde), uz-mowa stets mit e od. ee geschrieben u. gesprochen
(was aufgestreift wird, eine Muffe) u. die ivird u. dass auch Minsen, Outzen u.
skr. y miv, mü (bewegen, drängen, schieben Stratmann (cf. dessen aengl. Wb.) das
etc.), wozu auch lat. moveo, motua etc. gehört. 60 Wort so schreiben wie oben , während
MEDEN
586
MEIER
L. EttmüUcr (s. pag.204) fZrt/wr meadii,
madu, mädu schreibt, was ~h (goth.ma.d\\'^)
ahd. mato stimvit, wonach dieses Wort daun
wohl nicht mit nhd. Mahd h. mhd. müde
(Schwaden, s. unter 2 mat) >» maieu (mähen)
gehört, sondern )nit mhd. iiiate (üppiges Gras-
land, Wiese), nhd. 3Iatte ident. ist. Er-
wägt man nun ferner, dass unser fenne so-
wohl als die nhd. Wörter Aue u. Wiese
(cf. auch 1 wisk) urspr. ein sumpfiges mooriges
od. tcüsseriges feuchtes Etwas (sumpfiges od.
feuchtes Erdreich od. Land etc.) bezeichnen,
so ist es zweifellos, dass auch unser mede
etc. u. mhd. mute urs2)r. die Bedtg.: Sumpf,
Moor, Schlamm etc. od. sumpfiges mooriges
icässeriges feuchtes Erdreich u. Land etc.
hatten u. demnach mit mnld. od. mnd. (KU.)
maede (coenum, lutum) ; mfläm. niade (fange,
ordure) ident. sind. Zu dieser urspr. Bedtg.
rergl. noch, dass nach Outzen das nfries.
maade auch einen niedrigen sumpfigen Boden
bezeichnet u. auch nfries. (J ohansen,
pag. 12) miad (Marsch, Marschland, Aue,
Bach, Torf u. Marsch) dasselbe Wort wie
unser mede, wfries. miede (s. oben) ist, so-
wie ferner, dass nach Outzen (s. unter
maade) auch ein aschwed. madu, mad (terra
palustris) bestand, ivovon schwed. madäng
(eine nasse Wiese) eine Weiterbildung ist.
Ob nun aber mede, made od. madu etc. mit
lat. madeo, madui etc. (nass od. feucht sein,
zerfliessen, schmelzen etc.), gricch. madaö
(zerfiiessen, sich auflösen etc.) u. weiter mit
der y mad, mand (wcdlen) zusammenhängt
(wozu Fick auch [cf. I, 170] as. mendjau
etc. stellt), ist zweifelhaft u. lasse ich solches
dahin gestellt sein. cf. auch müde.
1. meden, Verb, von mede (s. d.) u. auch
als Subst. in der Bedtg.: Heugewinnung,
Heumachung od. Heuen, Heumachen ge-
braucht; — 't löpt uns fan ^t jär mit 't
meden tegen ; 't ragend hfist alle dage.
2. mfMlen, Flur, von mede, s. d.
mtdje, Dimin. von mede u. zur Bezeich-
nung der Unterabtheilung einer Wiese od.
Elur, bz. eines aus mehreren Aeckern be-
stehenden, etwa 30 — 35 Schritt breiten Feldes
gebraucht.
medje-göte, medje-slöt, eine Rinne od.
Gosse, bz. ein Graben worin u. wodurch die
medjes abwassern u. ivodurch die einzelnen
medjos von einander getrennt sind.
Meieret, s. Margreta.
mei, s. mai.
meid, s. mägd.
meide, ein Erhpachts-Canon, od. eine Ab-
gabe, Zahlung, Prästation etc., icelche in
der Hegel ums 5te bis 7tc Jahr noch neben
der gewöhnlichen Erbpacht u. in gleicher
Höhe mit derselben von den mit einer Erb-
pacht belasteten Gütern zu leisten ist u.
auch in Alienations-Fällen an den Erbpachts-
Berechtigtcn gezahlt werden muss ; — dar
ligt 'u arfpacht up, mit meide um 't sesde
5 jär uu in ferköpsfall. — Nach Stbg. (s. d.)
hat meide in Leer auch die Bedtg. : Wein-
kauf, Quinquagesima. — Nd. mede; mnd.
mede, meide ; idd. miede, meodc ; afries.
meide, meitbe, mede, mide ; as. nieda, mieda,
10 meoda, mede; ags. mede; aengl. mede; engl.
meed ; ahd. miata, meata, mieta, nieta; mhd.
miete (Gabe, Lohn, Bezahlung, Bestechung,
Mi et he). — Es soll aus misda = goth.
mizda (Lohn etc., cf. Weigand) ent-
15 .standen sein, loas mit dem gleichbedeutenden
gricch. misthoa; kslav. mizdo; zend.imzhiha,
(Lohn) eines Ursprungs ist. Wegen der
möglichen näheren Verwandtschaft mit goth.
maithms (donum) vergl. indessen den Schluss-
20 satz zu mtdeii.
meie-lik, meue- od. moielik, meielk,
meuelk, moielk, mühelich, beschwerlich etc.;
— dat kau ik meielk dun etc. — Zu 2 meieu,
meucu etc.
25 1. meien, s. maien.
2. meien od. meuen, moien, mühen, be-
mühen, quälen, plagen etc. od. Mühe, Be-
schwerde, Last, Sorge, Kummer etc. machen;
— wat meist du ml (od. di etc.) mit de
30 sake? — he meid siik net so lank, bit dat
he död is ; — lie meid sük d'r gans mit of ;
— warum wult du di darum meien (be-
mühen, bz. sorgen, kümmern etc.); — wat
meien (kümmern) di andermans saken? —
35 dat schal di nog insen meien {Mühe Sorge
Qual od. Kummer machen, leid thun, ge-
reuen), dat du din olde raoder so siegt be-
jägend best ; — 't meid mi, dat ik hum net
hulpen beb'. — Nd. moien, moggen, möjen
40 etc. ; mnd. moien, moigen, mögen, meigen,
meien; nid. moeijen; mnld. moeyen ; ahd.
muojan, mOjan, muoan , müen, mühen,
muoben , muogen (l'räter. moita , muata,
nuiota) ; mhd. muogen , muowen , muon,
45 müejen, miiewen, miien; md. müweu (be-
schtveren, belästigen, quälen, beunruhigen,
bekümmern, ärgern, verdriessen etc.). — Es
gehört wohl zu derselben y wie maue, je-
doch hier in der Bedtg. : d r ä n g c n, drücken,
50 beengen etc., od. sonst zur y mii (binden,
fesseln, zusammen binden n. schnüren, ein-
schnüren, umwinden, umstricken, zusammen-
ziehen, zusammendrücken, erdrücken etc.).
1. meier, s. maier.
55 2. meier, Meier, Wirthschaftsvorsteher od.
Person welche einen Bauernhof im Auftrage
des Eigenthümers gegen Lohn bewirthschaftet.
Diese Benennung ist hier eigentlich nicht
gebräuchlich, da eine solche Person geioöhn-
60 lieh bömester genannt wird; doch ist das
MEIERN
587
MELDE MELLE
Dimin. meierske (s. d.) auch hier allgemein
im Gebrauch. — Nd. (Br. Wh., III, 112,
s. unter maier) meier (a. dasselbe; — b.
ein Meier od. Pächter eines Bauernhofes;
— c. eine obrigkeitliche Person, soioohl in
der Stadt wie auf dem Lande = franz.
maii'e) ; mnd. meier, meiger; as. meiar;
ahd. meior, meiur, meier ; mhd. meier, meiger
(Oberaufseher auf einem Gute, Beioirth-
schafter od. Pächter eines Gutes). — Mit
der militair. Benennung Major u. dem
franz. maire etc. aus dem subst. gebrauchten
lat. major (cf. mer), wie auch die Mero-
vinger ihren major-domus od. Oberaufseher
des Hauses, bz. Hausauf seher , Hausver-
walter etc. hatten u. auch die späteren sächs.
Kaiser im alten Sachsenlande solche Meier
od. Oberaufseher u. Verivalter auf ihre
Güter anstellten u. sie ihnen später gegen
eine feste Pacht od. Erbpacht übertrugen,
wovon sich noch die heutigen Meier od.
Halbmeier genannten Hofbesitzer in
Westfalen etc. herschreiben.
meiern (Verb, zu meier), der Meier
(Oberaufseher, Verwalter, Wirthschafter od.
Meister, Höchster u. Herr etc.) sein od.
den Meier etc. machen u. spielen, die Auf-
sicht u. den Befehl führen, ivirthschaften
etc. — Daher a) bemeiern, beaufsichtigen,
verwalten, bewirthschaften etc. ; — he be-
meierd dat god; — he bemeierd hum (er
beaufsichtigt u. bevormundet ihn, hält ihn
unter Aufsicht u. Zucht etc.) ; — he wil 't
altid air bemeiern (beaufsichtigen, verwalten
u. beherrschen etc.); — b) ofmeiern, als
Meier od. Oberaufseher u. Meister etc. od.
auch als Meier od. Wirthschafter u. Pächter
entlassen u. absetzen, (Jemanden) seines Amtes
entsetzen od. (ihm) seine Stelle u. seinen Bang
nehmen, (ihn) verdrängen u. seines Ansehens
berauben, (ihn) erniedrigen u. unter sich brin-
gen, (ihn) besiegen u. übertreffen etc. ; ab-
ivirthschciften etc. ; — he meierd hum of od.
he hed hum ofmeierd (1. er entlässt ihn od.
hat ihn entlassen u. fortgejagt etc. z. B. als
Verwalter u. Pächter od. auch überhaupt;
— 2. er besiegt ihn od. hat ihn besiegt u.
übertroffen, z. B. auch im Spiel); — he
hed ofmeierd (er hat abgeioirthschaftct) ; —
c) ütmeiern, ausverwaltern, ausivirthschaften
etc. ; — he hed ütmeierd (1. er hat nicht
mehr die Stelle als Meier od. Oberaufseher
u. Verwalter etc., ist kein Meier etc. mehr
etc. u. 2. er hat ausgewirthschaftet u. ist
mit seiner Wirthschaft zu Ende).
meierske (Dimin. von meier), Wirthschaf-
terin auf einem Bauernhofe. — Mnd.
meiersche.
mei-feld, s. maifeld.
mei-Iiüsl^e, s. maihüske.
Meike, s. Maike.
Meinert u. Menert, contrah. Meint u.
M e e n t , ml. Name = nhd. Meinhard ;
Geschl. ; M e i n e r t s od M e i n e r s, M e i n t s,
5 Meents. — Wohl aus Magan od. Megin-
hard (vergl. dieserhalb Reinhard, Rei-
ner t, Reint, Reent etc.) als Compos.
von magan, megin (Macht, Kraft etc.) u.
hard (durus, hart u. dauerhaft, ausdauernd
10 etc.) contrahirt.
Meine, ml. Name, — Dieser alte Name
ist wohl aus Magino, Megino (d. h. Macht-
u. Kraft- Person, s. unter Meinert %i. cf.
För stemann unter Magan) contrahirt.
15 Meint, s. unter Meinert.
meisje, junges Mädchen, Jungfrau; —
'n meisje fan 18 jaren. — Dazu Bäthsel :
dar stun' 'n meisje in de dör, harr' 'n wit
schftdje för; wo langer dat se stun', wo föl
20 erder dat se fergung; — dar stun' 'n meisje
up de dik, de ögen stunnen (standen) all'
(alle, sämmtlich) kikeri-kik (von kiken), dat
här, dat stun' kruUeri-krul, schalst net radea
al wardst d' 6k dul. — Nid. meisje. — Es
25 ist Dimin. von meid (dein Contract. von
magad etc., cf. mägd) u. steht es für älteres
meidche, bz. meid-je od. meid-tje (cf. je
u. tje z. B. auch in mantje, Männchen).
Auch Schweiz, kömmt meitschi in derselben
30 Bedtg. vor.
meite, mente, nioite, Mühe, Anstrengung,
Arbeit, Fleiss etc. ; Beschwerde, Last etc. ;
— dat is mi de meite hei net werd, dat ik
hum darum frage ; — gaf di gen meite, dat
35 helpt di dog net; — he gift sük hei gen
meite um klär to worden ; — he wil d'r hei
gen meite up dön dat he sin arbeiden ördent-
lik mäkt; — dat mäkt hum f81s to föl
meite; — föle kinder, föle meite. — Nd.
40 moete; mnd. moiete, moigete, moite; nid.
moeite. — Es ist wie die Stammform mauitha
von nhd. müde (cf. m8je) vom Partie. präter.
von meien, meuen gebildet.
meken, s. mäken.
45 meksman, s. mäksman.
mel, s. mal.
nielätsk, melätsch, aussätzig; — melätsk-
heid, Aussätzigkeit. — Nid. melaatsch ; mnld.
malaedsch, nielaedsch; mnd. malatisch, ma-
50 latich, meletes, melates, malatisch; afries.
malatsch ; ahd. malät, malätes, maläz, malätz.
— Aus dem ital. malate; franz. malade u.
dies nach Diez (I, 261) tvahrscheinl. aus
lat. male aptus.
55 melde, melle (Plur. melden, mellen), 3Ielde
(atriplex). — Nd. melde, melle, mell ; mnd ,
nid., mnld. melde. — Weitere Formen
vergl. bei Wei gand ; desgl. bei Seh m.
II, 573 unter Motten u. cf. auch Pott,
60 II, 544 darüber.
MELDEN
58S
MEMMO
melden (mnid, mulden), melden, berichten,
kund thiin, bemerkbar machen etc.; — lu"'
meld (od. fcrmeld) uns, dat he körteus krank
west is ; — hv muld (od. mul') sük, dat he
d'r was; — de köjen mukleu sük to melken;
— de ragen (od. störm etc.) meldt uns de
harfst an; — de winter meldt sük. — Com-
jws. : an-, be-, fer-, of-nielden etc. — Kd.,
mnd., nid., mnld. melden; as. meldöu ; affs.
nu'ldjan, meldan ; aengl. melden; ahd. mel-
den, müldän, müklön; mhd. melden.
1. melk, a) Milch. — Bedcnsart. u.
Sprichiv.: de melk sitt digt an de grund;
— he trekt de melk up (entlehnt von Kühen,
die die ]\Iilch aufziehen od. zurückhalten
u. nicht von sich geben u. dann übertragen
auf geizige Menschen); — he hed wat in
de melk to brokken od. to krömen (er hat
ivas, bz. ist begütert u. vermögend) ; — win
up melk, dat is für elk ; man melk up win,
dat is fenin ; — dat schal wol kamen, as
bl de olde wifen de melk; — b) Milchsaft
od. milchiger Zustand; — de rogge geid
lau 't winter fol in de melk. — Nd., nid.
melk ; afries. melok ; ufries. mökke ; nfrics.
(Outzen) mölke od. (J oh an sc n) maalk ;
satl., helg. molk ; icang. molk ; ags. meolk,
raeoluc ; aengl. milc, milk, melk ; engl, milk ;
an. mjölk; nonc, schwed. mjülk; dän.
maelk, melk; goth. miluks ; ahd. miluh,
miloh, milih, milech: »ihd. milch. — Dieses
Wort bezeichnet eigentlich ein (aus dem
Euter, bz. den Zitzen) gestreiftes Etwas u.
gehört zu melken in der urspr. Bedtg. :
streichen, streifen etc., wie es bei uns auch
vom Melken der Kühe heisst: strip-strap
strulle, is de emmer nog nich hold fülle.
2. melk, a) milch, milchgebend, milch-
lassend etc.; — de kö is nog net melk; —
de kö word bold melk od. is körtens melk
worden ; — dat is 'n göden melken kö (a.
das ist eine gute milche Kuh; — b. [fig.j
ein Prozess der viel einbringt, bz. ein fetter
für die Advokaten ertragsreicher Prozess
etc.); — b) Feuchtigkeit ausf Hessen lassend;
— min nöse is melk (meine Nase fliesst in
Folge starker Erkältung, daher auch soviel
als: ich bin erkältet).
melk-bälje, nielkbalje, ein grösseres flaches
Gefäss, worin die Milch zum Rahmen od.
Abrahmen gegossen tvird
melk-homke (Milch-Bäumchen), Wolfs-
milch (Euphorbium), auch bull'-knid v.
düllkri'id genannt.
melken (mulk, mulken), a. melken, Milch
durch drückendes Streifen des Euters, bz.
der Zitzen entziehen od. auch durch starkes
Saugen aus der Brust ; (fig.) pflücken, rupfen,
plündern, aussaugen, ausziehen etc., z. B.
heim Spiel od. von Wucherern ; — he word
net so lank mulken as he nog 'u deit hed;
— Sprichw. : mit eien un kleien kau man
wol 'n buir melken ; — b. Milch lassen od.
von sich geben ; — Sprichiv. : de kö melkt
5 dör de hals. — Conqws. : be-, of-, iit-melken
etc. — Nd., nid. melken; afries. melka ;
wfries. (Jap ix, s. unter mölcke) melkjen,
meltzjen m. (cf. v. Bi chlhofen) meltjen ;
nfries. (Johansen) maalkin, maalki od.
10 (Outzen) mölke; ags. midcan, moolcan ;
aengl. miWdw; engl. mi\k; «H.mjolka; norw.,
schwed. mjOlka ; dün. malke; gvth. milkau;
ahd. melchan ; mhd. melchen. — Mit lett.
melzu (streichen, streichehi, durch Streicheln
15 erweichen, besänftigen, bändigen; melken);
lit. melzu (melken); kslav. mliza (melken);
air. do-o-raallg (mulxi), melg (Milch); l<it.
mulgere; griech. a-melgein (melken) von einer
aus idg. marg (reiben, ivischen, streichen,
20 streifen) entstandenen y malg, cf. Fick,
I, 720, sowie 31 ax Müller, Vorles.,
II, SOS etc.
melker, Melker, Person welche melkt
u. welche 3Iilch verkauft, bz. mit Milch
25 handelt.
melker, s. mälker.
melk-koi), s. 1 melk-set.
melk-pau, Mikhpfad, Milchstrasse (am
Himmel). — Wang. melkpath. — Sie heisst
30 hier auch kö-pad u. wird im ivang. (cf.
Ehrentraut, II, 73) auch noch Ilarm-
swith genannt.
1. melk-set Of?. melksette, 3Iilch-Satte od.
Gefäss tvorin die Milch zum Bahmcn ge-
35 setzt icird. cf. 4 sette.
2. melk-set od. melk-sette, eingefriedigte
Stelle im Lande ico die 3Iädchen sich zum
Melken hinsetzen, cf. 2 sette.
raelk-stöl, Melkstuhl od. Stuhl worauf die
40 Melkerin od. der ALclker sich beim Melken
hinsetzt.
mel-püt, s. mfilpüt.
melt, nielten, s. molt.
Memke, Memke etc., s. Memmo.
45 memme, menim', Mutter, Weib, Muhme,
Grossmutter ; — min memm (meine Mutter,
mein Weib) ; — dat is jo 'n dikken memm
od. möke ; — min olde memme. — Nfries.
meem, mem; helg. mem; satl. memme; wang.
50 mäm (3Iutter) ; nid. mem (3lutter, Amme) ;
nd. (S c h a m b ach , I) ä h n e r t) memme,
mämme (3Iutter, Amme ; fig. altes Weib,
Feigling); nhd. 3Iemm (weibl. Brust) u.
31 c m m c (Feigling) etc. — Nebenform
55 vo)i mama.
Memmo, Memo, Memc, ml. Name; — Gc-
sclil». Meinmen u. Memminga ; — Dimin.
Mcmke, Mimke; — Geschln. Memkes, Memkes
M. Mimkes. — Wohl = Mammo, Memme od.
60 älterem Mamo.
MEMORJE 589 MENEN
memövi^ (Jiier im gewöhnlicJien Leben sehr Fiele (cf. III, 237) leitet sowohl das
gebräuchlich), Gedäehtniss, Besinnung etc. ; Thema maiiia V07i ga-mains etc. (communis)
— hfi hed sin memorje nog göd ; — hür als maina (trügerisch) von einer y mi
memörje ferlett hör, bz. word swak ; — he (wechseln, tauschen, verändern) ab, die nach
was net göd bi memörje od. bi künde. — 5 ihm (cf. II, 189 das zweite mi) auch die
Das entlehnte lat. memoria von memor u. Bedtg. : ver k ehr en hat u. wonach dann
dies mit send, meretn (das Denken) etc. von wohl das Thema maina von gamains etc.,
der y smar, zend, mar (gedenken), cf. auch bz. afries. möne etc. sich sowohl auf den
mimereren. gegenseitig wechselnden Verkehr u. freund-
1. men, melie, gemein, gemeinsam, gemein- 10 schaftlichen Umgang mit einander, als auch
schaftlich, bz. sämmtlich, zusammengehörig, auf den gegenseitigen Austausch u. das
gesammt. Alle od. Alles zusammen, ohne gegenseitige Geben u. Mittheilen von Etwas
Ausnahme, ganz etc.; — de mene budel od. (cf. bei Fick, II, 190 das Thema meino,
menbudel (gemeinsame od. Gesammt-Besitz, verkehrend, mittheilend, geivährend, bz. tau-
Gesammt-Nachlass, sämmtliches Gut, Alles 15 sehend^ wechselnd, aus- u. umtauschend etc.
was da ist etc.) scbal morgen ferköft worden ; für lat. com-mCinis od. urspr. conmoinos)
— de mene höpe (der gemeine od. gesammte bezieht u. hieraus tvieder der Begriff des
Haufe, die grosse Menge des eigentlichen Gemeinsamen u. Gemeinschaftlichen od. des
Volkes im. Gegensatz zu den einzelnen Höher- einander gegenseitig freundschaftlichen Zu-
gestellten, datier auch der gemeine Haufe od. 20 gethanseins u. Mittheilens sowohl als auch
das niedere Volk); — de mene mente (die der des gemeinsamen u. gemeinschaftlichen,
sämmtliche od. ganze Gemeine, die Gesammt- freundschaftlicJien u. vertraulichen Ver-
Gemeine, alles Volk zusammen, namentlich kehrens ii. Umgehens mit einander, sotoie
auch im Gegensatz zu den obrigkeitlichen ferner auch den des gegenseitigen gemein-
Personen u. dem Adel etc.). — Afries. mene 25 samcn Habens, Besitzens von Etwas hervor-
(gemein, allgemein, gesammt, ganz ; gemein- ging, wie auch ja gemeu ausser gemein od.
sam, gemeinschaftlich ; gemein, geioöhnlicli) ; gemeinsam etc. (vom gegenseitigen Besitz
as. ge-meni ; ags. mäene, ge-mäene ; goth. etc.) auch die Bedtg. : gern verkehrend mit
ga-mains (gemein, gemeinschaftlich, gemein- od. verkehrsam, umgänglich, liebenswürdig,
sam etc.; theilhaftig, angehörig etc.; gemein, 30 zutraidich etc. hat. — Was nun aber ferner
unrein, unheilig) ; ahd. gi-meini ; mhd. ge- das Thema maina von ahd. mein od. afries.,
meine, gemein (gehörig zu, zusammengehörig, as. men ; ags. man etc. in der Bedtg. : falsch,
gemeinsam ; übereinstimmend, umgehend mit, trügerisch etc. od. Falschheit, Täuschung,
vertraut; gemeinsam, gemeinschaftlich; theil- Trug etc. betrifft, so kann man entweder
haftig ; Allen eigen od. gemein. Allen ge- 35 annehmen , dass sie wie täuschen u.
meinsam, allgemein, gewöhnlich ; Alle um- Täuschung von tauschen, so auch
fassend, gesammt ; zu einer Gemeine gehörig hier aus der Bedtg. : tauschen (od. wech-
od. einer Gemeine angehörend ; zur grossen sein, verändern etc.) hervorging. Da jedoch
Masse des Volks gehörend, auch der niedern aus tvechseln u. verändern auch
Stände); aengl. mäene, mene, meane (com- 40 der Begriff der Veränderlichkeit, Launen-
munis etc., wie afries., s. oben) ; engl, mean haftigkeit u. so weiter der Unzuverlässigkeit
(gemein, niedrig, schlecht, gering etc.) — u. Trüglichkeit etc. hervorgeht, .so kann man
Es ist von Hause aus (s. unten) formell für dieses maina auch die Bedtg. : veränder-
ident. mit u. auch desselben Ursprungs wie lieh u. unzuverlässig od. Veränderlichkeit
men in men-ed (Mein-Eid, falscher Eid) 45 etc. zu Grunde legen, weil ja die Bedtgn. :
= afries. men ; as. men ; ags. man ; aengl. trüglich, falsch etc. od. Trug u. Falschheit
man, men; an. meinn; ahd. mein (falsch, auch ungesucht aus der Grdbdtg.: verän-
trügerisch, schädlich, täuschend etc. u. subst. : derlich, unzuverlässig etc. od. Veränderlich-
(Falschheit, Trug, Täuschung, Schaden, keit etc. hervorgehen.
Nachtheil, Verbrechen, Mi^sethat, Unglück, 50 2. men, in men-ed; s. unter 1 men.
Verlust etc.), mit welchen es sich auch wohl inende, s. mente, gemeine ti. gemeinschaft-
in der heutigen Bedtg. von gemein od. lieh etc., so^ü^e awcA mande zn mande-göd etc,
commun, schlecht etc. gemischt hat, ivie dies mene, s. 1 men.
wohl aus der Bedtg. von unrein, unhei- 3Iene, ml. Name; — Geschln. Menen, —
lig des goth. gamains (s. oben) erhellt u. 55 cf. Meino u. Menno.
wie es auch ja sehr gut möglich ist, dass men-ed, Mein-Eid, d. i. falscher trüge-
das engl, mean soioohl auf ags. maene als rischer Eid od. Falsch-Eid, Trug-Eid. cf.
man (cf. auch ags. mänsumjan neben maen- men (falsch etc.) unter 1 men.
sumjan iw gemaensumjan [communicare], ge- menen, meinen, denken, vermuthen etc.;
mäna [consortium] etc.) zurückgeht. 60 — wat menst (denkst, glaubst, hältst etc.)
MENEN
590
MENGSEL
du dar fan? — ik iiu-n dog, dat ik di sfn
heb' ; — ik inende, 't was war, wat du siist ;
— lie mende man so (er meinte od. dachte,
vermuthete etc. nur so, wollte nur andeuten
od. zu erkennen gehen etc.); — he niende
(er gedachte od. beabsichtigte, hatte vor etc.)
morgen to ferreisen ; — ik mende sin beste,
do ik dat de ; — he ment dat net so (er
meint das nicM so, es ist das gar nicht
seine Meinung, hz. seine Absicht u. sein
Wille etc.) ; — he mönd mi gans net (er
meint mich gar nicht, hat mich gar nicht
im Sinn etc.); — 't gift man hei weinig lue,
de en so regt menen (es giebt nur sehr
wenig Leute, die Einen so recht meinen od.
so recht gut gesinnt sind, so recht hoch-
halten i(. schützen etc.) ; — ik mC'ne dl erlik
un trö ; — wat menst du dar mit (was
meinst od. bezweckst du damit, was joillst
du damit andeuten etc.), dat du nii de finger
wist? — wat wil dat menen od. bemenen
(was loill das bezwecken, bedeuten od. sagen,
besagen, bz. welche 3Icinung u. Absicht od. An-
sicht etc. liegt dem zu Grunde etc.)? — Auch
subst. dat menen. — Sprichw. : föle lue rigten
därna hör menen, dat se erst ofwagten wo
fOl d'r an is to ferdenen ; — menen ligt in
Flandern (Wortspiel mit mtiWQw , meinen
etc. u. Menen od. Menin in Flandern u.
sehr häufig solchen Leuten zugerufen, die
stets das Wort menen im Munde jühren u.
vom steten 31 einen u. Denken nie zur
Ausführung von Etwas kommen). — Nd.,
nid., mnd. menen; afries. mena od. menia;
wfries. mienen ; satl. mene ; wang. mein ;
helg. mene ; as. menjan ; ags. maeuan ; engl.
mean ; an., isl. meina ; norw. meina ; schwed.
mena; dän. mene; ahd. meinjan, meinan,
meinen ; mhd. meinen (seine Gedanken auf
Etwas richten, etwas bedenken, etioas im
Sinne haben, beabsichtigen, bezwecken etc.;
Sitm haben, bedeuten etc. ; eine Gesinnung
haben gegen Jemanden, ihn lieben; eine
Ansicht haben, glauben, ivähnen, meinen,
behaupten, sagen, sprechen; Grund od. Ur-
sache sein tvovon). — Es ist von einem
Stamm raen, mein (goth. main) mit jan (thun,
machen, erzeugen etc.) fortgebildet, der viel-
leicht das Präter. (cf. leid von liilan u. da-
von ahd. leidjan, leid machen, verleiden etc.)
eines urspr. Verb, minan (denken, sinnen
etc.) = goth. meinan ist. Jedenfalls gehört
es aber wohl mit minnen u. manen etc. zur
|/ man (denken), wie auch F ick (111,230)
für maina (Meinung) etc. eine Steigerung
aus min (cf. minnen) annimmt.
menen, s. mening.
Mr-nort, s. Meinert.
menge, raeng\ Menge, Vielheit von Etwas.
— Ahd. managi, manaki, manigi, manegi.
raenigi; mhd. maaige, menige, nienege, (con-
trah.) menge; as. menigi, menegi etc. von
manag etc., cf. mennig = nid. menig, wo-
von menigte = ahd. managoti, manegöti,
5 menigöti (Menge, Volksschaar).
niengel, früheres Flüssigkeitsgemäss, wel-
ches etwa V2 Kanne od. kaum ein Liter
fasste ; — setd m! äfen 'u mengel her In für.
— Nd. mengel ; mnd. mengel en ; nid. mengel ;
10 mnld., 7nfläm. menghel ; ufries. mijnglen,
niinglou.
mcugel-körn, mengel-knim. s. mangel-
körn etc.
niengel-mös, niengel-mj^sko , s. mangel-
15 mos etc.
mengein , durch einander mengen od.
mischen, rühren, giessen: — he mengeld 't
all' dur 'n ander. — Nd. mengein; mnd.,
nid. mengelen. — Iterat. von mengen.
20 mengen (mengde u. mengd, — mung 11.
mungen), mengen, mischen, rühren, einteigen,
kneten etc. ; — he mengd sük in alles, bs.
aferal tüsken; — he mengd 't al dör 'n
ander; — du kanst wol äfen 't mal krigen
25 un mengen dat mit eier, botter, gcste un
melk an, wi willen fan middag pufferd äten ;
— as ik 't mal mungen harr', do murk ik
erst, dat 't mulsterg was. — Compos. : an-
mengen, fermengen etc. — Nd., tdd. mnd.
30 mengen ; mnld. menghen, minghen ; afries.
mongia, mcnzia; «'/r/es. mingjen; satl. manga;
wang. meng ; as. mengjan ; ags. mengan,
mängan; aengl. mengen; engl, ming; ahd.
mengan; «^/^rf. mengen ; mti mengen, raingen.
35 — Es ist wohl zweifellos von mang (zwi-
schen, unter etc., s. unter 1 mank) fort-
gebildet, sodass auch ahd. mengan (cf.
kl ecken aus klakjan unter klakken) für
älteres mang-jan steht «. soviel als zwi-
40 sehen od. u n ter (ein anderes Etwas)
thun u. machen heisst. Bestätigt icird dies
auch dadurch, dass mang- od. mank-körn
u. mank-mös, mnld. mangh-, menghmus das-
selbe wie mangel- od. mengel-körn u.
45 mangel-mös etc. ist, wie auch dadurch, dass
mengen im mnd. auch die Bedtg. : unter
einander mischen u. rühren, verwirren, Un-
ruhe stiften, verhetzen etc. hat, wovon das
Subst. menger (Unruhestifter, Verhetzer etc.,
50 detractor, achterklaffer), sowie ferner auch
mnd. mangel (Streit, Zwist, errunge ; Hand-
gemenge, Gefecht etc.); mangelinge, mank-
linge (Vermengung, Vermischung, Verkehr;
Handgemenge, Gefecht, Streit) etc. stammt.
55 mengsei, Gemenge, Gemengtes, besonders
der angemengte od. gemischte n. geknetete
Mehlteig zu Pudding, Pfannkuchen etc. ; —
du kanst 't mengsei wol äfen anrören ; —
de puffert is man half g;1r, 't is hast nog
60 6mer mengsei ; — 'n stiik mengsei od. dög.
MENGS-MAN
591
MEPEL
— Nid. mengsei ; mnld. menglisel (mlxtura,
permissio, varietas).
meiigs-nian, Geschäfts- od. Handels- Mann,
Kundmann, Geschäftsfreund, Kunde etc. ;
— mengsman steht wohl für älteres mengers-
raan von loang. meuger (Händler mit Fischeii) ;
mnd., mnld. meiiger, inanger = nhd. man-
gari , mangeri , mengari ; mhd. mangaere,
manger, menger; a^s. mangere; ow. mangari;
engl, monger (Händler, Krämer, Handels-
inann etc.) etc. von lat. mango (Händler etc.),
wovon auch as. mangon (Handel treiben,
handeln) u. ivovon auch unser mengs in
mengs-man vielleicht direct abstammt.
meiije, auch (jedoch selten) mönje, Mennig,
rothes Bleioxid. — Blit Eriveichung des g
Sil j contrah. aus menige, was aus lat. minium
(Bergsinnober) entstand.
Menje, wbl. Name. — Dimin. u. Kosefarm
von Menna.
meniiig, iiienuiig, menefi, 3Ieinung; —
ik was tan menen, dat etc. ; — he hed d'r
gen menung för ; — wat is din menung dar
l'an ? etc.
Menist, s. Mennist.
Menko, 3Ienke, ml. Name; — Geschln.
Menken. — Entiveder (cf. Renke = Reineke)
Dimin. u. Koseform von Meino etc., od. tvie
(cf. För st e mann unter Man) Manniko
etc. von Man, so hier von Menno.
Menna und
Menne, s. unter Menno.
mennen, ein Gespann Zugthiere treiben
u. lenken od. leiten etc. — Nid., mnld.,
mfläm. mennen ; afries. mena ; ahd. (menjan,
manjan) mennan, nienan ; mhd. raenen, mennen,
meinen (vonvärts treiben, besonders einge-
spanntes Zugvieh mit dem Gart od. dem
Stecken etc., cf. 1 gar de). — Mit ital.
menare ; aspan., prov., cat. menar ; franz.
mener (führen, leiten; treiben, betreiben,
verrichten etc.) von u. aus lat. minare.
mennig, manch, viel, oft etc. ; mancher,
manche, manches; — wo mennig mal hebb'
ik dl dat net al segd ; — mennige minsken
weten hei net wo mal se sük wol ttren
Solen; — wo mennig man stän dar bi 'u
ander ; — mennig man od. fvö, kind etc. ;
— dat is al menaig jär laden, dat du hir
west bist. — Compar. menr.iger ; — wo föl
menniger du dat deist, so föl menniger krigst
du prügel ; — menniger-lei (mancherlei); —
Superl. mennigste ; — de wo mennigste (der
wie vielste) is dat? — In Compos. ist auch
noch die Form mannig neben mennig ge-
bräuchlich, wie z. B. in manmg-foldig neben
mennig-foldig (nhd. mannichf altig) ; — man-
nig-faken neben mennig-faken (nhd. mannig-
fach, manchfach; nd. mannig-väken) etc. —
Nd. männig, mennig, mannig ; mnd, mannich,
mennich; nid. menig; mnld. menigh, mannigli;
afries. monich , manicli , monech , manch,
mang; wfries. mennig; satl. manich; as.
manag, maneg ; ags. manig, inaenig, moneg ;
5 aengl. manig ; engl, many ; ahd. manag, ma-
neg, manig; tuhd. maneg, manec, manc, manch,
manich, maning, menig, menic, meng, mäng,
menc; goth. manags. — Fiele (III, 228)
stellt es zu magan etc. (cf. mögen u. mägd
10 etc.), bz. mit kslav. mnogü (manch) zur }/
magh, mangii.
Mennist, Menist, Mennonit ; — Menisten,
Mennoniten ; — Mennisten-gemente ; — Me-
nisten-karke etc. — Mit Mennonite von dem
15 Stifter Menno (Siemens).
Menno, Menne, m/. iVajjJc. — Davon: wbl.
Menna; — Geschln. Mennen u. Menninga.
— Wohl iirspr. eins mit Manno.
Mense, Mens, ml. Name; — Geschln.
20 Mensen u. Mensinga.
niensse, a) Privatweg der vom Hauptioege
nach den einzelnen Höfen führt od. leitet;
— b) ein Weg an der Innenseite des Deiches.
Wohl wie oberd. Menni-Weg (Fuhr- od.
25 Fahrweg) zu mennen, wie Bunse von
rinnan (rinnen).
niente, mende, (Ge-)meinde, Commune u.
gemeinschaftlich u. communal etc. ; — de
mene mente, die ganze stimmberechtigte Ge-
30 meinde; — bi de mente (Gemeinde od. Ge-
meine, kirchliche Gemeine od. Genossen-
schaft) kamen ; — Compos. : mente-sake
(Gemeinde- od. Communal-Sache) ; — mente-
od. mende-wark (Gemeinde- od. Commune-,
35 bz. Communal-Arbeit, Arbeit die von den
Gemeinden od. Communen pflichtmässig zu
leisten ist, z. B. an Communal -Wegen,
Wasserleitungen etc. od,, bei Ueberschwem-
mungen, Deichbrüchen etc. ; — Verb. : mente-
40 od. mende-warken (communale od. gemein-
same öffentliche Arbeiten verrichten, auf Be-
fehl des Gemeinde- Vorstandes od. des Amts-,
bz. im Auftrage desselben gemeinschaftlich
pflichtmässig etc. arbeiten etc. ; — wi mutten
45 morgen mit 'n ander hen to mentewarken,
't amt hed uns all' d'r to upropen laten. —
Afries. mente, menete; wfries. miente;
mnd. menete, mente, mende, meinde, meinte;
mnld. meente; ahd. (gi)meinida etc. — Zu
50 1 men.
menüte, nienüt, Minute. — Aus lat. mi-
nutus von minuo.
niepel, zart, tveichlich, schwächlich, oft
kränkelnd u. viel stöhnend u. klagend etc. ;
55 — se is so mepel, dat hör hast gen windje
anweien dürd; — de so 'n mepeln frö hed,
de is d'r Gods-Öfel an. — Nid. meepsch ;
mnld. meeps, meepsch (exilis, tenuis, junceus,
imbecillis); mfläm. meeps, meepsch (fra-
60 gile, gresle).
MER 592 MESK
nii^r, me?ir, grösser etc., bz. über das was nicht fliessendes Etwas, bz. ein
ist hinaus, »weh dazu etc.; — he is mör as todtes u. stehendes Wasser (Land-
ik ; — dat wast al mür au etc. ; — he see, Sumpf etc.) zu verstehen ist, xcozu die
kumd sin hifend net afcrt mer; — Compar. meisten Bedtgn. dieses Wortes (cf. auch
merder, noch etwas mehr, grösser, stärker 5 2 mär etc.) am besten stimmen.
etc.; — dat geld (od. de hopc, dat gras etc.) Wegen der möglichen Bedtg. Wüste von
word al nog wat merder; — de enc kö (od. mara cf. auch M. M Uli er, Vorles. 11,303,
hörn, appel etc.) is wat merder, as de andere; sowie ferner tvegen der Bedtg. Bausche n-
— Superl. merste, mehrste, meiste, höchste, des f^c.roMy mar (sonare, r/. sAr.mar-mar-a,
oberde, grosseste, stärkste etc.; — in de 10 Gemurmel) auch das tmter k\ei am Schhtsse
merste gefallen kumd 't iit; — he hed dat Gesagte.
merste geld, bz. dat merste dar to guten ; — merder, Compar. von mer ; s. d.
he is alttd tor 't merste ; — he is de merste merdem, mehren. — Nur in fermcrdern
(Mehrste, Beichste, Höchste, Oberste, Grösse- = )ild. verineerderen.
ste, Stärkste etc.) fan uns beiden. — Nd., 15 nieren, mehren, häufen etc.; — dat merd
idd. meer; afries. mär, mer, ma, me w. mära; sük al mer un mer. — Compos. fermeren.
tcfrics. meer ; nfrics. mur, mor, muar ; satt. merste, Su})erL von mer ; s. d.
mör; wang. mö; helg. muar; as. mer u. mero; mes, s. messe.
ags. raä, mära; märe, maere ; aengl. mä, mes, s. mest.
märe; engl, more; an. meirr, meiri; norw. 20 Mes, wie Mewes Contract u. Verstumme-
meir; schwed. mer, mera; dän. mere; ahd. lung von Bartolomaeus. — Bedensart: he
mer u. merö; mhd. mer tt. mere; goth. mais wet fan gen Tes (Matthäus) nog Mes.
u. maiza. — Die Adj. mära, mero, maiza mes-biilte, Misthaufe.
etc. sind von mär, mer, mais fortgebildet u. me-scliin, s. mi-schin.
sind mär, mer mit Uebergang von s in r 25 mes-dör, s. messel-dür.
aus mäs, mes ficoroH Moc/Mneste etc.) = ^o?/i. mese, Meise; cf. meske.
mais entstanden, ivas selbst aber wieder aus mes-iareu. Mistfahren, Düngerfahren etc.
magis etc. contrah. ist u. mit lat. raagis u. mes-folt , mes-fold , mes-fält , mes-fäl,
major, bz. deren Positive magnus (magus) Stelle od. Ecke icohin der Dünger gebracht
u. majus zur f magh (cf. macht, mögen 30 icird u. so auch der Düngerhaufen selbst.
etc.) gehört. Wegen des germ. (mit magnus — Sprichw.: wo mer dat de biir för d' raes-
etc. synonymen) Positivs mikil cf. michel. fält deid, wo bäter 't körn up d' akker
mer (Plur. meren u. merten), Meer; hier steid; — up sin egen mesfold hed de hän
speciell Land- od. Binnen-See, stehendes dat grötste regt. — Nd. mesfaal ; mnd.
Wasser, im Gegensatz zu se als Weltmeer 35 mesfalde, mestvale (dasselbe u. auch Mist-
od. dem fluthenden Wasser. — Brökseteler-, u. Jauche-Grube, cf in de mestphale for-
Ewige-, Düfels-, grote-mer etc. — Nd., nid. drenket etc. bei S c h. u. L. unter mesvaldej ;
meer; innld. maer, maere, mer; as. meri ; mofries. (Cad. Müller) mistfall; nid.
a^rs. mere; ae»5rZ. mere; e«<jf?. mere; a». marr; mestvaalt. — Da folde , bz. volde, valde
norw. marr ; schwed. mar u. dän. mare, 40 (Falte) auch die Bedtg. : Hürde, Pferch,
nur in Compos., wie s. B. markatta, mare- Stall od. Winkel, Ecke etc. (cf. folde) hat,
katte (Meerkatze) etc.; ahd. inari, meri; so ist es nach Seh. u. L. ein Compos. von
mhd. mere, mer (mare, aequor, ])ontus) ; mes (Mist) u. valde (Falte, bz. Hürde od.
goth. marei (thälassa). — Nicht entlehnt ans, Ecke etc.), loährend die Formen fäl, bz.
sondern mit lat. märe; russ. more; kslav. 45 mnd. phale (s. oben) möglicherweise auch
morje; kelt. mor (Meer); //Y. mares (kleines aus lat. palus (cf. pöl) entstanden sein
Meer, Haff) etc. von der y mar (reiben, können «. demnach mest-phale auch eine
zerreiben, zermalmen, auflösen etc., bz. sich Dünger- od. Jauche- Pfütze, bz. eine Jauche-
aufreiben od. auflösen, sterben etc.), wobei Grube bedeuten kann, toorübcr Weiteres
es beim Vergleich des von Fick (I, 173) 50 unter folt.
aufgestellten Themas mara (Meer, Moor, mes-förk, 3Iist-Gabel.
Sumpf) wohl zweifelhaft ist, ob dieses auf mesk, Messing. — Nd. (Br. Wb.) mesken
die Bedtg.: reiben, zerreiben, auflösen, zer- (Dähnert etc.) missink, missing ; mnd
gehen etc. zurückgeht u. somit ein aufge- missing; an. messing; ags. mäsling ; 7nhd.
löstes, zer gangenes, g eschmol z en es, 55 messing etc. — Unser mesk /s^ n«<s messink
flüssig es , weiches Etwas bezeichnet, contrah., während messink od. messing mit
od. ob darunter ein gestorbenes (cf. ing von mhd. messe (eine eigenthümliche
auch skr. mara ; zend. mara ; Iit. maras ; Metallmasse, od. ein eigenthümlichcs Metall,
kslav. morü, Tod, bz. Sterben, Pest etc.) welches der Wirkung des Magnets loider-
todtes u. stehendes od. stilles «. 60 steht, Messing) fortgebildet ist. — messe
MES-KARE 593 MESSEL
selbst aber entstand aus, hz. ist wieder ident (Prät. meih , meig etc., cf. migon), wobei
mit tnhd. müsse, messe (Metalllclumpen, Me- wegen der Form der obigen Wörter zu be-
tau, bestimmtes Mass an Metall), tvas mit merken ist, dass:
ahcl. massa (Masse, Metallmasse, 3Ietall- &) goth. m&ihstus, (d. i. eigentlich m&ighim
klumpen) aus lat. massa entlehnt wurde, wor- 5 od. maichstus, cf. magt od. macht = goth.
über Weiteres unter masse. mäht von y magh, wie auch ]/ mih von
mes-kare, mes-kär, Mistkarre, Dünger- migen aus migh entstand) wahrscheinl. von
karre. der zweiten Person des Präter. maih (ich
meske, meske, s. 2 maske. od. er maih, d. h. ich od. er harnte, pisste,
meske od. meseke, Meise. Bimin. von 10 nässte etc. ; du maihast od. maihst, d. h. du
mese; nid. mees; ahd. raeisa; mhd. meise; harntest., od. du hast geharnt etc. od. wie
ags. mäse. wir sagen würden: du megst, bz. fragend:
mesken od. meseken, das iveibliche Glied, megst du?) weiter gebildet ist;
eunnus, — Nd. (D ahne r t) meiseke. — b) ahd. mist u. and. mest, mist entweder
Dimin. von mese, meise. — cf. nd. (Dan- 15 aus dem goth. maihstus entstanden, od. dass
neil) mes' (eunnus). diesen Formen eine ältere Form mihst (od.
mes-küle, Mist- od. Düngergrube, Jauche- tvie wir sagen migst, als zweite Person vom
Grube. Präs. mige) zu Grunde liegt, aus der das
mes-, messQ-maker (Mistmacher), Schimijf- h od. g ebenso ivie im goth. ma.\h?,tiis ausfiel;
wort für einen Faulenzer od. Tagedieb, dessen 20 c) das afries. mese od. mese (Harn) aus
ganze Thätigkeit im Verdauen od. Mist- mehse od. meghse entstand, also Weiter-
machen besteht. bildung vom Präter. meh, megh (cf. unser
mes-, messe-nat, durch u. durch nass, meg als Präter. von migen) ist u. dass aus
gänzlich durchgeweicht, d. h. so nass wie diesem mese od. mese auch wahrscheinl.
Mist. — Nd. mesnat. 25 unser messe, mes (Mist, bz. trockener od.
messe, mes, Mist (Dung, Dünger, Scheisse, flüssiger Dünger) hervorging, falls nicht
Dreck, Koth, Schmutz, verfaultes nasses etwa früher ein altdeutsches Verb, mihsan ;
Zeug etc.); — du must de messe ütfaren goth. meihssiB in der Bedtg.: nässen, schmutzen
un up de mesfolt, bz. afer 't land brengen ; etc. (als Weiterbildung von mihs, s. sub d)
— dar sitt gen messe genug in 't land, 30 bestand, wozu soivohl afries. mese (d. i.
darum wast d'r 6k hast niks; — he ligd mehse); unser mis u. mist; mnld. mieselen,
in sin egen messe ; — 't is emer messe, z. B. miest, als auch ahd. mist sehr gut gehören
vom Heu, wenn es durch anhaltenden Begen können, da ja Letzteres formell besser zu
verdorben und verfault ist, od. von ganz- unserm mist (Nebel) als zu goth. maihstus
lieh verfaulten Kartoffeln, Buben od. sonst. 35 (s. oben sub a) stimmt;
Dingen. — Sprichw.: messe is gen hilge d) das afries. u. satl. miux; ags. meox,
(Heilige od. Heiliger), man se warkt dog mix etc. aus miuhs, mihs (d. i. miughs,
wunder, od. auch : de messe is de hälfe lefe mighs od. miuchs, michs, cf. lat. rex von
God up 't land ; ^ — gen beter mes up 't rego) entstand u. demnach in gleicher Weise
land, as de bür sin 6g un band; — mes 40 wie unser mige (Harn) zu mihan, migan
up ^t land, geld in de band ; — mes lat un gehört.
flak, fäk un swak; — 'n handful strö gift messel, Maser, entzündeter od. rother
twe handenful messe. — Nd., mnd. mes ; juckender Hautfleck, Aussehlag der nachher,
nid. mest, mist ; mnld. mest, mist u. mesch ; loenn er abgestorben , abschorft ; daher :
ahd., mhd. mist (Dreck, Koth, Dünger, 45 (Plur.) messeis, Masern, die bekannte
Misthaufen); goth. maihstus (Mist, Mist- Jfirmderytranyfc/ie««; — alle söfen jaren kamen
häufen). — Es gehört mit afries. mese de messeis, war mennigmäl 'n hele budel
(Harn, Urin) ; satl, wang. miüx ; nfries. kinder an starfen ; — wen 'n kind de messeis
(Outzen) mjox u. mjugs (wonach auch ein krigt, den mut 't in 'n wullen däken inpakt
afries. miux bestanden haben wird); ags. 50 un regt warm holden worden, dat se gau
meox, mex, mix ; aengl. mix ; engl, mux herüt kamen ; un wen se den in 't ofstarfen
(Schmutz, Koth) u. muck (der nasse feuchte sunt, den mut d'r up past worden, dat d'r
Dung, Mist, Koth etc.) ; an. myki od. mykr ; gin kolde up fald un se net na binnen slän.
norw. myk, mök ; dän. mög (Mist, Koth, — iV^t^. masel, massei, PZwr. masein, massein;
Dünger etc.) zu dem mit lat. mingere u. 55 mnd. masele, massele, Plur. maselen etc. ;
mejere von derselben y abstammenden nid. mazel, Plur. mazelen; mnld. masel,
</oeÄ.meihan ('Pmier. maih) ; as. mihan,mlgan maser, Plur. maselen, maseren (papulae, boa,
(Präter. meh, meg); ags. mihan, migan exanthemata etc.); wo/rtes. fCod Jfü Her)
(Präter. mäh, mag); afries. ^miha, miga meysel; wang. meizel (die Masern od. Ma-
(Präter. meh, meg); ahd. mihan, migan 60 sernkrankheit) ; engl, measels u. measles
J, ten Doornkaat Eoolman. Wörterbuch. II, gg
MESSEL
594
MEST
(die Masern od. Maser nlcr ankheit ; die
Finnen als Krankheit der Schweine; die
Masern im Holze; die Narben im Leder).
— Der Sing, niaser od. ahd. masar, masor,
maser; mM. masor in den schriftlichen Be-
legen hat die Bedtg. : knorriger od. krauser
Auswuchs an AJiorn- u. anderen Bitumen
u. wird dann auch einerseits auf einen aus
einem solchen Knorren od. einem kraus-
aderigen u. maserigen Stücke Höh gefertigten
Becher u. andererseits auf die jlammigen
Flecke u. krause Zeichnung im Holze, sowie
drittens auch auf den Ahorn angewandt, so-
dass auch dieser Baum selbst ags. maser od. an.
mösur genannt wurde. Vergleicht man nun
aber das Compos. mnld. maselsuchte ; mnd.
masel-, mesel-, massel-sucUt; ahd. misalsuht;
mhd. iiiiselsuiit ; md. mesilsuclit (Aussatz,
Fleckkrankheit), so ist es klar, dass dessen
erster Theil masel, mesel, misal etc. mit
afranz. mesel ; aengl. mosel, misel ; engl.
moasle ; mlat. misellus (aussätzig, leprosus)
ident. ist u. also mit diesem aus lat. mi-
sellus (elend, unglücklich, kläglich, Jämmer-
lich, erbärmlich etc., cf. miser) entstand,
sowie ferner auch, dass von diesem masel,
mesel, misal etc. auch das Subst. mnd. ma-
sele; tdd. masel, maser u. massei, bz. die
für unser messel, mostfr. u. wang. meysel
M. meizel (s. oben) anzusetzende Form mesel,
misel in der Bedtg. (cf. Seh. u. L., KU.
etc.) : rother Hautßeck, Hauterhöhung, Aus-
satz, Ausschlag, Grind, Schorf etc. (volle
Form masala, mcsala, misala) weiter gebildet
ist. Da nun aber das nd. masel u. hochd.
maser, bz. die Flur, maseleu u. nhd. Ma-
sern (als Magern im Holze u. als Krank-
heit mit rothem feurigen Hautausschlag)
jedenfalls dieselben Wörter sind, so loird
u. muss auch das ahd. masar ; ags. maser
in der Bedtg. : Knorren od. knorriger krank-
hafter Auswuchs od. (wie man auch sagen
kann) : Aussatz od. Pocke etc. (cf. pokke
?t. pokholt = hartes braunes maseriges Holz)
zweifellos mit nd. mascle, i'nescle (cf. auch
mnd. mas(s)elri(ge) od. maselrie, massclrie,
krauses künstliches Schnitzwerk über den
Figuren, soivic ferner bei Seh. u. L. unter
masele auch die dort als unverständlich be-
zeichnete Stelle: masseien, die meu bernet,
was doch nichts anderes heisst als: Knorren
od. Holzknorren, Wurzelknorren etc. die man
brennt od. verbrennt, toeil sie mit der Axt
wegen ihres knorrigen u. krausen, od. ma-
serige n Wuchses nicht ge- od. zerspalten
werden können u. wo in beiden Wörtern
wieder die Bedtg. des ahd. masar u. ags.
maser zu Tage tritt, bz. bezeugt tcird, dass
das mnd. masele u. das aus masara od.
mesara entstandene ahd. masar etc. ursj^ir.
dieselben Wörter sind) aus dem afranz.
mesel (aussätzig etc.) hervorgegangen sein.
Dass nun aber der kleine deutsche od.
nord. Ahorn (denn dieser ist wohl aus-
5 schliesslich unter ahd. masar, ags. maser,
an. mösur, Wallis, masani; mnd. maser,
masser ; mnld. maeser etc. sowohl, wie auch
unter 31 ass holder od. ahd. mazaltra etc. ;
mhd. mazalter , mazolter etc. verstanden)
10 auch den Namen masar etc. erhielt, hat
darin seinen Grund, dass einerseits sein
Holz sehr schön g e m a s ert u. namentlich
an den Wurzeln schön geflammt u. gefleckt
ist IC. dass er andererseits auch nur klein
15 bleibt u. (gegen die sonst. Ahorne verglichen)
krüppelhaft u. knorricht wächst, sowie drittens
auch vielleicht mit davon, toeil er eine gelb-
braune fleckige Itinde hat.
raessel-dör, mos-dör, Stall- od. Kuhstall-
20 Thür, bz. Thür wodurch der Mist ausge-
schoben loird.
1. messen, misten; — a. Mist machen,
den Mist od. Koth von sich geben, scheissen,
uriniren, kothig u. schmutzig machen etc. ;
25 — göd foren, dcid pöd messen ; — he bed
sük bemesd (er hat sich schmutzig gemacht,
bz. seinen Koth u. Urin unter sich gethan
etc.) ; — be bemesd sük iu sin egen fi'ilig-
hcit; — b. den Mist od. Dünger aus dem
30 Stall, bz. unter u. hinter dem Vieh weg-
schaffen u. ausschieben ; — se sunt bi 't
messen od. ofmesscu ; — c. 3Iist od. Dünger
übers Land fahren u. bringen, düngen; —
dat land word not genug mesd; — de akker
35 is nog net mesd od. afermesd, bemesd. —
Sprichw. : göd akkern is beter , as siegt
messen ; — het messen (heiss düngen od.
den Dünger heiss übers Land bringen),
deid missen.
40 2. messen, s. mesten.
mest, mes (Plur. mesten), Messer. —
Compos. : böm-, bröd-, böf-, kap-, karf-,
köl-, snoi-, stilk-mest (od. mos) etc. —
Sprichio. : dat mest is so scliarp as 'n flet ;
45 — dat mest is so stuinp as 'n sage od. as
'ii saks; — wi willen d'r gön mesten um
trekkcn (den Streit nicht durch das Messer
ziehen entscheiden). — Afries. messe, mes ;
ivang. (Eh r entra u t, 1, 381) mitter ; nd.
50 mest, mez, metz, metzer; jnnd. mezzet,
metset, mest, mezces, mes; nid. mes; mnld.
mets, mes, inesscr ; as. mczah ; ahd. mezza-
rahs, mezzirahs, mezzarehs, mezrebs, mczzras,
mezzires, mezzercs, mozrcs, mczcrs; mhd.
55 mezzer. — Aus mezzi-sahs, maz-sahs = as.
meti- u. mat-sax; ags. (Leo) met-seax, d. h.
Speise-Messer od. Fleisch- Messer, cf. met
u. saks.
mest, meist; — meste, meiste u. Meiste;
60 — wcl is de moste fan uns? — Superl. von
MEST-ALL 595 METE
mer, hz. goth. mais od. magis, mahis u. aus überhaupt, cf. die Compos. meat-pie, Fleisch-
maista, magista, mahista gekürzt, hz. con- pastete; — meat-sausage, Fleischwurst; —
trahirt. meatscales, Fleischivaage; — minced-meat,
mest-all', meistall, meistens, in der gehacktes Fleisch; — meat-chopper , das
Regel etc. 5 Mett-Messer, hz. das Hackmesser etc. —
niesten, messen, mästen, fett machen etc. ; Nach Fick (III, 229) vermuthlich mit lat.
— swinen etc. mesten od. messen; — dat mandere (kauen, essen, verzehren), mandöa
wif mestd sük kumplet, so dik word 't; — (Esser, Fresser) von (cf. II, 183) y mad,
he mestd (mästet, ernährt, bereichert etc.) kauen od. vielleicht auch (I, 170) von ]/
sük fan andermans god. — Nd., mnd., nid. 10 mad, mand, wallen etc. in der übertragenen
mesten; ags. mästan; a/i(?. (mastjan), mästen, Bedtg.: schwelgen etc. Falls es indessen
mesten ; mhd. mesten. — Es ist von 2 mast richtig ist, dass das goth. mitan, mat (messen,
(s. d.) fortgebildet. cf. meten) urspr. die Bedtg. : spalten., theilen,
mester, niester, Meister, Herr, Lehrer schneiden, zertheilen etc. hatte, so ist es
etc.; — bömester, scholmester; — he is 15 auch sehr gut möglich, dass das Subst. ma.ts
allemans mester od. bäs ; — Sprichw. ; de ebenso wie 3 mat unmittelbar vom Präter.
an de weg böed, hed £51 mesters; — „wat mat von mitau gebildet ist, zumcd da auch
fadder! wat fründ! junge trek' de büksen mitan, mat eine y mad voraussetzt, die zu-
of," segd de mester. — Auch der Eber icird gleich auch die y von lat. mandere etc.
hier schon seit alten Zeiten (cf. z.B. auch 20 sein könnte u. dann goth. mats als Speise
Cad. Müller) mester genannt. — Be- auch wieder das Zerspaltene, Zerkleinerte,
kanntlich aus lat. magister von magis, wie Zermalmte, hz. Gekaute u. Gegessene (diese
minister von minus. Bedtg. würde mats auch haben müssen, fcüls
mestern, meistern; — a. Herr über Et- es zu lat. mando gehört, wie auch biten,
was sein od. werden, überwältigen; — he 25 heissen etc. von y bhid, spalten etc. ab-
kan hum wol mestern; — b. mit den Mienen stammt) wäre. Vergleicht man indessen,
der Ueb erleg enheit kritisiren, tadeln, schel- dass messen, hz. a^ci. mezan etc. auch die
ten etc. ; — he hed altid wat to mestern un Bedtg. : zumessen, zutheilen, spenden, gehen
to köstern. (cf. ags. brytnian, spenden etc.; brytta,
niesterske (Dimin. von mester), Meisterin, 30 Spender etc. von breotan, brechen, zerbrechen,
Schullehrerin. abbrechen, Brod brechen u. austheilen) hat, so
mest-tid, niesttids, meistzeit , meistzeits, iväre es auch denkbar, dass das vom Präter.
die meiste Zeit. mat, ahd. maz etc. gebildete Siibst. mats
mes-wagen, Mistwagen, Düngerwagen. — urspr. die Bedtg. : Spende, Gabe, hz. Zu-
Sprichw. : war de meswagen net hen kumd, 35 getheiltes od. Abgetheiltes u. Gespendetes etc.
dar kumd Gods segen 6k net hen, od. de hatte u. hieraus in die Bedtg. : Brod, Nah-
meswagen is Gods segen; — 'n goden bür rung, Speise etc. überging.
mäkt de plög an de meswagen fast. 1. met, Präter. von meten.
met, bestes weiches (knochen- u. sehnen- 2. met, s. mete.
freies) essbares Fleisch vom Schwein, Wurst- 40 Meta, Metta, wbl. Name. — Dimin. Metje.
od. Hackfleisch, hz. fertig gehacktes u. ge- metäl, Metall, Erz ; — metälen, von Me-
würztes Schioeine-Fleisch zum Bohessen od. toll od. Erz; — 'n metälen pot. — Aus
zum Bereiten der Mettwürste; — du must lat. metallum.
wat met bi de slagter bestellen, wi willen mete, mäte, met, mät, das Mass od. Wie-
ander wäk wurst maken; — 't met is al 45 viel einer Entfernung, hz. die abgemessene
hakt un solten (das Fleisch od. Wurstfleisch u. abgesteckte Entfernung (Mensur) von
ist schon gehackt u. gesalzen); — he ett Etioas u. dasjenige (Mal od. Strich, Kerb,
gern met ; — 't met steid klär um stopt to aufgenagelte Latte etc.), wodurch diese Ent-
worden. — Compos. : metwurst, Schtveine- fernung abgegrenzt u. markirt ivird ; — wi
fleisch- Wurst od. urspr. (s. unten u. cf. 50 willen de mete 20 föt lank nemen un dar
wurst) Sx)eise-Werk, Fleischwerk. 'n streke halen (z.B. beim Knickerspiel die
— Nd., mnd., nid. met ; mnld., mfläm. met, Entfernung von den aufgestellten Häufchen
mette (pulpa suilla, carnes porcinae deli- bis zu dem Strich od. bis dahin, von loo
catiores) ; afries. mete, met, meit (Speise, aus sie mit dem kulp od. tornscheter be-
Fleisch) ; nfries. meet (Fleisch) ; as. meti 55 schössen loerden) ; — de mete is to lank
u. mat; ags. mete, maete ; aengl. mete, (z. B. beim Ballicerfen die zuvor verein-
maete ; engl, meat ; an. matr ; norw., schwed. harte u. abgemessene Strecke od. Entfer-
mat ; dän. mad ; goth. mats ; ahd., mhd. nung , welche der Ballwerfer abzuwerfen
maz (Speise, Nahrung etc., im engl, auch verpflichtet ist, sofern er nicht verlieren will),
das zum Essen bestimmte Fleisch od. Fleisch 60 man kan se hast net ofsmiten ; — fan de
38*
METEN MAETEN
596
METEN MAETEN
mete of bit an de kegcls sunt 't net 90 föt
(d. h. von der durch eine Latte etc. be-
zeichneten Stelle von ico ab die Kugel ge-
worfen wird bis zu den Kegeln sind es ge-
rade 90 Fuss); — fan de möt od. mät of,
geid de smet od. smiit (von dem Mal od.
Strich, icodiirch die Länge der Wurfbahn
abgegrenzt u. markirt ist ab, geht der Wurf) ;
— he bcdrügt! hv blift nOt up de miH stän
(er betrügt dadurch, dass er beim Kegel-
od. Ballspielen die Bahnlänge, welche er
abzuwerfen hat, dadurch verkürzt, dass er
sich näher als erlaubt an die Kegel etc.
stellt od. die zuvor abgemessene u. markirte
Stelle noch mit der Kugel od. dem Balle in
der Hand verlässt u. solche erst einige
Schritt dem Ziele näher fortschleudert) ;^ —
min penning ligt digter an de mtit as sins,
ik heb' wunneu (mein Pfennig liegt näher
an der markirten Stelle öd. dem Ziel, dem
Strich als der Seinige, ich habe gewonnen) ;
— na de mete smiten (nach der markirten
Stelle od. dem gezogenen Strich etc. werfen) ;
— he smitt afer de met henüt (er loirft
über das abgesteckte u. markirte 3Iass der
Entfernung, bz. über das markirte Mal u.
Ziel etc. hinaus. — Nid. meet (der markirte
Anfang einer Si)ielbahn od. Wurfbahn). —
Es gehört zu nieten u. ist wohl ident. mit
afries., as. (Femin.) mete in der Bedtg. :
Mass der Entfernung od. der Länge u.
Breite von Etwas, bestimmte abgemessene
Strecke etc. Der Form des nid. meet ti.
des tvfries. miette (Mass) tvegen cf. nid.
meetkunde (Messkunde od. Geometrie) etc.
u. ivfries. miettcn (messen) unter meten.
nieten, muten (mete od. mäto, metst, mett
etc. ; — met, metst etc.; — meten od. mäten),
messen, den Inhalt u. die Grösse von Etwas
nach Raum, Zeit u. Gewicht etc. ermitteln
u. feststellen etc. — Sprichio. : mit passen
un meten word de tid fersleten. — Nd.,
nid., mnd., mnld., mfläm. meten ; afries.
metä ; wfries. mietten ; nfries. meete, mete ;
tcang. mitte ; as. metan ; ags. metan ; aengl.
mete; goth. mitan; ahd. mezan, mezzan,
mezssan, mezen ; mhd. mezzen, messen, ab-
messen, ausmessen; (wec) schrittweis gehen;
zumessen, zutheilen, geben; messend gestal-
ten, bilden, dichten; stückweise u. abge-
messen vorlesen od. sprechen ; vergleichen
(mit gegen); vergleichend betrachten, er-
wägen, überlegen, bedenken, prüfen etc. ; —
ags. metan auch ivie an. meta, schätzen,
abschätzen, tvofür halten etc. — Die für
mitan, mat (messen), sowie goth. mitön (er-
messen, bedenken, überlegen, beherzigen);
ahd. mezön (modum statuere , massigen,
mitigarc) etc. anzusetzende germ. y mat u.
idg. mad (wovon auch tat. mcdeor, mcditor
etc., modus, modius, modulus, modulor, mo-
destus, moderare etc. ; — griech. medomai,
ermessen, bedenken, sinnen etc., medimnos,
Mass etc.; air. mad [intclligerc], mcss [ju-
5 dicium] etc.) ist eine Weiterbildung der y
ma od. mä (messen, abmessen, bilden, schaffen,
ordnen, errichten, bauen), wovon ausser skr.
maträ (Mass etc.); griech. metreö (messen),
metron (Mass) etc. ; lat. metiri, mensa, men-
10 sura etc. ; lit. mera ; kslav. mera (3Iass),
mcrja (messen); ags. macdh (3Iass) ; an.
maela (messen) etc. auch skr. mätar (Bild-
ner, Schöpfer, creator) u. auch skr., zend.
matar (Mutter, mater, cf. moder), während
15 das as. metod; ags. meotod ; an. mjötudhr
(Schöpfer, Bildner, Ordner etc.) wohl von
der 3. Person praes. raetath von metan
(messen, bz. bilden, schaffen etc.) fortge-
bildet ist.
20 Was nun ferner die y ma od. ma, na-
salirt man (u. als solche auch ident. mit
der y man, denken, bz. erwägen, ermessen
etc., cf. 3 man) betrifft, so ist es zweifellos,
dass derselben eine tirspr. rohere sinnl.
25 Bedtg. zu Grunde liegt, aus der sich die
Bcdtgn. : messen, abmessen, bilden, schaffen
etc. entwickelten. Vergleicht man nämlich,
dass ra ä (cf. Grassman n) eigentlich so-
viel bedeutet als : durc h M esse7i b e-
30 stimmen loie gross Etwas sein soll
u. dass es in der Bedtg. : die Grösse od.
den r die ml ich e 71 Inhalt von Etwas
durch ein anderes Ettoas (z. B. die
Hand , den Fuss , einen Stab etc.) e r-
35 mittein u. bestimmen nur einmal in
dem R. V. vorkömmt, sowie ferner, dass m ä
auch die active Bedtg. : F^was bilde n,
herstellen, fertig machen, berei-
ten, schaffen , errichten, bauen
40 etc, hatte, so ist es beim Vergleich der Wur-
zeln tak, taksh (liauen, behauen, bilden,
formen, gestalten, zurechtmachen, fertig
machen etc.), od. kar u. kart aus skar
(schneiden, spalten, hauen, zurechthauen,
45 behauen, formen, bilden, fertigen etc.) tvohl
anzunehmen, dass auch mä urspr. die sinnl.
u. active Bedtg. : hauen, behauen, spalten,
schneiden, theilen, beschneiden, abschneiden
etc. hatte u. dass sich hieraus soivohl der
50 Begriff des Mass- Gebens od. Bestim-
mens wie gross ein Etwas sein u.
bleibest soll, als auch der des Bil-
dens (cf. dieserhalb auch bild u. bil-
den etc.) For mens , Gestaltens od.
55 Ma che n s, Bereiten s, Sc h äffe 7i s etc.
entwickelt hat, sowie fer7ier auch der in
7n essen liegende Begriff des Theile n s,
Abtheilens u. Eintheile7is etc. von
Etwas. Ganz sicher ist es ja doch, dass
60 das Mass-Geben an Etwas od. das
METER 597 MICHELI MICHELS
unter Abmessen verstandene Bestimmen band. — Nä. mewe; nid. meeuw; ags.
10 ie gross ein Etwas sein u. blei- mäv, maev; aengl. mow; engl, mew; ahd.
ben soll doch nur dadurch gescheiten kann, meh etc. — Nach Fick (I, 726) mit maueu
dass man dieses Etwas (z. B. einen Fels- von derselben y mfi als Nebenform von m;\
od. Holz-Block etc.) zuvor spaltet, hauet, 5 (sonaro etc.).
schneidet, bz. aus dem Hohen heraus aus-, Mewes, s. Mes. — he wet fan gen Tewes
ab- od. behauet, beschneidet od. so gestaltet, of Mewes (er ist erzdumm),
bildet u. formet, damit es derjenigen Grösse mi od. mi, mir u. mich. — Afries., satl,
(od. Form, Gestalt etc.) entspricht, die es nfries., wang. mi od. m\; helg. niü; wfries.,
haben soll u. denjenigen Baum ausfüllt u. 10 nid., mnld., mfläm. mij •, mnd. mek ; aengl.
einnimmt, den man dafür bestimmt hat od. u. engl. me. — Ferner cf. den Dativ: as.
für passend erachtet u. für ihn gemäss hält, mi ; ags. me ; ahd. mir, mier ; goth. mis ;
— sowie ferner auch, dass ebenso wie bei lat. mihi ; griech. 'emoi, moi etc. u. Accus. :
den oben erwähnten Wurzeln tak etc. ^t,. as. mi, mik; ags. me, mec; ahd. mih; goth.
kar (machen, bilden, schaffen etc.) die Be- 15 mik; lat. me ; griech. eme, me etc. — Dieser
dtg.: bilden, schaffen etc. der y mä Dativ u. Accus, gehört zum Fron, erster
nur aus der sinnl. Bedtg.: hauen, spalten, Person: skr. ma ; air. me (ich), was auch
schneiden etc. hervorgegangen sind, wobei in ik (ich, ego) steckt.
man dann weiter auch wohl annehmen darf , Mia, ivbl. Name = Maria, ivovon es
dass auch die y mi od. mi (minuere etc., 20 eine contrah. Koseform ist.
c/. min, minder etc.) u. die davon erweiterte 1. niichel, Magen, Bauch, Wanst etc.;
y mit von goth. meitan ; ahd. meizan (hauen, — he frett sük de michel fiil ; — he krigt
schlagen, spalten, schneiden, abhauen etc., niks ördendlikes in de michel, darum sügt
cf. unser mite u. nhd. 31 eis sei = unserm he 6k so ferhungerd üt; — wen de kinder
beitel von y bhid), ebenso wie die y mi 25 man hör gerak un göd wat in de michel
(errichten, bauen etc., cf. Fick, I, 177) kregen, den schulden se sük wol hold wer
nur ein Ablaut von ma od. mä in der ferhalen.
urspr. Bedtg.: hauen u. spalten etc. ist. Es ist wohl zweifellos mit dem folgenden
meter, mäter, Messer, Person die das michel eins u. dann soviel als der Grosse,
Messen thut; — Compos.: körn-, törf-meter 30 Mächtige, Vielvermögende u. Viel-
etc. — Nd., nid., mnd., mnld. meter; ahd. verzehrende, od. Vielmögende etc.
mezäri, mezzäri; mhd. mezzer etc. aufgefasst.
Metje, wbl. Name. — S. Meta. 2. michel, gross, stark etc.; — du must
metje, Geschäft, Gewerbe, Amt, Beschäf- de michele-kare (od. de michel-kär) krigen,
tigung etc.; — wat hest du för 'n metje? 35 wen du dat fat drank (od. de geste) weg-
— Das entlehnte franz. metier, was mit brengst, de liitje is to swak d'r to un kun
(cf. Diez, I, 276) ital. mestiero, mestiere; di underwegens wol breken. — Auch subst.
span., aport. menester; neuport. mister; häP de michel (von einem Karren, Uand-
prov. menestier, mestier etc. aus lat. mini- Wagen etc.) her un lat de lütje stän. —
sterium (Dienst, Verrichtung, Bedienung, 40 Mnd. (Seh. u. L.) michel; as. mikil; ags.
Amt etc.) entstand, dessen Stammwort mi- micel, mj'cel, mucel; aengl. (Stratmann)
nister (Bedienter, Diener etc.) als unte r- muchel, mochel, michel, mechel «. mikel, sowie
ge or dnete Person von minus fortgebildet auch gekürzt: muche, moche, miche, meche;
^'s^,äÄwZ^'c/4meMagister,magistratus^'onmagis. engl, mickle u. gekürzt mach. \ schott. mekyl,
met-, mät-körf, Messkorb, Korb ^mu 45 meikle, mykil , muck; an. mikill, mikil,
Messen von Torf etc. mykil, — noriv. myken, mykjen, mökjen,
met-, mSt-rode, met-, mät-ro, ilfessm<7te. mygjen, möen, mikjen; schwed. mycken;
mets, s. mits. dän. megen; goth. mikils; ahd. michil,
met-, mät-stok, Messstock, Zollstock. mihhil, mihi], michel; mhd. michel (gross,
met-wnrst, s. unter met. — Sprichw.: 50 ausgedehnt, gewaltig, viel, sehr). — Mü
he smitt mit de metwurst nä de schinke ; griech. megas, megäle, mega (gross) u. lat.
— elk ding hed en ende, man 'n metwurst magnus, major etc. von derselben y magh,
hed twe enden ; — he prötd as 'n metwurst, tvovon mögen, macht etc.
de an beide enden apen is; — he kw adelt Michel od. Michel, ml. Name (Güdje-
(od. kwätelt) as 'n metwurst, de 't fet üt- 55 Michel = Gödeke Michael) aus dem bibl.
lopen is. hebr. = lat. Michael.
meuen, meute, s. 2 meicn u. meitc. Micheli, Michels, Michaeli, Michaelis ; —
meve, mewe, Möve (larus) ; — Sprichw.: um Micheli od. Michels. — Der nach dem
meven sunt in 't land, störm up so, od. Erzengel Michael od. Sanct-Michael be-
mewen in 't land, unwer un störm för de 60 nannte 29. September.
MIDDAG 598 MIDDEL-MANTJE
niiddag, Mittag, die Mitte des Tages od. medica, medicor, medicus, medicina etc. etc.
die Zeit des höchsten Standes der Sonne, von dieser y madh ableiten lassen, da sich
wo der Tag gerade in der Mitte zwischen ja aus: trennen, sondern, scheiden etc. der
dem Steigen u. Sinken (cf. auch middc- Begriff der Unterscheidung der Dinge n.
wintor otc.) desselben angekommen ist. — 5 des Unterschieds der zwischen ihnen besteht
Nd., nid. middag; afries. middoi, middi ; n. somit des Kenn entern ens , Ver-
mofries. (Cad. Müller) middy; icfries. Stehens «. Wi s sen s von selbst ergiebt,
niiddey; satl. middei; wang. midi; ags. wie dies ja auch durch an. skWyÄ (trennen,
middaeg; aengl. middei; engl, midday; ati., scheiden etc.; verstehen, erkennen, begreifen
isl. middegi ; ahd. mittitac ; mhd. mittetäg; 10 etc., cf. schelon u. schulen) bezeugt icird.
tat. meri-dies (für medie-dies) etc. 1. middei, mittel, mitten, in der Mitte von
midde, iiiidte (Femin.) u. inidden (Neutr.), od. zivischen zivei Ftwas befindlich etc. —
3Iitte, Stelle die, od. Funkt der von zwei Fast nur i. d. folg. Compos. u. im Superl.
Aeussersten ungefähr gleich weit entfernt niiddelste. — j\fnd., afries., vfries., ags.
ist 11. von diesem ungefähr gleichweit ent- 15 middei; an. modal etc.; ahd. mittil, mittel;
fernten Aeussersten eingefasst wird (sich mhd. mittel (medius).
ungefähr mitten zwischen denselben be- 2. Lliddel, Mittel, Mittleres, Mitte-Ding,
findet), od. Stelle, l^unkt etc. %co zivei gleich Ding od. Etwas icas in der Mitte von Et-
weite Enden n. Entfernungen mit einander was od. mitten zivischen Etwas ist, die
zusammentreffen u. diese von einander 20 Verbindung u. das Verbindende zwischen
scheidet od. sie halbirt ; — he mett de zioei Aeussersten od. allem Getrennten bil-
midde (od. midte, 't midden) d'r fan üt ; — det u. sonach den gegenseitigen Verkehr
he snitd in de middc (od. in 't midden) zivischen getrennten Menschen u. Ländern
dör; — he hed 't midden (die Mitte, das etc. ermöglicht u. fördert; daher auch ivieder
Centrum etc.) räkd; — iip de midde fan de 25 Verkehrsmittel, Uidfsmittel, Enverbsmittel
dag; — in de midde fan sin jaren; — he (Geld od. Vermögen u. Besitz) od. Hidfs-
hed 't not in de midde (od. in 't midden) quelle u. Helfendes etc. selbst ist u. dazu
truflfen. — Sprichw.: „de beste in de midde dient, um mit ihnen als Medium (od. Mitt-
(od. in 't midden),** sa' de Düfel, do lep he leres, Mittelglied, Vermittler u. zugleich auch
tüsken twe papen. — Nd. midde (Femin.); 30 Vehikel) bestimmte Zivecke zu fördern u.
nid., mnld. midden (Neutr.); as. midden; zu erreichen; — he hed siik in 't middei
ags. midde ; aengl. midde ; engl, mid ; an. (in die Mitte zwischen Zweien) legd od.
midh ; norw., schwed., dün.VLVi^i; oM. mitti; steld, um se üt 'n ander to holden un to
mhd. mitte. fermideu dat se sük leds andön ; — geld is
Es ist entweder wie middei, midden von 35 't haupt-middel um dör de weit etc. to
dem Adj. : afries. midde, müdde; wfries. kamen; — 't schip is 't middei to de se-
midde ; .'iatl. middo ; icang. mid ; as. middi ; handel un de ferker tüsken frömdo folken ;
ags. midd; aengl., engl, mid; an. midhr; — he is fan alle middels (Hülfsmitteln,
norio. mid ; ahd. mitti, mitte ; mhd. mitte, Encerhsmitteln, Geldern etc. od. Hülfsquellen
mite; goth. midis (mitten, in der Mitte be- 40 etc.) berofd.
findlich, zwischen Etwas etc.) fortgebildet, middel-bär, mittelbar, mit od. durch Hidfe
od. gehört mit diesem u. lat. medius, me- eines Mittels od. eines Etwas was inmitten
dium etc. ; griech. messos (für methjos), von Etwas od. zwischen Etivas ist u. tritt.
mesos (der Mittlere), messen, meson (Mitte) middel-dt'len, /» der Mitte theilen, hal-
etc. ; kslav. mezda (d. i. medja, Mitte) ; skr. 46 biren etc., s. middeln sub a,
mädhya; zend. maidhya ; südosset. midag; middel-ding, Mittelding,
digor. miedeg ; tag. midäg (medius, medium) middelen, s. middeln.
etc. zu einem Stamm math, der toahrscheinl. middeler, ferniiddeler, iltmiddeler etc.,
aus madha gekürzt u. aus y ma od. mä Mittler, Vermittler, Ausmittcler.
(messen, eintheilen, bz. spalten, trennen, 50 middel-göd, mittelgut, halbgut, zwischen
scheiden, theilen, abtheilen etc., cf. meten) vollkommen gut u. ungut od. schlecht in
u. dha (thun, machen etc.) zusammengesetzt der Mitte.
ist. Ist dies nun aber richtig, dass dieses middel-hüs, MitteUiaus a) die Mitte od.
Tliema raadha od. gekürzt madh die sinnl. der mittlere Theil des Hauses; — b) ein
Bedtg. : theilen od. scheiden machen , bz. 55 Haus was in der Mitte zwischen zwei
Eticas von einander scheiden etc. hat, so Oertern liegt.
ivürden sich auch die Worte: zend. madha middoil-mantje, der stärkere, waagrecht
(Heilkunde, Weisheit, Wissenschaft), madhi zwischen der obern u. untern Abtheilung
(lehren etc.); griech. manthanö (lernen); eines Fensters befindliche Bieget eines Glas-
lat. medeor (lieilen, kuriren, helfen etc.), 60 rahmcns.
MIDDEL-MATE
599
MIDEN
middel-mate, middel-mät, a) Mütel-Mass
od. mittleres Mass, rechtes geziemendes u.
passetides Mass, geziemende u. passende
Grenze etc. ; — he wet gen middelmate to
holdeu ; — dat geid afer middelmät (das
geht zu weit etc.); — he lied gen middel-
mät in de kop od. nöse, fig. u. iron. von
Einem, der Teein geziemendes Mass im Kopfe
hat u. die richtige Mitte nicht inne hält) ;
— b) (cf. 2 mät) das MittelstücTc od. mitt-
lere Stück.
middel-matig, mittelmüssig, das mittlere
Mass haltend u, nach keiner Seite hin über-
schreitend etc.
middelii, mittein, a) Mittel od. Mitte u.
Halbscheid machen, mitten durch machen,
in gleiche Theih zerlegen, halbiren etc. ; —
wi willen de schal middeln od. middeldelen
(wir ivollen den Unterschied halbiren od. zu
gleichen Theilen unter uns vertheilen). —
Wang. midel. — b) das Büttel od. Mittlere
u. Vermittelnde machen u. sein, die Mitte
von Etwas suchen u. feststellen etc. ; — he
middeld hum dat hen (er mittelt od. sendet,
besorgt u. meldet ihm das hin) ; — he middeld
de düpte üt ; — he hed dat tüsken hör fer-
middeld ; — c) Mittel geben od. haben etc.,
daher : bemiddeln ; — he hed hum bemiddeld;
— he is bemiddeld.
middel-rif, Bauchstück od. mittlerer Theil
des Leibes, s. Weiteres unter 3 rif.
middel-slag, Mittclschlag, mittlere Grösse,
Beschaffenheit u. Art ; — he is en fan de
middelslag.
middelste, mittelste; — 't middelste stük ;
— he nimd 't middelste mit beide enden (von
einem gierigen u. habsüchtigen Menschen).
middel-strate, Mittelstrasse, sinnl. u. fig.
middel-weg, Mittelweg, sinnl. u. fig.
midden, mitten, in der Mitte; — auch
subst. : dat midden, die Mitte von Etwas,
zwischen zivei od. mehreren Aeussersten be-
findlich ; — he legde sük in 't midden (sinnl.
u. trop.).
midder-nagt, Mitternacht, zwölf Uhr u.
um diese Zeit.
midde-weges, raidde-w3gs, mitteiveges, in
der Mitte od. der halben Länge des Weges.
midde-winter , mid-winter, Mittwinter,
Winter- Sonnenwende, Tag tvo der Herbst u.
Winter scheidet u. mitten zwischen diesen
ist; — 't was um middewinter, es war zur
Zeit der Wintersonnenwende. cf. mid-
sömmer. — Afries. midwinter ; ags. midda-
winter etc.
mide, meidend, dem Umgang u. Verkehr
mit Menschen od. der Arbeit gern aus-
tveichend u. aus dem Wege gehend, scheu,
blöde, menschenscheu, arbeitsscheu etc. —
Mnld. (KU.) raijdel; nd. (Dähnert)
midcrn; nfries. (Outzen) mied. — Mit
midsäm zu miden.
midel, Grasart mit feiner dunkler Blüthcn-
Bispc, die vorzugsioeise unter dem Bog gen
5 ivächst. — Es wird ivohl dasselbe Wort sein
wie nd. middel , mittler es Zittergras
(Briza media, cf. KaltschmidVs allge-
meines Wb.), was indessen hier nicht ge-
funden wird.
10 miden (mide, midst, midt etc. ; — med,
medst etc. ; — mäden), meiden, aus dem
Wege gehen, sich fern halten von, aus-
weichen (Einem), nicht verkehren u. um-
gehen mit, sich scheuen etc.; — he midt
15 hum, so föl as he man kan ; — he midt 't
kwäd nog mer as 't für ; — he midt min
hüs (er meidet mein Haus, lüsst sich in
meinem Hause nicht sehen, scheut sich es
zu betreten) ; — he midt sük weg (er weicht
20 od. stiehlt sich zveg, sucht sich Anderer
Blicken zu entziehen etc.); — he midt sük
d'r für (er meidet od. scheut sich davor)
um sük sen to laten. — Nd., mnd. miden ;
nid., mnld., mfläm. mijden ; afries. mitha ;
25 wfries. mye; satl. midde; wang. mith; helg.
mide ; as. mithan, midan ; ahd. midan, miden ;
mhd. miden (meiden, lassen, unterlassen,
verlassen, entbehren; verschonen mit, sich
einer Sache enthalten; wegbleiben, fehlen,
30 nicht anwesend sein, sieh nicht sehen lassen,
sich verbergen) ; ags. midhan ; aengl. mithen
(verbergen, verhehlen, verschweigen, meiden,
unterlassen ; sich verbergen), wovon auch
wohl das neuengl. mither (einhüllen, ver-
35 hüllen; dicht zudecken ; ersticken, belästigen,
venoirren) ; «/ot/t. (meithan). — Nach Fick
(II, 436 u. III, 238) gehört es mit lett.
mittet (verändern, miterlassen, meiden) zu
einer ]/ mit, germ. mid (ivechseln, tauschen),
40 sodass man danach ivohl annehmen muss,
dass aus der Grdbdtg. : Stelle od. Stand
icechseln u. verändern, von der Stelle gehen
etc. die Bedtg. : loeichen, entweichen, aus-
iveichen, zur Seite gehen, iveggehen etc. u.
45 hieraus loieder die von : (Jemand od. Etwas)
meiden, sich verbergest etc. entstand. Dass
mm aber auch ivirklich ein goth. meithan,
Frät. maith mit der Bedtg. : wechseln, tau-
schen etc. bestanden hat, wird durch goth.
50 maithnis (donum, Gabe, Geschenk) bestätigt,
ivas tvohl urspr. ein Ettvas bezeichnete, was
ein Jemand einem andern Jemand für ein
Gegebenes od. eine Leistung wiedergab, so-
dass es im Grunde ein ge-, ver- od. umge-
55 wechseltes u. zurückerstattetes Etwas, bz.
eine Erwiederung., Wiedererstattimg, Ver-
geltung (u. sonach auch eine Gabe od. ein
Lohn für ein früher Gegebenes od. eine
frühere Leistung etc.) war, was der Gothe
CO imter maithms verstand, ähnlich %oie dies
MIDSAM 600 MIKKE
mich mit griech. moitos (Enciederung, Ver- mige? Harn (urina). — Nd. miege; mnd.
geltung) der Fall ist, tcie denn auch F ick mige ; )dd. mijge; yntdd., mjläm. mijghe;
die obigen Wörter sämmtlich (II, 436) mit agn. migda, micga; aengl. migge. — Zu
lat. miituus, mitis etc. gleichfalls zu dem migen, cf. messe.
Tlicma mit stellt. 5 migen (mige, migst, migt etc. ; — meg,
Wegen goth. meithan, maith (latere, vi- megst etc. ; — mÄgew), harnen, pissen, nässen,
tare) neben einem früheren meidan, maid regnen etc., cf. mighörn ; — be migt in 't
(mutare etc.), icovon raaidjan (verändern, bedde ; — dat migt de hole dag au ; — be-
verfidschen) , iu-maidjau (verändern, ver- migen, bepissen, benassen^ beschmutzen etc.;
tcandeln), in-maideins (Veränderung, Ab- 10 — he bemigt sük ; — be hed sük bemägen
wechshing) vergl. E. Schulze, goth. Wb. (auch trop., wie beschissen). — Redensart:
u. zu goth. maithms u. griech. moitos (Gabe, 'n siegten korel, de nich scbitt un migt toglik.
bz. Enciederung, Vergeltung od. das ivas 7nan — Nd. miegeu; m7id. migen; nid. mijgen;
sich auswechselt u. wechselseitig giebt, bz. mnld., mfläm. mygben; iifries. mige; hess.
das was man für ein eingetauschtes Etwas 15 ( V il m ar) nüjcn; or/s. migan, mihan, micgan;
austauscht u. zurückgiebt) auch noch unser aengl. migen; an., norw. miga. Mit lat.
meide, dessen Formen in den andern germ. mejere, mingere; <7/-/ec/t. 'o-michein (harnen,
Sprachen fast sämmtlich zu dem Präter. pissen), 'o-micb-ma «. moicbös (Urin) ; lit.
maitb von meithan bz. zu maid von goth. mözii, myzai'i ; zend. miz, maezaiti (harnen) ;
maidjan (wechseln, verändern etc.) od. med 20 skr. mih, mehati (harnen, beträufeln), megha
u. nhd. mied von miden u. nhd. meiden u. mihiza (Wolke), mih (Regen, Nebel,
stimynen u, wonach es dann auch viel wahr- Dunst etc., cf. mis u. mist) etc. zu einer
scheinlicher ist, dass dieses Wort mit goth. idg. ]/ migh, welche vielleicht urspr. die
maithms (donura etc.) aus demselben Stamm- Bedtg.: rieseln, träufeln, regnen, nässen,
verb. entsprang, als dass es aus misda, mizda 25 feuchten etc. hatte.
(s. unter meide) entstand. Dass unser meide nüg-hörn, a) Ecke tvohin man sich stellt
jedenfalls eine Abgabe ist, die beim WecJisel zu pissen, od. too man sein Wasser abschlägt;
der Pächter u. Ericerber, bz. beim Wechsel — b) Regen-Ecke, Ecke od. Gegend woher
des zeitweiligen u. des lehenslänglichen Be- es gewöhnl. regnet u. giesst od. die den ineisten
Sitzes von Etwas gezahlt wird, geht ja klar 30 Regen bringt; — de wind sitt al wer in de
aus der Bedtg., icelche dieses Wort bei uns mighörn (Jiier spec. im Südwesten, iceil der
noch hat, bz. aus dem Sinn, in dem wir Südwestwind uns den meisten Regen bringt),
es gebrauchen, hervor. — Wang. mighen (d. i. mig-heme, mig-
niidsäm, meidsam, bz. meidend, zurück- hern, cf. hörn u. barn etc.), daher (wang.,
haltend, scheu, bange etc.; — he is so mid- 35 cf Ehrentraut, II, 73): Gott tröst,
säm, dat he hast niks wägd od. segd, bz. won de win si'ithwäst is, den is hi in de
hast nargens mit hen gäu dürd. — Nid. mighen, den kant yä 't wätter then en-
mijdsam. auch sIl.
ra\^'%'(iVAm^T, Mittsommer, Sommer-Sonnen- mik, s. 1, 2 u. 3 mikke.
zoende. cf. midde-winter. 40 Mike, tvbl. Name. Dimin. u. Koseform
mid-üren, Vesperzeit, Zeit in der Mitte von Mia, bz. = Maria u. eins mit Ma-
zwischen 12 Uhr Mittags u. 12 Uhr Nachts, riechen,
bz. um 6 Uhr Abends. 1. mikke, mik, ein Bisschen, ein kleines
mid-winter, s. midde-winter. geringes Etwas, Brocken, Stückchen, Krüm-
mig-amel, mig-hämel, mig-ämer, mig- 45 chen. Geringstes, Nichts; ein Brödchen od.
hämer , mig-emke, mig-hemke, miger, kleines feines Brod etc. ; — d'r is gen mikke
migerke, migelke u. mire, sowie pisse- fan afer bieten, bz. gen mik fan (od. up)
bülte, Ameise. — Sprichw. : he beterd sük to sen ; — 'n lütjen mikke fan de bakker.
as de migämels, de leren up 't older flögen, — 3Iit nd. (Br. Wb.) mikke (kleiner
— od. 't geid hum as de migämels, de leren 50 Junge, kleines Kind, kleines Brod,
up 't older flegeu, — od. he wil sük betern Stück od. Schnitt Brod) od. (D ahne r t)
up 't older as de mighämels, de krigen 6k migge (Schönroggen-Brod zu einem Schilling,
erst flogeis wen se old sunt. — Die meisten eine Art Brod für arme Leute , ein Stück
Benennungen als mig-ämel etc. od. miger Weizenbrod), sowie auch (Dann eil) mick
etc. rühren davon her (cf. auch engl, pis- 55 (Wrackgut , zerbrechliches altes Hausge-
mire), dass die Ameisen bei der Berührung räth, Zeug tvas schivach u. alt, bz. nicht
einen scharfen beissenden Saft ausspritzen, mehr fest ist u. zusammenbrechen will), —
der ein schmerzliches Jucken u. Brennen vcn-ckevig (klein, fein, schwach, verkrüppelt,
auf der Haut verursacht. Wegen ämel (in klein fein u. kritzlich), — mikmak (von
mig-ämel) u. mire s. unter diesen Wörtern. 60 feiner kritzUcher unleserlicher Handschrift,
MIKKE MIK 601 MILD-DRAGEND
c/. Schütze, III, 99), — (ScUamhach) gaf hum 'n mik (Zeichen, Wink), um hum
mi\ierQ,2u Jdein fein u. unleserlich schreiben; upmarksäm to makeii. — Mit nid. mik
SU fein u. dabei ungleich od. schlecht, fehler- (Ziel u. TJiätiglceit des Zielens) ; mnlä.
haft, gebrechlich spinnen, sodass Klümpchen micke, mick, ghemick (collimatio) zu mikken.
od. Knötchen im Garn entstehen, die selbst 5 mikken, scharf nach Etwas sehen od.
auch wieder mikken genannt werden, weil spähen etc., den Blick scharf tvorauf richten,
es harte Stückchen od. Bröckchen sind ; — Etwas ins Auge fassen u. beobachten. Etwas
mnd. micke (feineres Brod od. Eein-Brod, erspähen od. erblicken, sehend geioahren u.
geringes Brod für arme Leute) ; — nid. bemerken etc. ; — he mikt up hum ; — ik
mik (das Feine od. die Blume des Mehls; 10 mikke di. — Nid. mikken (doelen, turen,
Brod aus solchem Mehl od. Fcinbrod, feines scherp toezien) ; mnld. micken , mecken
Weissbrod) ; — mnld. micke (hemiartium , (micken met de ooghen, mit den Augen
panis triticeus minor, artidium, parvus panis) ; blinzeln od. winken etc., collimare, inten-
— aengl. miche (parvus panis) ; — franz. dere oculos in rem aliquam, collineare, oculos
miche (Stück Brod, Laibchen, ö^^. pain d'une 15 in scopum intendere; statuere, disponere) ;
grosseur mediocre) ; — ital., prov. (cf.Diez, w^äm. micken metter ooghen (viser bien
I, 277) mica, miga ; franz. mie (Partikel droit, avoir l'oeil ou la vene a quelque chose) ;
zur Verstärkung der Negation), sowie ital. afries. mitza d. i. (cf. tzerke = kerke,
miccino (ein ivenig, ein bisschen) etc. aus Kirche) mika (sehen od. achtelt ti. merken
lat. mica (Krümchen, Bisschen), was viel- 20 worauf. Etwas beachten), wfries. mickjen
leicht mit griech. smikros u. mikros (klein), (doelen, zien, op het oog hebben). — Dieses
eines u. desselben Ursprungs ist. Wort wird ziveifellos loie ital. miccare in
2. mikke, mik (Femin.) a) gabelförmiger ammiccare (mit den Augen nicken u. toin-
Ausschnitt einer Gaffel; — ]3) gabelförmiges ken od. wimpern u. blinzeln, loie z. B. die
Holz an der Pumpe, worin der Schwengel 25 Katzen, wenn sie anscheinend schläfrig da-
sich bewegt; — c) Geck auf dem Schorn- hinsitzen u. durch die Spalte der halbge-
stein; — d) ein gegabelter Stock od. Pfahl, öff^netenu.zioischendurchwieder geschlossenen
bz. eine gegabelte Stange in deren Gabelung Augen sehen u. lauern) aus lat. micare (sich
man Etwas hineinlegt u. worauf Etwas ruht schnell u. öfters hin u. her beivegen, eine zit-
(wie z. B. auf einem Schiffe die nieder ge- 30 terndeBewegung machen; funkeln, schimmern,
legten Masten), od. ein Pfahl mit seitivärts blitzen, glänzen od. glänzern, blitzern, blin-
angebrachten ausgekerbten Holzpflöckchen, kern) entstanden sein, sodass es urspr. die
worauf die Stangen ruhen auf ivelche die Bedtg. : wimpern, blinzeln, bz. mit den Augen
Blaufärber u. Zwirnmacher Garn zum nicken u. winken etc. u. dann ferner in die
Trocknen u. Bleichen hängen. — Mnld. 35 von : mit halb zugekniffenen Augen od. durch
(KU.) micke (furca; pedamen, pedamentum, die Spalte der halbgeöffneten Augen nach
ridica); mfläm. micke (un arbre fourchu de Etwas sehen od. spähen u. lauern, scharf
deux branches, un pieu ou gibet forchu) ; u. genau nach Etwas hinsehen, Etioas beob-
nld. mik (wie oben), zum Theil auch ins achten, visieren etc. überging.
dän. u. schwed. übergegangen, cf. dieserhalb 40 mikkeren, mikkern, Iterat. von mikken.
Bobrik (naut. Wb., pag. 498) Mick der mild-dadig, mildthäthig; — mild-dadig-
Gaffel u. Mick der Beepschläger. heid, Mildthätigkeit.
3. mikke, mik (Masc. u.Neutr.), Visier, milde, mild, milde, liebreich, sanft, an-
sieht. Lauer etc. ; — he nimd dat up 't genehm, gnädig, freigebig od. gerne u. viel
mik; — he hed dat al lank in 't mik od. 45 gebend etc.; — he geid d'r so milde mit
fermik had; — ik heb hum ferdömd in 't um; — dat hed so 'n milden smäk; — dat
fermik od. in de kikerd, in de Iure. — Mit is 'n milden od. sachten grund od. klei,
nid. mik in mik-ijzer u. mik-knop (Visier, sand etc. ; — he is mild in 't gefen. — Nd.,
Visier-Eisen, Visier-Knopf od. Visierkorn, mnd., nid. mild, milde; afries., satl. milde;
Sichtkorn) zu mikken. 50 wfries. mijld ; as. mildi ; ags. milde ; an.
4. mikke, mik, das icorauf man sein mildr; goth. milds; ahd. milti ; mhd. milte,
Auge richtet od. ivonach man sieht u. zielt milde. — Die eigentl. Bedtg. ist loohlio eich
od. ivas man sieht, bemerkt, beobachtet u. u. sanft als Gegensatz von hart u.
ins Auge fasst u. sich merkt — od. auch strenge etc. u. gehört es wohl zur y mar,
dasjenige womit u. wodurch man Etwas 55 mal, reiben, zerreiben, weich machen, auf-
sichtbar u. bemerkbar macht u. ein Zeichen lösen etc., wie auch mol u. 1 molt etc.
od. einen Wink giebt; — 't mik (od. de milde, Milde, Freundlichkeit etc.
mikke) upsetten od. uptrekken (das Zeichen, mildigheid, Mildigkeit, liebreiches sanftes
Wahrzeichen, Merkzeichen, bz. die Ziel- Betragen.
Scheibe etc. aufsetzen od. aufziehen) ; — he 60 mild-dragend, gerne u. reich tragend.
MILT 602 MIN MINNE
niilt, Milz Csplen); — de milt is hum to griech. minios, mimeomai, mimö stellt, wäh-
gröt. — Nid., nd. müi; »oi/rf. miltlto, miltc; rcnd lat. memini mit griech. mcmaa etc.
afries., ags. niilte ; an. mihi ; ahd. milzi ; zur j/ man, ma gehört u. loobei noch er-
inhd. milze, milz. — Davon: ital. milza; wähnt f<ein mag, f/ass Griuim den nord.
span. melsa etc., cf. Diez, I, 378. 5 mixair geradezu mit griech. ^[^0% vergleicht)
Mit 2 niolt von mcltan, auflösen, erwei- ist, ähnlich une phul aus pluilla (von plia!)
chen, schmelzen, verdauen etc. u. mim (ire ; sonare) von mi, bz. mä (ire;
miraer, mimerer, nachdcnklicker od. he- sonaro, cf. Bopp) u. sonach «hs mi'mu ge-
denklicher schicermiUhiger Mensch, Sinner, kürzt lourde u. wonach dann unser mimern
Grübler, Grillenfänger, Kopfhänger, Me- 10 u. ags. mimor, meomor etc. mit dem zur
lancholikus, Träumer etc. — Ntd. mijmeraar ; y smar , mar (gedenken) gehörenden lat.
nd. mimerer. memor, memoria etc. ganz unverwandt sein
raimere, Grubelei, Kopfhängerei, Grillen- würde,
fängerei etc. — iVW. mijmerij ; nr?. mimerijo. mimereren, denken, nachdenken, sinnen,
mimeren, niimern, tief sinnen u. denken, 15 grübeln etc.; — he mimerörd to fSl; — he
grübeln, sich trüben schtcermüthigen Ge- sitt altid to mimereren. TFo/(/ von mimeren
danken hingeben, in tiefe u. schwere Ge- od. von mimerer (s. mimcr) fortgebildet,
danken versunken sein etc.; — he deid niks •nnmerig, tief- od. trüb-sinnig, schwer-
st mimern (grübeln, sorgen, sich mit Sorgen müthig, melancholisch, kopfhängerig, grillen-
quälen etc.); — hfi sitt altid to mtmereren 20 haftig etc. — JSHd. mijmorig.
(er sitzt allezeit zu grübeln, sinnen etc., 3Iimke od. Mimmke, ml. Name = Mime-
giebt sich stets tiefen schiceren sorgenvollen ken od. Mimmekcn «7,9 Bimin. od. Koseform
Gedanken, hz. tiefen ?<. abstracten Studioi vom älteren Mimo, Mimmo, s. unter mtmeren.
hin etc.) ; — Subst. geraimer (Gegrübcl etc.). Mimke, wbl. Name. Wahrscheinl. auch
— Nid. mijmeren; nd. (Br. Wb.) mimeren 25 Koseform von Mimo od. Mima (s. unter
od. (Schütz e) miemern ; wfrics. (Japix) mimeren), doch kann es auch = nlid. Mi-
mijmerjen. — Es hängt icohl jedenfalls mit michen «. wie dies von Mirai (ah Kose-
ags. (H. Leo, Spalte 552) mymor (einge- form von Maria) mit der Biminutiv-En-
denk) u. vielleicht auch mit ags. mimor od. düng ke = chen fortgebildet sein.
(L. Ettmüller, pag. 227) mimor, meomor 30 mimkeii, in kleinlicher Weise denken u.
(peritus), sowie ferner mit an., isl. mimir sinnen od. nachdenken u. grübeln , sjnn-
od. mlmir (memor u. auch nom. propr. des tisiren etc. ; — oldc iüe hebben altid wat
Gottes der Weisheit), lat. memor etc. zu- to mimken un to sorgen.
sammen, wie auch nach Grimm (Myth. Es ist wohl ein diminutives Verb, von
j)ag. 353) ein mit unserm mimeren ident. 35 einem urs2)r. mimen (s. unter mimeren) wie
ags. mimerian (memoria teuere) bestand. lopken von löpen, stopken von stoppen.
Vergleicht man indessen die an. mythol. miraken-spiritns , Kampherspiritus mit
(Edda saem., III , 510) Bezeichnungen Salmiakgeist (tlüg-up) vermischt.
mima-meithr, bz. (Grimm, Myth., 352) Mimste, ml. Name. — Sprichw.: „för
raimis-brunnr, mimis-synir etc. u. den Stamm AQ dWc gefär," Sil' Mimste, do bund he sin
(För st e mann) Mim in den Namen: hund an as he al dre dagen dod was.
Mimo, Mima, Mimila, Mimigard etc., sowie min od. minne, a. (AdJ.) gering, wenig,
■unser Diminutiv- Verb, mimken, so scheint klei'n, mager, leicht, schlecht etc.; — dat is
es fast, als ob urspr. (cf. dieserhalb auch mi den dog to minne; — dat land (od. de
Grimm an der obigen Stelle, sotvie L. 45 kö etc.) is to min fan gefen; — net to ful
Ettm üller) auch ein germ. Verb. as. un net to min; — to min geld; — to min
miman, mem ; ags. mtman, mäm (cf. ags. fan grötdte od. gewicht; — dat is man 'n
mämerian, schlafen, schlummern, od. urspr. min (feines schioaches etc.) kind ; — 'n
vielleicht: phantasiren , träumen, bz. still minnen ko orZ. böin, sake etc.; — min fader
sitzend tief nachdenken etc., cf. nd. mimeren, 50 word so min, dat h«"' wol bold starfen schal ;
phantasiren, wirr u. duselig im Haupte sein, — dat is hum to min um sük daran to keren;
tief fU. schwermitthig nachdenken etc., bz. — so min kan ik nii dog 6k net rekenen,
unser mimer), ahd. miman, meim; goth. dat ik mi dat fan hum andön laten kan;
meiman, maim, mim etc. bestand, dessen germ. — b. min (Compar. Adv.) toeniger, minus ;
y mim vielleicht ein Denominativ des Stam- 55 — 't is min of mer 12 ür; — 't blift sük
mes mimä von ma (cf. bei Grassmann min of mer glik ; — 10 min 1 blift i>. —
mima, Imperf. amimä, Pcrf. mama, Partie. Nd., nid., nfries., wfries. min «. nd. auch
miman.^ von der y mä, messen etc., wovon minne (wenig, gering etc.) u. nd., mnd.,
nach Fick die y man, raa, denken etc. nid., mnld., afries., nfries., ahd. min; goth.
urspr. nicht verschieden ist u. wozu er auch GO mins, minz ; an. miunr (toeniger, minus).
MIN
603
MINEN
Wegen des Bestandes von min auch im
as. u. ags. cf. minner ti. minste ■>(.. wegen
der Abstammung mit lat. minus, minuere
etc. von y m\ od. ml (kürzen, verkürzen,
mindern) hei Fick, Gras s m ann u. An-
dern, wozu ich noch bemerke, dass mi od.
mi wohl nur Ablaut von ma od. mä in der
urspr. Bedtg. : spalten , hauen , schneiden
etc. (s. unter maien «. meten am Schlüsse)
sein ivird.
min, mein; — min brör, min süster; —
mins faders hüs ; — mine jaren ; — 't is all'
min od. mins ; — war sük 't um min un din
(od. mine un dine) handeld, dar hold mestal
de fründschup up. — Nd., afries., as., ags.,
ahd. min; nid. mijn; an. minn, min, mitt;
goth. meins. — Mit tat. me-us von ma (cf.
mi) u. soviel bedeutend als der Ich eigen
od. der eigenen Person gehörend.
min-achten, klein od. gering achten, ge-
ring schätzen, verachten etc.
niin-acliting , min-achtnng , min-achten,
Geringschätzung, Verachtung etc.
min-bank, Auctions-Bank od. Auctions-
Tisch. — Zu minen wie tön-bank zu tönen ;
— he hed de minbank för de dör; — dat
kumd up de minbank.
minder, s. miimer.
1. mine, Miene, Gesichtszug, Geberde etc. ;
— he fertrekt gen mine; — he mok mine
um uptobreken od. to fertrekken. — Nd.
mine ; nid. mijne ; engl, mien etc. entlehnt
aus franz. mine (Geberde, Gesicht, äusseres
Ansehen od. Aussehen etc.), icas vielleicht
(cf. Diez, I, 278 unter mina, Schacht,
Grube, Vertiefung od. Eintiefung, Stollen
etc.) von Hause aus dasselbe Wort od. doch
desselben Ursprungs ist wie das folgende
mine, sofern dies mit dem vom. menäre
(führen, betreiben) siisammenhängt u. dem-
nach franz. mine (Geberde etc.) etwa die
äussere Führung u. Haltung (cf. G e-
b er de von heran, tragen, halten etc., bz.
unser bare u. baren, — lat. gestus von
gerere u. prov. se menar, sich führen u.
benehmen, sich betragen etc.) atisdrückt, od.
mine als Geberde od. Gesichtszug hier urspr.
auch blos eine Grube od. Vertiefung, Höh-
lung etc. (cf. Grübchen im Kinn od. in der
Wange etc., od. die Falten u. Bunzeln im
Gesicht) bezeichnete u. im franz. nicht allein
von einem Schacht od. einer Grube u. Ver-
tiefung in der Erde od. einem Berge (cf.
2 mine); sondern auch von einer Grube u.
Vertiefung od. einer Falte ii. Bunzel im
Gesicht gebraucht wurde, wie auch ja jeder
sichtbare Zug od. jede Miene im Gesieht
eine Art Binne od. Kerb, Bunse , längere
Vertiefung, Einschnitt etc. ist. Will man
indessen das franz. mine in der Bedtg. G e-
ber de etc. nicht mit mine od. dem allge-
mein rom. mina (Schacht , Grube , Stollen,
od. das was man in die Erde od. einen
Berg hinein treibt od. hinein fü h r t etc.)
5 für urspr. ident. u. für gleicher Abstammung
mit diesem halten, so ist es auch leicht mög-
lich, dass es mit lat. minae (Zinne od. vor-
ragende u. vorspringende Spitzen anMauern;
Drohungen etc.) aus dessen Singular mina
10 (Vorsprung , Hervorragung, Zinne etc.;
Drohung, bz. Alles tvas vortritt u. nach
vorne hin sichtbar vorragt n. weithin sicht-
bar ist) entstand u. demnach dieses franz.
mine auch urspr. ein vorragendes od. vor-
1 5 springendes, hervortretendes u. sichtbares Et-
was bezeichnete, da ja jede einzelne Mi ene
.sowohl, als auch der ganze mit Gesicht
bezeichnete Vordertheü des Kopfes ein vor-
ragendes od. vorspringendes u. sichtbares
20 Etivas ist u. man diesen Vordertheü des
Kopfes auch wohl als ein Promontorium be-
zeichnen könnte. Dass es wenigstens im
mlat. ein von mina in der Bedtg. Drohung
stammendes mina gab, scheint meiner An-
25 sieht nach sicher durch das von Diez
unter ital. mina angeführte minas parare
(Nachstellungen bereiten od. ins Werk setzen)
gesichert, da dies begrifflich näher zu der
Bedtg. Drohung von mina liegt als zu der
30 von führen, betreiben von rom. menare
od. zu der von bereiten des mlat. minare.
2. mine, Mine, Schacht, Grube, Gang,
Stollen etc. in einem Bergwerk od. Felsen,
bz. ein Loch (od. Gang, Stollen, Vertiefung
35 etc.) welches in die Erde (einen Berg, Fel-
sen) getrieben u. geführt wird. — Compos.:
gold-mine, — pulfer-mine etc. — Nd., mhd.
mine; nid. mijn etc. — Entlehnt aus dem
gleichbedeutenden franz. mine; ital., span.,
40 port. mina ; prov. mina, mena ; wallon. meinn,
wovon aspan. minera; 2^f'ov. meniera; franz.
miniere (Bergwerk); tvallon. minere (Erz-
stufe) u. weiter ital. miuerale; spian., prov.
mineral ; franz. niineral. — Die Herkunft
45 des rom. mina betreffend, so dürfte es wohl
«m/ minare in der aus drohen, bedrohen
abgeleiteten Bedtg. treiben od. antreiben,
vorwärtstreiben etc. zurückgehen u. demnach
ein Etivas bezeichnen, was in die Erde
50 (einen Berg od. Felsen etc.) getrieben
od. hineingetrieben wird.
minen, auf öffentlicher Auction Etwas
kaufen od. als Eigenthum erstehen; — ik
wil sen of ik nich 'n kö minen kan. — Nd.
55 minen od. mienen ; nid. mijnen. — Da hier
früher die öffentlichen Verkäufe vielfach in
der Weise abgehalten wurden, dass das
Kaufobject zuerst zu einem Preise ausgeboten
wurde, der höher war als die Taxe u. dann
60 nach u, nach davon .soviel abgelassen wurde
MINENTHALF
604
MINSKE MINSK
bis (lass sich Jemand fand der das Kaiif-
object für den geforderten Preis durch den
Huf min erstand, so heisst mincn wohl so-
viel als min (mein) sagen od. durch mm
rufen ein Etwas als Eigenthum erstehen,
falls es nicht etwa mit mhd. minen (Etwas
sich als Eigenthum zueignen, inne haben)
aus älterem mlujau (zu od. als) mein
machen ^</. tt/r/fö. mijiijon, sich zueignen,
als Eigenthum ericerben etc. «. eiju-mijnjen,
für sich selbst erwerben, sich selbst zueignen,
selbst bekommen etc.) entstand.
Von minen (auf öffentlicher Auction kaufen
od. überhaupt sich Etwas aneignen «. er-
werben etc.) stanwien ab: üt-mineii (öffent-
lich verkaufen od. veräussern), — lit-miner
(Auctionator), — üt - minerö (öff'entliche
Auction od. öffentlicher Verkauf) etc.
minenthalf , niinenthalfen , meinethalb,
meinethalben; cf. behalfen.
mineren, miniren, graben, wühlen etc.;
— undermineren, unterminiren, untergraben,
xinterwühlen etc.
minister, Minister. — Aus lat. minister
(Diener) ; s. xinter mester «. metje.
niinken, ferminkeD, verstümmeln, verletzen,
gebrechlich machen etc. — Nid. minken,
verminkeu von mink, menk, gebrechlich etc.,
als Ablaut von 2 mank.
1. minne, s. min.
2. minne od. minn', min', Minne, Liebe,
Freundschaft, Güte etc.; — wi mutten sen,
dat wi in minn' mit 'n ander klär worden;
— 't kan all' in de weit in minn' an t'ril'
togän, wen d'r fan beide siden man 'n
goden will' is. — Nid. minne, min; mnld.,
mnd., afries., tvfries., nfries. minne ; as.
minna, minnea, minnia; aengl. lamnQ (Minne,
Liebe etc.) ; an. minni; nonc, schtced. minne
(Andenken, Erinnerung, Gedächtniss, Er-
innerungstrunk); ahd. minnja, minna u.
minni; mhd. minne (Andenken, Erinnerung ;
Erinnerungstrunk ; Er inncrungsgcschenk,
Geschenk; Minne; personif. Minne, Frau
Minne; gütliches Uebcreinkommen, gütliche
Beilegung ; geschlechtliche Liebe, Gegenstand
der Liebe, besonders in kosender Anrede,
auch der Kinder gegen die Mutter). — Da-
von : franz. mignon (niedlich) ; ital. mignonc
(Liebling, geliebte Person, Schoosskind,
Schätzchen) ; franz. mignoter (liebkosen). —
Mit menen u. 3 man etc. zur y man, den-
ken etc. in der urspr. Bedtg. (cf. auch
unter 2 mund): fassen, halten (u. so: halten
dafür, halten davon od. ivovon , schätzen
etc.) etc.
1. minnelik, niinnelk, lieblich, liebens-
würdig, holdselig, lieheuswerth , liebreich,
freundlich, gütlich etc.; — dat is 'n minnelk
(od. beminnelk) kind ; — 'n minneliken sake
etc. ; — up 'n minnelken wise. — Nid.
minnelijk; mnd. minnelike etc.
2. minnelik, minnelk (voyi min, bz. minne,
wenig etc.), klein, fein, schwächlich etc.; —
5 dat is man 'n minnelk kind ; — dat kind
od. de bom etc. is to minnelk bliifen.
minnen, minnen, lieben, gerne haben etc.;
— he minnd dat net. — Nid., mnld. minnen ;
afries. minnia; ivfries. minjen etc.
10 minner, minder (Compar. zu min, hz.
n\mne,tcenig etc.), minder, toeniger, geringer,
kleiner, feiner, magerer, schivächlicher etc.;
— dat geld od. dat water etc. word all'
minner un minner ; — de böm word al
15 minner un geid al wider torüg; — 't word
minner mit hum, he schal wol bold starfen.
minner-machtig, minder mächtig, toeniger
mächtig u. kräftig als erforderlich, schwach
etc. ; — dar bün 'k to minnermachtig to um
20 dat to tillon, od. to drageu, to dön etc.
minneren, miunern, mindern, mindern,
minder od. iveniger n. geringer machen od.
werden; — du must minnern, du must min-
dern od. abnehmen (Etivas wovon) ; — dat
25 minuerd al mer un mer ; — dat water min-
derd sük.
minne-säm, minn-sam, min-sum, minne-
sam, liebreich, freundlich etc.; — up 'n
minnesamen ärd un wise. — Nid. minzaam;
30 mhd. minnesam etc.
minnigheid, minnigkeid, Wenigkeit, Klei-
nigkeit, Geringfügigkeit, geringfügige unbe-
deutende Sache etc. ; — dat brükst du net
as 'n minnigheid ansen od. reken etc. ; —
35 du sügst dat all' man as so 'n minnigheid
an, man dat is all' net so min (od. so ligt
etc.) as du menst ; — dat is gen minnig-
heid, wen man so siegt behandeld (od. so i'it-
schulden, so plägd etc.) word. — Zu min,
40 bz. minne, wenig etc.
min-säm, s. minnesam.
minske, niinsk, Metxsch, vernünftiges den-
kendes Wesen, als Gegensatz zu einem un-
vernünftigen Wesen od. Thier ; — dat is
45 je hei gen minske nich, so as de sin folk
un sin kinder behandeld; — he is half
minsk, half düfel; — man krigt hast hei
gen minsk mer to sen. — Sprichw. : arbeider-
swet un buren-tlit, helpen föl minsken dör
50 de tid. — Unter de minsk tvird der Mensch
im Allgemeinen u. unter dat minsk wird in
der Pegel nur der weihliche 3Lensch od.
eine Frau verstanden. Jedoch nicht gerade
im schlechten Sinn; — wat wil dat minsk?
55 wil se uns wat ferkopen od. geld halen
etc. ? — man min göde minske (aber meine
gute Frau), wat fäld jo? — Nd. miusk,
minsch; )H/u?.minsche, mensche; «?f/. mensch ;
afries. manniska, manska, mansche, menueska,
60 menska, menscha, minacha; wfries. minsche;
MINSTE
605
MIS
nfries. minsk; wang. miusk; satl. manske;
as. mennisko ; an., isl. manneskia ; " norto.
menneskj a ; schivcd. menniska ; dän. menneske ;
ahd. mannisco, mennisco. menuisgo, mennischo,
mennescho, raensclio; mhd. mennishc, men-
nisch, mennesche, mensche, mensch. — Es
ist von dem Adj. : goth. mannisks ; as. man-
nisk, mennisk ; a^is. mennisc; aen gl. menmsc;
an. mennskr; ahd. mennisc, mennisch ; mhd.
mennisch (humanus) fortgebildet, was ein
Compos. von man (denkendes Wesen od.
Mensch im Allgemeinen, cf. 3 man) ii. isk
ist u. soviel besagt als: einem Menschen od.
denkenden Wesen entsprechend u. angepasst
od. gehörig u. eigen.
minste od. niinneste (Superl. zu min, bs.
minne, wenig etc.), mindeste, wenigste, ge-
ringste, kleinste etc. u. subst. blindeste; —
up 't minste; — he is de minste net.
1. mire, mir, Hühnerkraut, Hühnerdarm,
Vogelgras (stellaria od. alsine media), auch
arf od. arfe (s. 2 arf ) genannt ; — Compos. :
fögel-mire, Vogel-Miere. — Nid. mier, muur,
murik ; mnld. muer, muerkruyd ; nhd. miere
(anagallis arvensis u. alsine media) ; nd.
(Schütze) miere u. mieren u. (D a n n e i l)
mür; mnd. (Seh. ti. L.) mir od. mir.
Ist es vielleicht mit griech. müos u. muos-
otos, muös-öton (Mäuseöhrchen u. alsine)
eins, sodass müos od. myos mit Uebergang
von s SU T SU müor, myor tvurde?
2. mire, mir, Ameise. — Nd. mire, mir
od. miere ; nid. mier ; mnld. miere ; engl.
mire (in pis-mire) ; aengl. mire , ags. myre,
mire ; an., isl. maur od. maurr ; 7iorw. maur,
dial. mor, mör ; schwed. myra u. dial. maur ;
dän. myre; kelt. myr; tartar. (Krim) miera
etc. etc. — Wegen der Abstammung von
mau (movere etc.) cf. Fick, II, 624.
mire, mirje (Plur. mirjes) od. nagt-mire,
nagt-mirje , drückendes quälendes Nacht-
gespenst, der A Ip, bs. das Gespenst loelches
die Pferde des Nachts reitet u. ivovon die
märklatten (s. unter klatte) u. marvlechten
(cf. Seh. u. L.) herrühren u. deshalb hier
auch wälrider genannt werden. — Wang.
mer (in ridi-mer , auch dort wölrider ge-
nannt) ; nid. nachtmerrie ; mnld. maere u.
nacht-merie ; nd. (D ahn er t etc.) mare u.
(Br. Wb.) moor, nagtmoor; mnd. mar,
maer ; ags. mara ; aengl. mare ; engl, mare
(night-mare) ; an., norw., schwed. mara ;
dän. mare; mhd. mar; ahd. mara; franz.
(Dies, II, 359) mare, mar (in cauche-mar).
— Wohl mit poln. mora; böhm. müra, älter
möra (Alp u. Abendschmetterling) ; russ.
mora in kiki-mora (Gespenst), soivie lit.
maras, kslav. morü (Sterben, Pest), moros
(Tod) ; lat. mors u. skr. mara (Tod) : lat.
morbus von der }/ mar, sterben, verderben,
bs. reiben, zerreiben, zermalmen, aufreiben,
zerstören, zu Grunde richten etc.
mis, fehl, vorbei, nicht getroffen etc., bs.
fehl, verkehrt, unrecht etc. ; — he schöt mis (er
5 schoss fehl od. vorbei, abwegs, abseits etc., er
traf das Ziel nicht etc.) ; — 't geid mis (es
geht fehl od. vorbei, trifft nicht etc., od. auch:
es geht falsch od. verkehrt etc.) ; — dat was
mis (das war fehl od. nicht getroffen etc.) ; —
10 du bist hir mis (du bist hier fehl od. verkehrt
u. unrichtig, bz. nicht recht, hast die richtige
Thür od. das richtige, Haus, die richtige Per-
son verfehlt u. nicht getroffen) ; — he gung
hum mis (er ging ihm fehl od. vorbei etc.);
1.5 — dat gung hum mis (a. das ging ihm vor-
bei u. traf ihn nicht etc. u. b. das ging ihm
fehl u. verkehrt, bz. nicht recht od. nicht so
wie es sein sollte) ; — he hed mis (er hat un-
recht etc. — wen ik net mis hebb', den
20 hebb' 'k di güstern in 't förbigän sen; —
büst du nu hei mis ? (bist du nun ganz fehl
od. ganz vom richtigen Wege ab? — bz.
bist du nun ganz verkehrt od. ivirr u. ver-
rückt ?) — Bedensari : mis of effen (fehl od.
25 richtig, bz. ungleich od. gleich), gestellt
als Frage, tcenn Jemand rathen 7nuss wie
viel man od. ob man eine unebene Zahl
(z. B. 3) od. eine ebene (z. B. 4) von Et-
was in der geschlossenen Hand hat. —
30 Sprichio.: „'t is dog net hei mis," sä' de
jung', do smet he na de hund un räkde
(traf) sin stefmor, od. auch: „'t is dog net
hei mis," sä' de jung', do smet he sin mor
't ene oge üt; — hebben is wis, krigen is
35 mis (falsch, unzuverlässig, trügerisch, unge-
wiss, unsicher etc.). — Das TJiema missa
vom Adv. mis; nid. mis; nd. mis; mnd. mis,
misse (fehl, vorbei, das Ziel nicht erreichend
etc.) ; an. mis od. miss (an Einem vorbei) ;
40 isl. mis (de via, non recta via; contra jus
et aequum, gegen das Recht etc. od. sinnl. :
gegen das Gerade od. die gerade Richtung
etc., von der geraden Richtung abweichend,
dieselbe verlassend od. ändernd etc.,
45 cf. ä mis = per vices, alternatim, cf. engl.
amis; — their föruz ä mis == alternatim
deflexerunt a via; — fara ä mis vid = a.
praeterire u. b. spe dejici) ; norw. mist ;
schwed. miste (fehl,falsch, unrecht, vergebens,
50 vorbei etc.) — u. Adj. ahd. missi, mis (ver-
schiedenartig od. wechselnd, veränderlich,
abweichend); goth. misso (wechselseitig, ein-
ander), — sowie von missa, missi etc., gekürzt
mis in den Compos. mit mis (cf. diese u.
55 auch missen) u. vom Subst. nid. mis; mnld,
mis, misse (Fehl, Fehler ; Mangel, Irrthum
etc.); mnd. misse (Fehler, Verbrechen, Ver-
gehen etc., bz. das Abweichen vom Recht) ;
an., isl. mis od. miss (Veränderung, Wechsel,
60 Abweichung von der Regel; Unterschied ^
MIS
m
MIS-DON
das Falsche u. Verkehrte, Schlechte etc. ;
Fehler, Mangel, Fehlen, Gebrechen etc.)
soll nach Fick (III, 23S) aus mitsa ent-
standen sein «. vüt kslav. mite (abwech-
selnd), skr. mithas (zusammen, gegenseitig,
wechs eis weise, abwechselnd etc.), mitliii (falsch,
verkehrt) etc. zur y mi (wecliseln, cf. auch
miden) gehören, loonach dann missa (cf.
auch misselk am Schlüsse) zunächst einen
wechselnden u. veränderten od. abweichen-
den, bz. veränderlichen u. unsteten Zustand
(von Etwas) bezeichnet, od. sich auf den
Wechsel od. die Veränderung u. Abweichung
etc. der od. die mit u. in Etwas vorgeht,
bezieht u. dann aus der Bedtg. des Ab-
iceichens von dem (richtigen) Wege od. der
(geraden) Richtung auch in die des Vor-
beigehens u. Nichttreffens od. Fehlens (od.
in die von: fehl, vorbei, nicht getroffen etc.;
fehl, verkehrt, unrecht etc.) überging.
Ulis, feucht, nebelig, trübe, dunkel, düster,
finster, verdriesslich etc. ; — mis (od. misig)
wer (feuchtes nebeliges triibes Wetter); —
he kikt so mis (düster, finster etc., od.
trübe, traurig, missgestimmt, verdriesslich
etc.) üt, dat man hast bange för hum wor-
den mut; — he wurd d'r gans mis (miss-
gestimmt, krankhaft gereizt, elend, katzen-
jammerig etc.) fan, as he dat sag. — Mit
dem Subst. innld. miest (Nebel) u. Verb,
nid. miezelen ; mnld. mieselen (nebulam ex-
halare , rorare tenuem pluviam) ; mfläm.
mieselen ; nd. (Schambach etc.) raiseken
u. misein (fein regnen, stöbern, schmutz-
regnen) wohl desselben Ursprungs wie mist
u. messe; s. daselbst sub c.
mis-achten, missachten, verachten, ge-
ringschätzen etc.
niis-achting, inis-achten, Missachtung etc.
1. mis-bär, fehlbar, dem Fehlen, Irren u.
Irrthum untenvorfen etc. ; entbehrlich etc. ;
— nnmishAV, unfehlbar ; — dat is unmisbär
gewis (od, unmisbiir sllker) dat he dat dän
hed; — dat is mi unmisbär (das ist mir
unentbehrlich). — Nid. misbaar, onmisbaar.
2. mis-bär, a) missgebührig, missgeberdig,
ungeberdig, ungestüm, stürmisch, wild, laut
tobend u. heulend; — misbär wer (unge-
stümes stürmisches Wetter); — 'n misbär
kind (ein ungeberdiges schreiendes u. lär-
mendes Kind) ; — b) miss od. übel von Ge-
berde, hässlich, entstellt etc.; — 'n misbär
gesigt. — 3Iit misbarig u. dem folgenden
misbär zu inisbaren.
3. mis-bär od. misbarc, Lärm, heftiges
Geschrei, Geheule, Gejammer etc. — Nid.
misbaar (dasselbe); mnd. (Seh. u. L.) mis-
bere, misgeberde, misbare (Missgebahren,
Missgeberde, entstelltes Antlitz; Heulen,
Schreien etc.); mnld. misbaer (gestus in-
dccens, gestus incompositus summopere lu-
gontium) ; infläm. misbaer (grooten rouwe, bz.
c'omplaincte desordonnce, avec contorsion de
malus); mhd. missebaere, missebär (übles
5 Befinden u. Gebahren, Missgeberden; Leid-
ivesen, Trauer, Klage). — Zu dem folgenden :
1. mis-baren, sich miss od. übel gebahren
u. anstellen od. zeigen etc., bz. sich so als
ob Einer übel u. schlecht od. krank etc. ist,
10 od. ob es Einem, übel etc. geht gebahren od.
geberden etc., ungeberdig sein, toben, lär-
men, schreien, jammern, heulen, klagen etc.;
— he misbärd so, as wen de död d'r an
fast sitt, od. as of 't all' ferlaren is. — Nid.
15 misbareu (dasselbe); mnld. misbaeren (in-
composite se gerere, indecenter gesticulari) ;
mnd. mis-, niisseberen (sich ungeberdig u.
ungehörig benehmen od. bezeigen, sich miss
od. übel gebahren u. betragen etc.) ; mhd.
20 missebäreu (dasselbe). — Compos. von mis
od. misse u. baren od. baren, cf. baren.
2. mis-baren , miss od. fehl u. vorbei
bohren.
mis-barig, miss- od. ungebahrig, unge-
25 berdig, tobend, schreiend etc. ; — 't is so 'n
misbarigen junge, dat d'r niks mit anto-
en is.
mis-bedrif, unrechtes Thun, Verbrechen,
Sünde etc.
30 mis-behagen, missbehagen; auch subst.
mis-billig, missbillig, unbillig, ungut, ver-
werflich etc.
mis-billigen, missbilligen, nicht billigen,
cds unbillig u. schlecht venoerfen od. ver-
85 urtheilen etc.
mis-brük, Missbrauch; — mis-brüken,
missbrauchen; anders gebrauchen als es
recht u. gehörig ist.
mi-sohin, mi-schien, me-scliien, möglicher-
40 loeise, vielleicht, tvahrscheinlich etc. ; — ik
ga mischin mit di. — Nid. mischien od.
misschien; mnld. od. anld. machschien, mach-
schein ; mnd. machschen, machschein ; nfries.
miskiin; dän. maaskeen, d. h. es mag od.
45 kann geschehen, wie auch dän. kan-skße
dasselbe bedeutet.
mis-däd, Missethat, Uebelthat etc.; —
misdädig, missethätig ; — misdader, Misse-
thätcr etc.
50 mis-dejen, missgedeihen, missrathen etc.;
— 't körn is fan 't jär mest misdeit.
mis-deld, miss-, un- od. schlecht begabt
etc. ; — he is net misdeld, er ist nicht un-
begabt od. unfähig, hat gute Anlage etc.
55 mis-delen, nicht richtig theilen , unge-
recht verthcilen u. begeben, schlecht beim
Vertheilen von Gaben wegkommen, unbe-
theilt bleiben etc.
mis-dön, unrecht thun. Böses thun, sündigen,
60 Böses anthun u. zufügen, beleidigen etc. ;
MIS-DRUEK
607
MIS-SCHIK
— wat hebb' ik den misdäa ? — wat hebb'
ik dl misdän ? — he misdeid gen minsk wat.
mis-drük, Missdruck, falscher od. fehler-
hafter Druck, Makulatur.
luis-drükken, miss- od. falsch u. fehler-
haft etc. drucken.
mis-diiden , missdeuten; — misdiidung,
Missdeutung.
mis-fal, Fehlfall.
mis-fallen , a) fehl fallen , vorbei fallen,
nicht treffen; — ■ b) missgefallen, nicht ge-
fallen etc.; auch subst.
mis-gän, missgehen, vorbei gehen, falsch
od. verkehrt u. fehl gehen, nicht treffen, ent-
gehen, entwischen ; — de regen is hum mis-
gän; — he is dar misgän; — wl sunt 'n
ander misgän; — dat der kan hum hei net
misgän, dat krigt he seker to faten.
mis-gedänte, Missgestalt.
mis-gelden, entgelten, hassen.
niis-gewas, a) Missgewächs; — b) Miss-
ernte.
mis-gissen, verkehrt od. falsch denken od.
vermuthen, in seinen Vermuthungen irren,
sich versinnen u. verrechnen etc.
niis-gissing, mis-gisseii, irrige od. falsche
Vermuthung od. falsche Berechnung etc.;
cf. Missgissing bei Bobrik.
mis-gräp, Missgriff, Fehlgriff.
mis-gripen, fehlgreifen.
misgünnen , missgönnen; — mis-günst,
Missgunst ; — mis-günstig, missgünstig, un-
günstig etc.
mis-hagen, misshagen, missbehagen, miss-
fallen, übel od. schlecht gefallen etc. ; —
dat mishägd hum. — Auch subst. : he hed
sin mishagen d'r an had od. kund däu.
mis-handeln, misshandeln, schlecht od. übel
handeln. Böses thun od. anthun u. zufügen,
unrecht u. schlecht od. übel behandeln; —
mishandlung, Misshandlung.
mis-hellig, misshelUg, uneinig, uneins etc. ;
— misheUigheid, Misshelligkeit, Uneinigkeit,
Zwist etc., cf. enhellig.
misig, nass u. feucht, nebelig, trübe (sinnl.
u. trop.), cf. mis. — Wegen des ivahrschein-
lichen früheren Bestehens eines Verbums
mihsan od. mihsjan (nässen, feuchten, nebeln
etc.) u. (mit ausgeworfenem h) misan cf.
unter messe sub c das Weitere u. cf. dazu
hei Schamh ach misein u. musein (fein
regnen, stöbern), miselig u. muselig (stöbe-
rig etc.), muselweer, (Stöberwetter) etc.
mis-jagen, miss- od. fehljagen etc.; —
Wl sunt ^n ander misjagt.
mis-jär, Missjahr, unfruchtbares Jahr,
Jahr wo die Ernte missräth od. miss-
rathen ist.
misken, mischen od. zwischen machen od.
stecken, zusammen machen u. rühren etc. ;
— dat is net göd misked. — Ahd. miskan,
misken, misgen, mischen ; mhd. mischen. —
Mit lat. miscere ; griech. misgein (mischen) ;
skr. migra, mic^la (vermischt), migraya (mi-
5 sehen), miksh, mikshati (mischen) von einer
idg. y mik.
mis-kennen, misskennen, verkennen etc. ;
— miskenning, miskenneii, Misskennung,
Verkennung etc.
10 iiiis-klör, Misscouleur, Missfarbe, eine
verschiedenartige od. gemischte u. unreine
Farbe die einen widrigen Eindruck macht ;
— misklürig, misklörd, missfarbig, von widrig
verschiedener Farbe od. von gemischter u.
15 unerkennbarer , nicht zu unterscheidender
Farbe.
misk-niask, Misch-Masch, allerhand durch-
einander gemengtes u. gerührtes Zeug. —
misk-maskere, Misch- Mascherei.
20 mis-kräm, Fehlwochen, Fehlgehurt.
mis-leiden , missleiten , irre leiten , ver-
führen etc.
mis-lingen, misslingen, nicht gelingen.
mis-liikken, missglücken, misslingen etc. ;
25 — dat mislükde hum; — dat mus wol mis-
lükkeu, dat kun elk wol insen.
mis - mal , Miss - Mahl , Miss - Mahlzeit,
Mahlzeit die Einem unrecht, übel od.
schlecht schmeckt u. bekömmt etc.; — ik
30 hebbe, so lank ik läfe, nog nöit gen mismäl
holden.
mis-mod , Missmuth , Unmuth , Schwer-
muth etc. ; — mismödig, missmüthig etc. ;
— mismodigheid , Missmüthigkeit , Schwer-
35 muth, Gemüthsverstimmung etc.
mis-ii8gd, missvergnügt, unzufrieden etc.
— Nid. misnoegd.
mispel , Mispel. — Das entlehnte lat.
mespilus, wovon auch ital. nespola u. ahd.
40 uespil, cf. Diez, I, 289.
mis-prisen, misspreisen, verachten, tadeln
etc. ; — he mispres dat ; — ik kan dat (od.
hum) net misprisen.
1. mis-raden, missrathen, missgerathen,
45 fehl gerathen etc.
2. mis-raden, a) fehl rathen, nicht rathen
od. nicht errathen; — b) schlecht od. übel
rathen, einen schlechten Math geben ; — c) ah-
rathen; — h6 misröd hum od. dat.
50 mis-r&k&n, fehl treffen, vorbeitreffen etc.;
— dat was misräkd ; — schlecht od. verkehrt
IC. unpass kommen od. ankommen; — gä
dar net hen, du kunst dar wol misraken ; —
he is dar gans misräkd.
55 mis-räken, bz. mis-räkenen, miss- od.
falsch u. verkehrt rechnen etc. — misräke-
ning, Missrechnung, falsche Rechnung od.
Berechnung, Bechnungs fehler etc.
mis-schik, ein Etwas was keinen rechten
60 od. ordentlichen Schick hat od. hässlich u,
MISSE ms 608 MIST
schlecht aussieht, Unform, 3Iiss- od. ünge- nicht treffen, fehlen, irren (fehlgehen, fehl-
stalt etc.; — so 'n misschik hebb' 'k nun schlagen, nicht gelingen etc.); verlieren, ent-
dage nog net sen as dat wicht od. dat hehren, abgeben ; — dat raisde huni (a. das
gewas etc. fehlte od. verfehlte ihn, das traf ihn nicht;
misse, mis, Messe. — Das nüat. missa 5 — b. das ging ihm fehl od. schlug ihm fehl
(Abendmahlsfeier, Hochamt) u. entstanden u. gelang ihm nicht) ; — dat kau net missen
aus den Worten des Geistlichen : ite, missa (nicht fehlen od. verfehlen, bz. fehl gehen
est (seil, concio), tcomit der allgemeine od. fehl schlagen etc.); — dat mist dl (das
Gottesdienst für Jeden der nicht an der ging dir fehl, das trafst du nicht, da irrtest
Abendmahlsfeier Theil nehmen tcoUte, he- 10 u. fehltest du etc.); — wat mist (misset,
endigt icar. fehlt, mangelt etc.) di ? — mist di wat (fehlt
missehin, s. mischm. dir loas, ist dir Etwas abseits od. abhanden
misselik, misselk, misslich, zweifelhaft, gekommen u. verloren)? — he mns sin kind
ungewiss, bedenklich etc. etc.; — dat sügt missen od. misten (entbehren od. verlieren
d'r misselk (zweifelhaft u. bedenklich, ge- 15 m. abgeben); — he mus 't all' missen (od.
fährlich, schlimm, böse etc.) iit; — dat is misten), wat he harr. — Bedensart. u.
'n misselken (missliche od. zioeifelhafte u. Sprichw.: gissen is missen; — de f81 gist,
bedenkliche) sa.ke-, — 'n misselken klur (eine de f81 mist (wer viel vermuthet, der irret
gemischte u. zweifelhafte nicht zu erkennende viel od. geht viel fehl); — dat kau net
etc. od. auch eine loidrigc, unangenehme u. 20 missen, de f51 drinkt, mut f81 pissen. — Zu
hässliche Farbe) ; — he sügt misselk (un- od. von mis.
angenehm, hässlich, widrig, entstellt etc. od. inis-setten, misssetzen, fehl od. vorbei,
elend, bleich m. krankhaft etc.) üt; — he nebenbei setzen, unrichtig od. auf die ver-
sag d'r gans misselk (elend u. schlecht, bleich kehrte Stelle setzen, in eine unrichtige od.
u. krankhaft etc.) fan üt as he dat bürde ; 25 verkehrte, unsichere, bedenkliche u. gefähr-
— he ward d'r gans misselk (elend od. un- liehe Lage setzen od. bringen, in Gefahr u.
pässlich, übel etc.) fan to möde, as he dat Verlegenheit setzeyi od. bringen etc. ; —
blöd sag; — ik bün so misselk (schlecht u. pass' up, dat du di net missettst un fällst,
elend etc.) to möde, dat ik d'r gans krank wen du sitten geist; — d'r hed sük al
fan bün. — Nid. missehjk (dasselbe) ; mnld. 30 raennigen missettd un dügtig beserd; — ik
(KU.) misselick (a. fortuitus; — b. ambi- bin all' bang', dat he mi missettd (in Ver-
guus, dubius, incertus ; in quo errari aut de legenheit setzt u. in meinen Erwartungen
quo dubitari potest; — c) audaculus, teme- täuscht etc.) un mi gans in ferlegenheid
rarius, morosus, difficilis) ; mnd. (Seh. tt. L.) brengd; — wen ik net sülfst missettd worde,
misse-, mis-lik (a. ungeiciss, zweifelhaft ; — 35 den hebb' 'k um mai geld genug, um dat
b. ärgerlich, erbittert) ; afries. mislik ; as. stük land, wat ik anküft hebb', to betalen ;
mislik; ags. mislic; an., isl. mislikr; ahd. — wen du mi dat geld net up de dag to-
missallh, missilih, misselih, mislih, meslih ; rüg brengst, den bin 'k hei missettd un den
mhd. misselich , mislich ; goth. missaleiks wet ik net, wo 'k raaken sal ; — wen du
(verschieden, mannigfach etc. n. ahd. auch: 40 din wörd net holdst un mi missettst, den
ungewiss, zweifelhaft, unsicher, misslich etc.). schal dl de düfel halen.
— Wie schon unter mis (s. daselbst am mis-setting, lilissetten, Miss- od. Fehl-
Schlüsse) bemerkt, so bezeichnet miBsa, ursjyr. Setzung, In -Verlegenheit- Setzung etc.; —
einen wechselnden u. veränderten od. ab- ik hebb' därdör so 'n missetteii had, dat ik
weichenden, veränderlichen, iinsteten u. uyi- 45 dat geld net inkregen hebb', dat ik in de
sichern Zustand bz. dasjenige was bald so grötste ungelegenheid kamen bin.
u. bald wieder anders u. von dem frühern niis-sinnen , yniss- od. verkehrt sinnen,
verschieden ist u. abweicht u. da nun die versinnen, verrechnen, täuschen etc. ; — du
Endung lik die Bedtg. : gleich od. ebenso missinst di wol, dat is je wol net regt.
wie etc. hat, bz. besagt, dass ein Etwas 50 inis-sinninis;, mis-sinnon, 3Iisssinmtng,
ebenso ist wie das Wort dem es angehängt Versinnung, Verrechnung etc.; — dat was
wird, so hat das Compos. missallh auch 'n missinnen fan dl.
tcieder dieselbe Bedtg. wie missa in der mis-siren, misszieren, verunstalten etc.;
adject. Bedtg. : xoechselnd u. sich verändernd — dat missird 't ganse hüs, wen de fensters
od. abwechselnd u. veränderlich, bz. abicei- 55 to smal sunt.
chend u. verschieden (von dem frühem) etc., mis-stap, Fehltritt (sinnl. m. bildl.).
woraus sich dann die sonstigen Bedtgn. von inis-8tappen,inis-stalleii, mis-treden, mtss-
missa-llk od. misslich von selbst weiter od. fehltreten.
entwickelteil. mist, dicker stinkender Nebel, der Alles
missen, misten, missen, vorbei gehen, 60 verfinstert u. für die Lichtstrahlen der Sonne
MISTEN
609
MITEN
undurchdringlich ist; — d'r kwam so 'n
mist up, dat man gen dre trä' (Tritte) hen
sen kun. — Sprichw. : mist lied fröst in de
kist. — Nd.f nid., engl., aengl., ags. mist.
— Mit messe u. mis, misig etc., bs. dem
gleichbedeutenden mnld. micst (s. unier mis)
zx(, migen, mihan (ef. migen) u. wahrscheinl.
aus mihst mit Ausfall des inlautenden „li"
entstanden od. direct von der ]/ mih (nässen,
nebeln), tvie auch skr. mih ah Subst. die
Bedtg. N ebel etc. hat.
1. misten, s. missen.
2. misten, stark nebeln. — Zu mist.
mistig, mistig, nebelig etc. — Nd., mnd.,
nid., ags. mistig; engl, raisty.
mis-tröstig, mis-trostelik, mis-trostelk,
misströstlich, trostlos, untröstlich, traurig,
erbärmlich, elend, jämmerlich etc. ; — he
was d'r gans miströstelk fan; — dat is 'n
gans mistrSstelken (elender., erbärmlicher,
jämmerlicher) kerel.
mis-wisen , missweisen, verkehrt weisen
od. zeigen, de via weisen etc.
miswising, miswisung, miswisen, Miss-
zoeisung, Abseits- Weisung, verkehrtes Zeigen
in Bezug auf die Bichtung od. den Weg,
Abirrung, Irrthum etc.; — dat was 'n
helen miswisen, so dat wi hei war anders
hen kwammen, as wärhen wi wullen ; — d'r
is 'n miswisen (variatio et aberratio) in de
kompas.
mit (Adv. u. Präpos.) mit; — 't löpt hum
all' mit, wat he anfangd im deid, un ik wet
net, dat hum enmäl wat tegen (contra) löpen
is; — de wind is mit, un net tegen; — 't
is hum gans mit (es ist ihm ganz recht od.
lieb u. angenehm), dat du dat so mäkst ; —
wat hum net mit is, dat deid he 6k net un
wen man sük 6k up de kop steld ; — 't was
hum so regt mit 't sin, dat sin fro hum 'n
lütjen jung' bärde; — wel geid mit? (wer
geht zugleich mit fort od. wer begleitet mich,
wer geht in meiner Gesellschaft etc.); —
he wul net mit don od. mit spölen ; — he
stimd net mit uns in ; — gä dog mit ; —
dat löpt all' mit (a. das läuft od. geht Alles
mit u. nicht gegen, das geht Alles vorwärts
u. gut von Statten, od. ganz nach Wunsch
u. findet keinen Widerstand etc., — u. b.
das läuft Alles mit dem Betreffenden zu-
sammen vonvärts u. trennt sich nicht von
demselben) ; — 't helpt (od. arbeidt etc.)
all' mit ; — mit 'n ander ; — mit des kwam
he; — mit 'n mal (mit od. auf einmal, zu-
gleich etc.) ; — mit frä' (mit Frieden od. in
Buhe, ungestört etc.). — Nd. mede, me, mit;
mnd. mede, medde, mit ; nid. mede, mee, met ;
mnld. mede, med, met, mit; afries. mithi,
mithe, mede, mei, mith, mit, meth ; nfries.
me; satl. medd; wang. mit; helg. met; as.
J, ten Doornkaat Koolman. "Wörterbuch. II,
midi, mid, met ; ags. mid, midh ; aengl. mid,
mit ; an. medh ; norio., dän., schwed. med ;
ahd. raiti, mite, mit; mhd. mite, mit; goth.
mith; griech. metä; zend. mat (mit, sammt,
5 nebst). — Das zend. mat entstand vielleicht
aus älterem (cf. kar aus skar u. mar von
lat. memor etc. aus smar etc.) smat, bz. skr.
smat, smäd (zugleich mit, zugleich zusammen,
allesammt etc.), was nach G r assmann
10 für samäd steht u. ein altes Neiitr. von
samä (cf. samen, tosamen etc.) ist, ivie ja
auch mit etc. ein Zusammen u. Zugleich,
bz. eine Gemeinschaft u. Verbindung etc.
ausdrückt u. bezeichnet.
15 mit-dön, a) mitthun, zusammen od. ge-
meinschaftlich thun ; — b) mitgeben ; —
dat schal di wol mitdän (mitgegeben od. bei-
gebracht etc.) worden, wen du later din föten
under andermans disk steken must.
20 mite , mit , Miete od. Milbe , ein sehr
kleines Insect, welches man hauptsächlich
im Käse, Mehl u. in der Grütze findet u.
ein Hau2)tzerfresser u. Zerstörer des Käses
etc. ist. Da nun aber dieses Insect in Masse
25 soiüohl, wie auch der davon zerfressene u. da-
mit gefüllte Käse ein grauliches, schmutzig
weisses u. trübes Ansehen hat, bz. in der
Farbe u. im Ansehn einem vergrämten od.
verdriesslichen u. durchfurchten Gesichte
30 gleicht, so gebrauchen wir mite auch fig. in
der Bedtg. : Gram, Verdruss, Verdriesslich-
keit etc. u. heisst: he sitt ful mite od. he
sitt in de mite daher fig. auch soviel als :
er sitzt voll Gram u. Verdruss etc. od. er
35 sitzt im Gram u. Verdruss. — Nd. mite ;
nid. niijt; mnld. mijte; wang. mit; ags.
mite ; engl, mite ; ahd. miza. — Davon span.
mita; franz. mite (Milbe). — Es gehört mit
nhd. M eis sei; goth. maitan; ahd. meizan
40 (spalten, hauen, schneiden, bz. zerspalten,
zerhauen etc.) zur y mit (spalten, zerspalten,
zerhauen, zerkleinern etc.) aus mi u. ma
(cf. min), loie engl, beetle in der Bedtg. :
Käfer wohl mit unserm beitel (Meissel)
45 u. biten zur ]/ bhid (spalten etc.) gehört,
die mit bhad (graben , bz. hauen , stossen,
stechen) aus bha (schlagest etc.) entstand.
miten (met), von Mieten od. Milben zer-
fressen werdest, voll von Mieten od. Milben
50 sein u. fig. auch voller Verdruss u. Gram
(cf. mite) sein, ein grämliches Gesicht machen,
verdriesslich hinsitzen etc. ; — de kese (od.
de görte, dat mal) fangd an to miten; —
— de kese etc. mitd hei weg od. fermitd
55 gans ; — he sitt de hele dag hen to miten ;
— he deid niks as miten od. mitern ; —
wat best du altid to miten od. to mitern
(was hast du stets grämlich u. verdriess-
lich zu sein, od. deinen Verdruss etc. zu
60 äussern)?
39
MITER
610
MODER
miter, ein grämlicher, verdriesslicJier, un-
zufrieäener Meusch; — 't is so 'n regten
olden miter. — Zu miten im fig. Sinn.
initereii, initern, grämdn, fortwährend
verdriesslich sein. — Iterat. von miten im
fig. Sinn.
mitei'ig, mitrig, luiterg. a) voller Mieten
od. ganz von Mieten od. Milben zerfressen;
— de kese etc. is miterig; — b) grämlich,
verdriesslich etc. ; — lie mäkd so 'n miterg
gosigt, od. he is fan dage so miterg, dat
man hast bange für huni word, bz. dat d'r
hast hei gen umgän mit hum is.
Mitje, wbl. Name. Dimin. von Mia, bz.
Maria wie Mike.
luits, unter der Voraussetzung dass, od.
vorausgesetzt dass, falls etc. ; — mits du dat
daist. — Nid. mits (dasselbe u. auch subst. :
eine Bedingung, ein Aber, ein Falls etc. ;
— daar is een mits bij, bz. onder die mits) ;
wfries. mits. — Wohl contrah. aus mit des.
niit-sak (Sack mit Mieten od. Milben),
fig. ein grämlicher verdriesslicher unzufrie-
dener Mensch ; — he is 'n regten olden
mitsak. cf. mite.
1. niü, s. m8i, m8je.
2. Uli», s. möme.
med, Muth, IlerzhaftigJceit , Kühnheit,
Sinn, Neigung, Lust, innerliche Stimmung,
Neigung u. Stimmung od. innerer Trieb tim
Etwas zu wagen u. zu unternehmen od. zu
thun ; — d'r sitt hei gen möd bi; — he hed
gen möd of liist um wat to dön ; — wen du
möd liest un dürst, den kam man her; —
de möd sakt hum in de benen od. in de
hascn (Strümpfe) ; — he is göds möds ; —
he geid d'r göds möds up an; — to möde
wesen (zu Sinnen sein, in innerlicher Stim-
mung od. innerlicher Verfassung sein, sich
fühlen u. befinden etc.) ; — he is d'r net na
to möde, um d'r mit hen to gan ; — ik
bün net göd to möde (ich bin u. fühle mich
innerlich unwohl); — he köld sin möd
(seine innerliche Erregung, seinen Zorn etc.)
an hum ; — he hed d'r so 'n möd (od. muks)
up, um d'r hen to gan od. um dat to kopeu
etc. ; — he hed so 'n möd up 't wicht (er
hat so 'ne Neigung auf das Mädchen , bz.
auf den Besitz desselben). — Sprichio. : göd
mäkd möd, man afermöd deid seiden göd.
— Nd. mood; 7nnd. niöt, müt, moed ; nid.,
mnld. moed ; afries. möd ; wfries. moed ;
satl. möd ; helg. mudd ; as. möd , muod ;
ags. möd; aengl. möd; engl, mood; o«.mödr
(mens, auimus, aufgeregter heftig bewegter
Sinn, Zorn etc); norw., schwed., dän. mod;
ahd. nuiot, möt, moat, moad, muat; mhd.
muot ; md. müt (Kraft des Denkens, Em-
pfindens u. Wollens; Sinn, Seele, Geist,
Geinüth , Stimmung, Gesinnung ; froher
Muth, Lust ; Muth, Zorn ; Begehren, Lust,
Neigung, Entschluss, Absicht, Erwartung,
Hoffnung); goth. möds (animus, mens agi-
tata, ira, Muth, Zorn). — Vergleicht man
5 die Formen von möder (Mutter) zu der
Stammform matar od. nu'itar von ma od. mä,
man (ermessen, erwägen, überlegen, denken,
sinnen, ersinnen, aussinnen etc.), sowie von
möme (Muhme) zu mä-mä von ma od. mä,
10 — u. von föt (Fuss) zu der Stammform
pada, gekürzt päd von päd aus pa (fassen),
so liegt es sehr nahe, auch möd mit skr.
mati (animus, mens, bz. Sinn, Geist, Ge-
inüth, Absicht, Wille, Verlangen etc.) od.
15 mit mäti in upamäti (cf. Grass mann
etc.) zu vergleichen u. es mit diesen von der
y ma , mä , man (ermessen etc., denken,
sinnen etc.) abzuleiten.
Dass das goth. möds etc. zu skr. mati
20 begrifflich ganz stimmt, ist Ja klar u. ist
die Ableitung desselben von muoaii (mühen,
cf. meien, meuen etc. u. wegen der Ab-
stammung des Wortes Muth hievon bei
Weigand) wohl jedenfalls zu verwerfen.
25 1. möde in to möde; cf. möd.
2. möde od. niode, Mode, Sitte, Brauch,
Art u. Weise sich zu geriren od. zu tragen
etc. ; — dat is je 'n mallen möde, de du an
di liest ; — d'r kamen alle dage allerhand
30 neie möden up ; — wen 't möde (Sitte u.
Brauch, bz. Zeitsitte) word, den mut 't ök
dragen worden, al lett 't ök nog so mal ; —
dat is to oldbardig un gans üt de möde
kamen. — Sprichw. : war 't möde is, dar
35 ridt de pastör up 'n bulle na de karke. —
Das franz. mode aus lat. modus (Mass,
Begel, Art u. Weise etc.) von |/ mad aus
ma od. mä (messen, ermessen etc.), cf. meten.
möden, muthen, sinnen etc. ; — Compos. :
40 an-, fer-, to-möden. — Zu möd.
möder, auch (z. B. auf Norderneij) modar
(Flur, moders), contrah. (s. d.) möi', Mutter.
— Redensart, u. Sprichw. : so möder, so
dogter; — de na de dogter freid, mut de
45 möder to friinde holden, od.: de de dogter
hebben wil, mut mit de möder möi dön, od. :
de de dogter mend, de strikd de möder honnig
um de bärd; — de de möder (od. raör) to
fründe hed, geid mit de dogter striken ; —
50 „dat geid möder un Geske an," sä' de bür,
do kwam d'r 'n freer in 't hiis. — Nd.
moder, mör; nid. moeder , moer; afries.
moder; wfries. moar, möer ; as. mödar,
mödor, möder, muodar, muodor , muoder;
55 ags. mödur, mödor, möder; aengl. möder;
engl, mothor ; schott. modyr , moder ; an.
mödliir; norw., dän., schwed. moder; ahd.
muoter, möter, muater, muader ; mhd. muoter;
7nd. möter, möder, mfiter, müder ; lat. mater;
60 griech. meter (dor. mäter) ; kelt. mathair ;
MODERKE
611
MOI
air. mäthir; cornw. moder in raodereb (ma-
tertera = afries. modire, vmd. moddere,
nfries. medder, ags. modrie, aJid. muotera) ;
lett. mäte ; kslav. mati (Genit. matere) ;
apreuss. mote, motre; skr. mätar; zend.
mätar ; hvz. mätar ; npers. mädar ; buch.
mäder; Tcurd. mär; afgh. miir etc. — Mit
der Endung tar (cf. fader) fortgebildet von
der y mä (messen, scJuiffeu, loirken, bilden,
ordnen etc., cf. meten etc.) u. formell u. be-
grifflich eins mit skr., send, mätar (Schaffer,
Bildner, Wirker, Schöpfer).
moderke, mörke, Mütterchen.
moder-krüd, Kamille (matricaria cliamo-
milla).
möder-lefde, Mutterliebe. — Sprichio. :
moderlefd' un modersörgen sunt altid nei an
elke morgen.
moder-lik, miitterlich.
nioder-mal, mör-raal, zärtlich mit, ver-
liebt in u. anhänglich an die Mutter.
modei'-mai'lefke, Mutter-Marienliebchen,
Mutter-Marienblümchen, cf. marlefke.
modern, muttern; — bemodern, bemuttern,
die Mutter machen bei od, über Jemanden.
moder-nakend, Mutternackend, so nackend
wie das Kind von der Mutter geboren wird.
moder-selen-allen, mutterseelenallein.
moder-söfge, Muttersorge.
moder-sprake ; i. q. moder-täl.
moder-täl, Muttersprache, lingua materna.
modig, muthig, wagend, kühn etc.
modigheid, Muthigkeit.
luüd-wille, möd-willen, Muthwille, Muth-
tvillen, Uebermuth, Vorsatz, Absicht etc. ;
— he hed dat mit od. üt modwille (od. möd-
willen) dän.
mod-willig, muthivilUg, vorsätzlich.
möge, Appetit, Geschynack, Lust, Neigung
etc. ; — dat is so regt sin möge (das ist so
recht sein Geschmack od. seine Lust, sein
Vergnügen etc., bz. das mag er gerade so
gern) ; — dat is fan sin möge, wen he alle
dage ütfaren kan un wat lekkers to äten un
to drinken krigt; — dat gung tagen höge
un tegen möge (das ging gegen Sinn od.
gegen Behagen etc. u. gegen Neigung etc.
od. eigentlich gegen Behagen u. gegen Mögen
od. Können etc.). — Sprichw.: „elk sin
möge," sa' de jung', „ik at figen un min
mor ett honen." — Nd. möge (a. Vermögen,
Macht, Können etc.; — b. Appetit, Lust,
Neigung etc.) ; mnd. möge ; mhd. muge,
müge, möge (Macht, Kraft, Vermögen).
mogele, Mogelei, Heimlichthuerei, Betrü-
gerei, falsches Spjiel etc.; — du must gen
mogele maken ; — wat best du dar nu wer
för mogele bi de ende?
mogeln, heimlich od. hinterlistig u. be-
trügerisch handeln, ein heimliches od, ver-
decktes u. falsches Spiel treiben, heimlich
betrügen etc. ; — he mogeld gewis wer, wi
iiuitten hum beter up de fingers kikon ; —
he wil uns bemogeln ; — he hed uns be-
5 mogeld (liinters Licht geführt, betrogen etc.).
— Nd. (Dann eil) mogeln. — S. Weiteres
unter muggeln.
1. mögen (mag, magst, mag, mögen; —
mug, mugst, mug, muggen ; — mugt), mögen,
10 können, im Stande sein, Macht u. Freiheit
haben, Erlaubniss haben, dürfen; — Ab-
sicht haben, wollen, Neigung, Lust u. Appetit
haben, Etwas gern haben, gern essen ; —
ik mag (mag, vermag, kann etc.) dat hast
15 net dön, dat ik hum prügel gäfe ; — ik mag
dar net hen gän (a. ich mag da Glicht hin-
gehen od. ich habe nicht den Willen u.
die Lust dazu , hinzugehen ; — b. ich
habe nicht die Macht u. die Erlaubniss, bz.
20 nicht das Können u. Vermögen, daliin zu
gehen) ; — ik mug wol, man ik kan net (ich
möchte wohl od. thäte es ivohl gern, aber
ich kann nicht); — • magst du 6k puiferd
od. 'n botterbröd; — he mag gern wat
25 eten (er mag gern etwas essen od. isset
gern etivas, hat Lust ii. Neigung etivas zu
essen) ; — mugst du wol mit ? (möchtest od.
wolltest du wohl mit ?). — Nd. mögen ;
mnd., nid. mögen; afries. muga; lofries.
30 (Jap ix) meyen; satl. muga; as., ags. mugan ;
aengl. mugen ; engl, mowe, mowen, moun ;
an. mega ; norw. maa ; dän. maae ; schwed.
mä ; ahd. magan , mugan , mugen ; mhd.
mugen, mügen ; goth. magan. — 3Iit ahd.
35 magan, makan, magen, megin, meghin, mekin ;
as. megin ; amhd., mhd. magen (Macht,
Kraft, Gehalt, Bedeutung, Tüchtigkeit, be-
deutende Thal, Menge, Fülle) ; an. magn
u. megin, megn (Macht, Kraft etc.); kslav.
40 moga (können, vermögen, Macht u. Kraft
haben etc.) ; lat. maguus etc. etc. von der
y magh ; s. unter mägskup etc.
2. mögen, Mögen, Vermögen od. Macht,
Kraft, Können, Wollen, Sinn, Neigung etc. ;
45 — dat mögen harr' he wol, wen hum man
anders niks enttegen stund; — 't hangt net
allen fan 't mögen of, man 6k fan 't konen
un düren. — Nid. mögen. — Es hatte früher
auch die Bedtg. : Fülle, Habe etc. u. ist es
50 urspr. ident. mit ahd. magan, megin etc. ;
s. unter 1 mögen.
moli, nio, s. m8i.
möi, schön, hübsch, geputzt, rein etc.; —
'n möi wicht ; — 'n möjen jung' ; — 't is
55 fan dage regt möi wer; — he hed sük möi
mäkd ; — he is möi antrukken ; — 't sügt
all' möi in hüs un tun üt ; — he mag sük
gern möi maken (a. sich gern putzen u.
schmücken ; — b. sich schön bei den Leuten
60 machen, thun als ob man ganz rein u. un-
39*
MOEI 612 MOEKER
schuldig ist u. kein Wasser trüben kann); ii. können beide Seiten abwechselnd benutzt
— dat is un klingt all' regt möi; — moi werden) zum Eintreiben von Etwas, bz.
proten (schön reden) ; — dat is all' mau Zerschlagen od. Zertrümmern von Steinen
mOjo pröt (das /.<< Alles nur schöne Bede) ; u. sonstigen harten Gegenständen od. auch
— luüi-proter (Schön-Ecdner , Einer der 5 zum Schlachten von Ochsen, denen man da-
stets schön redet od. Alles beschönigt etc.). mit vor den Kopf schlägt u. den Stirn-
— Bedcnsart. u. Sprichw.: niöi wör spOlcn knochen zertrümmert. Auf den Werften
(schönes Wetter spielen , bz. schön thun, wird der iiiökei' od. nd. nioker genannte
schmeicheln etc.); — möi gän un waren, schwere eiserne Hammer auch zum Ein-
sat eteu un sparen. — Compar. mojcr (nu 10 treiben der Bolzen gebraucht. — Nid. moker
Word 't nog mü.jer); — Supcrl. müiste (he (ein schioerer Sclimiedeliammer \ ein schwerer
sucht 't möiste hüs; — dat is 't moiste, wat eiserner Hammer, der an beiden Seiten eine
ik all' nun dage sen of hord hehh'). — Nd. Bahn hat). Als Benennung eines schweren
mooi, mojc ; «/</. mooi; ?hhW. raoy (comptus, eisernen Hammers zum Gebrauch auf der
ornutus, elegans). — Wohl zweifellos mit 15 Werfte, bz. beim Schiffsbau ist das Wort
span. majo (zierlich, geputzt, geschmückt) moker (cf. Bobrik) auch ins dän. tt.
ident. u. mit diesem entweder aus lat. majus schwed. übergegangen.
(gross, hehr, ansehnlich etc.) od. aus majus Es gehört vielleicht mit mökern «. nid.
(den Mai beireffend, loeil sich in diesem (v. Dale) mookhamer (schwerer Hammer)
Monat die Natur verherrlicht u. schmückt). 20 zu nid. meukeu, mokeu (weich u. mürbe
1. moi, lUü, s. müme. machen od. werden, erweichen etc.), sodass
2. moi, mÖ, mftjo u. auch mugge, müde, moker urspr. ein Werkzeug war, tcomit
kraftlos, erschöpft etc. ; — ik bin so möi man Etwas tveich u. mürbe macht od. klopft,
as 'n hund ; — mni fan 't löpen ; — m8i in de toie z. B. Stockfisch od. Beefsteak etc., in
bOnen; — ik bün 't Ulfen (od. 't spektakel, 25 welchem Fall es dann wohl mit nid. meuk
't sen etc.) möi un sat. — Compar. möier, od. meuke (Weiche etc., het vleesch etc.
möjer; — Supcrl. möiste, möjeste. — Nid. zitt nog in de meuk, um weich u. mürbe zu
moede, moe ; mnld. moede, muede, moeye ; werdeti) u. meuken, muyken ; mnld. muycken
nd. müde, müe u. (Schambach) moie ; (mollire, emollire, mitigare) ; norw., schwed.
Hj«(?. mode; loang.mM; as. mudhi o(Z. möthi; 30 mjuka, myk, mauk, moket (weich machen,
ags. medhe ; ahd. muodi, muadi, muode, erweichen etc.) u. dem frühem engl. (cf.
muede; mhd. muode, müede ; md. müde. — KU. unter muycken) mecke ; neugl. nieek
Wohl mit unserm gleichbedeutenden mugge atif das nid. meuk, nuiik, moek; mnld.
(statt muge) zi^ ahd. muojan (mühen, be- muyk ; aengl. meoc; engl, meek; «n. nijükr;
schweren etc.), cf. 2 meieu etc. 35 norw., schwed. mjuk ; dän. myg] goth.mnks
moicu, s. 2 meieu. (weich, nachgiebig., geschmeidig, sanft, lenis,
moien, möjen, schön machen, klären etc.; moUis etc , cf. goth. muka-modei, Sanftmuth)
— dat wer (Wetter) möid sük up od. fer- zurückgehen toürde, zu dessen abgeleitetem
moid sük. — Zu möi. Verb, mjuka (mauk etc.) auch norw. mauk,
mojen, müden: ^ fermBjen (ermüden); — 40 mok, mokk (madvaedske; cn blandiug, deig
fermöid (ermüdet) ; — fermöjend (ermüdend). etc.) ; schwed. dial. mök u. auch wohl schwed.
— Nid. mocijen, vermoeijen. mock (weicher Stahl) gehört. Zu möker als
möke, a) Vater- od. Mutter-Schwester, Hammer u. mökern cf. übrigens auch noch
Muhme; — b) eine ältere Frau; — 'n oldeu das span. (Diez II, 146) macho (Hammer),
möko ; — 'n dikkeu möke etc. — Es ist 45 machar , machacar , machucar (stampfen),
ein Dimin. von mÖ (s. unter möme), wie machado (Holz-Axt), machete (kurzer breiter
omke u. Ömke von öm (Oheim), ivobei man Säbel), welche Wörter tcahrscheinl. aus lat.
indessen bei mÖ nicht ganz sicher ist, ob marculus, bz. dessen Primitiv, marcus (mal-
beim. Vergleich des aus moedcr (Mutter, cf. leus major) entstanden,
mödcr) gekürzten nid. (v. Dale) moe, Dimin. 50 Zum Schlüsse sei hier auch noch des
moetje u. im Groningerland moeke (Letzteres an., isl. moka (asciare ; movere; pala con-
ist formell ganz gleich mit unserm m?>kc) gerere) ; norw. moka u. maaka; schwed.
nicht auch unser mö (s. unter müme) ebenso mocka u. mäka etc. gedacht, zu dessen Be-
wie das gleichbedeutende mnld. moede eine dtg.: asciare ii. movere (bewegen u. schw in-
Kürzung von afries. modire (matcrtera, s. 55 gen etc.) auch wohl möker m. mökeru stim-
unter möder) ist u. dieserhalb mö, möi u. men kann. Ferner vergl. auch mhd. mocke
möke dieselbe Bedtg. wie afries. mödirc, ("/yroc/.;«, .BrocAe;»), rt/if/. farmuckit (hebetudo),
mödir haben. lomb. moch (stumpf, mit abgebrochener Spitze,
möker, ein .■schwerer eiserner zweischlä- verstümmelt od. abgebrochen etc.), wobei man
giger Hammer (die beiden Seiten sind gleich 60 toohl an das Bestehen eines frühern ahd.
MOEKERN 613 MOLT MOLD
muckan, muchban mit der Bedtg. : stossen, mölen od. mölen, _ Mühle. — Eedensart.
schlagen, hauen, behauen, abhauen, stutzen u. Sprichw. : de mölen is stump ; — de
etc.) denken mitss, wovon das nhd. mutzen mülen is dör de fange; — dat is water up
(abhauen, stutzen, verstümmeln, behauen, sin mölen; — liäthscl: ti'isken Loga un
behobeln, glätten, putzen etc., cf. das erste 5 Leer, dar steid 'n wnndeiiik üC'r, dat ett un
mutzen bei Weigand) u. Mutz (ge- frett, un word nöit net satt, rade reis wat
stutztes Thier); nid. niotsen , mutsen (ab- is dat? — iVü. niüle, möle; 7»nfZ. mole ; nid.
stutzen, stutzen, verstümmeln), mots od. raeulen, molen; mnld. molen; ahd. muli,
motse, abgestiitzt (u. hievon das ital. mozzo ; mulin ; mhd. müli, miile, mül etc. — Wohl
span. mocho etc., cf. Diez I, 284) loohl in 10 entstanden aus lat. mola od. molina, von
ähnlicher Weise entstehen konnte, wie nhd. welch Letzterm ital. mulino u. franz. moulin
mutzen (mucken, mucksen, cf. muksen) etc. sich auch herschreiben, während lat.
von mucclian u. muccazan. mola u. griech. müle mit meiere u. unserm
mökei'ii, klopfen, schlagen, stossen, stam- malen (s. 1 malen) von derselben y mal,
pfen, weich klopf en, zerklopf en, zertrümmern 15 mar (zerreiben etc.) abstammt. — Compos.:
etc.; — he mökerd d'r wat up herum; — damp-, water-, wind-, rös-mölen etc. tmd
he mökerd dat net so wek un kört as brei. mölen-sten (Mühlenstein).
— Entweder Iterat. von nid. meuken, moken inülen-A\'arf, Mülüen-Platz, cf. warf.
(weich u. mürbe machen) od. Weiterbildung 1. molle, der mürbe od. krümlige, lockere,
von möker. 20 lose Zustand der Erde; — d'r is gen molle
1. mol, nml, mürbe, bröcklig, krümelig, od. molligheid genug in de grund od. akker
wie zerrieben, locker, lose etc. ; — de grund un so lank dat net is, könen wi d'r 6k nog
is net so mol fraren (gefroren), dat se man nich up klär worden to akkern un to plogen.
so ut 'n ander fald, wen d'r in r8rd word ; — Zu 1 mol.
— dat is 'n mollen (od. molligen) grund, 25 2. molle, s. melde.
od. klei, sand etc. — Nid. mul (mürbe, lose, mollen, .<!. mullen.
locker, bröckelig, fein). — Es ist ein von molli|^, mürbe, bröcklig, krümelig, locker,
1 molt od. mold, bz. molde, molle abgelei- lose etc.; — 'n molligen grund. — Www*/, mollig
tetes Adjectiv, während das nd. (S c h a m- (krümlig, vom Brod). — Zu mol, cf. mullTg.
bach) möl, mol, loeich, übermürbe, m oll 30 molligheid, Mürbigkeit, Bröckligkeit,
od. molseh (z. B. von überreifem teigigem Krümligkeit, Lockerheit etc., bz. molliger
Obst) od. mürbe u. lose (z. B. auch von der od. mürber etc. Zustand ; — d'r sitt gen
Erde); mnd. mol (iveich, mürbe); nhd. mohch; molligheid genug in de grund; man kan d'r
bayr. molled (von überreifem Obst etc.) hast mit gen plög of spä' dörkamcn.
möglicherioeise aus dem lat. mollis entstand, 35 1. molt od. mold, Staub, weiche lockere
was mit 1 malen zur y mal, mar gehört. lose bröckelnde leicht auseinander fallende
2. mol, .s. molde. Erde; — wen 't göd früst, den kumd d'r
3. mol, s. mul. ök molt up 't land; — wen 't land gen molt
mol-bret, s. mul-bret. (lockere Ackerkrume, ebene lockere u. frucht-
mold, s. 1 molt. 40 bare, Luft u. Wasser durchlassende Erde)
molde, molle, mol, Mulde, länglichrundes hed, den kan man 't 6k net ördendlik plogen
Hohlgefäss zu Flüssigkeiten etc., bz. eine un eiden un den wil d'r 6k niks in wassen.
Art Trog, welcher aus einem Stücke Holz — Afries. molde; ^vfries., nid. mouäc; mnld.,
gefertigt ist, das bis zur Tiefe von ca. 4 — 6 mfläni. molde, moude ; ags. molde ; aengl.
Zoll ausgehöhlt ist. — Bcdensnrt : 't regend, 45 molde ; engl, mould ; an., isl., norw. mold ;
as wen 't mit mollen fan de himmel gütt. dän. muld ; goth. mulda ; ahd., md. molt u.
— Compos. : melk - molde od. melk - molle, ahd. molta ; mhd. molte, molde, multe (Staub,
melk-mol; flesk-molde od. flesk-molle, flesk- Erde). — Davon (Diez, II, 42): ital.
mol etc. — Nd. molle; wnrZ. molde, molle; malta; lomb. molta (Schlamm). — Mit lit.
nid. (v. Dale) mol (een bak voor buskruid) 50 miltas (Mehl); lat. maltha (eine Art dicken
u. moud (een beuten bak); mnld. (KU.) u. fetten Bergöls; aus gelöschtem Kalk u.
moude, molde ; •sc/izüei^'. muelta, mulde, molde, Schweinefett bereiteter Kitt od. Firniss ;
muolte. — Es entstand mit schtveiz. (cf. iveichlich, weichlicher Mensch); griech.
Weigand unter Mulde) muelta (Melk- maltha, malthe (Kitt von Wachs u. Theer)
Kübel), bz. dem. früheren hochd. muolta mit 55 n. dem entweder aus lat. maltha od. ahd.
Abstossung des Schluss-v aus raolder, multer molta entstandenen trient. malta (Kalk),
u. dieses aus ahd. mulhtra; mhd. mulhter, cMirw. maulta, molta (Mörtel, d. h. Zer-
mulchtcr (Melkkübel, Melkgelte), loas selbst riebenes u. Weiches) von der y mar, mal
aber wieder ein Lehnwort ist u. aus dem lat. (zerreiben etc.), cf. 1 malen. — Vergl auch
mulctra, (mit Eriveichung des c zu h) entstand. 60 2 mul u. mulm.
MOLT 614 MOPS
2. molt 0(1. (seltener) Hielt, 3Ialz, hz. Ge- erJclärt sich der TJehergang von mä zu muo
treide was durch Eimceichen od. Ericeichen wie in muotar etc.; cf. möder.
zum Keimen od. Auskeimen gebracht ist u. Wegen der Formen mö, möi vgl. das le-
dann in der Hegel auf der Darre gedörrt reits unter möke Gesagte, wozu hier noch
wird, wodurch es milde, locker u. bröcklig 5 bemerkt sei, dass diese beim Vergleich von
od. leicht zerreiblich u. lösig 7cird. — Nd. nid. (v. Dale etc.) raoci; innld. moeyc,
molt«. (Schambach) malt; wijjrf. molt, moede (matertora, matris soror; amita, patris
malt; nid. mout; mnld. malt, molt, mout ; soror); mnd. (Seh. u. L.) mo\e,mo\ge, möge
nfries. malt; wang. molt; as. malt; ags. (Muhme) wohl ganz sicher nicht aus moeme,
mealt; aengl., engl, muh; an., noriv., schived., 10 bz. muoma Pto., sondern in ähnlicher Weise
dän. malt; ahd., mhd. malz. — Davon ent- wie iiifu od. mB; nid. moei etc. aus müde,
lehnt franz. malt. — 3Iit ahd. malz (hin- moede) aus mnld. moede (matertera), als
schmelzend, sich auflösend, hinschioindend, Kürzung voti moeäere; mnd. moddere -juifries.
matt); an. maltr, mölt, malt (verfault, faid, mödire (s. unter möder) entstanden sind.
marcidus) vom Prüter. malt eines tirspr. 15 mömke , 3Iiihmchen. Auch mümke in
germ. Verb, miltan , malt , mult , miiltun blinde mümke ist tvohl dasselbe u. dürfte
(sich auflösen , weich u. flüssig werden, auch das nfries. maam (in blinde maam)
zergehen, schmelzen) = ags. möltan, mealt; zcohl eher mit mome (3Iuhmc, cf. möme)
aengl. melten, malt, molten ; engl, melt (sich a?.s mit nhd. Mu m m e ident. sein,
auflösen, iceich werden, schmelzen etc.), was 20 nione od. möne, grosse Kiepe od. Korb
entweder mit griech. meldein (erweichen, von geflochtenem Stroh. — Es ist das-
schmelzen) u. auch loohl lat. mordere etc. selbe wie 2 mande n. steht möne für mäne,
SU einer y m&\-d. (zerreiben etc.) als Weiter- der wetterauischen Form für mande; cf.
bildung von mar (cf. malen), od. vielleicht Weigand.
mit unserm smelten zur y smard als Weiter- 25 moneke, inönke, ein hier früher gebräuch-
bildung von smar (cf. auch smart u. smeren) liches Holilmass, was Vaostei eines Scheffels
gehört u. wovon ausscrmih auch goth. mAltjun gross war. — Mofries. (Cad. Müller)
(auflösen), gamalteins (dissolutio, dccessus) ; mohncke. — Ob Dimin. von mone u. so
an. melta (putrefacere ; concoquere, solvere) ident. mit icetterauisch Mönchen, dem
etc. stammt. 30 Dimin. von. mäne = mande?
molten, Hielten, malzen, mälzen, Mcdz moneren, moniren , erinnern, bemerken
machen. — i\'r?. molten ; ?«??rf. melten, molten, etc.; — se hed altid wat to moneren. ;=
multen; nid. melten, mouten ; as. meltjan, Das entlehnte lat. monere; cf. manen.
meltan ; aengl. raaltiu ; engl, malt; ahd. mops, a.) Mops, kleiner Hund mit stumpfer
malzjan ; mhd. malzen. 35 breiter geschwärzter Schnauze u. von dum-
molter, melter, Malzer, Mälzer. mem, trägem, mürrischem, verdriesslichem
inolt-hfts, Mcdzhaus. Wesen u. Aussehen. — Bedensart. : fer-
inolt-keller, Malzkeller. dretelk od. blind as 'n mops; — he lang-
molt-kimen, molt-kin'sel, 3Ialz-Keime. wild sük as 'n mops; — b. (fig.) stumpfer
niülum, seiner Sinne nicht mächtig, trun- 40 dummer träger lustloser mürrischer Mensch,
ken etc. Dummkopf etc. ; — he is 'n regten mops.
möme, müm, mS, mOi, Muhme, Vater- — Nid. mop, mopshond. — Dieser mops
od. Mutter - Schwester, Tante; auch ahn- od. mop, moppe, moppel genamite Hund hat
lieh wie öm als Anhängsel zu Namen od. seinen Namen ivohl davon, dass er in Eng-
aiich blos für sich zur Bezeichnung einer 45 land (von ico der Hund mit diesem Namen
älteren Frau od. einer Respectsperson ge- auch ausgegangen sein wird) wie eine Art
braucht; — min möme od. m8, mßke; — he Dogge od. Bullenbeisser angesehen ward u.
is min m?!- (od. mPii-) segger (er ist mein zicar einestheils wegen der breiten, stumpfen
Muhme- Sager, od. er muss mich Muhme Schnauze u. andererseits loegen des finstern
od. Tante nennen, er ist mein Neffe od. 50 mürrischen u. verdriesslichen Aussehens u.
Vetter); — min lefe mfii (meine liebe gute bärbeissigen Wesens u. wird daher mops etc.
Frau od. meine liebe alte Frau); — möi als Hundsname zweifellos mit nid. moppen
gäfd mi 'n päsk-ei, en is niks, twe is wat, (maulen, brummen, murren, knurren) ; engl.
gäfd mi dre, den gä 'k min päd. — Antje-, mop (den Mund verziehen , ein schiefes
Peterke-, Trientje-, Meike-m8; — cf. Jan- 55 Maul inachen od. matden, verdriesslich aus-
nm etc. unter 6m. — Nd. mome; mnd. sehen u. sein etc.), mop (ein schiefes ver-
mome, mone, mune; mnld. moeme, mome, zerrtes Gesicht, eine Fratze); oberrhein.
mume; ahd. muomä, muamä, mömä ; mhd. (15. Jahrh., (f. Weigayid unter Mops)
muome. — Mit dem aus reduplic. ma ge- maj^f, mutl' (Verziehung des Mundes, ver-
bildeten mämä (cf. mamma) tirspr. ident. u. 60 zogenes Maut); nhd. Muff (Maulhänger,
MOR
615
MOERGEN
tmrrischer Tadler) 3Iuffel (Geschöpf mit
dicken herabhängenden Lijjpen) etc. zu-
sammenhängen.
Was nun aber weiter die Herkunft des
engl. u. nid. Stammes mop betrifft, so glaube 5
ich, dass derselbe aus früherem nid. mof zu
mop verhärtet ist u. dass die obigen Stämme
mop, mof od. mupf, muff sämmtUch auf
älteres mow, mouw zurückgehen, ebenso ivie
auch Muff od. Ding tvas man aufschiebt 10
od. 100 man die Hände hineinsteckt u. das
engl, mow (verzogenes Gesicht, schiefes Maid,
Grimasse etc.) u. das gleichbedeutende franz.
moue aus dem Subst. mouwe (cf. maue) ent-
standen sind u. man beim Vergleich von 15
maue cds loser, schlaffer, niederhängender
Aermel auch wohl annehmen darf, dass das
von Frisch (cf. Biez, II, 370 unter
moue) mit pulpa (od. vielleicht : loses weiches
hängendes schlaffes Etwas) übersetzte hochd. 20
mauwe auch urspr. dasselbe Wort ist, wie
das mhd. mouwe (loser Aermel).
Wegen mop, mof etc. aus mowe s. auch
unter muffel.
1. mor (das contrah. möder), Mutter, Ge- 25
bär- Mutter , Bienenkönigin od. Bienen-
Mutter, Schrauben-Mutter, Mutterkorn etc.;
~ Redensart, u. Sprichiv. : se hed 't fan de
mor (a. sie hat es von der Mutter ; — b. sie
hat es von der Gebärmutter, bz. sie hat 30
Mutterbeschwerdeti) ; — „jung'! best d' 6k
lüsen ?" sä' min mor, „kanst d' nog 'n gröt
best worden;" — mans-mor is de düfel afcr
de flör; — „dat schal mi net wer geboren,"
sä' de jung', „dat min mor starft un ik d'r 35
net bi bün;" — „grillen," sa' Göke, do krcg
he sin mor für de plog.
Zu der Bedtg. Mutterkorn von mor
sei noch bemerkt, dass dieses auch mörkih'rel
u. rogge-mor od. rogge-möder genannt toird 40
w. dass dieses tvohl daher die Benennung
Mutterkorn etc. hat, weil es seit un-
denklicher Zeit bei Kindbetterinnen gegen
Blutverlust gebraucht loird u. das einzig be-
kannte Mittel dagegen ist. 45
2. mor (Plur. mören, morten, mBrten),
Moor, Morast, Sumpf, Torfmoor, sumpfiges
morastiges Land ; — Compos.: högmor, lög-
mor od. neddermör, contrah. ner- od. ner-
mor. — Nd. moor ; mnd. mür, mur ; nid. 50
moer; nfries. muur; as., ags. mor; engl.
moor ; an. myrr ; norw. m.)'v ; schtved. myr ;
ahd., mhd. muor; bagr. muer etc. — Mit
2 mär u. mer desselben Ursprungs u. steht es
zu mari (cf, mer) im selben Ablautverhält- 55
niss wie muomä zu mänia u. möder zu mätar.
mör (ßect. mOrcr, niörder ; mürste), mürbe,
weich, leicht lösig od. leicht auseinander-
fallend, bröcklig, morsch; zeitig, reif (vom
Obst), — Nd. mör ; mnd. mor, morwe ; nid. GO
murw ; mnld. morwe, murwe ; wang. mör ;
ahd. muruwi, murwi ; mhd. muruwe, murwe,
mürwe. — Es entstand ablautend von ahd.
maro, marawi ; mhd. mar (reif, mürbe, zart,
gebrechlich) ; ags. mcaru (zart) ; an. mior
(schmal, dünn) u. gehört mit diesem u. goth.
malvjan (in gamalvjan, zermalmen) etc. zur
y mar, zerreiben etc.
morats, Morast, Moorgrund.
moratsiff, morastig.
mör-brä , Mürbebraten.
moi'd, Mord; — ik harr' hast 'n mörd
an hum bcgän , — he rärd mörd un brand ;
— dar kunn' mörd un dödslag fan kamen;
— Nd., nid. moord ; mnld. moord ; mnd.
mort, morth, mord ; afries. morth, mord ;
wfries. moard ; satl. morde ; as. morth ; ags.,
aengl. mordh ; an. mordh ; ahd. mord ; mhd.
mort; goth. maürthr. — Mit lat. mors,
mortis ; skr. mrta (Tod) etc. von y mar
(sterben).
iiiord-brainier, Mordbrenner.
mörd-knle, Mördergnihe.
mörd-preme, Mordpfriemen, Stilet.
mörds (mords), in Zu.sammensetzungen so-
viel als mordmässig , fürchterlich, unge-
heuerlich, ungeheuer viel etc. ; — 'n mörds-
pleser (ungeheuer viel Plaisir) ; — 'n mörds-
bülte (ungeheuere Menge); — 'n mords-
minsken (ungeheuer viel Menschen) ; — 'n
mörds- tld.
mOr-ekkels, die Knoten an den Wurzeln
der Bothivurz od. Heide-Ecker (Tormen-
tilla crecta).
mOren (mit Ausfall des d wie in morner),
morden; — fermören, ermorden; — he mörd
od. fermörd hum; — of-mören, abmorden,
abschlachten. — Nd., nid. moorden ; 7nnd.
morden ; afries. morthia, mordia ; lofries.
moardjen ; loang. (Eh r entr a ut , I, 62)
mBrdich ; ahd. murdjan , murtbjan ; mhd.
mürden, morden, morden.
mor-fal, Mutterfüllen.
morgen, a) Morgen, Tagesanbruch, Mor-
gen- od. Vormittagszeit ; — b) der nach dem
Abend od. dem Sonnenuntergang u. der
Nacht folgende nächste Tag ; — c) das Adv.
morgen, gekürzt aus ahd. morgene ; — 't is
nog morgen, de dag kau nog lank genug
worden ; — goden morgen ; — ik kam insen
up 'n morgen bi di ; — fan dage past mi 't
net, man morgen of afermOrgen kan ik 't wol
wachten ; — de morgende dag. — Sprichw. : 's
morgens röd, gift 's afends water in de slöt ;
— de afend röd, de morgen grau, gift bi
dage dat möiste blau; — Compos.: mörgen-
bröd; mörgengafe; mörgenröd etc. etc.; —
d) Morgen als Landmass od. urspr. ivohl die
Arbeit eines Morgens od. Vormittags^, bz. das
was an einem Morgen od. Vormittag bepflügt
MORIG 616 MOS MUS
od. beackert werden lann : — dat stiik land mörner, m&rner, Mörder. — Sprichw..
is 2 morgen (ä 120 Ruthen) gröt. — Nd., twe afer en sunt mörners. — Nid. moor-
nld., mnd. morgen; mnld. morglien u. da- denaar.
neben für das Ädv. m o r g c n neben morghen mos, 3Ioos (miiscus) ; — d'r sitt so fö!
auch (cf. KU.) niarghen, merghen, sowie 5 mos up 't hüs od. up de bömen etc. — Nid,
für Morgen als Landmass neben morgbe mnld. mos; iid.moos; mnd. mos; ahd., 7nhd.
(cf. auch nd. morge bei Schambach) mos (Moos, Moor, Sumpf); aengl. mos;
auch marghe , merghe ; — afries. morn ; engl, moss (Moos, Moor) ; an. mosi (Moos,
wfries. moarn ; nfries. miern ; wang. meu moosbeioachsener Grund) u. daneben auch
(cf. ben = bern, barn) ; .mtl. medeu; helg. 10 ahd. mios; mhd. mies ; mnld., mfläm. mies
morlang; as. morgan, morgen; ags. morgen, (Moos, muscus).
morn, mergen ; aengl. morgen; engl, morn, Stammform musa, iniusa von einer }/ m\is,
morning u. morrow ; schott. morn, morne ?<. wovon auch lat. mus-cus (Moos).
morrowing, morrowning = engl, morning; mos, mus, Mus, Brei, Bührbrei, brei-
an. morginn, morgunn u. isl. auch myrgin; 15 artige Masse od. Speise; — so hed 't äten
norw., schwed. morgou; dän. morgen; ahd. to emor mos (od. müs) käken laten; —
morgan, morkan, morgen, morgin; mhd. Compos.: appelmös, maugelmos, plumenmüs
morgen ; goth. maiirgins. etc. — Nd. moos; 7nnd. mos (Kohl, Ge-
Vergleicht man nd. krik ; mnld. kriecke; müse, Mus, breiartige Speise, überhaupt alles
Schott., engl, creek (aurora rutilans, primum 20 Breiartige); nid., mnld., mfläm. moes (puls,
diluculum, matutinus splendor, crepusculum), j)ulmentum, peniis, cibus, olus) ; afries. mos,
bz. unser kreken , kriken (Tagesanbruch, müs (Essen, Brei od. dünne breiartige Speise ;
Blorgendämmerung etc.), so liegt es sehr cf. afries. piper-mös od. pipermüs) ; nfries.
nahe, für morgan etc. od. dessen Thema mos (Mus, Gemüse, Zugemüse, Brei etc.);
moTgina auch davon auszugehen, da.ss diesem 25 as. mos, muos; ags. mos; aengl. mos; ahd.
gleichfalls die Bedtg.: brechen od. spalten, muos, muas, moas, mos; mhd. muos (Essen,
trennen, scheiden etc. zu Grunde liegt u. Speise, gekochte od. breiartige Speise, Mus).
morgan od. goth. maürgins urspr. entweder Formell stimmt es zu einem Präter. mos,
die Zeit bezeichnete, wo die Finsterniss ahd. muos eines ursj^r. Fert. masan (kauen,
scheidet u. das Licht od. die Sonne die 30 essen, od. urspr. : zerkleinern , zermahnen
Dunkelheit u. den Wolkenschleier etc. zer- etc.), tvie auch L. Ettmüller ein Verb,
reisst, theilt tt. durchbricht, od. die Zeit wo masan, mos, möson, raasen (densum reddere,
Nacht u. Tag sich scheiden u. der Tag an- alere, cf. aiich IL LjCo , Spalte 32, masan,
bricht u. beginnt u. dass es demnach auch Thema mas) aufstellt, wovon er neben mos
mit dem goth. ga-maürg-jan (suntemnein, 35 (puls, pulmentum) auch mäst (esca, cibus,
koloboün od. zerschneiden, zerhauen, zer- cf. 2 mast) ableitet u. wozu H. Leo auch
theilen, beschneiden, verkürzen, stutzen, ver- das ags. milse, myse (Speisetisch) stellt. Was
Stummeln) auf ein urspr. germ. Verb. mirga.n, nun aber das von L. Ettmüller aufge-
marg, murg, murgun mit der Bedtg. : spalten, stellte masan (s. oben) betrifft, so vergleicht
hauen, schneiden, abspalten, abhauen etc. 40 dieser es zu griech. massö (drücken, kneten
zurückgeht, von dessen zu murg verdumpften etc., cf. mengen), während ich dafür eher
Präter. marg soivohl goth. maürgjan od. mit U. Leo eine y mas aufstellen möchte,
gamaürgjan als auch maürgins od. das Thema die ebenso wie mak (zermahnen, kneten) u.
morgina, (Tagesanbruch od. Zeit wo Nacht u. mar (zerreiben, zermalmen etc.), bz. europ.
Tag sich scheiden etc.) weiter gebildet sind. 45 mal (malmen, mahlen, zerkleinern etc.) eine
Zu germ. marg als Thema von mirgan, cf Weiterbildung von ma (mindern, od. urspr.
skr. marc , beschädigen, verletzen; zend. wohl: spalten, hauen, schneiden, abhauen,
marenc, tödten od. urspr. wohl: zertrüm- abschneiden, abtrennen, kleiner u. weniger
mern, zerbrechen, zertheilen etc. als Weiter- machen, kleinern, ver- u. zerkleinern) ist
bildung von mar , reiben , zerreiben , zer- 50 m. ivie bhid aus der Bedtg. : spalten etc.
malmen etc. auch die von: beissen, zerbeissen, zerkauen
mörig, moorig, morastig; — 'n morigen od. kauen u. essen etc. entwickelt haben
grund. ^ loird. Vergleicht man mm aber, dass Fick
1. morke, Bimin. von 1 mor u. dasselbe das goth. mat, ahd. maz (Speise, Mahlzeit
vne möderke. 55 etc., od. auch pulpa, weiches essbares Fleisch
2. mcirke, die Cypraea-Muschel. etc., cf. met) mit lat. mandere (kauen, zer-
mor-krabbe , m6r-krabber , Karst ziim kauen, zerkleinern, zermalmen ; essen etc.)
Aufrei.ssen u. Auflockern des Moores. zusammengestellt, so würde zu dieser }/ mas
mör-mal, mutternärrisch, in die Mutter auch das skr. mämsa; ajyreuss. mi)risa,,mcnso;
vernarrt ti. verliebt. 60 lit. mv.sii , kslav. mf so ; goth. mimz (Fleisch,
MOESDER
617
MOETE
essbares Fleisch, cf. Fiele, I, 722) gehören
können u. eben auch wieder dasjenige was
man zerkleinert od. zermalmt, kauet, isset
etc. bedeuten. Da aber von Fick das für
skr. mäiiisa axifgestellte Thema mamsa (cf.
I, 172) bei der angenommenen Abstammung
von einer ]/ mas nur mit eingeschobenem m
aus masa nasalirt sein kann, so ist es beim
Vergleich der Formen mutler od. muotar
aus mätar od. mijme ?<. ahd. muoma aus
mämä od. föt aus pada auch denkbar, dass
unser mos od. ahd. muos direct aus dem skr.
mäinsa od, idg. masa, mamsa entstand.
m&sder, s. möser.
möse-kräm, moskräm, gequetschter durch-
einander gerührter Kram od. Zeug, Essen
was zerquetscht u. durcheinander gerührt
od. unordentlich n. unsauber zurecht gemacht
ist. — cf. das folgende :
mösen, quetschen, zerquetschen, drücken,
zerdrücken, kneten (rühren, mengen etc.),
stampfen od. zu Brei u. Mus machen; —
du must de kertuifels net so mösen ; — he
m8sd 't all' kört; — he mösde de ganse
budel dör 'n ander. — Nd. (Dann eil,
Br. Wb. etc.) mösen, mosen (zerquetschen,
zu Mus machen) ; mnd. mosen (Kohl od.
Gemüse schneiden u. holen); ahd. muosjan,
mosjan, mosen, moasan, moasen ; mhd. muosen
(speisen , essen , Mahlzeit halten ; speisen,
füttern). — Zu mos etc.
möser, mosder, Mörser. — Nd. möser;
mnd. moser. — Mit Ausfall des r aus
mörser u. dies aus lat. mortarium. — cf.
auch murt.
1. mösig, zerdrückt, zerquetscht, durch-
einander gerührt, wie Mus beschaffest ; —
mösig äten. — Zu mos od. mösen.
2. mösig", unrein, schmutzig, faidig, sum-
piig, dumpfig etc. ; — dat sügt hir in hüs
all' so mösig üt ; — dat rukd hir so mösig.
— Wohl mit ahd. mosec , mosich , mosig
(sump-ßg, versumpft) zu mos in der Bedtg. :
Moor, Sumpf, od. zu dem davon gebildeten
Verb, mosen, mhd. mösen (nach Sumpf
riechen).
mos-imme, mos-im (Moos-Biene), Erd-
hummel (bombus) ; — he stekt as 'n mosim.
mSske, mosken, Gemisch von allerlei
Sachen, Gerumpel, Abfall vom Bauen od.
Kehricht, Schutt von Erde, Kalk u. Steinen
etc.j — de möske is niks mer werd, dat kan
ütfägd un wegbrogd worden ; — de möske-
bülte (Kehrichthaufe) kanst du wol in Schep-
ker sin duUert faren; — mangel- od. mengel-
möske (Misch- Masch). — Wie nd. (D äh-
ner t, Br. Wb.) mösken ; mnd. moseken
(Papp) od. Mehlbrei für Kinder) ein Dimin.
von mos.
ml^skcn, dasselbe loie mösen, cdjer Weiter-
bildung von dem Dimin. mOske; — he
mösked 't all' dör 'n ander ; — he mösked
(knetet, rührt od. bereitet in unordentlicher
Weise etc.) gau wat toregt,
5 moskere, Misch-Mascherei, Manscherei,
durcheinander gerührtes u. geknetetes Zeug,
Abfall etc.
nios-kräni, s. müsekräm.
mot, s. motte.
10 i. möt od. mote (Flur, moten), Stück od.
Theil, Schnitt, Scheibe etc. — Nid. moot;
mnld. moet. — cf. 2 mtit, wovon es vielleicht
ablautend gebildet od. mit dem es doch glei-
chen Ursprungs ist, loie z. B. auch das an.
15 möt (Art u. Weise) für mät steht u. jeden-
falls mit diesem zu metan, mätum (messen)
gehört.
2. niot, Mal, Flecken, Schmutzflecken etc.
— 3Iit dem folgenden 3 möt u. nid. moet
20 (s. daselbst) eines Ursprungs,
3. mot, ein Knopf od. eine Verdickung
an einer Stange od. einem Meissel, welcher
od. welche das tiefere Eindringen desselben
in den Handgriff od. das Heft verhindert,
25 bz. dem Eindringen des betr. Gegenstandes
Widerstand leistet u. sozusagen ein Hemm-
Ding od. hemmendes Etwas ist. — Nid,
moet (eine Vertiefung durch Druck od. Stoss,
ein Mal in der Stirne, z. B. durch den
30 Druck der Perücke ; eine Vertiefung in einer
Klinge, z. B. der Nagelgriff in der Messer-
klinge; eine kleine Erhabenheit od. Ver-
dickung, Pustel, Bläschen etc., z. B. auf der
Oberfläche gefärbter Sachen od. sonst. Gegen-
35 stände; eine erhabene Stelle od. Erhöhung
auf dem Wasser, eine Meereswoge; ein
Knöpfchen an verschiedenen Gcräthen od.
nach V, Dale : rond knopje aan bet lemmet
van een pennemes ; verbevenheid van verw
40 bij het schilderen ontstaan ; indruksel door
knoejeu ontstaan; overblijvend teeken eener
wondof ook van vuil; rand, merk; slijmacbtig
vuil dat het zeeschuim op het Strand over-
laat ; teeken door de zaamenvoeging van
45 een vorm veroorzaakt). — 3Iit möte (s. d.)
u. mnld. ghe-iuoet (occursus , occursatio ;
resistentia, impugnatio), bz. unserm möte u.
möten von möt in der urspr. Bedtg. ; Spalt,
Bitze, Biss, Sprung u. Fleck (cf. 2 möt)
50 od. macula, wie auch in klak, bz. mhd. klac
diese Bedtgn. sich zusammen finden.
4. möt, Muss, Zwang, unausweichliche
Nothivendigkeit, Bestimmung, Schicksal, bz.
ein Etwas, dem man nicht ausweichen kann ;
55 — dat is 'n möt (od. dwang), dar kanst du
net baten to. — Nid. moet. — Zu moten.
möte. Ein eine Bewegung zu od. auf
Etivas hin od. eine Begegnung , ein Zu-
sammenkommen, Zusammentreffen, Entgegen-
60 kommen etc. von zwei sich in gleicher Eich-
MOTEN MUTTEN
618
MOETEN
tung heicegenden Wesen od. Bingen u. so
mich ein Widerstehen n. Hemmen be-
zeichnendes Wort: — dat lüpt hum all' in
de mute (das läuft ihm Alle u. Alles ent-
gegen, bewegt sich Alles auf ihn zu, läuft 5
ihm Alles in den Weg od. in die Bahn auf
der er sich selbst vorbewegt) : — is di ök
wel in de mute od. to mute kamen ? (ist dir
auch Jemand entgegen gekommen od. be-
gegnet? ist auch Jemand mit dir zusammen- 10
getroffen etc. Y) — hv gung hum iit de mute
(er ging ihm aus dem Wege, nm ihm nicht
zu begegnen, od. er ging ihm aus der Be-
gegnung etc.) ; — ik wil hum man in de
mute löpen, dat wi erder In 'n ander kamen; 15
— he kwam mi in de mute od. to mute
(er kam mir entgegen od. er begegnete
mir, bewegte sich auf mich zu); — de
kugeis kwammen sük midwäges to mute (die
Kugeln kamen sich mitteweges entgegen od. 20
trafen sich mitteweges u. prallten od.
stiessen derb auf einander); — du must
hum wat to mute kamen (du musst ihm etwas
entgegen kommen), anders kunn' he wol
menen, dat du hum net fründelk gesint 25
werst; — dar stunii' hum niks in de mute
(da stand ihm nichts in den Weg od. nichts
entgegeyi, da stand nichts tvas ihm Wider-
stand machte od. hemmte u. aufhielt etc.).
— Nd. möte, m8t (in de mute kamen, sich 30
begegnen, .sü7t treffen, entgegen kommen,
Widerstand leisten, wehren, abivehren,
hemmen etc.) ; nid. ge-moet (te gemoet gaan,
— komen) ; mnld. ghe-moet (occursus, occur-
satio ; resistentia, impugnatio) , te ghe-moete 35
komen (ohviam venire, obviare ; occursare) ;
vind. (Seh. u. L.) gemode, gemoede, ge-
mote (Begegnung, Begegniss , Zusammen-
treffen etc.); as., amd. muot, mot; an. möt;
md.,mhd. muot (Begegnung) u. auch zmveilcn 40
reinhochd. muoz; md. möz (Begegnimg im
ritterlichen Kampf); ze muote, ze muoze
(entgegen) ; engl, to meet (dasselbe). —
cf. möten.
moten, mntten (Präs. mot od. mut, mötst 45
od. möst, must, mut od. mut, muten od.
mutten; — Impcrf. musde, muste, gcivöhnl.
mu8 etc. ; — Partie, muten od. geivüJml.
must), müssen, Bedürfniss haben, einem
Zwang unterliegen, sollen etc. ; — ik mot 50
wat to äten hebben ; — ik mut nödig gän ;
— ik mot wol ; ik kan je nich anders ; —
— h(" hed wol muten, den dat hung hei net
fan sin willen of. — Sprichiv. : wen de biir
nich mot, rßgd he gi'n band of fut; — 'n 55
dode un 'n brüd, de muten (od. mutten) to
't hüs herut. — Auch subst. : dat muten. —
Redensart.: muten geid baten willen; —
müteu is dwang. — iVrZ. muten, muten ; mnd.
muten ; nid., vinld. moeten ; afries. mota ; 00
wfries. moatten, as. motan , muotan; ags.
mötan (Gelegenheit od. Freiheit icozu haben,
können, dürfen, mögen etc.) ; ahd. muozan,
muazan , moazan , mözan , muozen ; mhd.
muozen , müezen ; md. mozen (nach 0.
Schade: contingere, zufallen, durch Schick-
sal bestimint sein, sollen, sich von selbst
verstehen , müssen ; Freiheit haben wozu,
dürfen ; 3[öglic?ikeit haben, können) ; goth.
mötan in gamötan (locum habere, Statt,
Platz od. Raum u. Stelle haben u. finden
etc.). — Es wurde von einem Stamm möt,
muot fortgebildet, der das Präter. eines
alten Verb, matan, ahd. mazan ist. Dieses
matan betr., so gehört es mit goth. mitan,
mat zu derselben y mat, jedoch nicht in
der neueren Bedtg. von messen, .sondern
■in der urspr. von : spalten, theilen (s. unter
meten), auseinander machen, Spalt od. Oeff^-
nung , freien Raum n. Platz inachen etc.,
woraus sich für das Präter. möt die Bedtg.
des bereits geschehenen Spaltens u. Raum-
machens, bz. eitles fertigen Sj^ltes u. freien
Raumes od. Platzes u. Spielraums (für Et-
tvas od. zur freien Beioegung von Etivas
etc.), bz. die subst. von: Spalt, Oeffnung,
freier Raum, Spielraum od. Platz, Stelle etc.
von selbst ergiebt. Neben goth., as. mötan
(Raum u. Platz hoben od. finden, Raum zur
freien Bewegung haben, Sjn'elraum u. Frei-
keit haben zur Bewegung u. zum Thun,
nicht gehemmt sein in Etwas , Etwas thun
können u. dürfen u. der daraus abgeleiteten
Bedtg. des objectiven Begriffes von Trieb u.
Beruf fühlen wozu od. einem Triebe unter-
liegen u. Etivas sollen u. müssen etc.) stammt
auch weiter davon das Subst. : mnd. möte ;
mnld. moete ; ahd. muoza, muaza, möza ;
mhd. muoze ; md. muze (licentia, facultas,
Freiheit ivozu, Gestattung od. das Können
u. Dürfen von Etwas, Möglichkeit ; Freiheit
der Bewegung u. des Thuns, freie Zeit,
Müsse, Unbeschäftigtheit, Unthätigkeit etc.),
wovon die WöHer : m ü s s i g , M ü s s i g-
gang u. das ahd. muozjan, muozen; mhd.
muozen, müezen (.<iich Freiheit od. freie
Zeit metchen, sich, herbeilassen loozu; sich
frei machen wovon) «. muozön; )«7t(/. muozen
(vacare, feriari; freie Zeit haben, ablassen
von etc.) wieder iveiter gebildet sind.
iniiteii (Präs. : möte, mötest od. mötst,
mutet od. mött, m(')ten, — Imperf.: mütede
od. miUde, müdde, mötedest od. mütdest,
müddest, möddst , mötede, mütde, müdde,
müteden , mütden , müdden ; — Präter. :
müted, mötd), zusammenkommen, zusammen-
treffen, begegnen, entgegen gehen od. kommen,
entgegen treten, Widerstand leisten, hemmen,
hindern, ab- od. aufhalten, wehren etc. ; —
he mütde od. bemütde mt uj) hälfe wogen ;
MOTJEN 619 MUDDET.EN MUDDELN
möte de perde; se sunt up de 16p; — de se motjed afer alles; — se hed altid wat to
ene mötd de ander, dat he d'r nich hen kan ; niotjcn im wen man 6k nog so god sin beste
— de bomen muten de wind fan de tun of; deid um hör na 't sin to maken. — Wohl
— de d'ik mötd water, dat 't net afer 't mit engl, mutter ; aengl. muteren (murmeln,
land löpt; — d'r is niks wat hum mötd um 5 brummen, murren); hayr. mutern (murren),
d'r hen to gän ; — wat man net muten kan, maudern (brummend sprechen , murren,
dat mut man löpen laten; — wel kan 't schmollen); sclmeiz. mudern (knurren);
möten, wen 't enmal in Gods räd beslaten schiväb. mottern (verdriessliche Mienen ma-
is ; — köjen anmöten (Kühe zum Melken dien) ; ahd. mutilön (mussitare, murmurare) ;
zusammentreiben u. ihnen loehren, dass sie 10 oberd. mutteln, mutlern (verdriesslich sein,
sich nicht von der Stelle, wo sie gemolken in sich hineinsprechen etc.) etc. u. vielleicht
werden sollen, entfernen). — Nd. möten, mich motter in frans, marmotter etc. aus
afmöten , bemöten ; mnd. möten , bemOten, Int. mütire, rauttire u. dies mit mauen u.
entmöten, gemöten ; nid. ontmoeten ; mnld. mü, müen (s. d.) von mü (sonare, bz. tönen,
moeten, ghemoeten, ontmoeten; dithm.möteü; 15 miirren, brummen, sumsen), als Ablaut von
an. moeta od. müta ; nonv., schtved. möta ; der Schallwurzel mä od. ma, cf. Fiele, I,
dän. möde; as. mötian od. mötjan, motean, 726 u. 164.
muotean; mhd. muoten; goth. mötjan in ga,- motjerig, inotjerg, brummig, mürrisch,
mötjan ii. vithra-ga-m6tjan(obviare, obvenire, verdriesslich etc.
occurrere, concurrere, begegnen etc.); ags. 20 motte, mot, Motte (tinea) ; — d'r sitten
mötjan (convenire, disputare, rem agere), ge- motten in de kler; dat kumd d'r fan, wen
mötjan (convenire, rem agere); aengl. mbXiQn. 't göd so lank stil in de klerkast hangd un
(disputare etc.): engl, mooi (debattiren, ver- net dragen un ütlüchtd word; — de pels-
handeln, erörtern etc.) u. daneben auch : saken matten sommers mit 'n bitje kampfer
afries. meta; ivfries. metten; tifries. mete ; 25 in 'n blikken trumme inpakt worden, dat d'r
satl. mete; loang. meit, bz. bimeit; ags. gen motten in kamen. — Nid. mot; mnld.
metan; aengl. meten; engl, meet; an., isl. motte; nd., mnd. mutte; ags. modhdhe;
maeta od. mäta (zusammen kommen, begeg- engl, moth ; aengl. mothe, moththe.
nen etc. ; obviare, occurrere, obvenire, con- 1. mii, Muh, die, das leise Brummen od.
venire etc.). — As., ags., goth. mötjan ; mnd. 30 dumpfe Schreien der Kuh nachahmende
möten ist entioeder vom Subst. möt od. mit Interjection, cf. müen.
dem für möt, bz. mnd. möte u. unser möte 2. mu, s. müde.
(s. d.) anzusetzenden Thema möta von einem, 3. mii, s. müde.
Stamm möt tveitergebildet, der ebenso tcie ranM^, Dreck, Schmutz, Schlamm,schmut2i-
möt von mötan (cf. möten) urspr. die 35 ges, faules, stinkendes Etwas etc. ; — 't is
Bedtg.: Spalt od. Biss, Sprung hatte. — niks as emer mudde; — mudde-kräm,
Vergleicht man nun hiezu , dass das nhd. Schmutzkram , schmutziger fauler Kram,
kl ecken od. ahd. klacjan (vorrvärts bringen schmutzige faule Sache od. Geschichte etc.
od. gehen, von Statten gehen) urspr. die — Nd., mnd. mudde, modde ; engl, mud etc.,
Bedtg. : Spalt , Biss , Bruch od. Sprung 40 s. Weiteres unter mudden, mudder u. müde.
machen etc. hatte, so loird auch das von — Im nid. wird modde als Schimpfwort für
möt (Sprung etc.) abgeleitete Subst. möta od. eine schmutzige od. schmierige unsaubere
das alte Adv. möti (gegen, entgegen) urspr. Frauensperson gebraucht; cf. das folgende :
einen Zustand bezeichnet haben, loo ein Et- muddel, eine schmutzige, schmierige, un-
was einen Sprung od. eine heftige u. 45 saubere Person; — 't is 'n olden muddel
plötzliche Bewegung nach irgend einem an- od. smuddel. — Davon: ge-muddel od. ge-
dern Etwas hin machte, bz. wo ein Etwas smuddel, Gesudel, Geschmiere, Geschmutze,
auf od. gegen ein anderes Etwas lossprang Gemantsche etc. — cf. 2 muddeln, mudden
u. mit diesem zusammentraf od. diesem, be- u. nid. modde unter mudde.
gegnete, tvoraus sich dann von selbst der 50 1. mnddelen, muddeln, dumpf «. undeut-
Begriff der freundschaftlichen od. feindlichen lieh sprechen, murmeln, murren, brummen
Begegnung u. des Zusammentreffens (von od. etc. ; — se muddeld wat för sük hen ; —
mit Etwas) ergab. he muddeld wat in de bärd; — se hed
Wegen afries. meta =: as. mötjan etc. altid wat to muddeln (murren , brummen,
cf. afries. beta (büssen) = as. bötjan von 55 schelten). — Ahd. mutilön; s. Weiteres
batan, bot, buot etc., cf. böte. unter motjen.
motjeii, murren, brummen, seinen Un- 2. rnnMelen, rnnMeln, schmutzen, schmie-
muth u. Verdruss durch Murren u. Brummen ren,mantschen,durcheinandermachen,rühren
zu erkennen geben, leise schelten, tadeln etc. ; etc. od. dasselbe wie smuddeln od. gremen
— se motjed de hole dag in hüs herum; — 60 u. kleien; — se muddeld wat toregt; — se
MUDDELEN MUDDELN
620
MÜDE
muddeld d'r wat in od. mit herum. — Nd.
D ahn er t) muddeln (mit dem Zeuge unordent-
lich u. sudelig umgehen, Alles im Schmutze lie-
gen las.sen etc.); mnld. moddelen (torram sive
lutiim movere etc.) ; engl, muddle etc. — Iterat.
zu muddon, wie smuddelii zu smiulden.
3. niuddelen, niiuldeln, verstohlen od.
heimlich u. unbemerkt , bz. in unerlaubter
u. lichtscheuender Weise Etwas thun od.
bei Seite schaffen ; — wat liest du dar to
muddeln; dürst du d'r nich regt mit fan
dag?^ — hl' muddeld dat gau an de kante.
— Auch suhst. : he kan dat muddeln ('Fer-
tuschen, heimliche od. vnsaubere n. schlechte
Geschichten machen od. treiben etc.) net
lateu. — Auch wohl mit 2 muddelen zu
mudden v. mudde.
ninddeli;^, schmutzig, trübe, tin.<;aubcr, un-
rein, unklar, )icblig, dunkel, undurchsichtig
etc. — cf. muddig u. smuddelig.
mudden, schmutzen, nässen, fein regnen
etc., cf. smudden. — Nd. (Br. Wb.) mudden
(Schmutz od. Unflath abwischen); mnld.
modden (terram sive lutum movere etc.) ;
engl, mud (im Schlamm begraben, in den
Schlamm od. Dreck werfen, mit Schlamm
bedecken ; trübe u. schlammig machen, im
Schlamm rühren, den Schlamm, Unrath od.
Bodensatz aufrühren etc.) etc. — Zu mudde,
bz. müde.
nindder, Schmutz, Dreck, Koth, Unrath,
Schlamm etc. od. vom liegen u. Wasser
durchgeweichte schlammige Erde etc.; — he
kerd sük in de mudder um ; — 't laud word
emer mudder, 't regend föls to föl. — Nd.
mudder, modder; nid. modder; mnld. modder,
moder, moyer, moer, moeder, moeyer (limus,
coenum mollius, lutum, volutabrum, faex,
faeces, crassaraen etc.); schived. mudder;
spüt-mhd. moter , motter (limus , fauler
Schlamm, Koth etc.) etc. — Mit mhd. blö-
der von mudde, mudc etc. ; s. Letzteres.
niudderen, mnddern, a) dreckig u. kothig
werden ; — 't fangd an to muddern ; — b)
Schmutz, Dreck, Koth od. Schlamm, Schliek
graben od. aus den Canälen u. Gräben
mittelst besonderer Geräthe od. des mudder-
plögs herausholen, dieselben vom Schlainm
reinigen od. au.sbaggern etc.; — se sunt licn
to muddern. — Nd. muddern ; Jild. moddcren ;
schwed. muddra etc.
mudder-fet, überaus fett, so fett, dassdas
Thier so tveich anzufühlen ist wie mudder
od. der weiche Schlamm , bz. class es .so
kwabbehl wie mudder.
nindderi;;, nindderg, dreckig, kothig,
schlammig etc. ; — 't is so mudderig, dat d'r
hast gen minsk bi de strate klär worden kan.
IBudder-plofj, ein sog. Pflug zum Reinigen
der Schifffahrts- u. Afnvässerungs-Canäle,
bestehend aus einem grossen flachen Kahn,
der an beiden Seiten mit grossen, einer
Pflugschaar ähnlichen Flügeln versehen ist,
welche durch einen besonderen 3fechanismus
5 auf den Boden der Canälc bis in den
Schlamm od. Schliek (mudder) hinabgelassen
werden u., durch das abebbende Wasser ge-
trieben, den Schlamm vor sich herschieben.
luudder-präm , ein grosser flacher Kahn
10 (cf. pram), der zum Schlamm- od. Schliek-
fahren benutzt tcird, bz. worin der ausge-
baggerte Schlamm (mudder) geschö})ft u. ver-
fahren icird.
innddpi'-piinte ; /. </. mudderpräm,
15 imiddig, schmutzig, unrein, trübe, un-
durchsichtig, neblig, regnigt; faulig, moderig,
stinkend, schimmlig etc. ; — 'n muddigen
klör; — de lücht (Luft, Atmo.sphäre, Himmel
etc.) sucht so muddig üt, dat 't wör (Wetter)
20 sük wol net lank mer hold ; — 'n muddigen
rök od. smäk. — 3Tit nd., mnld. muddig,
moddig; engl, muddy etc. zu mudde od.
nuuldcu, icie das damit synonyme smuddig
zu smudde od. smudden.
25 milde , mue , mu , Dreck , Schlamm od.
Schliek u. zwar spcciell der leichte, ziemlich
dünnflüssige, meistens schicarz od. dunkel
gefärbte, moderige od. faulige u. .stinkende
Bodensatz in den Canälen, Wasserleitungen
30 u. Cisternen, der bei der geringsten Be-
toegung aufsteigt u. das Wasser schwarz,
trübe u. tingeniessbar macht; — dar sitt so
fol müde in 't dep, dat man hast gen fasten
grund bepeilcn kan ; — de müde mut d'r
35 bold ütbaggerd worden, anders kan d'r hast
gen schip mer in farcn ; — du must net
in 't water rören, de müde (od. niü) kumd
glik bafen. — Es .steht für älteres muda
als das eigentliche Thema von müde, mudde,
40 mudder, mudden etc., soicie von mnd. mode
(limus etc., cf. modde u. unter mudder das
mnld. modder, moder etc.), nhd. Moder
(cf. Weigand) ; mhd. raot (schwarze torf-
artige Erde, Moor, Morast, Schlamm);
45 bagr. (Sc Jim.) mott (Moorerde); clcv. mod
(Schlamm, Koth) ; nhd. (mdartl.) mutich,
contrah. mutcli (fauliger schleimiger Grund
im Wasser, Moorerde, Modergeruch) ; engl.,
aengl. mud (Schlamm, Schlick, nasser Koth,
50 Lehm etc.) etc.
Begrifflich stimmt muda od. müde etc. am
besten zu griech. mi'ulos (Nässe, Feuchtig-
keit, Faulniss, Moder), mudäein (feucht od.
durchnässt sein, von Feuchtigkeit verderben
55 u. verfaulen etc.), amudros (scJiwach, trübe,
dunkel, zerflossen) ; k.slav. motlrü (lividus,
sanguine suifusus, niger) von mad, zerfliessen
(cf. Fick, I, 711), doch stimmt unser in-
lautendes d u. hochd. t allerdings dazu
60 nicht, wenn man sich an die Regel der
MÜDE 621 MUFFEL
Lautverschiebung halten will. Möglicher- (Moderdunst), hz. unserm u. nd., nid. muffig
weise ist müde aber auch ablautend mit nd. u. mnd., nhd. mufi'en (schimmelig u. mo-
(Br. Wb.) made u. mnld. maede (coenum, derig riechen, stinken, schimmein); ital.
lutum) urspr. eins u. wenn as. mendjan muft'are ; lothr. mouffa ; neupreuss. muffir
auch zur ]/ mad, mand (s. unter mede) ge- 5 (schimmeln), sowie ferner auch (cf. Diez,
hört, so können auch made u. niude beide I, 2S4 unter muffo) sjjan. moho (Trägheit
mit griech. miidos etc. von derselben y mad od. Faulheit), mohino (verdriesslich, bos-
abstammen, toährend es sonst auch vielleicht haß); port. moüno (knickerig) ; venet.muSo
mit skr. mutra (Urin); zend. mütlira (Un- (schwermüthig) ; bayr. muffisch (mürrisch),
reinigkeit, Schmutz) u. arm. mouth (Dunkel- 10 muffen (murren, schmollen) von nid., mnld.
heit od. Trübigkcit etc., cf. muddig) zur muf (muffig, sclummelig , anrüchig, übel
y ma (netzen, beflecken, schmutzen etc., cf. riechend, bz. mucidus , redolens situm) ;
Fick, I, 727) gehören könnte. mfläm. muf (relant, remugle).
müde, mue, mu, Mündung, Auswässerung s- Ob muf od. dessen Thema mufa für älteres
stelle, Wasserausfluss od. W asser durchlass 15 muwa, mowa, mauwa steht u. sonach mit
(z.B. ander Ems), Hafen (z.B. in Weener). unserm müde, mudder u. nhd. Moder zur
— Nd. munde, münde ; mnd. munde u. auch y mu, miv (netzen, feucht machen etc., cf.
(cf. Seh. u. L., III, 131) müde, müde, mue ; unter müde das zend. müthra etc.) gehört,
nid. muiden, muijen (nur noch in Orts- wie 1 muf u. maue, bz. lit. movä (Muff)
namen) ; afries. mutha, muda ; engl, mouth 20 zur y mu, miv (schieben etc.) ?
(z. B. in Portsmouth = nid. Portsmuijen, 3. nmf, Scheltioort gebraucht in der Be-
— Falmouth ;= nid. Vaalmuijen) ; aengl. dtg. : dummer, gemeiner, schlechter od. nichts-
müdhe ; ags. müdha. — Zu mund, bz. afries. nutziger ekelhafter unausstehlicher Kerl od.
muth, cf. mund. auch wohl in derselben Bedtg. wie unser
müen (von der Kuh), leise u. sanft brum- 25 stinkerd ; — he is 'n muf. Wie nun aber
men u. schreien ; — de ko müet od. müt. der Holländer die Deutschen u. namentlich
— Die älteren hochd. Formen als muhen, auch die westfälischen Bauern u. Hanke-
möhen, mugen, muwen, mowen etc. s. bei meier, soioie ausserdem auch die Bewohner
Weigand unter muhen u. cf. 1 mü u. von Gelderland u. Overyssel (cf. v. Dale)
mauen, mewe etc., womit es zu der Schall 30 mit dem Scheltnamen mof belegt, so geschieht
nachahmenden ]/ mü gehört. dies tviederum auch von uns mit unserm
1. muf (Dimin. mufke, müfke, Plur. muf- muf (du hollauder muf), von welchem es
kes, müfkes), Muff, a) ein von Pelz gefer- ziveifelhaft ist, ob es mit nid. muf, bz. dem
tigtes od. von Wollengarn gestricktes Etwas mnld. moffe, muffe (s. unter 2 muf) zu-
(od. breiter Bing), tvorin man die Hände 35 sammenhängt, od. mit dem engl, muff (Dumm-
steckt od. was man über die Hände streift köpf) od. nhd. Muff in der Bedtg. : Maul-
u. um das Handgelenk trägt, um die Hände hänger, mürrischer Tadler (cf. Weigand)
od. das Handgelenk loarm zu halten ; — b) eins ist u. dann ungefähr dieselbe Bedtg.
ein breiter Eisenring, den man über die wie mops (s. dieses auch als Scheltwort)
Verbindungsstelle zweier eiserner Wellen 40 haben loürde. cf. auch das folgende:
schiebt od. worin man die beiden Enden muffel, ein unfreundlicher, sauertöpfischer,
derselben steckt u. fest macht. — Nid., mnld. brummiger , mürrischer , verdriesslicher
mof, moffel ; nd. muffe, muf ; isl. muffa, Mensch, der zu Allem ein schioarzes od.
auch hd. (früher) muffel, mlat. muffula; verzerrtes u. schiefes Gesicht od. Maul
franz. mouffe etc., entstanden aus afries. 45 macht u. mit Allem unzufrieden ist; — 't
mowe ; mnld., mnd. mouwe (Aermel), cf. is 'n regten olden muffel war uiks mit an-
maue. tofangen is un gen en fründelk word üt
2. muf (Dimin. müfke; Plur. müfkes), kumd. — Vergleicht man unser muffig u.
ein übel riechendes od. stinkendes Etwas, mulsterig, bz. dass diese Wörter aus der
besonders ein Häufchen Menschenkoth ; — 50 Bedtg. : moderig , verdorben , faulig , von
he mut de muffen (od. müfkes) bi de karke üblem od. verdorbenem Geruch u. Geschmack
wegrakken. — Mit mnld., mfläm. muffe, etc. in die von mürrisch u, verdriesslich,
moffe (mucor, situs, mephytis, virus, putor) ; brummig etc. überging (cf. auch fül [faul]
nhd. Muff (Schimmel, Modergeruch, fau- in seinen verschiedenen Bedtgn.), so ist es
liger u. stinkender Geruch, bz. Geruch nach 55 klar, dass dieses muffel ebenso toie bayr.
u. von Anrüchigem, Dumpfigem, Modrigem, muffisch (mürrisch etc.) u. bayr. u. hochd.
Faulendem etc.) ; itcd. muffa (Schimmel) ; muffen ; nid. moffen (murren, schmollen) ;
port. mofo; span. moho (Schimmel, Moos); s^Jan. moho (träge) u. mohino (verdriesslich
ital. muffo (schimmelig); com., romagn. etc.) etc. auf das nid., mnld. muf, mof
moff (bleich od. graulich); franz. moufette 60 (mucidus od. muffig, s. unter 2 muf) zurück;-
MUFFEL
622
MUFFELEN
geht u. dass dann auch neben dem Schelt-
worte muf (cf. 3 muf) auch das nhd. Muff
(MauUiänger, mürrischer Tadler, mürrischer
verdriesslicher Mensch etc.) u. Muffel
(Geschöpf mit dicken herabhängenden Lippen 5
od. Mensch der aus Verdruss dicke herab-
hängende Lippen, bz. ein schiefes Maul
madit , toeil er verdriesslich u. mürrisch
■ist), aus dem alten nid. od. urspr. nd. muf,
mof (mucidus etc.) hervorgegangen ist, ivobci 10
wegen der Doppelbedtg. unseres mulsterig
noch erwähnt sei, dass nach Danneil (s.
daselbst unter rauddig m. cf. unser inuddig
vo)i mudde, müde) auch muffig von Menschen
gebraucht wird, die stets in einem finstern 15
u. mürrischen Ton antworten, wovon noch
Weiteres unter muffen. Da nun aber das
engl, mopish (träge, unthätig , faul, träu-
merisch, muthlos, niedergeschlagen etc.) beim
Vergleich der Doppelbedtg. von faul u. 20
beim Vergleich des span. moho (Trägheit,
Faulheit etc., s. tinter 2 muf) u. mope
(träumerisch sei)i, träumen, faseln), mope
(dumm machen, bethören) zweifellos mit mop
(den Mund verziehen, ein schiefes Gesicht 25
machen, mürriscit sein etc.) u. mop (schiefes
Gesicht, Fratzengesicht, verzerrtes od. fin-
steres u. mürrisches Gesicht), sowie auch
mit den Hundenamen mops (s. d.) u. mit
dem obcrrheir. mupf, muff (Verziehung des 30
3Iauls, verzogenes Maul, s. unter mops) auf
ein u. denselben Stamm zurückgeht, so wird
(loie schon unter mops erwähnt) durch alles
dieses wohl die urspr. Identität der Stämme
mop u. mof, muf, mupf, muff erwiesen u. es 35
noch ivahrscheinlicher gemacht, dass auch
der Stamm mof od. muf u. das daraus ver-
härtete engl, mop als Stamm der obigen
engl. Wörter sämmtlich, wie auch 1 muf
od. nid. mof auf ursjir. mowe od. mauwa 40
zurückgehen, bz. daraus entstanden sind u.
dass dieses letztere mowe u. das in den äl-
teren germ. Sprachen noch gar nicht vor-
kommende muf in der Bedtg. mucidus wohl
zu der y mu (netzen, feucht machen, s. 45
unter 2 muf u. müde) gehört.
Zur Ableitung unsers muffel von muf
(mucidus, bz. moderig, faul, schimmelig etc.)
stimmt auch das im Haung runde (cf.
Viliuar, 274 unter muffeln) vorkommende 50
muffeln (fein regnen) als Sgnonym von un-
serm mudden u. smudden.
Zu nhd Muffel m. muffen cf. noch
(Diez, II, 371) franz. mufie (Maul); norm.
moufler (maulen, verdriesslich u. mürrisch 55
sein) u. wegen der urspr. Identität von
engl, mop mit mof, muf u. dieses mit mow
aus mowe, mowa, mauwa auch noch das mit
engl, mop u. oberrhein. mupf, muff syno-
nyme engl, mow, (mö, mou), schiefes Maul, 60
verzerrtes Gesicht, Grimasse, was übrigens
auch mit franz. moue (verzogenes Gesicht,
cf. Diez, 11,370) u. mnld. mouwe (vleesch-
mouwe, cf. KU.) aus mouwe (Aermel, bz.
als schlaffes, weites u. hängendes Etwas)
entstanden sein kann, too dann auch eine
Berührung von oberrhein. mupf, muff it.
engl, mop (verzogenes od. schiefes u. hän-
gendes Maul) mit 1 muf ;/. nid. mof etc.
möglich wäre.
1. muffeleu, mull'eln, heimlich u. unver-
merkt bei Seite schaffen, heimlich abnehmen
u. unterdrücken od. ersticken, heimlich um- j
bringen, erdrosseln od. tödten etc. ; — se
muffeld dat gau weg od. bi de sid ; — se
muffeldeii de sake (od. dat kind, hum) of.
Es hatte urspr. tvohl die Bedtg.: ver-
decken, verhüllen, einhüllen, vertuschen,
woraus es dann in die Bedtg. : verdeckt u.
heimlich etwas thun u. bei Seite schaffen etc.
od. in die von : verbergen, loegbergen, weg-
legen, bei Seite scJuiffen, heimlich umbringen
etc. überging. Ident. ist es daher wohl mit
dem von nid. moffel ; nhd. muffel ; ndat.
muffula, moffula (Muff zum Warmhalten der
Hände od. Ding was man über Etwas zieht
u. womit man Etwas bedeckt u. verhüllt, cds
Weiterbildung von 1 muf) fortgebildeten engl.
muffle (bedecken, einhüllen, verhüllen, ver-
mummen, einmuffeln), ebenso loie das ital.
(cf. Diez, I, 284) muffare, bedecken, ver-
hüllen, vermummen etc. von muf, bz. mou,
mouwe (cf. 1 muf u. maue) fortgebildet ist.
Zu diesem muffclen cf. auch nid. moffelen
(heimlich entwenden od. bei Seite schaffen,
betrügen, falsch od. verdeckt spielen, ver-
tuschen), was jedenfalls auch dasselbe Wort
wie unser muffeln , bz. engl, muffle ist u.
wozu wieder die Subst. : moffelaar (Betrüger,
Beutelschneider), moffelary (Beutelschnei-
derei, Mauserei, heimliche Entwendung etc.)
etc. gehören.
2. mutfelen, nmffeln, a) mit festgeschlosse-
nem Munde u. langsam essen u. kauen, od.
so essen u. kauen ivie alte zahnlose od. mit
schlechtem u. lückenhaftem Gebiss behaftete
Leute thun, langsam u. mühsam kauen; —
he muffeld (od. mummeld) al wat up de
körsten herum; — he sitt al hen to muffeln
as wen he 't hei hast net kürt krigen kan ;
— h) mit vollem Munde od. vollen Backen
essen; — de junge muffeld d'r dügtig wat
längs. — Nd. (D ähner t, Schütze etc.)
muffen, muffeln. — Es ist in der Bedtg.
sub a H. nd., sowie auch hochd. (cf. Wei-
g a n d) in derselben Bedtg. wohl eins mit
nid., mnld. moffelen, matfelen (buccas mo-
vere, balbutire) ; aengl. maflen; engl, maffle
(stammeln, unverständlich für sich sprechen,
brummen, murmeln), dessen Stammverb.
MUFFIG 623 MUGGEN
maffen, moffen, muffen heim Vergleich von terten y m\ig od. m\ik, während lat. musca;
muf od. muffa aus mowa, mauwa (cf. 1 muf griech. muia; lit. muse; lett. musa ; apreuss.
II. maue) sehr gut aus älterm mäwen, niou- musa; kslav. mucha (Fliege) ti. kslav. mu-
wen, mowen od. mauen (ein unarticulirtes sica (Mäcke) auf ein gleichfalls zur y rau
Geschrei machen etc., cf. mewe ii. maueu) 5 (tönen, rauschen, surren, sumsen, murren,
entstanden sein kann u. sonach mit ahd. brummen) gehörendes Thema musa od. musa
mawen (brüllen, schreien) u. lett. maunu, zurückgelien , mit welchem auch wohl lat.
mauju (brüllen) etc. zur y mu od. mii (so- raussare, mussitare zusammenhängt.
nare, murmurare etc.) zu stellen ist, ebenso inuggele ; i. q. mogele.
wie 2 muf xi. müde zur y mu (netzen, 10 1. muggeln, sich eifrig u. anstrengend
feucht machen etc.). mit einer Sache beschäftigen, bz. sich wo-
Zu der Bedtg. suh b cf. das hess. u. mit abmühen u. abäschern u. zwar häufig
hochd. (cf. Vilmar u. W eigand) vor- mit der Nebenbedlg., dass alle dabei ver-
kommende muffeln (kauen, eilfertig kauen, wendete Mühe keinen rechten Erfolg hat;
od. mit vollen JBacken kauen) u. franz. 15 — he muggeld siik kumplet d'r mit of; —
moufler (die Backen aufblasen) etc., was all' sin muggeln (Mühen it. Flagen, bz. Ab-
nach W eigand (s. daselbst unter muf- arbeiten woran u. worauf etc.) wat he deid
fein) von einem aus muntvol od. nid. helpt hum niks un brengd hum net förüt.
mondvol (Mund-voll) entstandenen monfel, — Iterat. zu 2 muggen.
Muffel, Mofel (cf. auch hess. Muffel in der- 20 2. maggeln. Es ist dasselbe wie mogeln
selben Bedtg. bei Vilmar, soioie murapfel u. steht mit diesem für älteres mügeln,
u. mummel in der Bedtg. Mund bei bz. älter hochd. mücheln , loas mit nhd.
Schmelle r) weiter gebildet ist, worüber m euchel n (hinterlistig u. betrügerisch
übrigens auch noch Weiteres unter mummeln. handeln, hinterlistiger u. heimlicher Weise
muffig, muffig, a) anrüchig, faulig, mo- 25 überfallen u. morden) ; älter nhd. maucheln
derig, verdorben etc.; — dat mal rukt (od. (toegstehlen, heimlich entioenden) ; Schweiz.
smekt, is) muffig; — dat rukt hir so mufiig mucheln (heimlich loeg nehmen) ; hess. (Vil-
od. hir is so 'n muffigen rök od. lücht; — mar) mucheln (heimlich mit einander
b) trübe gestimmt, mürrisch, brummig, ver- sprechen), gemuchel (lieimliches u. ver-
driesslich etc. ; — he is fan dage so muffig, 30 stohlenes Treiben , Intrigue) ; strassburg.
dat d'r niks mit hum uptostellen is. — Nd. mücheln (verhehlen) ; bayr. mauchseln (Iieim-
muffig, muffig etc. — Zu 2 muf. lieh u. in boshafter Absicht herumschleichen)
1 niUlke, Müffchen, kleiner Muff u. na- u. ahd. mühhilöu ident ist u. mit ahd. müh-
mentlich ein kleiner wollener od. gestrickter hilari, müchilari; mhd.m\\xch&\ev (Meuchler,
Aermel für das Handgelenk als Pulswärmer. 35 Meuchelmörder), mühhil in ahd. mühhil-,
2. niiifke, ein kleines Häufchen Menschen- müchil-, miuchel-swert (Dolch), bz. nhd.
koth. — Dimin. von 2 muf. Mcuchel in Meuchelmord etc. aus dem ahd.
mug, mochte, möchte; s. mögen. mühhau, mühhön (praedari, grassari) hervor-
magge, müde, matt, schlaff etc. — Wohl ging. Dieses mühhon od. mühhan betr., so
aus älterm müge u. mit 2 m8i von ahd. 40 hängt dies wohl zweifellos mit goth. muks
muojan , muogan etc., cf. 2 meien u. 2 (weich, nachgiebig, geschmeidig, lenis, mollis
muggen. nid. meuk, moek, muik (weich, sanft, sachte
mügge, mügg', Mücke, Fliege ; — swarte etc.; verstohlen, verborgen, heimtückisch etc
muggen , langbende muggen ; — 't is hir s. unter möker) ; nid. meuk (Weiche) etc
swart fan muggen. — Sprichw. : he fald d'r 45 zusammen, loo dann die Bedtg. : weich, ge
in as de mügge in de bre ; — dat is so fol, linde, sanft etc. in die von : sachte, leise.
as of en 'n mügge stekd ; — hebben muggen verstohlen, unbemerkt, Iteimlich od. still, ohne
6k rüggen? — Nid. mug; mnld. mugghe; Geräusch etc. überging (cf. W eigand
nd. mügge; mnd. mugge ; as. muggja; ags. unter Munchelei u. dem zweiten Mucker)
mycg; aengl. (Stratman:i) mugge; engl. 50 u. ivobei ich loegen unseres inlautenden „g'"''
midge; an. my; norw. my, dial. mytt, mygg, auf nid. moggel, mockcl, mog verweise, was
mugg; schwed. mygg, dial. my; dän. myg ; mithess.muck;mhd.u. mnld. mocke {scroTphSi)
ahd. mucja, mucca, mugga ; mhd. mucke, u. vielleicht weiter mit aengl. muk (stercus,
mugge, mücke, mügge. — Es bezeichnet ein fimus) ; engl, muck (nässen, feuchten, Koth,
Etwas (Wesen, Thier) was brummt u. summt 55 3Iist, Dung etc.) ; an., isl. myki (fimus etc.)
od. ein Gesumse u. Rauschen , Geräusch zusammenhängt u. beim Vergleich von mykr
(sonus etc.) macht u. gehört es mit nhd. u. mykia (leuimentum) u. myki (mollire,
mucken , mucksen ; lat. mugire ; griech. lenire) auch wieder auf goth. muks (s. oben)
muke (Gebrüll) zu einer aus mü od. mu zurückgehen könnte.
(sonare etc., cf. m6ve u. mauen etc.) erwei- 60 1. muggen, mochten; möchten; s. mögen.
MUGGEN
624
MUKSEN
2. moggen, mühen. — Ndsächs. moggen
etc. aus miiojan etc., cf. 2 meien etc.
müggerik, müggerk, Beifuss (artemisia
vulg.). ^
milk, Kuss ; cf. smuk, nid. smok (Kuss)
u. auch das nd. (Fott, Wurselwb. I, ziveite
Abth., pag. 1219) muk (Mund), tcie auch
mündken (Mündchen) u. Mä u lohen in der
Bedtf). Kuss od. Küsschen gebraucht wird.
1. iiiukke (Flur, mukken), ein kleines
ru)idcs Si/rupsgebäck, ähnlich tcie ein dicker
Pfeffernuss, aber etwas flacher.
2. miikke, Tücke, Nucke, überraschender
u. wunderlicher od. verrückter Einfall, böse
Laune, Grille etc.; — he (od. dat) hed sin
mukkeii (Nucken, Schivier igkeiten etc.) ; —
dat sunt sin mukken (Tücken, heimliche u.
böse Anschläge etc.); — he kau sin olde
mukken net laten od. he krigt sin okle
mukken altid wer ; — he hed altid sükke
ferdömde mukken in de kop. — Nd. mucke
od. mukke u. (cf. Br. Wb. III, 19G) muke ;
)nnd. mucke (Anfall von übler Laune, Tücke,
Heimtücke , böse Grille) ; mhd. muoche,
mueche, mucke, loas in der richtigen md.
od. nd. Form tcohl miike lautet u. sonach
mit mhd. (Lex e r) müchen (verstecken, ver-
bergen) u. mhd. (cf. Weigand unter dem
zweiten M ucke r) mocken (heimlich u. ver-
steckt hervorblicken; sich versteckt halten,
versteckt sein), sowie tveiter mit ahd. mühhan,
miihhön (praedari, grassari), mühhari (gras-
sator), mühheo, müchio (latro), mühhih^ri,
müchilari (sicarius, Meuchler, Meuchelmörder)
etc. eines Ursprungs sein, bz. ebenso wie
diese Wörter u. unser muggelu u. md.
mogeln auf das goth. muks ; an. mjükr
(lenis , mollis) ; nid. muik , moek , meuk
(weich, sanft, sachte, leise, verstohlen, ver-
borgen, heimtückisch etc.; s. unter möker
u. muggeln) etc. zurückgehen dürfte, cf.
2 mukken u. 1 mukker.
3. mukke, ein cglinderförmiges Thongefüss
von etwa 5 Zoll Weite u. 15 bis 18 Zoll
Höhe, ivelches früher hauptsächlich zum
Atifbeivahren von Sgrup gebraucht wurde.
1. mukken, mucken, einen Ton von sich
geben, sich hören lassen, seine Unzufrieden-
heit durch Laute u. Geberden zu erkennen
geben, murren, knurren, brummen; — he
dürd net mukken od. sük net mukken-, —
he hed wer wat to mukken. — Nd., mnd.
mukken od. mucken (den Mund kaum auf-
thun, murren etc.); nid. mokken (knurren,
brummen, maulen etc.) mnld., mflüm. mocken
(buccas movere, balbutire); md. (fiandschriftl.
moken) ; früher hochd. (cf. Weigand)
mughen, mugen, mügen (brüllen, schreien) ;
ahd. muccazan (mutire, mucken, mucksen,
cf. mukscn). — 3{it mügge u. tat. mugire;
griech. muke (Gebrüll), raukäomai (brüllen) ;
skr. muj, mujati (schreien, brüllen) von einer
idg. y muk, mug als Weiterbildung V07i
der y mu od. mii (cf. mauen u. müen), tcie
5 mak von ma od. ma (blocken, brüllen,
schreien etc., bz. ein unarticulirtes Ge-
räusch machen).
2. mukken, heimlich beseitigen u. still
machen, unterdrücken etc.; heimlich u. still
10 bei Seite .schaffen, heimlich tödten etc. etc.
— Nur in ot'mukken (abmucken), ivclches
ungefähr dieselbe Bedtg. wie ofsmoren hat.
— se hebbcn de sake mit 'n ander ofmukd
(sie haben die Sache heimlich mit einander
15 übgemuckt od. erstickt, unterdrückt etc., da-
mit sie still u. verborgen bleibt u. nicht
ruchbar tvird) ; — se hebben hum ot'mukt
(sie haben ihn heimlich getödtct, bz. still ic.
unvermerkt bei Seite qeschaff't od. aus dem
20 Wege geräumt). — Nd. (Br. Wb., 111,197)
mukken (tückisch, hinterlistig, heimlich er-
morden), afmukken (heimlich aus dem Wege
räumen, ermorden). — Ks ist wohl zweifel-
los dasselbe Wort wie ahd. mühhan (prae-
25 dari etc.) u. entstand es aus älterem nd.
müken, wie 2 mukke aus muke u. wie auch
mocken (heimlich u. versteckt hervorblicken
etc., s. unter 2 mukke) formell dasselbe ist,
loie dieses mukken. cf. auch das folgende:
30 1 . mukker, Mucker, heimtiickischer Mensch,
Heimtücker, Leisetreter, Schleicher, schein-
heiliger Frömmler etc.; — he is 'n regten
mukker; he hed altid en in 't sin; — he
hord ök to de mukkers un finen. — Wie
35 nd. (Br. Wb., III, 19S) mukker, afmukker
(Meuchelmörder, heimlicher Todtschlägcr)
von dem aus ahd. mühhan entstandenen
mukken (cf. 2 mukken), so auch dieses von
einem tvohl anzunehmenden mhd. mucken,
40 ahd. mucchön, mucchan, loas gleichfalls aus
ahd. mühhan etc. entstanden ist, ähnlich
wie nhd. zucken (cf. tukken etc.) u. ahd.
zocchön (cf. tokken) von ahd- ziohan (cf.
teen od. tejen u. tuen) entstand.
45 2. mukker, kleine mit Blei gefüllte
Holzkugel.
mfi-k» ; i. q. bü-kö.
muks, Lust, Neigung, Begierde; —
he lied d'r gans gen muks au (od. up),
50 um dat to döu, od. um dar hen to gän etc. ;
— he hed d'r so 'n muks up, um dat to
hebben ; — he hed so 'n muks up dat wicht,
dat all' proten niks helpt, um hnm d'r of
to holden ; — he hed sin muks (seinen Sinn
55 od. Neigung, Willen etc.) d'r nu enmal up
settd un nu mut 't ök gän, 't mag bügen
of breken.
muksen, mucksen, einen Ton, Laut, Schrei
od. eine Klage, ein Murren hören lassen,
60 sich Etwas merken lassen, sich rühren od.
MÜL
625
MULEN
regen etc. ; — mukse di net, ik radc dt 't.
— Dies nd. u. nlul. muksen u. auch gleich-
bedeutende nhd. VI uchs en entstand aus
ahd. muccazan, mukkizen (niutire, mucken)
ti. dies aus einem einfachen ahd. muhhan,
imicchau = and. mukkan (cf. 1 mukken),
welche Form anscheinend in ähnlicher Weise
toie bukken (Micken) auf biugan, auf ein
älteres mugan zurück geht. Wie nun aber
das nhd. blitz cn aus bli ckzen u. dieses
aus ahd. plcckazzan, blecchezen entstand,
so entstand aus muccazan «. nhd. much-
sen auch ein nhd. mutzen u. nd. miitsen
mit derselben Bedtg. tvie miicken od.
mucksen.
1. mul; i. q. 1 mol, mürbe, locker,
lose etc.
2. mul, Mull, lockere, lose, trockene Erde
od. Staub-Erdc, Kehricht, fein zerriebener
Rückstand von Torf etc. ; — 't is uiks as
emer mul ; — Compos. : törf-mul, säg-mul
etc. — Nid. mol, mul ; nd.,mnd. muH, mul;
afries. mol (in mollesfoot) , ivfries. mol, mul ;
nfries. mull ; ahd. mulli in ga-mulli (Gemüll
= mnld. gemul) ; cigs. myl ; aengl. mul ;
schtved, mull tt. mylla etc. — Vielleicht gekürzt
aus muld etc. (cf. 1 molt), doch tvahrschein-
licher mit diesem u. ahd. m\x\ist.i\ (zermalmen)
von einem u. demselben Stamm mul, worüber
Weiteres unter 2 mullen.
3. mul od. nmlle u. auch mol, Maulwurf.
Der Plural lautet mullen, wenit aber von
sämmtlichen Maidwürfen od. dem ganzen
Geschlecht derselben die Rede ist, so wird
mul auch collect, gebraucht, ivie z. B. : de
mul regerd so, dat se hast de hele tun up
de kop hed, od. auch: de mul is fan 't
jär rein dül , se hed 't all' hol un up de
kop. — Redensart. : he is so blind as 'u
mul ; — he geid na Junker mul, d. h. es
geht mit ihm zu Grabe, er loird sterben
etc. — Mnd. mul; nid., mnld., mfläm. mol;
aengl. molle ; engl. mole. — Daneben auch :
nd. multworp, mulworp, mollworp, mülworp,
multworm , . mullworm , molhvorra ; mnld.
molworp, mulworp; ahd. multwurf; mhd.
moltworf, moltwerf, moltwerfe, d. h. Erd-
Werfer od. Thier was Erde od. lockere
lose Erde (s. 1 molt) wirft od. aufwirft,
ivobei bemerkt sei, dass die Formen mol- od.
mul-worm aus mol- od. mulworp verdorben
u. vielleicht bei unserm mul die zweite Silbe
worp od. warp abgeworfen ist. Da indessen
die aengl. Form molle «. engl, mole an-
scheinend gegen diese Annahme streitet, so
ist es auch möglich, dass dieses Subst. als
selbstständiger Name für den Maulwurf di-
rect gar nichts mit dem obigen moltworp
od. multwurf etc. gemein hat, sondern eher
entweder (cf. wröte, wröte) als Wühler
J, ten Doorukaat Koolinan. Wörterbuch. II.
von unserm mullen in der Bedtg.: xoühlen,
zertoühlen etc. (cf. 4 mul u. 3 mullen) od.
als Mull- Macher od. Mull- Ding, Mu 1 1-
Wesen von 2 mul od. von ahd. muljan (s.
5 unter 2 mullen) abstammt.
4. mul od. mulle, muller, Wühler, nament-
lich ein Kind, ivelcJies in Erde u. Sand od.
Staub etc. ivilhlt od. herumivühlt ; — he is
'n regten lütjen mul (od. muller), de de hCdc
10 dag ligd in 't sand to mullen. — Zu 3 mullen.
mul, Maul, Schnauze. — Redensart, u.
Sprichiü. : 't mul geid hum as 'n spölrad ;
— „dat wil 'k dl smeren," segd de potlapper,
„min mül mit spek un fet un din hals mit
15 örfigen;" — he hed 'n mül as 'n schermest
so scharp. — Nd., mnd. muul od. mül; nW.
muil ; mnld. muyl ; an. müli ; norw., dän.
mule; ahd. müla; amhd. müle, moule; md.
müle ; mhd. mül.
20 Da das an. müli u. norw. mule ausser.
Maul od. Schnauze, Schnabel auch die Be-
dtg.: Landspitze od. Vorgebirge
(Promontorium) hat, so nimmt Fick (III,
230 u. 231) an, dass müla für älteres mon-la
25 steht u. mit mund zur y man (prominere)
gehört.
mul-äsel, Maidesel. — Aus lat. mülus,
Maulesel, Maulthier.
mül-band, Maulband, Band von Leder,
30 welches um das Maul der Hunde befestigt
wird, damit sie nicht beissen.
miil-bee, mul-beje, Maulbeere. — Die
Vorsilbe mül entstand mit Uebergang von
r in 1 aus mür u. dies aus lat. mörus od.
35 morum.
mul-bret od. mulbred, molbret, Erdbrett
od. muldenförmiges Gcräth zum Schlichten
der Ackererde, von etwa 4 Fuss Breite,
loelches vorne mit scharfer Kante zur Auf-
40 nähme der lockeren Erde od. des Mulls
(cf. 2 mul) u. hinten mit einem Stiel zum
Ueberwerfen versehen ist u. von einem Pferde
gezogen loird. — Nid. molbord.
mul-biilt od. mul-bülte u. wi'ötebültc,
45 Maulwurfshaufe. — Sprichio. : mulbülten in
de märt streien, deid 't gras in de sömmer
un harfst greien.
müle, mül, Pantoffel; Dimin. mülke,
mültje. — Redensart, u. Sprichw. : in Ost-
50 fresland lopen se up mülen, cf. 2 brügge;
— de föt in de mül, de band in de bül ;
— junk up mülen old up slüren ; — he
sitt mit de mültjes bi 't für un speid (od.
spütterd) in de aske. — Nid. muil; mnld.
55 muyl ; nd. mule. — Entlehnt aus franz.
mule ; ital. mula ; sptan. mula, mulilla u. dies
vielleicht aus lat. mulleus.
mulen , maulen , sich unzufrieden u.
mürrisch bezeigen; — he sitt to mülen od.
60 to prülen.
40
MUL-FAL
B26
MUELLERN
niul-i'al, muUefal, mulfalle, Maidwurfs-
falle. — N'lil. mollcval.
iniilferd. Mauler, Murrkopf, Brummbär,
Grobian etc. — Nid. molfertl.
liiulfiM'n, maulen, murren, brummen etc.
iiiiil-^at, Maidwurfsloch.
iiuilk»Mi, Milch u. Alles loas aus Milch
(/(■macht u. bereitet wird. Für Molken in
der Bedtg. Käsewasser gebrauchen wir
woi. — Xd., mnd. molken (dasselbe); mnld.
molcken (lactarium); ags. niolcen (lac coa-
j,nilatiiin) ; 7)ih(l. molchon, molken, mulohon,
nmIkcMi (Milch u. was aus Milch gemacht
wird; beim Gerinnen der Milch sich ab-
scheidendes Wasser, Molke od. Molken);
Schweiz, molchen (Butter u. Käse). — Es
ist entweder vom Flur, des Präter. inulk,
molk (melkte) od. vom Partie, mulken (ge-
molken) gebildet, sodass es ursjir. das Ge-
rn elkte od. G c m olk en e (u. so die Milch
u. das Milchgut) bezeichnete.
imilkoii-^rttl od. auch melk-^iMl, Milch-
geräth. — 't mulkoniiöd mut all' god rein
im safer holden worden.
niulken-tiifer, a) Milchzauberer ti. Milch-
bezauberer ; loeibl. nuilken-töferske, Milch-
bezauberin, Mdchhcxe, Person welche durch
Zauberei den Kühen die Milch entzieht od.
Person welche die Milch bezaubert u. be-
spricht, dass sie nicht schitt't u. keine Butter
giebt (cf. 0. L.-B., pag. 817) u. daher auch
hoiievhakse genanid ; — b) Dämmerungs-
od. Nachtfalter. Der Letztere wird auch
in Jeverland so genannt, während er in
P 0 m m e r n (cf. D ä hner t) molkendeev
heisst u. sonst hierunter (cf. ScJi. u. L.)
auch die Bärenraupe verstanden wird. —
Nd. mnlken-töver, molken-töwer, molken-
töwersche ; mnd. molkentover , molken-
toversche.
null ; i. q. mul in allen Bedtgn.
iiiuUfi, s. 3 u. 4 mul.
1. iiinllen od. raollen, lockere lose Erde
mit dem „mulbret" genannten Ackergeräth
übers Land bringen, tim dasselbe zu schlich-
ten; — sc sunt np de güsttalge an 't
mullen. — Wohl mit miilbret zu 2 mul tcie
erde n (in iibererden) von Erde u.l kleien
von klei.
2. niullcn, reiben, zerreiben, zerkleinern,
zermalmen, mit den Zähnen m(ümen od.
kauen, essen etc.; — he mulld dat net so
kürt as solt; — hö sitt to mullen od. smullen.
— Wang. (Ehren traut, I, öl) moUi,
mulli (mit den Fingern zerreiben, krümeln,
brocken); nid. (v. Dalc) mullen (kauen,
essen); aengl. mnWin-, engl. mn\\\ an., norw.
mylja; ahd. nuiljan, muUan, mullen, mulen;
mhd. miillen, miUen, müln (contcrerc, zer-
reiben, zermcdmen etc.).
Es gehört nach F ick tu malan (cf.
malen) toie huljan (cf. hüllen) zu helan,
doch ist es auch möglich, dass urspr. ein
goth. milan, mal, mul, mulun (von der ]/ mal,
5 mar, reiben, zerreiben etc.) bestand, wovon
muljan sowohl wie auch 2 mul u. 1 mol,
1 molt etc. abzuleiten ist. cf. weiter das
folgende:
3. mullen, wühlen, rühren, graben etc.,
10 in Erde od. Staub, bz. unter der Erde
wühlen u. graben, dieselbe durch-, zer- u.
aufwühlen u. lockerer inachen, od. auch die-
selbe aufwühlen od. aufreissen etc. u. in die
Höhe werfen; — de mul (der Maulwurf)
15 is wer an 't mullen ; — de kinder mullen
od. wrüten in de erde od. in 't sand herum ;
— he hed de kartuffels in de erde (od. in
't strö, in 't sand etc.) mnlid od. bemulld
(gc- od. bewühlt, ge- od. begraben u. mit
20 dem betr. Etwas bedeckt) : — se hebbon siik
d'r gans in bemulld; — ht"' mulld od. wrötd
(wühlt, gräbt etc.) sük d'r in fast.
Die eigentl. Bedtg. wird wohl sein : eine
reibende od. mahlende, drehende, bohrende
25 u. wühlende Bewegung mit Etwas (z. B. der
Nase od. der Schnauze von den Maulwürfen,
bz. den Händen ti. Fingern von Menschen
u. Thieren etc.) in Etwas machen u. ist es
jedenfalls mit 2 mullen, soioie aucJi schwcd.
30 mylla (mit Erde betverfen, die Erde klein
machen u. auflockern; unter die Erde machen
od. bringen etc., cf. mylla ned nägot, etwas
verscharren; — mylla ned säden, die Saat
untereggen) eines Ursprungs, während nid.
35 mullen (in Staub zerfallen, zu Staub iccrden,
icurmstichig iverden) ; nd. (D ahn er t)
mullen, mullschen (in Staub zerfallen, sich
leicht zerreiben) ; schwed. mulla (zerfallen,
auseinander fallen, bröckeln etc.) icahrscheinl.
40 wie iinser 1 mullen von mul od. muH (lockere
Erde etc., cf. 2 mul) fortgebildet iourde.
muller, Wühler; s. 4 mul.
mliller, Midier. — Sjyrichw. : de dum is 't
erlikste lid an de müller ; — elk hed sin krüs,
45 man de müller hed 't grotste (das von den
Windmühlenflügeln gebildete Kreuz) ; — „dat
is 'n ander körn," sä' de müller, do bet he
up 'n müskBtel. — Volksreim: de müller mit
sin matfat; de wefer mit sin spölrad; do
50 snider mit sin snippelschiir ; dar kamen all'
dre defen her. — Aus ahd. mulinari; mhd.
mülnaere, mülncr ; mnd. molner, molro; nid.
molenaar; as. muleniri etc. u. dieses aus
dem mlat. molinarius von molina, cf. mölen.
55 müllerke, Plur. müllerkes, die Frucht
des Hagedorns, sonst auch hagewibke (Plur.
liägewibkes) genannt.
miillern, mahlen, Mehl aus Getreide machen
od. eigentlich wohl den Müller (od. Per-
60 son die mahlt u. zerkleinert) machen u.
MULM
62?
MUMMELEN
demnach gebildet wie schneidern u. s c hu-
stern von Schneider u. Schuster.
muliu, Mulm, Staub, Staubmehl, durch
Wurmfrass od. Fäulriiss in Staub zerfallenes
vermodertes u. gemeiniglich mit ei)iem muf-
figen Geruch behaftetes Hals; — 't is niks
as emer mulm ; — dat rukt not as mulni.
— Nid. molm (lockere Stauberde, Wurm-
frass, verfaultes in Staub zerfallenes Holz,
mit der Bedtg. : zu Statt b tver den urspr.
ivohl niul-an od. mul-öu gelautet hat, so
könnte zu diesem auch das aengl. moulcu,
moulin ; engl, moul, mould (schimmeln, mu-
ccre, raucescerc) stimmen, falls es nicht et-
wa aus muglen od. miiwlen (cf. Strat-
m a n n, pag. 409) entstand u. mit an. mygla ;
diin. mugne (schimmeln) u. dän. muggen ;
nd. (Br. Wb., Dühnert) muchlig (muffig,
Filulniss); nd. mvi\m,mvi\m,mö\\i\ (dasselbe); 10 schimmelig , dumpfig etc.) auf lat. inucor
mnld. molm (pulvis etc.) ; 7nnd. milm od. zurückgeht.
mylui, melm; as. melm; ahd. melm (zer- mulsterig, mnlstrig, mulsterg, a) ver-
riebene Erde, Staub, Sand) ; ags. mealra ; dorben, muffig, schimmelig, moderig etc. ; —
schwed. (veraltet) malm ; golh. malma (areiia, dat mal (od. brod) is (od. smekt, rukt)
Sand). — Davon ital. melma; sard. molma 15 mulsterg; — dat rukt hlr aferal so mulsterg
(Schlamm). — 3Iit an. malmr ; norw. malm ; in büs, dat d'r hast gen minsk in düren kan ;
schwed. malm (Erz, Metall, Metall enthal- — b) verdriesslich, brummig, mürrisch etc. ;
tendes Gestein) u. dem nhd. malmen (in — he is so mulsterg fan dage, dat d'r hei
zermalmen) von 1 malen od. mit diesem u. niks mit hum antofangen is ; — he kikt
lit. melma, Stein; Gries (die Krankheit) 20 net so mulsterg üt, as de düre tid. — Nd.
(Br. Wb., D ähner t etc.) mulsterig, mul-
strig. — Wegen der Bedtg. sub b cf. auch
muffig u. muffel.
mulsteriglieid, niulstiigheid, mulsterg-
direct von der y mal (zerreiben, zer-
kleinern etc.).
malmen, zu Mulm od. Staub, Staubmehl
etc. werden, modern, faulen etc. ; — dat
holt (od. de böm etc.) fangd an to mulmen ; 25 lieid, a) Muffigkeit etc. ; — man kan dat
— de balke mulmd gans weg, bz. is gans bröd für mulsterigheid net äten, bz. dat hir
fermulmd. — Nid. molmen. in hüs för mulstergheid net ütholden ; —
mulmig, mulmig, mulmicht, von Fäulniss h) Verdriesslichkeit, Mürrischheit, Grimmig-
od. Wurmfrass angegriffen u. in den Zu- keit etc.; — he wet sük för mulstrigheid
stand von Mulm übergehend od. zu Mulm 30 hast net to bargen un to laten.
werdend; — de böm word mulmig; — 'n mämke, Mühmchen. c/. mömke m. mumme,
mulmigen balke. mumme, Muhme. Nebenform von m8me.
mulsteren, mulstern, a) verderben, muffig — Ahd. muoma etc.
iverden, schimmeln; — dat mal (od. brod mnmmel. Ich weiss nicht, ob es ein
35 Dimin. von mumme = ahd. muoma u. dem-
nach mit muoraeli ; mhd. müemel (Mühmchen)
40
etc.) mulsterd, bz. fangd an to mulstern ; —
b) sich verdriesslich u. unzufrieden bezeigen,
schmollen, brummen, murren etc. ; — he
sitt in de hörn to mulstern ; — wat best du
altid to mulstern ?
Es setzt (wie auch mulsterig) ein Subst.
mulster voraus, was in ähnlicher Weise wie
ahd. galstar von galan u. unser galster u.
galstern, galsterig von galle od. gallen von
einem Verb, mullen in der Bedtg. : ver-
derben, verfaulen, schimmeln etc. entstand, 45
was indessen in dieser Bedtg. hier nicht
vorkommt. Vergleicht man indessen, dass
mu.m aus Staub etc. auch in die Bedtg.
Fäulniss überging u. dass auch der
ident. ist, od. ob es ein zu mummeln ge-
hörendes Subst. (wie in ge-mummel) ist, da
mummel ('t is 'n olden mummel) soioohl ein
Mühmchen od. eine ältere weibliche Per-
son, als auch eine ältere Person mit zahn-
losem od. lückenhaftem Munde, bz. eine
Person die mummeld (cf. mummeln) be-
zeichnen kann.
1. mummelen, mummeln, a) mit zahnlosem
Munde od. lückenhaften Zähnen kauen, lang-
sam u. mühsam zerkauen, vorne mit den
Zähnen in der Weise kauen, dass der Mund
kaum geöff'net wird u. die Lippen nur loenig
Mulm faulig od', moderig u. muffig riecht, 50 u. leise bewegt loerden ; — he mummeld as
so ist es klar, dass auch Mull od. Gemüll 'n old minsk; — se mummeld up de bröd-
(cf. 2 mul) in die Bedtg. eines fauligen, körstjes herum; — junge! wat sittst du al
moderigen u. muffigen Etwas übergehen to mummeln, kanst du net ördentlik kauen ?
konnte u. dass demnach auch das mit mulmen — b) durch die Zähne sprechen, undeutlich
sgnon. nid. mullen (in Staub zerfallen, zu 55 u. unverständlich reden, murmeln etc. ; —
Stcmb werden, lourmstichig u. faul werden he mummeld wat in de bärd. — Davon
etc., s. unter 3 mullen am Schlüsse) das Subst.: gemummel u. zwar sowohl in der
Stammverb, von einem Subst. mulster u. dem Bedtg. des Essens in obiger Weise, als auch
Verb, mulsteren sein kann. Da nun aber in der von Gemurmel etc. — Nd. mummeln,
ein von mul (cf. 2 mul) abgeleitetes Verb. 60 mumpeln; mnd. mummelen; nid. mommelen,
40*
Mummelen
MUND
mompeleu; mnld. mommeleu, mompelen «.
moiulpelen (mugiuari, iniinnillarc, mussarc,
mussitarc, emutire) ; oberd. muuipfcln ; encßl
munible; aenffl. moinelen, mamclen u. auch
and. (nach Stratnian)0 momelen. —
Ebenso wie mnld. maffelen ii. das einfache
matten dem mott"eleu, b^. muttelu, so steht
auch dem nioiiiineleu od. moinelen wieder ein
aengl. mamclen u. ahd. mammalun (in letts-
mammalön, stammeln) gegenüber n. beweist
dieses tcohl, dass, falls mutfein u. mumpfcln
(s. unter 2 muffeln am Schlüsse) auch eincs-
theils von dem angeblich aus numtvol ent-
standenen mumpfel, muft'el fortgebildet sind,
doch dies mit dem aus maffeln u. mamelen
od. mannnclen verdumpften nd. u. nid. u.
aengl. Wörter muft'eln, mott'elen u. momelen,
mommelen schwerlich der Fall sein. kann.
Entstand nun aber maft'elen, moffelen aus
mawen, mouwea (s. unter 2 muffeln), so
wird mamelen od. mammelen, bs. ahd. mam-
malun ein Itcrat. von einem Verb, maman,
mammau sein, icas vielleicht in ähnlicher
Weise von dem redupl. ma-ma (als Lall-
wort stammelnder od. undeutlich redender
Kinder u. zugleich ihr Huf für die Mama
od. Mutter, cf. monnne u. mama) gebildet
wurde, icie das mnld. mammen, memmen
(mannnam praebcre int'anti etc.)von /((f.mamma
u. ursjir. blos das ma-ma od. mam-mam-
Hufen u. -Lallen od. undeutliche Sprechen
lallender Kinder nachahmen sollte «. be-
zeichnet hat. Ist nun aber mummeln od.
momelen etc. nicht blos eine Vcrdumpfang
von mamelen, so würde man hiefür auch
ein einfaches mummen, mumen anzusetzen
haben u. zwar mit der Bedtg. : einen dum-
pfen mu od. mum lautenden Ton hören
lassen, tvelches mu od. mum dann aber
ebenso direct von der Schallwurzel mu od.
mu (cf. mauen, müen «. mewe) abstammt,
loie das Lallwort mama von der y ina.
2. nmnimelen, mummeln, mummen, hidlen
etc. — Kur in bcniunimeln. — Iterat. von
mummen in nhd. ein- u. ver- mummen u.
dies von mumme = nid. momme, mom (Larve,
Maske etc.), loas loahrsclieinl. auch wieder
mit mummen (brummen, summen, dumpf
sprechen etc.), als dem Stammverb, von
1 mummeln zusammenhängt u. sich urspr.
tvohl blos auf das dumpfe mum-mum-mum-
Bufen einer mit einer Ljurve od. einem
sonstigen Etwas verhiülten u. darunter ver-
steckten Person bezog, die als Popanz her-
umging.
1. mund, Mund, Organ zum Essen, Trinken
u. Sprechen etc. ; Mündung, Oeffnung etc. ;
— he stckt dat in de mund ; — hö hed de
mund ful; — de mund (Mund, Oeffnung,
Mündung) fan de bak (Cisterne) ; — de
mund fan de bakafeu etc. — Redensart, it.
Sprichw. : en de mund stoppen (Einem den
3fund stopfen od. leinen zum Sclnvcigen
bringen): — de mund waterd hum d'r na;
5 — lie mäkt hum de mund waterii (er macht
ihn lüstern, erregt seine Begierde etc.); —
he nimd gen blad für de mund; — he kan
de mund uet holden (er kann den Bland
nicht halten, bz. nicht schweigen) ; — hö
10 sprekt iit twe munden (spricht doppelsinnig
etc.); — he prutd de mund fürbi (er redet
über das rechte Mass u. Ziel hitiaus od. er
Sjiricht unbedachlsam u. unvorsichtig, bz.
solche Worte, dass er seinen Zweck vcr-
15 fehlt od. sich selbst in Nachtheil u. Schaden
bringt) ; — he steid mit 'n mund ful tanden
(er steht mit einem Mund voll von Zähnen,
bz. er kann nicht sprechen u. steht stumm
u. starr vor Veriounderung etc.); — de wat
20 spärd för de mund, dat is für katt' un hund ;
— wat de mund net ctt, de füt fertredt ; —
de elk de nnind stoppen wil, hed ful mill
nOdig ; — 'n dunen mund sprekt hartens-
gruud ; — he hed 't in de inund as de
25 hilkster in de stiirt; — de mund mäkt dat
de nfirs slagc krigt ; — bitter in de luund
is 't harte gesund ; — he kan de mund god
rüren ; — he hed de mund altid bäfen 't
water (er ist immer zum Sprechen bereit u.
30 fertig, bz. er kann nicht schweigen u. muss
immer mitsprechen u. mit drein reden, ist
stets laut u. geschwätzig, bz. vorlaut etc.) ;
— mund wat sprekst du ? hart wat denkst
du ? — de ene ferdend sin geld mit de mund
35 un de andere mit de banden ; — 't word
bestiirf hum in de mund ; — he is net up
de mund fallen (er ist nicht auf den Mund
gefallen, bz. er ist nicht leicht um Worte
verlegen, kann sein Wort ivohl machen, iveiss
40 sich gut zu vertheidigen u. heraus zu reden
etc.); — he smerd hum höunig um de mund;
— emand na de mund pruten ; — he nimd
mi 't wörd iit de mund; — brck mi de mund
net apeu (veranlasse u. zwinge mich nicht
45 zu sprechen) etc. — Nd., mnd. mund,
munt ; nJd., mnld. mond, mondt, mont; afries.
mund, mond, mi'ith ; nfries. müd, müth, miiss ;
as. mund, müd, müth ; ags. müdli ; aengl.
müdh , müth , mouth ; engl, mouth ; an.
50 mnunr, mudhr ; norio. munn ; schivcd. man ;
dän. mund; //o</j. munth, muntlis; n/id mund,
munth, munt; )iihd. munt (Mund, Mündung;
an. munnr auch: Spitze, Schneide). — Nach
Fick mit Ictt. mutte (Mund) u. lat. mcntum
55 (Vorsprung, Kinn) etc. aus einer Grdform
manta in der Bedtg. : Vorragendes, Vor-
springendes od. Vortretendes etc., sodass
diesem nach der 31 und ein vorragendes
Etwas bedeutet. Vcrgl. indessen toeiter das
GO folgende :
MUND
629
MUENK MOENK
2. mnnd, Hand, Schutz. — Wahrscheinl.
obsol. u. nur erhalten in den Ableitungen
u. Zusammensetzungen : mündel, mündig etc.,
münden, bz. bemünden, betormunden, bc-
mündern, förmund, förraündor, fiii-mundschup
etc. — Afries. mund, mond (Schutz, Be-
vogtung, Vormundschaft) u. mund, niond
(Vormund, tiitor etc.) ; sutl. moud (Vor-
mund), as. mund (Hand u. in mund-bore
etc. auch : Schutz etc.) ; ags., aengl. mund
(Hand, Schutz, wovon loohl neuengl. niound,
Damm, Wcül, Befriedigung etc.); an. mund
Hand, cf. mund-ridi, Handgriff) ; ahd. raunt
(Hand, Schutz, Bevogtung, Bevormundung,
mlat. mundium) u. munt (protector).
Auch dieses Wort stellt Fiele mit 1 mund
(cf. III, 231 u. II, 185) mit lat. manus
ti. minere, prominere, Promontorium etc. zu
einer y man (vortreten od. vorspringen,
vorragen etc.), ivührend er früher (cf. I, 705)
lat. manus n. germ. mund (Hand, Schutz)
von der y ma, man (messen, bilden, schafften,
erzeugen etc., cf. meten) ableitete u. sonach
die Ha n cl wohl als : Bildner, Schaffer, Wirker
etc. aufgefasst hat. Vergleicht man indessen,
wie die Bedtg. : teuere, i'erre etc. der y dhar
(cf. bedaren, düren etc.) in die von putare
übergeht, so scheint es mir fast, als ob bei man,
ma (denken, meinen etc.) auch von der sinnl.
Bedtg. : greifen, fassen (sinnl. u. geistig),
halten etc. ausgehen muss u. dass die ]/ man,
ma von lat. manere u. griech. menein, mimnein
(bleiben, hcüten tvo, ioarten auf etc.) urspr.
dieselbe wie man (denken, meinen od. halten
wofür etc.) u. man (in der Erinnerung od. bei
sich halten, behalten, sich erinnern, gedenken ;
erinnern machen, mahnen etc., bz. halten wo-
von, hochhalten, schätzen, lieben etc., cf. manen,
menen^ minne) ist. Hatte die y man nun aber
wirklich die sinnl. Bedtg. : greifen, fassen,
halten, nehmen etc., so würde man bei diesem
mund u. lat. manus, ebenso ivie bei band u.
bund, dann auch davon ausgehen können, dass
es überall die sinnl. Bedtg. : Greifer, Fasser,
Halter etc. hatte u. hievon in die Bedtg. :
Hand u. Schutz sowohl, cds in die von:
Schützer od. Vogt, Vormund, protector u.
tutor (s. oben) überging u. dass auch 1 mund
u. mül (Mund u. Maul) beide gleichfcüls
urspr. als Greifer u. Fasser, Nehmer etc.
(von Beute od. Futter, Nahrung etc.) auf-
gefasst wurden.
Zu der Bedtg.: greifen, fassen, hcüten,
erhalten, beivahren, schützen, beschützen,
verwahren etc. cf. auch lat. munire u. griech.
müne (Vorschützer, Vormund), a-mü-uö (ab-
ivehren, abhalten, fern halten etc.), a-müna
(Abwehr, Vertheidigung etc.), a-munter (Ver-
theidiger, Abioehrer etc.) von der ]/ mu,
binden, festigen etc., cf. Fick, I, 726.
münde], Mündel, unter Vormundschaft
od. Schutz, bz. unter einem Vormund (cf.
unter 2 mund die beiden früheren Bedtgn.
dieses Wortes) stehende Bcrso)i.
5 mundelik, mundelk, niündelk, mündlich.
limiidcii, s. mundjen.
1. iiiiinden od. iiilindern, s. bemünden.
2. niiindcn, münden, Mund-Oeffnung od.
Mündung haben; — de götc (od. dat rör,
10 dat drp etc.) müudt dar üt.
iiuiml-gat, Mundloch, das Loch des Mundes
od. das Loch einer Mündung wie z. B.
eines liohres, einer (Jisterne etc.; — be bed
sin muudgat altid wit apen; — 't mundgat
15 lau de regenbakke.
liuind-gaii, Mund-rasch, rasch mit dem
Munde parat um zu sprechen, mundfertig,
schnellsprechend.
mund-gesprek, Mundgespräch, mündliche
20 Unterhaltung etc. — Nid. mondgesprek.
iiiiiiidig, mündig, volljährig etc. ; — mün-
digbeid, Mündigkeit.
mundjen, munden, munden, toohl schme-
cken, gefallen etc. ; — dat ilteu mundjed
25 hum nOt.
mundke, miindken, mundtjo, Mündchen.
nmnd-spil (Mundspiel), Sprachiverkzeug ;
— be bed 'n god mundspil ; be kan sin
snabel god rören, bz. sin wörd god makea.
30 mundtje, s. muudke.
niundtje-pi'oter, Person die Jemanden nach
dem Munde (bz. Mündchen) od. zu Gefcdlen
spricht od. redet. Schön- od. Süss-Bedner,
Schmeichler.
35 mundtje-protere, Schön- od. Süss-Bederei,
Schmelchel-Bederei.
mnndtje-tai'gen, den Mund od. das Münd-
chen quälen od. necken u. reizen durch
Darreichung von leckeren Speisen in so
40 kleinen Portionen, dass dadurch wohl der
Appetit erregt, aber nicht befriedigt loird;
— he mundtjetargd en. — Auch subst. :
dat is blöt muudtjetargen od. niks as mundtje-
targere (Mundnecken, od. Mund-Neckerei,
45 Mund-Beizcrei) west, war 'm wol appetit
fan krigt, man net satt fan worden kan.
\\\\\\\^-ViM\(Mundwerk),Kauioerk, Sprech-
werk etc.; — be bed 'n god mundwark.
munje, baares Geld ; — bräf munje bebben.
50 — Auch nd. munje «. mit engl, money 2vohl
aus franz. mouuaie, monnoie, was auch aus
lat. moneta (cf. 1 münte) entstand.
münk, mönk, a) Mönch, einsam u. von
der Welt abgeschlossen lebender, der Eni-
55 hcdtung des geschlechtlichen Umgangs unter-
lüorfener Kloster-Geistlicher ; — b) ein ein-
sam u. isolirt stehender kleiner spitzer Erd-
hügel, der beim Graben eines Canals od.
Beckens etc. zu dem Ende stehen bleibt, um
60 darnach die verschiedenen Tiefen der aus-
MUNKELN
630
MUNTER
gegrabenen SchicJiten zu messen. — Das
Wort M önch, «M. nionnik; n/rj>s. munek,
munik, monik etc. entstand u. wurde erborgt
mit lat. monacluis aus griech. monachos
(einzeln, allein lebend u. subst. der Möneh)
eine Weiterbildung von mönos (allein, ein-
zeln etc.), u'üher auch mono-pölia (Allein-
handel, M o n opol) etc.
nmiikelii, munl-eln, leise, heimlich u. ver-
stohlen reden, dunkel ?/. nur andeutungs-
weise icoron sprechen, lichtscheue Heimlich-
keiten treiben etc. ; — de wichter liebben
altiil wat mit 'n ander to munkeln; — d'r
word al so wat fan munkcld. dat de sake
net rigtig is; — he munkelde d'r fan (er
sjyrach duyikel n. andeutungsivcise davon),
dat he de phin harr, um to ferreisen; —
't munkeld d'r fan (es geht das dunkle n.
leise od. heimliche Gerücht davon), dat d'r
wat in 't wark is. — Spricliw. : in dunkeln
is göd munkeln. — Nd., mnd. munkehi,
munkelen ; nid. monkelen; mnld. monckelen
(mussitare, susurrare). — Davon : gemunkol
V. munkele (Gemunkel u. Munkelei) — Es
ist Iterat. von mnd. munken; jnnld. moncken,
tvas KU. erstens in der Bedtg.: mussitare,
mutire n. zweitens in der von : obducere
vultum, obnubilare vultum, induere vultum
severum ; nubilare, nubilari ; nubilum fieri,
caligare vnltum (cf. mjläm. moncken, monstrcr
visage severe et grave) hat. Da nun aber
die Mönche einerseits ihre Gebete leise
murmelnd hersagen u. auch die Messe wohl
oft nur murmeln, od. überhaupt oft leise
sprechen u. unter sich murmeln, andererseits
aber auch meistens ein ernstes u. finsteres od.
trübes Gesicht machen, od. das Gesicht mit
der Kapuze überziehen ti. verdecken od.
verhidlen etc., so ist es sehr leicht denkbar,
dass beide Verba moncken von monck ; vihd.
munch (Mönch) weitergebildet sind u. ursjjv.
die Bedtg.: den Mönch od. einen Mönch
machen, sich wie ein Mönch geberden n.
zeigen etc. hatten u. demnach von Hause
aus mit ahd. munechan ; 7nhd. miinchen,
miinchen (zum Mönche machen, einen Mönch
machen od. M ö n eh- m a c h c n) ident.
sind. Möglich ist es aber auch, dass das
einfache munken u. älter hochd. munchen,
muuckeu aus mukken u. einem ahd. muhhan,
mucclian od. nn'ihlian nasalirt tcurden v.
einerseits beim Vergleich von mauclieln,
maukeln, maunkeln (cf. Pott, Wurzelwb.
I, 12'Ii) mit mogeln ii. muggeln auf ahd.
müllhan (i)raedari) zurückgehen v. anderer-
seits mit ahd. nuiccliaii ; nhd. mucken (cf.
muksen) zusammenhängen ii. dass sich aus
beiden Verben (nämlich aus nu'iiilinn der
BegriJ}' des Heimlichen u. Versteckten etc.
w. aus mnrchan der von mussitare etc.)
die Beätgn. von munken u. munkeln sii'
sammen entwickelten.
ninns, nions, Herr, Herrchen, gekürzt
aus franz. monsieur. — Ks loird jetzt wohl
5 nur noch im Scherze gebraucht, während
es in meiner Jugend eine sehr allgemein
gebräuchliche Anrede statt Herr war, die
sich aus der Zeit der Franzosen-Herrschaft
h er.'^ch rieb.
10 muns-bör, ein schmaler hohler Spaten (cf.
güdse), womit man kleinere runde Löcher
in den Klei od. sonstige feste u. zusammen-
hängende Erde sticht od. macht. — Es
steht waJirschcinl. für munds-bore ii. ist so-
15 viel als Bohre eines Blundes od. einer
Oeffnung, eines Loches etc.
miiiister, Muster, Probe etc. — Nid.
monster; nd. munster. — Das entlehnte
franz. monstre , später montre , tcas mit
20 mlat. monstra u. lat. monstrum iion lat.
monstrare (cf. münstern) stam.tnt, wälirend
das nhd. Muster aus ital. möstra (mit
Ausstossung des „n" aus monstra) entstand.
niüiisfern, mustern; a) von Pferden die
25 2^räsentirt od. gezeigt, vorgeführt u. besich-
tigt werden : — perde münstern od. münstern
laten ; — b) (vom Schiffsvolk), präsentiren,
der Obrigkeit zeigen u. vorführen, damit sie
gemustert u. in Eid u. Pflicht genommen
30 tverden ; — 't scluipsfolk (das Schiffsvolk) i
an- od. of-münstern. — Daher raünster-rulle i
(Muster-Bolle) ; — se sunt nog net in de .
münster-rulle indragen. — Nid. monstern ; [
mnd. münstern etc. von lat. monstrare. |
35 1. iniinte, Münze. — Ahd. muniza; afries. j
menote, mente, monte, munte; ags. mynet etc.
— Aus lat. moneta.
2. iiiiiiito, Münze, Minze; — Compos.:
krusc-niünte etc. — Nid. munte ; ags. minte ;
40 ohd. minza, menza, munza; mlat. minta, i
menta etc., aus lat. mentha ; griech. niintha, \
minthe (dasselbe). '
uiüiiton, münzen; a) (xeld prägen od.
schlagen; — ütraünten, ausmünzen, aus-
45 prägen etc. ; — b) fig. : zielen etc. ; — ^t is
up luim genü'intd. — Auch das Compos. üt-
münten in der Bedtg. : hervorscheinen, vor-
od. hervorragen, sich hervorthun, sich aus-
zeichnen etc. (he mi'intd bäfen allen üt; —
50 dat is ütiiiüiitend möi etc.) ist toohl dasselbe
wie ütniiinten in der Bedtg.: ausprägen,
iveil beim Ausprägen das Bild od. die Figur
eines .Jemand sichtbar loird u. aus der Grund-
fläche erhaben hervortritt od. hervorscheint
55 u. vorragt.
munter, munter, frisch, heiter, aufgeweckt,
lebendig, wach etc. ; — se sunt all' munter
un gesund ; — sük munter holden ; — he
kan huni hast net munter krigen. — Davon:
60 mündern, muntern in fermündern od. fer-
MUR
631
MURTJEN
muntern, upmuntern etc. — Nid. monter (in
opmonteren) ; m?ild. mondter ; ahd. muntar,
munder ; mhd. munter, munder (eifrig, be-
hende, lebhaft, frisch; ivach). — Es gehört
zu mund, munt in der Bedtg. : Hand (cf.
2 mund) u. erl'lürt sich die Bedtg. : b e-
hende etc. aus dem zu Hand gehörenden
nhd. behende, bz. aus unserm handig.
niur od. mur, Schlamm, SchlieJc, Dreck,
Moder etc. — Entweder dasselbe wie 2 mör
etc., od. contrah. aus mudder, wie auch nid.
moer u. mnd. mor, mür (cf. mor od. moer,
Mutter; — lär od. leer, Leder; — wer od.
weer, Wetter etc.) ebenso gut Contraeta von
modder, moder, müder (cf. mudder), als mit
2 mor ident. sein können.
miire, Mauer. — .4ms lat. murus, ivas
nach Fick (11,189) mit munire m. moenia
(Mauern) zu einer y mi (iti den Boden
einsenken, errichten etc.) u. nicht zu mu
(binden, befestigen, schliessen, abschliessen,
abwehren etc. ; cf. 2 mund am Schlüsse)
gehört.
mären, mauern.
miirer, mürder, Maurer; — mür-lüe,
Maurer-Leute.
mark, s. marken.
mürke, Mauerchen od. kleine niedrige
3Iauer. — Dimin. von müre.
mnrken, s. marken.
murkeii (Verb, vom Dimin. mtirke), a)
mauern, im scherzh. od. fig. Sinn, z. B. von
den Frei-Maurern, wenn sie sich versammeln
u. berathen od. von Jemandem, der im Spiel
gute Karten verpasst um einen Mitspieler
anlaufen zu lassen ; — de nuirkers sunt lien
to mürken ; — he lied mürket ; — b) um
Geld spielen, indem man es an eine Mauer
wirft, um es davon zurückpiraUen v. auf
einen in gewisser Entfernung davon ge-
zogenen Strich fallen zu lassen, ico dann
derjenige, dessen Stück dem Strich am näch-
sten fällt, der Gewinner ist; — kämd jungens,
lätd uns 'n bitje mürken.
mürker, a) ein Freimaurer ; — b) ein mit
guten Karten passender u. auf das Verlieren-
niachen des gegnerischen Spieles speculir ender
Spieler.
mnrmer, murmel, eine kleine Marmorkugel
od. marmorner Knicker od. auch eine bunt
marmorirte Kugel, womit die Knaben spielen.
— Nd. (Br. Wb., Schütze etc.) marrel,
marl, murmer; nid. marmel; nhd. murmel;
ihüring. mermel. — Es ist dasselbe Wort
lüie nid. marmer; mnd. mermel u. mormer,
mormel , marmel , merbel in marmeren-,
mormelcn-, marmel-, merbel-sten ; ahd. mar-
mul, murmul ; mhd. marmel (Marmor) u.
entlehnt aus lat. marmor ; griech. märmaros,
was wahrscheinl. mit griech, marmairö
(schimmern, flimmern) zur y mar (glühen,
schimmern, leuchten etc.) gehört u. demnach
einen glänzenden u. schimmernden Stein od.
eine glänzende Steinart bezeichnet.
5 murre ; i. q. mudder od. mür.
murren, murren, brummen etc. — Nd.,
mnd. murren ; nid. morren ; an., tsl., norw.
murra ; schwcd. morra, murra. — Wohl nicht
mit nhd. m u rmel n u. alid. murmuron aus
10 lat. murmurare u. murmur, sondern mit
diesem u. griech. mormi'irö (murmelnd od.
rauschend fliessen, rauschen etc.), soivie skr.
marmara (Gemurmel), murmura (knisterndes
Feuer, Höllenfeuer) von einer aus der
15 Schallwurzel ma, mu (cf. Fick, I, 164)
erweiterten Schalhvurzel mar, mur.
nmrsig, schmutzig, schmierig, unrein,
sudelig, unsauber etc. — Nid. morsig, vom
Verb. : nid. morsen (schmutzen, schmieren,
20 sudeln etc.), bz. Subst.: nid. mors (Schmutz,
Schmiere, Unflath ; persönl. auch : Schmutz-
lappen, Schlampe, unreinliches Frauenzimmer
etc., cf. die Compos. morspot, morskeuken,
morsbroek etc.). — Das nid. morsen betr.,
25 so ist dies eins mit mfläm. morschen, mos-
schen, tenir mcsnage (nfranz. meuage) or-
demet et salemet (nfranz. ordement et
salement) u. loenn man vergleicht, dass fül
(faul) sotvohl die Bedtg. : seh m u t z ig als
30 morsch (cf. auch mhd. murc (morsch,
faul, morastig etc.) hat, so tuüssen die
Stämme mors u. morsch von morsen, mor-
schen auch mit «/(?. mors; nd. murs, mursh;
mhd. morsch (od. faul u. brüchig, cf.
35 Weiga n d unter m orsc h) ident. sein.
murt. Zerbröckeltes, Zerriebenes, Zermcdm-
tes, Zerkleinertes, Grus, Mull etc. ; — 't is
niks as cmer murt ; — du kanst 'n sak ful
türfraurt halen ; — dat ttirfmurt mut ütsafd
40 worden, dat de breton d'r iit kamen, den
kau 't ftne murt in 't tiinpad strcid worden,
dat 't wed net so gau WT'r dör kumd. —
Nd. (Br. Wb.) murt (loas klein zerrieben
ist, besonders Mörtel), gekürzt aus dein aus
45 lat. mortarium (Mörtel) entstandenen mhd.
morter, murter, mortel; mnld. morter; engl.
mortar (areuatum, cacmentum, intritum, in-
trita); nid. moriel (Mörtel, Mauerspeise; in
Staub zerschlagene Steine, Steingrus etc.).
50 1. murtjen, a) reiben, drücken, stossen,
quetschen, zerreiben, malmen, zerkleinern
etc. ; — he murtjed dat all' kört un klen ;
— b) rühren, ivühlen, mantschen etc. ; — he
murtjed d'r wat in herum; — he hed sük
55 d'r in bemurtjed ; — c) schmutzen, schmutzig
machen etc. ; — he hed sük bemurtjed. —
Mit nd. (Br. Wb.) murten (zerreiben, zer-
stossen, zu einem Brei machen etc.) loohl
zu murt ti. datin soviel als „murt machen'^,
60 wovon:
MURTJEN
632
MUSSELN
2. mnrtjen, todt macJien, morden, schlach-
ten etc.; — sC' murtjon biim; — se hcbbou
hum fan nagt ofmurtjed. — Xd. (Scham-
hach) miirtjon (licimlich schlachten). —
Wohl zu mnd. mort, cf. mörtl. 5
3. niurtjon , murren, brummen etc.; —
he hed altul wat to murfjou un to brummen.
— Wohl vom Fartic. preis, murt od. murret
(ge-murret) von murren fortgebildet.
1. nius, .s. moten. 10
2. mus, JIuss, 3Iiissen, Zwang, Nothwen-
digkeit etc. ; — wen 't gün mus was, den de
ik 't net etc. — Auch mut ist noch in der-
selben Bedtg. gebräuchlich.
1. niüs, s. mos. 15
2. mus (Dimin. müsje, muske), ]\[aiis,
fig.: Näscher, Stehler, kleiner Dieb etc.;
— de raüsen sunt fan 't jär rein dül, se
fräten 't all' up, wat d'r wussen is; — dar
is gewis 'n miis (eine Maus, od. ein Nager, 20
bz. ein Xäscher, kleiner Dieb etc.) bi west.
— Hedensart. u. Sjn-ichiv. : dar (od. d'r)
kumd 'n mi'is anstappen un krigd 't kind bi
de läppen, läppen, läppen; — mit spek fangd
man miisen ; — wen de miis sat iss, is 't mfil 25
bitter; — he kikt not so niifer iit, as de
miis in de raillkist ; — he kikt net so wis
i'it as 'n spikermüs ; — d'r is nog gen müs
under 'n für bei stikt od. dAd blefen; —
derens un müsen, maken kale büsen ; — be 30
is so 'n käljager, dat de müsen hum in 't
brudscbap versmacbten ; — 't is 'u hög-
benden tid, de müsen löpen up stehen; —
„wen du net magst, wat ik bit," segt de
müs, „den frfit wat ik scbit." — Nd., mnd. 35
muus, müs ; nid. muis ; ahd., ags., an. müs ;
lat. müs; griech. müs; skr. müsb, müslia;
kslav. mysi ; russ. müsch ; j^o^'f- mysz ; böhm.
mys; aspan., aport. mur; churw. mieur etc.
— Von der y musb (rauben, stehlen, heim- 40
lieh entwenden, berauben, plündern etc.).
3. müs, Muskel, besonders der starke
Daumen-Muskel (müs fan de dum od. de
band) ?<. ein gewisser muskel ans dem Schulter-
stück des Schweins (müs fan ^t swTn). — 45
Nd., mnd. muus, müs ; nid. muis ; ahd. müs
etc. — 7is ist dasselbe Wort wie 2 müs, cf.
lat. musculus als Dimin. von müs.
miise-matten, allerlei Kram, Krempel etc.;
— dar best du de ganse musematten ; — 50
mit all' sin musematten ankamen.
musen, mausen, Müusefangen; — Spriclno. :
wen de katte müst, den maut se nicb.
muse-nüst, Mäusenest; fig. Grille, Sorge
etc. ; — he hed de kop ful müsenüsten. 55
mfisen-tand, Mäusen-Zahn. — Sprichw. :
müsentand gift gold in 't land.
müs-fjil, mausfahl, mausefarben; — 'n
müsfäl perd.
musje, müske, Mäuschen; — Redensart: 60
he hed d'r 'n müsje fan pipen hörd ; — ßg. :
kleines liebes Kind, Liebling etc.
musig, mausig ; — du must di net müsTg
maken.
mfiske^ s. müsje.
mus-kötel, I\[äusedreck.
müs-öge, Maus-Auge; ßg. ein kleines
rundes Loch; — 'n gat as 'n müsöge; —
't sunt emer müsugen, wat man darin sügt.
mfis-ögon, anstatt mit drei mit vier
Strängen in der Weise ßechtcn, dass das
Geflecht nicht flach od. breit, sondern mehr
rund ivird u. rund umher kleine Lücher od.
Vertiefungen (cf müsoge) zeigt.
mussei, od. eigentl. (wie es auch ausge-
sprochen tvird lt. mit lat. musculus laut-
verschoben stimmt) muslie], Muschel, be-
sonders die essbare Miesmuschel ; — wen ji
mussels ilten willen, den mutt ji d'r bi 't
kaken 'n sülfern Icpel in holden, um to sen,
of d'r ök giftigen tüskeu sunt.
musselbauk, Muschelbank.
musse-le, Sudelei, Schmiererei, schmutzige
od. heimliche unerlaubte Geschichte etc., cf.
musselkram.
mussel-geld, kleines Geld od. Scheide-
münze, Kleingeld. — Nid. mosselgeld. —
So benannt, loeil früher in manchen Küsten-
Gegenden von Afrika u. Asien verschiedene
kleine Muscheln als Scheidemünze gebraucht
(z. B. in Guinea die Cypraea moueta als
maurische JMünze) lourden.
mussel-kalk, Muschelkalk.
mussel-kram, Schmutz- od. Sudelkram,
heimlicher, unerlaubter, sittlich schmutziger
od. betrügerischer u. lichtscheuer Kram,
bz. dergl. Geschichten; — wat is dat nu
wer für musselkram ; — du must ml gen
musselkram (od. mussele) maken. — Wohl
zu 2 mussein u. zum Theil auch zu
1 mussein.
1. mussehi , flüstern, zischeln, leise u.
heimlich mit einander reden, Heimlichkeiten
treiben etc.; — wat hebt (od. hei) ji dar
wer mit 'n ander to mussein ? — Daher
Subst. : gemusscl, Geflüster, heinüiches Ge-
rede etc, — Nd. (Ha)inöv., Stade etc.)
raussein u. (B r. W b.) mustern. — Wohl
von lat. mussare u. mussitare , toas mit
mütire, sowie unscrm mauen u. 1 mukkeu
etc. zur y mu (tönen etc.) gehört.
2. mussein, schmutzen, schmieren, sudeln,
mantschen etc. ; — he musseid sük so to as
'n swin; wat musseist du dar wer toregt; —
he bemusseld (beschmutzt, besudelt etc.) dat
od. sük därmit. — Nd. (Br.Wb. Schütze
etc.) mussein. — Davon mussele u. gemusscl
(Sudelei u. Gesudel etc.) n. musselig, cf.
auch nd. musselee u. musselig bei Schütze
etc. — Es gehört wohl mit mfläm. moscelen,
MUSSELIG 633 N
moschelen; mnld. mosschelcn (screare, ex- mnsterd-sät, Senfsamen.
creare, ejicere pinguera et dciisam salivam) 1. niut, muss u. auch suhst. Muss; —
zu mfläni. niossel, moscliel ; mnld. moschel 't is 'n mut od. mus (s. 2 mus).
(crassior oris pituita , pinguis , densa ac 2. niut, Grus, Mull od. Brocken, Abfall
crassa saliva) od. zu mjläm. mossen, mos- 5 von Torf etc. — Nid. mot (faulirjer od. ver-
bellen (moisir, claansir, pourir) ; mnld. mossen moderier Abfall von Holz, Torf u. dcrrjl. ;
(fracere, situm traherc) u. zu mnld. mossc, auch Schmutz, TJnrath, Moder, Dreck etc. ;
moscli (mucor, situs), was selbst ivieder mit feiner Staubregen, Nebel). — Wohl ident.
franz. moisir; j^^'ov. mozir (schimmeln) aus mit ags. mot; aengl. mot; engl, mote (Atom,
dem lat. mucor (Schimmel, Kahm) entstanden 10 Stütihchen, Splitter, Stückchen etc.) od. viel-
sein loird, loährcnd das obige mjläm., mnld. leicht auch mit mhd. mot; bair. mott etc.,
mossel, moschel (crassior oris pituita etc.) s. unter mucle ti. cf. mudden, muddig, mudder
tvohl aus dem lat. mucns (Schleim, Motz, etc., sowie aiichital.mottn (herabgeschwemmte
Kahm) od. dem griech. muxa (Rotz, Schleim) Erde) etc. bei Diez , I, 283.
entstand, tcas beim Vergleich von griech. 15 3. u. 4. mat, s. 1 u. 2 mutte.
nmkes (Pilz ; Schnuppe) ivohl mit lat. mucov iiiut-liek, viereckiger Bahmen, der den
von derselben y muk abstammt, zu der nach Schiveinen od. Säuen (cf. 1 mutte) um den
Fick (II, 193) auch griech. apo-mussö u. Hals befestigt loird, um das Ausbrechen
lat. e-mungo (ausschnauben, ausschneuzen) derselben aus der Weide zu hindern,
etc. gehört. 20 iimt-hekken, (scherzh.) unordentlich eggen,
musselig, nmsselg, ninslig, schmutzig, un- bs. ivühlen, ivie eine mit dem rauthek ver-
rein, unsauber, trübe ; — dat sügt dar in seltene Sau.
hüs all' so musselig üt, dat man d'r hast iiiütje ; cf. die Bedensart: mit hütje un
fis fan Word, um dar wat to geneten; — mütje imter hütje.
musselig wer (schmutziges, rcgnigtes, trübes 25 1. nintjen ; ^. q. motjen.
Wetter) ; — de sake is mi to muslig (zu 2. mutjen, schmieren, mantschen etc. , —
unsauber u. schmutzig od. fatd etc.), as dat he mutjed wat herum od. toregt. — Zu
ik mi d'r mit befaten mag; — de sake sügt 2 mut od. 1 mutte (Sau), wie sauen zu sau.
al to musselig (faul, veraltet u. schlecht od. 3. mutjen, mit einem mut od. mutte ge-
dunkel u. verworren) üt, as dat de nog klär 30 nannten Schiffe fahren. — <?/. bötjen i'onhöt.
to holden is. — Nd. musselig. miitse, müts, Mütze, Kopfbedeckung. —
müs-tandje , Mausezähnchen , auch von Compos. : nagt-, släp-, trür-mütse etc.^ —
den kleinen spitzen scharfen Kinderzähnchen Bedensart. u. Sprichto. : dar is gen smiten
gebraucht; — sin lütje müstandjes sunt so mit de müts na; — he hed wat in de mütse
scharp, dat 't blöd d'r glik na kumd, wen 35 (er hat etioas Heimliches vor, führt ettvas
he en d'r mit bitt. iin Schilde etc.). — Aus mlat. almucium (Chor-
musterd od. mustert, Mostrich, Senf. — kappe, Kapuze) cf. Weigand.
Bedensart. u. Sptrichio.: he hed altid wat 1. mutte, mut, Sau, Blutterschwein ; fig.
to musterd malen (fig. scharfe Bemerkungen auch eine schmutzige od. säuische Person,
zu machen, zu kritisiren etc.) ; — he hed 40 wie auch sau u. swin ; — 'n mutte mit twalf
musterd up de stert ; — he kumd mit de biggen. — Nd. mutte, mudde, mudje; mnd.
musterd na de mältid ; — he wet wixr Mes mutte, nid. motte.
(Bartholomäus , bz. Barthel) de musterd 2. mutte, mut, auch mut-schip, ein Fluss-
(Senf, Most) häld; — ik wil di insen wisen, schiff mit flachem Boden u. niederzulegendem
war Abraham de musterd mäld. — Nd., 45 Mäste. — Ob vielleicht mit 1 mutte urspr. eins,
mnfZ. mustert, mostert;KZfZ.mostaard,mosterd; ivie das bulle genannte Flussschiff wj^ bulle
engl, mustard ; aengl. mustardc ; ital., port., (Stier) ? cf. auch kuf.
prov. mostarda; a/ntw^^. moustarde ; nfranz. mutten, müssen, cf. moten.
moutarde ; span. mostaza von lat. mustum, mutteu-spek, Speck von einer Sau. —
wie nhd. Mostrich von Most. 50 Scherzhaft auch für lat. multiplex in der
musterd-mSlen, Senf-Mühle. Bedensart: practica is muttenspek.
N
Der Bachstabe n ivird im Anlaute oft tritt mitunter auch nach k für 1 (cf. klepel
vorgesetzt od. auch abgeworfen (cf. närs «. u. kniipel, knüflök statt klüflök etc.) ein.
ärs, 1 nord u. örd, nost u. ost, arfe u. Im Uebrigen vergl. Bemerk, zu m u. s. Wei-
narfe, adder u. nadder, ake u. nakc etc.) u. CO tcrcsbei Sch.u.L., Weigand iL Anderen
NA 634 NABERN
wegen dest Buchstabens n, icozu hier noch klokke geid iiä; — he de' mi 't för uu ik
bevierkt sei, dass der Anlaut n mir auch de hiim 't na; — na rato (pro rata); —
oft aus gn, kn u. sn aphärcsirt zu sein he likt na sin moder; — dat sügt je nargens
scheint, wie dies bei älteren, mit \m anlau- na üt; — dat is so regt na sin sin (seinem
tenden Wörtern stets geschehen ist. 5 Sinne zutreffend od. gemäss u. entsprechend) ;
1. na od. na u. nage (Compar. näer, nader — na sin mennng (nach od. gemäss seiner
u. nager; Superl näste, näst u. nägste, Meiming) ligd dat net göd; — he wet d'r
nagst), nahe, nah, dicht, dicht an, dicht bei na (demgemäss) to döu ; — all' na der dOnt'
etc.; — se wänon 'n ander to na ; — dat steid (je nach dem Thuenden od. Geschehenden, bz.
'n ander to na; — he kunul iin to na; — dat 10 je nachdem der Thathestand ist); — he fragd
is hir na an od. \n ; — 't is na an so wid, na sin moder niks na (er lieht, schätzt, achtet,
dat he kumd ; — de dud is hum na; — dat respectirt seine, hz. gehorsamt seiner Mutter
kiimd hnin na an 't hart etc. — Nd., mnd. nicht); — he fragt d"r niks na, of he priigel
nä, nage; nid. na;^ mnld. nae; afries. ni, krigt of in de hungcrkamp stürd word, nog
nei (niar, niaer, nler; nest) ; icfrics. ncy; 15 of he anders für sin hosheideu böten inut,
nfries. näi, nei; satl. ncy; helg. näi ; tvang. — Nd. mnld., nid. na, mnld. nae; afries.
näh; as. näh (nähor); ags. neah, ueh (near, nei, na; ags. neah; ahd. näh; mhd. nach;
nyr; nehst, iiylist) ; aengl. neh; engl, nigh ; md. nä. — Es ist formell n. begrifflich eins
an. nä u. naer ; norw. naa ; dän. naae; mit dem vorigen na u. erklärt sich seine
sc?iwed. när; ahd. näh, näho; inhd. nähe, 20 Bcdtg. aus der urs2)r. Bedtg.: sich bctvegen
nach, nä ; goth. nehv, neliva. — Germ. Grd- auf Etwas zu, kommen zu Einem, ein Etwas
form (nach Fick, III, 157) nähv, näliva erreichen etc. der y nanh od. uauk, uak,
(cf. auch nau) u. diese aus nanh-va, dessen sowie auch aus der von: (Eines od. Je-
Stamm nanh (idg. nak, naiik) mit .skr. nag, manden) erreichend u. dies berührend etc.
nang — nagati (erreichen, kommen zu, treffen 25 des urspr. nähva (s. unter 1 na) von selbst,
auf, erlangen) n. lat. nane (in nancio, nan- weil das Erreichen (von Eticas od. Jemanden)
ciscor) lautverschoben stimmt u. wonach dann stets ein Beicegcn in derselben Eichtung u.
in nähva od. nanhva der Begriff des Er- ein Folgen (dieses) voraussetzt.
reichens von, od. des Zusammentreffens mit na (a kurz u. hart), fragende, od. auch
u. Treffens auf (Eines auf ein Anderes) u. 30 als Zuruf eintreffender Erwartung od. des
der der unmittelbaren Berührung od. der Folgelcistens gebrauchte Partikel ; — na!
Nähe od. überhaupt die von : er reichend, wat hest du? — na! wel is d'r?— na (od.
zusammentreffend u. berührend, nu) ! wilt du wol umlik ; — na! kanst du
a n - od. nah e-l ieg end etc. liegt. Ob 6k göd dön.
aber skr. nag tiicht aus an^ versetzt u. dies 35 nS, s. ne.
eine Nasalirung von aq, idg. ak od. ak na-firden, nacharten.
(cf. skr., send, aq, gehen, sich bewegen vor, na-ärdsel, ein nachgeartetes Etwas, ein
dringen vor u. ein, kommen od. gelangen Etwas toas der Art u. Natur des Vaters
zu, erreichen etc.) ist? — cf. dieserhalb od. der Mutter gleicht od. was man von
auch unter nacht u. nög die y nak. 40 diesen als Charucterzug od. Eigenthümlichkeit
2. na od. nä, nach, d. h. : a) in der ererbt hat.
Bichtung nach Etwas hin u. sich diesem naher, Nachbar. — Sprichiv. : 'u göden
nähernd od. ihm folgend u. so auch hinter naher is hcter as 'u ferro fründ; — hebb'
diesem her ; daher auch räumlich 7i. zeitlich: diu naher lef, man lät de häge tüskca jo
hinterher, später, hinter, zurück etc. u. b) 45 stän; — frägd min naher Fick, de segd net
in der Richtung nach Etwas hin u. mit as ik od. de is nit so 'u sclielm as ik ; —
diesem Etwas zusammen treffend, Etwas al to främ is nabers spot; — elk frei sm
od. Jemanden in u. auf seinem Wege er- nabers kiiid, den wet he wat he fiiidt. —
reichend m. mit ihm gehend, mit ihm den- Nd. naher; innd. naghcbür, nakebür, iiäbür,
selben Weg od. dasselbe Ziel gehend, dessen 50 nal)er , neber, neiber; nid. nabuur ; ags.
Weg od. dessen Ziel folgend od. denselben neahhur; as. näbiir; ahd. nähcapür ; jnhd.
Weg u. dasselbe Ziel mit ihm verfolgend, uäcligcbiir ; md. nälcebür. — Compos. von
dieselbe Absicht habend u. diesem gemäss na (nahe) u. bür (Bauer, Wohner, Bewohner)
handelnd u. seiend od. entsprechend; daher wie das gleichbedeutende an. nahiii ; dän.
überhaupt auch: gemäss, entsprechend etc.; 55 nabö, von na u. bfii (Bewohner, Bauer).
— he sturd liuni na mi to ; — ik gä na naber-lik, a) nachbarlich, freundschafl-
hfis; — dat is do weg na 't gasthns; — sc lieh etc. — b) nachbargleich, gleichberechtigt
löpcn d'r na (da nach hin od. hinterher), mit dem Nachbarn.
dat se wat fan krigcn ; — he kumd ml na uabern, den Nachbar besticken od. mit
(od. achter-na) ; — he kumd na mi ; — de GO ihm umgehen u. halten, gute Nachbarschaft
NABERSKE
63.''
NAGEL
od. Freundschaft mit dem Nachbar halten ;
— he is heu to nabern ; — se nabern mit
'n ander; — se könen göd mit 'n ander
nabern.
nabei'ske, Nachbarin.
nabersknp, Nachbarschaft. ^
na-bi, nahebei ; — 't is nabi; — ik kenn'
hum man so wat fan nabi.
1. na-böten, Feuerung (Holz, Torf) nach-
legen, nachheizen; — 't für geid iit, du
mnst nog wat nabüten.
2. na-böten (nach-büssen) , nachzahlen,
Nachschiisse od. aufs Nene Finschüsse
machen, z. B. in ein Unternehmen.
nacht od. nagt (rect. nagbt), Nacht,
Dunkel, Zeit zwischen Abend u. Morgen
od. Abend- u. Morgendämm erung ; — 't is
nog rein nacht; — 't wurd kant nacht, so
'n dikken locht kwam d'r up ; — de nacht is
förbi, de dag brekt wer an. — Eäthsel:
de olde grise Grau', slöpt alle nacht in d'
dau, he hed gen flesk un ök gen blöd un
deid dog alle minsken göd. — Nd., nid.,
afries. nacht; as. naht; ags. neaht, nebt,
niht, nyht ; aengl. naht ; engl, night ; an.
nätt, nott ; nonv. natt , nott ; dän. nat ;
schwed. natt; ahd., mhd. naht; goth. nahts ;
lat. nox (noctis) ; griech. mix (nuctös) ; Iit.
naktis ; lett. nects; skr. näkta, nakti. —
Vergl. zend. nakturu (nächtlich) ; skr. näk
od. nkq, näkh u. ni^, ni^a (Nacht) ; griech.
nücha, nüchios (nächtlich) ; air. in-noct,
in-nocht (hac nocte) etc. — Vielleicht von
der y na^, idg. nak (gehen, sich entfernen,
verschivinden , vergehen, verderben, unter-
gehen, zu Grunde gehen etc., cf. unter nog
■u. 2 na), roeil dann die Sonne od. das Licht
geht u. sich entfernt, schtvindct od. unter-
geht lt. verschivindet, bz. gegangen u. ver-
schwunden ist.
nächtens, bei Nacht, nächtlicher Weile.
nachtigal, Nachtigall, Nachtsänger etc.,
s. unter galra. — Scherzweise ivird auch
ein kleines Kind, was des Nachts oft schreit,
'n lütjen nachtigal genannt. Vergl. auch
das Sprichio. : de ene siu üle is de andere
sin nachtigal.
nacht-mirje, Nacht-Mare, Nachtgespenst
etc., cf. m'irje.
nacht-rafe (Nacht-Rabe), Nachtschwärmer.
näd od. nat, nath, Naht, Strich od. Linie
wo Ftwas zusammengenäht ist. — Redensart,
u. Sprichw. : gä-bi-de-näd (s. d.) ; — dat
kumd an de näd (das kneift an, geht nahe,
drückt, schmerzt od. das dringt tief ein,
z. B. vom Regen od. einem sonst. Ftwas);
— he is d'r lös (od. nau) up ; he kikd in
de naden. — Nd. näd; mnd. nat, nätli, nad;
nid. naad; mnld. naed ; ahd., mhd. nat. —
Zu neien, bz. ahd. näjan etc.
na-(l.it, nachdem, je nachdem; — all'
nadat 't is un fitsügt.
nadfil, s. natel.
nä-del, Nachtheil, Schaden etc. ; Gegen-
5 Satz von fürdel.
nader, näher; s. 1 na.
na-der-hand, nachher, später etc. ; Gegen-
satz von vor der Hand; ^ — ik kam
naderhand In dl, um dat mit di to beproten.
10 nadern, nähern. — Zu nader.
nfidjp, nadtjo, nätje, nätlije, Nähtchen,
eine kleine Naht. Specidl auch beim Stricken
eine einfache od. doppelte Reihe umgekehrt
gestrickter Stiche am Strumpfe, in der vollen
15 Länge od. Breite des gestrickten Zeuges ; —
ik hebb' al wer twe nutjes an de strürape
brcidt.
na-dörst, Nachdurst. — Auch Name ver-
schiedener in der Nähe von Ortschaften be-
20 legener Wirthshäuser.
na-dragen, nachtragen (sinnl. u. trop.).
na-draninien, nachschreien, nachlärmen
(.Jemanden das loas er gesprochen), nach-
treiben.
25 na-dül, nachtoll, nachher od. hinterher
toll u. böse.
uäfel, s. nefel.
natfel, Nabel, narbenartige rundliche Ver-
tiefung im Leibe. — Nd. navel, nawel;
30 mnd. navel, naffel; nid. navel; mnld. navel,
naevel, naffel; afries. navla; nfries. nawel;
satl. navel, naffelke ; wang. nagel; ags. nafala,
nafola; aengl. navele; engl, navel; an. nafli;
norw., dän. navlc; schiced. nafle; ahd. na-
35 balo, nabolo, nabulo, napalo, napolo, napulo ;
mhd. nabele, nabel. — Wohl Dimin. od.
jedenfalls Weiterbildung von nd. nave, nawe ;
mnd. nave; j(?f^ nave, naaf ; ags. nafu; ahd.
naba, napa; mhd. mibe (modiolus rotae), tvie
40 dies aus apreuss. nabis (Nabel, Nabe) ; skr.
näbhi (Nabe, Nabel); zend. nabi; njjers.
näf (Nabel) erhellt, dessen urspr. Bedtg.
tüohl: Spalte, Vertiefung od. Riss, Loch,
Bohrloch etc. ist, da es ivahrscheinl. von der
45 y nabh (ferire, laedere, occidere, bz. bersten,
platzen, spalten, reissen, brechen etc., cf.
skr. nabh, zerspalten, zerbrechen etc.) ab-
stammt.
na-giin, nachgehen (sinnl. u.trop.); —
50 he is hum nagän ; — wi willen dat äfen
mit 'n ander nagan etc.
nage, nager etc. ; s. 1 na.
nagel, Nagel (unguis u. clavus) ; — nageis
up de fingers etc. ; — du must d'r 'n lütjen
55 nagel in de Avand slau ; — Redensart, u.
Sprichw.: he dräpt de nagel up de kop ; —
de nagel to emands dodenkist wesen ; — he
bed 'n nagel in de kop (er ist hochmiUhig).
— D//H/??. nagelke (kleiner Nagel ; Geioürz-
GO nelke). — Nd., mnd., nid. nagel; afrie.s.
NAGEL-HOLT
NAGEN
neil, ml ; wfries. neylle ; nfries. najel, näjel ;
helg. noiel ; sail. nejl ; tcan(j. ml ; as. nagal ;
ags. naegcl; aeiujl. naeil ; e>igl. nail; an.
nagli, nagl, uügl ; )iorw. nagl, nagle ; schwed.
nagel ; rfä«. uagle, negl, naegl ; ahd. nagal,
nagel, uagil ; mhd. nagol, nail, ueil; goth.
nagls (Xagcl auf den Fingern ii. Zehen,
unguis ; eiserner od. hölzerner Nagel od.
scharfe.'i spitzes Ding zum Einstecken u.
Festmachen etc., clavns ; — Gewiirznell'c ;
— ahd. auch Augenkrankheit der Pferde
M. zwar ivohl wie auch mnid. fcf. Kil.J
die sonst pterygium genannte Augenkrank-
heit); lett. iiagla (eiserner Nagel, clavus).
— WoJtl (cf. tat. ungiila von unguis) Fort-
bildung von einem urspr. germ. naga, was
mit skr. nakhä u. uakharä (unguis); lit.
nägas ; russ. nogoti; ajireuss. nagutis; kslav.
nogüti (dasselbe) zu einer y nagh gehört,
wovon auch lat. unguis; hib. iunga; ir. inga;
kgmr. oguin (Xagel) vielleicht abstammen
u. die beim Vergleich von skr. nagha (Krätze)
in naglia-niärä (Krätze vertilgend) wohl die
Bedtg.: stechen, jucken, kratzen etc. hatte.
nagel-liolt, Keule od. Oberschenkel, Lende
u. zicar nicht allein die Hinterkeule od.
das ausgeschnittene Stück Hinterkeulen-
Fleisch u. die Vorderkeule (cf. jöileu- od.
lütje nagelholt) vom Eind, icclche beide ge-
icöhnlich zum Eäuchern gebraucht (du kanst
\\o\ 'n pär nagelholteu kopen un de rükcrn
laten) u. auch geräuchert ausschliesslich
nagelholt (wi hebbeu nog twe nagelholteu
hangen ; — du kanst fan middag wat nagel-
holt [geräuchertes Bindskeulcnfleisch] sniden
etc.) genannt werden, sondern auch die
Lende od. der Oberschenkel des Menschen,
gegen den die Hosen- Tasche angebracht ist,
wovon die Bcdensart: bi de nagclholt stcken
— od. bi de nagelholteu glulen lateu (bei
dem Schenkel od. der Lende stecken od. ein-
stecken, in die Tasche stecken etc. — od.
bei den Lenden gleiten u. verschn-inden
lassen) sich herschreibt. Auch nid. kömmt
das Wort nagel hout in der Bedtg. : m ageres
g e r ä u cherte .s- S t ü c k F leise h vor u.
ist es icahr scheint, dass dieses Wort kein
Compos. von nagel in der Bedtg. unguis,
sondern in der von clavus ist u. demnach
entioeder urspr. ein Stück Holz was als
Xagel gebraucht wurde od. einem Xagel in
der Form glich (spitz zulaufend u. lang ge-
streckt) bezeichnete od. dieselbe Bedtg. wie
Holz- N ag el (cf. Kreuzholz u. Holzkreuz
u. so hier auch = Xagel von Holz, der
ja auch ungewöhnlich dick u. lang od. keulen-
förmig sein kann) hatte u. dann in derselben
Weise tcie Keule (cf. 4 küle) auf das
Lendenstück des Kinds angewandt lourde.
Möglich ist es aber auch, dass das Wort
nagel-holt \irspr. die Bedtg.: Prügelholz
od. Seh läge holz (Holz tvas man zu m
Eintreiben von Holz- u. Eisennägeln ge-
braucht) hatte u. dass dann die Vorsilbe
5 nagel nicht das Subst. nagel ist, sondern
zum Verb, nageln (auch priigel gehört in
den Compos. : prügel-holt, priigcl-pitske etc.
ivohl zu prügeln) gehört u. somit wegen der
urspr. keulenförmigen Gestalt eines solchen
10 zum Xageln od. Xagel-Eintreiben gebrauch-
ten Stück Holzes auch tcieder in die Bedtg. :
Keule überging od. zuerst scherzhaft auf
eine schon geräucherte (einem dicken Holz-
nagel od. einer Keule in der Form glei-
15 chende) u. auch trockne u. harte Bindskeule
angeicandt ist, woraus es dann auch wieder
leicht in die bei uns gebräuchliche altge-
meine Bedtg. von Keule od. Oberschenkel
übergehen konnte.
20 Zum Schlüsse sei übrigens zu diesem Wort
noch erwähnt, dass es auch im as. ags., an.
ein Wort hold in der Bedtg.: Fleisch
od. das ivas die Knochen bedeckt «. ver-
hüllt (s. unter holt) gab, tvas in einem
25 Compos. nagel-hold od. Xagel- Fleisch
uispr. die Bedtg. : das den Xagel (unguis)
bedeckende u. schützende od. ein- u. um-
schliesscnde Fleisch haben würde u. beim
Schivanken des Auslautes d u. t leicht das-
30 selbe Wort tvie unser nagelholt sein könnte,
zumal da dieses alte hold in der Bedtg. :
Fleisch schon längst verloren ging u. also
auch das Volk bei holt in nagelholt gar
nicht mehr daran denken konnte, dass dieses
35 ur.'<pr. auch Fleisch bedeutet hatte. Auch
Weiland stellt das nid. nagel-hout als
mageres (trocknes , hartes) geräuchertes
Fleisch niclit zu nagel (clavus), sondern zu
nugel (unguis, od. hornige Decke, Horn-
40 Decke der Fingerspitzen etc.).
nagelke (Plur. nagolkes), Xägelchen,
Xäglcin ; — a) kleiner Xagel auf Finger
od. Zehe; — b) kleiner Xagel zum Be-
festigen von Etwas; — c) die Blume der
45 Sy ringe od. Syrcne ivegen der Aehnlichkeit
mit der Gewürznelke od. kleinen Xägeln;
— d) Gewürznelke. — ]\[hd. negelkin, neilkin,
uclikin, wovon das contrah. nhd. Nelke
als Blume n. Geioürz. — Dimin. von nagel.
50 nagelke - böm , Sgringenbaum od. Sy-
rcncnbaum.
nageln, nageln, Xägel worin treiben od.
schlagen, mit Xägeln befestigen. — Ahd.
nagalen (nagaljan); goth. nagljan.
55 nagel-wiii'tel, Xagelwurzel.
nagen, nagen, mit den Zähnen be- od.
abschaben, klauben, beissen etc., fig. auch:
fressen, wurmen etc.; — dat nagd hum. —
Ahd., goth. nagan (nagen, kratzen, schaben
GO etc.). — Wohl mit nagel u. skr. nagha in
NAEGEN
637
Namen
naglia-mära (Name einer Krankheit, Krätze)
etc. zu der |/ nagh (stechen, kratzen,
bohren etc.).
nagen, s. negen m. negeu.
nager, nägor, näher; s. 1 na.
na-gerade, nagrade, nachgerade, all-
mälig etc.
na-gras , Nachgras , • das nach dem erst-
maligen Mähen wieder gewachsene Gras,
auch iiegras (Neugras) genannt.
na-greien, nachwachsen, nacligedeihen etc. ;
— dat bt'st schal up de stal nog wol 'ü
bitje nagreien.
na-hunkern , Jemandem bettelnd nach-
laufen, gierig nach JEttvas verlangen u.
streben etc. — Nid. nahunkeren. Vcrgl.
nid. bunkeren (verlangen, begehren etc.);
mnld. hungkeren (affectare, cum aftectu pe-
tere) u. Weiteres unter hungern.
naien, s. neien.
na-jär, Nachjahr, Spätjahr, Herbst; Gegen-
satz von förjär.
nakend, nackend, nackt, bloss, entblössf,
kahl, beraubt von etc. ; — he (od. dat) steid
dar nakend hen; — mit de nakende närs;
— se hcbben hum nakend üttrukken (auch
im fig. Sinn) ; — käl un nakend ; — 'n
nakende deren (eine nackende, gänzlich un-
bemittelte Dirne) etc. — Nd. naakd, naakt ;
mnd. naket, naken, nakendich; tüd. naakt;
mnld. naeckt ; afries. uakad, nakcd, naken ;
wfries. neaken; nfries. (Outzcn) naaken,
naken, nackt, nagel ; ags. nacod, naced ;
aengl., ert(/?. naked; an. naktr,nöktr,nükkvidr;
norw. naken ; dän. nögeu ; silddän., jütl. (cf.
Outz en) nagen ; ahd. nacot, nakot, nackot,
nachot, nahhut, nachet, nacchet ; mhd. naket,
nachet, nakeut, nackent, nachent, naht ; goth.
naqaths. — Grdform germ. nakvatha (idg.
naguta od. [cf. kwam von idg. gam] nagata)
u. diese mit skr. nagna ; kslav. nagü ; lit.
nügas (nackt); kslav. nagota; lit. nügatä
(Nacktheit) etc. von einer y nag, die viel-
leicht aus ang versetzt u. mit skr. aiij
(schmieren, salben, schmücken, blank machen
etc.) ident. ist, ivo dann nagna urspr. die
Bedtg. : blank od. glänzend, geputzt, rein
etc. (cf. blank u. blöt, 1 bar, rein etc.) ge-
habt haben könnte.
nakende-wifke (auch witte wifke [weisses
Weibchen] genannt), Schneeglöckchen.
nakke, nak, Nacken ; — he hed 'n stifen
nak, he kan de nak nich bügen; — he
brekd sük de nak ; — he krigt hum bi de
nak etc. — Sprichio. : krabst du mi de nak,
so füll' ik dl de sak; — he hed 'n schelm
in de nak ; — he hed 'n här in de nak, dat
hum torüghold ; — fan hakken to nakken.
— Nd. nakke, nakken; mnd. nacke; nid.
nek ; mnld. neck, nick, nack ; afries. hnekka.
nekkc ; ivfrics. necke ; nfries. (J oh ans e n)
neak, (Elir entraut , fries. Archiv, I,
183) necke, nicke, (Outzen) neek; satl.
necke; wang. nek; helg. nak; ags. hnecca;
5 aengl. hnecke, necke, nhickc, nicke ; engl.
neck; an. hnakkr, hnakki; norw., dän.
nakke ; schived. nacke ; ahd. hnach, hnacch,
nach ; mhd. nac u. nacke (cervix, occiput,
testa capitis, cacumen).
10 Vergleicht man Inikkon etc. von bugon,
bz. goth. biugan, so diirfte auch toohl nakke
mit nikken zu nigcn, bz. hnigan (cf. nikken
u. nigcn) gehören ti. demnach Nacken
urspr. ein biegsames od. ein rundlich
\b gebogenes, gekrümmtes Etioas (od.
Krümmung zwischen Rücken u. Hals)
bezeichnen, tvoraus sich auch (cf. pukkel
= Nacken u. = Höcker, Bxickel etc. u.
ahd. puhil, buhil, nhd. Bühel, Hügel etc.
20 von piokan, bz. biugan, biegen, krümmen etc.)
das norw. nakk (bjergknold, knude, pukkel
etc.) u. unser nokke etc. als Abkömmlinge
von nigen, bz. hnigan erklären Hessen, ivor-
über auch noch Weiteres tinter nokke zu
25 vergleichen ist.
na-lät, Nachlass.
na-läten , nachlassen , zurücklassen, ab-
lassen etc.
na-lateusclmp, Nachlassenschaft.
30 na-latig, nachlässig.
na-löp , Nachlauf; auch vom nachlau-
fenden leichten, fuseligen Spiritus als Gegen-
satz von förlöp.
nam, s. nämen.
35 na-maken, nachmachen.
na-mäksel , Nachgemachtes , Nachgebil-
detes etc.
name, näm, Name. — Redensart, u.
Sprichio.: 't is um sük d'r 'n näm mit to
40 maken ; — lefe kinder hebben föle namen ;
— 't is net glik wo 't kind het, wen 't man
'n näm hed. — Nd., mnd., nid. name, naam ;
afries. noma, nama, nema ; wfries. namme ;
nfries. (J ohanse n) nöüm , (0 ut z e n)
45 nöm, nöm ; satl, nöme ; wang. nümme ; helg.
n8m ; as. namo ; ags. nama ; aengl., engl.
name ; an., isl. namn, nafn ; norio. namn,
navn, nabn; schioed. nama, dän. navn: ahd.
namo ; mhd. name, nam ; goth. namo ; lat.
50 nomen ; griech. 'ö-noma ; skr. näman ; zend.
näman ; apers. näma.
Der einzige Beweis für eine urspr. Form
gnäman ist in lat. co-gnomen u. i-gnominia
erhalten u. wird hienach loohl wie für lat.
55 noscere u. notus etc. die y gan, gnä (er-
kennen, kennen) für näman anzusetzen sein.
namelik, namelk, namentlich, besonders
etc. ; — namelk (od. binamelk) dit. — cf.
nemlik. — Ahd. namolich ; nid. namelijk etc.
60 namen, genommen; s. nemen.
NAEMEN 638 NAß
iiiiinon, s. nemcn. auch mit kuphe, kümbe u. unserm germ. kop
Nanuü, Xanue, tnl. Name. — Geschln. (s. unter ko\^ am Schlüsse) selbst zu einer u.
Nanncn u. Nauniiiga. — Wühl mit mnd. derselben idg. y skap, aphäres. kap (hauen,
nanne (Vaterchen) u. griech. luuinas (0/ic/w, spalten, Idajfen etc., bz. stechen, graben, cf.
Grossvater etc., cf. auch uuiino) urspr. eins, 5 auch kappo, kappen etc. m. ferner wegen
wie ;. B. auch AltQ mit SiüCjQUa (Vater etc.). hni\\^\}.\, in der Bedtg.: Schale, Trinkschalc
iiaj). ■>•. nappe. etc. von der |/ skap, spalten etc., auch schale
iiaji-hülder (Xapf- Halter), fig. ein Säufer, u. scliil etc. von der y skal, skar, spalten
eine Person die den Napf od. Becher hält etc.) gehören.
od. richtiger wohl die vom Becher viel hält 10 ^li<t7( unsere Anlaute sna, siii, sim scheinoi
od. ihn lange hält u. nicht gerne loieder mir (wenigstens theilweise) aus altem germ.
abgiebt. slina, sliiii, slimi, bs. idg. ska, ski, sku, erweitert
na-])in, Nach-Pein, Pein od. Schmerz der skan etc., un'.gesetzt skan enstanden zu sein u.
sich nachher einstellt. ist dieser wegen das Weitere loiter diesen An-
napke , Näpfchen, kleiner Trinknapf, 15 lauten zu vergleichen, wobei hier noch gleich
kleines Näpfchen auf der Eicliel. bemerkt tvird, dass die Lautverschiebung od.
\\m\}0,na\), Napf, Schale, hölzernes Becken Erweichung von k zu h u. jü; u. vo)i p zu i
od. Geschirr; — Plur. najipen; — Dimin. in den nordgerm. Sprachen u.Dialecten durch-
napko. — Nd., mnd., nid. iiapp od. iiaj); aus nicht immer Statt gefunden lial.
ahd. hnapf, napf, napli ; mhd. napli, nai»!'-, 20 luippeil-lin-slefcn-kel'el, ein Händler mit
ags. liuaep; aengl. huap (Trinkgeschirr, Näpfen u. hölzernen Kellen od. Löjfeln.
Napf, Becher, Schale). — Es tvird zweifei- iiar, s. uarre.
los dasselbe sein, wie an., isl. huappr (glo- 1. nur, s. nare.
bulus, Caput, kugelartiger Körper, Kopf, 2. niiV (Compar. wüvqv, xikrAGv; — Superl.
Knauf); norw. napp (Kopf od. Knauf, 25 närste), knapp od. beengend u. drückend,
z. B. eines Pfostens od. einer Säule); armselig, elend, schlecht etc., bz. beengt, be-
schwed. iiai)p (Napf; Knopf od. Knauf, drückt etc. etc.; — 't sunt upstiincis iiarc
Warze am Saughorn der Kinder) u. ver- (od. knappe, naue , benaude , drUkkende,
iceise ich wegen der Bedtg.: Caput od. Kopf siegte, trüiige, elende etc.) lideu; — he sitt
u. Napf od. halbkugelförmiges Hohlgefäss 30 d'r so niir (bedrückt %i. traurig, nieder-
auf kop in der Bedtg.: Schröp>fkopf (od. geschlagen etc.) hen, dat he hast gen öge
Saugkopf , Saugknopf, Saugwarze, Saugnapf) upsleid un gen bit äten ett; — 't gcid lium
od. als rundliches Hohlgefäss (Tasse, Trink- num när (es geht ihm nur armselig u. schlecht
glas, Schale, Na2)f, Trinkschale, Becher, od. traurig etc. u. zwar sowohl, dass er
Hirnschale etc., cf. kop) überliaupt, wobei 35 hungern u. darben muss, als dass er sonst
es mir beim Vergleicli von kop als ivalir- in schlechter Lage u. krank ist) ; — dat
scheinlich vorkömmt, dass die Bedtg.: sügt d'r man när (knapp u. armselig etc.,
Schale od. rundliches Hohlgefäss auch od. elend u. schlecht etc.) in hüs (od. mit
hier bei hnap od. hnappa wieder die urspr. huni) üt; — dat is 'u naren (armseliger
ist u. ebenso wie bei Kopf die Bedtgn. des 40 u. elender od. trauriger u. schlechter) kiäm
an. hnappr aus der von Schale od. rund- od. budcl ; — dat is 'u när hiis (enges od.
liches Hohlgefäss entstanden sind. Ver- kleines, elendes, armseliges, schlechtes JLius,
gleicht man nun aber weiter, dass im an. bz. ein Haus wo man enge u. bedrückt,
neben huappr auch die Form kiiappr in zusammengepfercht u. schlecht wohnt); —
derselben Bedtg. erhalten ist u. dass ahd. 45 när wer (trauriges elendes schlechtes Wetter) ;
hnazza (cf. nettel) mit griech. knide etc. — de kler sitten när (schlecht etc.); — 'u
auf eine aus kad, kand (bz. urspr. skad, naren rok (ein elender, schäbiger Bock) ; —
skand) versetzte y knad zurückgeht, sowie när land (armes od. armseliges, elendes,
ferner, da.ss Fick (J, 80!)) griech. kmphdS schlechtes Land); — 't is mi so när (be-
u. gnöphos (Dunkel) nebst skepö (bedecken) 50 engend u. drückend, traurig stimmend,
u. sknipaios w. knipos (dunkel) zur y skap niederschlagend etc.) to, dat he sin frö fer-
(bedecken) .stellt, so scheint es mir auch höchst loreu hed, dat ik jo 't hei net seggen kau,
wahrscheinl., dass die für an. hnappr u. wo mi dat driikt; — lie wurd d'r gans när
ags. hnaep etc. u. für an. kuappr anzu- fan, as lie dat elend un lidcn mit an sen
setsenden Themata hnappa u. knappa od. 55 mus ; — ik bün när to müde ; — du büst
linap-a u. knap-a gleichfalls auf eine idg. 'n uareu (elender, erbärmlicher, trauriger
y skap (nasal, skanp, skamp, umgesetzt etc.) kürel ; — he hed man 'u naren borst
sknap) zurückgehen u. demnach mit unserm (eine enge, schmale etc. od. beengte u. an
schap u. schip , sowie ferner mit griech. Athemnoth leidende Brust, bz. er ist eng-
skäphos u. ski'iphob (Becher etc.) u. vielleicht üO brüstig, od. er hat überhaupt eine schlechte
NAER 639 NARi: NAR
Brust); daher när-borstig (engbrüstig); — iia-rakken, den Schmutz od. Koih, den
't is hir so 'ü naren (beengende u. er- ein Anderer hinterlassen hat, ivegschaffen
stickende, od. drückende u. sclilechte) lücht od. auch eines Andern hintcrlasscner Sudelei
in hiis, dat man hast gen am krigcn kan, u. Ffaschcrei bessernd nachhelfen u. in
hz. dat en de am d'r hast fan ütgeid ; — 5 Ordnung bringen.
dat smekt od. rukt nar (das schmeckt od. iiarbe, narb, a) die einwärts gekrümmte
riecht schlecht od. erbärmlich, bz. so, dass S^ntze eines Gartenmessers od. sog. Kneifs
man elend davon zu Muthe ivird). — od. auch eines Pßugmessers ; — h) die
Sprichw.: „dat sunt nare tiden," sa' de seitwärts gekrümmte Spitze od. die vordere
pajie, „de bur makd sin kinder siilfst." — 10 bogenförmige Krümmung der Schneide eines
Nid. naar (traurig, elend, kläglich, erbarm- Ritz-3Iesscrs od. Ritz- Eisens, tcomit man
lieh etc.); mnld. naer; afries. nara; wfries. Zeichen u. Namen auf Balken u. Fässer
neare (bange, beängstigt etc.) ; nfries. naar, ritzt ; — c) die unten an der Klinge eines
nar, när (enge, schmal) ; satl. narc (traurig Einschläge-Messers befindliche u. etwas vor-
etc.) ; as. naru , naro (enge, bedrängend, 15 stehende kleine Spitze nebst der von da aus
drückend, Schmerz u. Pein erregend) u. bis zum Heft sich fortsetzenden kleinen
narawo (enge) ; ags. nearu, nearo (angustus, Krümmung ; — d) an der Fflugschaar das
crucians) ; aengl. naru ; engl, narrow (enge, Ende des Holzbretts, worin die Fflugschaar
schmal, kurz, knapp ; engherzig, geizig etc.). eingefasst ist, sonst hier auch hülse genannt ;
Es wird mit nare (Narbe) wohl zu nisan, 20 — e) die etwas gekrümmte Vertiefung in
nas in ahd. ga-nisan (genesen, heil u. ganz der Klinge eines Einschläge-Messers, worin
werden, sich zusammen ziehen u. schliessen, der Nagel eingreift, loenn man die Klinge
sich mit einander verbinden u. dicht tverdrn aufschlagen icill. — Ist es in den drei ersten
etc.) gehören, sodass naru für urspr. nasu Bedtgn. eine Einengung od. Einziehung,
steht u. urspr. die Bedtg. : geschlossen od. 25 Zusammenziehung u. Krümmung u. in der
zusammengezogen, dicht etc. hatte u. so die vierten ettva eine Handhabe od. Griff, bz.
von enge od. angustus etc. erhielt. — Die ein Klemmholz, sodass dies Wort urspr.
Grdbedtg. der y nas ist ivohl dieselbe loie in allen Bedtgn. dasselbe Wort ist wie nhd.
von agh, angh (cf. angst u. enge), nämlich: Narbe u. ahd. narwa (s. unter nare u. cf.
bewegen zu od. auf Etwas zu, ein Anderes 30 auch zu der Bedtg. ansula das mnd. nare,
od. sich bewegen vor od. zu Etwas hin, Griff od. dasjenige, ivorin die Schwertklinge
kommen zu (Einem od. Etwas), sich gesellen eingeklemmt «. befestigt ist) od. doch mit
zu, od. sich vereinen u. verbinden mit, sich derselben zu naru gehört? — Oder steht es
od. Etwas anschliessen an od. fügen an in der Bedtg. : gekrümmte Spitze für nabbe,
(Jemanden od. an Etivas) etc., ivobei denn 35 sodass es mit nebbe, uibbe (rostrum) von
aus verbinden (mit einander) od. zu- Hause aus ident. ist? — Vergl. dieserhalb
sammenfügen u. ganz machen etc. von selbst auch das aus schadde entstandene scharre
die Bedtg. : sanare od. genesen (cf, hei (Schatten), was zuerst in schleppender Weise
u. holen) entstand, während weiter aus ver- wie scharde atisgesprochen u. dann zu
binden (mit einander-) od. zusammen- 40 scharre assimilirt wurde,
machen, zusammenfügen od. schnüren, dicht iiärder, s. narer u. 2 när.
machen etc. sich die Bedtgn. von: naru «. nare, när (Flur, naren), Narbe; hier
ahd. narwa (cf. nare) von selbst ergaben u. speciell u. fast ausschliesslich von der Narbe
dann wieder das für tirspr, nasa stehende einer Wunde gebraucht, während die Narbe
ahd. nara in der Bedtg. von Nähr ung 45 des Leders hier arf od. arfe (cf. 3 arf)
od. Unterhalt wohl urspr. als dicht u. ge- heisst u. als Compos. nur grasnare (Gras-
schlossen, od. ganz (cf. hei) u. heil u. ge- narbe) u. i^oknare (Blatternarbe) vorkommen ;
sund machendes, genesendes u. xoicder her- — man kan de nar d'r nog düdelk fan sen,
stellendes Ettvas gefasst ist u. direct mit war he sük sneden hcd; — naren fan
goth. nasjan u. ahd. nerjan (gatiz od. heil 50 swellen, blödfinnen, pokken etc. — Nd.,
u. gesund machen, heilen, am Leben er- mnd. nare, narwe; nid. nerf; mnld. naer,
halten, erretten, selig machen etc., bz. er- naere, narve, narbe, nerve; nfries. (Jo-
haUen, unterhalten, ernähren etc., c/". nären h an sen) naw (statt narw); wang. näri;
etc.) zu nisan, nas (in ga-nisan, sich zu- fZän. narv , sc/twefZ. narf ; aM. narwa, narwo ;
sammenfügen u. schliessen, dicht u. ganz 55 mhd. narwe, später narbe (Narbe, cicatrix ;
od. heil, ganz u. gesund werden, selig werden ahd. auch fibulatura, ansula). — Es gehört
etc., cf. salig u. lat. Salus, salvus zu hei u. mit ags. nearu, nearo (Enge, Klemme),
tat. sanus) gehört, worüber auch noch Wei- nearvjan (enge machen, beengen, in die
teres unter genesen zu vergleichen ist. Enge treiben, bedrängen etc., bz. arctari,
när, 8. nör. GO anxium esse u. arctare, angustare, coarctare,
Naeren
640
NARRERE
vexai'e, opprimere) ; mJul. uerwen (sich ver-
engen od. zusammenziehen, narhcn, Narbe
■machen od. ansetzen, vernarben etc.) engl.
narrow; aengl. narwen (engen, verengen,
einziehen, zusammenfassen, zusammenziehen
etc.); an., ist. iiiörva (vestcs pannosas solli-
cite rcsarcire; coarctare, bz. ausßicken, zu-
sammenheften); norw. (Jv. Aasen) uorva
(versehen mit Querband), norve , narve;
schwed. dialect. uara, aar (rovle, tvaerstykkc
soni slaaes fast paa en door eller et bord
for at holde tjelene sammen) ; schwed. iiar
(Verbindung durch hölzerne Nägel), uara
(ein Zimmernagel), nara (mit einem Holz-
nagel verbinden) zunächst zu as. naru (enge
od. dicht zusammengezogen, zusammen-
geschnürt etc. od. überhaupt ursjjr. : zu-
sammengezogen u. dicht aneinander etc.),
wie Ja atts allen diesen Wörtern die ursi^r.
Bedtg. : zusammenziehen u. schnüren od.
binden u. verbinden, schliessen, vereinigen,
fest machen etc. aus der |/ derselben her-
vorgeht, tvarübcr das Weitere unter när zu
vergleichen ist n. wonach auch das ahd.
narwa als Narbe einer Wunde urspr. wohl
die Bedtg. : Zusammenzichung u. Schliessung
od. Zusammenziehung u. Dichtung u. so
auch Heilung od. Dichtmachung hatte u.
hieraus in die Bedtg. : Schliessstclle od.
Heilstelle, Heiljleck od. Heil-Mal über-
ging od. walirscheinlicher noch urspr. das
schliessen de u. heile n d e Etwas (das
was die Wunde schliesst u. dicht od. heil
macht u. so auch die Decke od. der Deckel,
bz. das Schliess-Ding, der Verschluss etc.
derselben ist, wie ja auch unter Grasnarbe
die Grasdecke verstanden ivird) bezeichnete,
xvie ja auch die Bedtgn. : fibulatura u. an-
sula auf die Bedtg. : zusammenziehen od.
schnüren od. verbinden u. heften, bz. dicht
machen u. schliessen, um- u. einschlicssen,
festmachen od. zusammendrücken u. klemmen
u. so auch festhalten etc. zurückgehen,
gleichviel ob ausula hier die Bedtg. : G r iff,
Handgriff, bz. cüs das was man mit
der Hand um- od. einschliesst od. timklammert
etc. od. als Oese an den Schuhsohlen,
durch welche der Eiemoi über den Fuss
gezogen tvird u. die Sandalen geschnürt u.
fest gemacht tverden, hatte.
nären, iiäriii^ etc., s. neren.
narer, s. 2 när.
nargeiul, nirgends, narji^ens, nirgend,
nirgends. — Mit Vorsetzung der Negation
ni, ne aus argend (s. d.) gebildet.
navl f^, narbig ; — i)ok[ia.r ig, blatternarbig.
näi'ig, s. nürig.
na-rigt od. nariclit, Nachricht, dasjenige
was man nach Ettvas od. Jemanden hin
richtet, cf. bericht u. richten.
narre, narr od. nar, Narr, Tlior, eitler
thörichter Mensch etc.; — du bist 'n narr,
dat du dl dat andöu lottst ; — he hed 'n
narr iu hum frätcu ; — he bri'ikd huni für
5 'u narr (er narrt od. äfft ihn, verspottet ihn,
braucht ihn für einen Narren). — Sprichw.:
d'r is gen narre so dum, of he lindt nog
wol eu, de hum für kluk hold; — wen de
narren to markt gan, den büren de krämkers
10 't gold. — Ahd. narro ; mhd. narre ; 7id.
narr; nid. nar; mnld. narre. — Da die
Narren loohl zuerst an den Fürstenhöfoi
aufkamen u. keine Verrückten u. dumme
Thoren, sondern vielmehr witzige Lustig-
15 macher u. Spötter waren, die zur Unter-
haltung u. Ih'heiterung dienten, so stammt
das ahd. narro loahrscheinl. von mlat. nario
(subsaunans, Spötter, d. h. eigentl. wohl
N as enr ü mpfer od. auch Person die
20 Jemandem eine Nase macht od. dreht u.
ihn verspottet u. verhöhnt, tvie dies jetzt
auch noch durch Verlängerung der Nase
mittelst beider ausgestreckten Hände , bz.
des Vorhaltens derselben vor, od. der An-
25 fügung derselben an die Nase geschieht), da
das mlat. nario nach Diez (II, 373) mit
com. nar (Narr), bask. narra (närrisch) u.
dem aus einem anzunehmenden naricare
entstandenen franz. narguer (spotten etc.,
30 cf. narren); henneg. naquer (beriechen, be-
schnüffeln) u. franz. narquois (verschmitzt
etc.) von lat. näris (cf. auch lat. näribus uti,
Spötterei treiben, soioie das Wort Nase
vom Geruch, von der Spötterei, von der
35 Feinheit im Spüren u. Urtheilen etc.) ab-
stammt, icas mit lat. nasus (cf. nöse) eines
Ursprungs ist.
narren (auch nir-narrcn), narren, äffen,
foppen, zum Besten haben, necken etc. ; —
40 he narrt mi wat; — ik lät mi net langer
fan dl narren, dar kanst du up an ; — du
must gen olde lue narren (od. für narr
hebben, für narr brüken); — he uarrd de
hund nog net so lank, dat he hum bitt.
45 narren-kraui, Narrenkram, alberner Kram,
thörichtes tt. läppisches Grthue etc. ; — wat
schal de narrenkräm beten? hit dat dog blifen.
narren -släe, Narrenschlitten, Schcllen-
sehlitten.
50 narrens-posseu, Narrenpossen.
narren-sträken, Narrenstreiche.
narren-tügen, Narrenzüge, Narrenstreiche
etc., Züge od. Streiche, Unternehmungen etc.
eines Narren ; — dat sunt all' man narren-
55 tögen, dar kumd niks In hcrfit.
narrere, Narrerei, Ve.cirerei, Narrheit, al-
bernes thörichtes Treiben; — lät de narrere
(das anhaltende u. wiederholte Narren u.
Ve.viren od. auch die Narrheit od. Narrheiten
CO etc.) dog blifen.
NARRHEID 641 NATEL NADEL
narrheid, Narrheit; — wat schal de na-spräk, Nachrede.
narrheid heten? dat is je niks as dum tüg. näst, nächst; nkste, näcJiste ; Nächste; —
'nsirrisk,nan'sk,nar^k (närrisch), hoffärtig, elk is sük sülfeu de uäste. — Zu 1 na.
hochmüthig, eitel, putzsüchtig; — lie word nat (Compar. natter; — Superl. natteste,
so narsk, dat he hei net mer wet, wo he 5 natste), nass; Nass; — 't is net so nat
sük kleden un tiren schal ; — 't is 'n narsken (nass u. feucht etc.) as messe ; — 't hei ligt
kerel (liochmüthiger, eitler Mensch). all' in 't nat (im Wasser etc.); — 't nat
narung, Nahrung od. alles Dasjenige was (das Wasser od. der Saft, die Flüssigkeit
nährt u. erhält, daher überhaupt: Speise u. etc.) löpt d'r üt; — du must 't nat (das
Trank, Futter, Unterhalt od. alles Dasjenige, 10 Wasser od. die Brühe, den Saft etc.) d'r
was Jemand od. ein Etwas bedarf um zu ofscheppen od. d'r oflöpen laten etc. ; — d'r
leben u. zu bestehen od. erhalten zu bleiben is gen nat (Wasser, Brühe etc.) genog ander
etc. ; — he hed^ lank gen narung to sük de bräe ; — Eedensart. : he hörd to de natte
namen ; — dat für hed gen narung mer. — gemente (er ist ein Trunkenbold) ; — 't lefe
Compos.: narungsmangel, — narungssörgen, 15 nat (das liebe od. geliebte u. begehrte Nass
— narungsmiddel etc. — Sprichw. : elk is od. Getränk, besonders Bier u. Branntewein).
'n def siner narung (ein Jeder ist ein Dieb — Nd., nid., mnd., as. nat; ahd. naz. —
dessen was er zum Leben u. Bestehen be- nat bezeichnet als Adj. einen flüssigen od.
darf). — Es stammt nicht tvie nering von rinnenden Zustand, bz. soviel als flüssig
neren (nähren), sondern von ahd. nar& (Heil, 20 od. fliessend u. als Subst. : Flüssigkeit,
Bettung, Erhaltung; Nahrung, Unterhalt) Fliessendes,bz. flüssiges od. fliessendes Etwas
ab, ivas für urspr. nasa steht u. mit goth. u. gehört mit skr. nadä u. nadi (Fluss), so-
naseins (Heil, Bettung, salus etc.), sowie wie wahrscheinl. auch skr. ned, ati-nedati
auch uasjan (servare, salvare etc., c/. neren) (überschäumen, überfliessen , od. eigentl.:
vom Präter. nas von nisan (in ga-nisan, ge- 25 überbrausen, loie z. B. übergährendes Bier
nesen od. heil iverden etc.) gehört, worüber od. aufbrausender u. schäumender Cham-
das Weitere unter genesen u. 2 när zu er- pagner) zu einer y nad (sonare od. rauschen,
sehen ist. brausen, tönen etc., cf. auch unter nettel ti.
nasken, naschen, Leckereien heimlich u. das skr. nada u. nadi), wo dann aus rau-
verstohlen essen od. gemessen, aus Lüstern- 30 sehen etc. die Bedtg. : rauschend u. brau-
heit od. Gierigkeit bei etivas Geniessbarem send od. murmelnd fliessen (cf. klinge als
beigehen u. sich etioas davon abbrechen od. rauschender Felsbach od. Gebirgsbach unter
es be-, ab- u. annagen ; — he nasket üt de klingen, sowie auch sengen in der urspr.
taske ; — wel hed nii dar wer bi de kok west Bedtg. : knist er n etc.) u. so weiter die
to nasken? — Nd. (Dähnert) naschen 35 allgemeinere Bedtg.: fliessen (od. strömen,
(viel Obst essen; den Liebesergötzlichkeiten regnen, nässen etc.) entstand, die vielleicht
nachgehen) ; mnd. naschen, nasken (ligurire, erst in der germ. ]/ nat von nata od. nati
mendicare) ; nid. naschen; ahd. nascön ; (Nass od. nass) u. natten (cf. dieses) voll
mhd. naschen (Leckereien od. als Leckerei zum Durchbruch kam.
gemessen ; Wollust treiben). — Mit mnld., 40 Zu der urspr. Bedtg. : sonare od. rauschen,
mfläm. nascher od. nasscher (cupidus, avidus) brausen etc. u. von nadi (Fluss) als der
etc. wahrscheinl. zu goth. hnasqus ; ags. B a u sehe n d e (übertragen auch auf die
hnäsc, hnesc; aengl. hnesche; engl, nesh Wasserfluthen, Wasser ströme, die strömende
(mollis, teuer), wo dann die Bedtg. iveich Fluth des Begens, das Nebel- od. Dunstmeer
od. weichlich in die von geil, üppig u. 45 etc., cf. Grassmann) vergl. auch regen
wollüstig überging (cf. auch geil , geilen, od. ragen (Begen), ivas mit kslav. reka
fergeilen), sodass nasken darnach urspr. u. (Fluss) ; lit. roke (feiner Begen) loohl ebenso
zuerst die Bedtg. : loeichlich, geil u. wollüstig wie lit. su-rinku rikan rikti (aufschreien),
werden od. sein hatte u. dann später in die rekiu , rekti (schreien etc.) ; kslav. rekg,
von : leckerhaft sein od. in die heutige all- 50 (sprechen, reden) etc. auch zu der ]/ rak
gemeinere Bedtg. überging. Als y cf. idg. (sonare, clamare etc.) gehört, falls nicht
(Fick , I, 49 u. 537) kas, kans, knas (reiben, etwa das von Fick dafür aufgestellte Thema
kratzen, stechen, brennen, jucken etc.), ivozu räkä (Nass) besser von der y rä (sonare
auch verschiedene Wörter mit der Bedtg. : etc., cf. raren od. raren) abzuleiten ist.
unkeusch, geil sein, Hure etc. gehören. 55 näte, s. nete.
nasker, Nascher, Näscher. nätel, nädel (Plur. nätels, nädels), Nadel,
naskere, Nascherei, Näscherei. Geräth womit man näht od. Etwas zusammen-
n3L-H\B,^, Nachschlag ; speciell das nachher steckt; — Compos.: nei-, stop-, strik-nätel
aufschlagende Getreide, der Nachwuchs ; — etc., — nätelgeld etc. — Bedensart. : he sitt
d'r is fan 't jär föl naslag in 't körn. 60 up nätels ; — mit 'n gleinigeu nätel neien
J, ten DoOTukaat Eoolman. Wörterbuch. II. 41
NA-TH) 642 NAUIGHEID
(mit einer glühenden Nadel nahen, d. h. naa (Compar. nauer; — Superl. naueste,
eilig t(. schlecht nähen, weil die Nadel in nauste), dicht, enge, beengt, ge- od. bedrängt,
der Rand brennt); — de rok hed de snider beschränkt, knapp, kaum; genau; geizig,
wol mit de gleiuige (od. 'ii gleinigen) nätel karg etc.; — dat sliitt to nau au; — dat
neid, dat he so gau iu de näden ritt. — 5 steid to nau (dicht, nahe) an- od. up 'n
Nd., mnd. natel ; nid. naald; mnld. uaelde; ander; — dat is hir so nau, dat man sük
a//7Vs. nedle, nidle ; saiZ. nedle; wang. nddel; hast net rüren kau; — de kinder sitten föls
as. nädla; ags. naedl ; aengl. nedle ; engl. to nau up 'n ander; — mit uauc nöd ; —
needle; an., isl. näl ; noriv., dän. naal; he nimd de mät to nau; — he nimd alles
schwed. nill ; ahd. nädela, nädila, nädla ; 10 fOls to nau ; — dat kan d'r nau heu (od.
mhd. nadele, nädel u. ahd. nälda ; mhd. dör etc.) ; — de naue pörte ; — dat kumd
uälde (später) nölde; goth. nethla. — Zu fan middag nau um mit 't eten; — nau
ahd. najan (nähen), cf. neien u. uäd. dingen un erlik betalen; — he kikt ferdömd
na-tid, Nachzeit, Herbst etc.; — up 'n nau to ; — he word so nau, dat he hei
siegten sömmer folgd mesttid 'u möjea^natid. 15 niks mer misten kan. — Sprichw. : arme lue
nätje, s. uädje. gefen naue räd. — Nd. nau; mnd. nouwe,
^•di\e.i loeibl. Name. Gekürzt aus k.nndX]Q, nau; nid. naauw ; mnld. nauw od. nouwe;
dem Dimin. von Anna u. demnach gleich zvfries. nauw, nauwe; nfrics. nauw, mhd.
mit Antje. nou, nä in gc-uau, ge-nä (nahe; genau)
Hatte, (das) Nasse, Flüssige, Feuchte etc. ; 20 «. nouwe, nowe, nöuwe, neuwe in ge-nouwe
— 't natte un 't droge. etc. (mit knapper Noth, knapp, kaum, bei-
natten, a) nass 2verden, nässen, feuchten, nahe, genau). — Es steht ivahr scheint, für
regnen etc. ; — 't fangd an to natten ; — älteres hnouwe, hnauwe ti. ist alsdann toohl
't hed al lank uattd ; — b) nass machen, mit ags. hneäv (parcus, avarus, tenax) eins,
benetzen, befeuchten, besprengen etc. ; — du 25 zvo indessen dessen Bedtg. : karg , geizig
must dat wat natten od. an-, be-natten. — auch wie bei unserm nau aus der sinnl.
Nd., nid., mnld. natten; ahd. nazeu, nazzen ; von: dicht zusammengedrückt od. zusammen-
mhd. nazzen (nass sein od. tverden) u. ahd. gedrängt, zusammengeschlossen, bz. dränge,
(nazjan), nazzen, nazan,nezzan,nezan,nezzen; ge- od. bedrängt, dicht u. nahe an einander,
»w/irf. netzen (nass machen, anfeuchten ; Urin 30 enge etc. hervorgegangen sein muss. Steht
lassen) ; goth. natjan (benetzen). mm abernowwe od. nowyf für älteres hnoiivief
natter, nasser, nässer etc. so würde dafür wohl ein Verb, hniuwan,
natteste, natste, nasseste. hnouw, hnow etc. ; ags. hneövan, hneäv,
nattigheid, Nässe, Feuchtigkeit etc. ; — huuvan mit der Bedtg.: stossen, drücken,
man kan hir fan uattigheid net löpen od. 35 drängen, zusammendrücken etc. anzusetzen
diiren etc. — Nid. nattigheid ; mnd. natticheit. sein, ivomit vielleicht auch das ahd. niuwau,
natar , Natur ; — a) Gesammtheit alles nüan ; mhd. niuwen, nüwen u. daneben auch
Geschaffenen u. G etcor denen , Schöpfung, ahd. uouwan, nauwan (tundere, zerstossen,
Welt etc. ; — • b) angeborne Art od. ange- zerschlagen, kleinschlagen, zerdrücken, zer-
bornes Sein u. Wesen eines Etwas, innere 40 reiben) ident. ist, sofern dies für älteres
u, äussere Beschaffenheit, Gemüthsart, Den- hniuwan steht. Dieses huiuwan (germ. ]/
kungsart etc. ; — sin natur lett dat net to ; hnu = idg. knu) stimmt zu griech. kni'ieiu
— sin natur ferdragt dat net ; — he hed 'n (kratzen, reiben, schaben, leise a7i die Thüre
slapcrgeu natur; — he is fan natur man pochen) u. kann zu derselben ]/ knu auch
swak od. min ; — d'r sitt so 'u angstigen 45 vielleicht das an. gniia, nüa (reiben, kratzen,
natur (ängstliches Wesen etc.) in de junge, schaben) gehören, sofern dies nicht etwa mit
dat he sük aferal bang für mäkt un nargens griech. chnai'iein etc. (cf. gnauen u. gniden
up an dürd; — c) Geschlecht; — se is fan etc.) zu einer ]/ ghnu, ghun, ghan gehört.
tweerlei natur, od, se is beiderlei natur (sie naue, gewöhnlicher naute ; s. d.
ist ziüitterhaft od. eine Zwitter) ; — d) sperma 50 iiaueii, enge machen, engen, drücken, driin-
vivens ; — de natur is kamen; — e) Leben, gen, zusammendrücken , klemmen, kneifen;
Lebendigkeit, Frische, Keckheit etc.; — dar in die Enge treiben, beengen etc.; — dat naut
sitt nog natur in dat perd (od. de junge, (das engt od. drängt,klemmt, kneift, beengt) im
dat wicht etc.), dat kan man wol sen; — od. lium etc. ; — de sake naut (die Saclie
wen d'r nog wat natur in sat, den let he de 55 drängt, hat Eile, kann nicht aufgeschoben
ören net so ligt hangen. — Das entlehnte ?t'er</cn c<c. — c/. benauen i<. fernauen, benaud.
lat. natura von nascor, natus sum, nascere — iV/d naauwen, benaauwen; ?««?(i. nauwen ;
von der ]/ gan, gna (zeugen, erzeugen), da nd. nauen ; mnd. nouwen etc. — Zu nau.
nascere für gnascere, bz. natus fiir gnatus uaaigheid, Genauigkeit, Knappheit, Karg-
(cf. co-guatus) steht. 60 heit etc.
NAU-KOERIG 643 NEDER NEDDER
nau-körig, genau od. ängstlich in der ivodurch er viel fester hält ivie ein ge-
Wahl od. im Köhren, Erkühren, Kiesen, wohnlicher Nagel ; — du must dat blad fan
ivählerisch, genau nehmend, ganz genau etc.; de spa' mit twö ncdoii an de stäl fast ueden
— he is fBls to nauköng up 't ilten ; — lie laten ; — 't iiöd fau 't mest is lös gäu ; —
kikt so nauköng to, as of he bang is, dat 5 dat mest sitt his in 't ned ; — all' wat ned-,
he sük fersügt; — he nimd 't all' nauköng nagel- un erd-fast is, dat hört to 't hüs,
up ; — he sügt 't all' nauköng na. — Nid. wen 't ferküfd word. — Nd. ned ; mhd. niet,
naauwkeurig. niete. — Zu neden od. mit diesem zu einem
nauliks, nauelks, knapp, kaum, mit gc- urspr. Verb, hniudan, ahd. hniutan etc.,
nauer Noth ; — he hed nauliks wat to äten ; 10 cf. neden.
— dat kan d'r nauliks heu. — Nid. naauwo- neden, nieten ; a. mit einem Niet od. me-
lijk, naauwelijks. tallenen Stift fest machen od. befestigen,
nau-nemig, nan-nemend, genau nehmig, festschlagen etc., ein Niet worin eintreiben
genau nehmend, leicht verletzt u. beleidigt u. dasselbe breit u. platt schlagen od.
etc.; — he is so naunemig (od. naunemend), 15 hämmern, damit es fest sitzt u. die betr.
dat man sük hast bi hum fersügt, er man Bestandtheile an einander haften macht etc. ;
't wet; — mit sükke naunemende minsken dann aber überhaupt auch: b. schlagen od.
is siegt umtogän un to krameu. hämmern, jedoch Alles nur in Bezug auf ein
naate, Enge, Klemme, Angst, Verlegen- Nietod. einen metallenen, zur Befestigung die-
heit etc.; Enge, Engpass, Engweg od. enger 20 nenden Stift; — dat blad mut d'r up nedt
Gang etc. ; — he wurd' so in de naute (un net spikerd od. nageld) worden ; — dat
dräfen, dat he net wuss', war üt of in ; — is üp 'n ander fast nedt ; — de smid hed
in de üterste naute weseu (in der äussersten dat net god nedt, dat is glik wer lös gän ;
Klemme od. Angst, Noth u. Verlegenheit — Compos. : an-, um-, krum-neden etc. —
sein); — dör de naute kan dat schip (od. 25 Nd. neden; norw. njoda; schwed. näda;
de wagen) net dör ; — 't sitt in de naute fast. mhd. nieten. — Wohl mit ned u. nhd. Ni e t
nau-terig, nau-terend, genau od. spar- zu einem agerm. Verb, hniudan (stossen,
sam, karg etc. im Zehren, ivenig zehrend schlagen, hämmern etc.), tvas mir im an.
od. verzehrend ; daher überhaupt: sparsam, hnjödha, hnyd, hnaudh, hnudhum (stossen,
geizig etc. 30 hämmern, festschlagen) u. ahd. hniutan, in
nävel, s. nefel. pi-hniutan (befestigen) belegt ist u. womit
na-winter , Nachwinter , nachfolgender auch ahd. hnötöa (quassare) u. nuoton, in
Winter od. Frost; — Sprichw. : „wel harr' ge-nuotön (conquassare) connex ist u. dessen
dat dogt, dat wi nog so 'n nawinter kregen," Thema hnud ivohl jedenfalls mit ags. hnossjan
harr' 't wif segd, do harr' se hör underrok 35 (tundere, quassare), ge-hnyssan (conterere)
al um sunt Märten ferköft. auf dieselbe y hnu, knu ivie das ahd. hniu-
ne, nä, ne, Negations- od. Verweigerungs- wan (tundere etc., s. unter nau) zurückgeht.
u. Ablehnungs-Partikel in der Bedtg. des neden, s. beneden (unten etc.) u. vergl.
nhd. nein u. anscheinend auch noch in der tveiter das folgende:
von nicht, wie ^z. B. in den Sätzen: ne 40 neder, nedder, contrah. ner, ner, nieder,
of wol, 't is ml glik ; — ne of god, du must in der Richtung nach unten hin, unter etc. ;
't weten, of di 't regt is; — is 't näMs 't — he fald ner; — he mäkd dat ner etc.,
mi 6k regt. — Bedensart: he hed altid nä cf. weiter die nachstehenden Composita. —
to köp, a. er negirt od. verneint u. ver- Nd. nedder, neer ; mnd. neder, nedder ; 7ild.
weigert (lehnt ab) immer Alles ; — h. er 45 neder, ner ; afries. nither, neder ; as. nithar,
antwortet auf die Frage ob dies od. das nidhar ; a^s. nidher, nidhor, neodhor, niodhor,
bei ihm zu haben od. zu kaufen ist, stets nydhor,nyder; aeH<7l. nidher, neodher, nedher,
mit Nein. — Vergl. die Negationspartikel engl, nether ; ahd. nidar, nider ; mhd. nider ;
nd. ne; afries. ni, ne; goth. ni ; ahd. ni, nono. ned, nid, ner, neder, nider; schtved.
ne etc., ivovon das nid. neen, nhd. nein 50 ned, neder; dän. ned, neder. — 3Iit neden
durch Anhängimg von ein gebildet it. zu (nieder) in beneden (s. d.) = nd. nedden ;
nein contrahirt wurde. mnd. neddene, nedden ; nid. neden (in beneden
ne, s. nei. etc.) ; afries. netha ; as. nithana, nidhana ;
nebbe, s. nibbe. ags. neodhan, nidhan ; aengl. nidhen, nedhen ;
ned (Plur. neden), Niet, Nagel od. Stift, 55 an. nedhan ; norw., dän. neden; schwed.
der durch zwei od. mehrere auf einander nedan; ahd. nidana; mhd. nidene, niden
liegende Platten od. Stücke hin getrieben (infra, deorsum, bz. unten, herabioärts etc.)
ist u. zum Zweck des Aufeinanderhaftens etc. von ahd. nida; mhd. nide, nid; as.
der verschiedenen Theile an beiden Enden nidhe, nidh (unten, unter, unterhalb, nieder),
breit u. platt geschlagen od. gehämmert wird, QQ loovon das Adv. nhd. nieder, bz.^ahd.
41*
NEDER- NER-BUGEN
644
NEF
nidar; as. nithar etc. anscheinend cbensotcoJil
eine nrs})): Comparativbildung ist, wie das
Adj. nhd. nieder, bz. ahd. iiidari, nidiri,
nideri; mhd. uidere, nider (unten, unterhalb
befindlich; nicdricf, niedern Standes) u. das
Ade. ahd. uidaro; w/ff?. uidere, nider (niedrig,
tief), da nie formell von as. iiithor ; ags.
nydhcra, iieodhera; an. iiedhri (inferior) u.
afries. nitbere, nedere, neer u. unscrin nedcrc,
neddere (niedere, untere) icohl nicht ver-
schieden sind, da in dem Stammivoii nida
wohl nur der neutrale Begriff eines niedrigen
u. tiefen Standes od. einer niedrigen u. tiefen
Lage etc., od. iibcrhauyt der von: nicht
aufwärts, nicht erhaben, nicht hoch (sondern
eben, zu ebener Erde etc. u. so auch
niedrig, niedrig stehend u. liegend etc.)
liegt u. dann nieder nur besagt, dass ein
Etwas noch niedriger od. tiefer geht od.
tiefer w. tveiter nach unten kömmt, als es
schon steht od. ist, bz. dass ein Etwas von
dem Niveau seines früheren Standes nach
unten hin geht u. also erniedrigt ivird, wie
ja die Verba: niederfallen, niederstürzen
etc. ein Fallen u. Stürzen von dem früheren
Standort herab od. herunter bezeichnen u.
in n i edc r stets der Begrifft Hegt, dass ein
Etwas nicht so hoch u. erhaben, od. über-
haupt nicht da bleibt wo es früher ivar,
sondern eine tceitere Bewegung nach unten
hin macht u. niedriger ic. tiefer zu stehen
od. zu liegen kommt, als vorher sein Stand
war. Die urspr. neutrale Bedtg.: unten
od. nicht hoch u. erhaben, zu ebener Erde
etc. von nida geht auch aus dem ahd. nidana,
bz. an. nedlian etc., bz. dem nhd. hie-nieden
hervor, tvas nicht allein die Bedtg.: unten,
sondern auch die von: von unten her, von
unten hinauf, höJter (als früher) hinauf etc.
hat u. dass es liierin mit dem Compar.
super, od. siipara, griech. üpera (oben, über)
von sub (unter, od. unten) od. griech. üpo
(unter) zusammentrifft u. ivonach es dann
auch wohl zweifellos ist, dass das von Fi ck
(I, 651) für nhd. nieder u. skr. nitaräm
(niederwärts, nieder) angesetzte Thema ni
(cf. skr. ni, nieder, herab, hinein, zurück
etc.) ein blosser Ablaut von na u. Umstellung
der y an (bewegen, bewegen ivohin, bewegen
nach oben u. unten hin etc.) ist, icie auch
dem Stammwort üpa von up (auf) u. afer
(über), bz. lat. sub w. super etc. jedenfalls
eine Bewegungswurzel zu Grunde liegt u.
üpa als altes Richtungswort auch blos eine
Beivegung irgend ivohin anzeigt.
neuer-, ner-bngen, niederbiegen; nieder-
beugen.
iiedor-, nPr-dalen, niedersinken.
neder-, nedder-dür, die kleine od. nie-
drige Ilinterthür einer Scheune im Gegen-
satz zu dem grossen u. hohe n Scheunen-
thor, bz. die kleine Thür, welche sich am
Unterende des Stalls befindet u. also im
Gegensatz zu der ober e n Stallthür steht.
5 neder-, nedder-ende, Unterende od. unteres
Ende, z. B. eines Baumstammes.
neder-, ner-fallen, niederfallen.
neder-gerigt, Untergericht, Niedergericht
(ehemals in Etnden),
10 neder-, ner-kamen, niederkommen.
neder-, ner-lage, Niederlage.
neder-, ner-land, Niederland.
neder-, ner-landscl», niederländisch.
neder-, ner-leggen, niederlegen.
15 neder-, ner-liggen, niederliegen.
neder-, nSr-uiakeu, niedermachen.
nedern, niedern. Nur in feruedern, er-
nieder n, ern iedrigcn.
neder-, ner-setten, niedersetzen.
20 neder-, ner-sitten, niedersitzen.
neder-, ner-slachtig, niedergeschlagen,
muthlos. — Nid. nederslagtig.
neder-, ner-slagen, niederschlagen.
neder-, ner-störten, niederstürzen.
25 neder- warts, niederwärts.
nef, Neffe, Geschwister-Sohn. — Nd.,
mnd. neve; nid. necf; mnld. ncve, ncfken;
afries. neva (dasselbe); ags. nefa (nepos) ;
aengl. neve ; engl, nephcw (Neffe, Enkel,
30 Abkömmling); an., isl. nefi (frater, ramus
familiae) ; ahd. nevo, nöfo ; mhd. neve ; md.
nebe (Neffe, Schtvestersohn, Oheim, Mutter-
bruder, Verwandter). — Mit zend. napö,
napaö ; apers. napa u. skr., zend. napät
35 (Nachkommen, Enkel) ; ?«<. nepos u. vielleicht
auch dem griech. nepodes (Kinder, junge
Brut); altlit. nepotis (Enkel), sowie skr.,
zend. naptar (Nachkomme, Sohn, Enkel)
u. napti (Enkelin, Tochter, cf. nift u. nichte),
40 skr. naptt (Enkelin, Tochter) ; zend. naptya
(Familie; Vetter); goth. nithja statt niftlija
(Vetter) ivahrscheinl. aus einer urspr. vollen
Form na-pitar od. na-patar (contrah. naptar),
tvo dann das starke skr. napat aus naptar
45 entstanden sein müsste u. den obigen Wörtern
kein Thema napan od. napa (cf. Fick, I,
126) zu Grunde liegen kann. M^as nun aber
naptar anbetrifft, sofern es aus na-pitar
contrah. ist, so loürde dies als Compos. von
50 na u. pitar die Bedtg. von Nicht-Vater
(als Gegensatz zum Vater- u. Erzeuger) ge-
habt haben können, da na als Verneinungs-
Partikel die Bedtg. : ne, non hat. Da in-
dessen na im ved. auch die Bedtg. : ivie,
55 gleichwie, sicut od. engl, liko etc. hat, so '
loürde demnach in nsL-intar auch die Bedtg.: \
10 ie od. gleichiüie (der) Vater od. dem
Vater gleich u. ähnlich, od. ebenso toie der
Vater gelegen haben können, tooraus sieh
60 auch toieder leicht die Bedtg. : Nachkomme,
NEFEL 645 NEJ- NE-BREK
Söhn, Enkel etc. od. cognatus entwickeln nefelig, nevelig, näflig etc., neblig. —
konnte. Ist indessen napät von naptar urspr. Nur noch selten u. fast schon ganz durch
verschieden od. naptar aus iiapät fortgebildet, nhd. neblig verdrängt, wenn wir nicht
so würde Letzteres leicht eine Kürzung von etwa unser dakertg gebrauchen.
na-päti (Nicht - Schützer , Nicht - Erhalter, 5 liefen, näfen, neben. — Nid., nd. neven.
Nicht-Herr etc.) sein können u. dann auch — Es entstand aus älterem in-even, bz. in-
ivieder im Gegensatz zu päti (Schützer, Er- eben, d. h. in eben derselben od. der gleichen
halter, Ernährer, Herr, Hausherr, Haus- Richtung od. Linie etc., worüber das Wei-
vater, Gatte etc.) stehen, woraus auch loieder tere bei Weigand etc. zu vergleichen ist.
leicht die Bedtg. : Kind, Sohn, Angehöriger 10 nefens od. iieffens, neben. — Nid. nevens
etc. entstehen konnte, zumal in den alten etc.; cf. tefFens.
patriarchalischen Zeiten sämmtliche Kinder negen, nagen in ge-negen ; s. nigen.
u. Enkel etc. Untergebene u. Hörige od. negen, nagen, neun. — Nd., nid. negen ;
Knechte etc. des Vaters waren u. also na- afries. nigun , niugun , niugen , niogen ;
päti im strictesten Gegensatz zu einem päti 15 mostfries. (Ca d. 31 üll er) mnggen,moggen;
stand od. das Gegenstück von einem i)Siti war. wfries. (Jap ix) nju eggen, njoeggen ; satt.
Für eine Entstehung von naptar aus na- njugen; as. nigun, nigen; a^rs. nigon, neogon;
l)iiar od. nsi]^kt aus na-päti spricht jedenfalls engl, nine; an. niu; norw. nie; dän. ni;
der Umstand, dass es überall keine ]/ nap schived. nio ; ahd., goth. niun ; mhd. uiun,
giebt u. dass auch eine solche entweder aus 20 niwen ; md. nun ; lat. novem ; skr. nävan ;
einem Compos. na-pa od. na-pä gekürzt sein zend. navan etc.
müsste, da &e^ nap doch schwerlich an eine negende, neitnie; — negentein, «e^m^'e/in.
Versetzung aus pan (erhalten, ernähren etc. negenhnd, eine hartnäckige u. bösartige,
cds Weiterbildung von pä) zu denken ist u. tief im Zellengewebe wuchernde Blutschiväre
dann davon ein Thema nap-ä in der Bedtg. : 25 (Karbunkel), auch nd. so benannt u. auch
Wesen was erhalten u. genährt wird (von schon bei Cad. Müller unter demselben
einem Jemand) entstand. Namen niuggenheude vorkommend, weil sie
nefel, nevel, näfel, nävel, Nebel, Nebel- tvie mit neun Häuten bedeckt ist, die sich
Schleier etc. ; — dar kumd so 'n nefel up ; nach u. nach ablösen.
— d'r ligt mi so 'n nefel (od. däk) för de 30 negen-kne, Ackerspörgel; so benannt, weil
ogen. — Nd. nevel, nävel od. newel, näwel ; vielfach gekniet.
mnd. nevel, neffel; nid. nevel ; afries. nevil; Tieg(in-ogi[(neun-äugig), argusäugig, sehr
as. nebhal; ahd. nebul, nepol, nebel; mhd. scharf aufmerkend u. Alles sehend.
nebcl (Nebel, Dunkel) ; an. nifl in nifl-hel, nei, ne (Compar. neier, neer ; — Superl.
nifl-heimr, nifl-vegr. Davon : ahd. nibulunc ; 35 neiste, neste), neu ; — 'n nei kl6d ; — 'n
wM. nibelunc; an. niü-ungr (Nibelung, Sohn neen hod etc.; — neie botter; — dat schal
des Nebels od. des Dunkels, bz. der Finster- mi ne don (das soll mich wundern). — Nd.
niss, als mythischer Name). — Mit ags. nij, nije, nige; mnd. nie, nige, nigge; nid.,
nifol (dunkel) ; air. nei ; cambr. nywl (ne- mnld. nieuw ; afries. nie ; wfries. ny, nye ;
bula); griech. nephele; lat. nebula (Nebel, 40 nfries. nei (cf. neis, neulich; Neues, Jo-
Dunst, Wolke, Gewölk), bz. dessen Stamm- hansen, pag. 85); soll, nuj ; wang. \n;
wort griech. nephos (Geivölk) ; kslav. nebo as. niwi, niuwi, nigi ; ags. neove, niove, nive ;
(Himmel) ; air. nem (atis neb) ; cornw. nef aengl. newe, neowe, niwe ; engl, new ; an.
(dasselbe); skr. näbhas (Nebel, Geivölk, nyr, nj, nytt; norw., dän., schwed.ny ; aJid.
Dunstkreis, Luft, Himmel) vielleicht (cf. auch 45 niwi, niuwi, niuwe ; mhd. niwe, niuwe, niu;
naffel etc.) von der y n&hh, bersten, platzen, md. nüwe ; goth. niujis; lat. nov\s; griech.
spalten, klaffen, auseinander gehen etc., bz. neos ; lit. naujas ; kslav. novü ; russ. nowy ;
se expandere (cf. phull, se expandere, air. nue; skr. nava, navya; zend. nava. —
florescere etc. von phal, findi, dirumpi etc. Mit skr. nütana (nun od. jetzt lebend, jetzt
u. griech. phiillon; lat. folium, flos etc. unter 50 thätig, jetzt od. jüngst geschehen od. gethan,
blöme, bleien etc.), sodass näbhas urspr. jetzt sich zeigend etc. u. in diesem Sinne
einen weiten ausgedehnten Baum, od. die auch n e u) von nu, nü (nun, jetzt, in dieser
weite Kluft zwischen der festen Erde u. gegenwärtigen Zeit etc., cf. nu), wonach nava
dem ehernen Sternenhimmel bezeichnete, der u. navya (neu, frisch, jung) ivohl nichts
zugleich ja an u. für sich auch dunkel ist. 55 toeiter besagt als der Jetztz eit od. Ge-
nefeln, neveln, näl'eln, näveln, neöeZ«. — genwart, bz. dem nun od. jetzt ange-
Davon benefeld (benebelt, beratischt). — Mhd. hörig, jetzt geschaffen od. entstanden etc.
nebelen (Nebel od. tvie Nebel sein) u. ahd. nej-, ne-brek, Neubruch, neu od. frisch
nibuljan, nibulen; mhd. nibelen (Nebel machen aufgebrochenes Land, aufgebrochenes Weide-
od. erzeugen, dunkel machen, verfinstern). 60 od. Grünland, aufgebrochene dresk etc. ; —
NE.TE 646 NEPE
neis-girig, nes-girig, neugierig.
neis-giriglieid, Neugierigkeit.
nebreks-hafer, Hafer der auf dem Neubruch
gewachsen i.'it.
neje, uOe, Xeuc; — 't neje is d'r of. neister, iiaister, Näherin, Nätherin. —
neieii, naien, nähen, Zeug mittelst eines iV?d naaister.
Fadens (der entweder durch das Öhr einer 5 nei-, ne-tid, Neuzeit.
Nadel gesteckt u. dann mittelst derselben nei-, ne-tiding, iiei-, ne-tidefi, Neu- od.
durch das betr. Zeug geholt loird, od. der neue Zeitung, neuer Bericht od. neue Nach-
durch ein zuvor gebohrtes Loch gesteckt «. rieht, neue Meldung od. Erzählung , Ge-
gezogen tcird, wie z. B. beim Zusammen- schichte etc. ; — he heil altid allerhand nei-
nähen voyi stärkeren Lederstücken) zusammen 10 tidiiigeu (od. nei-tideii) in de kop (od. to
ziehen u. mit einander verbinden; — dat fcrtelleu) ; — wat för netiden brcngst du
god is (od. de stäfels sunt) net göd neid; wer mit?
— fig. tcird dörneieu auch in der Bedtg. : nei-, ne-tüt, a) Neuigkeit; — he wet föl
durchprügeln, durchgerben etc. u. dör- u. netüteu to fertelleii ; — b) Neuigkeits-Er-
ütncien auch in der von; durchgehoi u. 15 zähler od. Neuigkeitsbläser, Neuigkeitsaus-
ausreissen etc. ; durchgehen, gehen, rennen, posauner, Neuigkeitskrämer etc. — cf. tuten,
— de perde neien d'r dör, dat 't so 'u ärd blasen etc. u. tute, Mund.
hed; — dat schip neid d'r göd üt; — he nei-wind, ne-wind, Windbeutelei; Wind-
neid d'r dür od. i'it ; — de döf is Citneid (der beutet.
Dieb ist durchgegangen od. ausgerissen etc.), 20 nek; i. q. nak, nakke.
sowie neien allein für sich auch in der nelk, a) gereizt, böse, zornig, verdriessltch,
obsc. Bedtg.: coniprimere gebraucht. — Nd. mürrisch, abstossend, hässlich, unangenehm
neien, naien; mnd. neien, neigen, negen, etc.; — dsit is nc\k (böse, schlimm, hässlich) ;
neggen, noien; nid. naaijen ; tnnld. naeyen, — dat sügt nelk (od. lelk, 61k) üt; — 'u
naeden ; ahd. näjan, näwan, nähan, näan, 25 nelken kerel od. kräm ; — b) toll, närrisch,
näen ; mhd. naejen, naegen, liegen, neigen, albern; — 'n nelk -wicht. — Ob mit ivang.
naehen, neben, naeen, naen, neu (nähen; (Ehr e ntr aut, I, 9S) nilk (albern) aus
schnüren, einschnüren). — Wohl mit griech. iiidelik, nidllk, nidelk (neidlich) wie lelk
neö, neein u. lat. neo, nevi, iietum, nere (sjnn- aus ledelik = ahd. leidelih ? — Oder ist
nen, Fäden ziehen) urspr. eins u. demnach 30 nelk aus lelk, lelik durch Eintritt von n
mit dem zu einer y nagh (urspr. angh ?) für 1 entstanden, loie kuüflök aus klüflök,
gehörenden lat. nexo u. necto xinverwandt. knepel aus klepel etc.? — cf. auch 61k.
nejen, neen, neuen; — Compos.: benejen nemand. Niemand, nicht Jemand. — Mit
('t beneid nii, es überrascht od. verwundert der vorgesetzten Negation ne od. ni aus
mich, ist mir neu etc.; — dat schal mi ins 35 emand.
benejen od. nej dön, das soll mich mal wun- nemedal, nichts, garnichts ; — he wet fan
dem od. neu thun; — he was d'r net sün- neinedal. — Nid. nieniedal od. niemendal,
derlik fan benejd, er war davon nicht son- contrah. u. verdorben aus mnld. niet met
derlich erbaut od. erheitert, erfreut etc.); allen (nihil prorsus).
— fernejen, nid. hernieuwcn (erneuen etc.). 40 nenien, nämen (neme, nimst, nimd etc. ;
nei-, ne-gras. Neugras, das neue frische, — nam tc. nem, namst u. nemst etc.; —
nach dem Mähen wieder geioachsene Gras; iiamen, nomen), nehmen, fassen, greifen,
— de kojen lopen in 't negras, nu schölen packen, zu sich nehmen, ivegnehmen ; — he
Be wol bold wer in de melk anwinnen. nimd hum bi de schubben ; — he nimd d'r
neigheid, neigkeid, a) der neue frische 45 'n appel of etc. ; — se nemen sük net fül in
u. noch gut erhaltene Zustand od. die neue de grütde od. leiigte etc. ; — he nam mi
Beschaffenheit von Etwas, das Neue, die för min brÖer etc. — Nd., mnd., nid., mnld.
Frische etc.; — de neigheid is d'r of; — nemen; afries. nima, nema; wfries. nimmen,
b) Neuigkeit, neu u. frisch geschehenes Et- nemmen; nfries. nammc; satl. ninie; wang.
was. Neues etc.; — he hed (od. wet) altid 50 nimme; helg. nem; as. niman, neman; ags.
allerhand neigkeidcn. niman, neoman,nyman; «e«^?. iiimen, nemen ;
nei-, ne-jsir, Neujahr. engl, nim; an. nema; ahd. neman, nemen;
nei-lik, nelik u. neliks, neulich. mhd. nemen; golh. niman; lett. nemu.
nejes, nees, neis, nes, Neues; — he wet nen, nicht ein, kein; — d'r is nen rahisk
altid föl neis ; — is d'r 6k wat neis passerd ? 55 to sen. — Mit nid. neen, nhd. nein (s. unter
— he hed föl neis to köp; — fan neis od, ne) urspr. eins od. «ms nich-ein, ^^. nich-en
iieisen (von Neuem). — Sprichiv. : wat neis, (cf. gen) entstanden u. contrahirt.
man seiden wat dägs; — „d'r kumd alle nepo, nep, Kniff, Zwick etc.; Kneife.
dage wat neis up," sä' de jung', do liarr' he — Engl, nip ; lüd. (Matth. Kr am er)
beden schuld. 60 neep.
NEPEN NIPEN 647 NER
nepen, nipen, kneifen, stisammendrücJcen, ausser an. hnefi, kncfi ; norw. neve u. auch
klemmen, zwacken etc. ; mit den Nägeln od. iiöve, naeva, nava, naava ; dün. naeve (Faust,
einer Zange etivas zerkneifen u. davon was gehallte od. zusammengebogene, zusammen-
abkneifen od. abbrechen etc. ; — he iiept gedrückte , zusammengekniffene Hand) u.
(od. iiipt) d'r 'n stük of. — Nid. nijpen 5 hnefa, kuefa (mit der Faust stark umfassen
(kneifen, kneipen, klemmen, zwicken, schmer- u. zusammendrücken od. fassen u. festhalten)
zen; pressen, drücken, verfänglich sein); auch ags. hiiipan (procumbere, triste caput
mnld. nijpen (vellicare, stringere, summis inclinare, collabi); aengl. (Stratmann)
digitis comprimere, adstringere, contrahere, hmyien, niT^en (sich neigen, sinken etc.); ags.
unguibus vellicare, unguibus pungere) ; ocM^rZ. 10 hnäpjan (dorraitare) ; nd. (Schambach)
nipin (premere, stringere) ; engl, nip (kneipen, nip (Schläfchen, bz. das Nicken od. Nieder-
zwicken, klemmen, pressen etc.); schiced. sinken, sich Neigen des Kopfes), nippen,
njupa, ny-g^ (kneif en) ; nfries. (J ohansen) (nicken, den Kopf zum Schlafe hangen od.
näpin. — Es ist (cf. beden, neden, legen sinken lassen, ihn neigen od. senken) ; mnd.
wegen des e) loohl zweifellos ident. mit goth. 15 (Seh. u. L.) nipen (sinken, nieder-, herunter-
hniupan in dis-hniupan (di-rumpere) ; ags. gehen, sich senken, schief gehen) ; mhd. nipf
(L. Ettmüller) hneöpan (comprimere, {äormitatio), niiiien (nicken, einnicken ; glei-
frangere , carpere), wie dies wohl durch ten, stürzen) etc., sowie weiter auch an.,
schwed. njupa, nypa (s. oben u. cf. auch isl. hneppi (curvare, premere, krümmen,
neptange u. noppe, noppen etc.) bezeugt wird. 20 biegen, beugen, zusammenziehen, zusammen-
— Es gehört diesem nach (sofern es näm- kneifen), hneppa (curvatura), hneppi (fibu-
lich mit goth. hniupan iirsjir. ident. ist u. lare, connectere), hneppi (manipulus), hnipr
nicht mit knipen [cf. dieses] derselben y (curvum et contractum corpus), hnipinn
entsprang) zu einer germ. y hnup als Ab- (curvus; moestus), hnippaz (luctari, cougredi),
laut von hnap, dem Thema eines Verbums 25 hnippi (impingere) ; noriv. neppa (indknibe,
hnipan, hnap, hnup, hnupun, denen ein idg. trykke sammen), neppe, nippe, nyppe (et
Thema kap, ablautend kup, nasalirt kanp, lidet knippe) etc. etc. mit griech. (cf. Fick,
kamp, — kunp, kump, umgesetzt knap, knup III, 82) knamptö, gnamptö u. kamptö (biegen,
mit der Bedtg. : brechen, knicken, biegen, beugen, krümmen etc., s. oben) zu einer u.
zusammenbiegen, krümmen, bz. zusammen- 30 derselben y gehört, die übrigens beim Ver-
biegen od. zusammendrücken etc. zu Grunde gleich von griech. knipos u. sknipos (s. unter
liegt u. wobei aus Zusammenbiegen od. Zu- knipen am Schlüsse) auch aus idg. skap,
sammenkrümmen u. Schliessen etc. (z. B. der skamp, aphär. kap, kamp hervorgegangen
Finger, Hände, Tatzen, Nägel etc.) auch sein kann.
sofort die Bedtg. : greifen, fassen, halten, 35 nep-tange, Kneifzange. — Nid. nijptang ;
tragen , heben etc. hervorging , weil ein mnld. nijptanghe ; dän. niptang ; schwed.
Fassen von Etwas (u. auch ein Kneifen, nyptäng (forceps dentatus; forpex, volsella
Zusammendrücken, Einengen, Klemmen etc.) etc.). — Mit nid. nijper (Kneifer, Ktieif-
ohne Krümmen od. Zusammenbewegen u. zange, Beisszange, Knochenzange, Bäben-
Zusammenbiegen von zwei (zuvor klaffenden) 40 Schnabel, Scheere des Krebses etc.), nijpuagel
Enden absolut nicht denkbar u. möglich ist. (dwangnagel, nagelwortel) etc. etc. zu nijpen,
Vergleicht man nun demnach (Fick, I, bz. nepen, nipen.
518 seq.) kap (fassen, halten etc.) u. kap, 1. ner, ner, das contrahirte neder (nieder).
kamp (biegen, heben) als Wurzeln von griech. — Die Compos. mit ner od. ner s. unter
köpe (Griff), lett. kampju (fassen) u. lat. 45 neder.
capio etc., sowie von griech. kampto (biege) 2. nep, ner, das fallende Wasser, die
u. kämpe (Wurm, Baupe), kampe (Biegung) ; Ebbe, der Ebbstrom, der abebbende od. zu-
tat, campus etc., hz. den deutschen Worten : rückfliessende u. rückläufige Strom, der
haben, haften, heben, Hof etc., sowie von Gegenstrom , die Stelle im Wattenmeer od.
an. hafr (Ziegenbock etc.) etc. od. kup als 50 an der Küste, tvo das abebbende Wasser
y von griech. küptö (ich ducke od. bücke od. der Ebbstrom mit dem Fluthstrom od.
mich), küphos (Buckel, Wölbung) etc. ; lit. das vorivärtsfliessende Wasser des Meeres
kumpis (krumm, gebogen, zusammengebogen, zusammentrifft u. einerseits zwischen beiden
gekrümmt) etc., so ist wohl anzunehmen, Strömungen eine Niederung ist, andererseits
dass zu der aus kup nasalirten Form kump, 55 aber auch Wirbel im Wasser entstehen, iveil
umgesetzt knup, germ. hnup das obige goth. beide Ströme sich gegenseitig bekämpfen u.
hniupan, ags. hneöpan u, unser nepen, schwed. zurückdrängen ; daher überhaupt auch : a)
njupa in der Bedtg. : biegen, knicken, brechen das Wasser eines Stroms, was durch irgend
etc., bz. krümmen , zusammenbiegen od. ein Hinderniss zurückgestossen wird u. eine
drücken, kneifen etc. (s. oben) gehört, während 60 der Hauptströmung entgegengesetzte Bichtung
NEUEN
648
NERS
ninunt (loie dies z. B. auch durch eine
Sandhank od. vorragende Stelle des Ufers
geschieht) u. b) ein Strudel od. gurgcs etc.
— Nid. ncer, neerc (Gegenstrom, Wirhd-
stroiv, Strudel); fig. auch soviel als ncorlaag
(Niederlage) ; — in de neer zijii (herunter-
kommen, zurückgehen, zu Grunde gehen etc.).
— Im Engl, hat cddy dieselbe Bedtg. wie
lUT u. ist dieses zweifellos aus nedere (cf.
1 ner) contrah. u. gekürzt, sodass es tcahr-
scheinl. urspr. entweder das Niedere (s.
oben) od. ein nieder u. abicärts gehendes
Etwas (u. so als Ebbstrom auch ein rück-
tcärtsßiessendes Etwas, eine Eückfluth, einen
Gegenstrom) bezeichnet.
neren, nlircn, nähren, erhalten, ernähren
etc.; — lie iierd si'ik fan watcr un brod, —
he kau nog gen familie nöreii ; — dat is 'n
bedenung de sin man nerd. — Nd. neren,
nären ; mnd. neren; mnld. neeren; afries.
nera; tcang. niri ; as. nerjan, nerean, nerjen;
ags. nerjan, nerigan, nergan ; ahd. nerjan,
nerjen, nerreii, neren; mhd. nerigen, neren,
nern (heilen, gesund machen; am Lehen
erhalten ; retten, erretten, vom Verderben
befreien, selig machen ; vor Verderben be-
wahren, schützen; nähren, erhalten, er-
nähren). — Die Vorsilbe ner entstand mit
Uebergang von s in r (loie bei 2 leren)
aus urspr. nas u. ist nerjan demnach
ident. mit goth. nasjan (retten, erretten,
schützen, selig machen), tvas mit der Endung
Jan (machen etc.) von dem Bräter. nas von
nisan (cf. ge-nesen n. narung) fortgebildet
ist, loonach dann aus der Bedtg. : ganz,
heil, od. gesund machen etc. zunächst die
Bedtg. : (Jemandem) Leib u. Jjeben erhalten,
od. (Jemanden) am Leben erhalten u. dann
überhaupt die allgemeine Bedtg. : erhalten,
ernähren etc. entstand.
Wegen der urspr. Synonymität von nerjan
od. nasjan mit lielen vcrgl. auch noch das
mit heiland synonyme u. tcic dieses vom
Partie, j^räs. gebildete Suhst.: goth. nasjands
(salvator) = as. nerjand od. nerjando, ner-
jendo ; ahd. nerjento etc., was früher in der-
selben Bedtg. tcie das Wort Heiland von
Chr istus gebraucht tvurde.
nerig, närig, a) auf die Erhaltung n. Er-
nährung seines Leibes, bz. die Gewinnung
seines leiblichen Unterhalts od. seiner NaJi-
rung bedacht u. in Bezug hierauf eifrig,
betriebsam, jleissig ; — he is nog al 'n nerigen
kerel ;^ — he is d'r regt jierig bi dön, dat
he 't lif ful krigt; -- b) nährend, nahrhaft;
— nerlg äten. — Nd. nerig, iiiirig; mnd.
nerich. — Zu neren.
nering, neren, niiring, nären, das was
erhält u. ernährt od. dasjenige wodurch,
wovon u. womit man sich nährt, ernährt,
erhält u. so auch dasjenige, ivas man sich
zur Ernährung od. als Unterhalt erwirbt
u. verdient; daher auch der Broderwerb,
der Erwerb u. Verdienst od. auch der Um-
5 Satz u. Zuspruch im Geschäft etc. ; — dar
is toi nering an hi'is ; — de kopman hed föl
nereii fan sin umgegend ; — he hed hum in
nering settd (er hat ihn in Verdienst ge-
setzt od. ihm Gelegenheit gegeben. Etwas
10 zu erwerben n. zu verdienen, ihm 2oas ab-
gekauft etc.). — S2}richio.: de niir'mg (Brod-
crwerh, Ernährung, Erwerb, Verdienst, Zu-
spruch u. Umsatz im Geschäft etc.) hcbben
wil, raut meunig hör jüffer heten; — man
15 miit de tav'm>>;(ZeJtrung) na de nering (Er-
iverb u. Verdienst etc.) setten. — Nid. ne-
ring; nd. nerung, narung; mnd. neringe,
ncrighc. — Zu neren.
nerings-, närings-, nerens-büs, Brod-
20 erwerbs-Haus, Haus toas zum Erwerb u.
Verdiest dient od. als Geschäftshaus ge-
braucht loird u. tauglich ist u. daher Gegen-
satz von Privathans od. einem sonstigen
Hause; — als ueringshüs ligt dat hüs gans
25 gelegen.
ner-, ner-kauen, toiederkauen ; — de ko
ligt to nerkanen. — Nid. her-, weer-, weder-
kaauwen ; a»W. eerkouwen; 7jrf. edderkauen ;
mnd. ader-, är-, adder-, edcr-, er u. (mit
30 vorgeschlagenem n, cf. auch ners etc.) ner-
kouwen. — Nach der mnd. Eorm ader-
kouwen ist es ivohl ein Compos. von ader
= as. ädhar, ödhar, öthar ; ahd. andar etc.
(alter, ceterus, alins, cf. ander) u. kouwen,
35 falls es nicht etwa mit einem (mit lat. iterum
synonym, u. ident.) and. eder, edder als
Weiterbildung von ags. ed, ahd. it, ita (wieder,
wiederum, gegen etc.) zusammengesetzt, od.
die Vorsilbe eder, edder dasselbe Wort ist
40 ioie nd., mnd. edder u. md. other, uder,
ader, adder = nhd. oder, was vom gleich-
bedeutenden ahd. odo fortgebildet wurde ti.
auch vielleicht mit ags. edhdha, ahd. eddo,
an. edha, goth. aiththau (oder) zusammen-
45 hängt u. Ja auch einen Gegensatz od. ein
Entgegengesetztes u. Zweites od. Anderes
ausdrückt.
ners, ners, närs, närs, Arsch, Hintere.
— Eedensart. u. Sprichw. : he dreid d'r sin
50 ners üt; — he settd sük mit de ners tegen
de krübbe; — grote nerseu hebben wide
büksens nödig; — he kan wol lachen, he is
mit de ners in 't botterfat to sitten kamen
(scherzh. von Jemandem, der eine fette
55 Pfründe od. Stelle erhielt) ; — de ners j8kt
mi; dat gift 'n göd botterjär; — 'n sittende
ni-rs un ^n liggend gat (cf. gat in der Be-
dtg. : Arschloch etc.), wet altid wat ; — se is
nog na de olde weit, se dragt de ners achter ;
60 — dclr schal hum de ners nog lauk afer
NERSTIG 649 NETERIG
worden; — ho hed sük 'n ris (Buthe) to od. schwimmendes (u. so auch leichtes) Et-
sin egen ners bunden; — he pipt un stcnd was bezeichnete, wobei ich auf 1 n. 2 flot
al, wen he man 'n wind dwars för de nörs von fleten (fliessen) venveise, loozu auch ja
Sitten hed; — de lank läfd word cid, de vielleicht das flet od. Fleth (cf. Bohrik,
lank kakt krigt de närs kokl ; — malligheid 5 pag. 292) genannte vollständige Geräth zum
is malligheid, man für in de närs is ernst, Wallfisch- u. Heringsfange, bz. das ganze
— Nid. naars; nd. närs. — Mit vorgesetz- Tau- u. Masten- Werk eines Schiffes gehört,
tem n von ärs od. aus en ärs, 'n ärs (cf. 2. iiet od. net, nett, artig, sauber, glatt,
märs) contrahirt. genau, eben, gerade etc. ; — 'n net wicht ;
nei'Stig, fleissig, betriebsam, emsig, eifrig 10 — du must di net upfören od. regt net
etc. — Nid. naarstig, neerstig; mnld. neer- wesen; — dat kled sitt regt net un knap;
stigh, nernstigh ; mnd. nernstich, nernstlik, — he sügt net so üt as sin fader. — Aus
nerstlik, nerstich. — Mit vorgesetztem n aus franz. net (rein, hell), was mit ital. netto
ernestlik, ernestich (ernstlieh, ernstig), wie aus lat. nitidus (blinkend, glänzend, glatt,
auch mnd. nernst, nerst (Ernst, Eifer, Fleiss) 15 schön etc. von nitere, glänzen etc.) entstand,
mit vorgesetztem n aus ernest, ernst. 1. net, nicht; nichts. Nichts; — du must
Des, s. nejes. m! net to na kamen ; — dat is man 'n net
nesse, nes, Halbinsel, Vorsprung, Land- um dat to don. — Sprichw. : de fan net kumd
Zunge etc., bz. Name von der Halbinsel Tiiesse to et, is allemans ferdret. — Nd. net; nid.
bei Leer u. Emden u. der Ortschaft Nesse 20 niet. — Es entstand u. ivurde contrah. (cf.
im Amte Berum an der Küste, wovon Nesser- et, ets) aus ne-eo-wiht = ahd. neöwiht, d. h.
land bei Emden u. Nessemersil im Amte nicht irgend Ettvas, da yriht dasselbe Wort ist
Berum ihren Namen haben, wie desgl. auch icieahd.vr'üit (Wesen, Geschöpf, Ding, Etwas),
der Stadttheil Bonesse in JEmden. — Engl. bz. nhd. Wicht ti. unser mchi (Mädchen).
ness (in Sheerness etc.) ; an., norw. nes ; 25 2. net, die Schriftseitc einer Münze u.
schwed. näs ; dän. nes, naes (hervorragende Gegensatz von w a t als der Wappenseite,
höhere Landspitze, Landzunge, vorragende ivonach es jedenfalls dasselbe Wort wie 1 mi
Landecke od. Vorgebirge, Cap etc.). — Es (Nichts) ist u. wohl soviel besagt, dass diese
ist aus nese gekürzt u. dasselbe Wort toie Seite kein Bild od. Wappen hat u. zeigt.
nhd. Nase, cf. Seh. u. L. unter nese u. 30 nete, näte (Flur, neteii, näten), Niss,
Weiteres unter nöse. Lausei. — Sprichw. : mit de ueten is mer
neste, s. neiste (Neueste) u. nei. to dun as mit de lüsen. — Nid. neet; nd ,
1. net (Plur. ne.iiQi\), Netz {vei%), Gestrick mnd., mnld. nete u. mnd. auch nit; wang.
mit Maschen zum Fangen u. dann auch nitte; ags. hnitu ; aengl. hnite, nite; engl,
ähnliches Gestrick zu andern Zwecken; — 35 nit; an., isl. nyt; norw. gnit, gnitr, knit;
he is in 't net räkd ; — he sitt in 't net; schwed. gnet; dän. gnid; ahd. (hniz), uiz;
— smite 't net üt, of du net wat fangen mhd. niz ; lett. (Plur.) gnidas ; poln. gnida ;
kanst; — he niut achter 't net fisken. — polab. (Plur.) gnaidäi; böhm. hnida; griech.
Nd., nid. net; mnld. nette, net; mnd. nette; könis, Plur. könidos. — Wohl mit nitel u.
wfries., nfries. net (dasselbe) ; afries. net 40 ags, hintan (stossen, stechen etc.) u. griech.
(Netz) u, nette, nitte (Netzhaut etc.); as. knizö (reiben, kratzen, jucken, beissen [cf.
net, netti ; ags., aengl., engl., an., norw., biten sub bj stechen etc.) etc. zu einer ]/ knid
dän. net; schwed. nät; cihd. nezi, nezzi; aus knad (cf. ^W^c/j. knadällö, beisse, jucke,
mhd. nezze, netze (Netz ; Netz zum Fisch- kratze, schabe etc.), kand, urspr. skad, skand,
fang od. zum Fang anderer Thiere; Netz 45 als Weiterbildung von ska, cf. die Wörter
zum Schutz gegen Insecten, Fliegennetz; mit dem Anlaut scha.
Art Putz über ein Gewand; Haarpiutz der neten-, näten - kenimer , Nissenkämmer,
Mädchen um die Zöpfe, Haarnetz; adeps Person die Nisse kämmt u. demnach auch
inte&tim, Netzhaut um die Eingeiveide) ; goth. die Nisse od. das Allergeringste nachsucht
nati (Fischnetz). — Es lässt sich formell 50 u. .sich Nichts entschlüpfen lässt. Daher
kaum von ahd. nazi, nezi ; mhd. nezze ; mnd. fig. : schäbiger , filziger , geiziger Mensch,
nette (Nässe, humor, liquor) scheiden u. Knauser etc.
dürfte die urspr. Bedtg. wohl ausschliesslich neten-, näten - krenier , Nissenkrämer,
Fischnetz (od. Etivas was man ins Kleinigkeitskrämer, erbärmlicher kleinlicher
Wasser setzt, Wassergeräth, Wassergegen- 55 Mensch, Lump, Knicker,
stand) geioesen sein, wie sie das goth. nati neterig, näterig, neterg, näterg, nisserig,
auch allein hat. Möglich indessen ist es lausig, filzig, geizig, verdriesslich, mürrisch
auch, dass es nur mit nazi (Nässe) u. naz etc. ; — he is so ferdömd näterg (filzig etc.) ;
(nass, cf. nat) zu derselben germ. y nat in — he sügt net so näterg (verdriesslich etc.)
der Bedtg.: fliessen gehört u. ein fliessendes 60 üt, as 'n miterigen kese.
NETJE
650
NIBBE NIB
netje, Netzchen, Meines Nets.
netjes (su 2 net), nett, hübsch etc.; —
dat sügt uetjes iit ; — du rnust netjes wesen,
od. netjes to bedde gan.
nettel, Nessel (urtica); — Comjws.: bran-
nettel. — Sprichic. ; klöke höiier leggen ok
wol iiiseu in de nettcis. — Nd. nettel ; nid.,
?««W. netel; /««f?. netele, neltele; ags. ncte\e,
netle ; aengl. netle ; engl, nettle ; ahd. nezilä,
nezzilä, nezehi; mhd. nezele, nezzel ; an.,
isl. netla (in brenni-netla, Brennnessel);
norw. (Jv. Aasen) netla, dialcct. nesla,
natla, nasla, notla, nosle; schiced. nässla,
dialect. nätla; dün. uälde. Das ngenn.
netele od. netila ii. ahd. nezila ist Weiter-
bildung von ngerm. nata (od. wrsj;;*. natja?)
= ahd. naza (cf. ahd. uazza, Nessel), tcas
im an., isl. nötr (d. i. natr) in nötrügras
(urtica) «. (cf. Jv. Aasen unter netla)
norio. etc. nata, nöto, not, noto, uutu, neta
H. schioed. dialect. näta, natä belegt ist. —
Dem griech. gleichbedeutenden knide, kniza
()/ knad, knid, beissen , juc'ken, stechen,
brennen etc. aus kaud, skand, skad, s. auch
unter nete) zu Liebe wird oft angenommen,
dass nata (od. natja?), ahd. naza, nazza für
ursjir. hnata, bnaza, huazza steht. Da in-
dessen die alten germ. Sprachen hierfür
nirgends einen Anhalt bieten, so mag H.
Leo Hecht haben, tcenn er es zu skr. nada
(arundo od. arundinis species, arundo tibialis)
u. uädi (the stalk or culm of any plant etc.)
vergleicht, 2cas vielleicht mit nnserm nat zu
der y nad (sonare, rauschen, tönen, sich
rauschend im Wijide beicegen, im Winde
schicanken, vibriren etc.) gehört, wie dies
ivahrscheinl. auch mit ahd. hriot, nhd. Biet
(cf. reit) der Fall ist, tvobei mayi dann heim
Vergleich von an. hrjota (herab-, heraus-
springen, stürzen, fallen etc. [od. urspr.
iwltern, cf. pultern] ; schnarchen od. ein un-
articulirtes Geräusch machen) u. ags. lirütan
(rapido motu sonum cdere, rauschen, schnar-
chen etc.) von der germ. y brut (sojiare,
sonum edere etc.) tvohl annehmen muss, dass
die y nad (caderc, decidere etc., cf. Bopp)
von Hause aus von nad (sonare) auch nicht
verschieden ist.
Vergleicht man übrigens zu nada (arundo
od. Rohr, Schilf) u. zu dem von Grass-
mann mit Pfeife, Flöte übersetzten
ved. nädi unser pipe (Pfeife, Bohre, Bohr u.
Ding worauf man pfeift u. flötet) von pipen
(pfeifen, flöten, blasen etc., bz. ein schrilles
Tönen od. Geräusch machen etc.), so kann
man auch annehmen, dass sich die Bedtg. :
Bohr von nada auch in ähnlicher Weise von
nad (sonare od. ein unarticulirtcs Geräusch
machen) entwickelte, wie dies bei pipe in der
Bedtg.: Bohr von pipen der Fall ist.
iiettel-dök, Nesseltuch. Ein feines, früher
aus Garn ivas von den hanfähnlichen Sten-
geln der Nesseln gewonnen wurde, gewebtes
Zeug, tcas jetzt indessen aus feinem bäum'
5 wollenem Garn gewebt ivird.
nettel-könink (Nesselkönig), Zaunkönig,
auch tünkriter u. hägekruperke genannt.
nettel-siiolit, Nesselsucht, die bekannte
Haut-Krankheit mit brennendem od. jucken-
10 dem Ausschlag.
netter, netter, hübscher, sauberer etc.
iiettiglieid, Nettigkeit.
netste, nettste, hübscheste, sauberste etc.
nibbe, nib', Schnabel, Mund; — de nib'
15 fan de fögels; — bö word so wit um de
nibbe od. be sügt so wit-nibd üt (von Je-
mandem, der einen Anfall von Ohnmacht
bekommt). — JVd. nibbe; wind nebbe, nibbe;
nid. neb ; mnld. nebbe ; wfries. neb ; nfries.
20 neeb ; wang. nib ; ags. nebb ; aengl. neb ;
engl, nib, neb ; an., isl. nebbi ; norw. nebb ;
schtved. näbb; dän. näb, neb u. (süddän.)
nib. — Wohl mit norw. nibba (vorstehende
Spitze, scharfe Kante) u. an. nef; nono.
25 nev (Nase, Spitze, vorstehende Kante);
schwed. näf (der längere Schnabel einiger
Vögel) zu der ]/ nabh (bersten, platzen,
klaffen, spalten etc., s. unter nefel), tvelche
Bopp mit iQvh'Q, laedere, occidere über-
30 setzt u. ivobei man bei nebbe in der Bedtg. :
Seh nabel sowohl an die Bedtg.: klaffen,
spalten, sich aufthun od. auseinander spalten
etc., als an die von sjialten od. zerspalten,
zerbeissen, bz. beissen überhaupt (cf. y bbid,
35 spalten, beissen etc., od. y gabh, klaffen,
tief sein; schnappen, beissen) denken kann,
da der Schnabel einerseits sowohl ein ge-
spaltenes u. klaff'endcs, als andererseits auch
ein spaltendes u. beissendes Etwas ist u. wo
40 dann aus der Bedtg.: Schnabel auch von
selbst wieder die Bedtg. : scharfes, spitzes
u. vorstehendes Etwas (Spitze, Nase etc.)
hervorgegangen sein kann, falls nicht etwa
aus der Bedtg.: Beiss-Ding unmittelbar die
45 von: scharfes it. spitzes Ding hervorging.
Von nebbe, nibbe, bz. an. nef etc. stam-
men ausser Schweiz, niffen (die Nase rüm-
pfen) u. bayr. nifFeln (durch die Nase reden,
cf. snüfFeln) etc. auch (cf. Diez, I, 290)
50 ital. niffa, niffo, niffolo ; chw. gniff (Bussel) ;
prov. nefa (dicker Theil des Schnabels der
Baidjvögel) ; limous. nifiä; pic. nifler; fran:.
renifler (schnüffeln) ; henneg. niflete (Schnüff-
ler) u. limous. niflo (Nasenloch). Desgl. sei j
55 auch noch bemerkt, dass das Wort nebbe i
od. nebba in der Bedtg.: Schnabel (ro-
strum) nach einem Zeugniss von Plinius
(cf. bei KU. unter nebbe) auch schon den
alten Galliern bekannt geioesen u. demnach
60 ein uraltes Wort ist, wobei an eine Ver- 1
NIBBELN 651 NIGEN
loandtschaft mit snabel, snappen, snibbe (cf. zu Grunde legen muss, wo dann andaneiths
dieses) etc. toohl nicht gedacht werden kann. auch mit : gegen- od. entgegen-strebend, rücJc-
nibbeln, kleine Stücke ivovon abbeissen, würts-strebend u. sich conträr hetvegcnd etc.
an den Bändern leicht benagen, in kleinen übersetzt toerden könnte.
Bissen essen, nicht recht durchessen etc. ; 5 nidel ; i. q. nidig.
— se nibbeld d'r wat mit hör tandjes of niden, neiden; — benidei), beneiden; —
od. an herum ; — he benibbeld dat ; — wult beter benidt, as beklagt.
du dat nibbeln (leicht benagen, naschen etc.) nider, Neider ; — man hed seiden so fol
wol laten ? — sitt dog nich so hen to nibbeln güuners as niders. — Si^ruch an einem al-
as 'n lünink ; du kanst dog anders wol ör- 10 ten Hause in Oldersum : och nider lät din
dendlik döräten. — Nd. nibbeln ; engl, nibble. niden sin, wat God mi gift, dat is toch min,
— Davon: nibbele u. genibbel (kleinliches un as het Got behägt, so is 't tocli beter
Genage u. kleinliches Essen von Speisen etc.) ; benidt as beklagt.
— nibbelke (kleines Bröckchen od. Stückchen nidig od. auch nidel u. nidisk, nidsk,
etc.). — Wohl zu nibbe u. vo» knibbeln etc. 15 neidisch, missgünstig, bösartig, zornig,
verschieden. — cf. auch nifken u. nippen. loüthend, hitzig, eifrig, heftig, stark, unge-
nich od. nigli, nig, nicht. — Aus nhd. mein, sehr etc. ; — 'n nidigen (od. nideln,
nicht gekürzt, toas dasselbe Wort ivie nidsken) natur (od. kerel etc.); — h6 wurd
1 net ist. so nidige dül, dat he hast hei net mer wus',
nichte, nicht, Nichte, Bruders- od. Schwe- 20 wat he de' un sä';^ — 't weid d'r mäig (od.
stertochter. — Mit Uebergang von f in ch mdsk) in ; — 'n nidsken wind ; — so nidig
aus nifte, nift entstanden (wie kracht aus (od. nidsk) arbeideu, dat man hast hei of is ;
kraft, lücht aus luft etc.) u. mit afries., — he is nidsk (eifrig, begierig etc.) up de
wfries. nift, ahd. nift (neptis, privigna); arbeid; — nidsk äten (eifrig, od. stark u.
ags. nift (neptis) ; an. nipt, nift (nympha, 25 gierig essen). — Sodann wird nidel hier
soror, sponsa, mulier) u. lat. neptis von auch noch in der Bedtg. : rasch, plötzlich,
demselben Stamm tvie nef. unenvartet etc. gebraucht, wie man von Je-
nid, Neid, Erbitterung, Groll, Hass, Bos- mandem, der vom Schlagfluss getroffen wird
heit, Missgunst etc. ; — he hed so 'n nid od. sonst jilötzlich u. unerwartet stirbt, sagt :
up hum, dat he hum wol fermören kun, bz. 30 he hed 'n nideln död had.
dat he hum 't locht in de ogen hast net nidigheid, nidelheid, nidskheid, Neid,
günd is ; — he hed dat üt nid dän ; — he Bosheit etc. ; — he hed dat üt nidigheid dän.
sitt ful hat un nid. — Nd. nid; mnd. nit, nifken, Kleinigkeiten stehlen, naschen
nid, nidt ; nid., mnld. nijd ; afries. nith, nid ; etc. ; — he kan dat nifken net laten ; — se
as. nidh; ags. nidh; aengl. nidh, nith; ahd, 35 nifked aferal an herum. — Davon: nifkere
nid, nith, nidh; mhd. nit (Anstrengung, u. genifke (Stehlen von Kleinigkeiten, Na-
Eifer ; feindseliger Eifer, Zorn, Erbitterung, scherei, Genasche etc.). — cf. engl, niffle
Unwille, Ingrimm, Hass, Groll, Missgunst, (stehlen, mausen) u. nid. nijfelen (Kleinig-
Eifersucht, Bosheit) ; goth. neith (invidia, keiten mit den Fingern heimlich entwenden,
Neid) ; an. nidh ; norw. nid (Hohn, Spott, 40 Kleinigkeiten stehlen etc.) u. unser nibbeln
Beschimpfung) ; schwed., dän. nid (Neid, als Iterat. von einem nicht gebräuchlichen
Eifersucht). — Die Bedtg. : Anstrengung, nibben.
Eifer (od. das Streben um vorwärts zu nigen, neigen, sich neigen od. verneigen,
kommen u. was zu thun [cf. auch nidig etc.] eine Neigung od. Verbeugung machen, höf-
etc, bz. um einem Andern zuvorzukommen 45 lieh grüssen etc. ; — se nigd altid, wen se
etc. u. ihn zu besiegen od. zurück zu drängen, en förbi geid ; — se neg (neigte od. verneigte,
woraus sich ja auch die von Missgunst u. verbeugte sich) nich ; — se hed nich nagen
Eifersucht von selbst ergiebt) des ahd. nid (sie hat nicht geneigt, sich nicht verneigt,
scheint darauf hinzudeuten, dass das Thema nicht höflich gegrüsst etc.). — Auch stibst. :
nitha mit lat. niti in der Bedtg.: sich an- 50 dat nigen. — Davon: genägen (s.^d.) u. ge-
strengen, sich bemühen od. bestreben etc. nägenheid u. das Compos.: ofnigen (sich
sowohl begrifflich als formell connex ist, höflich verneigend verabschieden); — de
während das goth. neiths in andaneiths dames mutten nog erst ofnigen, so lank
(entgegengesetzt, contrarius) sich anscheinend könen wi herren nog erst sitten blifen.^ —
näher mit niti in der Bedtg.: sich stemmen 55 Nd., mnd. nigen; nid. nijgeu; afries. hniga,
(an od. gegen Etwas) berührt, da es in niga; sa^Z. nigia; «s., rtgrs. hnigan ; «n. hniga;
diesem Compos. doch schwerlich die Bedtg. : norw., schwed. niga ; ahd. hnigan, nigan ;
invidiosus hat, sondern man dann noch viel mhd. nigen (sich neigen, im an. auch: sin-
eher annehmen muss, dass man auch hier ken, fallen, stürzen); goth. hneivan (sich
für neiths die Bedtg. : strebig od. strebend 60 neigen, sinken). — Davon (vom Präter. hneig
NIGERE
652
NIP
etc., goth. hnaiv) : ahd. (linoigjan), hneigan,
hncikcn, neigen; mhd ucigeu (neigen, sen-
ken etc.); ags. buaegeu (liumiliare); an.
hneigja; w/iW. nygheu (neigen, beugen), was
uns fehlt, icährend deni hochd. das Stamm-
wort nigcn (ahd. hnigan) abhanden gekommen
ist. — Wohl mit hangen zu einer ]/ kak,
Vank ^ skr. (;ank (schtcanken, hangen etc.,
od. urspr. sich biegen u. beugen od. krümmen,
biegsam u. schwank sein, schwanken, sich
hin u. her bewegen, baumeln etc.), umgesetzt
knak, ablautend kink u. kuik etc.; od. mit
tat. cingerc «. lit. kinkan (gürten, binden
etc.) etc. zu der y kak, kank (binden, gür-
ten etc. od. urspr. : biegen u. winden um
Etwas, od. zusammenbiegen, flechten etc.),
wie auch Ja kuk (krümmen, wölben, bz. sich
krümmen u. zusammenziehen od. zusammen-
biegen etc.) ein Ablaut voyi kak, kank ist.
Sich biegen ti. krüminen etc. ist jedenfalls
die Grdbdtg. von nigen.
nigere, Neigerei, Verneigerei, Verbeugerei,
wiederholtes u. anhaltendes Verbeugen u.
höfliches Grüssen od. Bcwillkommen, bz. Ver-
abschieden, Be- n. Ab-Complimentiren etc.;
de nigere hold hei net up od. dar kumd hol
gen ende an de nigere.
nikke (Borkum), Nichte. — Ob aus
franz. niece verderbt ? — ^4.ms nift 0(7. nichte
entstand es doch schwerlich.
nikkel ; — nur in den Bedensarten: du
lütje od. du olde nikkel ; — he is so 'n
regten nikkel (Starrkopf , Trotzkopf etc.);
— so swart as 'n nikkel, in loelch Letzterer
es wohl aus nigger (Neger) entstanden sein
kann, icährend es in den beiden ersten ivohl
mit nd. nikkel aus Nicolaus entstand. —
Im nd. hat nikkel sonst dieBedtg.: kleines
Pferd u. gemeine Weibsperson, Hure.
nikken, nicken, beugen, sich verneigen,
namentlich auch, um Jemanden zu grüssen,
od. Jemandem seine Zustimmung zu Etwas
zu erkennen zu geben, wi)iken; — he stcid
al mit de kop to nikken ; — best du net
sen, dat he nikt (genickt, gegrüsst) hcd V —
he nikt mi to, dat ik dat man dön schal.
— Nd., nid., mnd. nikken od. nicken ; alid.
nicchen, nichen; mhd. nicken (beugen, nieder-
drücken; sich neigen). — Wohl von nigen,
wie bukken von bugcn, doch in der Bedtg. :
winken (durch ein Beugen des Kopfes
od. das Niederschlagen der Augenlider) auch
conne.r mit lat. uicare.
nik-koppen, nicken mit dem Kopf, den
Kop)f nickend hin u. her bewegen, mit dem
Kopfe tcackeln; — he steid to nikkoppen.
— Daher Subst.: nik-kop, Jemand der den
Kopf seitwärts hin u. her bewegt u. damit
eine verneinende u. abweisende Geberde
macht, um zu erkennen zu geben, dass er
auf ein betr. Gesuch nicht eingeht; — nik-
koppen gefen niks.
niks, nichts, Nichts; gar nicht etc.; —
dat is je niks ; — dat is niks möi (gar nicht
5 schön) fan di. — Bedensart. : bir is niks un
dar is niks ; — niks is god in 't oge, man
net in de mage. — Osterlied : möi geft mi
'n päsk-ei ! en is niks, — twe is wat, —
guftl mi dre, den ga' 'k min päd.
10 nikseii, nichts geben, nichts bewilligen od.
zusagen; daher: abschlagen, verweigern etc.;
— ik wil dl wat niksen, dat do 'k lange net ;
nini, .>;. nemen u. fernim.
nimraer, s. nümmer.
15 1. nip (Bimin. nipke, Subst. zu nippen),
kleines Schlückchen ; — se hed d'r mau 'n
nip (od. nipke) ütdän (z. B. aus dem Wein-
glase etc.) od. se hed d'r man äfen an nipt.
2. nip, genau, scharf etc. ; — he kikt nip
20 to, of 't regt is; — se börd nip to, wen d'r
wat protd word; — be is so nip as de düfel;
he lett niks unbesen un börd un sügt alles.
— Nd., mnd. nip, bz. nd. (Dähnert,
Dan n eil, Schütze, Br. Wb.) nipp,
25 nippe n. (Schambach), soicie auch süd-
westfäl. nipe; nfries. (0 utz en) nip. —
Schambach hat als erste Bedtg.: nahe
(ek stund nipe derbi ; — sü nicb sau nipe
up 't bauk), die sich indessen auch wieder
30 leicht aus genau od. nau (genau daran,
od. nau d'r an = dicht od. unmittelbar, bz.
enge u. nahe daran etc., cf, nau) ergiebt u.
da man in dem Satze: sü nicb sau nipe up
't bauk, auch nipe ebensogut mit genau
35 (od. nau) als mit nahe übersetzen kann,
so ist es beim Vergleich des mnd. (Seh. u.
L.) neppelik (genau) ivohl anzunehmen, dass
nip od. nipe mit neppelik zu nipen ßneifen,
zusammendrücken, enge machen, einengen
40 etc., cf. nepen u. auch das zu nipen, bz.
engl, nip, kneifen etc. gehörende engl, nipper,
Krcüle etc., nipping, scharf, beissend, strenge,
hart etc.) gehört. Ging indessen die Bedtg. :
genau aus der von: nahe hervor, so ist
45 es auch vielleicht möglich, dass nip od. ntpe
zu nipen (s. unter nt'pen in der Bedtg. :
sinken, sich senken, sich nieder od. nach
tmten bewegen, nicken, den Kopf nieder-
beugen u. ihn einem betr. Gegenstande nä-
50 hern, um denselben genau zu besehen etc.)
gehört u. dass so nipe aus der eigentlichen
Bedtg. : gesenkt od. niedergebeugt
etc. in die von: nahe u. hieraus wieder
in die von: genau etc. überging, ivofür
55 indessen der Umstand nicht zu sprechen
scheint, dass sowohl mnd. nip als neppelik
die Bedtg. : gen a u, scha rf haben u. dem-
nach auch darauf hinzudeuten scheinen,
dass beide zu nipen (kneifen, beengen, enge
60 od. nau maken) gehören. Vergl. bei Danneil
NIPEN 653 NOBISKROG
auch noch nipp in der Bedtg. : nett, niedlich, nir-narren, necken, vexiren. — Bedupl
glatt, artig etc., wo 'n nipp Deru dieselbe Bildung von narren, wie klip-klappen von
Bedtg. zu haben scheint icie unser eu knappe klappen,
deren, bz. nid. een kaappe meid u. demnach nir-narrere, Neckerei etc.
mit küap synonym zu sein scheint, was ja 5 iiirtje - biiks, nirtje - pup , ängstlicher
auch eigentlich dieselbe Bedtg. tvie beknäpen Mensch.
(cf. beknipen), bekuopd u. nau hat u. dem- nirtjeil, s. nitjeu u. nürtjen.
nach auch zu nipen (kneifen, einengen etc.) lüske, Nische, muschelartige Vertiefung
gehören wird. in der Mauer. — Mit nhd. Nische ; span.,
nipen, kneifen etc.; s. nepen. 10 2)ort. nicho aus franz. niche u. dieses aus
1. nipke, Dimin. von 1 nip etc. ital. nicchia, loas nach Dies (I, 289) mit
2. nipke, kleines Geschirr zu Fleisch- u. ital. nicchio (Muschel) aus lat. mytilus
sonstigen Brühen, Sauciere. — Wohl das- entstand.
selbe tvie napke = nhd. Näpfchen. Oder nitel, stössig, zornig, wüthend ; — 'n niteln
gehört es zu nipken u. nippen, sodass es 15 bul (ein stössiger loüthender Stier). — Es
urspr. ein Schälchen od. becherartiges Glas- wird auch oft in der Bedtg. : geil, hitzig etc.
chen war, woraus genippt wurde? gebraucht. — Nd. nitel; mnd. nitel, netel ;
nipken, in kleinen Bissen essen u. auch wang. nitel; ags. huitol. — Zu niten etc.
in kleinen Zügen trinken, bz. kleine Por- niten (vom Bindvieh, mit den Hörnern)
tiönchenvonEssenu. Trinken zu sich nehmen, 20 stossen. — Nd.,7nnd. mten;^wang. (Ehren-
ähnlich wie dies kleinere Vögel mit ihrem traut, 1, 43 sub 22) nit ; mnld. (KU.)
Schnabel thun; — se sitt al to nipken; — nieten (arietare, coruu petere) ; ags. hnitan
se nipked d'r wat of f^r. B. w>t emew /vMc/jen (dasselbe); rm. linita; »ort«, nita (stossen,
mit den Zähnen etc., cf. nifken) od. üt (z. B. stechen etc.). — Mit griech. knizö (schaben,
Wein od. Wasser aus einem Glase, od. 2b stechen, schneiden etc.) etc. von einer ykniü,
Suppe aus einem Löffel). cf. Weiteres knad aus kand, skand = idg. skad aus ska.
■MM^er nippen. ' nitjen, vögeln {coitumexercere) od. eigentl.:
nippe (Borkum), Neffe, Geschwistersohn. kleine Stösse versetzen (mit dem penis), da
— Sollte sich das inlautende harte „p" des nitjen ein Dimin. von niten ist. — Mit
lat. nepos noch etwa aus der Römerzeit 30 eingeschobenem v (od. von niten, nitten,
auf Borkum (Burchana, Fabaria) erhalten nirteu, cf. scharre aus scliarde u. dies aus
haben ? — Aus afries. neva (cf. nef) konnte schadde , Schatten) entstand davon auch
nippe doch nicht entstehen. nirtjen in derselben Bedtg. — cf. auch
nippen, nippen, in kleinen Zügen trinken, nurtjen u. nutjen, sowie uöken.
bz. das Glas mit dem Mutide kaum berührend 35 nittei'ig, nittrig, unfreundlich, verdriess-
trinken, od. auch ivie ein kleiner Vogel mit lieh, mürrisch etc. -— cf. gnitterig etc. —
detn gespitzten Munde od. Schnabel trinken; Oder gehört es zu uiteu?
— se hed man äfen an 't glas nipt; — se n8, s. nöje,
nipte d'r 'n bitje üt; — se nipt as 'n ka- Nobiskrog, Nobiskrug, Name einzelner
närje. — Nd. nippen (dasselbe); wZcZ. nippen 40 abgelegener od. an der Grenze belegener
(a. in kleinen Zügen trinken, nippen; — Schenken (z. B. in der Nähe von Esens)
b. sticheln, necken, sich mit Worten streiten, u. unter diesem Namen (sowie auch unter
Zwisten, kratzen etc. ; — c. fig. : kneifen ; denen von Obis-, Obs-krög) in Norddeutsch-
als het beginnt te nippen od. te uijpen). — land häufig vorkommend. — Vergleicht man
Es scheint fast als ob einerseits nippen mit 45 mfläm., mnld. nobisse (esprit malin od. dae-
nipken u. nifken ebenso tvie nibbeln zu mon nanus, cacodaemon), nobiskroegli %i.
nibbe gehört u. dass es andererseits auch nobisgat (enfer, le cul de l'enfer od. orcus,
aus nipen (kneifen) entstand, worauf das orci culus, antruni Plutonium), sowie bei
nid. nippen sub h u. c sowohl als auch nid. Bochholz (deutsch. Glaube u. Brauch, I,
nippelen (sanft drücken od. kneifen, zupfen, 50 191 u. 209) ausser Nobiskrug auch noch
aus geiler Lust immer befühlen) hinzu- die Bezeichnungen: Nobischratten u.
deuten scheinen. Nobishaus in der Bedtg.: Fegefeuer,
nire, nir, Niere (ren). — Compos. : niren- Hölle, Unterwelt, so ist es wohl zweifellos,
brä', nirenfet etc. — Nd., mnld., nid. niere, dass die Vorsilbe nobis in den obigen Com-
nier; aengl. nere; engl, (früher, cf. KU. 55 positis überall die Bedtg.: Dämon der
unter niere) near (daher nears, Nierenkar- Unterwelt od. Teufel hat, bz. dasselbe
toffeln) ; an. nyra; norw. nyra; dän. nyre; Wort ist ivie mfläm., mnld. nobisse (daemon
schioed. njure; ahd. nioro, neoro, niero ; nanus, cacodaemon) tt. de»mac/i „nobiskrog"
mhd. niere. — Nach Fick (III, 163) mit des Teufels Wirthshaus, — „nobis-
griech. nephros tirspr. connex. 60 gat** des Teufels Loch od. Höhle,—
NOCH NOG 654 NOECHTREN
„uohish&VLB'* des Teuf eis Haus od. Wo h- noch-tans, gleichtooM, dennoch; — h6
nung u. „nobischrattcn" des Teufels deid dat nochtaus etc. — Nid. nogtans;
eil r alten (od. tiefer, nach unten zu enger mnd. uochtau etc.
geflochtener Tragkorb) bezeichnet, in welch nüchtern od. nögtern u. nüchtern, frühe
Letzteren nach dem Volksglauben (cf. Eoch- h Morgenzeit od. Frühzeit zwischen Tages-
holz, I, 209) die ungetauft gestorbenen anbrach u. der Morgenmahlzeit, Zeit tvo man
Kinder kamen. Was nun aber weiter das noch nichts genossen hat «. der Magen noch
vifläm., mnld. iiobisse in der Bedtg. : Dämon leer ist, Frühmorgens vor allem. Genuss vo)i
der Unterwelt od. Geist der Hölle, Teufel Speise u. Trank, Zeit %oo der Magen noch
etc. betrifft, so ist es höchst wahrscheinlich, 10 leer ist; daher überhaupt mit leerem Magen
dass dessen o aus älterem a vcrdumpft ist od. ohne Etwas gegessen od. getrunken zu
u. mit dem aus eu gekürzten Artikel 'n für haben, ungesättigt, leer, hungrig, nüchtern,
älteres 'u abissc (cf. ners, bz. nid. naars unbetrunken etc.; — he is in 't nöchtcrn
aus 'n aars) steht, während abisse selbst von (od. in 't nücliterii) upstän an ane wat to
tnhd. abis od. äbis = lat. abyssus, griech. 15 eten of to driuken twe stünden spatseren
abussos (Abgrund, Hölle) abstammt u. dem- gan; — he is hei in 't nüchtern na Dornum
nach 'n abisse od. 'n obisse tvörtl. ein hon lopen; — er ik fro 's morgens in 't
Höllen-Wesen bezeichnet. Da man nun water ga, nilm ik erst 'n lütjen snaps in 't
aber bei einem für 'n abis-krög stehenden nochtern, dat de mage sük wat ferwarmd ;
nobis-krög, bz. bei der möglicherweise auch 20 — da niust de medicin in 't nüchtern in-
schon alten )ul. Form ohis-krög, sowie ferner nämen, er dn din mörgenbrod to di nimst ;
bei den Compositis: nohis-haus,nohis-g!Xt auch — wen man nog so gans nüchtern is, den
annehmen kann, dass hier nobis nicht das- fOld man sük seiden so göd, as wen man
selbe Wort tcie mnld., mfläm. nobisse (Teu- erst 'n bit iiten to sük namen hed ; — he
fei), sondern dass diese Wörter direct mit 25 sügt arbarmlik nüchtern (ungesättigt, hun-
nobis od. obis = 'n abis od. abis (Abyssus grig, verhungert etc.) üt; — mit 'n nüchtern
od. Abgrund, Hölle) zusammengesetzt sind, mage is siegt arbeiden ; — föl kold water
so wäre auch möglich, dass nobis- od. obis- in 'n nügtern mage geten, is net gesund ;
krög u'rspr. einen H öllen-K rüg od. ein — he is nog so nüchtern, as of he efen
Höllen- u. Abgrunds-Wirthshaus bezeich- 30 erst üt 't bedde kamen is; — he is nüchtern
nete. Vergleicht man indessen , dass alle un göd to hüs kamen ; — 'n nüchtern kalf
obigen Compos. als : nobiskroegh, nobisgat, (ein neugebornes Kalb was noch keine
nobishaus «. nobischratten Bezeichnungen Muttermilch od. überhaupt keine Nahrung
der Hölle u. des Fegefeuers n. der Vor- zu sich genommen hat u. daher auch noch
hölle (unter nobischratten als Ort für un- 35 seJir elend u. mager aussieht u. scincach
getauft gestorbene Kinder verstand man ist); — 'u nüchtern junge (ein schwacher
eigentl. xcohl als Gegensatz von nobiskrüg od. kleiner dummer Junge); — 'n nüchtern
u. nobishaus eine kleinere Hölle od. die fent od. kerel (ein schlaffer od. dummer etc.
Vorhölle tc. nicht die eigentliche, allgemeine od. fader Fant od. Kerl) ; — 'n nüchtern
u. grosse Hölle, antrum Plutonium, orcus) 40 bom (ein schwacher, schlaffer, bz. ein junger
sind u. r?nss nobiskrüg anscheinend eine ab- Baum) etc. — iVcZ. nügtern; ?H«rf. nüchtern,
gelegene Schenke, toorin der Teufel sein nochtern; nid. nuchter, nüchtern; mnld.
Wesen treibt od. eine Teufelsschenke be- nuchter, nochter (jejunus, sobrius, necdum
zeichnete, so ist es tvohl eher anzunehmen, pastus, siccus etc., vulgo matutinus) ; ahd.
dass die Wörter nobiskrüg, nobishaus etc. 45 nuohturn u. nuohtarnm, nuehternin ; mhd.
wörtl. soviel als Teufcls-Schenke, Teufels- nüehter, nüehtern (nüchtern). — Vielleicht
haus etc. bedeuten u. demnach eher mit aus lat. nocturnns od. sonst mit mnld. (KU.)
mfläm., mnld. nobisse (böser Geist, Teufel nuchte, nuchten, nuchtens (mane, matutino
etc.) als mit nobis = mhd. abis (abyssus) tempore, tempore antemeridiano), morghen-
zusammengesetzt sind. 50 nuchten (cras mane), nuchten-, nuchter-stond
1. noch od. nog (Zeitadv.), noch, bis jetzt (matuta, hora matutina etc.) von uchte mit
od. während dieser Zeit, zur Zeit etc. ; — he vorgesetztem, aus en od. in gekürzten 'n,
is noch net hir ; — 't is noch al möi wer sodass nuchte für en- od. in uchte, 'n uchte
etc. — As., ahd. noh; goth. naüh etc., was (cf. auch Ehr entr aut , I, 99 des tvang.
mit nög, genüg etc. zu goth. nauhan (reichen 55 öchten, nüchtern) steht, ivieja mnld. nuchten-
hin od. aus bis zu einer gesetzten Zeit etc.) u. uchten-stond beide dasselbe sind. Zu
gehört, ivorüber Weiteres tinter nog. uchte; goth. uhtvö; ahd. uohtä, uhtä; mhd.
2. nocli od. nog (verneinende Conj.), uohte, uhtc etc. (Morgendämmerung, Mor-
noch; — noch hir, noch dar; — noch dit, genfrühe, Morgenzeit, Dämmerung) stimmt
noch dat. GO toenigstens auch der Umlaut uo im ahd
NOD 655 NODEN
nuohturn etc. besser als zu dem lat. noc- Müssen, der Nothwendigkeit etc. eine Tu-
turnus ti. wenn man das nid. nuchteu u. gend machen); — nöd lerd baden — nöd
nuchter in den von Weiland citirten brektiseu; — nöd kend gen gebod ; — „de
Stellen: den thienden nuchten als Aurora erste nöd (der ersten Noth od. dem ersten
milde etc.; — 's nächtens, als etc.; — ook 5 Bedürfniss u. 3Iangel) mut stürd (gesteuert)
toont hem 't nüchtere licht de huiverige worden," sä' de frö, do höe Oiaute, schlug)
steden ; — die den nüchteren dageraet in ^t se de baktrog kört, um 't sürwater (Wasser
krieken welkem heet etc. vergleicht, so ist zum Säuern des Brodteiges) het to maken.
es siveifellos, dass dies Alles auch begrifflich — Nd., nid. nood ; mnd. nöd, not ; afries.
am besten zu einem aus en od. in uchte, 10 ned u. näth; wfries. nead, nea ; nfries. nüd;
bz. 'n uchte contrahirten nuchte stimmt u. satl, xoang. nöd; /ic/^. nuadd ; os. nöd; ags.
dass es demnach loohl anzunehmen ist, dass nead, nied, ned, nyd ; aengl. nead, ned ; engl,
nid., mnld. nuchte, nuchten, nuchtens u. need ; schott. ned in nedwayis (neadwise) u.
nuchter, soivie auch ahd. nuohturn u. neid in neide (necessity), neidfyre (Noth-
nuohtarnin etc. sämmtlich mit uchte od. ahd. 15 f euer) ; an. naudh, naudhr u. auch (cf.
uohta etc. (cf. ucht) zusammenhängen u. Björn Haldorsen) neyd; norw. naud,
nicht aus dem lat. nox, noctis od. nocte, nau, nö, nöd ; schwed., dän. nöd ; ahd. not
noctim, noctus, noctu u. nocturnus entstanden nöth (tribulatio, angor, pressura, necessitas
u. entlehnt sind. etc.) ; goth. nauths od. naud, nauds in nau-
nöd, Noth, Drang, Zwang etc.; — wat 20 dithaurfts (nothdürftig, nöthig). — Es ge-
hest du för nöd od. wat hed dat nu wer hört zweifellos (cf. auch nüt) zu ahd. niuwan,
för nöd (Drang, Eile, Nöthigung, Zwang nüan; wM. niuweu u. a/tfZ. nouwan, nauwan
etc.), dat du nu al wer weg must? — he {t\mi}iexe,stossen, quetschen,drüchen,drängen,
hed altid so 'n nöd (Drang, Eile etc.), wen bz. zerstossen, zerschlagen, klein schlagen, zer-
he bi mi is, dat he glik mäkt, dat he wer 25 drücken, zerquetschen, zerreiben);^ an. nüa,
weg kumd ; — he sitt in nöd (in Drang, gnua (reiben etc., cf. nau u. gniden etc.),
Bedrängniss, Einengung etc. od. in Druck, was auch vielleicht in goth. bnauan (zer-
in der Klemme etc.); — in ener nöd (in reiben) steckt, sofern dies aus bi-nauan
einem Drange, in einer Eile, ununter- contrah. ist.
brachen) ; — he mut in ener nöd pissen ; — 30 nod-anker, Nothanker, grosser schwerer
he wus' fan nöd (Beengung, Angst, Be- Anker, der nur für den Fall der Noth ge-
drängung etc.) net, war he hen sul'; — he braucht loird.
wus' sük för nöd net to redden; — de dik nöd-behelp, Nothbehelf.
lidt nöd (der Deich leidet Noth od. Druck, nöde-lös, nöd-los, nothlos, ohne Zwang u.
Drang u. Bedrängniss , bz. Gefahr, um 35 Noth, unnütz, vergeblich, umsonst etc.
durch das stark andrängende Wasser od. noden (Flur, von Noth), Nöthen ; —
durch den Druck desselben zu weichen u. he sitt in nödeu ; — üt alle nöden dör
durchzubrechen) ; — dat geid ter nöd, bz. God redt.
des nöds od. mit nauer nöd (das geht zur nöden, nöthen od. Nöthen; — hest du
Noth od. mit genauer Noth, bz. nur so 40 dat fan nöden, dat du dat deist od. dar hen
eben, kaum etc.); — he deid 't üt nöd (aus geist? — fan nöden hebben (vonnöthen
Nothivendigkeit, Zivang etc.) ; — de nöd haben, nöthig haben, brauchen od. gebrauchen
(der Zwang, bz, das Müssen etc.) drift hum müssen) ; — he hed föl geld fan nöden.
d'r to ; — wen de nöd an de man kumd, nöden, nöden, zwingen, drängen, pressen,
bz. wen 't nöd deid, den bin 'k d'r ök nog ; 45 nöthigen etc. ; — he nödt hum d'r to ; —
— he klägd sin nöd; — dör nöd od. üt he lett sük d'r nich to nöden um wat to
nöd (durch Zwang od. aus Zwang u. Noth- dön, wat he nich wil. — Nid., mnld., mnd.
wendigkeit) ; — dat schip sitt in nöd (Drang- noden (dasselbe u. auch : einladen, cf. nögen) ;
sal, Bedrängniss, Gefahr) ; — he lidt nöd afries. neda od. nedia, nedja ; as. nödian od.
(er leidet Bedrängniss od. Mangel am Be- 50 nödjan (nöthigen, zwingen, einengen) ; ags.
nöthigten); — dat hed gen nöd (a. das hat neädjan(compellere,provocare), nedan,nydan
keinen Drang u. Ztoang, bz. keine Nöthi- (compellere, cogere, mutuare) ; aengl. neden ;
gung u. Eile etc.; — b. das hat keine Be- engl, need; an., isl. nauda (vehementer ur-
drängniss u. Gefahr etc.); — in nöd un gere, instare) u. neyda (cogere, adigere) ;
död etc. — Compos.: pissen-nöd (Harn- 55 dän. nöde ; goth. nauthjan; ahd. nötjan,
Drang, Drang od. Nöthigung um zu pissen nöttan, nötan, naoten, nöteu ; mhd. nöten,
etc.), huügersnöd, dödesnöd etc. — Sprichw. : noeten (Noth od. Ztvang u. Drang etc.
man mut mennigmäl üt de nöd 'n dögd maken machen od. erzeugen u. verursachen [Einein],
(man muss manchmal aus der Noth od. dem Noth anthun, in Noth bringen, bedrängen,
Drange u. Zwange, dem unausweichbaren 60 zwingen, nöthigen etc.).
NOD-DRUEFT
656
NOG
nöd-drüft, NotMurft, Bedürfniss, notJi-
ivendiger Lebensbedarf etc.; — he hed siu
nöddi'üft (leibliches Bedürfniss) dar ferrichtd ;
— lie hed sin noddrüft net. — Afries.
nödthreft, ueddrcft; nid. uooddruft; ags.
ueädthearf etc.
nöd-drüftig, nothdürftig, hiapp, dürftig,
bedürftig, arm etc. ; — dat kau nöddrüftig
gän ; — he is arm im nuddrüftig.
uöd-fal, Nothfall.
nöd-llagge, nödllag', Nothflagge.
nöd-gebi'ük, Nothgebraiich.
nö d-ged wungen , n othgezwungen.
iiöd-hafen, Nothhafen.
nöd-helper, Nothhelfer.
nöd-liolt, Phir. nödholtcn, Nothhölzer;
speciell trockne eichene Bretter zu Todten-
särgen, die für einen eintretenden Todcs-
u. Nothfall stets parat stehen m. schon vor-
her in passender Länge n. Breite zuge-
schnitten sind, iveil ein Todten-Sarg gewöhn-
lich eilig angefertigt werden muss u. es
Noth u. Eile damit hat.
nüdig, nöthig, Noth od. Zwang u. Drang
etc. habend; — persetter (Präceptor, Lehrer),
ik mut so uödig (habe od. fühle Noth u.
Drang, bz. habe ein leibliches Bedürfniss),
mag ik äfen herüt? — 't mut nödig so
wesen, es muss nöthig (zioingend, absolut od.
dringlich etc.) so sein; ■ — ik mut nüdig
(dringlich, eilig etc.) gäu ; — wat hast du 't
so nödig, dat du glik al wer fürt must uu
hei net äfen Sitten gän wilt? — he hed 't
so nödig (er hat es so nöthig, d. h. a. er hat
es so dringlich u. eilig, bz. ist so pressirt
etc., z. B. um wieder fortzukommen etc. ; —
b. er hat es so dringend nothwendig m. un-
entbehrlich, ist dringend bedürftig etc., z. B.
um Geld od. Speise etc. zu bekommen) ; —
wat hest du dat nödig um dar bi to stän
od. dar hen to gän ? — dat is hei net
nödig (hat keinen Zwang etc.), Kit dat man
blit'en. — Nd. nödig ; mnd. nodich ; nid.
noodig ; ahd. nötag, noteg ; mhd. nötec, notic,
noetic etc.
nödigen, nöthigen, zwingen etc.; — he
nödlgt rai d'r to. — cf. nögen.
nöd-lögen, Nothlüge; — ik mus man 'n
nödlögen maken, um uns to helpcn.
nöd-lös s. iiödelös.
nud-lot (Noth-Loos, Zioang-Loos, unab-
änderliches Loos, Schicksal, Verhängniss ;
— nüms kan sin nödlot untgän. — Nid.
noodlot.
nod-lottig , verhängnissvoll, unglücklich
etc. — Nid. uoodlottig.
nöd-nagel, Nothnagel; a. ein Nagel der
als zweiter neben einem ersten eingeschlagen
loird, falls dieser etwa nicht gut hält od.
man ihm nicht die genügende Festigkeit zu-
traut; — wi willen d'r nog 'n nödnagel up
reserve bi in hauen, wen de erste wol lös
gän schul; — b. dasselbe wie Nied- od.
Neidnagel, nid., mnld. dwanghnaghel, näm-
5 lieh ein unten im Fleische beim Finger- od.
Zehennagel festgehaltener Nagelsplitter od.
kleiner hornartiger Auswuchs, der bei der
geringsten Berührung sehr schmerzhaft ist.
iiöd-penniuk od. uöd-stüfer, Nothpfennig,
10 Sparpfennig für die Zeit der NotJi u. des
Bedarfs.
nud-sake, Nothsache, nothwendige, uner-
lässliche Sache, Zwangsache etc.; — dat is
'n nödsake, dat mut.
15 iiüd-sakelik,iiod-sakelk,if«eWrtSs7ic7t noth-
tvendig od. nöthig; — 't is nödsakelk. —
Nid. noodzakelijk.
nOd-saken, mit Gewalt nöthigen od. zwingen
etc. ; — he uodsäkt mi d'r to, dat ik hum
20 ferklagen mut. — Nid. noodzaken.
nöd-schSt, Nothschuss.
nöd-teken, Nothzeichen.
nöd-weg, Todtemvcg.
1. iiöd-wer, Noth- od. Angstwetter.
25 2. nod-Wer, Nothwehr, Zwangwehr, Wehr
od. Vcrtheidigung, wozu man durch die Noth
gezwungen ist.
nog, s. 1 u. 2 noch.
nog, genug, vollaus zur Genüge etc.; —
30 he kan sin läfend net nog krigeii. — Afries.
nog od. noch ; lofrics. noag ; nfries. nög ;
mnd. noch, nüch; as. nöh od. nög in gi-nöh ;
ahd. nuog, nuoc, nöc, nuag etc. in gi-nuog
etc.; norw., schwed. nog; dän. nok; an.,
35 isl. nög; goth. nöhs in ga-nöhs (ge-nug,
hinreichend). — Zu nauhaii (reichen, strecken,
langen etc.) in goth. ga-nauhan (zit- od.
aus-, hinreichen, cf. langen, strekken, fer-
strekken etc.) ; ahd. nohan, Präter. nah in
40 ga-, ki-nah (sufficit), was mit 1 na u. lat.
nancisci etc. zu der ]/ nak, skr. na9 (gehen
wohin, sich bewegen vor, kommen zu, ge-
langen zu, treffen auf, reichen an, erreiche)!,
etc.) gehört, die mit nag (gehen, weggehen,
45 sich entfernen , verschwinden , unsichtbar
werden, untergehen etc., cf. nacht) zweifel-
los urspr. ident. ist u. möglicherweise atis
ang als der nasal. Form von aq, idg. ak (s.
tmter 1 na) versetzt ist, da ja auch ak aus
50 der lü'spr. Bedtg. : gehen, sich bewegen vor
etc.) die Bedtgn. : durchdringen, eindringen,
kommen zu, erreichen, ereilen, einholen etc.,
bz. laufen, eilen, rennen etc. entwickelte.
Wegen der Synonymität u. wahrschein-
55 liehen urspr. Identität von nak mit ank, ak
cf. auch das zur y ik, als Ablaut von ak
(gehen od. kommen zu, erreichen etc.) ge-
hörende griech. ikö, ik-neomai, ikänö (kom-
men, gelangen etc.), wovon ikänö m. ikänös
60 (langend, hinlänglich, ausreichend, genügend)
NOEGE NOEGEN
657
NOKKE NOK
etc., sowie ferner air. ic, icc = ine, anc
(kommen, gelangen, kommen zu, erreichen,
erlangen etc.) ; lat. icere (erreichen, treffen
etc.) etc.
nöge M. nögeii in genüge (Geniige) ti. ge-
nügen (genügen). — 3Ind. noge (Genüge),
nogen (genügen) etc. — Zu nög.
nöge in genüge (Genöthige), s. das fol-
gende:
nögel-kopke, eine Tasse Thee od. Kaffee,
die zu trinken man genöthigt ist od. wird,
bz. die man auf dringendes Verlangen od.
Invitatlon der Hausfrau noch trinkt; —
ji mutten 't drinken nog net afergefen, cn
nögelkopke kau 't nog wol liden ; — to !
nu nog en nügelkopke, dat mut ji mi net
ofseggen.
nögeii, nöthigen, drängen, stark zusetzen,
dringend einladen, auffordern, invitiren etc. ;
— he mut altid erst twemal nögt worden,
er he upsteid (od. an de arbeid geid etc.) ;
— wen ^t het fan äten, den lett he sük net
lank nügen ; — du must mi net mer nügen,
ik kau net mer (z. B. essen od. trinken) ;
— du must mi bi 't äten net nügen, ik
schal siilfst wol wat nemen, wen ik wat
hebben wil ; — he hed hum nögd um mit
to gän (od. um mit hum to äten etc.) ; —
min frö hed to 'n kopke te nügen laten; —
de meid is al de hele uamiddag üt west to
nügen. — Nd. nügen; satl. neugje od. nBgje;
ivang. nög. — Es ist das contrah. nüdigen,
%oie auch nid., mnld., mnd. noden u. nodigen,
hz. nd. nüden u. nüdigen neben zioingen,
drängen etc. die Bedtg. : invitare od. ein-
laden hat.
iiögere, Nöthigerei, öfteres u. anhaltendes
Nöthigen u. Drängen od. Aiff ordern um zu
essen od. zu kommen etc. ; — de nügere
hold hei net up, man kau sük d'r hast hei
net für redden un bargen.
nöje, iiüi, iiö', aus Noth od. Zioang, mit
Zwang u. Mühe, zwangsweise, widerwillig,
ungern etc. ; — ik do dat noi (aus Noth,
bz. iceil ich gesioungen bin u. muss etc. od.
mit Widerwillen u. ungern etc.) ; — he is
d'r n8i (nur mit Zioang od. sehr schwer
etc., bz. knapp od. kaum etc.) to to krigen,
dat he dat süpen lett ; — wen di 't nöi
(widerstrebend od. ivider den Willen, zu-
loider, unangenehm, leid etc.) is, den lät 't ;
— 't was hum nöi (es toar ihm zuwider, bz.
es that ihm leid, es gereute ihn, od. es ver-
ursachte ihm Noth, Mühe, Last etc.) ; — dat
is 'n nüjen sake (eine Noth machende u. müh-
same etc., bz. widrige, unangenehme u. leidige
Sache). — Nd. (Br. Wb. 111,245) uode, noe,
nöde, nüe ; mnd. node, noie ; nid. noode, noo ;
mnld,, mfläm. noode, noye. — Zu nod. —
Wegen des j aus d vergl. 2 m8i etc.
J, ten DoOTukaat Koolman, Wörterbuch. II.
nöit, nie, niemals etc. — Nid. nooit. —
Gegensatz von oit mit vorgesetzter Negation
ne, ni, bz. Contraction von ni-eo-wiht, cf.
öit u. et, net.
5 nok, s. nokke.
iiöken, vögeln, futuere, coitum exercere
c._ aliq., cf. nitjen, nutjen ; — he hed hör
nökd;_ — he nükd hür dügtig; — se lett
sük nöken od. fikken etc. — Ist es mit
10 nfries. (Outzen) nockc (stossen, zucken,
rücken; auf stossen, schlucken, schluchzen) ;
nid. nokken; mnld. nockeu (singultire) eins
od. connex loie nitjen u. nutjen etc. 'mit
niten ? — Oder hängt es mit ags. (L. Ett-
15 müller) hnoc (mutinus) zusammen? — Zu
nid. nokken ; nfries. nocke, cf. mnd. nucken
(Bewegungen mit dem Kopfe machen, zucken),
sowie nuck, nucke (Stoss etc.), cf. nükke u.
nikken, womit es dann (u. iceiter mit nigen
20 od. hnigan) loohl ebenso zusammenhängt, wie
an. hnekkja, hneikja (stossen, zurückstossen,
fortjagen; sich zurückneigen od. betigen etc.).
— Weiteres s. unter nokke.
nokke, nok, Spitze, vorstehendes, vor-
25 ragendes, oberstes od. äusserstes Ende von
Etwas (z. B. einer Bähe od. eines Segels);
vorstehende knaufartige Spitze auf dem
Rücken der Dach- u. Firstziegel, die bei
den gewöhnlichen Dachziegeln nach unten
30 gekehrt ist u. hinter die Latten fasst, damit
sie festliegen u. nicht herabgleiten, während
sie bei den Firstziegeln nach oben gekehrt
ist u. die Spitze derselben bildet. — Com-
pos. : räe-nokke (Spitze der Bähe od. Segel-
35 Stange); — nok-pan (Dach-, First-Ziegel) ;
— pan-nokke (Spitze od. Vorsprung, Knauf
auf dem Bücken der Dach- u. Firstziegeln)
etc. — Nid. nok (äusserster Punkt od.
Spitze von Etwas od. überhaupt ein Etwas
40 ivas vorspringt ?«. vorragt u. sich über die
Umgebung erhebt; daher: Spitze od. äusser-
stes Ende einer Bähe od. eines Segels ;
First, Giebel, Dach od. Gipfel eines Hauses,
od. als First auch der Grat des Hauses);
45 — Gompos. : nok-balk (a. Firstbalken, ober-
ster Balken eines Daches, Dachstuhlsbalken ;
— b. Gratbalken eines gothischen Geivölbes
od. die vorstehende Bippe desselben), —
nok-bind (der Wahnsparren), — nok-pan
50 (Firstziegel) etc. etc. ; mnld. nocke = haen-
balck, loas KU. mit columen, summum tecti
erklärt u. tvonach dann dieses nocke 7nit
obigem nid. nok (First etc.) ident. ist;
Schott, nock, nok, nokk (the extremity of a
55 sailyard) ; clän. nok ; schwed. näck (Spitze
od. Vorragung einer Segelstange). — Da
durch das Nicken eine Krümmung od.
ein Knick u. Winkel, bz. eine Biegung u.
Wölbung od. auch ein scharfer u. vor-
60 stehender Winkel, eine Ecke u. Spitze, Vor-
42
NOKKE NOK
65S
NOKKE NOK
Sprung etc. entsteht u. beim Nicken od.
Biegen u. Krümmen des Halses auch ein
Vorstoss od. eine Vorbewegung, soicie auch
ein Fall u. Sturz (Xiederbewegung) des
Kopfes statt findet, so scheint es mir, als
ob dem Stamm nok od. urspr. nuk einerseits
.sowohl die Bcdtg. des Biegens 2i. Kriimmens
od. die von gebogen, krumm, winJcclig, eckig,
vorspringend u. spitz zu Grunde liegt, so-
wie a)tdcrerseits auch die des Vorstossens
u. der raschen Bewegung nach vorne hin,
bz. der des plötzlichen Stosses, Sturzes u.
Falles (cf. uikken in der Bedtg. : fallen,
stürzen etc. neben der von beugen etc.) von
Ftwas auf ein anderes Etwas überhaupt u.
dass daher nok od. nuk als Stamm des
obigen nokke u. als Stamm der folgenden
Wörter zu nikken (nuero, nutare, cervicem
iiicliuare aut iiiflectere ; iucurvare se ote.)
u. mit diesem zu lUgen, bz. hnigaii (lineg,
hneig) gehört, von welch Letzteren ahd.
hnt'geii, hnökeu (iiiti, bz. sich beugen od.
neigen u. stützen auf Etwas etc.) wohl
ebensogut abstammt, loie md. iiucken, nuckin,
(nicken, stutzen od. sich zurückneigen, den
Kopf zurückstossen etc.; einnicken, den
Kopf neigen od. senken u. fallen lassen) u.
ahd. bnckkja, hneikja od. lineykja (stossen,
fortstosscn, fortjagen ; sich zurückneigen od.
hintenüberbeugen etc.). Zu fZe»? /«/• nikkan
anzusetzenden urspr. hnickan od. hnikan,
linak, linuk, hiiukuu (wovon auch nakkc,
an. bnackr od. linacki, biiakki etc.) cf. noch
die folgenden Wörter:
a) an., isl. linükr, hnaukr; norw. nuk
(Bergspitze, hoher Bergknollen, gibbor in
jugo moutis etc.), cf. skr. kakud (Gipfel,
Kuppe) von y kak u. neben lit. kaukaras
(Hügel) etc. auch nhd. hoch, Hügel, hocken
etc. von y kuk (krümmen, tcölben) als Ab-
laut von kak (s. oben), wovon auch ahd.
babsa (Hachse, Knichug od. Kniegelenk der
Pferde), sowie lat. coxa etc. ;
b) an., isl. hnocki; norw. nokke, nakke;
dein, nok; schwcd. nock (uncinus, unciolus),
toas im norw. auch ein kleines krummes
puckliges od. krummgebogenes Ding (Thier
od. Mensch) bedeutet u. wovon ausser an.,
isl. bnokinn (krumm, niedergebeugt) auch
an., isl. bnycki od. bnykja (uncare, krüm-
men, krumm biegen), hnauka (cernuus labo-
rare, servire), hnauk (labor taediosus, opus
servile), toie auch norw. nokke einen ßcissigen
od. schwer arbeitoulen Arbeiter, bz. eine
Person, die mit gekrümmtem Bücken ar-
beitet u. allezeit niedergebeugt steht, bezeich-
net tt. norw. naukra, iiokra die Bedtg. : sich
anstrengen, beschiveren etc. u. nauker die
von Anstrengung, starke Anspannung der
Kriifte etc. hat;
c) dän. nok (Zapfen in einem Balken-
ende, Fuge) ; schtved. näck (Zapfen in einem
Brett, ivomit es in ein anderes befestigt
wird od. ivomit zwei Bretter zusammengefügt
5 werden); Verb. rf(j». nokke (falzen, zusammen-
fügen etc. od. cigentl. wohl: brechen, knicken,
biegen, zusammenbiegen etc., cf. Falz =
regelmässig gebrochene und geglättete Um-
biegung, zum Anfügen abgestossener Kanten
10 etc. u. falzen = brechen od. umbiegen,
regelmässig timschlagen u. fügen , Fugen
hobeln), tvoraus sich auch wohl das mnld.
(KU.) nocke (crena, incisura, incisura sa-
gittae quae norvum admittit), engl, nock u.
15 uotcb (Kerbe, Einschnitt, die Nuss einer
Armbrust) ; aengl. nocke, nokke (crena) ;
Schott, nock, nok, nokk (the notcb of a bow
or arrow ; tbe notcb of a spiiidlo) etc. als
hierher gehörig, bz. als dasselbe Wort toie
20 dän. nokke od. nok (Fuge, Falz etc.) er-
klärt, tvas auch St rat mann mit dän.
nokke identificirt u. tvobei noch bemerkt sei,
dass das engl, nock auch von den Nocken
eines Segels (auch gewöhnt, criiigles ge-
25 nannt) gebraucht tcird u. auch die Bcdtg. :
Arsch od, Hintere hat, toas sich Alles
aus nikken od. urspr. buikan, bnickan u.
uigeu in der Grdbdtg. : biegen , beugen,
krümmen od. knicken, brechen etc. von selbst
30 erklärt, da jede Biegung od. jede Krümmung
tt. jeder Knick einen Winkel od. eine Ecke
bildet, die nach aussen hin vorsteht u. ent-
weder einen Buckel, eine rundliche Aus-
bauchu)ig od. Vorragung od. auch einen
35 spitzen Winkel, eine scharfe Ecke u. Spitze
bildet, loährend die Kehrseite desselben ivieder
eine rundliche od. mehr scharfe u. spitze
Vertiefung (also auch eine Kerbe etc.) ist,
sodass dazu sowohl an. bui'ikr, norw. nuk
40 (Bergspitze od. Kuppe etc.), als an., isl.
linocki ; norw. nokke (uncinus, bz, gebogenes,
krummes od. gekrümmtes Etwas, cf. oben
sub a u. b u. dazu die ]/ kuk, kuuk, um-
gesetzt knuk) stimmt, wie auch das aengl.
45 nok (angukis), engl, nook (Nacken; die ein-
springende Ecke, der Winkel, Ecke od.
Stückchen Land etc.), toas übrigens formell
besser zu an. hni'ikr als zu bnocki stimmt;
d) zu nokke od. nid. nok (Spitze od. auch
50 Grat etc., s. oben) stimmt nun weiter auch
mnld. (KU.) nocke (spiiia dorsi), tvas der-
selbe mit Span, nuca identificirt, indessen
beim Vergleich der Bedtg. von Nacken u.
Genick des ifal, port., prov. nuca; franz.
55 nuque (cf. Diez, I, 292) wohl kaum das-
selbe Wort toie dieses ist, obschon auch
diese rom. Bezeichnungen für Nacken u.
G enick beim Vergleich unsers knik u. nhd.
Genick (cf. 1 knik) sowohl mit ital. nocca
GO (Knöchel) als lomb. gnucca (Genick, cf.
NOELEN
659
NOPPE NOP
Dicz, I, 292 unter nucca) als mit nhd.
Nacken = afries. Imekka, ahd. hnach
etc. (ef. nakke) sii einem von hntgan ab-
slainmenden hnikaii, hiiickan (cf. nikken)
gehören können (u. loahrscheinl. auch davon
abstammen), da dem beim Vergleich der
obigen Wörter sub a — c formell nichts ent-
gegen steht u. iJmen beim Vergleich von
knik u. nakke, sowie von knokke ic. kuükkcl
auch wohl die Bedtg. : biegen, kriimmen,
beugen etc. zu Grunde liegen dürfte.
Vergleicht man niui weiter, dass nid. nik
od. nick (nutus), an. hnekkja, lineikja
(stossen etc. ; sich zurückneigen), md. nucken
(nicken, stutzen etc., s. oben unter nokke
vor a etc.), sotoie ferner das an., isl. hnykja,
norw. nykkja (krümmen, biegen, zusammen
biegen etc., s. unter c), bz. dass aus nicken
od. huikan auch die Bedtg. : stossen vor od.
worauf (cf. hocken = stossen u. stampfen
etc. vom Bock, bz. die Worte buk, bukken
u. buksk, tückisch, launisch etc. od. stossig
wie ein Bock) hervor ging (durch die in
nicken liegende Bedtg. der Vor- u. nach
unten etc. Bewegung des Kopfes), so
ist es wohl zweifellos, dass ausser mnd.
nucken (nicken, stutzen, d. h. den Kopf
rasch empor u. zurückwerfen, cf. an. knekkja
= stossen etc. u. = sielt zurückneigen) zu
einem von agerm. linigan entstandenen
hnikan, hnickan (cf. nikken u. das oben unter
nokke vor a Gesagte) auch die folgenden
Wörter zu diesem hnikan , hnak , hnuk,
hnukun gehören, ivie z. B. nükke (s. d.) u.
ags. linoc (mutinus, cf. mutinus von muto)
u. mnd. nucken, soivie nfries. nocke u. unser
noken, wobei dann loieder mnld. nocke
(singultus) u. uokken (singultire etc., s. unter
nöken) aus der sinnl. Bedtg. : stossen, auf-
stosseii etc. hervorging, loas sich von selbst
dadurch erklärt, dass bei jedem singultus
der Kopf sowohl auf- als loieder nach
vor 71 e u. nach unte n hin stösst, bz.
einen Auf- u. Zurück-, als auch einen
Vor- u. Nieder- Stoss macht.
uOlen , a) trödeln, trändeln , zaudern,
zögern etc.; — wat liest du so lank to
nölen ? mäk' dog wat fürt ; — he nöld
d'r so lank mit herum , dat he hei uiks
beschikt; — b) langsam u. träge od. un-
lustig, missvergnügt, verdriesslich u. mürrisch
sein, Unlust u. Verdruss bezeigen, murren
etc. — Sprichw. : wat junk is dat spöld
(spielt u. belustigt sich) gern, wat old is
dat nöld (bezeugt seine Unlust u. sein
Missvergnügen etc. od. murrt) gern. —
Nd. nölen ; nid. neulen ; nfries. nülin od.
(J ohans e n) nöölin ; wang. nöl ; dithm.
nölen ; dän. nöle. — cf. nötelen, iüovon_ es
zweifellos contrah. ist. — Davon: nöler
(Trödeler, Trändeler , Zauderer etc.) u.
nOlerske (Trändlerin etc.); nOlere u genöle
(Trändclei , Zauderei u. Geträndel etc.);
nöltg u. nölerig (trändelig, langsam, trüge
3 etc.) etc.
Noiiie, Nöm', ml. Name. — Vielleicht aus
en öme, 'n ome (OJieim, Bespectspiersoyi etc.,
cf. öm) contrahirt. — Oder Jtängt es mit
nömen zusammen?
10 nömen, nennen, benennen, Namen geben,
rufen, heissen, bei Namen nennen od. rufen
etc. ; — uom' uns diu olden (Eltern) ins ;
— du must mi de lue iusen nömen od. up-
nömen, wo se alle beten ; — dat kind is na
15 sin grötfader nömd ; — he nömd dat 'n böm ;
— he nömde dat god, un 't was bi lücht
besen doch egendlik er siecht to nömen ; —
he is nog nich beuomd (a. benamset, mit
einem Namen belegt etc. ; — b. ernannt od.
20 erklärt, z. B. zum Pastor od. Bürgermeister).
— Nd. nömen; mnd. nomen, numen; nid.,
mnld. noemen. — Wohl von einem ab-
lautenden nuoma = nama (cf. name), wie
muoma (Muhme) aus mama, od. vom Präter.
25 nom, nuom von as., ahd. namön (benamen,
einen Namen geben), ivo dann für nömen
ein älteres nuomjan, nömjan anzunehmen ist,
ähnlich wie fögen aus fuogjan (u. dies aus
fagan) entstand.
30 nop, s. noppe.
nop-gärn, s. noppen-gärn.
nop-linnen, s. noppen-linnen.
noppe, nop, Zotte, Wollflocke, Wollknöt-
chen, rauhe, zottige u. knotige Hechelheede
35 etc. ; namentlich im Plur. noppen, die Rauhig-
keit od. die Zotten auf dem wollenen Zeug
od. Tuch od. die Rauhigkeiten u. zottigen
Knötchen im Flachs u. Garn etc. ; — de
rok is al bei glad sleten un d'r sunt hei
40 gen noppen mer up to sen ; — de kinder
balen en de noppen fan de kler (d. h. wer
viele Kinder hat, der nmss selbst abgeschabte
alte Kleider tragen od. auch: Kinder maclien
die Eltern kahl). — Nid. nop; nd. (Br.
45 Wb.) nobbe, uubbe ; mnld., mfläm., mnd.
noppe (villus, floccus, tomentum); ags. (L.
Ettmülle r) hnoppa ; aengl. (Str at m a n n)
hnoppe ; engl, nap ; sckwed. nopp ; dän.
noppe; norw. napp. — Es gehört zweifellos
50 zu goth. hniupan , hnaup , hnup , hnupun
(reissen, rupfen) in dis-buiupan (dirumpere),
ivovon goth. dis-hnupuan (dirumpi) ; ags.
(L. Ettmüller) hneöpan, hneap, hnupon,
huopeu (frangere od. rumpere, carpere etc.),
55 wovon ausser dem obigen hnoppa das von
Ettmüller aufgeführte Verb, ä-hneopan
(carpere) u. das von H. Leo verzeichnete
hneäpan (rapere, abripere, abrumpere), bz.
die Compos. : ge- u. ä-hneäpan (abreissen),
60 soivie iveiter auch das an., isl. huupl (das
42*
NOPPEN
660
NORD
Bajypsen od. Baffen), huupla (surripore),
hnuplsamr (rapax) etc. u. das eigetiü. gleich-
falls mit noppe idcnt. iiorw. mipp (fnas,
pluk, attal(l), nuppa (uappe, rykko, gribe,
pliikke, piile, oprvkke) etc., — schwed. 5
noppa (flüscheu, flockig machen, cf. noppen),
noppra (von den Vögeln, ivenn sie sich mit
dem Schnabel die Federn säubern etc.) etc.
abstammen.
Entweder mit griech. km'iö (kratze, schabe) 10
von einer ans knu, germ. hmi ericeiterten
y hnup, od. als Ablaut eines älteren hnap
7nit griech. knap-tö (kratzen, zerkratsen, zer-
reissen etc.), knäphalon (Kratzwolle, Flocke,
Wolle; daraus gemachte Polster) etc. von 15
einer aus kna (urspr. ska, skan, skna) er-
lociterten y knap, zvie Ja auch griech. knnö
u. knäö (kratzen, schaben, reiben etc.) auf
idg. ska, skan (reissen, ritzen, verletzen, ver-
wunden, tödten etc.) zurückgehen. 20
Weiteres vergl. auch noch unter gnubben
zf. nubbeii u. wegen des Anlauts g m. k
neben agerm. h auch das griech. gaaptö u.
gnamptö neben knaptö u. knamptö, kuaphei'is
u. gnapheüs (Tuchscheerer etc., loovon unser 25
iV^rt7HcGnaphous) ; kiiaplialuJes ic. gnaphalödes
(icoll-flocken-artig) etc.
noppen, die Noppen od. Wollflocken,
Woüknötchen etc. entfernen od. tvegschaff'en.
— Nd. nobben, mibben m. (Dann eil) 30
noppen; nid., mnld., mnd. noppen (dasselbe
u. mnd. überhaupt auch die UnreinJich-
keiten entfernen, rein machen, Unkraut aus-
reisscn, guten, sarire, sarpare etc.) ; engl, nap ;
dän. noppe. — Zu noppe, tvie auch noric. 35
nappa, schwed. noppa (fluschen, ein Tuch
od. Seidenzeug flockig od. noppig machen)
u. norw. nappa ; dän. nappe (plukke, pille,
zupfen, rupfen etc.), falls Letztere nicht
etwa mit norw. nuppa (s. unter üO\^pc) direct 40
auf ags. hnpöpan w. hncäpan zurückgehen.
noppen-gärn, nop-gärn, das aus den
Noppen der Wolle od. auch aus schlechter,
knotiger u. grober Wolle u. Hechelheede
gesponnene Garn. 45
noppen-linnen, nop-linnen, Leinen od.
Leinewand, toelche aus Flachsgarn u. Nopp-
garn (knotigem u. unebenem aus Heede ge-
sponnenem Garn) zusammengewebt ist u.
hier sonst auch halflinnen od. halüakenslinnen 50
genannt wird.
noppig, nopperig, so ivie Noppen be-
schaffen od. Noppen habend, voll von Noppen
od. Knötchen u. Rauheiten, zottig, villosus.
— Nd. nobberig, nubbig ; nid., mnd. noppig ; 55
aengl. noppi; engl, nappy.
1. nord od. nört, Fcke, Landspitze etc.;
speciell Name der Ljandspitze od. des Vor-
sprungs, Winkels etc., welche in der Nähe
der Stadt Leer durch die daselbst in die 60
Ems einfallende Leda u. Ems gebildet wird.
Da das auf dieser ljandspitze liegende jetzige
Dörfchen die alte Festung Leeroort ist u.
dies einerseits sowohl die bei I^cer gelegene
Landspitze od. die Leerer Ecke als an-
dererseits einen bei Ljcer gelegenen Ort od.
Leerer Ort bezeichnet u. loir auch jetzt
noch sowohl sagen : he geid bi Leerort afer
de Ems, als: he geid bi de Nord afer de
Ems — od. auch: dat schip färd fan Leer
iit um Leerört od. um de nörd herum in de
Ems, so ist es wohl zweifellos, dass dieses
nörd od. nört aus en örd od. 'n örd (cf.
örd) contrah. ist u. entstand, wie nöst aus
'n Ost, närs od. ners aus 'n iirs od. 'n ers
etc. etc.
2. nörd, Nord, nördliche od. mitternächt-
liche Himmelsgegend, der Norden od. die
Gegend wo die Sonne den tiefsten niedrig-
sten Stand etc. hat u. bis zu ivelchem hin
sie fortwährend tiefer in das Meer ein-
taucht u. ivo sie den niedrigsten Stand er-
reicht; nord; nördlich; — he färd up de
nörd (cf. he fürd up de öst) ; — lie is de
nörd in seihl; — dat ligt um de nörd (das
liegt nach Norden hin od. nördlich); — he
is um de nörd (a. nach Norden hin od. in
nördlicher Richtung etc.; — b. um den
Norden herum) faren ; — um de nörd is
gen wulkje to sen; — um de nörd herum
löpen ; — fan nörd na öst ; — de wind is
nörd (nord od. nördlich) ; — de mölen steid
nörd etc. — Nd. nord, noord; mnd. nord,
nort od. north; nid., mnld. noord; afries.
north, nord u. noerd (der Nord od. der
Norden) u. north, nord, noerd (nord, nörd-
lich); wfries. noard; ivang. nörd; satl. nöde
(mit Auswerfung des r, tvie in ben = bcrn,
cf. barn etc.); helg. nat; as. north, nordh;
ags. nordh ; aengl. nordli ; engl, north ;
Schott, north (in northin, gen Norden, nörd-
lich) ; an. nordhr (der Nord od. Norden) u.
nordhr (nord od. nördlich, nordwärts), so-
tcie auch gekürzt nor (in Compositis tvie
nor-wogen, nor-mannen etc.) ; norw., dän.,
schwed. nord ; ahd. nord, nort. — Davon
franz. nord ; ital, span. norte.
Wie west als Verbleib od. Ble i b-
stätte der Sonne ro» wesan (sein, wohnen,
bleiben) abstammt, öst sich auf den Auf-
gang derselben od. das Hell- u. Tagwerden
bezieht u. süd od. ahd. sund als Sonnen-
gegend icahrscheinl. mit sunna (Sonne) zu-
sammenhängt , so bezieht sich das Wort
nörd icahrscheinl. auf das tiefere Eintauchen
der Sonne in das Meer od. auf das iceiterc
Sinken derselben, iceil die Sonne, je loeiter
nach Norden hin, immer tiefer in das Meer
eintaucht od. sinkt u. im vollen Norden den
niedrigsten Stand unter dem Horizont er-
NORDEN
G61
NOESE-WATER
reicht. Vcrcjl. diescrhalb Fiele, III, 166,
wo er es zu lit. ner-ti (tauchen, untertauchen,
nach unten gehen, untersinlcen) vergleicht,
tvas mit naras (Tauchen) etc. zu einer J/ nar
(eingehen, eintauchen, cf. II, 593) gehört u.
ivonach dann nord od. northa soviel als
Tatich- od. Sink- Gegend ist.
norden, Norden, nördliche Himmelsgegend.
— Sprichiv. : fan 't norden kumd niks godcs.
— Vergl. hei v. Eichthofen unter dem
ziveiten north, ivo der Norden die grimma
lierne genannt loird.
Norden, die Stadt Norden. Als wahr-
scheinl. älteste Stadt von Ostfriesland hiess
sie früher anstatt Norda auch (cf. For-
ste mann) Nordwida, Nordwich, Nordhun-
wig od. Northarwig. — Altes Sprichw. :
Norden hed gen örden ; 't herren gebod dürd
dre dage im 'n schoftid.
Nörder, Norder, Einwohner der Stadt
Norden. — Sprichio. : „dre grote bonen sunt
(od. büut) net so göd as 'n snüte ful drttg
bröd," Seggen de N ü r d e r s ;^ — „liarr' ji
wat erder kamen, den harr' ji wat mit cten
kund," seggen de N Orders.
nOrdei'-leclit, Nordlicht.
Nörderne, Norderney. — Diese Insel
hiess früher (cf. U. Em m i u s , Dr. Fr i e d-
länder etc.) Osterenda tt. loar urspr. das
Osterende der Insel Borkum (cf. dieses, so-
wie auch Bant etc.), von welcher sie ebenso
wie Bant, Buiso u. Juist durch Sturmfluthen
abgetrennt ist. — Merkwürdig ist bei dem
Namen die Endung ne od. ney u. da die
meisten ostfriesischen Inseln sonst die En-
dung oge (s. d.) haben, so nimmt man an,
class sie nach Schwinden des früheren Na-
mens Osterende, bz. nach vollständiger
Trennung von Borkum ti. dessen anderen
Trümynerstücken zuerst den vollen Namen
Nordernie-oge (Norder-neue-Insel) erhielt u.
class dann nachher die Endung öge loieder
abgeworfen ist, wie auch Rottum früher
den Namen Rottum-oog od. Rottumer-uge
hatte.
norder-stof, Staubregen aus Norden. —
Sprichio. : norderstof ! moi wer in 't hof !
nördlik, nordelk, nördlich.
1. nöse (Dimin. nöske) u. (seltener) nüs
(Dimin. nüske), Nase. — Redensart, u.
Sprichw. : he mut aferal sin nöse in steken ;
— he settd hum 'n brill' up de nöse; —
he wrift hum 't under de nöse ; — he krigt
•wat up de nöse (od. de nösters) ; — holde
'1- "" iöse d'r üt; — he dragt de nöse to
iiog; — he hed 'n finen nöse; — he ligt
up de nöse ; — he förd hum bi de nöse
herum ; — de sin nöse ofsnidt, de sin ange-
sigt schendt; — he hed 'n längen nöse
kregen ; — de här up de nose hed, kan lank
lefen ; — ■war geid 't hon? de nöse achterna !
— he dragt 'n mujcn nöse; dre to 'n kär-
rad ; — wetst du wol wat du ^is wetst?
dat du dl de nöse net ofbitst; — 'n spitsen
5 nöse un ^n spitse kin, dar sitt de düfel dre-
dübbeld in. — Nd. näse; mnd. nese, nase,
nose; nid. neus ; mnld. (KU.) neuse, nose,
nuese; mfläm. nase, nose, nese, neuse, nuese;
afries. nose; lofries. (J apix) noaz; nfries.
10 näs, nBs; satl. nozc; wang. näzi, helg.
nfszet; ags. nacse u. nösu; aengl. nase, nese,
neose, nose ; engl, nose ; schott. neis, nes u.
nose (in nose-wiss = nhd. Nasewei s) ; —
an. nos (Flur.) nasar ; norio. nasa u. nos;
15 schived. naesa; dän. naese ; ahd. nasa; mhd.
nase; lat. näsus, näres, naris; kslav. nosu;
lit. nosis ; skr. nas, nasa ti näs, näsa etc. —
Nach Fick (I, 650) vielleicht von der y
nam, biegen, bz. (cf. Bopp) inclinare, curvare,
20 flectere, aus icelcher Bedtg. sich sowohl die
Bedtg.: Promontorium cds auch die von
Anhöhe etc. (cf. nessc) leicht erklärt, loie
ja auch skr. kakud (Gipfel, Kuppe) u. nhd.
hocken, hoch ti. Hügel (cf. bog etc.)
25 zur y kuk od. kak (krümmen, ivölben etc.,
bz. cingere etc.) gehören. Da indessen
Bopp ?«. Benfey auch eine y nas (cur-
vum, flexuosum esse) aufführen, so können
nesse u. nöse beide zu dieser y gehören.
30 2. nöse , Lichtschnuppe ; — d'r sitt 'n
nöse an 't lacht, de must du d'r äfen of-
snüten, dat 't liicht beter brand. — Nid.
neus ; mnd. noseken, Dimin. von nose u,
darnach ivohl dasselbe Wort wie nöse (d. h.
35 entweder ein vorspringendes Etwas, toeil eine
solche Schnuppe auf dem Docht seitwärts
übersteht od. ein Etwas was g e schneuzt
[od. snütd, cf. suuten u. snüter] ioird, cf.
nhd. Schnuppe als Geschneuztes od.
40 Schneuz- Gegenstand etc.), loährend das nd.
(Schambach) nösel, nösel wohl mit vor-
gesetztem n aus dem. nd. ösel (der glimmende
Docht vom Lichte) ; mnd. osele (Funken-
asche, Lichtschnuppen, glimmender Docht);
45 ags. ysla (favilla) entstand, was mit lat. uro
etc. zur y US (brennen etc., cf. auch ost,
Ost, Osten) gehört.
nose-dOk, nÖs-dOk, Nasentuch, Taschen-
tuch zum Putzen der Nase.
50 nose - dl'üppe , Nasetropfe od. Nasen-
tropfen.
nöse-drüppen , nasetropfen, nasetröpfeln
etc. ; — auch sahst. : dat iiösedrüppen.
nöse-gat, nOsgat, Nasenloch.
55 nösel, s. un-nösel.
n()sen, eine Schnuppe machen od. be-
kommen; — dat liicht (od. de decht, de
kers) nösd od. fangd an to nösen. — Zu
2 nöse.
60 nöse-water, Nase- od. Nasen-Wasser.
NOESE-WATERN
662
NOETELN
nöse-watern , nasetcässern , Wasser aus
der Nase fliesscn lassen od. auswässern ; —
auch subst.: dat iiBse-watern ; — fg. auch:
kritteln etc. wie lUiskeii ; — he hcd altid
wat to nose-watern.
nSske, nüske, kleine Xase, kleine scharfe
Spürnase; kleine scharfe weise Person,
kleiner Xascweis : — bt"' hed sin nöskc aferal
in; — "t is sf> 'ti lütjet nüske.
nöskon. nüsken, schnüffeln: kritteln: —
he nüskcd aforal herum; — he hcd altid
wat to nusken. — Zu noske, nüske.
nri><ker! iiüskor, Schnüffeler ; Kritteler.
iiöst ; /. q. Ost (Ast) mit vorgesetztem n.
nöster, Nüster, Nasenloch; — he krigt
■wat afer od. up de nüsters; — he knipt
hum de nüsters to. — Nd. nüstcr, mister;
mnd. nuster, noster, nnsteren; nid. noster;
afries. nosteren, nostern; nfries. (Jo hau-
sen, pag. 135) naastar. — Daneben auch
ags. (cf. V. Richthof en) nosedhyrl,
nosdhyrl, nosterl od. (cf. L. Ettmüller)
nästhyrl, nasthyrl ; aengl. (St rat m a n n)
neosethurl, nosethirl, noscthril, nesethirl,
nesethril ; engl, noscthril , nostril ; afries.
nosterlc , nostcrlen , nosterline , — einem
Compos. von nose (Nase) n. ags. tliyrl, bz.
tliyrhel, thyrel (foramen, apertura), 7vas mit
ahd. durililiil, durchil ; viJid. durchel, diircliel,
dürlid, diirkcl, diirkel (durchbohrt, durch-
löchert) von duruh (durch, hindurch etc.,
cf. 2 dör) fortgebildet ist u. toovon auch
das Verb, drillen (s. d.) abstammt.
Was nun aber das mnd. u. afries. noste-
ren u. das daraus gekürzte noster betrifft
so ist es ivohl zweifellos, dass dies kein
tirspr. besonderes Wort für sich ist, sondern
auch aus nose-thyrel entstand u. zwar in
der Weise, dass dieses zuerst zu nosthyrel
contrahirt u. dann zu nosthyre od. nostyre
gekürzt wurde.
Nach Sc hm eil er (I, 4.56, bz. I, 620)
ioerden die Nasenlöcher bei Bruder Berhtolt
auch tiirliu an der naseu genannt u. ist es
sehr wohl möglich, dass dieses türlin nicht
das Dimin. von Thüre ist, sondern eben
auch aus dem Substantiven ahd. durilihil,
turilihil, turhil (foramen, apertura) entstand.
mit. nöle (Flur, noten), a) Nuss (uux)
als Jirzeichnung verschiedener Kernfrüchte
mit harter Schale. — Sjn-ichio.: de de nOtc
eteu wil, mut sc 6k kjiacken ; — Redensart. :
dat freschüdt um gen döfe noten ; — 't geid
um gen döfe nOten ; — b) (im Flur.) Be-
nennung der getvöhnl. von Pockholz ge-
machten Schlusshölzcr, ivorin die Zapfen
der Mühlemocllen sich drehen. — Nd. not,
naet, not; mnd. not, note; nid. noot, neut;
wfries. (Japix) nuyt; nfries. (Johanscn)
nöd; toang. nuttc; mnld., mjlüm. not, note,
noot; ags. hnutu, hnut, hnyt; aengl. hnute,
nute, note; engl, nut ; an. hnot; noricmoi;
schwed. not; dän. nöd; ahd. hnuz, nuz;
mhd. nuz. — Gleichviel ob dieses Wort
5 ur.'<2)r. ein sich spaltendes od. ein zu
k n acken des od. ein beis s- u nd e s s-
bares Etwas bezeichnete, so gehört es wohl
mit ags., aengl. hnot; engl, nott (mutilus,
tonsns) etc. zu einer gerni. y linut od. hnat,
10 die vielleicht auf idg. skad, skand, später
kand , umgesetzt knad, schlagen, hauen,
stossen, spcdten, bersten, beissen etc. (cf.
aus.ser nete u. niten etc. auch lit. kändu u.
skr. khüd, beissen etc.; griech. knadiillö,
15 bei.sse, jucke, schabe etc., soivie skr. skhad,
ritzen, spalten etc. etc.) zurückgeht, bz.
daraus entstand.
note, Note, Tonzeichen ; — dat geid en
note to hög. — 3Iit Note in allen sonst.
20 Bedtgn. ans lat. nota ic. dies von lat. noscere,
kennen, wissen etc.
notel, in gcnötcl (Geträndel, Gezauder
etc.), dem Subst. zu notein (s. d.), toovon
auch :
25 nStele, Trändelei, Zauderet, Saumseligkeit
etc. und:
iiöteler, Trändeler, Zauderer, saumseliger
Mensch etc., sowie:
liötelig, trändelig, zauderig, saumselig,
30 langsam etc.
nöteln, sich lange ivo n. loobei aufhalten
u. ivomit beschäftigen, zaudern, saumselig
sein, trändeln, trödeln, seine Zeit unnütz
od. mit kleinlichen u. nichtsnutzigen Dingen
35 verschwenden etc. ; — wat liest du nu wer
to nöteln ? mäk dog wat fürt ! — de meid
uöteld so lank er se wer kumd, dat d'r hast
hei gen wachten up is ; — de neister noteld
d'r so lank bi (od. mit) herum, dat d'r hast
40 niks fan hür neien heriit kumd; — din
notein, dar kumd niks bt herüt; dö lefer
wat anders. — Nd. (Br. Wb.) ncteln, nöteln
(zaudern, sich lange wobei ti. womit auf-
halten u. beschäftigen, nicht aufliören können
45 von einer Sache zu reden, einen la)igwierigen
Stil im Tadeln haben) ; nid. neutelen (zau-
dern, zögern, langsam u. träge sein, itn-
lustig, widerwillig u. mürrisch sein, murren,
knurren), neiitelig (zögernd; verdriesslich,
50 murrköpßg etc.); mnld. (KU.) neutelen (fri-
vola agerc) ; mjläm. neutelen (fatrouiller,
tasser son temps inutilement, tardcr etc.). —
Kilian hat neutken u. ncutelersken in der
Bedtg.: anicula curax, multae sedulitatis
55 anus , sowie neiitcler , neutelerken in der
von : homuncio frivolus , assiduus in rebus
frivolis agcndis; multae sedulitatis in re
frivola, während neutel im nid. (v. Dale
etc.) een klein mannetjc. een dreutel (cf. nid.
60 drcutelen, nd. drötclen, zaudern, zögern,
NOETKEN 663 NUEFER
langsam sein, hz. tarde et pigre in cedero nüf, Nase, S-pürnase etc.\ — hegafhum
etc.), hz. ein kleines Münnclien, einen Ztverg, Cm up sni nüf (od. snüf). AiicJi jyersönl. :
Knirps etc. bezeichnet u. ivenn man nun Spürnase, Spürer od. Person, die eine scharfe
vergleicht, dass das ahd. linuz (Nuss, cf. u. feine Nase hat. Alles spürt u. iciltert,
ri8t od. nöte) bildlich auch ein sehr Meines 5 hz. superldug u. naseioeis ist. — Nd. (Däh-
n. geringes Etwas, hz. das Geringste u. nert) niiff (Nase, Schnauze) u. (Br. Wb.)
Kleinste bezeichnete, sotvie ferner, dass das nif (eine naseioeisc sich Jclitg dünJcende
nid. neutke od. neutkeu formell dasselbe schtoatzhafte Person); nid., mnld. nuf (na-
2oie nhd. Nüsschen, hz. ein Diniin. von sutulus), nufjo, nufken (nasutula) ; Verb. nd.
neut (Nuss) ist, so lann auch nid. neutel 10 (Br. Wh.) niffcii (nasetveise Bemerkungen
formell ein Dimin. von neut (Nuss) sein u. machen) ; nid. nuften (naseweis sein). —
eben von Nuss in der fig. Bedtg. : kleines Vergl. das an. nef (Nase etc.) unter nibbe,
u. geringes Etivas in die von Zwerg od. icovon an., isl. ncfia (faemiiia nasutula) etc.
kleines Männchen soivohl, als in die von : u. ferner auch unser snüf.
sehr geringe u. werthlose Kleinigkeit (res 15 nüfer, a) hell,blank, sauber, rein, reinlich,
frivola) übergehen u. davon wieder ncutelen nett, hübsch, zierlich, bz. lebhaft, munter,
od. nöteln in den obigen Bedtgn. loeiter ge- aufgeioeckt, klug etc.;— dat sügt lar in hüs
bildet sein. all' nüfer (blank u. sauber etc.) uu net üt ;
nötken: i. q. dasselbe %oie nädje oc/. nätje — 'n nüfer mdsjc (ein sauberes feines Mäd-
beim Stricken u. steht vielleicht für nildken 20 chen) ; — 'n nüfer kindje (ein munteres,
od. nätken = nhd. Näthchen. lebhaftes, aufgewecktes, scharfes, kluges Kind-
1. nu od. llfi, -A^f, augenblicMicher Mo- chen); — 'n nüfer gesichtje (ein feines zier-
ment, rascher Augenblick etc.; — lie is d'r li dies etc. od. auch: ein aufgewecktes kluges
in 'n nü wer; — he hed dat iu 'n nü dan; Gesichtchen) ; — se kikt mifev (hell u. klar,
— 't was man so 'n nü, do was 't fürbi. — 25 bz. munter, lebhaft u. klug) üt de 6 gen. —
Es ist das Adv. 2 nu als Subst. gesetzt u. Sprichiv. : he kikt so nüfer üt, as de müs
bezeichnet es somit das Jetzt od. die üt de mrUtine ; — b) eifrig, rührig, thätig,
augenblicklich gcgemvärtige Zeit, die sofort betriebsam, achtsam, aufpassend etc. ; — de
verzieht od. schwindet, wie sie da ist u, beide minsken sunt d'r so nüfer bi don, dat
eigentlich gar keine Dauer hat. 30 man so regt sin pleser an hed, wen man hör
2. nu od. nü, a) nu, nun, als fragendes arbeiden sügt ; — dat sunt so 'n pär regte
od. aufforderndes, ausrufendes u. beschioich- nüfere lue ; de rautten wol forüt kamen. —
tigendes Adv.; — nu ? wat is d'r od. wat Nd. (Br. Wb.,D anneil, S chüt z e) mhev,
best du? — nu! uu! nu gät man, nu is 't nj'fer, nibr, niwr, nüver (fein, artig, niedlich
god ; nu ! nu ! wes man stil, 't schal wol god 35 etc., bz. von heiterem sprechendem Gesichte
gän; — b) Zeitadv. nun in der Bedtg.: n. Wesen od. klarem hellem munterem leh-
j et zt od. zii der augenblicklich gegenwärtigen haftem Ausdruck im Auge); nid. nijver
Zeit; — kumst du nu? — nu man, jetzt (emsig, fleis.sig, getverbsam, arbeitsam, streh-
nur etc. — 3Iit gleichbedeutendem skr. nu, sam). — Nach dem Br. Wb. kömmt in
nü; griech. nü, nun; lat. num, nunc etc. 40 Leibn. Collect. Etym., P. L, p. 48 ein
zweifellos zu der y nu (sich bewegen, dre- nieper in der Bedtg. : schön, hell u. klar in
hen, ivenden, kehren etc.), loeil es eigentl. den Augen vor, tvährend Schm. (I, 1714)
einen schnell passirenden Zustand der Zeit nüber anscheinend in der Bedtg. : hell, klar
anzeigt od. einen Zustand bezeichnet, lao etc. (wiltu zachen wein nüber machen) od.
eine Wendimg u. Veränderung der Zeit nach 45 in der von: munter, lebendig etc. hat, da
eintritt. er es mit nufer, nuefer, nuifer (munter, leb-
nubbe, unb', Knuff, Stoss, Schlag etc. haft etc.), bz. (Spalte 1731) nuofer (fröhlich)
namentlich mit der Faust; — ho gaf hum u. loeiter mit (Spalte 19) ueber, ouber, iber
'n nubbe (od. nub', guup, knuf etc.) in de (regsam, lebhaft, lebendig etc.) identificirt u.
rügge, dat he afer de kop flog. 50 annimmt, dass es aus en ueber od. en ouber,
nnbben, knuffen, stossen, schlagen etc. en iber (ef. ners, nöst, 1 nörd etc.) contra-
(mit Hörnern, od. der gekrümmten u. ge- hirt ist u. entstand. Vergleicht man nun
ballten Hand, der Faust od. den Knöcheln iveiter hei KU. mnld. nuveren, uveren
des Daumens u. der Finger etc.); ~ he (flagitare, appetere), bz. uveren, nuveren
nubbd hum. — cf. gnuppen, knuffen etc., 55 (petere, poscere) u. uveren (avere, concu-
sowie an., isl. hnippa (stossen etc.) ii. hneppa piscere) = yveren (eifern, zelari, aemulari),
(curvare, premere) etc. soioie oeveren, uveren (avere, cupere, concu-
nubbere od. genubbe, Knuff er ei od. Ge- piscere), soivie die ivegen der Formen mnld.
knuffe. oever = «M über — oever = «M. Ufer
' nüchtern, s. nöchtern. 60 — oeven, uven = nhd. üben (ahd. uoban,
NUEFERHEID
664
NUEMIG
uaban, uopan etc., cf. 8fcn), so ist es soicoJü
möglich, dass nd. uiber, niwer u. )dd. nijver
mit vorgesetztem en od. in, bz. gekürztem 'n
aus en od. iu ifcr (in Eifer, eifrig) ent-
stand, als dass uuver od. hayr. nüber u.
lieber mit üben (thätig sein, sich thätig,
eifrig, regsam u.ßeissig enceisen) zusammen-
hängt, zumal nach ahd. uoberön (cxercere)
von uoban (üben) od. uoba (das Ucben od.
Treiben, Betreiben, bz. die Arbeit u. Ver-
richtung etc.) auch ein Adj. iiober od. uobori
(etwas ausübend od. verrichtend, bz. thätig,
regsam etc.) bestanden haben kann, wovon
auch barjr. lieber u. nuber od. m'iber, niiober,
nnoiev (thätig, regsam, munter, fröhlich etc )
sich herschreiben toird. Fraglich bleibt es
dabei indessen noch, ob die in den obigen
nd. Wörtern, soivie auch die in unserm
iiüfer zu Tage tretenden Bedtgn. : hell, klar,
rein, sauber etc. aus der von : thätig, lebendig,
lebhaft, munter, frisch, fröhlich, heiter etc.
hervorgingen, od. ob diesen Wörtern ti. dem
oben angeführten nd. niepcr (s. oben u. vergl.
auch nd. nüver vom lebhaften Ausdruck der
Äugen) od. niper ganz od. zum Theil auch
noch ein anderes Wort zu Grunde liegt,
icie z. B. unser u. nd., mnd. nip (genau,
scharf, genau u. scharf sehend od. zusehend,
aufpassend, scharfe u. helle od. feurige
blitzende Augen habend etc.), zumal da nip
(s. d.) im nd. auch die Bedtg. : glatt, tiett,
niedlich, artig, knapp etc. hat u, dazu auch
die sonstigen Bedtgn. von nüfer od. nibcr
etc. stimmen. Aus scharf u. spitz ent-
stehen die Bedtgn.: fein, dünn, zierlich etc.
von selbst.
niit'erheid , scharfes Aufpassen, eifriges
Streben, Fleiss etc. — Nid. nijvcrheid.
niifke (Dimin. von nüf), eine kleine Nase ;
eine kleine naseweise superkluge od. auch:
eine spürnasige u. überall herumschnüffelnde
Person; — "t is so 'n regt lütjed nüfke fan
'n wicht.
iiiii'ken (Verb, von nüfke), a) näseln,
durch die Nase sprechen, sachte, langsam
u. langweilig sprechen etc.; — b) riechen,
schnüffeln, spüren, spioniren; — se nüfked
aferall herum.
niifkere od. genüfke, Schnüffelei od. Ge-
schnüffel.
nnkke, niik, Nucke, Tücke, heimlicher
Anschlag, versteckte Bosheit, Laune ; — „dat
sunt sin ferdömde nükken," sä' 't wif, do
hig hör man up 't starfen ; — hö (od. dat
perd, de wind etc.) hed sin nükken. — Nd.
nükke; m)id. nuck, nucke ; nid. nuk; mnld.
nucke ; dän. nykke. — Es bezeichnet eigentl.
ein plötzliches Vor- od. Aufstossen des
Kopfes, bz. dass ein Mensch od. Thier plötz-
lich u. imenoartet mit dem Kopfe nieder u.
nach vorne stösst od. den Kopf plötzlich
rasch aufwärts u. hintenüber bewegt, wie
man thut, ivenn man stutzt u. vor Etwas
zurückfährt n. gehört dieses Wort daher
5 zweifellos zu mnd. nucken (Bewegungen mit
dem Kopfe machen); md. nucken, nücken
(nicken, stutzen; einnicken, einschlafen) n.
zwar gleichviel, ob man unter nucke einen
plötzlichen Vor- od. Zurück-Stoss in ge-
10 trennten kurzen Zeiten, od. einen Vor- u.
Zurück-Stoss zugleich in derselben Zeit ver-
steht, da es überall sich nur auf den plötz-
lichen Stoss od. Bück, den ein Etwas macht
od. bekömmt «. erfährt, bezieht. Wegen
15 nucken s. das Weitere unter nokke am
Schlüsse, bz. unter nökcn.
iiul, null; Null. — Aus lat. mxWns u. dies
Compos. u. Contract. von ne-ulhis.
1. nül, nett, artig, niedlich etc. — Con-
20 trah. aus nütel ; *■. nüt.
2. nül, geneigt, abhängig, abschüssig, steil,
jäh, jählings, sehr schnell, unencartet rasch
etc. ; — pass' up dat du not herunder glidst,
de kante is nül un glad ; — de barg geid
25 nül hendäl ; — he is 'n nülen död stürfen.
— Nd. (Dähnert) nüle (abhängig, steil
herunter), (Schütz e) nüil (vorne über aufs
Gesicht, platt auf die Erde) ; dithm. nül,
nüel (überhangend, vornüber gebeugt) ; mnd.
30 nule, nüle (vorwärts über, proclivis, pronus).
— Davon Verb.: nd. (Schütze) nüilen;
dithm. nülen (sich neigen, überhangen, dem
Falle nahe sein); wang. (Ehrentraut, I,
72) niül, vorne überhängen od. tiefer liegen
35 (dat scliip niült) ; den Kopf hängen lassen
od. neigen (du uiülst ja so). — Es ist con-
trah. aus mnd. nugel, nigel, bz. ags. neovol,
niovol , nivel , contrah. (cf. H. Leo)
neol (pronus, prostratus, proclivis); aengl.
40 (Stratmann) niwel, nuel (proclivis, pro-
fundus), icas nicht zu ags. hnigan; goth.
hneivan (sich neigen, sinken, fallen etc., cf.
nigen) gehört, sondern beim Vergleich des
as. niwi, uiuwi, nigi ; ags. nive, neove (neu)
45 von nu (cf. nei) zweifellos mit lat. nuo,
nuere , nütus , nütare etc. ; griech. neüö
(nicke, ivinke, neige), neüma (Wink), nei'isis
(das Nicken, Neigung) etc.; skr. nu, nuvate
(wenden, kehren), von der idg. y nu (wen-
50 den, neigen, cf. Fick, I, 131) abstammt.
nülen (Dimin. nülekeu , nülkeu) ; i. q.
nOlen.
nüliks, niilings, neulich. — Zu nei, cf.
neilik.
55 nülk, s. nütelik.
nülken, ,9. nülen.
niiniig, vernünftig, klug, verständig, iveise
etc. ; — dat kind word al regt nümig ; —
dat kiiidje kikt al regt nümig üt; — dat is
60 'n uümigen junge; — he word alle dage
NÜEMIGHEID
665
NUPPEN
nümiger im kloker. — Nd. (Br. Wh.) nimig
u. niemhaftig ; locing. (Ehr ent r aict, I,
99) iiiumig. — 3Iit nümte u. nim in feriiim
(Verstand etc.) zu as. niman, ahd. iieman,
goth. iiiinan {nehmen, zu sich nehmen, auf-
nehmen, geistig auffassen etc.), cf. nemcn.
iiünuglieid, VernilnftigJceit, Klugheit etc.
nuiiinier, Nummer, Zahl, Zahlzeichen ; —
tlat is 'ii hogeu luimmcr ; — du mnst 'n
nummer up 't fat makcn. — Aus lat.
numerus.
nümmer, nimmer u. auch iiümmers, nimmer.
— Alul. niomt*'!', niemer ; mhd. niemer, nimer,
uimmer, d. i. iiie-mer (nie mehr), hz. ni-io-
od. ni-eo-mör (nicht je mehr), cf. nomand
u. eraand, wegen ne u. e.
iiümmers-dag, Nimmerstag od. (richtiger)
Nimmertag, Tag der nimmer od. nie kömmt
od. eintritt. — Mhd. niemertai", uimmcrtac.
— Zu unserer Redensart : de lütje nümmers-
dag (verkehrter Weise auch lütje lümmels-
dag genannt), wen de kalfei* up 't is dansen,
cf. das nhd.: St. Nimmerstag, loenn die Gänse
auf dem Eise gehen.
uiiiiis od. iiümmes, nlimms, Niemand, kein
Mensch etc.; — d'r is nüms in hüs od.
nüms to sen ; — nüms anders as lie ; —
wil nüms net nier; — nüms sin kind. —
Sprichw. : nüms slä' sin kiiider dod ; man
wet nich wat d'r üt worden kan; — nüms
word erder bedragen as dör 'n rau (od. un-
gesolten) stük flesk ; — nüms wil de katte
de belle anhangen ; — nümmes word arm,
as de net räknen kan; — nümms kumd afer
't mer; — nümms word de kette fan de
wagen stalen, as de se 's afends net bargt;
— d'r is nüms so stark, of he findt sineu
man. — Nd. (Schütze) nüms u. nümt,
(Dähnert) nümms, (Br. W b.) nnms ^(.
(im hannov.) nemmes; icang. nimmens. —
Wohl mit mnd. (Seh. u. L.) nemen, nement,
nemet (nempt), nemant, nemende, nimande,
numment u. ahd. neoman (cf. emand u.
nemand) urspr. ident., bz. daraus entstanden.
Wegen des unorgan. s am Schlüsse vergl.
nümmers = nümmer u. nid. immers = immer.
nümte, Vernunft, Verstand etc.; — he
is net regt bi nümte; — he hed sin nümte
net. — Mit nümig zu nemen.
nüne, nun (Flur, nünen u. nüners), eine
leere Muschelschale u. zioar speciell die
leere Schede der Herzmuschel u. ähnlicher
zum Kalkbrennen verwandter Arten, icelche in
grösseren Massen auch schule (cf. dieses u.
auch schill-für) genannt werden. — Nid.
(provinziell, bz. in Groningen, cf. v.Dale,
Weiland etc.) nuuu. — Da im nhd. auch
verschiedene hohle Werkzeuge u. vertiefte
Gefüsse od. Gegenstände Nonne heissen,
so könnte obiges nüne vielleicht dasselbe
Wort wie das tinten folgende nunne sein.
Da aber eine leere Muschelschale auch ein
nichts enthaltendes u. loerthloses Nichts ist,
so könnte nunc auch für nlne stehen u.
5 dasselbe Wort loie mhd. nien (d. i. ni en,
nicht ein, kein, nullus) od. mhd, niene (nicht,
nichts) sein.
nnnke, s. nunnc.
nünke, nüntje, Dimin. von nüne.
10 nünken, nüntjen (Diminut.-Verb. von
einem un gebraucht ichejt od. obs. nünen),
eine Melodie leise singen od. summen; —
he sitt to nünken ; — he nüntjed wat för
sük hen. — Davon genüntje «. nüntjere,
15 leises Gesinge od. Singerei, Gesumme etc.
— Nfries. (Outzen) nüne, nune, nunne;
tvfries. nuyntjen; an., isl. nunna (cantilare,
voce murmurare, non articuhita respondere) ;
dem. nynne (leise singen, lallen). Davon
20 ivohl norw. (Jv. Aase n) nyna (ein Spiel-
zeug, loomit man gewisse Töne hervorbringt,
indem man es in den Mund hält).
Vergl. dazu: ahd. niumuii (psallere, jubi-
lare), niumo (sonor, modulatio) ; lett. nauju,
25 nawu, naut (schreien) ; skr. nu nauti navati
(schreien, jubeln, preisen).
nunne, nunn' (Dimin. nunneke, nunke,
nunnetje, nuntje), Nonne, Klosterjungfrau.
— Nd., mnd. nunne; nid. non; m«ZfZ. nonne;
30 ahd. nunna ; mhd. nunne ; spätlat, bz. kir-
chenlat. nonna ; kirchengriech. nönna. —
Nach Fick (I, 126) urspr. eins mit griech.
nänna, nenne, nlune (Tante, Grossmutter);
skr. nana (Mütterchen, Mama), wie lat.
35 nonnus (Mönch) mit griech. nännos, nennos
(Oheim, Grossvater). — Skr. nana ist Lall-
ivort, bz. lallende Anrede der Kinder an
ältere Angehörige wie mama od. mamä u.
skr. tatä (Väterchen), cf. tatte u. loeiter bei
40 Diez (1, 292); ital. nonno (Grossvater),
nonna (Grossmutter) ; lothr. nonnon, nprov.
nonnoun (Oheim) etc.
nunneke, s. nunne.
nnnnen-titte, nun-titte, nun-tit, eine Art
45 Spitz-Apfel, der hier in zivei Sorten (brüne
un rode nuntitten) vorkommt u. wegen vor-
züglicher Tragbarkeit u. angenehmer Säure
sehr beliebt ist. Sie loerdcn auch nuntje
(Plur. nuntjes) genannt u. werden sie ihren
50 Namen vom Volksioitz tvohl daher erhalten
haben, dass sie spitz od. an der Spitze ein-
geschrumpft u. zusammengezogen sind wie
die Zitzen od. Brustwarzen der Nonnen.
— Auch nd. (Dähnert) nunnentitten, eine
55 Art Aepfel.
nunnetje, nuntje, s. nunne u. uunnen-
titte.
nüntje, s. nüne, bz. nünken.
nüntjen, s. nünken.
60 nuppen; i. q. nubben etc. u. gnuppen.
NIJRKEN
66ß
NUESSELN
nnrken od. nürken , murren, 'knurren,
knarren, zanken. — XhL nurken (nörgeln,
knurren). — Suhst. nnrk, nork (ein Knurrer
od. Murrtopf, Sauertopf). — Es ist Dhnin.-
Form eines ohs. nuren od. nurrcn = mnd.
(Seh. u. L.) mirren (knurren), tcas mit
gnüren (knurren) U'ohl ident. ist u. ivovon
vielleicht auch das nhd. nör g el n abstammt.
nnrt (Suhst. zu nurtjen etc.), kleiner, stoss-
weise erfolgender Gnss od. cigentl. ein kleiner
Stoss; — 't geid (dat pissen) In mirtcn im
bi stütten, as bt de swine, od. 't geid bi
nurten un bi stötten as de swine pissen.
nurtjen. stossen ; stossweise giessen ; vö-
geln, coire, coitum exercere. — Es steht für
nutjen, cf. nitjen u. nirtjen.
1. nüs (Dimin. nfisje, nüske), Xase. —
Nid. nuis etc., cf. nöse.
2. uv.s, klug, scharf, weise, ptfijfig etc.,
namentlich von pßffigen altklugen u. nase-
iceisen Mädchen u. Kindern gebraucht; —
se kikt so nüs (od. snus, snügge) iit as 'n
spikermiis. — Eigentlich icohl soviel als
spürnasig od. naseiceis u. dann zu
nüs od. sonst dasselbe ivie snüs.
nüsie, nüske, .v\ 1 nüs h. nüske.
nüsken, .«. nösken.
niisken, n'iisken, schnüffeln, stöbern, suchen,
kramen, wühlen etc.; — be niisket 't all'
dör (od. afcral lierum), of be not wat finden
kan ; — wat best du dar manken dat god
to nusken ; — de swinen nüsken in 't stru
(od. in de erde) lierum. — Xd. (Dähnert)
nüsclien (Etwas mit der Xase od. dem Hassel
durchwühlen, wie die Schweine od. Hunde;
unter andern Dingen herumschnüffeln u.
Eticas suchen, Sachen durchstänkern) ; satl.
(Ehren traut, II, 213) nüskje, nuskje
(vom WüJilen der Schweine in der Erde,
ivenn sie nach Futter suchen).
Wohl formell nicht dasselbe ivie nüsken
od. nösken, sondern anscheinend mit ver-
gröberter od. verhärteter Aussprache (cf.
Bursche od. bursb, bursk aus burse, burs)
aus nussen od. nusen etc. (dem Siammverb.
von 1 nüsscln) entstanden, was beim Ver-
gleich von nd. (Br. Tfft.^ nusteren (stöbern,
durchstöbern, durchsuchen etc., von Sjnir-
hunden entlehnt) von nuster (Xüster) auch
jedenfalls mit nüs od. nöse (bei Ca d. Müller
niisse u. hei KU. auch nuese, sowie ags.
auch nys etc., cf. nöstcr m. nöse) zusammen-
hängt u. tvorüber Weiteres unter 1 niisseln
zu ersehen ist.
nüsker, s. nösker.
1. niisseln, stöbern, suchen, kramen, wüh-
len etc.; — wat nüsselst du dar al in de
lade (hz. in de hörns un liokon etc.) berum ?
— he (od. dat swin etc.) niisseld in de erde
(od. in 't strö etc.) berum; — de müsen
nüssoln (wühlen u. rascheln) in 't stro; —
be (od. dat swiu etc.) bcd sük in 't strö
benüsseld (bewühlt od. hineingewühlt u. ver-
krochen, versteckt etc.) ; — se beuüsseln (be-
5 tcühlen u. bedecken etc.) sük mit erde od.
strö. — Xd. (Br. Wh.) nusseln (mit der
Nase tvorin herumtcühlcn ; etwas durch-
stöbern od, durchstäiikern um Etwas aus-
zuspüren) u. ('S c/fnw 6 ac 7t^ nusolu, nüseln
10 (näseln, durch die Xase sprechen, undeut-
lich sprechen, murmeln); mnld. (KU.) neu-
seien (naso sive rostro tacite scrutari); ivfries.
(Japix, s. pag. 312 unter noaz u. 499
tinter den Compos. mit trog auch das ein-
15 faclie noazjen) noazcljen, neuscljon (schnüf-
feln, stöbern, suchen, forscJicn etc.); engl.
nuzzle (mit der Nase in der Erde loühlen)
u. nousle (mit der Nase aufwühlen). — Es
setzt ein einfaches von Nase, bz. dessen
20 verschiedenen Formen (cf. nöse) fortgebil-
detes Verhum nussen, nusen od. nosen, neusen
etc. voraus, was hei Japix im Compos.:
trog-noazjen (durchnasen, bz. durchschnüf-
feln, durchforschen etc.) u. im engl, nose
25 (mit der Nase aussirüren, riechen, ivittern ;
heriechen, schnüffeln) belegt u. loomit auch
nono. (Jv. Aasen) nasa (riechen an Et-
toas, grosse Neugierigkeit bezeigen , seine
Nase überall hineinstecken etc.) u. nussa,
30 nusa (dasselbe), sowie schived. nosa (vom
Vieh, mit der Nase od. Schnauze riechen
u. beschnüff'eln ; schnauben etc., cf. schwed.
nos, Schnauze od. Nase = Vorspringendes
od. Vorragendes etc., ivie mül u. mund etc.
35 od. wie nesse u. nöse — bz. norw. nos =
dän. naese u. an. nös u. nhd. Nase, sotvie
cormv. nos = mül u. snüte) von Hause aus
ident. ist, da alle diese Verba von Nase u.
dessen verschiedenenFormen fortgebildet sind,
40 ganz ivie dies auch der Fall ist mit : nhd.
näseln, nieseln (durch die Nase sprechen,
langsam, undeutlich u. gedehnt sprechen);
ahd. ncseljan od. neselen ; mnld. neuseien;
nnld. nouzelen; nd. (Schamhnch, Dan-
45 neil etc.) nuscln, nüseln, nüsseln, nasseln ;
hess. (Vilmar) nöseln, nösseln u. nusseln,
nüsseln, nisseln, wobei wegen sonst. Bedtgn.
auf das folgende nüsseln verwiesen wird.
2. niisseln, langsam sein, zaudern, säu-
50 men, sich lange toomit u. wobei aufhalten,
nicht vorwärts kommen womit, arbeiten u.
nichts beschicken , trändeln etc. ; — wat
nüsselst du so lank ? raak docb wat fürt;
-- be ausseid d'r so lank mit (od. bi) berum
55 dat d'r hei gin wachten up is, er 't klär
word. — Davon Suhst. : genüssel , nüssele
Gezauder, Gezöger etc., Zauderei) u. nusse-
lig etc. — Nd. (Br. Wh.) nöseln (arbeiten
u. nichts beschicken) u. nusseln (zauderhaft
60 arbeiten), (Dan neil) nusseln, nüsseln,
NUESSELN
607
NUEST
nassoln , (S ch ü t z e) nüsseln (zauderhaft
arbeiten, arbeiten u. nichts beschicken,
langsam od. auch schlecht u. unsauber
arbeiten).
Es ist ein Tterat. von dem nur von
Dähnert verzeichneten nd. missen (säu-
men, trä(je u. faul sein, langsam arbeiten
V. nichts beschaffen), was auch für älteres
nusen od. nosen (cf. snüffeln in der Bedtg. :
riechen, spüren, stöbern etc. u. in der von :
durch die Nase sprechen etc.) steht u. dem-
nach auch ziveifcUos ident. mit 1 nüsseln
u. dem mnld. neuseien; nd. nüsseln, nüsseln
etc. ; hess. nüseln etc. (durch die Nase
sprechen, näseln, undeutlich sprechen, mur-
jneln, bz. leise, langsam u. undeutlich spre-
chen, hcdblaut sprechen, brummen, kritteln,
tadeln etc., cf. Vilmar, Schambach,
Danneil etc.) u. entweder aus der Bedtg.:
langsam sprechen etc. in die von langsam
sein etc , od. (ivas mir am wahrscheinlichsten
ist) aus der von : stöbern, forschen, suchen,
kramen, ivühlen etc., od. herumkramen, herum-
stöbern etc. (cf. 1 nüsseln) in die von : sich
aufhalten wobei, lange Zeit ivobei verbringen
etc. übergegangen, weil das stöbern ii. kra-
men in alten Sachen u. Schriften od. das
Durchstöbern von Etwas überall viele Zeit
erfordert u. man dabei sehr viele Zeit
unnütz vergeudet. Erwägt man indessen,
dass das nid. nestelen (nistein, nidulari)
auch die Bedtg. : zaudern, zögern, bz. sich
aufhalten wo etc. hat, so scheint es doch
eher, als ob dieses nüsseln init 3 nüsseln,
bz. nüsteln urspr. eins ist u. mit dem ersten
nüsseln nichts gemein hat. Vergleicht man
jedoch die obigen nd. Formen nüsseln u.
nasseln zu nid. nesteln, nasteln (nesteln,
festbinden, schnüren etc.), so scheint es
toieder, als ob dieses nüsseln aus nesteln
entstand, was ja auch einerseits eine zeit-
raubende, langwierige u. langsame u. anderer-
seits auch eine kleinliche u. tipelige Arbeit
ist u. wozu auch das nd. nesseln statt nesteln
(cf. Br. Wb.) beim Vergleich unsers nüsseln
statt nüsteln = nid. nestelen (nidulari)
stimmt.
Vilmar hat nüsseln auch in der Bedtg.:
in den Speisen herumstören (mit der Gabel),
ohne ernstlich zu essen ; iccnig u. ohne
Appetit essen, loährend Seh ü tz e, Dan n e i l
etc. sik benüsseln auch in der von : sich
einen Bausch trinken , sich berauschen
etc. haben.
3. nüsseln ; i. q. nüsteln.
nüsselig, nüsslig, nüss«lg, zauderig,
säumig, langsam, mit Nichts vorwärts
kommend etc.; — du must net so nüsselg
wesen un di net altid aferal so lank bi
upholdcn.
nüst (Flur, nüsten), Nest, Lager etc. ; ^
de fogels (od. müseii etc.) liebben dar hör
nüst; — lie krupt bi hör in 't nüst; —
junge! mäk dat du in 't nüst kumst; — 'n
5 old nüst (ein altes Haus) ; — Compos. :
il)<^G\-, liöner-, müsen-, rof-, hören-nüst, —
nüstküken , nüstei etc. — Sprichw.: wen
füle höner in en nüst leggen, den sammeld
't sük bold ; — lütje fogels maken lütje
10 nüsten. — Nd., mnd., nid., mnld., ags.,
engl., wfries. nest; wang. nist; nfries. neast;
alid. nest, nist; mhd. nest. — Es gehört
ztveifellos zu ahd. nesan ; goth. nisan in der
Bedtg. : vereinigen, verbinden, zusammen-
15 machen, zusammenfügen, an- od. ineinander
fügen, schliessen etc., (cf. genesen), da es
formell mit dem gleichfalls zu nesan, nisan
in der Bedtg.: ganz, heil u. gesund machen,
am Leben erhalten etc. (cf. narung u. neren) ;
20 ahd. nest, nist (Nahrung, Unterhalt, Speise,
Kost, Proviant für die Reise, bz. victus,
viaticum) ; ags. nest, nyst ; an., norio., schwed.
(dialect.) nest (Proviant, Beisekost) etc. eins
ist. Dass ein Nest ein aus Sträuchern,
25 Haar, Wolle, Federn, Lehm etc. zusammen-
gemachtes od. zusammen u. in einander ge-
fügtes Etioas, bz. eine Vereinigung u. Ver-
bindung derartiger Stoffe ist, weiss Jeder
u. spricht für diese Bedtg. von Nest u. der
30 directen Abstammung dieses Wortes von
nesan, nisan in der Bedtg. : vereinigen, ver-
binden, an- od. ineinander machen etc. auch
das an. nist, nisti; wfries. nest (Heftnadel,
fibula) ; nonv. neste (dasselbe), nest (Zu-
35 sammenheftung mit JDrath) : Verb.: an.
nista (zusammenheften) ; norio. nesta (heften,
festknüpfen); ags. nestan (spinnen od.
stricken, mit einander verbinden), sowie dem
davon fortgebildeten ahd. nestila, nestilo ;
40 mM. nestel ; afries. nestla etc. (Bandschleife,
Schnürriemen, Binde); Verb.: nd. nesteln,
nesseln (ligare, nesteln) etc., was Fick
(III, 159) loohl unnöthigerweise als aus
nebsta (d. i. neghsta) entstanden ansieht,
45 da das frühere Bestehen dieser Formen
durch Nichts bewiesen ivird u. der Stamm
nist etc. formell besser zu nesan, nisan
(vereinigen, verbinden), bz. mit diesem zu
einer y nas stimmt, als zu der für lat.
50 nexere angenommenen y nagh.
Zu nest, nist (Nest) sei loeiter noch be-
merkt, dass auch Fick (cf. III, 163) dieses
Wort gleichfalls mit nesta (Zehrung etc.)
von nesan od. nisan ableitet, dazu aber für
55 Letzteres die Bedtg. von griech. naiö enassa
(tvohnen) zu Grunde legt, die nesan od. nisan
im germ. doch nie hatte, während die Bedtg. :
sanari etc. ebenso loie bei heilen u.. Heil
(cf. beil u. helen u. zu Heil auch das
60 goth. ga-nists [salus, bz. Genesung, Rettung]
NUEST-EI
668
NÜET
von ga-nisan) gerade aH>f der sinnl. Bedtg.:
(mit einander) vereinigen od. verbinden,
SHSammevftigen etc. hervorgegangen ist.
Ob das lat. uidus für tirspr. iiisilus u.
das gleichbedeutende skr. nidä für nisila 5
(cf. auch hib. nead ; cambrobr. nvtli, Nest)
steht u. auch rio- y nas (sich gesellen zu
etc., s. unter genesen u. cf. Grassmann,
Ben fei/ etc., sotcie Fiel; [I, J2[>] wegen
nas u. nulä) gehört, lasse ich hier unerörtert. 10
nüst-ei, Xcst-Ui, bs. dasjenige Ei, %velches
man im Neste liegen lässt, damit die Hühner
fortfahren zu legen.'
niisteln od. (gewöhnlicher) niisseln, nisten,
nidulari etc.; — de f8gcls nüstoln (od. 15
nüsseln) in de böra ; — he niisseld sük bi
hör in, od. söchte sük bi hör in to nüssoln
(von Jemandem, der sich bei einer wohl-
habenden od. reichen Wittwc einnistet u.
festsetzt od. einzunisten n. festzusetzen, bz. 20
einzuheirathen sucht) ; — de iiiüsen nüsseln
in 't stn") od. hebben sük in 't stro bcnüssold
(be- od. eingenistet u. verborgen); — hc
nüsseld (nistet, setzt etc.) sük dar fast. —
Nid. nestelen (nistcln, nisten, horsten, sich 25
einnisten u. verbergen) ; mnd., mnld. nestoh-n ;
wfries. (Japi.r) nesscijen; wang. (Khren-
traut, I,SO) nissel ; nfries. (Johansen,
pag. 167) neastlin; ags. nestlian, nistlian;
aengl. nestlin ; engl, nestle. — Zu einem mit 30
ahd. nestili (nidulus) idcnt. ags nestle, nistle,
hz. and. nestele, nestel, als Dimin. von nest,
nist, cf. nüst.
niisten, nisten, nidificare, ein Nest machen
u. beicohnen etc. ; — de Urnings willen dar 35
nnder de pannen nüsteu ; — de müsen wüsten
in 't stro; — se hebben sük dar innüstd etc.
— Nd. mnd., nid., mnld. nesten ; nfries.
neast; ««</. nestje ; or/s. nistian; aengl. nesüea;
engl, nest; alid. neston u. nistjan, nisten; 40
mhd. nisten.
nüst-küken, Ncsfküken, Nestküchlein; —
fig. : letzt gebornes Kind, verhätscheltes u.
verzärteltes Kind etc.
1. niit, Nutz, Nutzen, Vortheil, Gewinn 45
etc., hz. Genuss, Gebratich etc. ; — wat nüt
heb' 'k d'r fan, -wen 'k dat dö ? — to nüt
(zum Nutzen od. Vortheil, Besten, Frommen
etc., bz. Genuss u. Gebrauch etc.) tan 't
algemen. — Nid., mnld. nut; nd. nntt; 50
mnd. nnt; nfries. (Johansen, pag. 106)
nat; ags. nvt; an. nyt; ahd. nuz; mhd. nutz.
— Mit:
a) afries. not ; ivfries. not (Frucht, Fcld-
früchte) ; ags. not (opus, usus, utilitas) ; an., 55
ist. not (usus, utilitas) etc. und
b) afrirs. nät; nfries. (Japix) nüt; nfries.
nut, nyt, nuot, nuat u. (Johansen) naatji,
bz. nad, nat, noet (ff. Outzcn unter nüt);
ags. neat ; aengl. neat, net, nout ; engl, ueat ; 60
an. naut ; noriv. naut; schwed. not; dän.
nüd ; ahd., ndid. nöz (Nutzvieh als Bind,
Kuh, Schwein, Hund, Hahn etc., od. eigcntl.
ein Etwas was man sich zu Nutzen macht
u. benutzt od. gebraucht etc.) etc. zu goth.
niutan (benutzen, gebrauchen etc.) etc., cf.
geneten.
2. nüt, nutz, nütze, nützlich, nützend,
frommend, dienend etc.; — dat is di niks
nüt; — dat is unnüt geld ütgefen ; — dat
is 'n nütten sake; — he is 'n unnütten kerel.
— Nid., satl. nut; 7id. nüt; mnd., mtdd.
nutte, nut; afries. nette; ahd. nuzzi, nuzze ;
goth. nutis; ags. nyt; an. nytr etc.
nüt, lieb, nett, still, artig, angenehm, nied-
lich, allerliebst etc. ; — kinder mutten altid
net un luit (od. nut un Stil, bz. netjes nn
nütjes od. iiütjes un stiltjes) wesen; — he
is regt nüt (artig etc.) west; — dat is 'n
nüt (nettes, stilles, liebes, artiges, bz. aller-
liehstes) kind ; — dat sügt regt nüt üt ; —
he hed 'n nuten frö ; — du büst mi ök 'n
Hüten (iron.) jung', dat du nn dar so sitten
h'tst ; — dat is 'n nüt hüs ; — nüt wer
(sanftes, stilles, angenehmes ^V'rtter) ; — he
Word wo older wo unter (netter, artiger, ge-
sitteter etc.); — dat is en fan de nütste
(nettste, gefüllig.ite etc.) hüsen, de ik keiui'.
— Dieses auch im Stadischen wohlbekannte,
in allen meinen nd. u. nid. Wörterbüchern
aber fehlende Wort ist zunächst eins mit
ivfries. (Japix, s. unter njoe m. vergl.
weiter unten das afries. niod ete.) njoe (an-
genehm, lieblich, bz. erfreulich, lieb etc.),
sowie mit tofrics. (Japix) njoet, njuet od.
(W assenber gh) nieut (mansuetus, zahm,
sanft, ruhig, still, artig etc.), sotcie ziveifel-
los auch mit nied in nhd. niedlich (cf.
lultllk) tt. demnach tcahrscheinl. dasselbe
Wort tvie ahd. niot, niet (begierig, begehr-
lich, begehrens- od. tvünschenstoerth, ange-
nehm, erfreulich, lieb), tvas mit ahd. niot,
niet; as. niud (desidcrium); ags. iioud (Stu-
dium, desideriuni, bz. Trieb, Eifer, Lust,
Verlangen, bz. Lust, Neigung, Geneigtheit,
Willfährigkeit, Freudigkeit, od. Freude,
Jjiebe zu u. an Etwas) ; afries. niod, nyoed
(Freude, Jjust etc.?) ; wfries. (Japix) njoe,
njue (goedheid, gunst, genegenheid, liefde,
vreugde, genoegcn, bcgeerte, zucht, verlangen)
etc.; — as. niudsam; ahd. niotsam; mhd.
nietsam (begehrens- od. tvünschenstoerth, an-
genehm , lieb, passend, erfreulich) tc. as.
iiiudliko (mit Trieb, Eifer, Freude etc., bz.
eifrig, freudig etc., cf. nütlik) ; — Verb. :
as. niudüii ; ags. nydan (in gcuiodön u. ge-
nydaii) ; ahd. niotön, nietön ; tnhd. nieten
(Trieb od. Eifer, Lust, Verlangen, Neigung
etc. haben tvozu, sich beflcissen, Lust u.
Freude haben tcoran, sich Eines erfreuen,
NUETELK
600
0
Genuss u. Vergnügen haben wovon, in Fülle
gentessen) etc. zu demselben Stammverh. wie
iiüd gehört, da sowohl das Adj.: ahd. iiiot
etc. als das Subst.: ahd. iiiot; as. iiiud etc.,
ebenso ivie auch iiöd einen Dran g-, Pres s-,
od. D r u c k - Zustand (od. einen Zustand
wo einerinnerlich wozu gedrängt u. g e-
nöthigt od. getrieben ist u. ivird, bz.
ein effectives Gedrängtsein od. einen effectiven
Drang wozu) bezeichnen u. das Subst. niud
etc. aus der Bedtg. : Drang u. Trieb (wozu
etc.) in die von: Eifer, Verlangen etc.
überging.
Zum Schlüsse sei zu dem ags. iieod (Stu-
dium , desiderinm) noch bemerkt , dass es
sehr oft mit nead ; engl, iieed ; nhd. Noth
(cf. H. L eo , L. Ettm ü Her , Boute r-
wek, Strat m a n n etc.) verwirrt u. ver-
tvechselt wird, tvas insofern sehr erklärlich
ist, als beide Wörter von niuwan od. niuan,
neöau (stossen, drücken, drängen) abstammen
u. beide aus niuwet od. niuad in der Bedtg. :
gedrückt, gedrängt etc. contrah. u. entstanden
u. demnach ags. neäd u. ncöd sowohl formell
als begrifflich eigentlich eins sind.
iiiitelk, s, nütiik.
nntjen, stossen; stossic eise pissen; vögeln.
— Nfries. (Johansen, pag. 4G) nütjan,
stossen (mit der Stirn od. den Hörnern).
— Ablaut von iiitjen.
nütiik, nütelk, niedlich, lieblich, allerliebst,
gefüllig, artig, nett etc., od. durch Wesen u.
Betragen od. äussere Erscheinung einen an-
genehmen, lieblichen, gefälligen, einnehmenden
u. erfreulichen Eindruck machend; — dat
is so 'n niitlik (od. nütelk) wicht, dat elk
un en sük d'r hast in ferlefd; — 'n nütelk
kindje od. hüske, kled etc. ; — 'n nütelken
tun ; — se is altid so nütelk kledt, dat 't
elk gefalld un elk 't alleriefst findt. — Nd.
(Schütze) nüdlig. — Zu nüt, bz. urspr.
eins mit as. niudliko (mit Verlangen od.
Eifer u. Fleiss etc., eifrig, angelegentlich) ;
ags. neödlice u. neödlic (studiose, Studiosus) ;
aengl. neodliche (diligently); mlid. (Lex er)
od. md. (cf. Weigand unter niedlich)
nietliche, niethliche (mit Eifer od. Verlangen
u. Fleiss, od. mit Freude u. Lust etc., bz.
eifrig, freudig); älter nhd. (bei Ljiither,
Sprüche 9, 17 u. Dan. 10, 3), niedlich (er-
freulich zum Genüsse, bz. Verlangen, Be-
gierde, Freude, Lust u. Gef(dlen etc. er-
weckend u. machend, erfreulich, angeneJim,
5 lieblich, gefällig, niedlich etc.), sowie höchst
wahrscheinl. auch mit mnd. (Seh. u. L.)
nötlich od. noitlich, noetlich (lustig, scherz-
haft etc., bz. Lust u. Freude od. Jux u.
Scherz machend u. erzeugend, bz. von Lust
10 u. Freude besessen, Lust, Freude u. Scherz
habend u. treibend, voll von Lust, Scherz,
Jux, Possen etc. etc. ; daher auch : possir-
lich, närrisch, ivunderlich, sonderbar, lächer-
lich, seltsam, eigenthümlich, bz. wunderlich,
15 leicht gereizt, empfindlich, eigen, ungeniess-
bnr, vcrdriesslich etc.), da auch nie dl ich
im nhd. die Bedtg. : leicht empfindlich, bz.
wunderlich, emp)ftndlich , krittlich, reizbar,
grämlich, eigensinnig etc. (cf. Weigand
20 u. Vilmar etc.) hat.
Das (Jompos. : as. niudlico, bz. ags. neod-
iTce u. neödlic ist von niud (Druck u.
Drang im trop. Sinne u. so = Eifer, Ver-
langen, Begehren etc. od. Trieb, IaisI, Nei-
25 gung, Geneigtheit etc.) u. lico od. lic (gleich,
gleichivie, ebenso etc., cf. lik) gebildet u. be-
zeichnet einen Zustand, der dem innern
Drange od. dem Eifer, Verlangen u. Be-
gehren od. der LaisI u. Neigung (von Je-
30 mandem wozu etc.) entspricht od. dem Drange
u. Eifer etc. (eines Jemandes) gleich ist od.
gleicht, looraus sich alle andern Bedtgn.
(er ist niudllc od. eiferlich, lustlich etc., bz.
gleichivie od. ebenso wie Eifer, Verlangen,
35 Freude u. Lust etc.) von selbst weiter ergaben
u. entwickelt haben ii. ist über as. niud etc.
das Weitere unter nüt zu vergleichen.
nütiik, nüttelk, nützlich.
1. Hütten, nutzen, nützen, fördern, helfen;
40 gebrauchen, gemessen; — wen 't net nüttd,
den schädt ök net; — wat kan mi dat
nütten? — he kan d'r niks fan nütten od.
nüttigen, bz. genütten od. genüttigen; — he
genütt od. nüttigd niks mer.
45 2. nütten, Nutzen, Besten etc.; — 't is
to diu egen nütten ; — 't is mi niks fan
nütto.n.
nüttigen, s. 1 nütten.
nüver etc., s. nüfer.
0
0 ; der vierte Vocal des Alphabets steht 55
in manchen der nachstehenden Wörter für
älteres a od. u u. ist er überhaupt auch kein
urspr. Laut, sondern erst im Laufe der
Zeiten aus einem der beiden genannten
Vocale entstanden, wie er denn auch über- 60
haupt stets ein sehr schwankender u. ver-
änderlicher Laut ivar u. seine Entstehung
verschiedenen Ursachen verdankt.
0 ; loie nhd. „ö" od. „oh", Interjection
des Schmerzes, der Freude, der Verwun-
derung etc., ivofür wir (als hüerjection des
OCH OG
G70
0^
Schmerzes) auch: ou od. au gebrauchen.
Wohl urspr. ident. mit:
üi'li, üg, ach; Itderject. wie 6, jedoch
ausserdem auch gebraucht, um seinen IJn-
toillen, Verdruss, bz. seine Ungeduld zu
äussern; — och! mäk diit d' weg kamst;
wat steist du dar to kiken ? — och! wat
geid dl dat an etc. — Nid. och ; ahd. ah ;
mhd. ach; lat. ah (u. cheu) ; skr. ahö etc.
aus ursjir. alia.
öddor, s. Order.
Ode, Odo, ml. Name. Geschln. Odeiis ?(.
Odeuga, Üdinga.
Er leitet sich ab von as. od; afries. üth,
eth (in öthel, ethel = 1 ädel, Erbgut, an-
gestammter Besitz etc) ; ags. cad (Gict, Be-
sitz, lieichthum, Glück, Heil etc.); an. audlir;
goth. aud (in audahafts, audags etc.) ; ahd.
üt (Besitz etc.) = uot, uod (in uodii\ = an.
ödhil, Erbgut, angestammter Besitz etc.) etc.,
wonach denn „Odo" soviel bedeutet als: der
Besitz u. lieichth u m h a b c nde, bz.
der Bei ehe u. Glückliche etc. u. mit Ade,
Edo, Udo etc. dieselbe Grdbdtg. hat. Der-
selbe Stamm steckt auch in 1 adel, sowie in
Atto u. atte etc., da der Grdbegriff desselben
eben auf fassen, greifen, halten,
nehmen etc. zurückgeht.
Mit ud, audhr etc. hängt attch der Name der
Kuh: Audhumbhi, bz. Audhumla (Grimm,
Mythol. i)'^6) zusammen u. bedeutet derselbe
soviel als: „Kuli des Beichthums", bz.
des „Segens" (Beichthum-, Segen- od.
Fü II e- S}) e n der i n), loeil aus ilirem Euter
vier Milchströme flössen, welche dem Ymir
Nahrung gewährten. Die Stammform od,
uod (cf. göd von gadeii) gehört zu einem
alten adau, loovon auch adel etc. adaa von
ad od. ath ist tvohl Brüter, von idan, ithuu,
]/ adh ? cf. indessen atte etc.
Odje, «dtje, ötje od. öthje, Grossmutter,
bz. Grossmütterchen ; — ik gä ua miu odje
hen. — Wenn man unter atte, ette (Vater
etc.) u. unter „Ode" das Weitere vergleicht,
so liegt es sehr nahe, es mit diesem von
demselben Grundstamm öd, öth, eth etc. =
ad abzuleiten u. da es meist (im Gegensatz
zu dem nüchternen grötmoder u. beppe) nur
von Kindern im k osende n u. seh m e i-
ch elnden Sinn gebraucht wird, so ist
diesem Worte vielleicht die Bedtg.: Gütige
(von öd. Gute) zu unterlegen. Vergl. helg.
6t, Grossmutter (hl ötens, bei Grossmutters),
wofür vielleicht richtiger ötli zu schreiben
ist. cf. Ü etke r, Helgoland, pag. 405, sowie im
Julklapp von Dr. Karl Theod. Gaedertz
pag. 8 unten in der Anm. das nd. ohhc (Gross-
vater), was jedenfalls für odde od. älteres
ode ofZ. öde, uode steht u. mit dem ml.
Namen Ode od. Odo eines Ursprungs ist.
öde, M\ öde, leer, wüst, verkommen,
scJilecht, traurig, armselig etc.; — dat sügt
hir so öde ut; — dat is hir so 'ji üdea
kräm ; — Öd wer (trauriges , trübseliges
5 Wetter) ; — 't is so 'n Oden söudag (es
ist solch ein trauriger, trüber, regnigter
San )t tag) etc.
Es ist das as. ödhi , öthi; m)dd. oode;
alid. ödi, aodi ; a)nhd. öde; mhd. oede, goth.
10 aulhs; ags. eadhe, (Hlhe, ydhe etc., welches
in den verschiedenen Bedtgn. von: leicht,
ang e n e h m etc. ; leicht , n i chts to i e-
gend u. enthaltend, leer , eitel,
thoricht, mang elhaft, schlecht etc.
15 vorkömmt u. in vieler Hinsicht mit unserm
„wau" synonym ist. Dasselbe Wort od. das
Adverb. : ahd. öd, öth = ags. eadh, ödh etc.
.steckt auch in ödmöd od. ötmöd (Demuth),
u. zwar in der Bedtg. : leicht, le i c h t-
20 lieh, willig, gefügig etc., u. heisst
ötmöd eigentlich soviel als : willig er ,
gefügiger u. somit niedrig er Muth
od. Sinn, als Gegensatz von Stolz u.
D ü n k e l etc.
25 üd-möd od. öt-möd, Demuth, bz. ein Sinn,
der gegen Gott u. MitmenscJien gefügig u.
loillig ist u. sich nicht stolz gegen die Fü-
gungen des Geschicks etc. auflehnt. Begriff-
lich unterscheiden loir es von dem ö d
30 darin, dass wir mit diesem ein etwas mehr
kriechendes od. doch etwas mehr unter-
ivürfiges Gebahren bezeichnen als mit ödmöd.
— Nid. ootmoed ; as. ödhmödi, ödmuodi ;
ahd. ödmuotl, aotmoati, ödhmöti, leichter,
35 folgsamer, tvilliger Sinn, Demuth. — Zu ahd.
ödi etc., leicht etc., cf. Ode.
öd-iiiödig, gefügigen ivilligen Sinnes, ge-
horsam, unterwürfig.
oepenlik, oependlik, s. apendlik.
40 oej)iuuig, 6'. äpnung.
1. üi", ob, ivenn ; oder, als etc.; — weist
du ök, of dat schip fan dage färd ? — ^ Jau
of Harm ; ea fan beiden mut to hiis blifeu ;
— ik wet nich anners, of he is död ; — du
45 must ens dön ; of links of regts iitwikeu; —
wul' ji wat mit iiten, of dö ji jö bedanken?
— ji mutteu ilfen mit 'n mau of wat kamen (ihr
müsst eben mit etlichen Leuten kommen); —
't is al 'n jär of wat laden (es ist schon ei-
50 nige Jahre her) ; — 't is 'n ür of dre gäns
fan hir (es ist etwa drei Stundoi Weges
von hier entfernt).
Es ist das goth. ibai, iba (ob, denn, etwa) ;
ahd. \h& (Bedingung) ; Dativ ihn, \\i\\ (wenn,
55 ob); andere Formen: oba, übe, ubi, upa,
upi ; mhd. obe, ob; md. of; afries. ef, jcf,
gef, of, jof; as. ef; ags. gif, gyf; engl, if ;
an. ef, if ; nid. of; nfries. ef, of etc., welche
in den älteren Sprachen indessen nur die
60 Bedtg. : ob , wenn etc., ii. nicht die Bedtg,
OF 671 OF-DÖN
von: oder (loie hei uns) haben ti. loelche anderen u. zioeiten Ißtioas natur-
lelslere BcdUj. daher rührt, dass das von gemäss u. von seihst crlclärt, soivie auch de)i
dem fries. ef, of, jef (oh, wenn) weiter ge- durch „oh" ausgedrückten Ziueifcl (od.
hildete eftlia, efthcr etc. (oder) wieder zu des Zioicspalts u. der Ziveiheit) im \\^ollen,
of, jef gelürst u. verstümmelt wurde, wie hei 5 Handeln u. Können etc., wohei ich noch
V. Eichthofen (afries.Wb.) M«<er ieftha hemerice, dass das skr. uhha, als Sahst, auch
(cf. auch mnd. of hei Seh. u. L.) zu ver- den Dual od. die Ziveiheit von Etwas
gleichen ist. Vergleicht man nun aher xoeiter bezeichnet.
die dort unter ieftha aufgeführten Formen : Als Belegstellen für goth. ibai, hz. bai etc.
lulei', ander etc. mit den von Schade (ahd. 10 sind zu vergleichen: Bopp, Gramm. III,
Wb.) unter odo (oder, etwa etc.) auf- 484 u. Gloss. comp. 58 (s. uba) u. 305 (s.
geführten Formen: ahd. odar, oder; mhd. yat 3). Ferner Ben feg, Sans/er. Dict.
oder, odder; md. uder, ader etc., so scheint 130 (s. ubha) u. 733 fs. yad), Fiele, I, 2'Jl.
es fast, als ob das mit Letzterem identische (cf. ubha u. auch unser beide) etc. etc.
nhd. oder = nd. edder (cf. unter eddeu- 15 Zum Schluss ist nocJi, zu bemerken, dass
ride) auch eine Weiterbildung von ahd. oba, das lat. aut (oder, wenn etc) sehr nahe zu
mhd. ob u. da, tha etc., bs. dar, thar* ist, ander, ouder, hz. nhd. oder etc. liegt, zumal
II. dass odo ebenso ivie ags. edbdha u. an. das lat. „t" unserm germ. „d", „th" ent-
edha, eda etc., hz. ahd. odar etc. aus obda, spricht u. also ander (^=oder, loenn etc.,
efdba ('= ob, ivenn -|— da od. als, ivie 20 d. h. ivieder, nochmals, loiederum
etc.), hz. obdar etc. entstand u. das „b" od. etc., cf. ander u. aber etc.) auch leicht eine
„f" in odo, odar ausfiel, od. im ags. edhdha Weiterbildung von ant = and , auth etc.
u. ahd. eddo (oder, sonst, etwa, vielleicht etc., -\- Endung er = urspr. ara sein kann,
cf. hei Schade unter eddo) durch das 2. Of, ab, von, weg, hinab, nacJt, unten,
nachfolgende „dh" od „d" assimilirt wurde, 25 herunter etc., s. af. — Redensarten als:
ähidich toie im lat. assero statt adsero u. de büks is of = a. die Hose ist abgezogen,
in vielen andern Wörtern. — b. die Hose ist abgeimtzt, hz. unbrauch-
Wegen des goth. ibai, iba etc. ist zu he- bar; — 't is wer of mit de brüdscbup (die
merken, dass dieses aus i u. ba zusammen- Brautschaft ist ivieder abgebrochen) ; — de
gesetzt ist u. dass dieses höchstwahr scheint. 30 böm is old nu of; — of uü staf (alt u.
aus der vollen Form ya-uba entstand, woraus steif, hz. abgenutzt) etc. ; — ik harr' so
sich dann auch vielleicht das n (bz. ü als lopen, dat 'k hei of was, as 'k wer to hüs
Contract. von i -{- n) in dem ahd. übe, npa kwam (ich hatte so [schnell] gelaufen, dass
erklärt, ya ist das Thema von skr. yat ich total ah [entkräftet etc.] war, loie ich
(qni) u. ihm entspricht das goth. Fragepro- 35 wieder zu Hause kam); — dat is of 'n
nomen, bz. die Conjunction ei (ob, toie etc.) ander gän (das ist von einander gegangen),
u. griech. e i (wenn, ivenn etwa etc.), sowie — o f ist auch mitunter synonym mit nhd.
auch das daraus contrah. i in ibai etc., er in der Grdbdtg.: aus, aus hervor,
während die zweite Silbe bai , ba durch von Etioas a u s od. a b etc. mit der Neben-
Äphäresis aus skr. ubha (aus abha, ambha 40 bedfg. von : zu einem zweiten Etwas h i n
= griech. ampho, lat. ambo [beide zusammen], u. z u , wie unter den nachstehenden Com-
lit. abn [Thema: aba], gotli. bai), entstand. positis zu vergleichen; z. B. ofrekken etc.
Die dem heutigen (aus ydi-xMi'ä. verstümmelten) of-bakken, a) abhacken (Brod etc. im
„of", hz. nhd. ob zu Grunde liegende urspr. Ofen); — b) abmachen, ahschliessen, ver-
Bedtg. loar also: toie od. ivenn, wo 45 gleichen; — se hebben de säk mit 'n ander
(unter hz. von) zwei od. mehrere u. ofbakd.
verschiedene (Personen, Dinge, Fälle od. ot-heiüeVi, abwarten; s. beiden.
Zustände etc.) zusammen, od. ivie, ivenn (ii-\i^%it\\%\, Abschied ; — he hed gin ofbe-
(eine) Zweiheit od. ein Dualismus sched namen ; — he hed sin ofbesched kragen.
ist, woraus sich denn auch der in „ob" 50 ot-hoA, Abgebot, Herunterlassen im Bieten ;
liegende fragliche, ziv eifelhafte u. — 't geid bi ofbod un nich bi npbod.
bedingende, bz. der in unserm „of" of-hvakeyi, abbrauchen, abgebrauchen, ab-
= oder liegende Begriff eines bedingten nutzen etc.
of-l)unken, abgraben, abstechen etc.
* Anni.: identisch mit nhd. da u. unserm 55 of-dägeu, of-(legen, abwehren, abhalten
de (da, damals etc.) u. dar (da, daselbst) etc. ; — ik kun hum hast net ofdägen ; —
= afries. tha, da (da, als etc.) u. ther, der ik heb' de slag ofdägend ; — s. 2 dägen.
(da, dort, daselbst etc.), wovon afries. thard of-delen, abtheilen, zerlegen, abgehen etc.
= as. tharod ; ahd. tharot; nhd. dort ot-dOn, ahthun, ablegen; abmachen, heen-
(illuc) weitergebildet wurde. 60 digen; tödten; schlachten etc.
OF-DWALEN
672
OF-GAFE
of-thvalen, ahin-cn etc.
of-oblien. abebben, abßi essen.
iil'el od. öfel, övcl etc., übel, böse, schlecht
etc.; — dat siigt d'r üfel Gods (bz. Gods-Ofel)
üt (das sieht da sehr böse aus); — ik wind
d'r üfcl fan to mode (ich wurde übel od.
schlecht davon zu Muthe). — Auch subst.:
dat öfel. — Africs. evel ; as. ubil ; ags. yfcl ;
engl, evil, ill, an. illr (contrah. aus ilillr,
ivillr) ; satl. ewcl ; nid. euvel; 7nnd. ovel ;
ahd. ubil, übel, upil, upili; mhd. übel;
goth. ubils.
Vergleicht man das sät. ubli, zusammen-
machen, füllen, zusammendrücken, j^^'cssen
etc. ; ubbj (i. e. ubh -\- ja), zusammen-
drücken, biegen, unterdrücken, hindern etc.;
— zend. üb, zusammenhalten etc.; iibj,
niederhalten, unterdrücken, ersticken, tödtcn,
vertilgen, verderben etc., — so ivürdc sich
ubh der Form u. dem Begriff nach gut als
y für ahd. ubil ansetzen lassen, da sich
aus drücken, pressen etc. der Begriff: quälen,
Böses anthun, belästigen etc., bz. Druck,
Qual, Belästigung, Beängstigung etc. ganz
ungesucht u. von selbst ergiebt u. eben durch
übel (übel sein, Ucbelkeit u. Ekel empfinden
etc.) ein Zustand bezeiclinet loird, loo man
durch Neigung zum Erbrechen einen wirk-
lichen innerlichen Druck u. eine grosse
Beängstigung empfindet u. auch „Je-
manden übel behandeln" gleich ist mit
„Jemanden quälen, drücken, pressen".
öfel-dad, Uebclthat.
öt'el-d;uli^, übelihätig.
iifel-heid, öfel-keid, Uebelkeit.
1. Ofen, Oven, üben (exercere, studere) ; —
iitüfeu, ausüben, verrichten, ausrichten; —
ferüfeii, verüben, verrichten. — Ahd. uoban,
uaban, uabeii, uoppan, uopan ; mhd. uobeii,
üeben ; md. üben (pflegen, hegen ; ausüben,
gebrauchen ; thätig sein; sich thätig erweisen) ;
as. ubjan, uobjan ; an. aefa. — Dagegen aus
den tirspr. Verben: oven, efen, oeven etc.
die Freq.: afries. övonia, ovciiia, öfnia;
ags. efnian, aefniaii, aefnan; nid. oefeneii.
Moritz Heyne leitet das ags. aefnan,
hz. efnan (s. Gloss. zum Beowulf) von ofu
(eben, gerade) ab, ivas schwerlich richtig
sein dürfte, da zu diesem Wort (cf. iifeu u.
eft'en) weder die ahd. Formen: uobjan etc.
stimmen, noch auch (ganz abgesehen vom
Vocal) aus ahd. eban (eben) ein einfaches
Verbum uoban, sondern nur ein uobanjan
od. uobanön etc. entstehen könnte u. dann
atich ferner beide Wörter sich doch be-
grifflich nur schwer vereinigen lassen.
Für den Stamm uob, uab etc. von uoban
etc. od. für ahd. uoba , Feier, religiöse
Handlung, Gottesdienst etc. ; mhd. uo]i, uob
das Ueben, Treiben od. TImn etc., falls uoban
für uobjan steht u. mit jan (thun, machen)
von uoba fortgebildet wurde, muss demnach
wohl eine besondere y angesetzt od. ange-
nommen werden, dass ihm ein anderes altes
5 Wort zu Grunde liegt, loomit das Subst.
ahd. uoba urspr. ident. ist. Sieht man sich
nun aber des Doppclvocals uo loegen das
ahd. nuiotar = skr. matar u. andere ahd.
Wörter mit uo aus ur-^^pr. a od. ä (cf. z. B.
10 auch mOd, müme etc.) an, so liegt es sehr
nahe, beim Stamm uob od. dem Subst. uoba
an die y ap (sich bewegen u. regen, treiben,
arbeiten , agere etc. ; sich bewegen vor od.
wohin, kommen zu, erreichen, erlangen, er-
15 werben, gewinnen, bz. erreichen u. trefi'en
etc., cf. skr. ä.p ; zend. äf, af, ap, erreichen,
treffen etc.; — skr. ap od. äp, Wasser, bz.
sich bewegendes, rinnendes, flicsscndes Ft-
loas ; — apas lat. opus, Werk, That, Hand-
20 lung etc. u. skr. apas, religiöse Handlung
etc.) od. an das Subst. skr. apas lat. opus
etc. zu denken u. entweder ahd. uoba mit
skr. apas etc. direct von der ]/ ap abzuleiten,
od. aber uoba mit apas etc. zu identificircn
25 u. cds dasselbe Wort wie dieses u. lat. opus
zu nehmen.
2. «fen, Sven (Subst.), Ueben, Uebung ;
specicll (in Fmden) auch: Beligiotis- Unter-
richt, Katechismus-Lehre der Kinder.
30 1. ofor, üver od. auch öfer etc., über,
höher etc. ; s. afer = skr. upara, dem Com-
Xicir. von upa = unser m up, auf etc.
2 ol'er, Over, Ufer, d. h. der über der
über der Wasserfläche des Stromes od. des
35 Meeres vorstehende od. der höher lie-
gende Rand; — he wand up 't Öfer, bz. an
't Bfer. — Afries. ovira, overe; ags. ofer;
nfries. over; nM. oever; mlid. uover; vid.
über; mnd. over. — Zu 1 öfer.
40 öfern, Ovorn, in ferOforn, erobern, über-
tvältigen etc. = ^üd. veroveron. — Zu I fifcr.
ofer-heu, ofer-hei, Ufer-, bz. Kantheu
von den Kanten der Gräben u. Canäle etc.
ot'-fallen, abfallen, hinunterfallen, abebben,
45 abnehmen, abmagern, kraftlos locrden etc. ;
— de bladen — dat water — de wind etc.
fallen, bz. fald of; — he ig kürtcns regt
offallon.
of-fjird, Abfahrt. — Weiteres cf. unter
50 upfärd.
of-faren, abfahren. In allen Bedtgn. wie
im hochd.
of-ilakken, (diflachen; — dat flakd al
mer of ; — dat holt mut wat offlakd worden.
55 1. ol'-llötjon, die Milch abrahmen, hz. den
Ilahm (flot, flüt) abnehmen.
2. of-flötjen, ab- od. toegschwimmen mit
dem Floss ; s. flötjen.
of-gafe, Abgabe, Hingabe; Geldabgabe,
GO Steuer etc.
OF-GAEFEN
673
OF-KER
of-gäfen , ol'-gefeii , abgehen , hingehen,
gehen von ah, Irennen etc. ; (sich) ahgehen
ti. hefassen (womit) etc. ; — Bedensart : ik
gSf mi d'r of, as Jan Lüg fan 't olde pörd.
of-gän, a) ahgehen, weggehen, abscheiden,
^verscheiden, sterben etc. ; — he wil ofgan ;
— he schal wol bold ofgän ; — de biiks wil
ofgan (die Hose loill nach unten gehen)
= ofsakkcn (niedergehen od. auch : die Hose
tvill abgängig u. unbrauchbar werden) ; —
1)) abgegangen, tveggegangen etc. ; — dat
kind is mi stftr ofgan ; — d'r stint hnm
föl wurms ofgan ; — c) subst. : Abgehen, Ab-
gang, Abfahrt, Abreise, Verscheiden, Nieder-
od. Untergehen, Verschioinden etc. ; — bi
sin ofgan let he de böschni) (Botschaft)
torüg, dat etc.; — de sünne is in t' of-
gän etc.
of-gang, of-gank, Abgang, Weggang etc.
of-get'al, Abfall; das von Speisen etc. ab-
fallende u. zurückbleibende ; BücJcstand, Un-
brauchbares, ünrath; — 't ofgefal is fiir
de swinen ; — d'r is fOl ofgefal fan kamen.
of-glippen, abglitschen, abgleiten etc.
of-god, Abgott ; fig. : Liebling etc. ; — dat
kind is sin ofgod. — Davon: ofgödisch, of-
gödere etc. — Ein Abgott ist ein Wesen
ivas von Gott abzieht u. ab%o endet u.
doch ivie Gott verehrt loird. Oder ist A b-
gott= Unter- Gott, ni edriger Gott,
verächtlicher Gott etc. ? — cf. of-
grund etc.
of-göjen, ab- od. hinabwerfen, hinunter
werfen.
of-griselk, abscheulich, gräulich, grässUch,
Grausen erregend.
of-grisen (von Tuch etc.), die Farbe ver-
lieren, greis u. fahl werden.
of.grund, Abgrund, Untergrund, Tiefe;
— in de d^pste ofgrnnd fan de helle, in den
tiefsten Abgrund der Hölle.
of-grunden, ergründen, ausgründen, den
Untergrund od. die Sohle eines Geivässers
berühren, die Tiefe ermessen od. erreichen;
— dat water is so dep, dat ik 't hei nßt
ofgrunden kun'.
of-grunderen, wörtl: in den Abgrund
od. in die Tiefe bringen; daher: ernie-
drigen, verachten, verletzen etc. ; — he of-
grunderd mi ; — dat hed mt so ofgrunderd
(verletzt), dat du min worden net löfen wnld.
— Satl. afgrunderje.
of-grnnderlik, erniedrigend, verächtlich,
verletzend etc. ; — he hed mi so ofgrunderllk
behandeld; — dat was so ofgrunderllk
für mi etc.
of-güsten, einer Kuh die Milch vertreiben,
d. h. sie austrocknen u. d ü r r , bz. u n-
ergiebig (cf. gust = trocken etc.) inachen ;
— de kö mut ofgüstd worden, anders lid
J. ten DooTükaat Koolman, Wörterbuch. II.
se to %\, um dat se dicht för 't melk-
worden steid.
ol-halen od, al-halen, abholen, loeghdlen,
imgziehen, herunterholen, irgend wo von
5 wegholen etc. — Daher nach Diez (II, 194)
das franz. aftaler.
ot'-handen, abhanden, von den Händen
weg, aus den Händen etc.
öf-liaildig (abhändig), von der Hand,
10 nicht zur Hand, abgelegen, tmgelegen etc. ;
— dat is, bz. ligd mi to ofhandig.
of-lielgeii, abmühen, ahhalsen, abplagen
etc. ; tvörtl. : abziehen, abschleppen etc.
of-h?msk, abheimisch, vom Heim, bz. von
15 dem Hause od. dem Wohnort iveg, ab-
wesend etc.
of-liiifelll , abhobeln, abhauen, behobeln,
schlichten etc. ; — de balk mut liäter of-
höfeld worden ; — das Bauhe ab- u. iveg-
20 nehmen, glätten etc. ; daher (fig.) : Jemanden
die Bohheit benehmen, ihn behobeln, ihn in
Zucht nehmen, ihm seine Bohheit etc. vor-
halten, ihn bestrafen u. ausschelten etc.
of-hören, abhören, vernehmen, itnterhören,
25 verhören etc. ; — tügen ofhören (Zeugen
verhören); — ik mut hum sin les nog äfen
ofhören (ich muss ihm seine Aufgabe noch
eben verhören) ; — erhorchen , durch den
Sinn des Gehörs geivahr werden, verstehen
30 etc.; — he was so wid fan mi, dat ik 't
hei net ofhören kun', wat h6 sä' (er war
soweit von mir entfernt, dass ich es gar
nicht verstehen [vernehmen] konnte, was er
sagte, bz. dass das Gesagte od. der Schall
35 mein Ohr gar nicht erreichte), cf. ofkiken.
ot'-jacht, Abjagung, Abtoeisung, harte ab-
iveisende od. abschlägige Antwort etc. ; —
ik krcg dar so 'n ofjacht, dat 'k hei net
wus', war 'k blef. cf. unter ofjagen.
40 of'-jagen, abjagen, abtreiben etc. ; — ik
heb' hum dat god wer ofjagd; — de ganse
gegend is ofjagt (abgejagt od. abgetrieben
u. von Wild entleert) ; — von Etivas abjagen
u. vertreiben; — ik heb' hum d'r ofjagd;
45 — Jemanden durch eine harte u. scharfe
Antwort, bz. durch harte Worte von sich
jagen u. entfernen, bz. ihn hart anlassen
u. abfertigen; — ik heb' hum dügtig ofjagd
(od. ofjacht), bz. fägd; — einen Weg, eine
50 gewisse Strecke, eine Entfernung ah- od.
durchjagen ; — ik kun de weg in gen stünde
ofjagen, so lank was he ; — he för altid so
fei, dat he de dre milen fan hir na Auerk
altid in twe stünn' ofjög (er fuhr allezeit
55 so schnell, dass er die drei Meilen von hier
nach Aurich stets in zivei Stunden abjagte,
bz. die drei Meilen in zwei Stunden machte).
of-ker, Abkehr, Abneigung, Widenvillen
etc.; — ik heb' d'r so 'n ofker fan, dat 'k
60 al hast öfel word', wen 'k 't man se.
OF-KKREN
674
OF-RAKEN
ot-keren, nhkehren , abwenden, weg-
IrJiren etc.
of-keng, ahkchrig , nhwenüig , abge-
neigt etc.
of-kiken, absehen, wegsehen etc. ; — he
hed hum dat ot'käken ; — he hed 't mojo
d'r ofkiikon ; — mit den Augen hz. dem
Sinn des Ge.'iichts erreichen n. durchmessen
etc.; — ik kiin" do wog hol iiöt ofkikoii, so
lauk was hO.
ot'-klappeii. abklappen, abklatschen, ab-
schlagen etc.; a. durch einen Klapps in- die
Hand eines Anderen einen Kauf od. Ver-
trag ab.<<chUcs.<ie)i ». besiegeln ; — de köp is
(ifklappd nu min is de kO ; — h. abmachen,
verabreden, sich vereinigen (worüber), be-
schliesscn etc.; — se höhlten dat mit 'n
ander ofklappd (sie haben das mit einander
abgemacht od. verabredet u. bescJdossen).
ot'-klavpren od. of-klavCren, (reß.) sich
etwas an den Fingern (d. h. Fängern,
Greifern, bz. Klauen) abzählen u. so
(sinnl.) vorstellen u. deutlich machen, sich
etwas erklären ; — dat kiinst du di dog ligt
ofklavereii (das konntest du dir doch leicht
vorstellen, bz. denkoi, deutlich machen, er-
klären) etc. — he klavörd siik dat of (er
zählt sich das an den Fingern ab).
Es gehört mit dem nid. klaveren (klettern)
11. unserm sgno)i. klauteren zu klauen, bz.
klaue (Klaue, Greifer), was ivir auch ebenso
ivie pot (Pfote = haltendes, greifendes Et-
was) filr Finger u. Hand gebrauchen, cf.
ütklavöreii.
of-knappen, abknappen, abknacken, ab-
brechen, abbeissen, abkürzen, verkürzen, be-
schränken etc. ; — do hörn is ofkiiappd ; —
he hed de kük ofknappd ; — ik wil hum in
sin Ion niks ofknappcn etc.
ol-knil»beln, abbei.'isen, abnagen, abkneifen,
abhrechc.i (mit den Zähnen od. Fingern),
verringern etc. ; — du must dar niks of-
knibbeln, bz. ofnihbeln.
of-knipen, abkneifen, verkürzen etc. ; —
hC hed sük do finger nfknäpen ; — ho knipd
hum 'n daler of.
of-knojen, abmühen, abarbeiten, abplagen
etc. ; — ik wil mi dar net langer mit of-
knojen ; — he knuid sük rein of.
of-kör, Abneigung, Abscheu, Widerwillen
etc. ; — ik heb' d'r so 'n ofkör fan. — Nid.
afkeur. — Zu ki.r = Wahl, Wille, Nei-
gung etc.
ol'-köroil, abknhren, alnvählen, verwerfen,
nicht ividiloi, nicht annehmen etc.; — de
hingst is ofkürd; — se hebbon min sön as
Soldat ofkurd. cf. ankören etc.
of-körig, von Abneigung u. Widerwillen
besessen, etwas verabscheuend etc. ; — h^ is
d'r ofki.rig fan. — Ntd. afkeurig etc.
of-krigen, abkriegen, abbekommen, her-
unter-, bz. herablangen, herabnehmen, von
abnehmen etc.; — fan de bunk kau 'k niks
raer ofkrigen , — du schalt wol niks ol-
5 krigen; — du kaust mi dat d'r wol iifon
ofkrigen etc.
of-lafeii , (digeloben ; — man mut sük
niks otlafon (od. forheten), as 't uOse ofbiten.
flf-Irtngen, ablängen, abreichen, crreichoi
10 etc.; -- de börd is so hog, dat ik hum not
oflangen kau; — ablangen, ablegen, verab-
reichen, abgeben etc. ; — lang of ! of 'k sehet
dl död ; — lang mi dat mest fan 't börd of
(lange od. reiche, gieb mir das Mes,<ier vom
15 Bord herunter).
of-laten, abla.<!sen.
ol-ledoii, ableiten, wegleiten etc.
of-lichteil, ablichten, cddieben, eine La.<it
od. Jlürdr abnehmen etc. ; — ik wil dt 'n bttjc
20 oflichten, dat du not so swar to dragen best.
S. 2 lichten.
of-lujen, ablaugen, bz. Lauge (d. h. eine
blau färbende, beizende Substanz) an Etwas
ablassen, abfärben, bläulich od. schwarz an-
25 laufen etc. ; — de pot mut erst ütlöid worden
(wörtl.: ausgelohet, ausgebrannt, aus-
geflammt etc. werden), anders löid he of
un 't ilten word blausk.
of-limftVln, erdrosseln, heimlich tiklten etc.
30 )if-nibbeln; i. q. ofknil)beln. cf. nibbeln.
«if-nipen ; /. 5. ofknipen. cf. nipen.
of-6»en, absehen.
of-pälen, abpfählen, mit Pfählen ab-
schliessen od. umgeben ; — dat is rundum
35 ofpäld.
of-peilen, abstechen, abmessen, erme.=isen,
ausmessen, ergründen; — ik kan de düpte
fan de so net ofpeilen; — de hemmel is not
oftojioilen.
40 of-pellen, abschälen, abziehen ; — ker-
tulVels ofpeilen.
of-plüsen, abfüsern, abzupfen, die Fasern
abnelimcn od. absuchen.
ot-praehen, of-prachern, abpressen, ab-
45 zwacken, durch Bitten od. Drohungen ab-
nöthigen, bz. abbetteln.
of-proten, abreden, verabreden; — so
hebbon dat mit 'n ander ofprotd; — von ab
reden, durch Reden abbringen ; — he let
50 sük d'r nich fan ofproton ; — abschivatzen,
ablocken ; — se muggon hum beden wat sA
wullon, In"' Ic't sük 't dog net ofproton.
of-j»iinten, abstechen, die Spitzen weg-
nelimen ; absteckoi, durch Punkte begrenzen.
55 ol'-raken, abkommen, loskommen (von Et-
was), bz, kommen cdi (von, weg, herunter
etc.) ; — ik kan d'r hei net wer ofraken (ich
kann gar nicht wieder davon kommen); —
he is uog güd fan sin perd ofräkd (er ist
60 noch gut von seinem Pferde abgekommen,
OF-RAKKEN
075
OF-SETTER
ist es gut losgcivorden) ; — hö is d'r nog al
gnd ofräkd, dat he mit rn dag Sitten fre
kamen is; — lie is fan d' weg ofnikd ; —
he rök fan 't hüs of (er kam, hz. fiel vom
Hause herunter). — Ferner auch : abtreffen,
abreichen, erreichen = von einem (fcgcbencn
Standimnkt aus (od. ab) kommen k. ge-
langen zu einem Etwas ; — hCi kun' de
hörn net ofraken (er konnte den Baum ge-
rade [mit seinem Arm, hz. einem Stock] er-
reichen, berühren, treffen).
of-rakken, s. berakken.
of-rammeln (sük), sich schwächen, immo-
dice coeundo ; — he hed siik oframmokl ; —
he sügt so oframmekl (abgehurt, abgelebt) ut.
of-rekkeii, abreichen, erreichen = oflangeii ;
■ — ik kan de appel nich ofrekken, wil he
to hög hangd.
of-richeln, mit einem „richel" umgehen,
bz. absperren ; einzäunen, abgrenzen ; — dat
land is ofricheld.
of-richten, abrichten, zurichten ; recht u.
gerade machen etc.; — he is d'r up ofrigtd
= auf zugelernt, eingelernt; — de mür of-
richten (der Mauer eine gerade, bz. die
richtige Richtung geben, indem man die
Unebenheiten wegschafft u. ausgleicht), ef.
berichten etc.
of-rötten, abf enden.
1. of-rüsten, abrosten.
2. of-rüsten, abrüsten.
ot'-sak, Abfluss, Abioüsserung ; — dat land
ligd göd up d' ofsak od. up 't ofsakkeii.
of-sakken, absinken, abfliessen, nieder-
sinken, nach unten gehen, sich senken, sich
nach unten neigen, abfallen, abnehmen, sich
legen; — de brok sakd hum of, die Hose
sinkt ihm ab; — dat land sakd of = a. das
Land hängt ab, bz. neigt sich nach einer
Seite hin ab; u. b. es icird trocken, indem
das Wasser abfliesst u. sich .senkt; — de
wind sakd of (der Wind senkt sich, bz. füllt
ab u. legt sich). — Aiich subst. : dat ofsakkcn ;
— dat water od. de wind etc. is in 't
ofsakken.
of-schaken, s. l schaken.
of-schäpen, of-schepen, ab.schiffen , zu
Schiff abfahren od. abreisen; — he is wer
ofschEpt ; — verschifften, versenden, abfer-
tigen, ivegsenden, abtceisen ; — dat körn is
of-3chapt ; — se hed hör brügam ofschapt
(abgefertigt, abgewiesen, abgeschafft etc.).
of-sclieppen, abschöpfen etc.
of-schilaem, abmalen.
of-schilfern, abschieferu, abblättern, ab-
häuten; — de steneu schilfern of; — dat
holt od. de hüd etc. schilferd of.
of-scliillen, abschälen.
of-schinen, abscheinen, Schein u. Glanz
od. Hitze von sich geben, reflexiren; —
dat für schind of; — he is so het, dat h6
i'irdontlik ofschlnd.
of-schinsel, Ahschein, Beflex, Widerschein.
of-schönen, abklären, aufhellen etc.; —
5 de liicht (Ltift) schönd of.
of-schören, abreissen, abspalten.
of-schrifen, abschreiben =-- a. copiren ; —
b. schriftlich abbestelhn; — c. schriftlich
Abstand thiin ; — he hed sük fau sin faders
10 stä' (von seinem väterlichen Platz, bz. Hof)
ofschräfen ; — d. durch eine Schrift weg-
machen u. wegzaubern; — de wikster (bz.
dat wikwif) hed hum de kolde (das kalte
Fieber) ofschräfen; — ik heb' mi de kolde
15 ofschrifen laten.
of-schrik, Abschreck, Abscheu etc.
of-schrikkeii, abschrecken, abscheuchen.
of-schüneii, a) abschrägen, abstechen, ah-
stossen ; — de slöt, dat holt etc. ofschünen ;
20 — b) ahioendcn, abbringen, abioendig machen
etc.; — he let sük d'r net ligt fan ofschünen ;
— he schund hum of, um dat to dön (er
macht ihn abioendig, bz. mahnt ihn ab, um
das zu thun). cf. 1 u. 2 schünen.
25 of-set, Absatz (wie nhd.) ; — he hed d'r
fül ofset fan ; — he nera 'n ofset un sprung
afer de slöt; — 'n ofset in de trappe etc.
of-setten, absetzen, hinab- od. herunter-
setzen, verkaufen etc. ; — de pris fan 't brod
30 is 'n grosken ofsettd ; — he settd föl brud
of; — ik heb' hum d'r ofsettd (ich habe
ihn da herunter gesetzt, bz. abgehoben, von
abgenommen etc.); — ik lieb' hum ofsettd
(ich habe ihn abgesetzt od. seiner Stelle ent-
35 hoben etc.) ; — ik heb' de filett' ofsettd (ich
habe die Nelke abge.senkt od. abgelegt, bz.
einen Absenker od. Ableger [ofsetter] davon
genommen) ; — du must di fan de kant fan
de slot of setten (du must dich von der Kante
40 des Grabens abschwingen) ; — wi köuen 't
gesprek hir bi de dür wol äfen ofsetten (tvir
können das Gespräch hier hei der Thür
xoohl eben abmachen) ; — sett' di fan de
stöl of (setze, bz. bewege dich, gehe von dem
45 Stuhl herunter).
of-setter, a) Setzling, Absenker, Ahleger
etc. einer Pflanze, bz. ein Spross, den man
von der Pflanze nimmt u. in die Erde setzt
od. senkt, legt etc.; — ik heb' wol tein of-
50 Setters fan de bl8m mäkd ; — b) ein abge-
lebtes Pferd, ivas man vom Stall bz. ausser
Gebrauch setzt; — 't is man 'n ollen of-
setter, dat gen werd mer hed; — c) ein
Schnaps Genever od. Branntwein, den man
55 nach dem Thee trinkt, um die Blase zu er-
leichtern, hz. das Wasser besser absetzen
od. abschlagen zu können ; — wen man so
föl te drunken hed, den is 't göd, wen man
erst 'n lütjen ofsetter drinkt; — d) ein
60 Abschiedstrunk ; — kum fr und, er du
OF-SINGEN C76 OF-WANSK
geist, lät w' tTSt nog 'n ofsettcr mit 'n of-sponen, abspähnen, Spä?nte wovon ab-
anner drinken. machen ; — abstechen mit einem Spahn (spon) ;
of-singen, absingen; fig.: ablocken, ab- — hotter ofsponeii, Butter abstechen,
schmeicheln etc. ; — he wul hiiin sin gehl of-stallen, abstallcn, von dem Stall al>-
ofsingon. 5 setzen ; — de köjon sunt ofstalld ; — herunter-
ot'-slsi^, Abschlag, Verlust, Fall des Preises steigen, herabspringen; — he is d'r ofstaUd
etc.; — iip ofslag hetah^n; — d'r is 'n groten (er ist heruntergesprungen) ; — ersteigen
ofslag in de prisen fan 't körn kamen ; — dat = steigend od. springend erreichen ; — ik
was 'n bistern ofslag fHr lium, dat hö sin frü kan dat net ofstallen, de trap is to hüg.
ferlör (das war ein böser u. bitterer Verlust 10 df-sidn, abstehen, stehend abwarten, stehend
für ihn, dass er .'feine Frau verlor). aushalten, abstehen, <d)lassen (wovon od. ein
of-slagen, «f-slan, abschlagen, abhauen, Ftwas), abgeben etc. ; — abstehen wovon
abtrennen, lierunterschhigoi, hinab od. nach -^ entfernt sein etc.
unten schlagen, fallen machen, fällen; — ot'-staild, Abstand; — hö hed d'r ofstand
hümen, takken, appels etc. ofshin (mit dem 15 fan dan ; — de ofstand (Entfernung) is m'i
Heil etc., durch den Wind etc. etc.); — to gröt ; — dat hüs ligt up 'n ofstand fan
fallen, sinkoi, ablassen, herunterlassen etc. ; hnnderd trä' fan uns.
— de pris is ofslän (der Preis ist gefallen) ; ol'-stappen, abtreten, absteigen, herunter-
— du must 'n daler ofslän, anders is mi de steigen; — lie stappd d'r of; — ersteigen,
prTs to hng (du musst einen Thaler ablassen, 20 /,-, schreitend erreichen; — dat is mi to
bz. fallen lassen, sonst ist mir der Preis zu wul ; dat kan ik net ofstappeu.
hoch); — sin water ofslän (sein Wasser (dt- of-stöken, abbrennen, abdestilliren.
schlagen, bz. ablassen = pissen) etc. ot'-ströpoii, abstreifen, abziehen.
of-sliU, of-slit, Abschleiss, Abbruch etc.; of-stüboeii, abstäuben, von Staub reinigen.
— 'n hiis up ofshit ferkopen ; — Absatz, 25 o{-stni'en, abstauboi, herunterstauben, von
Abnahme etc.; — he lied fill ofslat fan Staub reinigen, wegstaiiben, wegfliegen, her-
sTn wären. unterjliegen u. fallen; — dat stufd of; —
M'-sUtew^abschleissen, abbrechen, abreissen, hü stnfd (fliegt, stürzt etc.), bz. stöf (flog,
abgebrauchen etc.; — 'n hiis ofsliten; — de stürzte) fan 't pi'rd of; — de stof stöf d'r
rok is ofsläten (der Bock ist abgeschlissen 30 of (der Staub stob, bz. flog davon ab) etc.
od. abgebraucht) ; — absetzen, verkaufen, of-stüren, absteuern, abschicken, absenden,
loswerden etc.; — he kan sin wäre göd of- of-supon, absaufen, hcruntersaufen etc.;
sliten; — abnehmen, vermindern etc.; — de — he hed dat d'r ofsäpen ; — ersäufen; —
kolde is nä un nä ofsläten (das kalte Fieber ist hö hed sük ofsäpen, er hat sich ersoffen,
nach u. nach abgeschlissen u.toeggeblieben,bz. 35 bz. ersäuft.
hat nach u. nach abgenommen) ; — de dagen of-takoln, abtakeln, abrüsten, abnehmen
sliten of (die Tage werden kürzer) etc. etc.; — de sehäpen takeln of; — de wind
of-slofen, abmühen, abquälen. takeld of (der Wind nimmt ab, bz. legt sich);
of-snauen, abschnauzen, scharf abfertigen — se takeld ni (sie nimmt ab, bz. verliert
etc.; s. snauen. 40 ihre Schönheit, Stärke, Jugend etc.) etc.
of-soheu, (){-fio\tjm, mit Salz abfertigen, of-tantjen, of-tandjeD, ablocken,
verabschieden, einen gesalzten, bz. mit of-tejen, of-teeii, abziehen; — oftägen,
Salz (= Scharfes, Bitteres, Bcissendes etc.) abgezogen, weggezogen etc.
geioürzten Verweis geben; — ik heb' hum of-tökken, abziehen, entziehen, ablocken.
dügtig ofsoltjed; — he is ofsoltjed. — Wenn 45 of-trappeii, abtreten, heruntertreten, her-
die Kinder grösser iverden, bz. unartig ge- nntersteigen ; — he trappd fan de trap mit
tcesen sind, so werden sie am St. Nicolaus- ön trap of (er tritt, bz. steigt von der Treppe
Feste anstatt mit den son,st üblichen Ge- mit einem Tritt herunter) ; — he hed hör
schenken mit einer Tute Salz beschenkt u. dat klf'd oftrappd (er hat ihr das Kleid ab-
abgefertigt. 50 getreten) etc.
of-spänen, einen Säugling entwöhnen, bz. ot'-trek, Abzug.
demselben die späne nehmen. of-trckkeii, abziehen.
of-Sj»annen, abspannen, ausspannen, los- of-trufen, abtrumpfen, mit einem trilf ab-
spannen etc.; — ofspand, ft^. ofgespand, rt/;- stechen; abfertigen; — sc^ hed hum diigtig
gespannt, ausgespannt, losgespannt, schlaff, 55 oftrfifd.
hinfälliii etc. of-trü^geln, abbetteln,
of-spitten, abstechen, abgraben etc. of-triillen, abtrollen. hinahtroUen etc.
of-spliiitern, abspalten, absplittern. öi'ung, Uebung.
of-sj)liten , abspleissen , abspalten , ab- of-wachten, abwarten, erwarten,
reissen etc. 60 ol'-wiinsk (ab-wöhnisch), abseits, einsam,
OF-WAESEN
677
OG OGE
verlassen, bs. entfernt od. ah- u. ungelegen
wohnend od. liegend etc. ; — ik mag uich
so ofwänsk wäueii (ich mag nicht so ein-
sam u. abgelegen wohnen) ; — ilat ligd mi
to ofwänsk (das liegt mir zu entlegen etc.);
— dat is mi to ofwänsk (das ist mir von
andern Wohnungen u. Ansiedelungen zu
tveit entfernt etc.).
1. of-wäsen, Abwesenheit, Entferntsein;
— dat is in nun ofwäseu passerd.
2. of-wäsen (wovon), ab od. von sein ; —
dar mut w' wer ofwäsen (da müssen wir
wieder davon sein) ; — dar wil 'k ofwäsen
= a. da will ich davon sein u. \). da will
ich nicht dabei bleiben, bz. auf dieser An-
sicht u. Meinung loill ich nicht bestehen,
sie nicht fest behaupten.
of-\vennen, abgewöhnen, entwöhnen etc.,
z. B. auch Säuglinge etc. von der Mutter-
brust; — daher: ofweunel- od. ofwcndel-geld,
Geld (od. Abgabe), loas für das Abge- od.
Entwöhnen der Lämmer bezahlt wird.
of-winnen, abgewinnen, bz. gewinnen von ;
— crwinnen, miethen, z. B. ein Fuhrwerk
zur Eeise, od. Bedienstete u. Arbeiter etc.
og, s. och.
1. og, oge, Auge. — Sprichiv. u. Bedens-
art. : kikt üt 't 6g de düfel, sitt he in 't
hart an twifel ; — mau mut altid 'n öge
mit iu 't seil holden ; — uim de ögen in de
haud un kik dur de gaten; — twe ögen
köneu fol ütmaken; — dat ög mag altid
mer as de mund ; — de de ögen uet apeu
deid, mut de bül apen don ; — „'t 6g wil
6k wat !" sä' de blinde Jakup, do freide he
na 'n moi wicht ; — wen man iu düstern
löpd, den mut mau d' 6gen in de hand
nämeu ; — man kau dat mit 'n half 6g sen ;
— he hed 'n öge iu de uakke ; — dat löpd
iu d' ögen (das ist sehr auffällig, bz. in die
Augen fallend) ; — emand na de ögen sen ; —
wat 't ög net sucht, krcukd 't hart uet; —
emand mit gen gode ögen auseu ; — he hed
'u göd ög up hör smäten ; — se mök 'u pär
ögen, as 'u tiuueu schöttel so gröt; — 'n
ser ög kau 't lücht uet ferdrageu ; — de
budel steid swak! de rüst man mer up twe
ögen ; — as he to 'n ersten mal na IBerliu
kwam, do kek he sük de ögen hast üt.
Ausser dem glänzen den , scharfe n,
den Baum d urch d r i nge n den , bz. in
Alles eindringenden. Alles in sich
a u f n e h m enden, od. so zu sagen : Alles
ereilenden, erreichenden, ergrei-
f enden , fassende n u. erke n n e n d e n
„öge" genannten Seh- Organ, welches zugleich
auch als eine Oeffnung, bz. als ein Loch
im Kopfe gedacht ivird, werden mit diesem
Worte auch noch andere u. zwar die folgenden
Dinge u. Gegenstände bezeichnet, als:
a) die Knospen der Blätter, Blüthen
u. Triebe der Pflanzen u. Bäume u. zwar
einestheils vom Begriff: glänzest, schei-
n e n etc., iceil sie sich meist von dem dunk-
5 len Grunde des Bastes u. der Haut durch
ihre glänzende Farbe abheben, od. weil
sie s ichtba r sind u. hervor sc h eine n
etc. «. ander ntheils vom Grundbegriff :
scharf, vorstehend, spitz, ragend
10 etc., weil es eben spitze u. hervor-
rage n d e Fun kte od. E r höhungen der
Stämme u. Aeste sind;
b) die auf dem Wasser, bz. auf der Suppe
schwimmenden glänze n d e n Fettaugen ;
15 — d'r sunt gen ögen up de sop'; — de
ögeu drifeu d'r bäfeu up ;
c) verschiedentliche rundliche Oeffnungen
u. Löcher zum Durchstecken ti. Einhaken,
sonst auch Oese u. Oehr genannt (haken
20 uu ögeu, Haken ti. Oesen) ; ferner eine
durch eine Schlinge gebildete rundliche Oeff-
nung im Tau, ivo man das andere Ende
hindurchsteckt um es anzuziehen (du must
'n öge in 't tau slän uu trekken dat ander
25 ende d'r dör). Daher auch der Name der
„Ne u n -Auge n", loeil dieser kleine Fisch
neben den zwei Augen noch sieben Luft-
löcher od. Kie m e n hat.
Wegen sonstiger Bedtg., bz. Amvendung
30 des Wortes „Auge" auf noch andere Gegen-
stände cf. Fi er er, Wb., Band II, pag. 5,
sowie auch bei Grimm u. Anderen.
Was nun loeiter die Form betrifft, so ist
öge = afries. äge, äg, ach, öge ; as. öga ;
35 ags. eage, eag, each, ege; an. auga; wfries.
aeg, eag; nfrics.iig; mnd. oge; mnld. ooglie;
ahd. auga, ouga ; mhd. ouge ; goth. augo ;
dän. oeje; eiigl. eye etc. u. gehen diese
ebensowohl toie unser egge, agge etc. auf
40 eine y ak zurück, die aus der Grdbdtg. :
beivegen (vor, wohin, an, durch etc.) die
von : k 0 m m e n zu , e r reichen, erla n-
gen, gr eifen , fasse n , nehmen (ver-
stehen, vernehmen, begreifen, auffassen, mer-
45 ken , bemerken , beachten etc., cf. 3 acht
etc.) etc., bz. die von : d u r c h d r i ng en,
eindr i ng en, vor d r i ng en (in den
Baum hinein) etc. u. so tveiter die von:
vorragen, vorstehen, spitz ti. scharf
50 sein, stechen, brennen, glänze n
etc. enttoickelte u. wovon auch das gleich-
bedeutende griech. okos, okkos ; lat. oculus
(aus ocus) ; lit. akis ; slav. oko, oka ; skr.
aksha, akshi sich herschreibt.
55 Als Belegstellen cf. Pott, II, ztveite Ab-
thlg., 303 etc.; — Bopp, Gloss. comp. 2;
— Benfey, Skr. Dict., 2 u. 3; — Aug.
Fick u. Andere, wobei ich noch bemerken
möchte, dass der Begriff: sehen ebenso
60 wie hören auch aus der sinnl. Wahr-
OG OGE
678
OGST OST
neh m u n g von Etwas, h~. aus dem s i n n 1.
Fassen u. Greifen (it. diese Bedtg.
wieder aus ; sich bewegen od. gehen zu Et-
was hin, kommen zu, erreichen, erlangen,
bekommen, in Besitz nehmen etc.) von Etwas
hervor wachsen konnte, sodass man also
sehe n auch als s i n n l. g r e ife n, fa sse n,
n e h m e n etc. u. so als : w a h r n e h m e n,
erkennen etc. deuten kann, ganz wie die
Wörter: Vernunft n. B eg r i ff u. Fas-
sung (im geistigen Sinn) sowie auch unser
ostfries. feruim u. nümte (Begriff, Verstand,
Erkenntniss- od. Fassungs -Vermögen etc.),
nümig (verständig, klug, Vernunft ig etc.) etc.
auf den sinnl. Begriff von: greifen,
n e li m c n , fa s s e n etc. zurückgehen.
Ich verweise deshalb auch liier noch wieder
auf die Charakteristik, die ich zu Anfang
dieses von Äuge als S ehw e r k z e u g ge-
geben habe, sowie auch darauf, dass auch
das !<kr. aksha die allgemeine Bedtg. von :
Sinnes- od. V er nehm u ngs- u. Wahr-
n e h m u ngs- Organ hat , während dessen
gleichzeitige Bedtg. : Bad , Wagen (od.
Achse) u. Knöchel (auch Achsel gehört
dazu) auf die erste u. urspr. Bedtg.: be-
wegen, beweglich etc. zurückgeht, wel-
che ich oben der ]/ ak unterlegte u. wonach
dann auch „A u gt" das in den Augenhöhlen
sich bewege n d e, drehe n de, r oll ende
Etwas sein könnte.
Zum Schluss sei zu der |/ ak, nasalirt
ank noch bemerkt, dass auch die Wurzeln
ak M. ag, nasalirt auk u. aiig urspr. die
Bedtg. : bewegen od. eine Bewegung machen
irgend wohin (gleichviel ob vor, rückwärts
od. seitwärts, ob in geraden od. krummen
u. gebogenen Linien etc.) haben u. dass
sich hieraus alle die verschiedenen Bedtgn.
derselben, sowie auch die dann zu diesen
Wurzeln gehörenden Wörter toeiter ent-
wickelten.
2. dg, Oge, a) Insel, wie z. B. in den
Inselnamen : Waiiger-oge, Lauge-oge, Spiker-
oge (zu Oldenburg u. Ostfriesland gehörig)
u. Kalands-oog, Schiermouiiik-oog, Valk-oog,
Rottinn-oog etc. (zu Holland geJiörend) ; —
b) als Ortsbezeichnung u. so früher entweder
Huss- od. Sumpfinsel od. Ort am Wasser,
wie z. B. in Nord-oog (im ostfries. Amte
Norden-Berum) u. in Midd-oge (in Jever-
land). — Nid. oog; mnld. bz. sächs., fries.
(KU.) u. mflüm. ooghe, oghe, ai-ghe, augho;
ags. Ige, oge, ig; an. vy etc., cf. eilaiid. —
Es ist wohl zweifellos aus öwe, ouwe; ahd.
awa, aiiwii, ouwa, owa ; mlat. aiigia ; mhd.
owc, ouwe, ougo, auwe, ouw etc. (Wasser,
Strom, Strömung ; Insel, Halbinsel, wasser-
reiches Wiesenland, Aue) entstanden, loie
auch mnd. ogge/üy owe, ouwe (Mutterschaf,
cf. 2 ei) vorkömmt. Das ahd. awa etc. dagegen
entstand wohl aus aha, aa etc. ; ags. eä,
eah ; goth. aliva etc. (Wasser), cf. 3 a etc.
üg-appel, Aug-Apfel, Pupille.
5 üg-bräne, ög-brüne (Flur, ogeubräneu,
ogeubrimeu), Aug-Braue u. Aug-Braune;
s. bräne.
ögd, öged, geäuget, mit Augen versehen,
etc. ; daher auch : sehend, blickend, sichtig
10 etc. ; cf. die Compos. : aferögd, überäugig,
übersehend etc. ; — nageuugd, neunäugig, bz.
sehr viel u. scharf sehend; — scharpögd,
scharfäugig, scharfsehend etc. ; — folögd,
meläugig, viel geäiiget etc.
15 ogen, sehen, aussehen (nach), sein Auge,
bz. Augenmerk auf Etwas richten, zielen
(= kürt'u), trachten, verlangen, begehren
etc.; — he ogd ua de appel; — he kleid
(streichelt, schmeichelt, thut schön mit etc.)
20 de möder, man he ogd na (bz. up) de dogter ;
— ik heb' d'r al lank na ögd, um dat hüs
tu kopen ; — he hed so lank stau to ogen
(zielen) un schöt dog nog mis. — Davon:
beögen, besehen ; — he beögd dat tan alle
25 kauten. — Nid. oogen (dasselbe) ; ahd. augau;
aucken ; goth. augjan (cor Augen bringen,
sichtbar machen, sehen lassen etc.), wovon
nhd. ereignen etc., s. bei Grimm u.
We ig a n d.
30 ogeD-blome, Buschwinder-Böschen (Ane-
mone nemorosa) ; — waterogenblöme od.
sär-ogenblöme, Wasser-Hahnenfuss (ranun-
culus aquat).
ogen - klär , Schöllkraut (Chelidonium
35 majus).
ogen - kükele , ögen - ferkökele , Augen-
Gaukelei, Blendwerk.
6g-fnl, ügs-ful (Auges voll), die geringste
Kleinigkeit, ein Bisschen, fast gar nichts;
40 — neu ögful, kein Bisschen, Nichts. — Da-
her entnommen, weil auch das geringste
Stäubchen od. Körnchen für das Auge zu
viel ist u. es zum Ueberfliessen, bz. Thränen
bringt.
45 og-liär, Augenwimper; — Eedensart.:
tilgen 't öghär aukiken = falsch sehen, nicht
erkennoi, vorbei sehen etc. ; — du best wo)
tagen "t öghär ankakeu.
ögje, ögske, ögtje, Aeuglein; — de ögjes
50 stau 't kiad so flau (die Aeuglein stehen dem
Kinde so matt).
ög-lik, ögelk, dem Auge gleich, bz. passend,
gefällig, hübsch, lieblich, gefallend, begehr-
lich, iviinschenswerth; — 'n ögelk wicht,
55 ein nettes hübsches Mädchen; — dat siigt
(sieht) mi nog al ögelk üt. — Nid. oogelijk.
ögst, Ost, Ernte. — Osten, ögsten, ernten ;
inögsten, einernten. — Sprichw. : 'u iiatten
Märt, de öst fertärd ; — de stoppelknullen
60 böen wil, mut de plög an de östwagen fast
OG-SÜEN 679 OEKEL-NAME
maken. — Nid. oogst, oegst, ot'st; ndsächs. eac, ec (auch) ; an. auk, uk (überdies, ausser-
Aust (Ernte, Erntezeit); ]tomm.-rügisch dem, auch, und, und zwar etc.).
awest, awst, aust, oost; innd. owest, aust, Das Wort ök (auch) drückt von Hause
ost, oist; mhd. ougest, ouwcst (Ernte ii. ans ein: Hinzufügen, Hinzuthun u.
Erntc-3Ionat) ; welsch, awst; armor. eost; 5 Verbinden etc. od. eine Vermehrung
franz. aout (dasselbe); dün. höst (Ernte); (mehr od. plus) aus u. tvird deshalb in
an. haust (Herbst-Erntezeit). — Vom lut. einigen Sprachen auch anstatt der Verbin-
augustus (Erntezeit, Erntemonat), od. mit dungspartikel „un d" gebraucht. Denn wenn
diesem (u. auch dem Namen Augustus) direct wir sagen : ik 6k od. öke, so heisst das
vom lat. augco, toas mit dem ahd. auhlion, 10 soviel, als dass ich nebst einer andern
oulihüu, ouchön (vermehren, hinzufügen etc., u. dritten Person etwas zugleich icill, bz.
bz. wachseil etc.) = ags. eacaii, oecau ; goth. dass ich meine Person zu einer vor aus-
aukan; afries. äka; as. öcau; an. auka; gesetzten zweiten etc. Idnzufüge u. cdso
atüd. oeken etc. von einer u. derselben y die zuerst vorausgesetzte um meine Person
(cf. ök) stammt, während auch lat. aiiciumnua 15 vermehre. Es ist deshalb dieses Wort auch
(Herbst) u. auch auxiliuni (Hülfe etc., von unmittelbar mit dem unter ögst aufgeführten
der Bedtg.: hinzufügen u. machen, verstärken) Verbum: afries. äka ; as. öcan; ags. eacau;
vo}i augeo stammen. an. auka (vermehren, hinzufügen, verbinden
ög-sün, wörtl. : Augen- Sehe )i etc., cf. etc.) etc. verwandt, bz. dasselbe Wort wie
8UU. Daher: a) das Sehen od. die Seh- 20 der Stamm dieses Verbums, wozu auch an.
kraft des Auges; — 't ögsüu is wog (die auki (Vermehrung, Zuthat, Beigabe etc.)
Sehkraft ist iveg) ; — b) Pupille; — 't gehört,
ogsün is hum ütlopeu ; — c) Seh- Weite, öke, Ok (Plur. ökeu, ükeiis), öker (Plur.
Gesichtskreis etc.; — dat ligd buten 't ökers), Ecke, Winkel; Ealte, Vertiefung
ögsiiu ; — ik kau 't uet in 't ögsiui krigt'u ; 25 (z. B. eines Kastens od. Behälters) ; nament-
— wat in 't ogsün uämeu (etwas aufs Korn lieh auch der von dem schräg abfallenden
nehmen). Dache n. dem bis ans Dach reichenden
6g - vvit , Augenweiss , das Weisse des Boden eines Hauses gebildete niedrige Win-
Auges. kel; — se stopd 't all' in de ökcn ; — 't
oje, Zwiebel. — Nid. ui, uije; mnld. 30 sitt all' in de ökeu; — se kumd net in de
(KU.) oyuyn, aiuyn. — Aus franz. oiguon ökeu (sie kommt nicht in die Ecken u. Fal-
( wovon auch engl, omou) u. mit 2J>'oo. in^^non ten, geht nur oberflächlich [beim Bein-
vom lat. unio, was eigentlich eine Einheit machen] darüber hin, sieht nicht ordentlich
(von unub), bz. „ein für sich seiendes nach) etc.; — regt in de öken kamen (recht
u. in sich abg escJilo s se nes Ganz e" 85 in die Ecken u. verborgenen Winkel des
bedeutet u. davon auch auf eine runde, Hauses kommen = Alles genau nachsehen
glatte, völlig geschlossene u. in u. inspiciren, etwas genau u. scharf nehmen,
sich abg eschlosse n e Zw iebel oh n e gründlich zu Werke gehen) etc. ; — uuuer
N eb e nknolle n Anivendung fand. de öken (unter dem Dachwinkel). — Nd.,
öje, oje, weibliches Schaf; s. 2 ei. 40 holst. (Schütze) oke, ooke (Dachtvinkel
öit, je, jemals, zu irgend einer Zeit ; — u. = keilförmiges Stück wie unser gäre) ;
wen 'k dat öit wer tan di se, deu schal di pomm. (Dähnert) öke, (Br. Wb.) oker ;
't siegt gän. — Nid. ooit. wang. (E hrent r aut, I, 13) auken. —
Da das mit der Negation „ue" davon ge- Nach aker = nd. ooker ist es ivohl ident.
bildete nöit die Bedtg.: nie, nimmer etc. 45 mit äke, sofern dies die Bedtg.: Ecke od.
hat, so erklärt es sich, weshalb es (wenigstens Winkel hat, doch kann es auch mit Weg-
früher) im nid. auch in der Bedtg. : i m m e r, fall des anlautenden h aus hök, hoke, hauke
allezeit gebraucht wurde. Es ist Bil- (Winkel etc., cf hök) eidstanden .sein.
düng u. Contract. von ahd., as. eo, io ökel-name, Zu-Name, Bei-Name u. so
(= nhd. je) u. dem ahd., as. wiht ti. also 50 auch: Schimpf - Name , Spitz - Name. —
der Bildung nach dasselbe Wort wie et, Ndsächs. oekername ; holst. (S c h ü tz e)
während es die Bedtg. von: ets (irgend, oekelname; schwed. oknamn ; an. aukanafn ;
irgend w i e etc. u. so die von : zu irge n d dän. ögenavu ; deutsch (bei G r i m m u. A d e-
einer Zeit etc.) hat. lang) Ekel- u. Oekel-Namc; nd. (Br. Wb.)
6k, üke, auch, mit, zugleich, überdem, 55 Ekeruame; mnd. (Seh. u. L.) okeluame.
ausserdem etc. — Ahd. auh, ouh, ouch ; Es hängt mit an. auka (vermehren, hinzu-
mhd. ouch, auch, och, och, ach; tnd. öch thun) u. so mit unserm ök (auch), ferner mit
(auch, und, noch, aber) ; goth. auk (denn, dem schott. oker, ocker (Wucher, Zins etc.),
aber, auch); as. ok, öc, äc u. jak, giak ; nd. oekern (fleissig, betriebsam, wucherisch
afries. äk, öke (auch, und); nid. ook; ags. 60 etc., cf. bei Schütze) etc. zusammen u.
OKKO
6S0
OLD-BAKDIG
hat dabei zugleich eine Beuriß'sverwirruiig mit
akel (ekel) u. auch mit unserm Öke (Spitze,
Winkel, Ecke etc.) erfahren, weil eben ein
Bei- Name sehr oft u. in den meisten Fällen
zugleich auch ein Schimj)f- u. Spott-, bz.
Spitz- Name ist, der auf besondere Thatig-
keiten u. außällende Gewohnheiten der damit
bezeichneten Person hinweist u. meist dem
derben V'olkswitz seine Entstehunti verdankt.
Okko, Ooko, Okke, ml. Name :^wbl. Okkd,
JJimin. Ockje ». Oktje; Gcschln. Okkeu,
Okkinga.
Vergl. den in der fries. Geschichte be-
kannten Junker Ocko theii Bi'ooke, später
Häuptling ron Brookmerlaiul. der sich in
seiner Jugend lange bei der Königin Maria
in Neapel aufhielt u. damals von seinen
Schivestern ,Boy Ocke" (Knabe od. Junker
Ocke) genannt wurde u. dem zu Ehren die
„Bayochi" genannten neapolitanischen Mün-
zen geschlagen sein sollen.
Eörstemann vergleicht zu Occo die
Form Ochou m. dieses mit goth. auhns
(Ofen) in der urspr. Bedtg. : Fe u e r {ij;uis),
was unter afen u. Önke nachzusehen ist.
Liegt es indessen nicht naher, bei diesem
Namen, anstatt an auhns, lieber iin goth.
aukao ; afries. äka (d. i. oka) ; as. ökan ;
ahd. ouchou (sich mehren, zunehmen, tvachsen,
stark u. gross werden etc.) zu denken, zu-
mal da auch der Name A u g u s t u s gleich-
falls enticeder zu augeo od. doch mit diesem
zu derselben y iig gehört. Nach Stracke r-
jan (pag. 22) soll Okko für üdoko od.
Ottoko stehen u. eine Koseform von Odo
(s. d.) bz. Otto sein.
oksböfd, okshÖfd, ein Fass von 6 Anker
od. Pli Ohm Inhalt. — Mnld. (KU.) hocks-
hoot, ocksbood, oghshood; mfläm. liocks-,
ockshoot ; mnd. (Seh. u. L.) hukeshovet;
engl, hogshead u. früher (cf. KU. unter
ocksbood) boggbeshead od. liog ghes-bead,
tcie KU. es schreibt.
öl, öle (auf den ostfries. Inseln), Mulde,
Vertiefung, Höhlung od. Wasserrinne etc.,
roelche durch Wasser od. auf sonstige Weise
in die Erde gewühlt ist, u. worin Wasser
steht, od. auch ein Binnsul, loorin Wasser
ein- u. ausßiesst od. hindurchjliesst. —
Wang. (Ehrentraut, I, 383) 61. —
Vielleicht zu fries., satl. (Ehrentraut,
II, 108) öle, wühlen (cf. wölen). — Zu
öl vergl. indessen auch (W. Arnold, Wan-
derungen etc., pag. 518) nd. öl; as. äl, öl
(stagnum, jialus od. stehendes Wasser, Sumpf,
bz. Bach, Flüs-'ichen, Rinnsal etc.). Ist das
as. ül, öl «MS aval (cf. as. älat, ölat = goth.
aviliud, Dank) entsta)iden, so könnte es wohl
mit ahd. awa, owa, ouwa etc. u. goth. abvu
(2 ög, oge u. cf. 3 a) connex sein.
old, 61d, alt, hochbetagt etc., d. h. ein
langes od. hohes Sein u. Leben, bz. eine
l a n g e u. w cit od. h o c h in die Vorzeit
hineinreichende od. hinaufgehende Existenz
5 u. Dauer habend, lange seiend u. existirend,
lange gewesen etc. ; — he (od. de böm etc.)
is old uu of; — dat is al old, bz. old her,
dat du nii dat ferteld best ; — üt olle, bz.
olde tideii ; — hö bed de oldste brt'fcn. —
10 Es wird auch sehr oft im Sinne von: ewig,
immer, unaufhörlich, ohne Ende etc. ge-
braucht, tcie z. B. in der BedensaH: dat is
je 'u old gedöe, bz. gelöp etc. — Compar. :
older, oller ; Superl. : oldste, olste. — Afries.
15 ald, old, auld, al, ol (Compar: eider, eldr,
jelder, alder, aldr ; Superl.: eklest, heldest);
wfries. ald, old, eld, ould, jeld, iid, aod, oad ;
nfries. uld, ul, al; nid. oud; as. ald (aldira,
aldro); ags. eald (yldre, yldist u. ealdor,
20 ealdöst) ; ahd. alt ; goth. altbeis. Es fehlt
an. im Positiv u. tcird hier durch ganial
(cf. gammel) ersetzt, während der Compar.
an. eldri, schwed. äldre u. das an. aldinu
(bejahrt, betagt, alt) u. ald-rouu (alt, betagt
25 etc.) etc. auch den ursjyr. Positiv ald vor-
aussetzen lassen.
Wie das lat. altus mit alo, alui, alitum,
contrah. altum (nähren, ernähren, stark u.
gross werden u. machen, dick u. einen weiten
'60 Raum einnehmend machen, gross ziehen,
das Wachsthum befördern, vergrössern, an-
schwellen, erhöhen etc.) zusammenhängt u.
neben hoch u. tief etc. auch die Bedtg.:
hochbetagt, hochbejahrt, alt etc.
35 (was gr oss , stark, dick etc. wird, das
wächst u. vermehrt sich, häuft sich
etc., bz. dehnt sich in Raum «. Zeit nach
edlen Seiten hin aus u. erklären sich daraus
die Bedtgn. : hoch u. tief etc. sowohl cds
40 auch die von a 1 1 etc) hat, so leitet auch
Pott (II, 124 seq.) das Wort „alt" (cf
auch Aug. Fick, I, 490) von dem goth.
alan (aufwachsen, gross werden etc., cf.
unter albeje) ab, ivus ich mit al (all, viel
45 [gehäuft, häufig], ganz etc.) zusammenstellte,
bz. davon ableitete. Dass indessen auch das
lat. altus H. auch alo, sowie unser alan u.
al etc. sich direct von der |/ ar := al (be-
wegen, gehen, sich erheben, hoch werden,
50 aufgehen etc.) ableiten lassen, wozu auch
Bopp (cf. Gloss. comp. 21) die ]/ art u.
die Forme)! altb etc. stellt u. dass auch die
y ardb, wachsen, sich erheben, aufsteigen
(wozu Bopp [cf. das. 22] das Wort alt
55 vergleicht) eine Weiterbildung (etwa von
der y diV -\-y dba, thnn, machen, bewirken
etc., cf. unter örd) davon ist, ist leicht zu
ersehen u. zu begreifen. — Zu old cf. weiter
die folgenden dazu gehörigen Wörter als:
60 old-bardig, old-bäddig, alt von Geberden,
OLDE OLLE 681 OELJEFANT
Zügen u. Wesen ; altmodisch ; — he is so Patriarch etc. ; — 't is min oldt'ader od.
oldbardig — dragt sük so oldbardig — mäkt oldfär west, war dat. fan ofstanimd ; — 't
so 'u oldbardig gesigt. — Wörtl. : alt- word al so 'n regten oldt'ader. — Ähd.
((je) b erdig, cf. bäreii n. bibärig. altfater; mhd. altvater (Grossvater, Fatri-
olde, olle, Alte, Alter, Vater; — niiii 5 arch) ; afries. aldfader, aldafeder (Gros.s-
olle, mein Vater, mein Erzeuger u. Er- vater); as. aldfader (Vorfahr); ags. eald-
nührer etc. ; — Mhd. alte ; nid. oude, Alte, faeder, ealdafaeder (Grossvater, Vorfahr).
Gott, Vater etc. — Daher Flnral: oldeu, old-tul, altklug, sehr, hz. überaus schlau
ollen, Aeltern. — Sj^richw. : eu olden kau etc.; — hc is m'i to oldfiil worden,
wol 10 kinder gröt brengeu, man 10 kinder 10 old-klok, altklug, sujjerklug etc.
köneu net eu olden underholden. old-lapper, Altflicker.
1. older, älter; s. old. old-memnie, old-moder, Altmutter,
2. older, oller, Alter, Lebensalter, Lebens- Grossmutter.
zeit. — Nid. ouder ; ahd. altar ; mlid. alter, oldsk, olsk, ältlich, verfallen ; — se word
Welt, Zeitalter, Lebensalter, entfernte Vor- 15 al regt oldsk — sügt (sieht) regt oldsk üt ;
zeit; as. aldar (aetas, dies vitae, aevum, — durch Alter verdorben, bitter; — oldske
saeciilum) ; afries. alder (Lebenszeit etc.) ; botter, alte verdorbene Butter ; — de botter
ags. aldor, ealdor (Leben, Dasein, Existenz hed so 'n oldsken smäk, die Butter hat solch
etc.) etc. einen bittern u. verdorbenen Geschmack.
3. older, 6'. oldere. 20 oldske, oUske, Altsche, alte Erau,
older-döni, oller-doin, a) Alter, Lebenszeit ; Mutter.
Alter im Gegensatz zur Jugend; — be is ül-göts, a) eine mit Oelfarbe angestrichene
fan oUerdöm stürfeu ; — dat hüs (od. de Statue, bemalte Bildsäule, bz. Bildsäule od.
böm etc.) is fan olderdöm umfallen; — he hölzerne Figur überhaupt; — he steid hen
hed 'u hög olderdöm (od. older) kragen ; — 25 as 'n ölguts, de fan gen tüten of blasen wöt,
he is ua sin olderdöm nog al kras; — he bz. de fan fören net wet, dat he achter
is in 'n olderdöm fan 60 jaren stürfeu; — läfd; — b) fig.: ein dummer, stupider, blöder,
b) Alterthum, alte Zeit. bz. unbeholfener, hölzerner Wicht, der nichts
olderdömlik, olderdömelk, alterthümlich. begreift u. anzufassen weiss; — du bist 'n
oldere, older, Aeltere, Aelter, bz. Vater 30 regten olgöts.
od. Mutter, Vorfahr etc. — Sprichw.: mau Das Wort „Oel-Götze" ist in obiger fig.
kan sin oldere wol eutlopeu, man nich ent- Bedtg. sowohl in nieder- cds in oberdeutschen
raden. Gegenden gebräuchlich u. soll der Name
olierViug, Archidiakon. — iVZd ouderling. „Oel-Götze" daher stammen, dass Götzen-
olderlös, ollerlos, elternlos, bz. nicht 35 bilder, bz. Statuen u. Säulen, sowie auch
Vater od. Mutter habend, verwaist. — Nid. Thürpfosten mit Gel bestrichen u. gesalbt
ouderloos; afries. alderlas. wurden; cf. Weiteres unter göts.
older-nian, oller-nian, Aeltermann, Vor- ölje, Gel. — Ahd. olei, oli, ole; mhd.
Steher einer Zunft od. Innung. olei, ole, ol, öle, öl; nid. olie; afries. olie;
oldero, ollern, cdtern. 40 as. ölig; ags. ele, ael; an. olia. — 't is ölje
olders, Eltern. — Nid. ouders. — ulders in 't für. — Gb aus u. mit lat. oleum (u.
u. nhd. Eltern od. Aeltern sind wohl zwar in der Bedtg . : Fett cds Nährendes
Plurale von einem von older od. älter od. durch nähren u. fett machen,
gebildeten Subst. (der od. die) oldere od. m äste n etc. entstandenes Etwas) u. griech.
ältere u. jedenfalls vom Compar. older 45 eläa, eläia (Glivenhaum, Glive) cds Fett- od.
od. älter gebildet, ivie dies auch mit afries. Nährbaum, Fett od. Nahrung lieferndes
alder, eider, aldera, jeldera (Vater, Vetter u. Etwas) vielleicht von goth., germ. alau, od.
Mutter, Vorfahr) ; as. aldren, eldirou ; ahd. lat. alere, ölere (nähren, ernähren, wachsen
altiron, althron, elthiron, eldiron (Eltern, machen etc., cf. an. öl, Bier = Trank,
Vorfahren) u. ags. ealdor (Ernährer, Vater, 50 Nährendes etc. = engl, ale ; ags. ealu, elu ;
Herr, Fürst, König, vornehmer u. mächtiger nid. aal etc., cf. unter albeje) '? — Oder ge-
Edler) etc. der Fall ist. hört das lat. oleum u. griech. eläa etc. mit
olderweltsk, ollerweltsk , cdtmodisch, tat. ad-oleo, adolui etc. u. ags. älan (cf.
alterthümlich, nach der cdten Welt; fig. auch eilen, brennen etc.) zu einer ]/ al, ar,
dasselbe tvie deftig; — he dragt sin göd 55 brennen?
nog so regt olderweltsk; — he is nog en fan öljefant, Elepthant. — Nid. olifant, ojfaut ;
de olderweltske , deftige lüdeu. — Nid. ndrhein. olyfaut. — Aus franz. olifant u.
ouderwetschaZs6^e(7ewsa<5 vonnieuwerwetsch. mit prov. olifau (cf. Diez, 11,376) etc. in
old-fader, old-fär, Altvater, Vorvater, abnormer Weise entstanden aus lat. ele-
Grossvater, Ehrfurcht gebietender Greis, 60 phautus von elephas.
OELJE-FLURT 682 OMKE OEMKE
ölje-flurt, Oelkiichen, Oelfladen, bs. in (Vater- it. Mutter - Bruder) ; ahd. öheim ;
Oel gebaclicner 3IehlkIosi<. ef. flurt. inhd. öheim, öhem, oeheiin, oeheiu; md. oem,
ölje-kök, Oelkuchcti, d. h. der beim Aus- öme ; ags. cam ; afries. eni (Mutterbruder) ;
preisen von Oel aus dem Oelsamen zurück- satl. öme; ufrirs. ohm; wfries. yem, yeme.
Iileibindc u. zu einem festen Kuchen zu- 5 Auch mCili od. mö (Muhme) ivird in glei-
sammenyepressic Rückstand. eher Weise wie öni als Namens- Anhängsel
iiljen, ülen, mit Oel bestreichen. gebraucht.
ölk, hässlich, schlecht, böse etc. — ilat L. Et t maller vergleicht zu dem ags.
bunt ölke tiileu (das sind schlechte, dürftige, vAm^ahd öheim das goth. auhuiiia (grösser,
armselige, böse Zeiten); — 'ii ölkeii kräm 10 höher etc., bz. erhaben, excelsus, magaiticus
(eine hässliche, böse, schmutzige Geschichte, t'li:.), tvelches neben dem Superlativ ixuhumisis,
bz. Sache) ; — ölk wer (hässliches, böses, auhmists (sinnimis, altissimus, maximus) einen
unleidliches Wetter); — 'u ölken kraukheicl Positiv auhii voraussetzt. Darnach wäre
(eine ansteckende, böse od. gefährliche, bz. denn am, bz. ölieim urspr. eine Ecspects-
ekelhafte Krankheit); — dat sii^'t dV ölk üt l^y person, bz. ein angesehener u. ver-
(das sieht da böse, bz. schlimm, hässlich etc. ehrt er Mantt von höherem, Lebensalter
od. auch elend, dürftig, schmutzig, ver- (in früherer Zeit loaren die älteren Leute
kommen etc. aus); — he sägt mau ölk üt stets Re sp cctspersone n u. wurde das
(er sieht nur elend, schwach, kratik , ver- Alter bekanntlich stets hoch geehrt, loic
fallen, bz. schlecht u. verkommen, dürftig 20 unter old, bz. older, olders u. dem ags.
etc. aus); — 'n ölk wicht (ein Jiässliches, aiüdov [älter ; Alter; Vater, Herr, Fürst etc.J
abscheuliches, böses Mädchen) ; — 'u ölk zu vergleichen), -was allerdings als Grdbdtg.
wif (ein böses Weib, eine böse Sieben); — für den öheim genannten Bruder der
'u ölken kerel (ein schlechter, gemeiner, Mutter sehr gut passen würde u. auch
spitzbübischer Kerl). — Co)Hijar.: ölker; — 25 dazu stimmt, dass bei uns im Volke mit
Subst. : ölkerd ; -- du ölkerd (du gemeiner öm, wie oben bemerkt, eine Person von
Mensch, bz. Bösewicht, S^jitzbube, bz. Lump, höher m Lebcnsalte r sowohl, als über-
Nichtsnutz etc.). haupt eine Rcsp ectsper son bezeichnet
Wie lelk oi<s lelik, ledelik etc., so scheint wird, da das der Standesbezeichnung : irdstör,
ölk ein Contract. von ölik, bz. odelik u. 80 luester, bür (Pastor, Magister, Bauer) an-
mit nid. oolijk, oodelijk (entblösst von gehängte öm in der Wirklichkeit als eine
äusserem u. innerem Werth, böse, gemein, ehrenvolle u. ehrende Benennung be-
dürftig, armselig etc) ; miüd, oodelyck, trachtet wird. Auch stimmt zu dieser Grd-
Dyelyck, uolyck (vacuus, vanus, iuanis, vilis, bdtg. unser omke als Titel der Armen-
malup, pravus ; vafer, abtutus; aeger, hin- 35 Vorsteher, sowie auch, dass in der alt-
guiduE, imbecillis, iufirmus, debilis, deformis) deutschen Canzleisprachc die weltlichen Chur-
gleich zu sein, was ein Compos. von oode fürsten sowohl, als auch die altfürstlichen
(öde) u. lijk (gleich etc.) ist. Herren von den Kaisern O h e i m titulirl
Ausserdem giebt es auch ein mit ölk in wurden,
der Bedtg. : böse, schlecht etc. synonymes 40 Der für das goth. auhunia /(. auhumists
(Jedoch schwerlich verwandtes) air. o\cv,u[cc, anzunehmende Positiv aului .•^leht wahr-
dessen Grundbegriff vielleicht auf (sinnl.) scheint, entweder für älteres auhsu od. für
brenne n d, steche n d, g if t i g, c i t e r i g auhtu u. würde demnach entweder mit altir.
(cf. atter, Eiter [von der y idh , brennen, ös, uas (super), nasal (superus, nobilis),
schmerzen, stechen etc.J = ahd. eitar, Gift) 45 cymbr. uch (supra), uchel (altus) u. griech.
beruht u. womit das engl, ulcer (böses Ge- aüxö (lasse wachsen), auxomai (wachse) u.
schwur, Krebs, Krebsgeschwür etc.) connex nhd. wachsen (cf. wassen, wasdöm etc.)
.sein könnte, cf. dazu skr. ulkä, Feuer, zur y uksh, vaksh (wachsen, zunehmen,
Feuerbrand, Brand etc. bei B o p p u.Ben- gross u. stark werden), od. sonst mit tat.
fey, womit diese das tat. vulkauus zu- 50 augeo, auxi, auctura u. auctus etc.; lit.
sammenstellen. augu (wachsen), auksztas (hoch, gross etc.)
Olli od. öhni, uhnie, a) Oheim, Vater- u. u. goth. aukau ; ahd. auhhöu; ags. eacan
Mutler-Bruder ; — Dimin.: ömke; — b) (mehren, sich mehren etc.) ; ags. e&ceu (gross,
als Anrede od. Namens- u. Standes- An- mächtig, gewaltig etc., c/'. ök etc.) u. skr. iigva,
hängsei, bz, als ehrende Bezeichnung be- 55 (gewaltig etc.) zu derselben y zu stellen sein,
jahrter od. angesehener Personen, wie z. B. om ; i. q. um.
Jan-, Gerd-, Freerk-öm etc., od. kuper-, o-iiiacht, s. a-macht.
pastör-, mester-, bür-öm ; — „dat was huni," önike. oiiike, öhuihe, Ohnike, Oehmchen,
8a' Ottöm, do harr' he de rütt bi de stert. Oheimchen. Dimin von öm. — Speciell
— Nid., mnld., nd., mnd. oom od. öm 60 wurden früher auch die beim hiesigen Gast-
OMMO
683
OR
od. Ännenhause angestellten Armen- Vorsteher
Oemkes genannt u. haben sie diesen Titel
im Volksmunde auch noch jetzt. Als in
früherer Zeit die Annenbeiträge noch frei-
willig durch eine Collecte von den Bethei-
ligten erhoben wurden, mussten die Oemkes
diese Collecte monatlich abhalten, u. damit
Jeder auf den Besuch derselben vorbereitet
war, wurde es zuvor Haus bei Haus ange-
sagt, dass „de Oemkes kamen wulleii uu haleu
't mändgekl (Monats-Geld) up."
Ommo, JH?. Name. Geschln. Ommea u. Omkes.
Nach StracJc e rj a n ([jag. 22) sollen
die Namen: Ommo, Uramo aus Ommar,
Otmar, bz. Ottomar entstanden sein u. mit
Odo u. Otto zu aud, öd (cf. Ode) gehören.
öiii-segger (Oheim-Sager), Geschwister-
Kind, bz. Vetter od. Nichte j — he is min
omsegger.
ondel, ein Stück od. eine Ecke Land;
— mm oudel, meine Ecke, bz. mein Stück
Land. — Trotzdem, dass der Ton auf „ou"
liegt u. das „e" nur schwach betont wird,
könnte es doch = audel (Antheil) sein, mit
urspr. fries. Aussprache des on = an. cf.
afries. ondel.
önke, öhnke, oehnke, ein eiserner Koch-
ofen, bz. kleiner Ofen mit Kochtöpfen darin
od. auch ein eingemauerter Kochherd, der
mit dem Stubenofen verbunden ist. — Wang.
öanik, önuike (Kachelofe n) ; nfries. (Outzen)
änke od. (Johansen) aauk.
Es ist Dimin. von oehn od. öhn = goth.
auhüs (Ofen, Feuer, cf. unter äfen), womit
auch nfries. aan (Backofen, cf. J ohanse n,
pag. 99) ident. sein wird.
Onno, ml. Name; — Ouua, wbl. Name;
— Geschln. Onnen ; — Dimin. Onke, Onueke ;
— Geschln. Oukes, Onuekes; — desgl. ml.
Name Ontje ; — Geschln. Ontjes.
Zu Onno sei bemerkt, dass Stracker-
jan (s. pag. 22) auch diesen Namen ebenso
wie Ommo zu aud, öd stellt u. als aus Odau,
Otan entstanden ansieht.
Ontje, Ontjes, s Onno.
ontje, Bauch, Spitzbauch; — he krigd 'n
ontje ; — sin ontje steid ürdendlik förüt.
op, s. up.
open, s. apeu.
öpendlik of?. öpendlik, s. apendlik.
öpenen, öpnen, öffnen.
öpening, öpnang, Oeff'nung.
1. opper, s. Upper := nid. opper, nhd.
ober, über.
2. opper M. auch hopper, Haufe, od. ein
er- u. aufgerichtetes Etwas. — Daher: hei-
opper, Heu-Haufe, Heuschober; — dat hei
steid in oppers (das Heu steht in Haufen).
— Nid., mnld. opper ; wfries. oper (das-
selbe). — Wohl Subst. zu oppern.
oppern, a) (sinnl.) errichten, aufrichten,
aufsetzen , aufstellen , in Haufen setzen,
häufen; - wen dat wer drög blift, den
krig' jl 't hei häpeudlik so wid, dat ji 't
5 oppern könen (icenn das Wetter trocken
bleibt, so bekommt ihr das Heu hoffentlich
so weit, dass ihr es in Haufen setzen könnt);
— h) (Irop.) aufsetzen, aufstellen (eine An-
sicht od. Meinung), behaupten etc. ; — he
lü opperd dat as sin meuung ; — he opperdo
dar legen (er stellte dagegen auf, bz. brachte
dagegen ein, entgegnete od. erwiderte da-
gegen), dat de umstenden dat net toleteu.
— Nid. opperen (handlangen, zureichen,
15 hinaufreichen, aufrichten, in, Haufen setzen,
aufstellen, aufsetzen, eine Meinung od. Be-
hauptung aufstellen, aufs Tapet bringen,
erwähnen, vorstellen, vorschlagen, äussern
etc.). — Zu 1 opper, ober, über, höher.
20 ör od. öre, Aehre, s. är.
Ol', ihr, s. hör.
Or, Oehr ; cf. 2 ör.
1. 6r, die untrennbare Vorsetzpartikel in
örbär, ördel, örlof, örlog, örsäke, örsprunk
25 etc. mit den Nebenformen ar (cf. arbarmen)
u. ur (cf. urold) = ahd. ur, ar, ir, er u.
nhd. ur, er ; an. ör, or, er, ur, ür, ör ;
afries. or, ur ; nid. oor ; mnd. or ; ags. or,
ör u. ör ; as. or, ur ; goth. us u. einzeln in
30 Zusammensetzungen auch ur, welche einer-
seits aus der Bedtg. : aus heraus, hervor,
von her, von weg etc., bz. aus-heraus, aus-
hervor etc. den Begriff' des Beginnens u.
Anfanges von Etwas entwickelte u. in dieser
35 Bedtg. auch im ags. ör (Anfang, Beginn
etc.) als Subst. erscheint, während sie an-
dererseits aus der Bedtg. : ex , bz. aus,
ausser etc. öd. von-weg auch in die von :
weg (von Etwas) überging u. so in Com-
40 positis auch ein Nichtdasein, ein Fehlen
etc., bz. dasselbe wie ohne u. los bezeich-
net (bz. als Privativum erscheint), wie dies
z. B. im ags. or-leahtor (ohne Tadel etc.)
u. or-leahtre fiafZeiZos etc.), ahd. urvaui, an.
45 örvaeun (ohne Hoffnung) etc. u. wahr-
scheinl. auch in orlag, orlege (cf. örlog)
der Fall ist.
2. ör, Ohr, d. h. a. das Sinnen-Werkzeug
od. Organ, womit man Töne v er nimmt
50 u. auffasst. — Sodann auch b. Esels-
ohr od. Falte, umgefaltete Ecke od. um-
gefaltete halbe Blattseite in einem Buche,
wie man solcJie auch macht, um (wie sonst
mittelst eines LesezeicJiens) die Stelle wieder
55 aufzufinden, wo man beim Lesen blieb; —
c. kleiner ohr artiger Henkel od. durch-
löcherter Handgriff am Topf; — d. Oehr
od. Oese (cf. 1 8s). — Redensart, u. Sprichw. :
he let sük gen ören anueieu (er lässt sich
60 nicht anführen, bz. nichts weiss machen) ;
ORBAR
684
ORDEL
— he iß nog net dröge achter de oren ; —
he hed de ören nog iil dicht au d' kop (er
ist nicht leicht durch Bitten zum Geben ge-
neigt zu machen, bz. etwas harthörig u.
hartherzig *) ; — hö hed 't füstdik achter 5
de öreu ; — Uitje polten hobben ök ören
(Warnung, dass man in Gegenwart kleiner
Kinder nicht zu viel sprechen soll, weil
kleine Kinder auch Ohren zum Hören haben);
— hü hed d'r gen ören an (er will etwas 10
nicht a)ifassen , hat keine Neigung od.
Lust ein ihm Befohlenes zu thun); — he
steld d'r dote ören na (er stellt, bz. richtet
taube Ohren danach, thut als wenn er es
nicht hört); — he is dör 't ör brand (er 15
ist gekennzeichnet, bz. gebrandmarkt, mit
der Bedtg. : er ist sehr verschlagen, listig n.
gewandt wie ein alter Verbrecher) ; — he
hörd mit tiskören (er stellt sich an, als ob
er schwerhörig, bz. taub ist). 20
Ferner wird von einem Herrn, der an
jedem Arm eine Dame führt, scherzweise
gesagt : dat is 'n pot mit twe öreu, (/. h. ein
Topf mit zwei Henkeln.
Es ist = nid. cor; afries. är, ara, aer ; 25
ags. eare; as. öra ; an. eyru; ahd. öra, aora;
mhd. öre, ör (Ohr, Oehr, Henkel, Griff);
goth. uuso ; lit. aiisis; lat. auris; alat. ausis;
griech. oüas u. jon. oüs.
1. örbar. urbar, ausgiebig, ergiebig, er- 8ü
trägig, einträglich, nutzbar, nützlich, dien-
lich, passend, geziemend ; — örbar laud ; —
'u örbaren sake, eine nützliche, dienliche
Sache etc. — Nid. oorbaar ; mnld. (cf
Weiland) oirbaai', oirbcr, orber, orboor, 35
oorbaar etc.; »d. urbar; bagr. urbar, urbor.
2. örbar, Vortheil, Gewinn, Ertrag etc. ;
— to sinem mitte uu örbar (zu seinem Nutzen
u. Vortheil) etc. — Afries. orber (Nutzen
etc.); mnld. (KU.) oorbacr, oorbor; mnd. AO
orbar, orber, orbor ; mhd. lu'borc, urbor,
urbar, urwar ; md. nrbur (Einkünfte, Ertrag
od. Zins von einem Grundstück ; einen Zins
od. eine Beute tragendes Grundstück).
1 ti. 2 örbar gehört mit dem davon stam- 15
menden Verbum: nid. orbereu ; mnld. oov-
bareu (gebrauchen, benutzen, geniessen etc.) ;
mhd. urboru, urbaru, urbern ; md. urbariu,
urburu (einträglich machen, in Ertrag setzen,
erziele» etc.) zu ahd. urperan, urberan; mhd. 50
erberu (gebären, erzielen, hervorbringen etc.;
refl. entstehen) ; goth. usbairan (hinaustragen,
vorbringen, ertragen) etc., was eine Bildung
von ur, US (cf. 1 ör) = aus, heraus, her-
vor, aus heraus etc. u. ahd. peran ; goth. 55
* Bern.: Weit vom Kopfe abstehende Ohren
fassen den Schall bekanntlich leichter auf
u. hören schärfer. 60
bairan ; ags. heran; nhd. (ge)bären etc. (cf.
baren, baren, böreu etc.) ist.
ör-bumniel, Ohrgehänge; — se dragt golden
örbummels in 't ör. — cf. bummeln =
baumeln.
ord od. ort, ortli, a) Ort, Gegend, Rich-
tung, Seite, Funkt, Stelle; — dat ligd an
de örd, bz. ua de örd hen ; — he is fan
disse örd ua 'u andern örd heu fertrukken ;
— b) Spitze, Anfang, Acusserstes, Ecke,
Schärfe, Schneide; — tau örd (od. örth) to
ende ; — de örd fau de sp;"i' is mi ofbrakeu ;
— örd tan 't mest (Schneide des ^^cssers);
— de örd fan 't plögisder. — Davon auch
der Name Leerörd od. Lcerorth, gewöhnlich
Nord (mit apostrophirtem Artikel — 'n örd)
genannt, wie die Spitze od. Ecke heisst,
tvelche durch die Leda bei ihrer Einmündung
in die Ems gebildet wird.
Die Bedtg.: Gegend, Stelle, Punkt
resultirt aus : Sjj itze, Ecke , Winkel
= was vor- od. in den Fatim hinati.'<-
ragt etc., ganz xvie auch hörn u. hök u.
auch Seite u. Kante etc. in derselben
Bedtg. gebraucht wird. — Nid. oord ; afries.
ord, oerd; nd. ord, oord, oort ; mnd. ort;
as. ord; ags. ord (Spitze, Gipfel, Oberstes
etc.) ; aengl., engl, ord ; ahd., mhd. ort
(äusserster Punkt, Spitze, Anfang, Ende,
Ecke, Band, Saum, Seite; Theil, Stück als
kleines Gewicht od. Münze, cf. ort) ; an.
oddr (mit assimilirtem „r'' tvie in unserni
öddcr = Order); «o/vi'. odd; dän.od; schwed.
udd ; nfries. od, odd. — Vergl. auch schott.
(Jamieson) ord (steiler Hügel od. Berg);
ir. ard (Hügel); an. urd (felsiger, steiniger
Ort) u. dazu unser ur oil. ür in der Bedtg. :
Eisenrasenstein etc. — Davon: ahd. orthalx'
(Urheber) u. OTÜ'rnmA (Urheberschaft, aucto-
ritas), ortfrumo = as. ordhfruuio ; ags. ord-
l'ruma (auctor, princeps, origo) etc. — Nach
Fick (III, 36) mit Ucbergang von s in r
(wie bei 1 ör) aus usda von der }/ us = vas,
schneiden od. thcilen, scheiden, trennen etc.,
bz. (cf. Bopi», Gloss. comp., pag. 351,
zweite Spalte, 5 vas) lindere, absciudere ;
occidere, wovon auch vielleicht lat. vastare,
vastus, cf. wöst etc.
ordel, Urtheil, d. h. Aus theil = was
Jemand u. eine Versammlung etc. aus-
t heilt od. a usg iebt etc., bz. als M e i-
nung, Ansicht etc. od. als Spruch,
Attssjiruch etc. von sich giebt etc.; —
ik wil nu d'r gen ördel ater anniatigen ; —
he hed sin ördel iitspraken; — dat gerigt
hed siu ördel ofgiifeu ; — he hed siu ördel
kragen (er hat sein Urtheil, bz. was ihm
gebührt, od. vom Gcricld abgegeben u. ihm
[als richterlicher Spruch od. als Strafe etc.]
zuerkannt ist, bekommen) ; — 't lätstc ördel
ORDELEN
685
ORLOF
(das letzte, hs. jüngste Gericht, d. h. die
letzte Au st heil u n g von Belohnung u.
Strafe, das letzte Erkenntniss des Wclten-
richters). — Ahd. uvteila, urteili, urdeili,
urteil, urteil ; mhd. urteil, urteile ; afries.
ordC'l, urdel ; tofries. ördel, oardel ; nid.
oordel; mnd. ordel; ags. ordäl; as. urdeli.
— Davon: inlat. ordalium (Gottes- Urtheil)
lt. afranz. ordcl (Urthcil). cf. das folgende:
ördelen , urtheilen. — Nid. oordeelen ;
afries. ordeija, ordela; ahd. artailan, arteillan,
ardeilau, irteileu, irdeilen ; mhd. erteilen,
urteilen (eine Meinung , Ansicht etc.,
hz. einen Sp r uch , Ausspruc h etc. über
ettvas abgeben etc. u. so soivohl = he- als
= ver- urtheilen , gleichviel ob dies von
einer Person od. mehreren , privatim od.
öffentlich durch eine Versammlung od. das
Gerieht geschieht) ; as. adeljau (urtheilen,
verurtheilen); ags. adaelan (partiri, separare).
Wie von ahd. ar-springan (aus-, heraus-,
hervorspringen) das Wort Ursprung mit
der Grdbdtg.: Aus-, Heraus-, llervor-
Sp rung entstand, so das Wort Urth e i l
von ahd. arteilan (aus-theilc n, ertheilcn,
ausgeben, abgeben etc.), worin ar, er etc.
= ur (cf. 1 6r) m. = goth. us etc. ist.
1. Orden, Ordnung, Regel, Gesetz, Orden
etc. — „Norden is Sünder örden ;" — „Norden
hed gen Orden," bz. „in Nöi'den is gen örden"
(altes geschichtliches Sprichwort auf die
Stadt Norden); — he is in de örden up-
namen ; — he hed 'n örden kragen. — Ahd.
ordena; mhd. orden (Anoi-dnung , Gesetz,
Befehl; Orden, Stand, Beschaffenheit.) —
Aus lat. ordo.
2. örden (statt ördenen), m-dnen, in Ord-
nung bringen; — he hed dat all' so moi
ördend, dat 't 'n lüst is. — Ahd. ordinön,
ordenon ; amhd. ordenen, ordnön ; nid. ör-
denen, orden (ordnen, regelrecht behandeln,
bestimmen, anordnen etc.).
Order (assimil. ödder), Ordnung, Reihen-
folge, Regel etc. ; Befehl, Ordre ; — 't is
all' göd in ödder kamen ; — 't is all' mit
hör in ödder (es ist mit ihnen alles geord-
net, bz. so xoie es sein muss od. soll, alles
in gutem Stande) etc. ; — ik bin hei n^t
göd in ödder (ich befinde mich gar nicht
xoohl) ; — wel hed de ödder dar to ütgäfen?
— he wil net na ödder hören.
ordern (assimil. öddern), anordnen, ein-
richten, befehlen, Ordre geben etc. ; — he
ödderd dat an ; — hö hed dat beöddert (er
hat das beordert).
Ordgis, .s. Ortgies.
Ordnung, Ordnung ; — an Ordnung kan gen
hfts bestän, an Ordnung mut de weit fergän.
örd-rik, ortreich, reich an Orten, bz. Ort-
schaften.
or-fige, Ohrfeige = Schlag, Schmiss etc.
mit der flachen Hand an das Ohr. — Nid.
oorvijg.
or-ligen, ohrfeigen, mit der flachen Hand
5 an die Ohren .schlagen etc.
Orgel, Orgel. — Ahd. organä, orginä ;
mJid. orgene, orgen u. ahd. orgelä, orglä;
mhd. orgele, orgel; innld. orghel; nnld. orgel ;
ital. Organa; port. orgao ; cat. orga; pror.
10 orgues ; franz. orgue; ivallis. orgän etc.
alles von lat. Organum ; griech. organon
(jedes Werkzeug überhaupt; besonders ein
musikalisches od. Ton - gebendes ; Orgel,
Wasserorgel), wovon auch nhd. Organ, Or-
15 ganismus, organisch, Organist etc.
Die Grdform ist arganä u. dies eine Bil-
dung von der y arg (cf. Bopp, Gloss.
comp. 21, arg 1, u. Benfeg, Skr. Dict.
49, arj 2), thun, machen, wirken, bewirken,
20 bereiten, fertigen, zusammenfügen, verbinden
etc. u. dem Suffix ana od. aiiä. (cf. B opp,
Gramm., III, 396 seq.), ivonach arganä so-
viel heisst als: Machendes, Fertigendes, Be-
reitendes etc., ivie ja ein Werkzeug ein
25 Wirk-Geräth od. dasjenige ist, womit man
Etivas fertigt od. macht etc. Dieselbe En-
dung haben wir z. B. auch in Wagen
(ahd. wagana) = Fahrzeug, Fahr-Geräth,
bz. Fahrendes.
30 örgelen, orgeln, Orgel spielen, nament-
lich mit der Drehorgel; — he örgeld mi
wat för.
ör-Tser, or-isder, Ohr-Eisen; — se dragt
'n golden ör-iser. — Dieser jetzt von Gold
35 od. Silber getragene, vorne offene Schmuck-
reif der fries. Frauen ivar urspr., wie auch
der Name andeutet, ein einfacher, eiserner
Reif, loomit die langen hellblonden Haare
statt des in neuerer Zeit üblichen Sammt-
40 bandes zusammen gehalten wurden. Wie
die Prunksucht später u. namentlich im 18.
Jahrhundert bezüglich dieses Reifes zu dem
jetzigen goldenen mit Edelsteinen u. Diaman-
ten besetzten Kopfschmuck kam, darüber
45 vergl. im Ostfries. Monatsheft vom Octbr.
1877 iKig. 472 den Bericht des Herrn Dr.
med. Ter gast bezüglich der Leeuwaarder
Ausstellung.
orke, Ohrchen u. Oehrchen. Dimin. von
50 2 ör.
ör-leks, Lesezeichen; d. i. ein ör loas
man als Lesezeichen (cf. ör sub b) bei einer
leks (Lection, Aufgabe etc.) macht.
«rlof, Urlaub, Freiheit, Dispensation etc.
55 (0. L.-R., 15 u. 331). Gebräuchlicher ist
ferlöf u. kömmt örlof zur Zeit nur an der
holl. Grenze vor. — Afries. orlof, orlef,
orlif ; as. orlof; ahd. urloub, urloup, urlub ;
mhd. urloup; md., nd. urlöf = Erlaxib,
60 Erlaubniss etc. ; cf. ferlöf.
ORLOG 68ß ORT
itr](i^, Krieg; — Mo^sschip, Kriegsschiff ; ei» Dirni». von logos (Wort, Rede, Spruch,
— hö is up örlog üt; — Malhrnk (Herzog Ausspruch, Vcrlümligung etc.) od. das
von Marlborough) do t'ör ton ürlosc otc. (altes substantivische Neutrum von logioa (der
VoR:<ilied) ; — liO färd up 'ii orlogsschip. Hede Icundig, beredt etc.) ist u. auch die
— iS7r/. oorlog ; ninid. , jntläm. oorlo^fh; mnd. 5 Brdtg. : Sjvuch, AussprucJi, Verkündigung
orlogo, nrlage, orlog»\ orlog, orloch, orlcoh, etc. hat. Demnach heisst örologion tvörtJ. :
orlifli, orliiii'li ; afries. orloch; as. erlag, Zeit-, bz. Stunde n -V e rl-vndi gun g.
erlog, orlaiii (docisio fatalis, bollica, fatum, Wegen öra, bz. hnra cf. ftr.
l)olliini) ; (f/zs-. orlag, orlou. ». orlilg; rtj<. ürlög öi'-sakp, »l'-säk, Ursache, Grund, Anlass
(dassellie) : ahd. urlag, urlaga (dcschick, 10 etc., d. //. die Sache, wovon (als erste
Schicksal). — Daneben: ahd. iirliugi-, nihd. u. ursprüngliche od. Anfangs- n.
nrliugo, urlougo ; 7nd. urlougo, urloigo, ur- Au sg a ngs- Sache, cf. 1 or) etwas aus-
lugo (Krieg); mhd. urlingeii, iirlougon, lu- od. her atis- geht. Daher auch: liewe-
logen; md. urlilgon, urleigon (Krieg führen, gu ngs- Sache, od. Sache, die zu Etwas
kriegen). 15 bewegt u. anregt, bz. den ersten An-
^Vas zunächst das ahd. nrlag, as. erlag, stoss v. Anlass zu Etwas gieht; — bt^
an. erlog otr. in derBedtg.: fatum betrifft, is de örsäk d'r fan (er hat den Anlass dazu
so scheint es ein Compos. von ur in der gegeben); — dat is do orsäk, warum ik dat
Bedtg.: entsprungen, entstanden, anfänglich do. — As. orsake; nid. eorzaak, eorsake ;
od. von Anfang her, ursprünglich etc. (cf. 20 mhd. Ursache, nrsacli. — /M/tf;-; ferörsaken,
1 or, bz. ur in Urwelt, tiralt etc.) u. log, verursachen, bewirken, machen, veran-
log (Gesetz, Recht, Ordnung, Bestimmung, lassen etc.
Gesetz des Lebens, Geschick, Loos, Schick- oi'-spriink, Ursprung, Entstehung etc. ; —
sal etc.) zu sein, sodass urlag hier soviel sin ursprunk lodt ho fan otc. ef; — dat is
als: Ur- Gesetz, Ur-B estimmun g, 2'> do orspriink fan sin nani. — Daher: er-
Ur- Geschick etc. bedeutet, wäJtrend es sprunkolk, orsprünkolk, ursprünglich, nn-
in der Bedtg.: hcUnm od. Krieg wahrscheinl. fänglich etc., bz. von der Entstehung, bz.
soviel als ox lex (s. unter 1 or) bedeutete von Anfang, von der Geburt etc. an. — Ahd.
u. so urspr. einen gesetzlosen Z ust a n d nrspring, ursprink ; mhd. nrsprino, ursprunc ;
(Tumult, Empörung, Aufruhr, unruhige 30 nid. oorsprung. — Zu ahd. ar (or, ir, ur
kriegerische Zeit etc.) bezeichnete, wo Jeder =^ goth. us etc., cf. 1 ör) — springan (aus-,
selbst sein Recht mit dem Schiverte he- heraus-, hervorspringen , herausspricssen,
hauptete u. Gewalt, Mord u. Todtschlag an entspringen, hervorkommen, entstellen etc.)
der Tagesordnung loar. Eine andere Frage u. daher tvörtl. : Aus-, Heraus-, Her-
bleibt nun aber, ob das ahd. iirlmgi (Krieg) ."5 vor- Sprung, bz. Sprting od. Beive-
aus nrlag (Urgeschick, od. von Anfang an gung etc. aus Etwas heraus u. so: das
bestehendes Gesetz etc.), bz. aus der Bedtg. : Hervorspringen, Hervorspriessen,
ex lex entstand, od. ob dieses im zweiten Entspringen, die Quelle, der Ur-
Tlieil nicht mit ahd. liugan = lügen, he- sprung etc.
trügen, überlisten etc. zusammenhängt u. 40 1. ort, örth, .*;. ord.
demnach urlingi eigentl. soviel heisst als: 2. «rt, örth, der vierte Theil eines Gan-
lh--Lüge, Ur-Betrug , Ur-Belügung , Ur- zen u. zwar speciell des als Flüssigkcits-
Ueberlistung etc. u. so in die Bedtg.: heim- Mass dienenden Kruges od. der Kanne,
licher Ueberfall u. Krieg etc. überging. sowie auch jetzt des Liters, od. einer
Zu der Bedtg.: Ur- Gesetz von ahd. 45 grösseren Münze; — 'n ort melk (bor,
urlag, urlac otc. cf. auch Holtzmann ölje, water etc.), eine viertel Kanne Milch
(deutsche Myth. pag. 201), der übrigens das etc.; — dro min 'n ort, drei (Gulden, Thahr
ahd. urlingi als eine Entstellung von urlag etc.) tveniger ein Viertel. — Nid. oord, ooit
ansieht, was mir jedoch zweifelhaft ist. (dasselbe u. auch [ausser den sonstige)/
orlösjp, Uhr, Taschen-Uhr ; — kanst du 50 Bedtgn. von ord] ein Theil od. Stück
mi wol soggen wo lät dat 't is ? nil hröor, von Etwas überhaupt). Auch im nd. v.
ik hob' gön örlösjo bi nn. nhd. (cf. bei Dähncrt etc. u. Adelung
Es ivird vom gemeinen Mann oft auch etc.) wird Ort in der Bedtg. von: Stück,
allüsjo ausgesprochen u. entstand aus franz. Theil, kleines Theil (wie das ahd.
horologo von lat. borologium = griech. 55 ort, <f. unter ord) u. in der von: vierter
örologion, wovon auch ital. eriuole ; mail. Theil von Etwas gebraucht, wonach es
reloonri ; -fpan. relox ; j^'^''^- relogio; 2)rov. dann wohl anzunehmen ist, dass die urspr.
reloige u. das ahd. ot\c\ (Uhr). Das griech. Bedtg. von: Theil od. Stück sich später
örologion ist ein Compos. von öra (Zeit, auf die von : ein Viertel von Ettoas (cf.
Stunde) u logion, welch Letzteres entweder 60 auch Örtje) begrenzt hat.
ORT OERT 687 ORTGIS
ort, ort, orte, ort«, Ahhuh, Abfall, Brocken, nnserm nrtnn von ort entstand. Möglich ist
Reste, Üeberreste, Uebcrbleibsel elc. von es indessen auch, dass das hess. u. götting.
Speise od. Futter; — wt ilten fan middag oizon (was sonst anscheinend im hoch- u.
ort (od. auch örtsel, örtels), ^^ur e.fsen diesen oberdetdschen nirgends vorlömmt) vom nd.
Mittag Reste od. von andern Tagen übrig ft orten entstand, b.z. aus unserer nd. Mundart
qeUiebenes, den Abhub anderer Mittage. — übernommen lourde.
'Mostfries. (C a d. M ü 1 1 e r) oerth (über- Dass u n ser ort u. orten etc. , ivie Seh m e l-
(febliebenes Heu od. Stroh, bs. Futter); nd. ler v. Vilmar (cf. bei Schm., 1, 100 u.
(Br. Wb.) u. mnd. (Seh. u. L.) ort, orteis; bei Vilmar 420) annehmen, mit dem bayr.
nfries. (Outzen) aartels; engt, ort u. orts 10 uräszen, urezen (was doch loohl soviel als:
(Abfall, Abhub, Urberreste, Brocken etc.) ; [sich] über essen , bz. ver essen etc. u.
hess. (Vilmar, 426) ocrzchen (Dimin. von so [sich in Ettoas] zuwider essen u.
oPYz = Ueberhleibsel, Rest etc.) etc. cf. das deshalb die Speise od. das Futter ver-
folgende: schmähen u. vertverfen etc. bedeutet),
iirten, (beim Essen) Reste lassen, die vor- 15 bs. mit dem ags. orettan od. nretan (cf.
gesetzte Speise verschmähen u. überlassen, L. Ettm aller, pag. 41 u. H. Leo,
sie nicht anrühren etc. ; — de bliksemse Spalte 420 unter or), zu Nichte machen etc.
jung' is so egen (od. kis) up 't äten, dat ?f. oretta, zu Nichtemacher zusammenhängen
ho hast elker middag örtd ; — du mnst net %i. davon abstammen soll, scheint mir sehr
altid orten ; — de perde orten 't hei. — 20 ziveifelhaft u. ivollen mir dazu die Formen so
Nfries. (Outzen) orte, aarte; nd. (Br. ivenig, als auch die Bedtg. von ovi (als Subst.)
Wb.) orten, örden; jütl. orte; in Angeln stimmen. Auch spricht für einen Zusammen -
urte; in Tondern yrte ; /je.ss. (Vilmar) hang von unser m ort, orten ti. dem schott.
orzen (übrig lassen, Rest lassen [von aller- ort etc. mit diesen oberdeutschen Wörtern
hand Dingen u. nicht allein von Speisen], 25 der Umstand schon nicht, dass dies jeden-
Futter, bz. Nahrung überlassen u. ver- falls neuere Wörter sind, da sie überall in
schmähen, dasselbe unter die Füsse treten, mittel- u. alt-hochd. Wörterbüchern, soviel
verschleudern) etc. Desgl. auch (cf. Scham- ich weiss, nicht vorkommen,
bach) götting. orzen (übrig u. verkommen Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass auch
lassen); schott. (Jamieson) ort (to throw BO das franz., aengl. , engl, ovinre. (Abfall, Un-
aside provender = den Proviant, bz. das rath, Schmutz etc.) möglicherweise mit dem
Futter zur Seite %verfen u. es verschleudern ostsehott., ir. orda (Fragment etc.), bz. dem
etc., to crumble = krümeln, brocken, bröckeln, ags. u. nd. ord ; alid. ort (Stück, Theil etc.)
zerkleinern etc.). zusammenhängt, u. eine Weiterbildung von
Es ist ganz ziveifellos, dass unser ort, ort ?<5 orda u. ord ist.
(Brocken, Rest, Uebcrbleibsel etc.) sich so- örtels, s. unter ort, ort.
iDohl lautlich als begrifflich sehr nahe zu Ort^is , Oortgies , Oorthgies , Ordgis,
den unter ord u. ort vorkommenden nd. u. Oordgiese, ml. Name. — cf. bei Forst e-
hochd. Formen oort, ort in der Bedtg.: mann unter Ort u. Gis, %oo auch schon
Stück, Theil, kleines Stück, Brocken 40 der Name Ortgis (jedoch nur einmal) ange-
etc. stellt u. dass auch das obige schott. ort führt ist.
in der Bedtg: krümeln, bröckeln etc., ort, orth ist = ord (Spitze, Ecke, Schärfe
sowie auch das ostsehott., ir. orda. (Bruch- etc. u. im afries. auch Spiess) u. gis
stück, Fragment, Re.st, Ueberbleibsel etc., wohl eine Kürzung von giso, ivelcher Name
cf. Jamieson unter to ort) auf eine 45 nach den hier lebenden Geschlechtsnamen
Connexität damit hinweist. Da nun aber Giessen, bz. Gisen hier auch ivohl ge-
das nhd. „z" = urspr. „ts" u. auch = urspr. bräuchlich gewesen ist u. ivofür auch der
t u. d ist, so würde auch das hess. oerzchen, hier oft vorkommende Name Gisbert, Gise-
hz. oerts-chen als Dimin. von oerts (cf. berth spricht. Nach Ernst Schulze
unser örtsel) m. das Verbum orzen (Reifte 50 (cf. dessen goth. Wb.) ist gis das Präter.
lassen, übrig lassen etc., welche Bedtg. es von goth. geisan (wehen, wallen, aufwallen,
ganz allgemein hat) zu unserm orten, orten kochen, brodeln, sprudeln. Blasen werfen,
u. schott. ort, bz. zu dem alten Subst. ort schäumen = lat. bullire) = ahd. gesan,
(in der Bedtg.: Stück, kleines Stück, jesan (gähren, schäumen, sich brodelnd u.
Abfall od. Rest, Brocken etc. von 55 kochend erheben, aufwallen etc.), woher die
Etwa-H) stimmen u. auch noch die Annahme Wörter: Geiser (auf Island), Geist,
gestatten, dass die Form „orts" in der Gas, Gischt etc. u. auch das an. geisa
Bedtg.: Reste, Brocken etc. ein Plural (sich stürmisch erheben, zornig auftoallen
von ort (nämlich ortes, contrah. orts) war etc , cf. aufwallen, aufbrausen = in Zorn
u. daraus das Verbum ortsen (orzen) = 60 u. Wuth gerathen etc.) u. das nhd. gähren
OERT.TE ORT.TE 688 ÖSEN
etc., worüber des Wetteren unter gären zu Ausgiessen von Wasser od. sonstigen Flüssig-
ersehen ist. keitcn. — Mnld. (KU.), bs. sächs., sicambr.
8rtje, örtje (Dimin. von ort), ein viertel u. mflüm. oose; mnd. ose, oose; an., isl.,
Stüber, bz. eine kleine altostfries. MünTC norw. ausa; idän. ose. — Wohl Subst.
im Werth von l\'i (dten hannov. Pfennigen. 5 zu osen.
— Sprichw.: „lüst ktist gehl," Sil' de jung', öse-drüppe od. osen-tlrüp , Dachtraufe,
(lo liarr' (hatte) he "n flrtje ferdansd. bz. Stelle wo das Wasser rfcs Daches ab-
ftrtje-söker, Pfennig-Fuchser etc. ; — 't läuft. — Xnld. oosdruip ; mfläm. oosdrnp,
is 'n rotten Ortje-siiker. hoosdrup; afries. osedropta. — Mit mnd.
ör-tike, Ohrwurm: vdid. Ctrzochc — Oh r- 10 ovesval (Tropfcnfall od. Dachtraufenfall)
Zecke. zu ose, ose, bz. ovese etc.
ili'tsel. .s\ ort, (irt. »He-fat, Cts-i'&t, ein Schöpf- od- Ausleerungs-
Ortwin. Ooitbwiii, Oordwin, ml. Name. Gefüss. Es ist namentlich bei den ScJiiß'ern
— Ahd. Ortwin; nhd. Örtwein. zum Entleeren der Böte von Wasser im
Den zweiten Theil dieses Na)nens .'itellt 15 Gebrauch, sowie auch auf dem Lande, um
Forst ein an n zu ahd. wini ^^ as. wini, iMist und Jauche damit auszuschöpfen, bz.
ags. vine, afries. winne (Freund, Gönner, die Gruben damit auszule er en. — Mfläm.
Geliebter), zcegen dessen unter winnen (ge- oosvat ; nd. (cf. Schütze unter vatt) ops-
icinnen, tcerben, erwerben etc.) das Weitere vatt ; nid. hoosvat etc. — /ai ösen.
zu vergleichen ist. Wegen der Vorsdbe ort 20 ösel , kleines Flüssigkeitsmass, Nösel,
cf. unter Ortgis. Die Bedtg. ist demnach Nössel. — Mnd. osel.
entweder: ausgezeichneter Freund Ose-, osen-Iatteii, die Dachtraufenlatten
etc. od. auch vielleicht (cf. afries. ord ^^ od. die untersten etwas aufstehenden J,atten
Spiess): S2)iess- od. Speer- Fr eund. eines Daches, bz. diejenigen Latten, worauf
OS, s. esse. 25 die osepannen gelegt werden.
1. ÖS, Öse, Oese. — Nd. r»bse; Dimin. ösen, schöpfen, schütten, giessen, bz. aus-
öhseken, Hsken. — Nach W ei g and aus schöpfen, ausschütten, auswerfen, ausgiessen
lat. ansa. etc. ; — du kanst dat water wol äfen fit 't bot
2. 8s, Öse, Auswurf, Schlechtes, Abfall, ösen ; — water, bz. jirre osen, Wasser, h:.
Dreck, Schmutz etc.; daher: Bs-kram, sc/j/ec/i- 30 Jauche schöpfen = herausnehmen od. heraus-
ter, gemeiner, schmutziger Kram (bz. Zeug, schiUten etc. (aus Etwas); — ütösen, aus-
Geschichte etc., cf. 2 kram); — de Os-kräm schöpfen od. ausgiessen, ausschütten etc.; —
mag 'k nC't ilten ; — mitAeös-kram (schmutzige 't is d'r schön iltösd (es ist da rein ausge-
Geschichte) wil 'k niks to dön hebben. cf. schöpft od. rein herausgeschöpft) ; — feröscn,
ösig u. unter ösen. 35 verschöpf en, verschütten, vergiessen, vergeuden
ose, Öse, Dach-Kinne, Dach-Traufe od. etc.; — he hed dat her all' ferösd ("er /mf rfrts
eigentlich der Vorsprung des Daches od. Bier sämmtlich verschüttet od. vergossen u.
der untere überhängende u. vorstehende vergeudet, so dass nichts mehr in der Kanne
Rand des Daches, wovon das Hegenwasser etc. zurückblieb). — Nid. oozen, boozen ;
abtropft, cf. die Compos. : ösedriippe, ose- 40 mnld. (KU.) oosen (haurire etc.), ntoosen
latten, osepannen. — Afries. ose; satl. dzo; (exantlare, exbaurire, deplere) ; wfries (Ja-
jcang. özing; nfries. ose u. ösling ; mnld. pi^-) ease ; mfläm. oosen (vuider et jetter
oose; nd. (Br. Wb.) oese; mnd. ose, osene. l'eau d'une nacelle ou fosse) ; nd. (Br. Wb.)
— Es ist contrah. aus mnd. ovcse = engl. u. dithm. (S chütz e) oesen (Wasser schiipfen
eaves (Dachrinne, Traufe); ags. efese, yfese 45 od. ausschütten, einen Brunnen reinigen od.
(margo, tecti margo, stillicidium, porticus) ; leer machen) ; jnHfZ. ösen (bauriro, exbaurire,
an. ups (Dachbart); isl. ups (ima pars tecti, o\a.üÜaro),\OTÖHen(ausschö2ifen, ausschütten,
snpra parietem ; prominentia in montibus) ; verschütten, leer machen, loegschaffen), i"it-
norw. ufs, ups (Klippoiicand etc.) n. ufs us.cn (ausschöpfen, ausschütten, wegschaffen);
(untere Kante des Dachs, Eegcndach, Vor- 50 an., norw. ausa; dän. ose; schwed. ösa
dach); ahd. opasa, obasa, obosa, oposa, (schöpfen, füllen, ausgiessen, bz. giessen,
opesa, obisa, obsa; mhd. obse (Vorhalle, strömen, regnen). — Vielleicht mit lat. hAwrin,
Vestibulum) ; mdartl. bayr. obsen, obsten bausi, baustum, haurire (mit unorgan. li od.
(Vorhalle der Kirche) ; goth.uh\7A'Si{i)OTt\c\.iB), einem h als Schreibschyiörkcl) von einer y us
was mit ahd. oba (auf, über etc.) u. nnserm 55 als Ablaut von as (tverfen, aus- od. heraus-
up (cf. afer, upper u. bäten) zusammenhängt werfen, schleudern etc., bz. werfen auf, be-
u. ein Etwas bezeichnet, was über Etwas werfen, beschmutzen etc.), wozu ausser zend.
ist, bz. über od. oberhalb Etwas angebracht ähiti (Schmutz), griech. 'äsis (Schlamm aus
ist u. über steht. dem Flusse) etc. auch vielleicht unser 2 fls
ose, ein Hohlgefäss zum Schöpfen od. 60 (Auswurf, Schmutz etc.) u. ösen etc. gehört.
oesen
089
OSSE OS
Ösen od. ftsPn, fscJumttzcn, schmieren, Icleclc-
sen, sudeln, manischen, tinreinUch, nnsauher
u. unordentlich tvomit umgehen u. hehnndcln
od. bearbeiten etc.; — hö fiscl (od. ost) 't
all' fiil ; — du niust not so üscn od. klciou
etc.; — he 8s(l (od. kloid etc.) d'r so mit
herum, dat 't gen miuske üton kan, bs. dat
't nargcns mer na ütsiigt, od. dat mau 't
hast nargens mer to hrukeu kau. — Daher:
ferBsen, verschmieren, versudeln, rcrmant-
schen, verpfaschcn, verderben, unbrauchbar
machen etc. ; — he ferBsd (od. feikleid etc.)
't all'; — he hed dat lefe Gods körn hast
hei un dal ferBsd ; — ■ dat aten is ferüsd,
das Essen ist verdorben = ferkleid. — Es
ist wohl (wie kleien von klei, smudden von
smuddo etc.) vo)ii Subst. 2 Bs od. ose (Aus-
wurf, Dreck, Koth, Schmutz eic.) fortgebildet,
was walirscheinh mit griech. 'äsis (Schlamm
eines Flusses, s. unier osen am ScJdusse)
urspr. eins ist od. sonst mit osen etc. zu
einer aus as verdumpften germ. y us, fcdls
es nicht etwa zu einer aus va (heioegen,
treiben, fliessen [cf. drife etc.], flüssig sein,
zerfliessen, bz. quellen etc.) enveitcrten ]/ vas
(cf. vas, vis, zerfliessen, bz. netzen, flüssig
machen etc. bei Fiele, 1,221, u. dazu \^A,
ud, cpiellen, netzen, baden etc. — vaks, be-
sprengen, benetzen etc. — vas, vis, zer-
fliessen etc. — vask, tvasehen etc.) od. us
(fliessen, iveg- od. zerfliessen, flüssig sein etc.)
qehürt, wie auch sl;r. vish (Excremente, Koth
de), vishta (3Iist, Hefe), visha (Saft, Giß)
etc. u. ags. veosnian (zerfliessen, vergehen,
verwesen) von Fiele (I, 221) zur y vis
(netzen, flüssig machen; zerfliessen) gestellt
ivird, u. wonach denn ausser unserm 8s od. Ose
(Auswurf, Koth, Dreck, Schmutz etc.), osen
(schmutzen etc.), 8sTg (schmutzig etc.) auch
das aengl. Ösen; engl, ooze (langsam dahin-
fliessen od. ablaufen, wegsickern), ooze (der
schlammartige Abfluss, der langsam fliessende
Ablauf, der Schlamm od. Schliek, die Loh-
brühe, der Quell), oozj (schlammig, sumpfig),
scnoietoeiter dasaJtd. wasal (feuchte Er dm asse,
Feuchtigkeit etc.), waso, mhd. wase (feuchter
Erdgrund, feuchte Erdmasse, Schlamm, Kotli
etc.); «(7.9. vase; anld. v/ase (Koth, Schlamm);
an. vas, vos (Feuchtigkeit, Nässe) ; ags. vos
(Feuchtigkeit etc.) ; aengl, afries. wäse ; an.,
isl. veisa (limus, Sehlamm etc.) ti. das mit
unserm ösen (sehmutzen) synonyme ahd. wasan
(poUuerc) zu dieser y vas (feuchten, netzen,
regnen, fliessen, weg- od. zerfliessen etc.) ge-
hört, wobei es übrigens sehr gut möglich ist,
dass auch unser ösen od. urspr. osen aus dem
ahd. wasan, wös etc. entstand u. ivie das
von S tratma n n zu aengl. osen verglichene
aengl. wosen auch für cdtes wosan steht.
cf. auch wosen etc. u. wasem etc.
J. ten Doornkaat Koolman. Wörtorbtich. II.
O.se-paniien, die Dachtrauf-Ziegcl, bz. die
untersten Ziegel des Daches, icoron das auf
das DacJi fallende Wasser ahfliesst u. ab-
träufelt.
5 osi^, schmutzig, schmierig, bz. nass, reg-
nicht etc. ; — 8stg wc'r (schmutziges, bz.
nasses, regnichtes, schlackeriges, schlechtes
etc. Wetter); — dat siigt Inr in hfis all' so
8sig (schmutzig, schmierig, unrein, unsauber,
10 unordentlich, verkommen etc.) ftt, dat mau
d'r fis fan is, um d'r to wesen un d'r wat
to goneten. — Zu öson.
osse, OS*, Ochse od. eigentl. (nach der
Aussprache) Ockse, Okse, O.ce. Hier nur für
15 den verschnittenen Stier gehraucht,
während dies Wort urspr. den S t i e r be-
zeichnete, der hier hulle heisst — Sprichio.:
de gli'ik hed, de kalfd ök 'u osse; — in de
bür sitt gürte; iu de osse sitt stro; — he
20 hegripd d'r net so fül fan, as 'n os', de iu
de hiliel kikd. — Ahd. ohso, oxsso ; mlul.
ohse; md. osse; nd., mnd., nid., mnld. osse,
os ; lofries. (J ap ix) ogse; goth. auhsa, auhsus;
ags. oxa; engl, ox; nfries. (Outzen) oxse,
25 ogse; isl. uxi; skr. ukshän, uks'äu ; zend.
ukshan; lesgisch os; wotjak. osh ; .siriänisch
üsh etc. Das skr. ukshän, welches für das
goth. auhsa u, ahd. ohso ein Thema auhsan,
ohson voraussetzt, tvird gewöhnlich von der
30 y uksh, uks' (sprengen, sprützen^ hesjjrengeu,
netzen, benetzen etc.) abgeleitet u. somit der
Stier als der mit seinem Sam en (die Kuh)
besprengende u. befruchtende, od.
überhaupt (weil das B e spi r e n g e n u.
35 Netzen des Bodens durch Regen od. auf
künstliche Weise denselben befruchtet u.
trag b a r macht) als der B efr uchte n d e
gedacht. Da indessen das nhd. Stier =
goth. stiur mit ahd. stiuri (gross, stark) zu
40 goth. stiuran (valere, vigere, pollere etc.)
gehört u. also ebenso urie das lat. magnus
u. ahd. raaht (Macht) u. magan (können,
vermögen) etc. von der y mag', mali, manh
(ivachscn, zunehmen etc.) auf den Begrifl" :
45 wachs en, z u n e h m e n , s tark iv erde n
etc. beruht, so tvürde das skr., zend. ukshan
(Stier, Ochse) auch mit zend. ukshan (Wachs-
thum, Vermehrung, Zunahme etc.) u. skr.
ukshita (wachsen auf -^ engl, grown up) u.
50 ukshita (magnus) etc. zu der ]/ vaksh = uksh
(cf. auch die skr. Form ukshautara beiBopp
unter y vak's u. überhaupt bei Benfey
u. Ferd. Justi diese Wurzel) in der Be-
dtg.: loachsen etc. gehören können, zumal
55 auch das dazu gehörende griech. auxo, auxanö
(wachsen, zunehmen etc.) in seinem Statnm
aux, bz. auks ganz mit dem goth. auhs-a u.
skr. uksh-an etc. übereinstimmt.
Bestätigt wird die letztere Annahme noch
60 dadurch, dass (cf. B opp, Gramm. III, 401)
44
OST
600
OSTER
auch (la^ rerl. vakb'as (Ochse, Stier) zur y
vak's (icnchscn) alimmi u. andererseits auch
(las skr. maliislia (Büffel) mit inaha (V/ross
etc. u. als Suhst, auch: Büffel Kuh) etc.
zu derselben y magli, mah, manh gehört,
wovon, wie oben schon bemerkt, das lat.
magnus u. ahd. magan (vermögen, Macht
haben etc.) entstanflen ist. cf. dicserhalb
bei Ben f elf in seinem Skr. Dict. die obigen
Wörter u. dazu auch Pott , Wurzehcb. III,
pag. 1026.
1. Ost, s. ogst.
2. Ost (Plur. ostoii), a. Astwurzel od. Ast-
stelle im Holze, bz. das harte, kraus durch-
einander geicachsene Stück, ioelchcs von dem
abgebrochenen od. abgehauenen Aste im
Holze zurückbleibt; — 1). ein knorriger
Auswuchs am Baum ; daher auch : Kn o r ren,
Knast n. (weil diese Stücke sehr hart n.
unverwüstlich sind) fig.: ein festes,
d au e r haftes, u n ver wüst liehe s Et-
7oas; — dat is 'u 6st fan 'n korol ; — de
kerel wet fan niks, de is so gesund, bz. so
fast as 'n öst. — Xd., mnd. öst; nid. oest
(meistens mit vorgeschlagenem n od. aphä-
resirtem Artikel 'ii noest, cf. nost); mnld.
oest, ast; wang., nfries. ost; ags. ost (das-
selbe u. ags. auch überhaupt eine Rauhig-
keit od. rauhe Stelle, sowie auch eine Schuppe
(squama). — Eins mit nhd. Ast, bz. ahd.,
mild, ast ; goth. asts (Ast, Zweig, Schoss),
was wahrscheinl . mit dem gleichbedeidenden
griech. 'özos (für ösdos) ;/. osfhe zur ]/ as
(werfen, schiessen) gehört, ähnlich wie Schoss
u. Schuss in der Bedtg. : Ztceig od. Trieb
zu schiessen.
3. ost, a) östlich, gen Osten, oriens ; —
dat ligd ost fan uns ; — h) Ost, östliche
Himmelsgegend, Orient. — Sprichiv. : ost!
west! 't hös 't best'; — dat ligd in d' ost,
od. um d' ost herum ; — auch ein östliches
od. gen Morgen, bz. Sonnenauf g an g
liegendes Land u. speciell Ostindien; —
\\k färd up d' öst; — he is na d' ost un
dürd so 'n reise hen un wer um mest 'n ful
jär. — Nid., nd. oost ; afries. asta, ost ;
satl. aste ; wfries. aest, east ; ags. east (Ost),
easta (östlich) ; engl, east (östlich ; Ost, der
Orient, die Levante); an. austr ; norw. aust ;
schwecl., clün. öst (0.st, Osten ; östlich). Da-
von : franz. est etc., cf. Diez, II, 284.
Es ist sehr ivahrscheinh, clnss in öst, ast,
east, anst (Ost) eine Kürzung einer älteren
ti volleren Form osta, asta, easta, austa od.
gar ostan (cf. unter osse = goth. auhsa,
Thema anhsan) vorliegt, zumal auch im ahd.
mir ostan (Osten, Orient) belegt u. davon
ostana (d. i. ostan -^- a = von, nach, zu
etc. Osten) weitergebildet wurde.
Was nun weiter die Grdbdtg., die Zu-
sammensetzung u . die Abstammung des Wortes
osta, easta, austa, bz. ostan etc. betrifft, so
bedeutet es soviel als: Sonnen- Auf gang,
Anbruch des Tages, Morgen etc. od.
5 eigentlich: Glanz- n. Licht- Auf gang,
Licht- Anbruch, Hervorkommen des
Lichtes od. Scheines etc., da es ein
Compos. von der der ]/ us, ush, vas (scheinen,
leuchten, glänzen, brennen etc. — Schein,
10 Licht, Glanz, Flamme, Brand etc.) ent-
sprechenden germ. Form: os, ans, eas «.
dein Sufflc ta od. tan ist, dem entweder die
y da (gehen), od. ta =: at (bewegen, gehen,
auf- u. herausgehen, umhergehen, sich er-
15 lieben etc.) zu Grunde liegt, sodass durch
ostan das Licht-geben , Liclit-bringen
etc., od. das Aus- od. Aufgehen des
Lichts u. des Glanzes etc. bezeichnet
werden sollte.
20 Zu derselben ]/ us, ush, vas, vash gehören
unter andern auch :
a) skr. ushä, zend.usha.(Morgendämmerung,
Morgenröthe) etc., sowie lat. auster (Süd,
Süden, Südwind) u. (mit Wechsel von r v. s)
25 lat. aurora etc.
b) wahrscheinl. zend. ustra, skr. ushtra,
hzv. nstar (Kameel, von der gelben Farbe),
loofür das von derselben ]/ us abstammende
amhd. usil-var ^= &o^r. üsel-far (von gelber
30 ungesunder Gesichts- Farbe), sowie auch der
Name des Iltis (cf. ulke) zu sprechen
scheint, da da^ Letztere in seiner urspr.
Form ein Compos. von ahd. elo (gelb, loh-
braun, fulvus) u. dehso (Dachs, bz. sich in
35 Krümmungen u. Windungen bewe-
gendes od. schleichen des Tkier) ist;
c) lat. uro (brennen etc.) mit Wechsel von
r n. s ivie bei Aurora u. dem gleichfalls
davon stammenden aurum (Gold, als Glän-
40 zendes) u. viele andere Wörter, wie bei
Pott (cf. II, zweite Abth., 322 seq. n. iregen
des Zusammenhangs von Osten etc. mit
skr. ushas auch Band I, zweite Abth. 874)
u. Anderen zu vergleichen ist, wie z. B. im
45 Skr. Dict. von Ben feg unter us, ush etc.
u. 2 vas u. bei B opp im Gloss. comp. 59
unter us etc.
Osten, Osten ; — dat ligd in 't Osten,
kumd fan 't Osten etc. — Ahd. ostan, Osten;
50 mhd. Osten (oriens, Osten); nid. oosten ; ags.
eastan etc., .s. unter 3 öst.
1. üstPr, gen od. nach Osten hin, östlich,
im Osten ; — de öster side, die östliche Seite ;
— dat ligd an de öster kant. — Compos. :
55 österstrate etc. — Ahd. östar ; as. östar;
mhd. öster; an. austr; afries. aster, aester.
— Wohl aus östara gekürzt, cf. 2 öster.
2 oster, der Singular des Plurals östern
(Ostern) u. nur in Compositis noch gebräuch-
60 lieh, als: öster-dag (Ostern-Tag), öster-firdag
OSTER
691
OTMOD
(Ostern-Feicrtng; — up dp ('rsto ostor-dag
etc.) ; — nster-tid (Os^tcrzcit).
Es ist das ahd. ostarA, osträ (gewöhnlich
Plur.: östarün, ostrftii, ostoron , ostron);
mhd. ostcr (gcivöhnlich ostorn); ags. oäslor
etc., tons urspr. wohl den Tag od. das Fest
der altheidn. gcrm. FriihlingsgöUin Ostara
bezeichnete, die nrspr. ehcnso wie lat. Aurora
u. skr. Uslias (ah Göttin der Morgcuröthe
od. des Sonnenaufgangs, hz. als Lichtgöttin)
eine Personification von östara als östliche
Gegend, od. Gegend wo die Sonne aufgeht
11. der Tag atihricht, hz. ivo die Sonne wieder
erscheint u. der vene Tag wieder erwacht
etc. ist %(. demnach in äJinlicher Weise wie
Aurora u. UsLas auch als Göttin der Mor-
genröthe u. des Sonnenaufgangs etc., od.
als Göttin wo die Ncdnr wieder erwacht u.
die Sonne wieder neues Lehen verhreitet (u.
so auch ah Friihlingsgöttin) vereJirt wurde.
Was die Form östara od. anstara betrifft,
so entspricht diese wahrscheinl. dem zend.
usha(;tara, skr. ushasfara (östlich, cf. 1 oster),
loas eine Bildung von nshas (]\Torgcnröthe
od. Lichtanbruch, Sonnenaufgang, Morgen
etc.) V. dem Suffix tara ist. Dieses tara
aber ist ebenso tvie tarans, lat. trans eine
Weiterbildung von tar (sich, beivegcn vor,
dringen vor od. hinein) ti. demnach ein
Bichtnngswort, bz. ein Wort, ivas ein Vor-
beivegen od. Vordringen od. Weiterbewegen,
Vorrücken etc. od. mit anderen Worten :
ein Hineinbewegen, Hineindringen (in den
Baum) etc., bz. lediglich ein hinein be-
zeichnet, sodass ushastara soviel als: in die
Morgenröthe od. den Morgen hinein,
bz. morgen tv ä rt s od. gen Mor g e n,
gen Osten etc. heisst.
3. ostPP (Plur. osters), Auster. — Nid.
oester ; nd. oster ; ahd. aostar, später nhd. üster ;
ags. ostrft; an. ostra ; engl, oister, oyster; franz.
huitre (aus huistre); span. ostra. — Aus lat.
ostrea; grie eh. 'osireion etc., ivas ivcdirscheinl.
mit griech . 'östakos, 'ästakos (Meerkrebs) u.
'östeon u. dem aus osti, ossi, esse gekürzten
lat. os (Knochen) aus dem skr. asthi, asthan;
zend. agti, a^ta (Knochen, Bein) entstand,
sodass die Auster urspr. als ein knöchernes
od. hartes Etwas aufgefasst ist.
üStern, Ostern; s. 2. oster. — Die Tage
der Char- od. Osterwoche u. Ostertage heissen :
blaue mändag, — gäle dingsdagj — witte
middewäken, — gröne donnersdag, — stille
fredag, — rüsen busen saterdag, — hikken
bikken sönndag, — eiertrtillen mändag.
Die Oster -Fei er tage galten eben so-
wohl cds die Pfingst- u. Weihnachts-
Feiertage als: böge hillige dagen, ti.
werden auch: lefe billige dagen, bz. lefe
bil'gdagen genannt.
Osf fi'Csk, ostf riesisch ; — 'n östfre.sko jung'
ßprfkt mit 'n ostfrrsken tung.
O.stfreslaiul, Ostfriesland. — Sprichio. :
Ostfresland is as 'n pankök ; de rand is 't
5 beste dran; — Ostfröshind is 'n frei land;
de net eten wil, deliöftnet; — Ostfresland
is 'n rar land ; dar eten se de brüggen,
loppii se up niiililen un dragea se de schapen
in de taske; ~ „O.stfresland is gön land fan
10 gewald, man fan regt," sä' de jung', dn schul
he slage fan sin fader hebben; — Ostfres-
land hed dreerh"; land : mör, klei nn sand ;
— Ostfresland sfä up de wacht un nim dt
für de Junkers, de f'warten (bz. de päpen)
IT) nn roden (der Umsturz-Parthei) in acht.
ostift- u. «isteri^', astig, knorrig, mit Ast-
Wu r zeln , bz. Ast - A n s ä tzen (cf.
2 ost) durchsetzt; — dat holt is to «"istig,
dat letd (lässt) sük net god spolden un
20 bearbeiden.
OslinjP, Ostindien; — he färd up Ostinje.
— Das Volk versteht hierunter ausschliess-
lich das holt ä n d i seh e Ost i n d i en,
weil viele unserer Seeleute auf holländischen
25 Schiffen der nid. Maatschappij fahren tt.
dies früher noch viel mehr der Fcdl wrir,
wie jetzt.
Ostinje-düf. — he is „Ostinje-dof" tcird
von Jemandem gesagt, der absichtlich nicht
30 hören u. verstehen tvill, was man ihm sagt
u. sich Mos t a u b .stellt, obschon er sonst
ebenso gut hört, wie andere Leute.
Ostinje-färiler, Ost in dien fahr er, Seeleute
u. Seeschiffe, die nach Ostindien fahren.
35 üst-kante, Ostseite; — he wand, bz. dat
ligd up de östkant; — he is na de östkant
hen faren.
Ostwind, Ostwind. — Sprichw. : Ostwind
brengd gen nöd, de weid sük dod ; — öst-
40 wind is 'n ktinigskind (steht Morgens spät
<^^'f) 7 — Ostwind mit regen, dürd he dre
dage, dürd he 6k negen ; — fig. (weil der
Ostivind namentlich im Winter meist kalt
u. scharf u. dabei auch stetig u. ziem-
45 lieh heftig ist): scharfer Veno eis,
scharfer, kalter, abweisender u.
schlechter Empfang etc.; — dar bin
'k min man god ankamen, dar kreg 'k d'
Ostwind fan füren.
50 iiterig, ötei'g, schmutzig, russig, faulig,
moderig etc. ; — de lütje stad, dat is so 'n
öterig (schmutziges) nüst, dat ik d'r uet dod
wänen mug; — öterig wer (schlechtes, reg-
nichtes, schmutziges Wetter); — dat sügt
55 dar in hüs all' so öterg (verkommen, schmutzig
etc.) üt etc. ; — dat stinkd hir so öterg. —
Wohl connex mit otter aus der älteren
Form oter.
ötje, s. üdje.
60 ütmod, s. ödmod.
44*
OTTE OTTO 092 PADDE PUPBE
Otte, Otto, ml Name. GcscJiln. Otton. hühm. wydra; ungar. vidra; 1:slar. vydra;
cf. bei Förstcmnnn unter and = öd, altprciifis. odro ; lit. udra; sJn: iidra etc.,
6th, öt etc., ioonaeh die Form Otto wahr- alles Weiterbildungen der y ud, vad, und,
ücheinJ. aus Otho entstand u. ihm also die vand (nässen, feuehten etc., od. [cf. Ferd.
Bcdtg. (cf. Ode): Besitz, Beichthum, 5Justi, Handb. der Zcndspr., 62} : fliesscn.
Ansehen, Macht etc. zu Grunde liegt quellen, baden etc.), wovon auch das lat.
V. sonach Otto od. Otto der Besitzende, unda u. skr. ndan (Wasser), griech. udor u.
Reiche, Angesehene, Mächtige etc. unser water. Die Bcdtg. von Otter ist
loüre. Hieraus würden sich dann auch demnach Wasser- od. Sumpf -Thier,
unsere Bedensartcn, als: dar wil 'k en up- 10 od. überhaupt ein in nassen, feuchten,
sotten, de schal „otte" höten, od.: ik wil sumpf ige n Gegenden lebendes v. sich
luini en (seil. Brief, Epistel, schriftlichen aufhaltendes Thier, u. da wir mit demselben
Bescheid etc.) henfe.ü;en, de schal Otto Kamen mehrere Thierarten, die sich in
heten; — hö höt (heisst) Otte, mau 't is Sümpfen, Mooren, bz. an den Ufern von
uk 'u Otte etc. leicht erklären , sowie 15 Gräben u. Seen aufhalten (wie z. B. auch
dass wir diesen Namen überhaupt zur Be- die Kreuz -Otter = Natter, Viper)
theu er un g od. zur Bezeichnung von etwas bezeichnen, so ist leicht ersichtlich, dass
Ausser ordentlichem etc. gebrauchen. das griech. udra (Wasserschlange, H g-
otter, Otter, Fischotter; — he sthikd as dra) u. das zcnd. udra (Wasserhnnd
'n Otter; — he sägt d'r üt as 'n otter, d.h. 20 od. vielleicht auch Fischotter) zu der-
ist so schmutzig u. nass etc. wie eine Otter. selben y gehört, ebensogut als auch unser
— Nid., nd., Otter; ags. otor ; engl, otter; jiUlder = nhd. Euter, wo wegen der Grd-
ahd. ottir, otter, oter, odder; mhd. otter; bdtg. der y ud, vad das Weitere zu ver-
an. otr; dän. odder; schwed. utter; poln., gleichen ist.
1. |) als harter Lippenlaut ist in den nach- 30 für diese Nutzung. — Aus lat. pactum von
folgenden Wörtern theils mit den Lehn- pango u. dies mit fangen u. skr. p;ii;a (Band,
Wörtern übernommoi, theils aber auch als Fessel), pa^u (Vieh, cf. le) etc. zur ]/ jtar
urspr. (cf. z.B. plagge, plak, plik-plak etc.) (fassen, fest machen, binden etc.), wie woAhh'
erhalten, da unsere mit „p" anlautenden (Wette) zu gotlt. vidan (binden etc.) u. Co n-
Wörter eben so wenig, als auch diejenigen, 35 tract zu lat. contrahere (zusammenziehen,
welche noch inlaidendes od. auslautendes vereinigen, verbinden etc.).
p haben, sämmtlich als entlehnt betrachtet pachten, pachten, in Pacht nehmen etc. ;
werden können, wie dies soivohl aus vielen — he hed dat land pachtd ; — hö hed sin
der nachfolgenden Wörter, als auch aus land ferpachten laten; — 't is net, as of du
schap, schip, schimp etc. od. roppen, röp, 40 de stä' (Stätte, Stelle, Sitz) pachtd hest, dat
rep etc. u. vielen andern Wörtern ganz be- du d'r gen ander up sitten laten wilt.
stimmt hervorgelit. Dass übrigens p auch pachter, Pächter.
mitunter für b steht, wird durch mnld. päd od. path, pat (Plur. paden), Pfad,
pigghe ^ bigghe (cf. biggc), pikken = bikken Fussweg etc. ; — dar geid gen päd hen ; —
etc. etc. bestätigt u. vertreten sich wohl auch 45 he kan 't päd wol finden ; — dat pat is to
b, f u. p inlautend oft, wie z.B. in grabbeln, smal ; — elk geid sin egen päd. — Nd..
gribbeln u. grapsen, gripen od. in rofen, xW. päd; »;7!f/. pat; «//vV.s. path, päd; wfries.
roppen etc. u. andern Wörtern. paed ; satl. päd ; %vang. path ; ags. paedh,
2. p in der Bedensart: ik wil (od. ik padh ; aengl. path, petli ; engl, path; schott.
schal) dl d'r 'n p (d. h. ein Etwas was 50 path, peth ; ahd. päd, phad, phatli, fad,
dich abhält u. hindert, deinen Vorsatz od. pfad ; mhd. phat, pfat, phad. — Aus od.
deine Absicht auszuführen) für selten. mit griech. ])ätoü; .sAt patha, pathin, panthan
pacheii, keuchen od. scJmauben, blasen, (Pfad, Weg); kslav. pati (Weg) u. lat. pons
pfauchen etc. ; s. liach-pachen ». cf. |/ l»uk (Brücke, Steg, cf. pünte) etc. zur y path,
(blasen, schnauben, schnaufen, jifauchen etc.) 55 panth, urspr. pat, loozu auch skr. pathana
unter puchen }(. pogge. (weit, breit); griech. i>v.{iAos (ausgebreitet) etc. :
paclit, Pacht; — a) Vertrag zur zeitweisen lat. patuhis u. patere etc. gehört. — Das
Nutzung von Land etc. gegen eine bestimmte Weiten: s. unter pote (Pfote).
Geldleistung; — h) vertragsmässige Nutzung ; padde, pudde, purde, pnrre fc/. schadde,
— c) veriragsmüssig festgesetzte Geldleistung 60 scharre, Schatten), parr* od. pure, pur (die
PADDE-FLOERE 693 PAIEN
letzteren Formen sind hier in Norden u. Hing, ebenso wie dies auch mit paf etc. od.
Umgegend die gebräuchlichsten), Kröte; — klip, klap etc. u. vielen sonst. Schallwörtern
Cow^JOS. ; scliildpaddo('(S'c/«7(i/tTö<c^- — paddc- der Fall ist.
stöl (s. d.) etc. — Nd. päd; mnd. padde, patten, laut od. hörbar u. stark Tabak
pedde; nid. padde; mnld., mßäm. paddc, 5 rauchen, bz. den Hauch mit einem durch
pedde, podde; ■«<;/>• /es. podde ; mofrics. (Cad. paf bezeichneten Laut aus dem Munde
3Iiillcr) \)odi\c; »/Vics. pod or/. podd; loang. blasen od. ausblasen; — sc paft'cn mi de
piul; ags. padde; aengl. padde u. paddoke; kamer so ful, dat d'r wol 'ii bollharner in
engl, paddock ; schott. (Jamieson) pade ; drifen kan; — he palfd mi de rök al in 't
o«. padda; «o;««;. padda, podda; ^/ä«. padde; 10 ffesigt. — Nd. paffen (dasselbe u. auch
schwed. padda (bufo, raiia, bz. bul'o rana). knallen); nid. (v. B ale) \niVi(_'ü (ein Gewehr
— Davon auch ivohl ital. bodda od. botta abfeuern, schiessen; blasen, aufblasen, auf-
(Kröte). treiben). — Blit nid., mnld. ballen (bellen.
Ob es zu paddeii (cf. dieses, sowie patjeii belfern etc.), mhd. baffen (schelten, zanken,
u. padde-stok) gehört u. sich urspr. auf die 15 bellen etc.) etc. (s. Weiteres unter beffc) zu
breiten u. gespreizten Füsse der Frösche u. paf, baf.
Kröten bezog ? pafl'ei', Finer der laut u. stark Tabak raucht.
padde-flöre, tueisse Nachtoiole (Hesperis P^ge, Pferd od. Gaul, besonders ein altes
matronalis). abgetriebenes Arbeitspferd od. ein alter Gaul;
padden, schreiten, treten, ivaten etc. — 20 — he hed 'n par olde pageu för de wagen;
Nd. paddeu, päddeu, pedden ; engl, path; — de (od. dat) olde page is so swak, dat
ags. pädhjau, pedhjan. — Z<t päd, vergl. he (od. dat't) hast för de wagen liggeu blift.
auch patjen u. paseu. — Daher überhaupt ein altes, abgetriebenes,
padde-, padden-stol (Krötenstuhl), auch abgelebtes, schwaches, elendes Wesen, loas
pogge-stdl (Froschstuhl) genannt, Hufpilz, 25 nichts mehr leisten u. ausrichten kann;
Erdpilz, Fr dschwamm. — iV/f/./oiyiW.padden- Schwächling, Stümper etc.; — 'n olden page
stoel; mnd. padde-, pedde-stöl. fau 'n kerel; — he is 'n page (Stümper etc.)
padd-, patt-stok, ein Springstock zum iu 't arbeideu (od. in 't schrifen, lesen etc.).
Uebersetzen od. Ueberspringen der Gräben, — cf. kwälpage. — Nd., mnd. page ; md.
der sich von dem zu gleichem Zwecke ge- 30 phage, pfage, Pferd, Gaul etc. u. zwar
brauchten puls- od. klöt-stok dadurch unter- früher sowohl zum Reiten cds zum Fahren
scheidet, dass das untere Ende anstatt mit etc., ohne den Nebenbegriff des Verächt-
einemKlotz, mit zwei kurzen eisernen Spitzen liehen, cf. Seh. u. L. u. M. Jahns, Euss
in Gabelgestalt versehen ist u. deshalb früher u. Reiter, pag. U. — Ob es zu der y pak od.
von unsern Vorfahren auch zugleich (cf. 35 pac (fangen, fesseln, binden etc., cf. fangen
Cad. Müller, pag. 118 u. Tcifel E) als u. fe) gehört?
Waffe benutzt lourde. — Wohl zu padden pägel, s. pegel.
u. patjen. 1. paien od. peieii, poieii, pojen, a) be-
padje, patje, pathje, kleiner Pfad. ruhigen, besänftigen, zufrieden stellen, be-
pal', Schall nachahmendes Wort wie pif 40 friedigen, bezahlen etc. ; — mit geld od.
II. puf, mit denen es auch cdlitterirend (pif- moje worden (schönen Worten), beloften
paf-puf) gebraucht wird. — Nd. puS u. \nS, (Versprechungen, Gelübden etc.) etc. paien;
puff"; nhd. baf u. paf ocZ. paff (u. piff', puff'); — b) Jemandem gute Worte geben od. sanft
nid. paf (u. pof), sowie auch (wie mnld. u. u. schön thun mit ihm, dass er sich be-
wi/ic?.j baf ('«■« baffen, s. paffen). Daher nid. ib ruhigt u. nicht opponirt , bz. Einem zu
paf (Schlag, Klapipjs, Ohrfeige) u. unser Willen ist, ihn schmeicheln, liebkosen, strei-
paf als Bezeichnung eines Schmauches aus cheln etc.; — he paide (poide) hör net so
der Pfeife (cf. paffen), bei welchem durch lank, dat se sük tofräden gaf, bz. _ dat se
das Oeffnen der Lippen, beim Ausblasen hum sin will' de' etc.; — wen de kinder de
des Rauches ein kurzer mit paf bezeichneter 50 möder föl paien, den krigen se mesttids hör
Laut entsteht u. hörbar wird; — uog eu will'. — Nid. paaien od. paaijen; mnld.
paf (od. smok) üt de pipe dön. — Weiteres paeyen, paijen (solvere, satisfacere, satisdare,
s. unter babbeln u. befte, ivonach auch das contentum reddere ; pacare, sedare). — Wohl
von unarticulirten Tönen gebrauchte (cf. mit engl. (cf. übrigens auch noch 2 paien)
Fick, I, 683) baba eine Redupi. (wie 55 pay ; aengl. paien (zahlen etc.) von franz.
mama u. papa von ma u. pa) einer Schall- payer u, dies mit ital. pagare ; span., port.
Wurzel ba ist, die mit bha (souare, bz. tönen, pagar ; ^jrov. pagar, payar (bezahlen, be-
sehallen, sprechen, cf. Fick , I, 686) gleich friedigen) von lat. pacare u. dies loieder von
urspr. ist u. als bha, bhan auch ivieder in pax, was mit pango (cf. pacht) u. pecus etc. zur
die Bedtg.: Schlag od. schlagen etc. über- 60 y pak gehört. — Ob übrigens die Formen
PAIEN 694 PAKKEN
poiken, iiöiken ». das »d. (Br. Wh., III, norw., dän. pakke; schwed. packa-, ir., gäh
284) paikeu (Jemanden dnrch Liebkosen pac ; bret. pak, woron auch das ital. pacco
zufrieden stellen, streicheln) von dem aus ». /ra»^. paquet. — Wohl zweifellos mit dem
dem franz. paix (con lat. pax) entlehnten nd. folgenden pak u. pakken von der ]/ pak
pais; engl. paAce (Friede, Freundschaft) ab- 5 od. pak (greifen, fassen, fesseln, binden etc.,
geleitet od. diminutire Formen von paicn cf. taugen u. patht etc.) «(7s Weiterbildung
(u. dann aus i)aikru contrahirt) sind, ist von \)A (erreichen, erfassen, fest halten, cr-
mir zweifelhaft. greifen etc., bz. greifen, fassen, packen etc.,
2. |iaipn od. peien, (ein Schiff) verpichen cf. faten) od. sonst mit skr. si)aQ, spa^ati
u. iluhtiii, es mit Theer überstreichen u. 10 (binden, knüpfen, schnüren etc.) zu einer
namentlich auch den Boden n. untern Theil idg. y spak, wie skr. pay (schauen etc.)
desselben , um es gegen Wurmfrass zu aus idg. spalt u. päjas (Glanz), grierh.
sichern. plu'ggos etr. von idg. spag; — /(((. peudere
cf. bei B 0 b r i k pmijvn, was im anld. auch etc. von idg. spad etc.
die Bedtg.: thceren od. harpüscti ge- 15 2. pak, i'V(.s\s-, Cr riß' etc. ; — dar is hei
habt haben soll, sowie das engl, pay in der gen pak au to krigeu. — Subst. zu pakken,
Bedtg. : überstreichen, antheeren, labsalben, wie tat zu fatcii.
verpichen (to pay a sliips bottoni), wobei p'lk, .s. pck.
man beim Vergleich des engl, pay in der pak-ail, I'ack-an, Fass-an, Einer der an-
ferneren Bedtg. von: schlagen, Jiauen, prü- 20 fis-^t od. angreift; -- he is 'n godeii pakan.
geln, durchwamsen, nbbläuen wohl annehmen - Auch als Hundename von einem grossen
muss, dass dieses Wort nicht mit 1 paicn Hunde gebraucht.
u. franz. payer ident. ist, sondern vielmehr pak-dai'iii, Pack-, Mast-Darm. Auch
mit griech. paiö (schlagen, hauen, hinein- nid., nd. u. mnd. etc.
schlagen [auch von der Speise in den Bauch, 25 pak-drager , Packen-, Gepäcktrdger etc.
cf. engl, topiiy nway, loslegen, gierig fressen], — Nd. packdrager; idd. pakdrager.
hinscJdagen, anschlagen) u. lat. pavio, schla- pake], s. pekel.
gen, ein- od. hineinschlagen, hineintreiben, pak-osel, pak-äsel, Packesel, Lastesel ; —
dicht machen etc. connex, bz. davon entlehnt ik wil diu juvkcsel net wesen.
ist. Vergleicht man nun aber weiter, dass 30 pak-gai'll, Packgarn, Packbindfaden,
die Hauptbedtg. nnsers paien od. peicn, Schnür-, Nah- od. Bindgarn zum Ein-
poien, pöjen etc. beruhigen, besänf- schnüren. Umbinden u. Zunähen der Packen
tigen etc. ist, so ist es auch sehr gut mög- n. Körbe mit Waaren.
lieh, dass dieses Verb, mit dem franz. psiyev pak-hof, Packhof, öf entliehe Waaren-
u. lat. pacare völlig unverwandt ist u. viel- 35 Niederlage.
mehr mit dein griech. pai'iö (machen dass pak-hüpe, ein zusammengelaufener Haufe
Einer aufhört, beruhigen, besänftigen, be- Volkes od. gemeinen Packs, Gesindelhaufe
endigen, zur RuJie bringen, still machen etc., etc.; cf. pak //( der fig. Bedtg.
bz. aufhören, nachlassen, still u. ruhig iverden pak-hüs, Packhans, Lagerhaus, Speicher
etc.) zusammenhängt, ebenso wie unser zweites 10 etc. Nd. packhuus; nid. pakhuis ; mnld.
paicn in der Bedtg. : dicht machen, dichten, packhuys ; engl., schalt, packliouse etc.
verpichen, theeren etc. u. das engl, pay in, pakhüs-niestei', Paclhausmeister, Lager-
derselben Bedtg., sowie auch in der von : hausmcister, Aufseher des Packhauses,
schlagen etc. mit griech. paiö u. lat. pavio. pakjp, paktje, Päckchen; — 'n pakje
paik, s. peik. 15 tobak od. k\ev, priigel.
1. pak, Pack, Packet, Gepäck, Bündel, pakkasje, Package, Gepäck, Bagage etc.
Last, Bürde, Tracht etc. ; — nim dat pak — Nid. pukkaadje.
up de nak im diäg 't na bäfen ; — mit sak pakkeleieii. s. bakkeleien.
nn pak nttrekken; ■ olk mut sin egen p.ik pakken, packen, greifen, fassen, nehmen,
dragen ; — ik hebb' mi 'n nci pak ('or/. pakje) 50 bürden, legen, schichten etc., bz. schliessen,
kler (Hose, Bock u. Wcvte zusammen, bz. hüllen, einschliessen, einhüllen, uinschliessen
eine ganze Tracht Kleider) köft; — he hed od. umgeben (mit Etwas); — hc pakde (od.
sin söndägspak od. söndägspakje (Sonntags- auch: lie pok) btim bi de arm un l)rogdf'
tracht) an; — he hcd 'n diigtigei) pak priigcl hitni biiteii de durc ; — pak' man iirdendlik
krcgen. — Fig. auch: Menschenhaufe, Volk, 55 mit an un holl' man göd tVl; — d'' jungcns
Gesindel, Pöbel, Plebs; — wat (U-id dat pak pakk'-n (greifen, bz.halgen) siik ; be pakt
dar stän to gapen ? — dat genn-ne p.ik (ilas lium dat göd uji de nak; - he jiakt hum
gemeine Volk); — \\\m\)c\\\yA\i (Lumpenvolk). föls to ffil up; — hc pakt dat göd in de
— Nd., mnd., nid , mnld., engl, pak od. pack; kiste ; — limingb etc. in 'n tiiiinc etc. pakkcu ;
aengl. j akke, j-itk ; an., isl. pakki od. packi; GO — pak' de buken an de sid ; — lie i)akt "f
PAKKER
695
PAL
air up 'n ander ; — he pakt sük in 't bcdde ;
— he pakt sük an de kante ; — pak' di un
mäk dat du weg kamst; — he pakt sük
weg; — he pakt sin budel in; — he pakt
(hüllt) sük göd in ; — dat is in j)apir (od.
sti'o, linnen etc.) i)akt ; — he hed dat (od.
sük) d'r in bepakt; — he pakt dat üt etc.
etc. — Nd., iimd., nid., mnld., »ißäm , v:fn'cs.,
aengl. (St ra t m a n ») packen od. pakkcn ;
ivang. pakje; engl, jiack ; an., isl. packa;
nonv. pakka; dän. pakke; schwcd. packa.
— Wohl nicht in allen Bedtgn. von 1 pak,
sondern mit diesem u. griech. pegnumi (be-
festige, mache fest, sehliesse ii. füge zu-
sammen etc.) etc. zur ']/ pak od. pak, s.
unter 1 pak.
pakker, a) Packer, Greifer etc. ; — he
hed 'n pär dügtige pakkers (greifende u.
festhaltende Hände) ; — b) Packer od. Einer
der das Packen von Sachoi besorgt.
pak-kled, ein Kleid, bz. das Zeug od.
Leinen tvas man um ein Pack od. Packet
legt od. ivorin man ein solches einschlägt,
um es vor Nässe etc. zu schützen.
l>ak-knecht, Knecht der das Packen od.
Ver- u. Einpacken der Waaren etc. besorgt.
jiak-linnen, Packleinewand.
iiak-mestei', Packmeister.
pak-nadel od. pak-natcl, Packnadel od.
Nadel zum Zunähen der Packen u. Ballen
etc. — iVZ(7. pakuaald ; «f?., mHc?. packnadel;
engl, packneedle; aengl. packe, pakke-,
pack-nedle, -neelde.
pak-papir, Packpapier.
pak-tau, Tau od. Seil zum Festbinden u.
Umschniiren der Packen u. Ballen.
pak-vvagen, Packwagen, Gepäckwagen etc.
1. pal od. pall, palle, paller (Plur.
palleu, pallers), Sperrkegel od. Sperrhaken,
Hemmvorrichtung an einer Schiffs- od.
Wagemvinde, bz. am Gang- od. Bratspill,
um den Rücklauf des Zahnrades (bz. der
Welle) zu hemmen u. zu verhindern u. das-
selbe fest zu setzen. — Nd. (Br. Wb.) pall
od. palle ; nid. pal (de pal van een spil,
een rad, ef n uurwerk etc.) ; engl, pawl, paul
(Plur. pawls, pauls); schwed. (im Plur., cf
Bobrik, naut. Wb., pag. 530) pallarne ;
dän. pallerne. Auch das norm. (Jv. Aasen)
pal (stopper i spillet paa et fartöi) ist das-
selbe Wort, sowie auch das nfries. (J o-
h n nsen , pag. 13) pal in der Bedtg. : tu
pal kern (übel ankommen), da diese mit der
nd. Bedensart (Br. Wb., III, pag. 286):
slira to palle kamen sijnonym^ ist. — Es ist
schwerlich ident. mit päl (Pfahl), womit
Aasen es ideniificirt n. könnte man beim
engl, pawl, paul sogar eher an einen Zu-
sammenhang mit griech. paüein (aufhören
machen, beendigen, zur Buhe u. zum Still-
stand bringen), paula (Buhe, Bast etc., cf.
panlen h. pause) denken, falls nicht etwa
dieses aus dem nd. pal (cf. engl, pawn ;
ivang. pann = pand, idid. Pfand) entstand,
5 welches als Kürzung von i)allc auch aus
j)a]o od. päle entstehen konnte u. vielleicht
zu palen (s. d.) in der Bedtg. : festmachen,
festsetzen, bestimmen etc. gehört.
12. pal od. pall, fest, beständig, unbewegt
10 od. unbcivcglich, ungebeugt, straff, steif,
gerade etc.; fest, straff, gespannt, drall,
voll, dicht etc.; voll, ganz, total etc.; —
pal stau (fest u. unbeweglich od. auch steif,
straff, gerade aufgerichtet , ungebeugt etc.
15 stehen, sich gegen Etwas .stemmen u. loehren);
— dat rad steid pal (fest) ; — dat tau steid
pal (fest u. straff angezogen, sodass es sich
nicht iceiter ziehen lässt) ; — dat seil steid
pal (das Segel steht unbewegt od. steif u.
20 straff bz. gespannt etc.); - hold' pal (halte
fest); — här pal an (hole fest od. steif u.
straff an); — 'n pallen wind (ein fester od.
feststehender, unbewegter, steifer Wind) ; —
'n pal wicht (ein festes, straffes, kräftiges,
25 dralles etc., od. auch ein gerade aufgehendes,
risches Mädchen) ; — pal wärup bestäu
(fest, steif n. unbewegt od. ungebeugt u.
straff worauf bestehen) ; — pal tobiten (fest
zubeissen); — de wind steid pal in 't Osten
30 (der Wind steht fest u. steif od. beständig
etc. im Osten) ; — dat hüs ligt od. steid d'r
pal an (das Haus steht fest, hart ti. dicht
od. ganz unmittelbar , ganz geschlossen
daran) ; — he ligt so pal up mi, dat ik mi
35 hei net rören kau ; — 't weid pal (fest, un-
bewegt od. standhaft u. beständig etc.) üt
't Osten; — de wind steid pal iu 't seil (der
Wind steht fest u. unbewegt etc. od. be-
ständig u. standhaft etc., od. auch: voll tt.
40 gerade, sodass derselbe ganz straff in dem
Segel sieht) ; ■ — he segt hum dat pal in 't
gesigt (er sagt ihm das fest u. unbewegt od.
unbekümmert etc., bz. gerade od. gerade zu
ins Gesicht); — he is d'r pal tegen (er ist
45 ganz unbewegt u. bestimmt etc. od. absolut
dagegen) dat dat passerd; — se is pal
(ganz, total etc., bz. voll u. vollaus) iu dat
wicht fernarrd ; — pal up stän (fest, steif
od. gerade etc. aufstehen); — pal berät
50 Seggen (fest u. unbekümmert , bz. gerade
heraus sagen). — Nid., nd. pal ; nfries. pal
od. pall (cf. Johansen, pag. S5 u. Outzcn,
pag. 244), fest, bz. gewiss, fest, steif.
Es ivird gewöhnlich angenommen (cf.
55 Br. Wb., ÜI, pag. 286 u. Weiland,
■nid. Wb., 502), dass dieses pal od. pall
dasselbe Wort ist wie 1 pal od. pall u. es
sich daher schreibt, dass die Matrosen,
ivenn der Sperrkegel od. das Sperreisen in
60 das Zahnrad der Winde fällt, pal od.
PAL 696 PALEN
pall rufe» u. damit auccirjeu, dass der hülsen etc.), sodass pälarfteii soviel ah ge-
Sperrkegel etc. (cf. 1 pal) einfiefaUen ist u. od. cuthidsetc l^rbsen sind. — Das nd.
das Rad der Winde fest steht u. der Anker paal od. pale, piile (Schale, Schote, Hidse
festliegt, icie con pal od. pall als Heinni- etc.) betr., so ist es wohl mit engl, peel
Vorrichtung od. hcinincndcs u. sich entgegen 5 (Schale etc.) ident., worüber Weiteres unter
sttinniendes Etwas od. gegen Etwas stehendes '2 palcii. Vergl. auch pellt-, pülo u. peilen,
H. aufhaltendes Etwas auch ausser der püleu.
ücdensart: to pall kamen (übel ankommen, ]»;"li-börger, Pfahlbürger, Spiessbürger. —
s. unter 1 pal) auch die Ixeden.'<art: to [)all Nid. paalburger. — Un^^pr. (cf. Seh u. L.)
setteu (fest sehen), to pall btäu (fest stehen, lU verstand man unter pälborucr einen Schut:;-
sich entgegen stemmen etc., cf. Schütze) bürger, der ausserhalb der Pfähle u. Mauern
herstammen. einer Stadt wohnen darf.
\vÄ\, Pfuhl, ein längeres starkes u. steiferes 1. palen, pfählen; u) einen Pfahl od.
Stück Holz, welches als Trag-, Stüts- u. Pfäldc setzen od. mit Pfählen verschen
Strebe-Pfeiler dient, od. zum Bau von allerlei 15 um Etwas zu stützen od. zu halten, bz. um
Schutz werken gegen die Angriffe des W'assers einem EtW((s Stidze, Halt u. Eestigkeit zu
od. der Tliiere u. Menschen gebraucht wird ; geben od. auch um Etwas abzustecken u.
— dat (od. he) steid so fast im so lik us die Grenze zu bezeichnen etc. ; — de böm
'n päl ; — sett' d'r 'u päl legen, dat 't iiet inut päld worden, wen he settd word, anders
umfald ; — dat hüs steid np inheide palen; 20 weid de wind hnm um; — de liiige (od. dat
— Sprichw.: olde i)alen mut man net fer- scliott etc.) mut nödig wer i)äld (od. bepäld)
setteu. — Eig. auch: Ziel, Grenze, bz. ein un lattd wurden, dat sc wer wat mer fastig-
Etwas tcas hemmt u. tvorüber man nicht keid krigt. — Daher: bcpalen (bepfählen,
hinaus kann (he sett hura pork un päl), mit Pfählen versehen, einhegen, begrenzen
woher auch wohl die licdensart: de päl 125 etc. u. [trop.] bcschliesscn, festsetzen, be-
trckken (sich zurückziehen , eine Sache stimmen etc.); — ofpalcn (abpfählen, ab-
preisgeben), ob.schon diese sich auch auf hegen, absperren, abgrenzen etc.) ; — inpalen
päl in der allgemeinen Bedtg. als ab weh- (einpfählen, einhegen, ein- u. umschlicssen
rendes u. schützendes Etwas beziehen etc.); — umpalen (umpfählen, umhegen etc.)
kann, wie dies auch ja i)i der liedensart: 30 etc.; — h) auf einen Pfahl stecken od. einen
binnen sin fer j)alen (innerhalb seiner vier Ifahl in den l^eib stossen u. bohren, sjjiessen
Pfähle) der Eall ist. — Nd., mnd., nid., etc.; — froger wurden de minsken 6k wol
mnld. paal od. päl, pael; afries. päl, pel inseu päld (gepfälüt, gcspiessl etc.). — Nd.,
od. pale, pele ; wfries. pealle; nfries. (Jo- nid. palen; /«/;(/. palen, pelen ('/yrt/t/e se/^«'»,
hansen) ptial od. üutzen, pag. 258) 35 sudibus llrmare ; pfählen, spiessen); mnld.
piil, ])il, pele; satl. (v. llichthofen) jjale ]ialen, paelen (terminare, terminos constituere,
od. (Ehrentraut, 1,174) päl; helg. piial; limites statuere sive poncre, metari, limitare,
wang. poe! ; ags., aengl. päl ; engl, jiale ; limitibus distinguere) etc.
norw. paale; schwed. pälo; dä)t. pael; ahd. 2. palen od. pälen, der Schale, Schote
phäl ; mild, phäl, pt'äl etc. — Aus tat. pälus, 40 od. Hülse berauben, schälen, enthülsen, ent-
ivas nach dem Dimin. paxillus für paxlus kernen etc. ; — ütpalen, auskernen, aus-
od. 'pag]us steht u. mit griech.iydSSn\os( Pflock, hülsen etc.; — pälde od. ütpälde arfteu. —
Nagel) etc. zur }/ pak (fassen, halten, f an- Nd. (Br. Wb., Dähnert, Schütze etc.)
gen, fest machen, fesseln, binden, fügen, cf. palen, pälen. — Wohl mit engl, peel (schä-
fangen, pacht, pak etc.) gehört, 6ot/«i.*( pälus 15 ten, abschälen; brechen, plündern) u. peel
demnach ein haltendes u. fangendes od. (sich schälen, sich abschälen, sich abschelfern
stützendes u. tragendes, bz. ein festmachendes, od. abschuppen, sich ausziehen n. entblössen),
Widerstand leistendes, ivehrfähiges u. zur pill (plündern, rauben), pilled (abgeschält,
Befestigung von Ettoas brauchbares Etwas kahl), peel (Schale, Rinde, Haut): aengl.
bezeichnet. 50 (St rat mann) pilien, peolicu (deeorticare);
päl-arften, Schoten- FJrbsen, Erbsen mit mnld. pellen (deeorticare, glubere, glalirare),
harter ungenirssbarer Schale od. Hülse, hier jiellen (vellere, carpere); nid. (v. Dalc)
gewöhnlicher dop-arften genannt, während pelen (enthaaren, häuten etc.) u. unscrm
die Erbsen mit weicher geniessbarer Schule i)elleu (s. d.) aus ital. (D iez, J, 3 J2) \)da.re;
hier arftpulen heissen. — Es ist entweder 55 span., port., prov. jjelar; franz. peler
mit nd. (Schilt z e , Dähnert , Br. W b., (Ilaare od. Federn ausrupfen , schälen,
Danneil etc.) jiaal, paol od. pale, i)äle häuten, sich schiden, .schelfern etc.), bz. mit
(Schale, Schote, Hülse etc.) zusaminengesetzl, diesem u. franz. piller (plündern, au.sjdün-
od. (cf. doparitcn unter dojipeu) die Vor- dem, kahl machen etc.) aus lat. pilare (der
.Silbe päl gehört zu 2 paleu (hülsen, cnl- 60 Haare berauben), bz. pilare (berauben,
PAELEN 697 PALSKEN
plündern), tvekhes erstere pilaie von pilus u. stehen machen etc.; — du niiist ilat rad
(Haar, cf. 2 pil) abstammt, während das palleii. — Nid. (v. Dale) palluii.
zweite pilare od. pilare loahrschcinl. mit 1. paller, s. 1 pal.
spoliare ("c/. rti«c7i 2 piilcii) ?«. «HAOw Spillen 2. jtaller od. pallerd, |iiillert, Sam/jf,
derselben ]/ angehört. 5 sumpfige, schon mit Gras bewachsene Nic-
1. pälen, s. 2 palen. derimg. — Üb mit 2 i)oller u. pöl (Pfuhl,
2. itjileii od. Italien, |>il|ialleii, |iillcni, l'fütze etc.) aus lat. palus, paliuiis?
albernes, dummes, unverständiges Zeug reden, 1. palni od. ])almc (I'lur. palinen), die
plaudern, schwatzen etc. ; — du niiist net so flache Hand, friihcr auch als Mass (^= 4
päleu (od. kwätcln etc.); — pallcn un mallen 10 Zoll od. Vs Fuss, als der Breite der Hand
(albernes Zeug reden od. plaudern u. scher- entsprechend) gebräuchlich (in Hamliurg 4
zen od. Muthwillcn treiben etc.); — wat hei Zoll od. V» Fuss, in England 3 Zoll, in
ji mit 'ii ander to pilpallen od. jiilleru. — Holland 10 Centimeter u. sonst mitunter
Es bedeutet tvie klatschest od. kwatteln, auch 8 Zoll = span). — Aus lat. palma
rSteln etc. ursin: wohl nur soviel als ein 15 (bz. cds 3Iass aus palmiis), was mit dem
unarticulirtes Geräusch machen od. lärmen, gleichbedeutenden griech. pahlme u. as., ahd.
laut sein etc., ivonach es dann leicht mit folma loahrscheinl. zur ]/ pal, par, bewegen
engl, peal (Geräusch, Tumult), pcal (der vor, strecken aus etc. (cf. skr. para, vor,
tviederholte Schcdl, das Geläute, Getöse, Ge- parama. vorderste, bz. unser iöv u. fräni)
krach etc.), peal (schallen, krachen, lärmen 20 gehört.
etc.), peal (stürmen, bestürmen, betäuben, 2. palni od. palme (Flur. ]ialmen u. palms),
laut schreien ; preisen, lohpreisen) zusammen a) Fcdme, Palmbaum ; — b) Buchsbaum ;
hängen könnte. Vergleicht man dazu nun — c) ein blühender Weidenzweig (bes. von
aber weiter bei Stratmann (pag. 4-34 u. der grossblühenden Weide), loelcher am Balm-
dazu pag. 15 apel etc. u. appellin) das 25 sonntag für Kinder mit Confect behangen
aengl. pele = peal, bz. dass er dieses pele ivird. — Gleichfalls entlehnt aus lat. palma.
od. peal (ds mit Abwerf ung des vorstehenden jtalnieu, a) mit der Breitfläche der Hand,
a aus apel od. apele, appeal (appellatio) bz. der Handfläche od. dem \m\m. genannten
entstanden ansieht, so ivärde man bciunserm Mass zu 4 Zoll messen u. so auch überhaupt
pälen od. pilpallen ti. pillern (sofern dies 30 messen; — palm' dat stük holt iU'en of, of
Letztere Mos die Bedtg. : viel reden hat 't lank genug is ; — he hed 't ofpalmd ; —
u. auch in pilpallen eine redupl. Bedtg. liegt, h) mit der flachen od. ausgespreizten Hand
od. auch, falls unser kwäteln ein Iterat. (od. überhaupt mit der Hand) Etwas greifen,
von goth. qitliau ist) auch an eine directe fassen, umfassen, aufnehmen, heben, ziehen,
Verwandtschaft mit lat. pello in appello, 35 holen od. sich damit festhaltend erheben,
appellavi, appellatuni, api)ellare (anreden, klimmen etc. ; — he palmd dat tau in od.
ansprechen etc.) denken können, von welch up; — he palmd 't all' in wat he man to
Letzteren ja nach Stratmann ausser faten krigen kan ; — he palmd sük d'r bi
apel, appeal auch das aengl. peal od. pele henup; — he palmd sük na bäten. — Nd.,
stammt. -40 nid. palmen, inpalmeu ; schwed. palma, palma
Zum Schlüsse sei übrigens auch noch an in, palma up, bz. (cf. Bobrik, pag. 520)
das ahd. spellöu ; goth. spillön (erzählen, uppalma ; dän. palme, oppalme. — Mit engl,
reden etc., cf. 2 spelleu) erinnert, ivovon es palm (in der flachen Hand verbergen, be-
möglicheriveise auch ivie franz. ei)e]er (buch- trügen, anführen; betasten, befühlen, mit
Stabiren), afranz. espeler (sagen, bedeuten) 45 der Hand streichen ; bestechen etc.) zu l iialm,
abstammen könnte u. ivobei ich mich des tvie afranz. (Diez, II, 384) paumier, pau-
Gedankens nicht erwehren kann, dass auch moier (anfassen, festhalten) ; span. palmear
das lat. pello in appello, appellavi etc. mit (beklatschen) ; mlat. palmare (beohrfeigen,
goth. spillön, ßpal etc. von derselben idg. mit der flachen Hand schlagen) zu palma
y ßpal abstammt, ivorüber Weiteres unter 50 u. franz. paumer (mit der Faust ins Ge-
2 Gpellen. sieht schlagen, anschlagen), se paumer (sich
j)äl-fast, pfahlfest, so fest tvie ein Pfahl; aufpalmen) zu paume (flache Hand, lange
— dat steid pälfast (auch flg. od. trop.). Hand, geballte Hand, Faust).
palle, s. 1 pal. ^&.\^'kf'\\,im Wasser herumwaten od. herum-
1. pallen, s. 2 päleu. 55 stossen u. schlagen, dass es klatscht u. das-
2. Italien, mittelst des pal od. palle (s. selbe weit umher sprützt; — — he palsked
1 pal) genannten Sperrkegels den Weiter- in 't water herum dat 't so 'n ärd hed uu
od. Rücklauf eines Zahnrades od. einer en de spütters um de oreu tiegeu. — Nd.
Welle, bz. des Gang- od. Bratspills hemmen (Danneil) palschen. — cf. balskeu u.
od. hindern, od, ein Zahnrad etc. festsetzen 60 pulskeu.
PALTE PALT
palte, palt, Lappe, Fetze, Limpe,
Ideines od. grösseres Stuck, Splitter, Klum-
pen. Scholle etc. ; — de palten (od. pulten,
klatten etr.) slän hör um de beiien; — dat
fei (od. flesk, kled etc.) haiigd d'r in paltcu
bi diil ; — de palten (Fetzen, Stücke, Splitter
etc.) flegeii eii um de ören, so haud he d'r
iu ; — he haud {od. snidt etc.) d'r 'ii palt
of; — 'n palt od. palter (dickes unförm-
liches Stück, Kloben, Klumpen) holt; — 'n
palt (ein abgespaltenes od. ahf/erissenes Stück,
hz. eine Scholle) is; - dat is drift in palten
(grossen Stücken od. Schollen) dör di; Sil ;
— d'r drifeu so lol palten (Wolkenfetzen)
iu de lüiiit herum ; — de wnlken sunt in
emer i)alten ((f. palterig) toreten. — Nd.
(Dähnert, Br. Wb., Schambach etc)
palte, palt; vmd. (Seh. u. L.) palte; mnld.,
mfläm., nfries. (() ittz en), tvang. (Ehren-
traut, I, 384) palt; nonv. paltre (cf.
palter); (/«(/. pjalt; schwed. ]VA\ld. Daneben
auch: Schott. (Jamicson) peltry, paltrie
(vile trash) u. engl, paltry, palterly (lumpig,
armselig, erbärmlich, schlecht, elend, jämmer-
lich etc.), ivas auch wohl dazu gehört. —
Gehört es als zerrissenes od. geborstenes
u. zerspjültenes od. abgespaltenes u. abge-
sprungenes Etwas etwa mit plenter, pletteru
etc. u. goth. plats (Flicken, Fetzen, Lappen
etc.) etc., sowie weiter mit unserm spalte,
Spalter, Splitter etc. zu derselben }' spal,
spar, od. entstand (cf. 2 palter, Folter u.
afer, über) palte aus polte, pulte (cf. pulte)
M. dieses in ähnlicher Weise wie klatte von
klat (als Scl'allsfamm mit der Bedtg. : cre-
pitus etc. u. ictus, sowie auch der von Spcdt,
Eiss, Bruch etc.) von einem Stamm pult,
der urspr. mit aengl. (St ratmann) pult
(pul^us) ident. ist u. mit pulten (pellere,
trudere) aus dem tat. pultare entstand, wel-
ches mit pulsuö , pulsare etc. (cf. puls,
pulsken, pulter, pulteru etc.) zu pello, pepuli,
puUum, pellere gehört u. wobei dann die
nrsjjr. Bedtg. : pulsus od. Schlag, Stoss etc.
in die von : crepitus ic. hieraus ivieder in :
Sprung, Riss, Bruch etc. überging ?
1. palter, abgespaltenes, unförmliches
Stück, Kloben etc. ; — 'n palter holt. —
cf. palte H. mnd. palter od. polfer in palter-,
polter-lappen (Fetzen).
2. palter ; /. q. pulter = nhd. polter.
cf. Weiteres unter halter-palter u. pulter,
pultern etc.
palterig, palterg, paltrig, zerfetzt, zer-
rissen, rissig etc. ; — n p.dtergen (zerrisse-
nen, zerlumpten etc.) rok ; — 'u palterg
kled ; — 'u palterg (od. spalterg) stiik holt
(ein rissiges od. vielfach zersiiallenes u. ge-
borstenes Stück Holz) ; — de liicht sügt so
palterg üt (die Luft od. der Himmel sieht
698
PAND
1
so zerfetzt u. zerrissen aus), dat d'r förerst
nog up gen möi wer to rekeu is — Vergl.
engl, paltry etc. unter palte.
palt-rok, a) ein dicker, grober, weiter,
5 langer. Ins auf die Füsse reichender Ueber-
rock, Mantelrock, JRegenrock ; — trek diu
paltrok an, deu worst du net kold of nat ;
— • b) eine weite od. breite, an der Wi)id-
od. Wetterseite bis an die Fr de hin mit
10 einem Holzmantel od. Holzkleide versehene
kleinere Wind-Säge-3Iühlc. — Nid. ])altrok,
paltsrok (wie sub a u. b); mnld., mßnm., nd.
paltrock; mnd. palt-, pals-rock.
Fs ist wohl schwerlich ein Compos. von
15 palte, palt (Lappen, Fetzen, Stück etc.) u.
rok, sondern es entstand dieses Wort tvohl
eher (cf. z. B. nid. pantckoek i^tatt panne-
kock, I^annkuchen) aus einem idtcren nd.
palle- od. pall-rock (Mantel- od. lieber-, Ober-,
20 bz. Obcrkleid-Bock), sodass es urspr. ein
Compos. von einem entweder aus lat. palla
(langes tveites Obergewand od. Oberkleid,
Mantel, Schutzdecke, Vorhang) od. von
einem aus lat. pallium entstandenen romnn.,
25 ital. palio; prov. pali ; afranz. piili, paille
(Ueberkleid, Decke, Teppich, Baldachin)
entlehnten nd. palle (cf. mnd. palle. Decke,
Kleid, Veberzug , AUardecke etc) u. rock
ist, tcie auch das franz. palletot od. älter
30 (Diez, II, 381) palletoque (Kaputzrock)
aus palle u. toque, ital. tocca (Haube, Mütze,
Kappe etc.) zusammengesetzt wurde.
pampüsjes, Pantoffeln, namentlich so recht
weiche u. ivarme. — Aus franz. babouches ;
35 span. babuchas (türkische Pantoffeln) u. dies
(Diez, II, 207) aus arab. babusch, bz.
jiers. päpusch (Fussbekleidung).
pan, s. panne.
1. pand (Plur. panden), Pfand, Unter-
40 Pfand, Sicherheit, bz. ein sicherndes Etwas
od. zur Sicherheit dienendes u. gesetztes od.
gegebenes Stück od. Object von entsprechen-
dem Werthe ; — ik wil di dat to 'n pand
gefen od. setten ; — du salt de obbelgätje
45 as pand (od. underpand, kistenpand) hebbeu
un holden, wen du m\ hundert! daler lenen
wilt; bref un pand gefen od. setten etc.
(Brief u. Pfand, bz. Unterpfand u. Sicher-
heit geben od. setzen etc.) ; — dat schal rai
50 to pande (als Unterpfand od. zur Sicher-
heit, als sicher stellendes Etwas) denen, dat
du din Word 6k holdst; ik heb' hum min
rok to pande gefen ort. laten. - Nd., mnd.,
nid., mnld. pand, pant; mfläm. pandt, pant;
55 afries. jjand ; ujfries. (Japi.c) pan (statt
pand wie San statt sand) ; wang. paun (statt
paund, pand tcie saun statt saund, cand
[Saudi u. lauu für laund od. land etc.);
engl. paAvn, bz. paua (wohl aus dem fries.,
tiO weil aengl. fehlend); an., isl. pantr; norw..
FAND
01)9
FANDEN
schived., dän. pant ; ahd., iiihd. pluuit, faiit,
pfaut II. phaiiil (cf. phander od. phaiiilaere)
(Pfänder, der pfändet od. Pfand nimmt u.
Inhaber eines Pfundes ist).
Nach dem Verb, pandeii sii urtJicilen
scheint paiid od. pant iirspr. ein Etwas loas
man (zur Sicherheit u. als Unterpfand)
nimmt, bz. eine wef/r/enominene Sache zu be-
zeichnen, tvonach es dann mit dem cdten
nid. pant (Schade, Verlust, Nachtheil, Ijcid,
Böses etc., bz. Raub u. Entnehmung der
Ernte, Ehre, cf. Mclis Stoke, 1, 460 u.
461 u. die dafür im Megister angesetzte Eorm
pand) u. afranz. pant (Wegnahme von Etivas
wider Willen des Eigenthümers) ur.spr. idcnt.
u. mit angefügtem Dental aus afranz. pau
(weggenommene Sache) entstand. Das afranz.
pau (Wegnahme wider Willen des Eigen-
thümers) betr., so ist solches aber wieder
(cf. Diez, II, 382) idcnt. mit dem aus
tat. panmis entstandenen afranz., prov. pan
(Tuch, Stück Tuch, Fetzen od. Lappen etc.),
woraus dann auch toolil zweifellos erhellt,
dass auch unser 2 pand cds Stück od. Theil,
bz. cds Lappen od. Fetzen oon Etioas, od.
als Tuch etc. (cf. auch flik u. flek = piek,
hz. läppe od. Jap, cds von einem grössern
Stück od. Theil Land ['n Jap land od. dök]
gebraucht) ebenso wie pant (cds weggenom-
mene Sache) mit dem Dentid ä od. t von
afranz. pan weitergebildet ist, bz. aus Icd.
pannus entstand.
Wegen des afranz. pan etc. s. auch unter
panel.
2. pand (Plur. panden), Stück, Theil,
Loos (Äntheil, zukommender u. gebührender
Theil, Pflichttheil), Abtheilung, Strecke od.
Streif en von einer gewissen Länge, bz. einem
festbestimmten Masse, Stück od. Streifen
von einem, Zeuge, Zeugstreifen, Lappen,
Flicken od. Stück ivas zwischen Etwas ge-
setzt ist, Zwischenstück, Verbindungsstück
etc. ; — de erdarbeid word in dre panden
(Stücken, Theilen od. Loosen etc.) ütfer-
dungen ; — dat pand wat du to gi'afen an-
namen best is för di allen to gröt ; — he
hed Bin pand (TJieil der Arbeit, die zu leisten
ist, bz. sein zu machen angenommenes Ar-
beitstheil, Pflichttheil etc., od. auch seinen
Antheil an u. von Etwas, wie z. B. von
einer Erbschaft od. von, einem Mittagsessen
etc.) d'r iit ; — In 't depgrafen (grcdjen eines
Tiefes od. Cancds) un 't diken (Deichen,
Deichmcchen etc.) mut elk d'r för sorgen,
dat he sin pand up de regte tid klar hed ;
— he hed sin pand (Thed, Antheil, Por-
tion, etc.) d'r in sitten lateu (z. B. auch von
der Speise in der Schüssel) ; — elk hed sin
pand an od. fan de dik (bz. sin dikpand),
•wat he uuderholden mut; — dat wegpand
(das Wegtheil od. die Wegstrecke etc.) mut
nog mäkt worden; — 1400 törfsoden in de
rigc setld inaken en pand iit ; — dat en
pand (ein Stück od. ein Theil der Länge
5 nach, bz. von oben nach unten od,, ein
Längestreifen, bz. ein Zwischenstück eines
Kleides) tau 't kled mut d'r iittöiiid un 'u
nei pand d'r für insettd worden ; — 'n pand
fan 'n miitse (ein Stack od. Theil einer
10 Mütze od. Haube) ; — dat fiirpand (der die
Brust bedeckende vordere Theil , bz. das
Bruststück od. der vordere vom Halse bis
zum Gürtel hinunter reichende Theil od.
Streifen) fan 't kled (od. jaktje, borstrok
15 etc.) is to smal, du niust d'r 'n nei förpand
insetten lateu ; — dat riigpand (od. achter-
pand) fan 't kled (od. fan de rok etc.) hed
de neister (od. de snider) to wid niäkt, so
dat 't all' in folden un kiüsen silt. — So-
20 dann hat pand, bz. das Dimin. pandtje auch
noch die Bedtg. : Tuch, Kleid, Kleidungs-
stück, Gewand, bz. die von Etioas was man
zum Schutze u. der Wärme wegen unter
dem Oberkleide trägt, ivie z. B. die Frauen
25 u. Mädchen hier (namentlich bei iveit aus-
geschnittenen Kleidern) auch noch ein nuder-
pand od. underpandtje genanntes, bis an
den Gürtel reichendes Kleidungsstück unter
dem Oberkleide tragen, um Hals u. Brust
30 zu schützen u. warm zu halten.
Auch dieses pand, nfries. (Outzen) pend,
nd. (Br. Wb.) pand, nid. pand etc. ent-
stand mit afranz. pan (Tuch,, Stück Tuch,
Lappen, Fetzen) aus Icd. pannus, wobei die
35 Bedtg.: Lappen, Fetzen, Flicken
etc. wohl in die allgemeine von Stück od.
Theil von Etwas überging, wie dies auch
bei lat. lacinia der Fcdl ist. Ob ausser
mnld. pand; mfläm. pandt, pant (lacinia)
40 auch die formell gleichen Wörter mnld.
(KU.) pand; mfläm. pandt, pant (ambitus,
circuitus ; peristylium ; Xystus, porticus, So-
larium, arabulacrum etc.; fulcrum) u. auch
pand etc. (Netz, Jagdnetz etc.) ; mnd. (Seh.
45 u. L.) pant od. pand (Strick, Netz, cf. da-
selbst auch paudegarn , Netzgarn) auch
sämmtlich mit franz. pant (weggenommene
Sache, cf. 1 pand) u. unser pand (Stück,
Lappen, Streifen, Binde) aus lat. pannus
50 entstanden, od. in diesen Bedtgn. nicht
vielmehr theils mit lat. paiulus (krumm, ge-
krümmt etc.), bz. pando (krümmen, biegen)
u. theils mit pando (aus einander machen,
ausbreiten, ausspannen etc.) zusammenhän-
55 gen, lasse ich dahin gestellt sein.
panden, pfänden, eine Sache ivider Willen
des Eigenthümers mit Hülfe des Gerichts
nehmen, eine Sache cds Pfand zur Sicher-
heit nehmen etc.; — se hebbrn hum pandt,
60 bz. ütpandt; — he hed hum pandtn, bz.
PAN-DEKT 700 PANSE PANS
ütpanden laten; — he lett siik 't drefoldig im mnd., nihcl, engl. it. afranz. (cf. Wei-
ferpandeu uii Icibri't'eu. — Nd., mnd., nid., (fand unter Paneel, bz. das mhd. paiiel
mnld., »)//«/». paiulon; o/r/fs. pt'iula, peiiida; bei ü. Schade ii. vind. pauiiele bei Seh.
sali. (Ehrentraut, II, 214) i)(jiulje; u. L. n. das franz. paniieau u. engl, pauel)
wang. (Uhren traut, I, 72) paiiu (statt 5 auch die von Sattelhisscn ud. Polster des
pauiul, wie lauii [landen] statt lauiul u. saun Sattels (bz. das ivas die Höhlung des Sattels
statt saiind fSandJ, wonach auch wohl engl. ausfüllt, Fidlung des Sattels) hat.
pawn, bz. ])aun fiir pawud, bz. i)aiiud steht, pancl-dör, Paneclthür, Thür mit Paneelen
da es tcohl [weil acngl. fehlcndj von den u. Füllungen etc.
fries. Inseln od. der fries. Küste nach 10 panel-plog, Paneel-Nuth-IIobel, bz. der
England kam); an., isL, norio., schwed., Hobel, tvomit die Nuthcn, Fugen od. Fur-
(/«H.pauta; mhd. \)]niudtn\,i)icüdeu (pfänden; chen in die Uahmcn gemacht werden, worin
Jemanden einer Sache berauben; strafen); die Paneelen od. Füllnngen der Thüren u.
afranz. peuta (pfänden, an Geldstrafen). Wände eingelassen sind. Wörtlich indess
— Zu 1 paud, bz. afranz. paiit, Wegnahme 15 = Paneelpflug od. (cf. plüg u. plögen)
einer Sache, bz. Entnehmung, liaub etc., Paneel-Furchenmacher.
cf. 1 paud. panel-wai'k, Füllungt^wcrk, Getäfelwerk
pau-ilekt, mit Ziegeln od. Dachziegeln etc., cf. paiR-l.
gedeckt, als Gegensatz von strödekt (mit paiigeln, bummeln, schlendern, schleudern
Stroh gedeckt); — 't is 'n jiaiulekt litis. 120 etc.; — liö paiigeld wat herum; — he fer-
paiul-hüt'ke , Pfandhäubchen, bz. ein paugeld sm tid ; — lie feipaiigeld 't all' wat
Häubchen was aus mehreren Stücken od. he hed. — Wohl Ablaut von hangeln, toie
Theilen , Abschnitten, Flicken etc. (cf piugelu w» bingeln. — c/'. bingeln i^ pingeln,
2 i)and) zusammengesetzt ist. sowie banget n in Grimm, Wb.
]^dkXi-A\^^^\^Scherbe(cf.ä\g'^a\) einer Pfanne 25 paiine, pan, Pfanne, flaches Hohlgefäss
od. eines Dachziegels, cf. paune. od. Schale, Schüssel etc.; Hohlziegel od.
pand-skup (Pfandschaft), Sicherheit, Un- Bachziegel etc.; — sett' de melk in de pan
terpfand etc. ; — to pandskup gefen od. in de keller ; — 'n steneu od. isdern pan ;
selten. — de pan fan 't gewer; — dat pulfer lirannd
panel od. panue], Paneel, Panele, eine 30 fan de pan; — dat hüs is mit pannen dekt;
(meistens viereckige) Holztafel od. ein hol- — de pannen liggen in kalk. — Compos. :
zernes Brett, welches cds Füllung od. Füll- bregenpan (Gehirnschale), knepan (Knie-
breit in die Uahmcn einer Thür od. Wand- schale od. Kniescheibe), (Vdkimn (Dachziegel),
bekleidung eingefügt ist ; — 'n dör fcx/. wand hrädpan, melkpan, pank6!;span etc. — Nd.,
etc.) mit pauelen, paunelen od. panclwark. 35 mnd. panu, Joanne; nid. pan; ahd. pannä,
— Nd. panele; unid. paunele, panele; nid. piiannä, fanna, vaunä, pfannä; m/jt/. phaune,
paneel ; mnld. panneel ; aengl., engl, panel ; pfanne etc. aus mlat. panna u. dies aus
franz. panueau; afranz. panel; mhd. panel, lat. patina, wie Rolle aus rotula.
bauel etc., was Alles aus lat. pannulus, bz. panue-kok , pannkok , pankök, Pfann-
mlat. panellus od. (cf. Weigand) pan- 40 kuchen. — Sprichw.: man mut gen paune-
uellum, einem Dimin. von lat. panuus (Tuch, kok um 'n ei ferdarlen ; — arme lue pan-
Kleid, Bekleidung ; Tuch, Lappen, Fetzen, kok un rike lue krankheid rüken wid ; —
Lumpen od. Stiickchen Tuch etc., im mlat. man kan gen pannekök eten sünder dat de
auch allgemein = Flicken od. Stück) ent- nabers 't weten ; — Ostfresland is as 'u
stand, ähnlich wie aengl., engl, pane (Raute, 45 pankök, de raud is 't beste d'r fan.
Scheibe, Fach, Feld, die Füllung einer paunkök-bakkeii, Pfannkuchenbacken. —
Mauer ; Thürspiegel ; Schlitz) u. afranz. Redensart. : d'r is wat to pannkök-bakken !
pan (Tuch, Stück Tach, Fetzen, abge- hei 6k eier? — is dat ök wat, wat uiks is,
rissenes od. auch entrissenes u. wegge- pannkukbakken war mal is?
nommenes Stück) direct aus lat. paunus, 50 paunköks-blöme, Schlüsselblume (primula
was urspr. (cf. Fick, II, 14.3 u. 400) veris).
ein Gewebe od. wahrscheinlicher ein g e- paunkoks-pan, Pfannkuchenpfanne.
sponnenes Etwas od. ein Gespinnst pan-nokkp, Dachziegelknauf od. die Ver-
(cf. griech. pene, penos, penizö etc.) bezeich- dickung, der Vorsprung (cf. nokke), welcher
nete n. wohl mit unserm spinnen u. spannen 55 hinter die Dachlatte fasst, damit der Ziegel
aus einer u. derselben ]/ hervorging. Wegen nicht herunter gleitet.
des Wortes i)an('I, pannccl, i)annele etc. sei pan-scliäi'rtp, Scherbe od. Bruchstück von
übrigens weiter noch bemerkt, dass solches einer .Pfanne.
im mnld. Cef. KU.) auch die Bedtg.: dor- panse , paus, Pansen, Wanst, Bauch,
Buale, Stratum, iustratum, sella aurigae u. 60 Magen, Kuhmagen od. erster Magen der
iPANSER
701
PAPPE
WiederJcmicr ; — siilc do pans fnl fräton ;
— en wat up de jiaiis gofcii ; — Compos. :
dikpans , — äspaiis , — köpans etc. —
Sprichw. : mit leddige pausen is gud daiiscn ;
— „Mcstcröm, ik inut iia liüs, do pans gird
mi l'an smacht," sä' do jung'. — Nd. panse,
pansse ; mnd. pause, pantzo, pantso ; nid,
pons ; mnld. pansse, pcnsse ; aeugl. panclie ;
engl, paunch ; ital. pancia ; span. panza,
pancho ; prov. pansa ; franz. panse etc. —
Aus lat. pantex.
paiiser, paiitser, paiisiler, Panzer. — Ans
üal. panciera; span. pancera; afranz. pau-
cliire u. dies (als Theil der Büstunc), ivelche
den Unterleib hedeclct) von pancia etc.,
cf. panse.
paiitje (Dimin. von jianno), PfünncJicn,
Meine Pfanne; — pantjos nn potjes.
pantjc-fisk, in einem Pfännchcn ge-
schmorte Ueberreste von. gclajchten Fischen,
gemischt mit Kartoffeln, Butler n. Senf.
Ein hier sehr beliebtes Gericht.
pantjeAvin. Dieses aus franz. pain et vin
entstandene u. verderbte Wort ist noch od.
war früher auch Beiname, bz. Gcschlechts-
name im Rheiderland.
pantuflTel, Pantoffel; — up pantuffels lopen;
— uuder de pantulTel Sitten. — Das e»^
lehnte franz. i)Sintonüe; span. pantuflo ; ival.
pantofle ; ital. pantofola, pantufola (Fuss-
beklcidung, Halbschuh). — Vcrgl. 2 tuftel
u. zu gen. (cf. Diez, 1, 303 unter pan-
tofola) patoufle (Mensch mit schleppendem,
schwerfälligem Tritt) unser 3 tuffel «. tuffein,
ivas (toie slüren zu slüre) auch wohl zu
2 tuffel (Pantoffel) gehört.
pap, s. pappe.
päp', s. pape.
papa od. papä , gekürzt auch pä , Vä-
terchen. — cf. mama n. Weiteres unter
pape.
papagei, papagOi, Papagei; — be is 'n
regten papagei, he plapperd de hole dag ;
— „nu geid de reise lös," sä' de papagöi,
do lep de katte mit hum na de büu henup.
Wegen des Wortes papagei, papagöi cf.
Diez, 1, 304 unter ital. pappagallo.
pape , päp', Pfaffe. — Bedensari. u.
Sprichw. : he is so ging as 'n pape ; — „ei
is 'n ei," sä' de pape, do grep he na 't
dikste; — ^man für man 'n fögel," sä' de
pape, do langde he sük de braden gös fan
de schöttel ; — • papen girighoid un Gods
barmhartigheid dürd fan nu an bet in cwig-
heid ; — net all' in päps nars, kösteröm 6k
wat, od. auch: net all' in de pape sin gat,
Mesterom 6k wat ; — min fader is gen päp'
west; — „dat sunt upstünds nare tiden,"
sä' de pape, „de bur mäkt sin kinder sülfst;"
— „de beste in ^t midden," sä' de düfel, do
lep he tüskcn twe papen. — Africs., ags.
papa; ahd. phafo, pliaffo ; an., ist. papi etc.
— Wie Papst (cf. paus) aus päpas, so
dies mit rtiss. pnpe aus lat. päjia (Vater),
5 uiomit in der er.<iten christlichen Zeit nur
die liöheren Geistlichen u. Bischöfe ange-
redet wurden, während später unter pape
od. aJid. phafo nur ein Geistlicher ti. dann
blos ein WeltgristUcher (im Gegensatz zu
10 einem Kloster geistliclien od. Mi'mch) ver-
standen wurde. Das lat. papa (cf, auch
pappe) i.it eine Bedupd. cnUceder eines Ton-
ic. Jjall- Wortes pa od. der y pa (.schützen,
erhalten, unterhalten, nähren, mit Milch
15 nähren, säugen etc., cf. fader), tvie mama
V071 ma u. ivie lat. mainma neben Mutter
auch die Bedtg.: Brust, säugende Brust,
Brustioarze, Zitze etc. hat, so hat papa, bz.
lit. papa-s auch die Bedtg. : Brustwarze,
20 Zitze, ivovon das lat. papilla (Brust, Brust-
ioarze etc.) ein Dimin. ist, ivie desgl. auch
papula, da aus nähren auch von selbst
die Bedtg. : dick u. fett machen, anschwellen
machen (cf. die y tarp von derb unter
25 2 liedarfen) etc. entstand.
päpelii, s. pepeln.
papen-liörn (Pfaff'enecJce), das beste Stück
FtciscJi, am sog. dünnen Mürbebraten, nd.
auch pnpenstük genannt.
30 papeii-iiiiitse , Sturmimt (aconitum na-
pellus). — cf. auch paterskappe.
papeii-pit, papen-piiit (Pfaff'en- Penis),
a) ein halber, der Länge nach durchge-
schlagener Backstein ; — b) Schachtelhalm
35 (equisetum). — cf. pit, bz. pint ^^ penis u.
= Stengel od. hohles Rohr etc.
papen-tjüche, papen-tjliclit, Name ein-
zelner hiesiger Plätze u. Landgüter (z. B.
bei Uttum) u. ehemaliger Klosterlande, tvo
40 das Vieh der Geistlichen aufgezogen u. ge-
iveidct wurde. — cf. tjüche od. tjücht.
päpor, päpern, s. peper etc.
papir, Papier.
papir-drake, Papierdrache. — Räthsel:
45 't flügt as 'n fOgel, 't hed dog gen flBgel ;
't hed gen arm un 't hed gen ben ; 't kan
net hören un 't kan net sen ; 't hed 'n
tum un 't hed 'n stört, de sük in de wind
umkerd.
50 papiren, von Papier.
päpje (Kosewort), Papagei. — Dimin.
von einem, auch nd. (Er. Wb.) für Papagei
gebräuchlichen pape.
pappe, papp, pap, Pappe, Mehlbrei, Klei-
55 ster etc. ; — he is od. word mit papp f6rd,
bz. is mit papp upford (aufgefüttert) od.
uppappt; — de pappe (Kleister) dögt net,
de wil net pappen od. kläfen etc. — Sprichw. :
elk mut sin egen papp (Brei, Speise etc.)
60 kölen ; — he hed de pap (den Brei, bz. das,
PAPPEL 702 PARAMMEL
icns er füch fclh/it bereitet ii. eiugrhroclt hat) striimpon orl. pi-rdo etc. passt not 1)T 'n
kölon (kühlen, kalt inacheu , büssen etc.) aiulor; — sc^ sunt 'n par worden; — dat
must. — Dieses aus lat. papa, pappa (Sjteise, is 'n möi pär od. span ; — 'n düfenpär otc. ;
Jirei) entlehnte Wort ist ebenso wie papa — c) eine geringe Anzahl von Klwas, we-
( Vater, bz. Ernährer, cf. papo) eine Fe- 5 nig etc.; — dV wasson fan dage man 'n
(hq)l. der y pa //( der Bedtg. : unterhalten, par in de karko ; — dat dürdo man 'n ])ar
ernähren od. nähren etc. u. bezeichnet es miniitrn; — 'n par stüfor gold. — Nd.,
Mos ein nährendes Etwas. nid. i)aar (dasseUie) ; mhd. par, bar (einem
pappPl (Flur, pappols), Fapiwl : — do Andern gleich, ~wci vn)i gleicher Feschaffen-
mesto pappols sunt unniitso liömpii, do df 10 heif). — Aus lat. par, gleich etc.
grnnd wid hernm fitpoli^on nn sülfst to püp, .s\ piT.
brannhnlt do kiiston to 't slagon not wörd yaviuyc, Farade, Frank, militärische Schau-
siint. — U7e pappol aus hd. pöpulus, so Stellung der Truppen etc ; — dat makt t?)!
ging aus diesem auch das gleichbedeutende (od. gön) parädo; — d'r word fan middag
ital. (Diez, I, :^Q3) pioppo, pio})pa : wal. 15 jiarädo oflioldon ; — hö is slogt tan de i)a-
plop ; alban. plopi; 2calt. plopp; span. polio räde kamen. — Das entlehnte fra)i~. i^arade ;
u. rhopo ; catal. clop u. neapolit. chinppo ital. i)aräta otc. stamnd von ital. paräre;
hervor, ivonach man also auch fast an- franz. parer (zieren, schmücken) u. dies ^'on
nehmen muss, dass das lat. plehs aus popnlns lat. paräro (bereiten etc.), cf. parat.
entstand. 20 paratlei'on, paradiren, prunken etc. ; —
päppeln, 2J/«i>i^f», dummes Zeug schtoatzen ho paradörd d'r mit, z. B. mit seinen schönen
etc. — Nd. (Dann eil) päppeln (schnell Ff er den od. Kleidern etc. — Zu pai'ädp.
«. albernes Zeug .schwatzen). — Entweder patadis, Faradies, Lnst- od. Wonne-
7irspr. eins mit liabheln od. .son.^t von pape Garten, wonniges Gefilde, Aufenthalt der
(Ffaffe) uu'e patorn von pator, od. von papo 25 ersten Menschen vor dem Sündenfall,
(cf. päpje) in der Bedtg.: Papagei. — Aufenthalt der Seligen; — dat sügt hir not
Davon auch wohl das nd. (cf. Dan- so i'it, as of man in 'n paradis kumd ; —
neil unter päppeln) gebräuchliche pappo- lu"; mäkt 'n paradis fan sin tun otc — Ent-
lapap od. papporla])ap (du)nn>es albernes lehnt aus griech., lat. paradisns, bz. grieeh.
Geschivätz, dummes Zeug etc.); — ilat is 30 parädeisos ('Ihiergarten, Fark), was selbst
niks as pappolapap od. och! wat pappor- wieder mit pers. firdans (Lustgarten des
lapap. Königs) aus skr. (cf. We ig a n d) paradora(s)
pappen, a) Fappe od. Mehlbrei es<;en od. entstanden sein soll, welch Letzteres ein
zu essen geben, damit füttern etc. : — mit Compos. von para od. pkra (fern, anderer,
pappen nn happon nnitton do kindorkos grot 35 bz. vortrefflich etc., cf. fer, forr etc.) u. döca
worden; — dat kind is mit papp nppappt; (Gegend etc.) i.'it. Da indessen das griech.
— h) pappen, kleistern, kleben, haften etc.; parädeisos ein pers , bz. obactr. od. zend.
— he pappt dat an 'n ander; — dat pappt Wort sein soll, .so ist es fraglich, ob das-
an 'n ander. — Nd. (Danneil) pappen, .<ielbe nicht eher mit pers. tirdaus (Fark od.
päppeln (essen etc.) 40 Lustgarten des Königs), bz. npers., afgh.
pappig, pappig, klebrig, kleisterig etc., bz. firdav^; arm. partoz u. dem aus dem pers.
wie Pappe od. Mehlbrei u. Kleister; — entlehnten hehr, pardes aus dem zend.
pappig eton ; — pappig od. pappsk brod. (Ferd. Justi, Handb. der Zendspr., pag.
papp-lepel , Papp- od. Mehlbrei-Löffel, ISO) pairidaeza (Umhäufung, Umwallung,
Kleinkinder-Löffel ; — hö mnt nog mit de 45 Umgürtung etc.) entstand, was ein Compos.
papplepel förd worden; — 't mnt hnm nog ro» pairi; .sät. pari od. pari (um, hernm) u.
mit de papplepel (auch fig. vom Unterricht) daoza (Häufung od. Aufwerfung, Aufwurf,
ingäfen worden. Wall etc.) ist u. leicht aus der Bedtg. : Um-
pappsk ; i. ([. pappig. wallung etc. in die von : mit einem Wall
päpsk, i)fäffisch , papistisch, katholisch 50 umgebenes u. eingeschlossenes od. befestigtes
etc. — Sprichw. : was ik so päpsk as gäpsk Etwas, befestigter Ort, Festung, Gehege,
(verlangend nach Gcnuss, weltlich gesinnt Fark, Garten etc. (cf. tun = Zaun w. =
etc.), den knnn' 'k wol misse dön. Garten) nbergehen konnte, da daöza mit
päpske (Flur, päpsken), Papiste, Papisten, apers. didä (Festung) zur y zend. diz (auf-
Katholischen. 55 werfen, bedecken), skr. dih (bewerfen, be-
pär, a) gleich; — pär of nnpär od. pär streichen, verkitten, aufiverfen) gehört u.
of drum; — b) Paar, je zwei gleiche od. zu also einen Aufwurf, Hügel, Erdwall, Erd-
einandcr passende od. je zwei zusammen- häufe etc. bezeichnet.
gehörige u. mit einander verbundene Wesen paramniel , pcramniel , I^ärm , Getöse,
od. Dinge ; — 'n pär seh 6 otc; — dat pär 60 lautes Geschrei, Aufhebens, Geprahle etc.;
1
PARDAUZ
703
PARSE
— parammol slän; — dat niakt so 'n pa-
ranimel, dat man sin ogcn golüd nT-t h(')ron
kan ; — hö mäkt d'r 'n parammol fan as
of 't God wet wat ts.
pardauz, pardmiz, haräauz; Interjection
einefs schallenden Falles od. Sturzes, hz.
Subst.: dröhnender Fall, Sturz etc.; —
pardauz ! dar ligt 't ; — 't gung mit 'n
pardauz od. in 'n pardauz liorundor. — Nd.
(Dähnert) pcrduuz; mnd. (Seh. n. L.)
pardfis.
pardune, perdaiie (Flur, par-, perdunen),
lange starke Taue, die vom Top der Stengen
u. Bramstengen nach beiden Seiten des
Schiffs hinabgehen u. hinter den Wand-
tauen befestigt loerden. — Nid. perdoen ;
nd. perduun ; schived. barduno; dän. liarduu.
paren, paaren, zu einander passen od.
stimmen, ein Paar wachen, sich zu Zioeien
an einander schliessen etc. ; — de perdo
(od. schö etc.) pären net; — se pären sük.
— Zu par.
pareren, pariren, gehorchen, Folge leisten
etc. ; — he wil net pareren ; — he mut
Order pareren. — Ans tat. pareo, parui,
paritum, parere.
pargainent, park erneut , Pergament; —
pargamenten etc., von Pergament. — Aus
mlat. pergameiium, bz. griech., laf. perga-
mena u. dies ans griech. pergamene, perga-
monisches Papier, bz. Papier von Per-
g a m o n.
pärig, paarig, ivie ein Paar, sich gleichend,
stimmend etc. ; — Compos. : eu-pärig, ein-
paarig, einhellig, einmüthig, einstimmig etc.
park, Parchent , Barchent, halbraiihes
Wollen- od. Baiimivollen-Zeng mit leinener
Kette. — Davon parken, von park od. Par-
chent etc. ; — 'n parken büksen etc. — Nd.
parcham ; mnd. parcham, parchem ; mhd.
barcbant, urspr. barkän etc. — Aus mlat.
parcäniis , parchänus (Zeug aus Kamcels-
haaren) u. dies aus dem arab. barcän, bar-
racan, eine Art langen schwarzen Gewandes.
parke (Plur. pärkes), a. Pärchen; — 'n
lütjet parke ; — b. wenig, bischen ; — 'n
parke minsken; — ik heb' di 'n pärkes
(einige, wenige) spärd.
parken, s. park.
pari, s. parrel.
pari- od. parle-finken, s. parrelfinken.
parieren, parliren, sprechen etc. — Aus
franz. parier ; ital. parlare etc. u. dies von
parola (Parole, Wort), was wieder (cf.
Diez , I, 307) aus Icd. parabola (Gletchniss,
Parabel) entstand, tvovon auch mlat.
parabolare.
parl-garste, s. parrelgarste.
parre, Pfarre. — Spricliio. : erst 'n parre
un den 'n kwarre. — Aus mlat. parra u. dies
aus mlat. ]iar6chia (Pnrochie, Kirchsprengel,
Kirclispicl), ivas nach Diez (I, 307) im
Sinn einer kirchlichen Nachbarschaft (cf.
Gemeinde im kirchlichen Sinn) aus dem
5 griech. paroikia (das Wohnen eines Fremden
in einem Orte ohne Bürgerrecht, bz. das
daneben od. benachbarte Wohnen etc., cf.
\\i\v^'i^^o?,, benachbart; Nachbar; — paroikesis,
Nachbarschaft) eiäsland.
10 parrel, pari (Plur. ])arrels, parls), Perle,
in allen (auch, trop.) Bedtgn. — ■ Sjirichw. :
se sitt as de parrel in 't gnkl. — Compos.:
parrel band , glasparrel, goldparrol etc. —
Nd. pari; mnd. parle; nid. parel, paarl ;
15 nfries. pearl ; «(/.«j, pearl ; «f»^/. perle; engl.
])earl ; an. perla; cdid. porala, perula, peroia,
perla, berale , berla; mhd. berle; mlat.
l)erulus; ital., span., prov. perla; port.
peroia; franz. perle. — Wahr scheint, aus
20 lat. pirula als Dimin. von pirum (Birne),
wie auch span. perilla für Birnchen u. eine
Art Perlen gebraucht wird.
Wegen sonstiger Entstehung dieses Wortes
cf. Diez, I, 313 unter perla, soivie bei
25 Weigand unter Perle u. W acker-
nag el, kleinere Schriften, pag. 71 unten
die Note, welch Letzterer an eine Entstehung
aus sperula, d. i. sphaerula denkt.
parrel-, pari-, parle -linken, handeln,
30 hausiren, wandernd umherzielien, sich unhe-
schäftigt umhertreiben etc. ; — he parrelfinkt
so 'n bitje mit körn un botter herum; —
he is na de bur hen to parlfinken ; — he
mag up 't lefst so 'n bitje in 't freie herum-
35 parlfinken.
Vergl. bei Stbg. perlelinken, das Hau-
siren kleiner Landkrämer mit Eiern, Federn
etc. besonders nach Holland hin.
parrel-, parl-garste, Perlgerste od. Perl-
40 graupen, stark abgemahlene Gerste, deren
Körner den Perlen gleichen.
parrelgarst-soppe, Perlgrützsuppe.
parrel-görte, parl-görte, Perlgrütze od.
Perlgraupen ; i. q. parrelgarste.
45 parreln, parlen, perlen; — dat parreld
as gold ; — de win parreld in 't glas.
parse, pars, pas, Presse, Werkzeug od.
Geräth zum Pressen od. Drücken, Auspressen,
Ausdrücken, Zusammendrücken etc. ; — de
50 geste (Hefe) sitt under de pars ; — du must
eu fan de parssen schon maken, wi willen
fan naraiddag albeien un hembeien ütparssen.
— Nid. pers; mnld. persse ; nd. parse, pars,
pas; nvid. perse, parse (versetzt aus presse,
55 wie barnen, bernen aus braunen, brennen,
— barsten, bersten aus bresten, — farsk,
fersk aus frisk) ; mhd. presse (Presse, Wein-
presse; gedrängter Haufe, dichte Schaar,
Gedränge). — Mit ahd. fressa u. fressä
<i0 (sehr beschwerender Druck, das Keltern)
PARSEN 704 PAS
mift mJal. yivessti (Jiechänfjciulc Gewalt, Zwanfj dat land ligt in drr parteen ; — 't is in drr
etc.), was mit dem auch auf das mhd. partecn (od. partou) ferkOft; — dar stän "n
l\rcs&(^ einicirkendenf rau::. Y>resso (Menschen- lu'len parte (ein gamcr Theil, hz. eine ganze
(fedränge, Druclwerhzeug etc.); itah pressa Schaar od. Menge etc.) uiinskon In 'ii ander :
(Gedränge, Eile etc., cf. drok «. drokte) etc. 5 — partö (ein Thcil od. einige, hz. eine
aus (/<■»» suhst. gesetzten Femin. von tat. Schaar, Menge od. viele) nünskon woton ln-l
l)rossus (dem Partie, i^erf. pass. von lat. not wat so willen; — parte (einiges od.
promo) entstand. manches, vieles, viel) körn stoid to dik nn
parscii, p»T.s\<;r», drüehen; — i'itparson, parte to dun; — parte lue worden liör lefen
auspressen etc. ; — be parsd dat net so 10 net klük ; — parte feld (od. land) is nog
lank, dat d'r gea drüp mer in blift, bz. fit- regt grfin ; — parte mal (eine Menge mal
lopt ; — he parsd dat (od. linni etc.) nt. — od. manchmal, vielmals, öfters etc.) is 't gud
iSV?. I>arsen 0(/. parssen ; jh»^/. person, parsen; nn parte mal siegt. — Statt parte in der
nid. persen ; ahd. pressnn, brcssön ; mhd. Bedtg.: Part hie sagen ivir übrigens ijfters
pressen ete. — Aus lat. pressare von prcssus, 15 auch (z. B. be bed 'n parti gefen, od. in
bz. premo, cf. parse. den Compos. : bist-, ätens-, spöl-parti) parti,
part, Theil, Antheil, Portion, Abtheilung, wie .ja auch nhd. Parthei od. Part hie
Schaar, Menge, Haufe etc. : — elk sin part beide aus franz. partie entstanden u. ent-
(einem Jeden .sc/« Theil od. Antheil etc., lehnt sind. Das franz. partie betr., so ent-
hs. sein ihm zukommendes u. gebidirendes 20 stand es mit ital. partita; span. partida
Thed etc.): — be bed dat in dre parten (Parthei, Abthcihing), sowie auch mlat.
(Theilc, Abtheilungen, Haufen) deid ; — he partitüra (Partitur) aus lat. partitus (bz.
bed sin part kregen od. had etc. ; — dat dessen Femin. partita), dem Partie, perf.
ferde part minder as 't förig jür; — dat is von partire (theilen, abtheilen etc.) ii. dies
na sin jiart (nach seinem Theil, bz. nach 25 von pars, cf part.
seiner Seite) benfallen ; — clk na sin part parteen , parte j on , partheien , Parthei
(Jeder nach seinem Theil, bz. nach seinem machen, sich in PartJieien spalten od. zu-
ihm gebührenden u. zukommenden od. ihm sammenthun , sich als Parthei gegenüber
aufliegenden Thcil, seinem Zukommniss, stehen, prozessiren, zwislen, hadern etc.; —
.'(einer Gebühr u. Pflicht etc.); — elk mut 30 se parteen sük; — se parteeu mit 'n ander.
sin part dragen (od. afernemen, don, ar- partesk, parteisk, p>artheiisch ; — he is
beiden, niaken etc.); — dar stunden (od. föls to parteisk as dat be 'n ander regt
stnnnen) 'n belen part (eine ganze Portion, gefen kan.
bz. eine ganze Schaar od. Menge, ganz od. 1. pas, ptass, püsslich, passend, recht, ge-
sehr viel) minsken hi 'n ander ; — dar is 'n 35 rade, eben od. genau vom richtigen 3Iass,
göden part (ein guter Theil, bz. eine gute angemessen, .<!timmcnd, richtig, so ivie Eins
Portion od. JSlenge etc.) körn up dat land ist od. sein muss, genau, eben, kaum ete. ;
wussen; — he bed 'n part (eine Menge, bz. — bö knmd dar pas as de mntte (Sau) in
viel, cf. biilt) köjen lopen; — se stän all' 't jödenhiis; — dat kumd ml pas; — sia
up en part (auf einem Theil, bz. auf einem 40 mödor bed hum pas geld (stimmendes, bz.
Haufen od. einem Flecke etc.) bi 'n ander; dem Mass entsprechendes, genau abgepasstes
— lu"' is al 'n part malen (eine menge Mal Geld) mitgefen ; — wen ik d'r nog 'n daler
od. viele Male etc.) bi uns in bfis west. — b1 legg', den is 't geld je wol net pas ; —
Aus lat. pars, partis (Theil, Stück, Portion, he bed de deksel (od. de stefels etc.) net
Antheil; Parthei, Abthedung; Seite, Gegend, 45 pas (od. net fan pas) makt; — de balke is
Ort etc.). d'r net pas för ; — de büksen (od. de Bcbö,
parte od. parle (bei letzterer Bezeichnung rok etc.) is od. sitt ml net fan pas, die
das e etwas weniger stark betont als in Hose (od. der Schuh, Bock etc.) ist od. sitzt
part(') , Parthei, Parthie , Theil, Antheil, mir gerade von pass, bz. von entsprechendem
Portion, Abtheilung, Schaar, Menge, ein 50 Mass; — be kumd net pas od. fan pas
Theil od. einige, gewis.ie, viele etc. ; — he (od. fan passe) um wat mit to äten ; — dnt
hiird to unso parle; — he bed 'n groten kumd d'r bei net bi to pas (das passt gar
parte (Parthei od. Anhang etc.) agter sük; nicht dazu, stimmt nicht zu dem Mass dc<
— se sinit in dre partöen nftrnkken ; — Andern, ist dem nicht angemessen, fügt u.
min parte (Parthei) bed ferloren ; — min 55 schickt sich nicht dazu etc.) ; — dat kumd
jtarte (meine Parthei od. auch meine Parthie) blr hol net to pas, dat du dat deist ; — ik
is tVrloren ; — be hed min parte namen ; bin fan dage bei net göd fan pas od. to
— he hed inin partö (Parthie im Spiel) pas (od. passe), ich bin heute gar nicht
afernamen; — he wil 'n parte (Parthie od. tvohl: — ik wurd d'r gans unpas (unicohl,
Theil, Portion etc.) törf ferkopen laten ; — 60 unpüsslich) fan, as ik dat sag; — unpas to
PAS
705
PASSELPAND
modc, unpüsslich od. schlccJd zu Muthc ; —
(lat is hum god to pas (gut zu Statten)
kamen, dat lie frügor wat spärd hed; —
he is dar mal to pas kamen, er ist da übel
angekommen; — dat kumd wol iiiscn wör
to pas, das kommt wohl mal wieder zu pass
od. zu Statten, bz. das trifft sich ivohl mal
wieder so dass es passt; — de wagen kan
d'r pas (genau od. eben, Icaum, cf. nau) hen;
— ik knn' d'r pas dör kamen, so ful stun'
de Ion fan miusken ; — 't hed pas (gerade,
eben, kaum etc.) twalf slän ; — he was d'r
pas, do ful he 6k al dod hen ; — man harr'
de dünner pas hörd, do repen se 6k al fan
brand. — Nd., mnd., nid., mnld., u'fries.
etc. pas. — Mit dem folgenden pas ans lat.
passus «. zivar hier in der Bcdtg.: Mass
von der Grösse u. Länge eines Schrittes, bz.
als Mass zum Abmessen der Grösse u.
Länge od. des Ahstandes von Etwas, da
das wohl aus passe gekürzte pas sich nur
auf das Mass u. die Angemessenheit eines
Etivas in Bezug auf ein anderes Etwas be-
zieht od. besagt, dass ein Etioas einem andern
Etivas angemessen u. passend u. seinem
Mass (od. Volumen, Werth, Znstande etc.)
gleich ist od. entspricht. Es ging demnach
aus der subst. Bedtg. : Mass in die adverb.
von: Mass • entspr eckend , ange-
messen etc. über, wie dies auch durch
passen, pasder od. passer (cf. auch pas-glas,
kurapas) bezeugt wird.
2. pas, Schritt, Tritt, Gang, Pass, Weg,
Reise- od. Abschiedspass, Jjaufpass, Abscliiecl
etc. ; — dat perd geid 'n sachten pas (Schritt,
Gang etc.); — 'n falsken pas (od. träe.
Tritt, Schritt) don; — se hebben hum de
pas (Pass, Durchgang, Weg etc.) ferlegd
od. ofsneden etc.; — de pas is belemmert;
— hir is gen pas för di; — he hed sük 'n
pas (Pass, Reisepass, Pass zum Wanderet
etc.) häld od. gcfen laten etc. ; — he hed
sin pas (Abschiedspass, bz. Abschied) kregen ;
— sin brud hed hum de pas gefen (seine
Braut hat ihm den Lauf pass u. Abschied
gegeben, bz. ihm die Brautschaft aufgesagt
u. gekündigt). — ßlit nd. mnd., nid., mnld.
etc. pass OfZ. pas u. nhd. Pass etc. in allen
Bedtgn. (cf. auch pas-glas), soivie dem franz.
pas ; ital. passe etc. etc. aus lat. passus u.
dies von pando, pandi, pansum u. passum,
pandere (auseinander breiten , ausspannen,
ausbreiten, ausspreizen etc., cf. spannen,
Spante etc.), da passus eigcntl. die A u s-
sp) a n n ung od. Aus s p reiz u n g (cf.
schrede, trede u. splil) der Fasse beim Gehen
bezeichnet u. hieraus in die Bedtg. : Seh r i 1 1
u. Mass in der Ausdehnung od. iJinge u.
Weite od. Entfernung von 5 Fuss überging.
1. pasder, s. passer.
J, ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II.
2. pasder (Borkum), ein kugeliges Spiel-
zeug, bz. eine kleine Thonkugel.
päse, päsel, s. pcse etc.
paseiii, Iterat. von dem folgenden:
5 paseii, gehen, schreiten, treten, waten etc. ;
— he päsd aferal afcr hen ; — he päsd 't
all' kört uu klen ; — he päsd mit stn lange
stefels dör de weg (od. de klei, de mudder,
't water etc.) ; — he hed 't all' ferpäsd un
10 fertreden; — he ter- od. topäsd mi dat ganse
bedde (Beet) mit wurtels; — wat deist du
dar in de mudder herumpasen V — Wohl
direct von 2 pas (Schritt, Tritt etc.) u. nicht
mit engl, pass u. aengl. passen aus franz.
15 passer.
pas-glas, Passglas, Pass. — Nd., mnd.
pas, pasglas (hohes weites Trinkglas mit
gleichwcit von einander angebrachten Reifen
od. Strichen als Mass) von pas in der Be-
20 dtg.: Mass u. also (cf. Weigand unter
4 pas) mit 1 u. 2 pas vo)i lat. passus.
pas-karto, Passkarte.
päske, paskeii, Ostern; — fan päske fo;^/.
päsken) to pingsten. — Sprichw. : ho lett
25 päsken un pingsten np encn dag wesen; —
gröno karstid (Christzeit, Weihnachten),
witte pasken. — Stehender Wunsch zum
Osterfest: ik wünsk j6 'n frölich päske od.
Ostern. — Das entlehnte lat., griech. päscha
30 u. dies aus der aramäischen Form pascha
für das hebr. pesah, wovon auch das neuere
jüd. Pas sah. — pesach stammt von hebr.
päsach (springen, überspringen, übergehen,
verschonen) u. bedeutet urspr. (las Ueber-
35 g eh en, dann Verscho n u n g u. so loeiter
Fest zum Gedächtniss der Verschonung
(des Uebergehens) der Erstgeburt bei den
Juden durch den die Erstgeburt der Aegypter
schlagenden Würgengel.
40 päske-achten, der achte Tag nach Ostern,
ivo zu Aurich grosser Pferdemarkt (wie desgl.
auch auf pingster-achten) id, weshcdb denn
auch dieser Pferdemarkt gleichfalls päsk-
achten heisst.
45 päske -brod, Osterbrod, Osterfladen,
Matzen.
päske-ei, päsk-ei, Osterei. — Kinderreim :
m8 geft mi 'n päskei, en is niks, twe is
wat, geft mi dro, den gä 'k min päd.
50 päske-liiigedaffeii, die heiligen Osterfage.
paslik, passelk, jw,9.s7/c/j, pjassend, gut,
tüohl etc. ; — unpaslik od. unpasselk, nn-
passlich, unpassend, unpässlich, unwold etc.
— Zu 1 pas.
55 passelpaud, passelpauder, Mittheilnehmer
od. Gesellschafter (Genosse, Socius) an einer
Arbeit od. einem Unternelimen etc. ; — he
is min passelpaud, wi hebben de dik to
maken mit 'n ander aiinamen. — Zweifellos
GO das verderbte Participant.
45
PASSEN
706
PASSEREN
1. passen, a) passen, ]\[ass u. Verhältniss
haben, dem Masse od. Baume it. allen Ver-
hältnissen nach gleich sein, da;u u. damit
stimmen, passlich od. passend u. stimmend
sein, stimmen, recht u. richtig sein, gut «us-
kommen, fugen etc.; — de deksel pasd luH up
od. in de pot ; — de stoppe pasd not np de
Hesse, he is wat to dik ; — de biikson (od. rok
etc.) pasd nu net, he is im wat to wid; — dat
pasd mi göd (a. das entspricht meinem Masse,
b:. meinem körperlichen Volumen; — h. das
kommt mir gut u. passlich aus) : — de pörde
passen göd bi 'n ander; — dat pasd up 'n
här (das stimmt od. schliesst auf ein Haar);
— dat pasd net to 'n ander; — he ])asd
(passt, fügt) dat an (od. in, up) 'n ander;
— dat kau hum passen, dat he so 'n groten
arfscliui) deid ; — dat pasd (passt, fügt, schickt)
sük nOt für kinder, dat so aferal 't förwörd
hebben etc. ; — b. messen, zirkeln, thcilen, zäh-
len etc. ; — he pasd un mett d'r so lank an
herum, dat On de tid d'r lank afer word ; —
mit passen un meten word de tid fersleten; —
he pasd elk sin del to od. of; — he pasd
hum dat göd to de rok genau to od. of;
— dar ligd din geld ofpasd; — dat stük
(od. göd) is d'r net up to pasd (gerade auf
zugemessen od. zugeschnitten etc.), dat dat
genög is, od. dat dat d'r üt kan ; — he hed
de tid genau ofpasd ; — 't is net as of 't
mit de pasder (Zirkel, cf. passer) ofpasd
(algemessen, abgezirkelt) is ; — du must di
'n ne-n büksen anpassen laten ; — dat is
net anpasd od. angepasd (a. sinnl. u. b.
trop., angemessen) ; — he hed sük de mantel
umpasd, of he hum wid genög is etc. —
Compos.: an-, of-, up-, to-, um-passen. —
Nd., mnd., nid., mnld. etc. passen. — Nicht
(cf. Weigand) mit aengl. passen u. engl.
pass, sowie mnd. passen (passiren, vorbei-
gehen od. fahren etc., cf. bei Seh. u. L.
das zweite passen) etc. aus mlat. passäre,
bz. ital. passare, franz. passer (gehen, schrei-
ten, durchgehen, durchschreiten, übergehen
etc.) von lat. passus (Schritt etc.), sondern
direct von 1 pas in der Bedtg. von passus
als Mass u. Grösse etc. von iJtwas.
2. passen, passen, vorid)er, durch u. vorbei
gellen od. ruhen lassen, ruhen, feiern, ver-
zichten, .itill sitzen, warten, wartend u. be-
obachtend od. lauernd sitzen, lauern, achten
u. merken (auf) etc.; — ik wil dit spil man
passen; — wen du spölen wilt, den pass'
(passe, ruhe od. verzichte) ik ; — ik pass'
b'-fer, ik wil nog 'n bitje wachten ; — wult
du wat mit Uten ? nii, 'k wil man lefer
passen; — he passd fan middag (er feiert
od. verzichtet diesen Mittag, tcill das Essen
sein od. ruhen m. bleiben lassen etc.); —
ik heb al so lank seien to passen, dat mi
de tid d'r lank afer word (z. B. beim Spiel,
od. bei Tische etc.) etc. — Daher Compos.
als: a) ferpassen, vor- od. vorbei gehen lassen
od. verwarten, verruhen , versäumen etc.,
5 ruhend u. wartend verbringen, nicht icahr-
nehmen, nicht in Acht nehmen, verwahrlosen,
nicht treffen, verfehlen etc.; — he hed dat
spil ferpasd ; — he ferpasd de od. sin tid
(er verpiasst die od. seine Zeit, er verruhet
10 od. versäumt sie, nimmt sie nicht tcahr) ; —
de gelegenheid um dat land billig to köpen
is ferpasd (nicht icahrgcnommcn od. ver-
säumt etc.); — he ferpasde de mältid (ver-
säumte od. verfehlte die Mahlzeit) ; — ik
15 heb' de wagen etc. ferpasd; — ik wul' up
min brftr passen (warten etc.) im ik beb'
hum dog nog wer ferpasd etc.; -- b) up-
passen, aufpassen, auf (Jemand od. Etwas)
icarten, lauern, achten, merken, achtsam u.
20 aufmerksam sein, beachten, beaufsichtigen,
in Aufsicht u. Hut nehmen, hüten etc. ; —
de röfers hebben hum underwegs uppasd un
hum 't geld all' ofnamen ; — ik wil hum
nppasson un wen he kumd wil ik dl 't
2.5 seggen; — de hund pasde hum up un as
he digt bi hum was, do bet he hum in 't
ben ; — du must göd uppassen, wen ik wat
to dl segge ; — pass' (laurc, höre, achte,
merke etc.) up min worden ; — de kinder
30 (od. de perde etc.) mutten altid göd uppasd
worden ; — dat äten is net göd uppasd ; —
wel pasd up de kinder od. de perde, dat
äten, dat geld od. hiis etc. ? — du must göd
uppassen, dat d'r niks stalcn word ; — mit
35 de budel (Wirthschaft, Geschäft etc.) is so
föl uptopassen, dat man d'r hast Ml gen
rüst un släp fan krigt etc. — Sprichw. :
uppassen is de bösknp (achtsam, aufmerk-
sam, sorgsam etc. .^ein ist die Botschaft,
40 bz. der Auftrag, die Ordre etc.). Daher
Subst. : uppas, Achtsamkeit, Aufmerk^^amkeii,
Sorgfalt, Aufsicht etc. ; — dar is fßl ujipas
bi nödig, z. B. bei einem Geschäft, Pferden,
Kindern etc. ; — uppasser od. ujjpasder,
45 Pfleger, Beaufsichtiger, Aufseher etc. ; —
ik hebb' gen upjiasser nödig, ik kan mi
sülfst wol helpen. — Nd., mnd., nid., mnld.
etc. passen. — Wohl aus franz. y^asser; ital.
passare (im Spiele 2)assen, d. h. durch das-
50 selbe feiernd durchgehen od. demselben vor-
beigehen u. es ruhen lassen), wovon auch
aengl. ])as8en ; engl, pass etc. u. mnd. passen,
passiren, vorbeigehen od. fahren elc , cf.
passeren u. das vorige passen am Schlüsse.
55 passer, gewöhnlich pasder, Zirkel, Mess-
instrument. — Nd., mnd., nid. passer. —
Zu 1 i)assen in der Bedtg.: messen, wie
upi»asser od. uppasder vo)i upjiassen.
passeren, jiossiren, durchgehen od. durch-
60 fahren, vorbeigehen , vorkommen , sich er-
PASTELEIN
707
PATRULJE
eignen, geschehen etc. ; — liö is hir iii't ofon
l^asserd ; — de wisdcr (Weiser, Zeiger) fau
de klokke is fife al passOrd ; — dat schij)
is de linje passiird ; — d'r i)assord altid
allerhand iinglük in de weit; — wat is di
passerd ? — Davon : ])ass(*rbar, passerschin
etc. — Aus franz. passer, *•. unier 2 passen.
pastelein, Porcellan ; — pastclein-kaste,
Porcellankasten, Porcellan- od. Glasschrank ;
— se is so 'n fmen jüfl'or, dat se nog in de
pasteleiakaste settd worden nint (von einem
Fräulein, tvelclies aus Angst u. Schein vor
dem Schmutzigwerden nicMs angreifen n.
verrichten mag ii. am liebsten stets geputzt
u. im feinsten Staat einhergeht). — Mit
nid. porselein aus franz. porcelaine ; ital.
porcellana etc. — Da das ital. Wort auch
Name einer Seemuschel (concha veneris) ist,
welche mit der Porcellanmasse grosse AeJin-
lichkeit hat, so scheint das Wort von dieser
auf das Porcellan übertragen zu sein, ivährend
das Wort selbst loahrscheinl. mit ital. por-
cella (junge Satt) von lat. porcellus (Dimin.
von porculus, bz. porcus) gebildet ist u. die
obige Muschel ihren Namen davon erhielt,
dass sie einem kleinen Schweinchen (ebenso
wie das Meerschweinchen u. der Schweinigel)
in der Form (u. vielleicht auch wegen der
maculae) ähnlich ist.
Vergl. darüber Diez, I, 329.
pastör, Pastor, sehr oft entweder mit Re-
spect pastör-Om od. sonst schlichtioeg paster
genannt. — Bedensart. u. Sprichw. : dat is
past6r-6m sm görte (Grütze in fig. Bedtg.)
all' ; — 'n perd kan sük wol fertreden nn 'n
pastör sük wol fersprekon ; — kropp' di, min
deren, d'r kumd 'n landpastör; — „dat kumd
fan 't lange predigen," sä' de pastör, do
harr' he iit benaudheid in de büksen schäten.
— Kinderreim: twe mantjes pnmpen, bog
up de klumpen, leg up de sehn, pastör steid
up d' kansel un predigt d'r to.
pas-up, passe auf od. pass auf ; — suhst.
auch als Hundename gebraucht. — Beim:
pasup, wo he fan andern sprekt, den wetst
du ök wat in bum stekt. — Bäthsel: pasup!
ik legg' dt 't wörd in d' mund, kaiser karel
harr' 'n bund, de was wit nn de was bunt,
wo het kaiser kärl sm hund.
pat, s. päd.
paten, s. poten.
pater, Pater. — Sprichiv. : he hed (od.
krigt) 'n kop as 'n pater ; — „dar is wer
'n dübbeltje (Zweistüberstück) an de bliksera,"
sä' de pater, do ful bum de brill' fan de kansel.
patern, unverständlich, monoton u. lang-
weilig, bz. rasch u. viel sprechen, plappern,
plaudern; — he paterd d'r wat her; —
wat hei ji mit 'n ander to patern. — Nd.
(D a n n e i l) paotern ; mnd. (S c h. u. L.)
patern (laut sprechen, besonders wenn es in
monotoner Weise geschieht u. man die ein-
zebien Wörter nicht versteht); jnter-pater
(unvernehmliches Geschwätz, Geplauder, Ge-
5 plärr, Geschnatter) ; piter-patern (etwas Un-
verständliches daher plappern). — Nach
dem Br. Wb. ivahrscheinl. ein lautmcüendes
Wort, wie pil-pallen, cf. ])il]ern etc., sowie
m(c7t pitjc-pätje u. Frisch ivegen des franz.
10 patois aus pati patapan, dem das henneg.
(cf. Diez, JI, 384 unter patois) pati pata
(Geschnatter) beigefügt werden kann.
paters-kappe od. paters-klotte, blauer
Sturmhut (aconit. cap.). — cf. papenmiitse.
15 patjeii, patschen, waten, laut u. hörbar
im Wasser herumtreten od. gehen etc. ; —
he patjet in 't watcr herum. — Nd. patten,
patjen. — Wold mit nhd. pat sehen etc.
u. auch tinserm ])ad von der ]/ pat, s. unter
20 pote (Pfote) am Schlüsse.
patrise, Bebhuhn; — hasen un patrisen.
— Nid. ])atrijs; mnld. partrijs, perdrijs ;
engl, pai'tridge; franz. perdrix aus griech.,
lat. perdix.
25 pati'ön, Schutzherr, Meister; — de Graf
fan Lütetsbörg is de patrön fan de karke
in Bargebür ; — sin patrön wul 't net liden
dat he mit gung; — sin patrön hed bum
fre gefen; • — du büst mi ök 'n möjen patrön
30 (spöttisch von einem schlechten Bathgeber
u. Helfer). — Mit franz. patrön etc. aus
lat. patronus ?'0« pater.
patrone, patrön, a) Form, Cluster, Modell;
— du kanst mi wol efen 'n patrön to 'n
35 nei kled sniden ; — dar kanst du di 'n pa-
trön fan nemen; — ik heb' d'r nog 'n pa-
trön fan liggen, war du 't na maken kanst ;
— b) der Weite des Gewehrlaufs nachge-
bildete Form von Papier zur Aufnahme der
40 für einen Schuss abgemessenen Menge Pulver,
bz. die mit dieser Menge Pulver gefüllte
aus Papier geformte Hülse. — Aus franz.
patrön (Muster, Modell, Abriss) u. dies
gleichfalls aus lat. patronus, sei es, dass das
45 franz. patrön (Beschützer, Schutzherr, Schutz-
heiliger etc.) zuerst in die Bedtg. : V o r-
hild des Lebens für Andere u. so in die
allgemeine von : Vorbild u. Muste r
überging od. dass es in der Bedtg.: Form
50 in ähnlicher Weise aus patronus entstand,
ivie Matrize (Form tvorin die Buchstaben
gegossen loerden) aus Icd. matrix.
patron-taske, Patrontasche.
patrülje, Patrouille, Streifwache, Bunde ;
55 — patruljeren, patrouiUiren, die Streifwache
od. Bunde abhalten u. machen. — Aus franz.
patrouille u. patrouiller u. dies mit span.
patear (traben) von (cf. Diez , I, 310) pata,
bz. franz. patte (Tatze, Pfote), cf. pote m.
60 pötjen, bz. unser padden u. patjen.
45*
PAU 708 PEFKE
pan 0(1. paue (Plur. pauen), Pfau. — paiiliuip, paulfln, Pftiu. — Nd iiaweluno,
Sprühte: In"' stiut't sük as 'n pau; — he ])agc'liuio, pagalün ; nmd. paulüu, j^awohin,
geiil so stolt as 'n i)au. — Mnd. pawe; pageliiii. — 7vs ist (weil der Pfau seinen
nid. paauw; mnld. pauw; ags. pava; eiu/l. Schwanz fächerartiff aufklappt u. entfaltet)
pavo; ahd. pliiiwo, fäwo, phäho, tViho, pliäo; 5 mit mnd. iJanwelün, paulün (Zelt, Zeltdach)
mhd. ])hä\vo, i)fäwe, pliä ; dän. paa ; bühni., formell u. be(jri flieh eins n. wie dieses aus
poln. paw; ital. pavoiia; />«»c. inion; sjian. franc. pavillon, bz. dem afranz. paveillon
pavon etc. — Aus lat. [lavo, was wohl (Schmcttcrlinff, Falter) entstanden, ums (cf.
zweifellos selbst ein P'remdwort /.s< wie das Dicz, I, 301) mit ital. itadiiilione ; sard.
griech. gleichbedeutende tafts. — cf. auch 10 papaglioni ; span. pabillon ; In/mr. jtabell ;
l>aulüno. air. i)upall (Zelt, bz. <(uf(jeklapptcs od. ent-
|iaiieln, x. pauloii. faltctes Etwas) aus lat. papilio hervorging,
pauen, mit scharfer kreischender Stimme j»aus, Papst; — pausilöni, Papstthum. —
schreien etc., wie z. B. ein Pf'a u od. auch Nd. jmus, paust, jiawcst ; mnd. pawos, pa-
wie kleine ungeberdige Kinder etc. — Nd. 15 west, pauwst; nid. i)aus ; afries. i)avs, paves,
(B r. Wb., Schütze etc.) iiaiien ; nfries. pavis; o.s. pävos; an., /,s7. pävi ; rt/»f/. bäbes ;
p.jauwo, pjawc (mit feiner pfeifender od. mhd. bäbes, bäbcst, bäbst. — Aus mgricch.,
winselnder, kläglicher Stimme reden, schreien mlat. i)äpas (Priester, hoher, höchster Priester)
toie kalekutische Hühner od. wie junge Hunde, u. dies (cf. \)H\)0 von jiäpa) aus griech.
Katzen etc. laut schreien u. lärmen, zanken). 20 päpas, ]);ii)pas, Papa, Vater.
— Wohl zweifellos von \)ixn (Pfau) weiter pe, peje, \tn, pi, Unterrock von rauhem
gebildet. groben Tuch od. Wollenzeug für Frauen,
paake, Pauke, das bekannte, .^tark- u. bz. Mädchen u. Kinder, cf. auch pö-laken
dumpftönende , trommelartige , mit einem tt. i»i-jikkort. — Nd. (Br. Wb., Dähnert
Schlägel geschlagene Tonwerkzeug. — ^1«- 25 etc.) \)\e, pey, iiige, pigge, piko (eine Jacke,
geblich aus (cf. Weigand) lat. lulciiia, ein warmes Unterkleid von Flanell, Boi/ od.
buccina, was wohl mit i»ungo u. i)Ogge etc. anderem wollenen Stoß) ein kurzer Hock) :
(cf. auch ]ieike etc.) derselben y angehört nid. pij, pijo (ein grober Wollcnstoff, grobes
u, wonach es dann auch beim Vergleich Tuch, ein Kleidungsstück, Ucberrock,
von piuhcii u. packen mit pauken ebensogut 30 Wamms aus diesem Stoß) ; mnld. \njci
direct von der y buk (sonare etc.) ab- (panuus rudis etc. ; penula coactilis etc. ;
stammen kann. bardocucnlbis, penula nautica; endroniis) ;
panken, a) schlagen, hauen, wammsen etc. ; nfries. (0 utze n) \ne, jiei (ein langes Kinder-
— so pauken siik; — hr paukt huni dügtig kleid, ferner auch der Plauen, eine Jacke
(lür; — b) lautschallend .'sprechen, predigen 35 od. Weste). — Es ist gekürzt, bz. erweicht
dass es schallt u. dröhnt etc.; — hö paukt (cf. slä' od. sie aus sliide, siede, — frä od.
uns wat för; — de pastör bed fan für- fre aus friide, frede, Friede, — schröjen
middag wer gud an 't pauken wcst. — 3fit aus scbröden etc.) aus pede = as. ixula
nd. (Br. Wb.) jiauken (mit hohlem Munde (Untergewand) = ags. jiad ; goth. juiida
reden, dass es dumpf klingt, laut sprechen, 40 (Tunika, Bock) ; mhd. pfeit (Hemd, hemd-
mit Geschwätz übertäuben etc.) u. nhd. ähnliches Kleidungsstück), ivas wohl mit
j>auken von pauke od. direct mit 1)Uc1umi finn. ]mta. ( Hrmd) aus griech. baite (Hirten-
u. pucken etc. (cf. jiuclien u. ])ukkcrn) von od. Bauernkleid, bz. Hirtenrock von Ziegen-
der y buk. feil) entstand.
Paul, 7nl. Name. Davon Gcschln. Pauls, 45 pcfkfi od. peukP, peweke, gegen Witte-
Paulsen, toie Jans, Janssen von Jan u. rungseinflüsse etc. sehr empßndliches zartes
Johns, Johnsen, bz. Johansen von John, bz. Kind, Schwächling etc.; — he is un blil't
Johan. — Zu dem auf dm ^'). Jan. fallenden altid 'n i)efko; — 't is so 'n pefke faii 'n
Tag der Bekehrung des Apostels Paulus ge- kiud od. jung etc. — Es ist eine Diminutiv-
hört der Beim: Paul bekür di ! wintor wer r)0 form, die nach dem gleichbedeutenden \n\)vv-
(weJire, bz. beeile) dl. ling von i»ipen (pfeifen, stöhnen, kränkeln,
paulon Oll. paueln, s/c/tif.s/jJHCM ». rHnicÄ- schwach sein etc.) leicht mit nd. (Schütze)
halten mit Etwas, säumen, zögern etc. ; — jiewerig (schwach, blass, kränklich etc., cf.
paul' dog lu't so lank ! mfik' dog 'n Intje auch itii)erig h. kraken etc.) zu einem Verb.
fürt; — he sitt to jiaulen (z.B. beim Spiel, 55 pewen (weinen, .stöhnen, klagen etc.) ge-
wenn Jemand das Anspiel hat u. nicht mit hören kann, die »rtc/t Pewsuni «».s Pawesheni
der Karte heraus will); — he pauld (od. od. nuid. \to\vQ]cr (Pauliner) leicht aus ])aueu
trüggeld) so lank, dat d'r hei gen wachten (kreischen , schreien etc., bz. mit feiner
ui> hum is. — Nd. (Br. Wb., Nachtrag, pfeifender kläglicher Stimme reden od.
pag. 228) paulen. GO schreien, 7vinseln etc.) entstehen konnte.
PEGEL PAEGEL 709 PEGEL PAEGEL
pegel, pägel, peil, Pegel; a) das ans od. r/e- u. zerspalten ist ii. das norw. (cf.
einem Kerb, Kerhring, Strich, einem eingc- hei Jv. Aasen das erste jx'il) ausser pegel
schlagenen Nagel od. aus einer in den Boden od. V« pot auch die von Borste, Spalte,
des Gefässes eingelassenen Stange mit einem Hitze etc. hat. Vergleicht man nun aber
flachen Kreuz oben darauf bestehende Merk 5 toeiter picheln, pichelen, od. vielleicht nach
od. Merkzeichen in einem Hohlmass für vinld., mnd. peghel (Vegel) besser ])igheln,
Flüssigkeiten, bis zu welchem dasselbe gc- ]iigheleD (trinken, saufen) von peghel, ))ighel
füllt wird, bz. bis zu tvelchem dasselbe ge- in der Bedtg. : Mass od. Finte (s. oben) ivie
füllt sein u. die Flüssigkeit steigen mtiss, unser pullen von pülle (I'tdle), so scheint
wenn sich die richtige Menge desselben in 10 es, als ob das e in ])egel od. peghel für
dem Gemäss befindet; — wen du niettst, den älteres i u. detunach auch pegel od. ])Cghel
must du de mat bit an de ])Cgel ful lopen für urspr. pigel, pighcl steht. Da nun aber
laten, bz. daruj) sen, dat 't mit de pegel lik weiter p u. b (cf. z. B. pangeln, pingelu =
steid ; — b) das in den Häfen od. an den bangein, bingeln, soioie = bikken u. 2 pikken
Küsten u. Ufern der See u. der Flüsse an- 15 etc.) sich mitunter gegenseitig vertreten u.
gebrachte Merk- od. Masszeichen der mitt- dann beide aus älterem idg. bh entstanden,
leren od. normalen n. r ichtig en Fluth- so ist es auch sehr gut möglich, dass auch
höhe u. daher auch iiberhaupt das Mass pegel od. pigel, bz. richtiger vielleicht pe^gel,
der Höhe u. des Standes der täglichen nor- pigel für and. begel, bigel od. begel, bigel
malen Fluth; — de flöt is fau dage 2 föt 20 (contrah. bell, bil) steht ti. demnach mit
bäfen de pegel Stegen, bz. 'n föt under de dem aus and. bigel od. bigel (cf. magt =
pegel (od. peil) bieten ; — na de Amster- ahd. mäht), ahd. bihal , pihal , pigil od.
dammer pegel (der mittleren od. normalen bihal, pihal, pigil, oberd. heihel (cf Grimm,
Fluthhöhe od. dem Mass der mittlem nor- Wb., I, 1374) contrah. bil (Beil, securis,
malen Fluth von Amsterdam) gerekend ligt 25 ascia) zusammenhängt od. mit diesem, so-
de polder wol 12 föt leger; — dat water wie den Wörtern nlid. Beil (Loch, Spund-
steid pegel- od. peil-hög (d. h. es steht so loch, bz. incisura dolii?), Beile (talea,
hoch, wie der lieget od. das Zeichen der Kerbholz, Kerb), heilen (securi caedere,
normalen höchsten Fluth); — 't is pegel- incidere, abscidere), bz. heilen, beigeln
od. peil-hög water (es ist Hochwasser, bz. 30 (vom Messen od. Aichen u. Stechen od.
das Wasser hat den Pegel od. das Merk- Probiren der Prasser bezüglich ihres Ge-
zeichen u. Mass der normalen Hochfluth haltes u. Inhaltes etc.), B eil er , Beig el er
erreicht, tvonach wieder die Ebbe eintritt); (explorator dolii) etc. zu einer u. derselben
— c) der Wasserstandsmesser, bz. mit y gehört, loie auch Gritnm fvergl. daselbst
Strichen u. Zahlen versehene Stab od. Bohle 35 diese Wörter) heilen, bz. beigeln (ex-
zum Abmessen der Höhe u. Tiefe des Wasser- plorare, probare) u. Beil er (explorator dolii)
Standes der Flüsse u. in den Häfen ; — m«i tf»ser»i pegeln, peilen ?/. pegeler, peiler
na de pegel was 't water fan dage 6 föt bog. identificiH u. demnach auch annimmt, dass
— Nd., mnd., nid., mnld. pegel, peil, das- i^ege], -peil ursi)r. die Bedtg. : Einschnitt
selbe u. auch das durch ein solches Merk 40 od. Kerb etc. gehabt hat u. mit ahd. pihaj,
od. Merkzeichen (s. sab a) angezeigte he- pigel, bz. pihal, pigel (securis, ascia, cf. bil
stimmte Mass od. Masstheil, hemina, Finte, u. Weiteres auch unter bllbröf) zusammen-
hz. (cf. Bahn ert) ein Quart od. der vierte hängt, was walirscheinl. auch mit hWikan u.
Theil von einem Fottmass, %cie nid. \)<i\\ 2 pikken (cf. diese Wörter) von derselben
auch iiberhaupt die Bedtg. : Mass, Grenze 45 y abstammt.
etc. (boven het peil van zijn vermögen, hz. Sollte übrigens der Zusammenhang unseres
zijne krachten; — boven peil en perk etc.) nd. pegel mit den obigen nhd., bz. oberd.
hat, tcie desgl. auch noriv. peil u. dün. Wörtern: Beil, Beigel , Beile, heilen od.
paegel, pael. beigeln etc. abzulehnen sein, so ivürde man
Dass dieses Wort ursjn: blos ein mit 50 (da das lat, griech. p im nd. oft unver-
einem scharfen Instrument od. einem Spalt- schoben bleibt) bei pegel als eingeschla-
u. Schlag -Werkzeug geschlagenes od. einge- genes od. eingetriebenes u. ver-
schlagenes Etivas bezeichnete, bz. ein Etwas senkt es Eticas (gleichviel ob ein Kerb od.
ist, was durch Schlagen, Hauen, Spalten etc. ein Knopf etc.), bz. als ein eingesenktes
entstand (wie z.B. ein Kerb, Einschnitt od. 55 u. eingelassenes Etwas (eine Stange
Spalt etc.) n. gemacht wurde, ist ivohl zwei- etc. zum Messen der Tiefe od. des Wasser-
fellos u. ivird dies auch dadurch bestätigt, Standes) auch an dem Zusammenhang mit
dass pegel im nd. (Br. Wh., Schütze) aengl. pegge; engl, peg (paxillus, bz. höl-
auch die Bedtg.: Brenn- od. Scheitholz, zerner Nagel, Pflock etc.) xi. weiter mit lat.
welches aus mittelstarken Aesten geschlagen 60 paxillus etc. u. pango, panxi, panctum, hz.
PEGELEN 1\() PEK PAEK
jiago, pcgi, pcpcgi, pactum (befestigen, ein- 1. iteic pei, NrhlkiicJicu, Pfdun^'uchen.
schlagen, ecrsenken : hefestigoi, festsetzen, — ef. engl, jüe, ital. piglio (Pastrtc, Kitchen).
bestimmen etc., z. B. auch die (irenzc od. 2. pcie, poi (wang., Ehrentr a ii t , I,
die Grösse u. das Mass von Etwas «. so 3S5), Vaters Schivester. — Vergl. mnd.
auch: abgrenzen, abmessen od. messen, ein- 5 (Seh. u. 1j.) peio, icas auch wohl dieselbe
(heilen etc.) u. griech. pi-gnumi, pegniiö (bc- Bedtg. haben wird u. vielleicht aus pede
festigen, hincinstossen, — stechen, — schla- od. pade entstand, da pcie auch für i>aic
gen etc., wie z. B. einen Nagel, Dorn, eine stehen kann. Wie 7mn aber nid. vlocion
Stange, Stosswaffe etc.) etc. denken können, — vlocden (nhd. fluthcn) u. scliroeijcn,
iras mit lat. pecus (cf. fö) «. unserm fangen 10 schronijen = schroodcu (schroten) ist, so
II. pak, i)akkeii ttc. zu derselben y gehört. würde zu ]mv od. paic aus pede od. pade
|ios»»len, |ie.£:olii. pä^jelpii, pägeln, gi wuhn- das mnld. (KU.) pctc (avia) u. pete (liistrica
lieh (contrah.) ppileil, a) specicll den Stand tiliola, Hlia initialis, profilia) u. sächs. pade,
(die Höhe od. liefe) des Wassers od. einer padedogtcr (cf.Kil. unter dem letzten \^etc),
Flüssigkeit messen durch Einsenken od. Ein- 15 bz. mnd. pade = nhd. Vathe (cf. bei
stecken eines mit Kerben od. Zahlen ver- KU. pete u. petor, susceptor) u. pete
scheuen Steckens od. Stabes in das Wasser (susceptrix etc., pioinater etc.) zu vcr-
od. in ein Gefüss od. auch : die Tiefe des gleichen sein.
Wassers messen mit dem Loth od. Senkblei; '6. peie, *'. poje.
— du kaust wol eleu peilen wo fol water 20 peie-halke, .v. iioje-lialke.
dat d"r uog steid ; — pegel (od. ])eil') dat peien, .s. 1 ». 2 i)aien.
tat cf'en, wo ful win d'r nog iu is ; — de peike, ppiike od. paike, poiko, peik etc.,
düpte tau de se peilen; — b) überhaupt: Sack, Beutel, Tasche etc.; — be .'^tekt hum
den Stand od. die Höhe u. Tiefe od. Eni- in de peike; — Coiiqws.: bedelpeik, Bt'Wc/-
fernung etc. von Etwas messen, ermessen, 25 sak; — uialpeik, in einem Sack od. Beutel,
ergründen etc. ; — de stand fau de stinn' Tuch etc. eingebundener v. gar gekochter
peilen ; — 't land peilen ; — man kau de Mehlteig = miilpiit od. sakköke. — Wohl
düpte fan Gods wisheid net peilen. — Nid. zweifellos ident. mit ags. poca (poha, pocca,
peilen (dasselbe) u. pegelen (saufen, cf. cf. L. Ettmüller); aengl. pokc (pohe,
picheln); mßäm., mnld. pegbelen, peyleu «. 30 poube, cf. Stratmann) ; e^^r//. poke, poucb ;
mflüm. auch pylen (nietiri, meusurare, meu- nudd. poke; an., isl. poki; norw. \)ök;
suram desiguare , metiri vasis capacitateni, franz. pocbe, mdartl. poque, pouque (pera,
modice sive parce dare), peylen (metiri saccus, bz. Eanzen, Quersack, Beutel, Sack,
aquas bolide) u. peylen (peusuni proponerc) ; Tasche), was vielleicht mit i)Uiige (Beutel
nd. pegeln (saufen, cf. picbelu) tt. pegeln, 35 etc.), pokke (Blatter), sowie mnld., mßäm.
peilen (die Tiefe des Wassers messen od. poke (cilieium, tegnum-cilicinum), poke (cul-
überhaupt Etwas /Stand, Tiefe, Entfernung cita), pokc (ingluvies) etc. (s. weiter unter
etc.] abmessen, beobachten u. bestimmen etc.); punge) u. nhd pfauchen (blasen) zu
mnd. pegeleu, peilen (dasselbe loie mnld.); einer u. derselben germ. ]/ puli, pug (rau-
dün. pejle ; schwed. pejla u. hindel.-fries. AO sehen, lärmen, blasen, auf blasen, auf schwellen
peilen (peilen in naut. Bedtg). — Zu pcgel etc.) gehört, zumal da neben ags. poca auch
etc., wie desgl. auch satl. (Ehrentraut, die Form poba (s. oben) vorkommt u. poca
11,214) pigelje (Spirituosen mit der Brannt- u. goth. -^ngg?, fc/. punge) tvahrscheinl. beide
loeinswage loägen); ütpigclje (genau nach ein aufgeschwollenes u. aufgeblasenes Etwas
Etwas forschen, sorgfältig untersuchen.) 45 bezeichneten. Die germ. y pub, pug toird
pegel-, peil-.stok, Visir- od. Mass-Stab, von Fick (III, ^167) mit buk von lat.
bz. Stock od. Stab zum pegeln od. peilen bucca (Blase, Backe) u. bucinum (cf. pauke)
der Fässer, bz. des Standes der Flüssigkeiten etc. zusammengestellt, wozu auch unser
in denselben. poggc, pok, pucbeu etc. gehört.
poi, .s. 1 u. 2 pcie. 50 peil, peilen, s. pegel, pegeleu.
pei, peje, s. pe. pcinsen, pcnsen, denken, sinnen etc.; —
peichem, peigern (judendeutsch), im ver- bej)einsen, bedenken, erwägen, überlegen etc.
ächtlichen Sinn .sterben, unsichtbar werden, — Nid. ])cinzen ; mnld., mßäm. peynsen,
verduften, sich auf u. davon machen etc. ; peysen, pcnscn ; mnd., mhd. penseu, pinscn.
— bt' wil j)eigern; — be is j)eicbert as be 55 — Aus franz. penser; ital. pensare; sjjan.,
murk dat de liubt net rein was. — Mit port. \)Cnmv; prov. pcnsar, pessar (erwägen
dem gleichbedeutenden hc.ss. (Vilmar, Nach- etc.) u. dies mit franz. peser, ital. pesare,
trag, jiag. 177) baekern u. vielleicht auch prov. pesar (wägen, wiegen) von lat. i)en8are.
dem gleichbedeutenden ha'icnwonhebr.iiiggvr pck, pJJk, peke, pake, pekke, a) Mark
(malt), wovon auch p«-gcr, Leichnam. CO im Stamm u. Strunk der Bäume u. Pßanzen
PEKEL PAEKEL
711
PELGEN
ti. in den Knochen. Fig. auch: Gehalt,
Kraft etc. ; — d'r sitt gen pek (od. pit)
mer in ; — h) Zeugungsglicd, Penis, cf.
pit. — Bei Cad. Müller auch der Docht
in der Lampe u. den Talglichtcrn, loozu
früher das Binsemnarlc benutzt ivurde. —
Es ist das contrah. nd. ])ecl(lik ; vmd. pedik,
pedek ; innld., vißäiu. petUIick ; loang. j)edik
etc., wrts anscJieinend ein Dimin. von ags.
pidha (niedulla, cf. pit) ist od. doch jeden-
falls davon tcciter gebildet tourde.
pekel, pake], Fiikel, Salzlake, Salzbrühe.
— Compos. : pekcl-flesk, pekel-herink etc.
— Nd., mnd., nid., imild. pekel; aengl.
pikel ; engl, pickle ; an., isl. pekill. Daneben
auch mnd. (Seh. n. L.) beckel u. clev.
(Weigand) pickel, bickel.
Da das nd. lake (Herings-Lalce) nur die
Bedtg. : Flüssigkeit od. Brühe hat u. ent-
iveder mit lekken (tröi'feln, rinnen etc.) zu-
sammenhängt od. mit nhd. Lache aus lat.
]acus (See, Wasser etc.) entstand, so tcird
auch pekel ursjn: nur die Bedtg. : Brühe
od. Flüssigkeit, flüssiges od. fliesscndes Et-
loas etc. gehabt haben. Vergleicht man nun
weiter die nid. Conipos. : Pekel-a (Name des
in den Groninger Morästen, bz. dem Bour-
tanger Moor entspringenden u. in den
Dollart durch den Staatensiel ausmündenden
Flüsschens in der Provinz Groningen, loo-
von auch die Fehncolonic Pekelä ihren
Namen hat), pekel-scliuim (Meer-Schaum),
pekel-veld (das Meer, die See) etc., bz. dass
pekel im nid. ausser der Bedtg. : B r ü h e
od. vielleicht auch der von: Sumpf etc.
(iemaud in de pekel steken laten, Jemand
in der Brühe od. dem Sumpfe stecken lassen)
auch die von Meer od. See (het schiümend
pekel klieven, das schäumende Bleer durch-
furchen) hat u. dass auch in der bei Seh.
u. L. im mnd.Wb. angeführten Belegstelle:
in der rosenstraten hebben de kneclite, do
se it innemeu, kinder in der pekel liggen
fanden unter pekel toohl schwerlich die sog.
Sulzlake, sonclern tvohl eher eine Lache od.
Wasserpfütze od. eine Cloake , Schmutz-
wasserleitung, Gosse, Strassenrinne etc. zu
verstehen ist, so ist es beim Vergleich der
Wörter pingeln ii. biugeln, T)ikken u. bikken
etc. sehr leicht möglich , dass das Wort
pekel, bekel, pikel od. peckel, beckel, pickel,
bickel mit Anlehnung an griech. pege (Quelle)
eine Weiterbildung von nid. beek; mnld.,
mnd. beke ; ags. becc ; aengl. bek ; engl.
beck ; as. beki , biki ; an. beckr ; schived.
back ; ahd. pab, pacb, bah, bach (Bach,
rivus, torrens, amnis) ist u. urspr. nur ein
fl,iessendes, rinnendes od. flüssiges Etwas,
bz. ein Bach-, Quell-, Fluss-Ding od. ein
Etwas loas einem Bach etc. gleich ist od.
davon entsteht, eine Stelle ivo Wasser fliesst
u. ist od. steht, eine Wasser- Ansammlung
od. ein Gewässer etc. (gleichviel ob ein
rinnendes u. fliessendes od. ein stehendes,
5 ob ein kleiner Fluss od. Abzugsgraben etc.,
eine iMche od. ein Sumpf, ein Meer od.
See etc.) bezeichnete, ganz ivie auch raär
(cf. 2 mär) u. mer ja manclicrlei verschie-
dene Bedtgn. haben u. dies nach dem, Obigen
10 auch mit dem nid u. mnd. i)ekel (cf. auch
lat. lacus u. lacüna) der Fall zu sein
scheint.
l»okel-flesk, pekel-herink, s. unter pekel.
pekelii, [»äkeln, in Salzbrühe legen od.
15 setzen, um Etivas (namentlich Fleisch od.
Fische) zu conserviren od. zu erhalten u.
zu bewahren. — Daher inpekeln, in Salz-
brühe od. auch in Salz legen (dat flesk is
inj »ekel d) u. flg. : sich behufs der Conser-
20 virung einhüllen, einpacken etc. ; — he hed
sük dügtig iupekeld; — he pekeld sük so
in as ot' 't bakstenen dik fräst.
pekke, s. pek.
pekken, a) Glasschmalz (salicornia lier-
25 luicea) ; — b) Igelkolbe (spargauium).
pel, s. pelle.
pe - laken , pei - laken , grob-, bz. rauh-
wollenes Tuch od. Zeug zu Unterröcken u.
sonstigen Kleidungsstücken. — cf. pe u.
30 laken. — Von Jemandem, der vor übergrosser
Eile od. aus sonstigen Ursachen Nichts
sieht od. Alles verkehrt u. unrichtig sieht,
tüird scherzhafterweise gesagt: he hed 'n
pelaken brill' up.
35 pelden etc., s. pellen.
pel-garst, s. pellgarst.
pelgen, schinclen, berauben, plündern od.
zwacken, drücken, kneifen, pressen etc. ; —
ütpelgen, ausrauben, ausziehen, nackt, bloss
40 u. arm machen, aussaugen etc. ; — he pelgd
(schindet od. zwackt) hum uet so lank, dat
he gans blöt un nakend is ; — he pelgde
hum gans iit, er kleidete od. zog, bz. er
plünderte od. quetschte u. sog ihn total aus ;
45 — dat land is gans ütpelgd, das Land ist
vollständig ausgeraubt od. ausgesogen; —
he sügt net iit as 'n ütpelgden arfte, er sieht
gerade so aus tvie eine ausgesogene od. aus-
gepresste, ausgequetschte, leere Erbse, ivovon
50 nur noch die Haut od. der Bcdg übrig ist.
— Mnd. pilligen, pilgen.
Es kann beim Vergleich von tillen sowohl
von balg (ahd. balg, palg, pale) abstammen
u. = b alg en , ausbalgen sein, als auch
55 mit pelle u. pellen od. pälen «. ital. pelare
etc. (cf. 2 palen) zusammenhängen, falls es
nicht etwa direct aus dem rom., bz. afranz.
])elicer (zupfen, rupfen); span. (Diez, II,
160) pelizcar (kneipen, kneifen, zwacken,
60 drücken, quetschen etc.) od. dem ital. pigliare ;
PELLE 712 PENNE
.<t/jaH. pillar; ^jor/., ^*yoi". pilliar; /niHj. piller P^H-, pelle-. polde-gang, iJer ^«m pellen
(wegmhmen , phnidero) ti. mit diesem aus dienende MahUjanij einer Fcldemühle.
lat. pilarc (rujifcn) ml. pilare , expilare peH-, pelle-, pelde-gai'ste ; /. q. schill-
(plimdern) lierrorginf/. garste, d. i. geschälte od. enthiilsete Gerste.
pelle, pell, pel, ,ieh(de, Haut, abgesogene 5 pell-, pelle-, pelde-giirte, G/«/^c od. Grau-
od. abgeschälte Haut, besonders von Eiern, pen von geschälter Gerste.
Gerste, Kartoffeln etc. ; — kartull'ols in ilc pell-güs, eine gerupfte Gans, hz. eine
polle od. pellkartuffels ; — kartntYolpell etc. Gans, die gerupft u. ihrer Federn od.
— Nid. pel; nd. {Danneil, Scham- ihres Federklcides beraubt ii. kahl ist od.
Jiaeh) pelle; tinild., »ißäi». pelle (pellis, in- \Q gerupft tvird. — Daher auch eine Gans
vilucruni, pcricarpiuni, folliciilus, silicpia, in- od. eine dumme Person die gerupft, ge-
viihurum seminis ; tnnica calix, valvnlus lo- jißucJit u. gehänselt wird; — en in 't
iiiminum; testa). — Wohl mit engl, pell selskui> mut altul ilo ])ellgös wesen ; — 't is
(Haut, l'ergament, Zelle); aengl. (St rat- 'n regten iiellgös (eine dumme Person, die
mann) pel; afranz. pel (Haut etc.); ital. 15 sich rupfen od. hänseln lässt etc.). — Es
l)elle (Haut, Fell, Balg) etc. aus lat. pellis .'<teht tvohl für peig-gos (cf. pelgen), doch
(cf. \ {c]), während nid., mnld. Y)i?]]c (Leichen- kann die Vorsilbe pell auch zu pellen
tuch, Bahrkleid, Bahrdecke, umbella) ; mnd. gehören.
(Seh. u. P.) pelle (Altartuch etc.) etc. ent- pell-kai'tiiH'el.s, Karloff'eln mit der Schale.
weder direct aus lat. palla od. mit ags. 20 pell-, pelle-, pelde-iujll, grobes, mit der
pael, pell, päl, pillla (pallium ; jjurpnra, cf. Schale od. Hülse gemischtes Gerstenmehl,
L. PJttm aller; od. Seidenstoff, cf. IL was beim ]^e\]en der Gerste abfällt. Es ivird
Leo); aengl. (S trat mann) i)ü\, i)e\; engl. meist zu Schweinefutter verbraucht.
pall (pallium etc.) ; an., isl. pell (byssus) ; pell-, pelle-, pelde-inölen, eine Wind-
schwed. pell, pelle, päll (eine Art Himmel -5 miihle, die zum Schälen (pellen) der Gerste,
od. Baldachin von Seidenzeug, der bei der bz. zur Fabrikation von Grütze od. Graupen
Trauung über das Brautpaar gehalten wird) eingerichtet ist.
u. ahd. pliellol, fellnl, pfellül; j«/ir/. phellöl, P^H"? pello-, pelde-steii, der zum pellen
pfellel , phelle , pfelle (feiner Seidenstoff', gebrauchte od. dienende Mühlstein.
Gewand u. de.'igl. aus demselben Gefertigtes); 30 pell-, pelle-, pelde-wai'k, das Werk od.
mlat. palliolum , sowie ital, .s/ja». palio; Getriebe in einer pell-niOlen.
prov. pali; afranz. pali, paile (Ueberkleid, pell-, pelle-, pelde-wind, Wind, der stetig
Teppich, Baldachin) aus lat. pallium (von n. stark genug ist um zu i)ellen, bz. Graupen
palla) entstand. von Gerste zu machen; — 'n stefigeu 6st-
pellen, pelden (pelle, pellst, pelkl etc. ; 35 wind is de beste pellwind.
— )iellde, ]>elldst etc.; — is od. liet pelld), pels, pelts, Pelz, l'^ell etc.; — he hed
.scliälcn, häuten, enthülsen, die Jlaut ab- bum de i)els reddt; — he krigt wat up sin
ziehen, schinden etc.; — kartuflcls etc. j)el!en; jiels; — se kloppcu bum de jiels üt. —
— he i)elld dat (od. bum) üt (auch fig. im Sprichio, : wask mi de ]iels, man mäk ml
Sinn von auskleiden, cntblössen, arm machen, 40 ikH nat. — Mit ahd. i)elliz; inhd. pellez,
rupfen etc.) ; — garste pellen, 6r^'rs<e .sc/tä/fH belliz, beiz etc. aus mlat. pellicium u. dies
od. enthülsen, bz. sie auf der Mühle zu mit ital. pclliccia; franz. peiissc etc. aus
Grütze od. Graupen machen od. mahlen, dem P'emin. i^ellicea von lat. ])elliceus (von
indem die Schale davon zwischen den Steinen od. aus P'ellcn) von pellis, cf. 1 fei.
abgerieben icird; — daher überhaupt auch : 45 pelsor, peltsei', Pelzer, Kürschner. —
Grütze od. Graupen mahlen od. machen; Davon pelserstrate in Emden.
— 't is güde wind um to pellen; — he is pelser, *-. i)leser.
an 't pellen; — de mBIcn od. de midier hed penii-damiii, ein Schluss- od. Schutzdamm
tan dage 'n stefigen Ostwind, so dat be göd in einem Graben zum Abschliessen od. Ab-
l)ellen kan. — cf. pellmölcn, pellwind etc. 50 .schützen des Wassers, der an beiden Seiten
— Nd. (Danneil, Schambach) pellen; aus Holz besteht u. imcendig mit J'Jrde au.s-
nld. ))ellen u. (provinz., z. B. in der Pro- gefidlt ist. — Wohl = Damm zum Ab-
vinz Groningen) jielden (schälen, enthülsen schlie.'<sen u. Abschätzen etc. (cf. 2 i)ennen)
etc.); mnld. pellen (vellere, vellicare, car- des Wassers.
pere; decorticare, glubere, deginbcre, gla- 55 1. peniie, penn (Plur. peinien), Feder,
brare, dcglabrare), pellen bet ey (exuere besonders die cds Schreibfeder benutzte starke
Ovum tcsta). — Wohl zunächst von ])elle Schwungfeder. Daher überhaupt : Schrcib-
(pellis) u. dann in der Bedtg.: vellere etc. feder. — Compos.: jjenn-kaker, itenn-likker,
OMCA aus franz. peler etc., cf. 2 palen i)enn-mest, g6s-]ienn etc. — Jläthsel: 't is
od. pälen. 60 tan liilen, 't hed gen läfeu, 't kan elk un en
PENNE
713
PENNEN
dog antword gäfen. — Aus lat. peana, alat.
pesiia M. dies für petna, patna, was mit Feder
(cf. 1 fär) zur ]/ pat (fliegen etc.) gehört.
2. penn« , penn , pinne , pin (Dimin.
pennke, pemitje, jiiniitje), Piiinr, Iflocl;
Naget, Zivecke, Zapfen (von Holz od. 3te-
tall, spitz od. blos zugespitzt, od. auch vorne
abgestumpft) etc., zum Ein-, Auf- od. Fest-
stecken , bz. zum Festhalten , Festnageln,
Festmachen, Verschlicssen u. Verbinden ; —
rorpenii (Euderpinne) ; — du must d'r 'n
l)eiiu (Pflock, Nagel) in slagen, dat 't fast
sitt ; — 'n penn (Zapfen) an de balkc makcn,
de in de ander instaken word, dat he net
wiken kan ; — de rämen tan de fensters un
döi'en siiut mit peiiuen (od. tappen) in 'n
ander ferpennd (od. fertappt) etc. — cf.
jienntje etc. — Nd. (Br. Wb.) penn (höl-
zerner Nagel od. Zapfen; hölzerner Thiir-
riegel) u. piiin od. (S chilt z e) pinne (klei-
ner Pflock) ; mnd. pin, piniio (Pinne, Spitze,
Nagel, Schuster zweck, Pflock etc.; Pfrieme,
Schusterahle) ; nid. jien (Stachel eines Igels,
Pflock) u. pin (Pflock, eiserner od. hölzerner
Nagel ohne Kopf, Zivecke, kleiner Nagel);
mnld. (KU.), mfläm. penne (assula iuspicata,
bz. cheville de bois) u. pinne (pinna, spi-
culuni, cuspis, veruculum, aculeus), pinne,
doelpinne (scopus, Nagel od. Knopf in der
Zielscheibe), i)inne (clavus, impages) ; aengl.
pinne; engl, pin; an., isl. pinni; nono.,
schwed. piuue ; dän. pind ; mhd. phinne,
finne (Nagel, Pflock etc.) etc. — Vielleicht
entlehnt aus lat. ])iiina (Feder, Schwung-
feder, Flossfeder, Flosse; Spitze od. Zinne
auf der Mauer, Helmspitze u. im mlat.
auch: Nagel etc., cf. 1 «. 2 tinne), von
tvelchem es übrigens fraglich zu sein scheint,
ob es in der Bedtg.: Paeder, S chtvung-
feder, P'lossfeder , Flosse nichteine
blosse Nebenform von penna u. in der Be-
dtg.: Spitze od. Zinne mit seiner Neben-
form j)ina nicJit etwa ein gänzlich davon
verschiedenes Wort ist, ivas vielleicht mit
dem gleichfcüls allein stehenden port. (Die 2,
II, 162) pino (Nagel, Zwecke) u. pino (Höhe-
punkt , Spitze) ; schott. (J a m ieso n) \m\
(Gipfel, Spitze, Höhe etc.), bz. kymr. pin ;
gäl. pinne ; an., isl. pinni (Pinne, Nagel
etc., bz. ein spitzes Ftwas, cf. mnd. pin,
pinne, Spitze etc.) aus dem kelt. od. altgal-
lischen entlehnt ist u. ivomit auch das von
Curtius u. F'ick unberührt gelassene
griech. j)inna, pinne (Steck- od. Stechmuschel),
nid. pin , norw. pinn (kleiner Spierling,
Stint, kleiner F'isch) conncv sein könnte,
wie desgl. unser 2 finne (spitzige Hitzblatter,
Blasengeschwür mit Wurm im Schivein),
die ,ja sämmtlich ivie vielleicht auch lat.
pinus (Fichte od. Nadelbaum) u. kelt. (cf.
Obermüller, II, 475 unter pindus u.
pinie) pinn (Nadelwald), pen, l)in (Berg) auf
eine y mit derselben Bedtg. tvie die ]/ ak
von lat. acus, acies etc. u. ags. eggia, mhd.
5 egge, ecke (Ecke, Spitze, Schneide, Bergkamm
etc., cf. egge u. die Egge als Name des
Waldgebirges in Westfalen) zurückzugehen
scheinen.
1. pennen, Tlur. von 1 u. 2 penne.
10 2. pennen od. pinnen (Verb, zu 2 jienne),
zapfen, verzapfen , ineinander stecken od.
fügen, verbinden, schliessen, dicht machen,
abschliessen , ein- od. abdämmen etc. ; —
de balke mut pennd od. anpennd (mit einein
15 Zapfen versehen, bz. angespitzt) worden;
— de balken, rainen, fensters etc. sunt in 'n
ander i)eimd, bz. in od. mit 'n ander fer-
pennd od. ferpinnd (die Bcdken etc. sind mit
Zapfen versehen u. durch Einschieben od.
20 Einstecken derselben in die Nutheii od. Ver-
tiefungen fest zusammengefügt u. mit ein-
ander verbunden) ; — 'n fenster pennen od.
jiinnen (ein Fenster durch Ein- od. Auf-
stecken einer Pinne feststecken ti. ver-
25 schliessen) ; — de döre is pennd od. fer-,
to-pennd (die Thüre ist durch einen höl-
zernen od. eisernen Pflock od. Stecken ge-
schlossen od. verschlossen etc.) ; — 't water
peuueu od. ofpennen (das Wasser ab-
30 schliessen, absperren, bz, dämmen, abdämmen,
zurückhalten etc.) etc., cf. inpennd, inpenuen
etc. — Nd. pinnen u. (Br. Wb.) pennen,
topennen (riegeln, verriegeln, verschliessen),
ferpennen (mit hölzernen Nägeln zusammen-
35 heften); satl. (Ehrentraut, II, 193)
penne (die Thür mit einem hölzernen Riegel
'Verschliessen) ;■ nid. jünneu (anzwecken, auf-
zwecken, mit Zwecken verbinden) ; ags. (L.
Ettmüller) pinnjaii , onpinnjau (repa-
40 gulareetc); «e«^Z. )iinnin; engl. ]mi (stecken,
anstecken, heften, anheften; befestigen, zu-
sammenbinden, festmachen; annageln; ein-
schrauben; einsperre)i, einpferelioi etc.) u.
ags. (ou)pennjan; aengl. (St rat mann)
45 pennen, bipennen (includere ; engl. j)en (ein-
pferchen, einschliessen, einsperren, einengen) ;
norw., schwed. ])iuna ; dän. pinde (pflöcken,
anpflöcken , mit Pinnen festmachen, , fest-
stecken, zapfen, verzapfen, verpinnen) etc.
50 — Zu 2 penue, bz. pinne.
3. pennen (dat), das Kneipen, Zivacken,
Zioicken, Drängen im Mastdarm, bz. der
schmerzhafte stechende Drang etc. zum Stuhl-
gang, ohne dass derselbe jedoch erfolgt. —
55 Wie zwacken u. zwicken von Zwick (dünner
Holznagel), so loird auch dieses Wort wohl
mit 2 pennen n. 2 penue (Pinne, Zioick,
Zweck, dünner Holznagel zum Einstecken,
bz. zum Stecken od. Stechen, Feststecken
60 etc.) zusammenhängen.
PENNINK
14
PERD
|ieiiiiink. Pfennig. — Siirichic: pcniiiiiks-
kliik, — (laU'rs-dum. — Nach der ältesten
Form (ihd. i>hautiuc, pheiidiiig, ]icuding etc.
ist es von ahd. jjliaiit (Pfand) mit der En-
dung intr fortgebildet u. bezeichnet es dem- 5
nach ein K'ttcus, was einem Pfand gleicht
od. demselben entspricht, bz. uas als ge-
schlagenes Stiicl' Edel-Mctall od. geprägtes
(rildstitck (urspr. eine Meine Silbermiinze,
Dcnarins) Pfandircrth hat n. statt eines 10
sonstigen ^Verthsti'tckes als Pfand gegeben
n. gezahlt, sowie auch im Handel als Tausch-
object gebraucht wurde.
|»onn-kakor. Fedcrkochcr.
|iPunko, |»oiiiikcii, .s. peuufje. 15
pnn-likkor (Fcdcrlecker , bz. Person
ivelehe die Sehreibfedern ausleckt od. ableckt),
Federfuchser, Schreiber. — Nd., nid. ])onii-
od, peuiic-likkcr (dasselbe); mnld. poniie-
lecker (sorviiliis a manu, librariolus). 20
poii 11-111 csl, Federmesser.
|)tMin-ür(l, |»eiiii-(»rj^, scharf von Ohren,
scharfohrig, scharf- od. feinhörig, scharf
u. genau hörend, sehr aufmerksam ; — ■ he
is so peiinord as de düfel, man kau hast so 25
Ragte ni't i)roteii, of hr hOrd 't. — Zu
2 iieune <ds spitzes scharfes Etwas.
penn-sa^lis (obs. Cod. Müller), Feder-
messer, cf. säks.
1. penntje, piniifje od. peutje, pintje u. 30
auch peniike, pennkcn (JJimin. von 2 penne
etc.), a. ein eiserner od. messingener Pflock
od. Nagel zum Einstecken in Löcher, bz.
Feststecken u. Schliessen der Fenster u.
Thüren, bz. zum Durch- u. Vorstecken in 35
eiserne Bolzen, Achsen (Bolz- od. Achsnagel),
damit dieselben nicht herausgenommen od.
ausgleiten können u. festsitzen; — wen du
^t feijstcr digt mäkst, mnst du 't j)enntje
(od. ])innfje) d'r wer upsteken, dat 't net 40
upschafen (aufgeschoben) worden kau; —
b. die auf einem Schnürriemen, bz. um
das eine Ende desselben befestigte Nadel,
icelche durch die Schnürlöcher der Schuhe
11. Kleider gesteckt wird. 45
2. pennfje, pinntje od. pennke, peniiken,
eine silberne Bohre, ivelche in die kranken
Zitzen des Viehs gesteckt wird, um das Zu-
nd. Verwachsen derselben zu verhüten. —
Da dieses Geräth im nid. speeuzonde (d. t. 50
Zitzensonde, cf. sj)ene, späne) heisst, so wird
auch dieses wohl blos die Bedtg. : Ein-
steck geräth hcdjen u. wie 1 [)cnntje etc.
et» Dimin. von 2 penne etc. sein.
pppel«', püpelt", Zärtlichthucrei, verzärt- 55
lichendes u. verweichlichendes Gethue etc. ;
— wat is dat för 'n pepph- mit de kinder V
pcpplip^, piippli^, weichlich, empjindsam
rm/ifindlich, weinerlich etc.; — lie is (od.
word) so pcpelig, dat he hei gen koide un GO
wind, bz. hei gen hard würd mir t'ordragen
kan. — Nd. (Schambach) paepelig.
pepeln, päpeln, zärtlich u. weichlich thun
od. .•<prechen, zärtlich sein, zärteln etc.: —
lie pcpohl to föl mit de kinder herum. —
Daher: ferpepeln, ferpiijioln, verweichlichen,
verzärteln; — se hed de kinder gans fer-
pepeld ; — de kinder sunt so ferpcpehl, dat
se glik ferkold siint, wen hör man 'n lüchtje
(Lüftchen) anweid. — Nd. (Schambach)
paepeln. — Da nd. (cf. Schambach)
auch pepel //n- ))/*(/. Pappel vorkommt, so
kann es sowohl wie nd. (D a n n e i l) iiappeln
(essen von kleinen Kindern) ein Jterat. von
])appen (Pappe od. Brei essen, mit Pappe
füttern etc.) als auch mit päppeln (dummes
Zeug schwcUzen , bz. wie kleine Kinder
schwatzen, u. sprechen) ident. sein. Ver-
gleicht man indessen pepclig zu jjipelig vo)i
j)il)en, .so kan)i es auch mit pipelu als dem
Iterat. von pipen urspr. ident. sein, bz. vom
Jmjierf. i)(']) desselben abstammen.
ppper, päpei", Pfefl'er. — Aus lat. piper.
p«'l»er- , päpei'-böiii , Seidelbast (daphne
iiU'Zer).
pepprn, piipeni, a) jifeffern, mit Pfeffer
bestreuen od. einreiben u. ioürzen; — de
wurst is to stark peperd ; — b) prickeln,
schmerzen, brennen etc. ; — de hande peperu
mi d'r fall, so klappde he ml d'r in ; — iii-
pepern, einp)feffern; fig.: einreiben; — he
schal hiim dat wol wer inpepern.
peppr-, päper-wurtol, Meerrettig.
per, ppre, prir, iiäro, Birne. — Nid.
peer; ags. per; engl. jiear etc. aus lat.
pirum.
pei'aminel, s. parannnel.
per-liom, Birnbaum.
perd, Pferd. Auch das Seil (Tragseil,
Träger), ivelches bogenförmig an den Raen
hängt u. worin die Matrosen stehen, um das
Segel festzubinden, sowie ferner auch ein
axif zwei Balken liegender Querbalken worauf
eine Mauer ruht, wenn der untere Theil
derselben iceggehrochen toird etc. heisst perd.
— Redensart, u. Sprichw. : fau 't perd uj»
de esel kamen; — 'u gaf'eii perd kikt man
uet in 't bck ; — de beste perde worden iip
de stal söcht (auch fig. von guten Mädchen) ;
— bcter 'ii blind perd as 'n lös heiter
(Halfter) ; — 't hinkende perd kumd achterna ;
— 'n goden förman bl 'n wcpel perd is mer
as 't ))erd un wagen werd ; — de perde de
de hat'er ferdein-n, de krigen se net; — • he
arbeidt as 'n perd ; — 'u hürd perd un 'n
leiule swäpe rideii scharp ; — 'n wit penl
mut tTil strei hel^beu ; — he sitt up 't pird
un söcht d'r na; — he iied 'n gewelen, d;it
d'r wol 'n kütse mit fer ]ierden in umdiaien
kau ; — he löpt so stolt as 'n soldatenperd ;
PERDE-BLOEME 715 PERTRET
— 't is 'ii fromiusk as 'u mölcnpiinl ; — he parc, parrick, parrock; engt, schott. park;
sitt up 't perd as de esel up de pliinibum ; ^/rtd. päirc; ki/inr.Y>sirc.]ii\,r\vff;ahd.])\\avru:h,
— mit stiitskc jiürde is kwfid idögeu; — pherrich ; mlid. pf'erricli, pferch; miat. par-
weii de perde net eteii uii de wagens net ricus, parciis; ital. \)arco; si)an.,port.\y,\V([U(i;
sleteii, den was ^t göd förmau wesrii. — 5 jn-ov. \)ixrc, pargue ; franz. i)arc , tvovon :
Käthsel: ik stä für dl, dit schal in dl, den parquet, parquer u. das entlehnte n/id.
wii 'k up dl, den schast d' gün. — Das Parle. — Vielleicht (cf. Dicz, J, ■'iOG)
Wort perd; inhd. pfert, pfcrit, phiirit; ahd. von lat. parcere (sparen, schonen, erhalten
pferfrit, pherfrit, ))arf'rit, ])arefrct, parevrit, etc.) od. sonst das mlat. parricus, parcus
])arafrid ; mlat. parafredus, parcfridus etc. 10 der Bedtg. nach hesser zuerst mit ahd. ])erc,
entstand aus dem griech., lat. puraveredus, perak, percg (Berg, Ort ivo man gesichert
toas als Compos. von para (hei, nehcn etc.) ist, hz. eingefriedigter it. icmwallter Ort) u.
u. lat. veredus ivörtlich ein Nehcnpferd pure, purag, puruc (hefcstigtcr od. einge-
hezeichnet od. nach 31. Jälms (Boss u. hegter, lünschlossencr Vlatz, Schloss, (,'astell,
Reiter, piag. 4) eigentlich die Benennung 15 Burg) etc. von a/if?. perkan, pergan, bergan
eines der grösseren u. schwereren Pferde (mnschliessen, einhegen, sichern, in Sicher-
ivar, welche man heim cursu ]nxblico ver- heit hringen, verbergen, hz. bergen), tvo
wendete n. später avertarii nannte. Aus dann das ags. pearroc ; gael. päirc ; ital.
paraveredus entstand (Dicz, I, 302) auch parco etc. u. ahd. pharrich etc. tvieder aus
das ital. palafreuo; span. palafren ; j^röy. 20 ndat. parricus, parcus entstanden, hz. ent-
palafrei ; franz. palefroi (Zelter). lehnt sind.
Das lat. veredus betr., so erklärt der perle-flukeu, *■. pari'cl-linken.
röm. Grammatiker Fes tus (de siguiücatione persenning, presenning, getheertes Segel-
verborum) dasselbe damit : quia rhedam tuch, tvomit man Sachen, Luken u. andere
vehit (weil es den Wagen zieht). Da in- 25 Oeffnungen auf den Schiffen bedeckt od. was
dessen rheda ein kelt., gall. Fremdwort ist, man darauf befestigt, um, sie vor dem Nass-
so ist es viel walirscheinlicher, da.'is auch loerden u. dem Eindringen des Wassers zu
das lat. veredus ein Lehnwort war u. aus schätzen. — Nid., schwed., dän. presenning.
dem kelt. vehorheda (Pferd) entstand, in — Wohl aus preserving (welches nacliBo-
ivelchem toahrscheinl. einestheils die y \ägh, 30 brik auch in derselben Bedtg. gebraucht
vah (vehere , cf. wagen u. wegen) «. an- loird) od. preserveuiug (von engl, preserve ;
derentheils die y radh od. ardh (cf. radeu, franz. preserver; lat. praeservare) ent-
reden u. riden) steckt, wozu auch wohl das standen.
kelt. rhedeg (laufen) gehört. pei'sk, perske, Pfirsich. — Nid. perzik;
perde-blöme, Löwenzahn (leontodou ta- 33 ital. persica (contrah. pesca) etc. — Von
raxacum), sonst auch hundeblöme genannt. persicum (persischer Apfel).
pei'de-dokter, Pferde-, hz. Thierarzt. persüii , Person. Der Mensch seiner
perde-flesk, Pferdefleisch. — Sprichw.: Wesenheit od. innerlichen u. äusserlichen
pcrdeflesk, diir flesk. Erscheinung od. auch blos seiner äusser-
perde-folk, Beiterei, Cavallerie, Gegensatz 40 liehen Erscheinung nach, seine Figur, Ge-
von fötfolk als Infanterie. stcdt etc. ; — 'n gröt (od. lütjet, moi, mal
perde-kötel , Pferdeapfel. — Sprichw. : etc.) persön ; — Compos. : fröens- od. fros-
„wär rök is, dar mut ök ftU" wesen," sä' de persön, mans-persöu ; — fan person is he
i'elink, do wul he sin pip bi 'n frisken mi wol bekeucl; — sin persön kenn' ik uet.
perdekötel ansteken. 45 — Aus lat. persona (Maske, Figur; Figur
perde-melk, Pferdemilch. u. Bolle, die der Mensch auf der Welt
perde-tögel, Pferdezügel. spielt; Bild, Figur, Abbild eines Menschen
perde-töm, Pferdezawn. etc.) u. dies toohl aus dem Femin. des lat.
perdulje ; i. q. bredulje. personus, persona etc. (sich hören od. ver-
perdain, Pardon. Auch Frist, Aufschuh 50 nehmen lassend, redend, blasend, spielend
bezüglich der Zahlung einer Schuld forder ung. etc.) von persouo, persouare (durchschallen,
perdune, s. pardune. erschallen, ertönen; laut rufen od. schreien,
pere, s. per. auf einem Instrument ertönen lassen od.
\)er\i(hoU.Grenze), Ziel, Endpunkt, Grenze, Ton fortbringen, spielen, blasen etc.).
Schranke etc.; — gen pal of perk ; — gen 55 pertret od. portl'et, Portrait, Bild, Figur
perk of mät etc. — Nid. perk (Park ; etc. ; — fig. : Person, Mensch ; — ik heb'
Kampfplatz ; Schranke, Grenze etc.); vmld. nog 'n per- od. portret fan lium; — 'n old
park, perk (septum, circus, locus conclusus, pertret (ein altes Bild; ein altes Weib od.
arena , roborarium , vivarium etc.) ; mnd. Weibsbild, eine alte Schachtel) ; — he is 'n
perk ; ags. pearroc, pearruc, pearric ; aengl. 60 mal pertret (er ist ein wunderlicher Mensch
PERVATSK 716 PIK
0(1. Kam). — Portrait ist das Partie, von rpwsuiil, Flecken in der sog. krunihürn
frans, portrairo (abbilden) ans lat. i)rotra- n. früherer Amtssitz des Amtes GrcetsieJ.
here (hervorziehen, ans Licht bringen, er- — Alt raweshoin von jiawes (Pabst, cf.
scheinen machen etc.). paus) «. licm (Heim, Wohnsitz etc.).
pervätsk, prevätsk, malitiüs, boshaft, hü- 5 pi, .v. pipi.
misch, feindselig, neidisch etc.: — Iit- is so |)i('liplii, trinken, saufen etc.; — ho
'n ptrvatskou krrcl, dat clk liiim inidt, war picheld to l'dl ; — pichclcr, pichler, Trinker,
hc man kau ; — prrvätsklit'id, jircvatsklioid Säufer. — Nd., mnd. picheln, pichch'ii. —
(Malice, Bosheit, Feindschaft, Ifass, fei)id- Ob dies Wort nicht eher von prov., afranz.
selige Gesinnung etc.); — hö hed dat alh'ii 10 pichier, pechior; sjjon., port. i)ich('I ; ital.'
iit pervätskhoid dän etc., hz. dat is blöt sin Iticchiore etc. (cf hekor) abstammt, cds dass^
pcrvätskheid west, dat lie dat (hm hed. — es mit dem gleichbedeutenden nd. pegeln
Von nd. (Schambach) profät, prilat Cil/o- (von i)Cgel = Ptnte etc.) ident. ist?
lice) u. dies zweifellos mit mnd. privat, pil", feinere Schallbezeichnung wie paf u.
prevat, provat, pravat (Privat, heimliches 15 puf u. nur in der Zusammensetzung mit
Gemach, Abtritt) aus jirivatus von i>rivarc diesen (pit'-paf-])Mf) gebräuchlich, ohne dass
(berauben, ausser Verbindung setzen , für iveitere Wörter davon gebildet sind.
sich selbst nehmen etc.), soda.'<s das nd. in-jikkcrt, ein yikkert od. eine Jacke von
ItrÜAt (M(dice) ursj)r. eine private Gesinnung rauhem, grobem Wollenstoff, cf. pe. —
od. soviel als Selbstsucht, Eigennutz etc. 20 Xld. pijjakker u. pijjikkert; nfries. (Jo-
hedeutete. ' hausen) pijekkat.
pese, päse, pise, pesel, päsel, pisel pijiinle, .s. piünte etc.
(Bimin. pt-sje etc. ». peseke, peske, pilskc, 1.' pik, Pech. — Nid. pck, pik; mnld.
piseke, piske), Ziemer eines Ochsen od. jiick , peck ; nd., and., as. pik; ags. pic;
Stiers, Schweins etc.; — Compos. : hui-, 25 goth., an. hik; engl, jiitch; ahd. pöh etc.;
swiu-pese etc. — Nid. pees (Ochsenziemer, kd. pix ; griech. pissa etc. ; vcrgl. Weiteres
Sehne, Nerve, Flechse, Spannader, Bogen- unter fisk am Schlüsse.
sehne, Strang), JJimin. pees.je (kleine Flechse, 2. pik, a) Inier jection des Pickens od.
kleiner Strang, dünnes Tau etc., z. B. an Aufschiagens u. Auf'^tossens u. h) leichter
den Heringsnetzen etc.), pesiiig od. peesing 30 Schlag od. Stoss etc. mit einem dünnen,
(Tamcerk od. das ivovon es gemacht wird) feinen od. spitzen Etwas (z. B. mit einem
etc.; mnld. pese (nervus); nd. j)esol, pasel, Stäbchen, einem Pfriemen, dem Schnabel,
päsk (nervus genitalis tauri etc.) ; mnd. pese den Fingerspitzen etc.) od. auch ein leichter,
(nervus, cliorda, arcus). fein schallender Schlag od. Klapps über-
postol, s. pistol. 35 haupt; — so gaf lium 'ii pik (od. tik) up
\^H, Mannsmütze, Kappe. — Nd. (Scham- de hand, bz. an de uöso etc.; — -vven du 't
bach) petze] ; nid. pet. — cf. 1 pol. net lottst, den krigst du glik 'u pik up de
Peta, wbl. Name. tingers, bz. för de ners. — cf. 2 pikken u.
Peter, ml. Name (Peter); — iJimin. Weiteres auch unter hikken.
Peterke (wbl. Name); — Gcschln. Peters, 40 1. pik, heimlicher Groll, Hass etc.; —
Petersen, cf. weiter: he hed 'ii pik up lium. — Nd., nid. ])ik. —
peter.silje, Petersilie. — .l;/.s mlat. petro-, Aus dem franz. pique in derselben Bedtg.
prtrisilium, bz. pefrosilinum ; griech., lat. u. urspjr. eins mit pique (Lanze, (/. o pik),
petroselinum ; griech. pctröselinon (Stein- jedoch hier wohl in der Bedtg.: Stich.
J'Jppich) von pctros (Fels, wovon auch der 45 2. jiik, die iniine- F((rbe im Kartenspiel^
Name Peter) u. seliuon (Eppich), cf. hier sonst schü])\)en genannt.
sellere. 3. pik od. pike, a) Pike, Lanze, Speer,
petut, fein, zierlich, hübsch, nett etc.; — gekrümmter Spitzhaken; — h) die unterste
"t siigt dar in hiis all' so potut (od. pctiitjes) hintere u. zuweilen auch wohl vordere Ab-
üt, dat 't 'n waren liist is; — se kunid altid 50 theilung in einem Schiff, wo es unten am
so petiit (od. petfitjcs) fan dag, as of sc ut Hintersteven (bz. am Vordersteven) ganz
de glaskaste namen is ; — 'n j)OtiU meisje; spitz n. schmal wird, cf. auch bei B obr ik
— petutjos ujjpassen. — Wohl aus franz. Piek bis Pieken. — Nd.\wk; nid. inck;
\n'X\i\ aital. pitetto; wallon. piti (klein etc.) mnld. ^\]c\<,\)\]cke-, engl. -p^ko-, norw.,schwed.
von pito (spitziges Hölzchen, bz. spitzes, 55 pik; dän. piik etc. — Aus rom., bz. franz.
feines, dünnes Etwas) etc., cf. Diez, I, pique; span., port. pica ; ital. picea, toas
325 u. Weiteres auch unter pit, pint etc. mit ital. (Diez, I, .'US) picco; span., port.
ppiip, .s. poje. pico; prov., franz. i)\c (Schnabel, Bergspitze
jiciike. .s. peike. etc.); ags. ]nc od. piik (Spitze, Zinne etc.);
|to-ui|tkpn (Kindersprache), Läuschen. 60 aengl. pic; engl, peak (Spitze, Kuppe, Gipfel
PIK-DRAT
717
PILE PIL
etc.) ; gael. pic, poac, peik ; ivähcli pig ; hret.
pik (Spitze); nonv., schwcd. pigg; dän. pig
(Spitze etc.) etc., sowie weiter an., id. ])iaclf
(Stich), piaka (pungero, stimularo, tiiiulero)
etc. u. unserm 2 pikkcn u. auch mit l)ikkoa
u. bek susammenhämjt, sodann sich aher
auch theils mit tat. piciis ii. pica berührt,
wobei man aber nicht ^veiss, ob die Formen
mit anlautendem h (cf. liek u. liikkeii etr.)
nicht zu einer |/ mit anlautendem b od. bli
gehören u. dann toieder die mit anlautendem
p mit sJcr. pig, pin(;ati (ausschneiden, zurecht-
schneiden, bilden, putzen, machen, bereiten)
aus einer y pi^' od. pik (hauen., schlagen,
spalten, schneiden, aus- od. zur echtschneiden,
bilden etc., cf. die }/ kar aus skar, sowie
taksh aus tak) entstanden, die auch ebenso
wie rfi'e /«>• pic'us etc. n. iilid. Specht iwn
Fick (I, 831) angenommene Greif orm spaka
auf eine idg. ]/ spak od. spag zurückgeht,
loelchc vielleicht urspr. Schcdhourzel war u.
tvoraus sich dann weiter ioie bei klap, knak,
klak etc. auch die Bedtg. : schlagen, stossen
od. spalten etc. (cf. 2 pik u. 2 pikken) cnt-
iviekeüe, tvieja auch für unser spaken, spck,
spikken, spiker etc. eine ]/ spak od. s])ag
etc. anzusetzen ist.
pik-drät, pik-dräd, Pechdrath, tvomit der
Schuster die Schuhe u. Stiefel näht.
piken od. piken, stechen, spiessen, auf-
spiessen, harpuniren etc. — Zu pike, bz.
eins mit franz. piquer etc.
pik-hingst (Pech- Hengst), scherzhafte od.
iron. Benennung eines Schusters.
pik-kappe, Pechkappe, eine runde Mütze
od. Kappe von Leder, die gegen das Ein-
u. Durchdringen des Wassers mit einem An-
strich von Theer od. Leinöl überstrichen ist.
pikke - düster , pechfinster, vollständig
finster, rabenscMoarz etc.; — in pikkedüstere
iiacbt, bz. in pikkedüstern.
pikkel (nur von Kindern), Fuss, Füsschen.
— Dimin. pikkelke; — bc mit sin lütjo
pikkels od. pikkelkos. — Nd., bz. älter fries.
(Stade, Kehdingen, LMncl Wursten etc.)
])ikkcl (dasselbe). Vergl. ferner nid. (v.
Dale) pikkel u. mfläm., mnld. pickel van
stoel , tafel etc. (pes sedis , mensae etc.),
pickelpot (olla quae podos habet). — Davon:
pikkeln, gehen (mit kleinen Schritten schnell
laufen etc. ; — dat kind fangd al 'n bitje an
to pikkeln ; — he pikkeld d'r ben, dat 't so
'n ärd hed), tvas auch wie ])ikkel im Sta-
deschen etc. gebraucht ivird u. ivomit auch
wohl das amärk., nd. pickein ident. ist, wovon
Danneil bemerkt, dass beim Ballspiel der
Knaben von Jemandem, der stets Miene
macht vom Ziel weg ii. nach dem entgegen-
gesetzten Ende hin zu laufen, gesagt wird:
„pickein gällt nicb."
Da pikkel formell mit mfläm., mnld. pickel
= bickel (Knöchel), bz. bikkel (Beinchen
od. Knöchelchen, womit die Kinder spielen)
eins ist, so tvird es heim Vergleich von Bein
T) als S chreite n d e s u. als Knoche n tvohl
auch begrifflich von bikkel nicht verschie-
den sein.
1. pikkeln, s. unter pikkel.
2. pikkeln, pinkeln (mir von Kindern),
\0 pissen, uriniren. — Nd. (Dähnert,
Schütz e , Schamb ach) pinkeln. — cf.
schwcd. pink (Urin), pinka (uriniren, sein
Wasser lassen) .
1. pikken, pechen, pichen, mit Pech über-
Lf) ziehen, dicht machen od. festkleben, kleben
etc. ; — he pikt dat d'r an fast ; — de näd
(bz. brandemmer etc.) mut nes ferpikd worden ;
— dat pikt all' an (od. up) 'n ander fast;
— be is rein np 't wicht l'erpikt (versessen,
20 will nicht da/von lassen). — Davon: pikkerig,
])ikrig, pikkerg (klebrig etc. ; — pikkerige
iingers ; — pikrig nat etc.) ; — pikkergheid
(Klebrigkeit).
2. pikken, jj/cZ:e», schlagen, klopfen, stossen,
25 hacken; — he pikt hnm mit de stok up de
fingers ; — he pikt (schlügt od. hackt etc.)
d'r 'n stük of; — de dufen pikken an 't
fenster; — de fOgel pikt mit stn snabel in
de böm, bz. appel; — de rafen pikken hnm
30 de ögen üt; — de böner pikken de eier
Ivört, bz. de kürrels up; — dat pikken (od.
tikken) fan de ür, bz. de holtwunn in de
wand etc. — Nd., nid. picken ; acngl. picken ;
engl, pick; an., isl. picka; norw. pikka;
35 schived. picka ; dän. pikke etc. — Theils
ivie mnld. picken (de steenen) u. picken (ictii
resecare) Nebenform vonhikken, anderntheils
aber auch mit mnld. picken, becken ; franz.
bequer; itcd. beccare ; .sjja«. picar etc.
40 (rostrare, rostro impingere etc.) Ableitung
von bek in der Bedtg. : Schnabel, bz.
von pic in der Bedtg.: Spitze etc., s.
unter pike.
pikkern ; i. ([■ bikkern, bz. Iterat. von
45 2 pikken.
1. pil, Pfeil. — Dimin. piike u. piltje. —
Aus tat. pilum.
2. pil, schnurgerade wie ein Pfeil ; — pil in
de wind. — AucJt nd., cf. D a n neil etc.
50 pile, pil (Dimin. pilke, Plur. pilen, Dimin.
pilkes), die ersten sprossenden jungen u.
kurzen Federkiele od. auch die schwachen,
dünnen, zarten, noch fast ivolligten Federn
der jungen Vögel, sowie ferner auch die
55 ersten dünnen u. schwachen Barthaare bei
jungen Jjeuten. — Aus lat. pilus (Haar,
kurzes Haar). — Daher: pil-änte, pil-äntje
«. inlke (nid. piel, pijl; dith. pielken), ^tw^/e
Ente, die noch blos ^völlige u, haarige Federn
60 od. pilen hat.
riT.-r>OK 718 PIXTvE PINK
pil-dük ; i. q. kwililök, Geifetiuch. — Zu pTiiakker. .s. pin-uakkor.
•2 pilen. piu-appel, a) Tannoizapfen : — b) der
1. \n\i\{ od. ^W^w^hervorhcimeu, sprossen, oberste rioid k. längUch spitz zulaufende
au'i- od. Jierrorschiessen ete. u. zwar specieU TliurmJmauf. — Nid., nd., mnd. iiynappcl
von den ersten Federn u. Barthaaren ; — 5 etc. — Wohl von lat. piiiea, b~. piiins.
de ftTCii (Federn) faniron, bz. de bänl faiigd piii-bank, Folterbank.
nog man cfon an to pilen. — Zu pile, bz. pinelk, >■. iiinlik.
(j»s- lat. pilare ( Haare bekommen). \nn^c\.\)'\u^(i'\kh)kk(', kleine Bimmelglocke:
2. pilen od. pilen, Dimin. iiilkon (con cf. ])iiim]n.
Flüssigkeiten, bz. Speiehel aus dem Munde 10 pin^el-daa;, l»inf;elda^. Bummel- od. Fau-
ctc.), hervor- od. heraunkonnnen, au.-<Iaufen, lenzertag. — cf. das folgende :
rinnen, geifern etc.; — dat fat pild od. pinseln: /. q. l)ingplii.
pilket man efon niör; — dat kindjo plbl so pin^sten, pinksten, pingster, pinkster,
stark, dat 't water hum man so bi 't mnndje pingstern. pinkstern, Ifugsten, Pjingstfest.
dal liipt. — Wohl ident. mit 1 pilen, mit 15 pini2;i<tei'-achten , der erste Montag od.
Anwendung auf Flüssigkeiten. achte Tag nach Pfingsten, auf den ebenso
3. pilen od. pilen, hcrausschie.-<sen, sich wir auf pask-acliton in Aurich ein Pfcrde-
mit Schnelligkeit fortbewegen, fliegen, schnell markt fällt.
laufen, rennen etc.; — bö pild d'r üt, dat pin/ijstei'-Mönie, a) syringa vulg. ; — It)
't so 'n ärd bed. — Wohl zu pil (Pfeil), 20 cardamino praet., auch kiwits- u. stürko-
toie das gleichbedeutende kilen od. kilen blüme genannt; — c) statice armeria.
(he kild d"r i'it) zu kil. pingster-osse, Pfingst- Ochse, mit Blumen
piler od. piler, Pfeiler. — Ans miat. u. bauten Bändern gezierter fetter Ochse
pilarius von lat. pila. zum Schlachten auf Pfingsten ; — be is up-
pilke, s. pil u. pile. 25 dönnord (od. iittakelt) as 'n pingsterosse.
pille, pill, Pille, auch im flg. Sinn; — pjn-hfis, Marter- od. Folterkammer.
bf' bed hum 'n diigtigon pill gefen. — Aus pinigen, peinigen,
lat. pila, Kugel, Ball etc. pinke, pink, a) der kleine Finger; —
pillen-dreier tscherzh.), Apotheker. b) ein Fndchen Wurst od. eine kleine ge-
pillern, pill-pallen, j^/aMc/er«, schwatzen, 30 rade Wurst; — Bedensart: mit 'n pinko
klatschen,plappern, faseln etc. ;— de Yiichter na 'n scbinke smiten ; — c) Darm;
stän dar all' bi 'n ander to pilleru ; — be Bedensart: göd wat in de pinken (Gedärme,
pillerd d'r wat ber. — Daher: pillerdöse Wanst etc.) hebben ; — d) männl. Glied,
(Schwätzerin etc., cf. röteldöse) ; — pillere penis ; — »S}j?vc7tif. ; fan böreu is kwiid pinken
od. pillpallcre (Schwätzerei, dummes albernes 35 krigon; — e) eine abgeschälte essbare Wurzel
Geschwätz etc.) ; — geitWler (Geschwätz ete.) ; von Wollgras. — Nd. (Br. Wb.) iiinkel,
— \M\\i'r?>'kQ (Sclncätzerin) ; — pillerig, pillerg pinke (Mastdarm); nid. pink (der klein
(plapperig etc.) etc., cf. 2 pälen etc. Finger; eine Art Schnepfe; ein einjährig'-
pimpel (Subst. zu pimp'dn), a. Soff; — Kalb); mnld. pinck (digitus auricularis, mi-
be is an de pimpel; — b. Säufer; — be 40 nimus) ; mfläm. pinc (Finger, Klaue). —
is 'n ollen pimpel od. ]nille, süppülle. In der Bedtg.: penis (cf auch pit, pint) u.
pimpeler, pimpel -gat, pimpel -mär.s, kleiner Finger, sonne auch wohl Wurst-
Säufer, Saufaus etc. Nid. jjimpelaar etc. endchen ist dieses Wort zweifellos mit engl.
\}im\tph\, wiederholt u. oft in kleinen Zügen pink (Spitze, Gipfel etc.) u. aengl. pinken,
trinken , der Kanne viel zusprechen , viel 45 engl, pink (liacken, stechen, bz. aushacken,
trinken, .saufen etc. ; — he pimpeld in enen anssclineiden, durchstechen, durchbrechen,
fiirt; — he pimpeld to föl ; — be bed siik durchboliren, verwunden, niederstechen etc.) :
bepimpeld. — Nid. pimpelen. kgmr. pinc, piugc (Schössling, Trieb, Spitze) :
pin, s. pinne, bz. 2 penne. .span., port., cat. penca (stachligtcs Blatt)
pin, Pein, Schmerz, (^ual, Folter etc.; — 50 verwandt, was selbst aber wieder von pic,
Compos. : bßfd-, kop-, kiH-, lif-pin etc. — pig (Spitze etc., s. vnter pike) nasalirt ist,
Sprichw.: högfärd (bz. hufärd) mnt pin ebenso wie nd. (Schambach) pinken
liden ; — de wereld is ful pin, olk fAld d'r (schlagen, picken etc.) aus picken. Als
sin. ^ Nd. pien; mnd. pine ; nid. pijn; .sjntzes scharfes Ftivas stammt nun aber
mnld. pijne, pr>ne; afries. pine, pene ; wfries. 55 auch wohl das nd., mnd., nid., mnld., engl.
pijn, pijnne; satl. pinne; watig., helg. pin; pinke, pink; franz. pinque; span. pingn(\
as. pina, pine; ags. pin; ahd. pina, bina; Tpinco; port. pinqnc (eine Art schneller Lusi
mhd. pine, pin ; engl, pain ; franz. peine ; schiffe, bz. ein kleines scharfgebautes Fischer
itai, span. pena; mlat. peua etc. — Aus boot) davon ab, ebenso wie engl, pink in de,
lat. poena. 60 Bedtg.: Ell ritze.
PINKE-FELI.
719
PIPEN-DOPPE
pinke-fell? ^ Nur in der Eedensart:
hb haiideld mit pinkefollen un alshnden, hs.
mit Fellen von pinkon n. Häuten von Aalen.
— Ob = Fell cles kleinen Finciers? od. =
Fell od. Haut einer Ideinen Wurst? od. =
Fell des penis? — cf. piiike.
pinkeln ; i. q. 2 pikkeln.
pinlik, pinelk, peinlich.
pin-nakKe , ]»in-nakkoi' , ein peinlicher,
ängstlicher, bz. peinlich genauer, knauseriger
Mensch, Geizhals etc.
pinne, pin, s. 2 penne.
pinueu, s. 2 pennen.
pinsel, Pinsel. Auch im fig. Sinn. —
Aus mlat. pinselliis, bz. lat. penicillus von
penis in der Bedtg. : Seh to a n z.
pint, s. pit (penis).
pinte, pint, hohler Hahn, Bohr, Pfeifen-
gras. — Wohl dasselbe wie bente.
pintje, s. 1 u. 2 penntje.
pint-sfiger, ein Halmsauger, bz. Jemand,
der Getränke durch einen Halm (pinte)
saugt od. immer nur nippket n. nicht loie
andere Leute ordentlich trinkt. Daher fig.:
ein kleinlicher, engherziger, geiziger Mensch.
piöne, s. bugönje.
pip , Zungen- od. Steissgeschwulst der
Vögel, die sich als kleiner weisser, verhär-
teter Fleck zeigt u. leicht tödtliche Folgen
hat. — Daher Bedensart: he lied de pip
weg (es geht mit ihm zu Ende, er ist ein
Kind des Todes od. Verderbens). — Es be-
zeichnet eigentlich loie nd. pipp ; mnd. pip;
nid. pip ; mnld. pippe, pipse ; engl, pip ; nhd.
Pips, Pfipps etc. den Schnupfen der
Vögel, wobei ihnen die Nasenlöcher verstopft
sind u. entstand dieses Wort mit mnld. pipse
(snot, bz. Nasensclüeim. Bofz, pituita, mucus)
aus dem gleichbedeutenden mlat., bz. ital. pipita,
während dieses selbst ivieder mit span. pe-
pita ; span. pevide , pivide ; prov. pepida ;
franz. pepie aus lat. pituita (zähe Feuchtig-
keit, Schleim; Krankheit der Hiümer, Pips)
in der Weise hervorging, dass daraus zu-
erst eine Form pivita entstand, die später
in pipita überging.
pip, Interject. des Pfeifens, bz. eines durch
ausströmenden Wind entstandenen feinen
Tones ; — pip ! pip ! sä' 't fögelke od. müske
etc. ; — pip ! sä' 't, do was de wind d'r üt ;
— pip ! sä' 't nerske etc. — Zu pipen.
pipe, pip. Pfeife, mit einem od. mehreren
Löchern versehene Bohre als kunstloseres
Geräth zum Pfeifen od. Flöten, kleine Flöte;
— Compos. : fleit-pipe ; — Bedensart. u.
Sprichio. : nä andermans ptpen dansen matten
(meist im fig. Sinti) : — hokl' du din pipen
man in de sak ! du kaust wachten bit dat
du frägd worst ; — he sitt in 't reit un
snidt pipen. — Dann auch: Röhre od. ein
röhrenförmiges Etwas überhaupt zum Durch-
blasen od. Durchlassen von Bauch, bz. zum
Durchlassen von Wasser etc. u. ferner auch
ein längeres röhrenartiges Fass, namentlich
5 für feinen Branntwein od. Gel etc., was
etwa 2 (i.xhoft fasst; — flciten sunt hollß
pipen ; — he rökd sin pip tobak ; — 'n pip
up de afen (Ofen) od. de schörsteu ; — 'n
stencn pip (WasscrdurchUtss von Stein)
10 uiidei- de weg dör leggen ; — Compos. :
tabaks-, afen- (Ofen-), schörstein-, örgel-,
Imksen- (Hosen-), ölje- (Oel-) od. brandewins-
pipe etc. Ferner auch Böhrenknochen im
Bein od. Arm ; — Compos. : mark-pipe
15 (Markröhre , bz. Markknochen). — Nd.,
mnd. pipe; nid. pijp; mnld. pijpe ; afries.
pipe; ags. pTpa; ahd. pfifä, fifa ; mhd.
pfife ; ital. pipa, piva ; pjrov. pimpa ; franz.
pipe, pipeau eto., alles von pipen, bz. lat.
20 pipare.
pipelu, Berat, von pipen in der Bedtg. :
mit feiner schwacher Stimme reden, wimmern
etc. u. kränkeln etc. — Daher: pipelig,
klaghaft, stöhnend, schivächlich etc., cf.
25 piperig sub c.
pipen, (pipe od. pip, pipst h. pippst, pipt
u^ pippt etc. ; — pep it. pipde , pepst u.
l^ipdst etc.; — pepen, päpen u. pipt), a.
piepen (von Vögeln etc.) ; mit pieperiger od.
30 feiner ii. schivacher Stimme sprechen, sei es
aus natürlicher Anlage od. Affeetation, od.
aus Schtväche u. Kränklichkeit etc.; — da-
her auch: fein, leise u. affectirt sprechen
etc. od. auch: wimmern, unnseln, seufzen,
35 jammern, klagen etc. (se hed altid wat to
pipen un to stennen) %i. auch: schivuch sein,
kränkeln etc. ;■ — se pipd (od. kräkd) al
lank wat herum; — se faugd an to pipen,
se word old un swak ; — b. pfeifen, einen
40 scharfen pfeifenden Ton hören lassen, pfei-
fend hindurchfahren, pjfeifend blasen u. so
auch überhaupt blasen, loehen etc. ; — de
sne pipt ördentlik, so früst 't; — de wind
pipt dör de tauen, bz. de glifen od. bomen,
45 schörsteu etc. ; — de wind pTpt nu dör de
büksen, so weid 't ; — de wind pipt d'r in,
dat 't so 'n ärd hed. — Nd., mnd. piepen
od. pipen ; nid., mnld. piepen u. pijpen (pi-
pare, pipire, pipilare, sibilare, sibilum edere)
50 u. pijpen (canere tibia) ; mhd. phifeu, ptifen
(die Pfeife blasen, pfeifen; loie ein Strahl
zischend in die Höhe schiessen) etc. — Aus
lat. pipare von einer reduplicirten ]/ pi, die
tcie pa in lat. papa, papas, papula, papilla
55 etc. (cf. mama u. pok etc.) ein urspr. Ton-
od. Schall- u. so auch Lall- od. Kindcrivort
wie pa u. ma (in papa, mama) ist.
pipen-doppe, pip-doppe, a) Pfeifenkopf ;
— b) Pfeifendeckel, Deckel des Pfeifenkopfs,
60 auch pipendopsel od. pTpdopsel genannt.
PIPEN-PKOEKLER 720 PIRER
pippn-prdkler, pip-ijrnkler, Geräth zum sein, waa ein gewundenen u. geflochtenes,
Beinigen od. Ausstochern (iltprökeln) der hz. ein gekrümmtes u. in ScJilangcnlinien
Pfeifen. sich bewegendes Etwas, od. die Krümmung
pipen-stintje, eine Person, die fast immer einer Schlange etc. bezeichnet u. wozu auch
jammert u. klagt, bz. iu'el pipt. 5 wohl unser spirliiig gehört, zumal da unser
piper, Pfeifer. — Auch GesclilecJitsname pirkon auch mit spir u. spirkc (die ge-
wie sniiilt, hakkor otc. ringste Kleinigkeit) conne.r ist. Da indessen
piperig. pipri;?, pipcr|i^, a) voll von Pöhren, unser pirou (reizen od. stechen etc.) an-
bz. Köhricht, Schilf u. Rohrresten : — iVipcrige scheinend mit griech. peirä (Spitze, Schärfe)
törf; — h) von feiner, (juikcndcr Stimme; 10 m. peirein (durchstechen, durchbohren etc.,
— c) leicht piepend od. winselnd u. klagend, hz. bewegen od. dringen vor etc.) von der
schwächlich, kränklieJi. y par, wie auch griech. peräpin, versuchen
pipei'lin^, Klägling, Schwächling, kleines etc. u. peira, Versuch etc., cf. faren otc.)
schwaches Wesen. verivandt ist, so könnte man bei pir als
pip-f8;2;el, Piepvogel, jeder Vogel der iriept. 15 Wurm auch an die Bedtg.: spitz u. scharf
— Scherzh. : der rothe Adlcrorden ; — hö etc., bz. ein- u. durchdringen, durchbohren
heil 'n pipl'ögel kregcn. (z. B. die Erde od. JIolz etc.) denken.
pip-liakke, Au-fwuchs an der Hacke des pirder, s. pirer.
Sprunggelenks der Pferde, auch eior-hakko 1. pireil (vom Subst. pir), a. Würmer, die
genannt. 20 als Köder zum Fischen gebraucht werden,
pipi od. kurzweg auch pi, Pisse, Urin: im Saude des Watts graben od. ausgraben
— 't kind hed pipi (od. pi) mäkd ; — pipi u. suchen etc. ; — se sunt mit tweeii hon
im pupii (hz. pi un pii) makon (zartere Aus- to piroii, um ös to de angcls to halen ; —
drücke für mingore ii. cacäre n. namentlich h. mit Würmern, die auf Angeln gesteckt
von u. zu Kindern gesagt). — Davon Verb.: 25 od. mittelst Nadeln auf Faden gezogen u.
piptoii ». pien, pissoi. — Hängt es mit pijjo in Bündeln zusammengebunden sind, fischen
u. pipen, bz. mhd. pfifen (wie ein Strahl u. so auch überhanjtt : fischen od. Fische
zischend in die Höhe fahrt n , ausspritzen fangen ; — sO willoii murgoii üt, um al tn
etc., cf. fiz ptV'if daz hhiot) zusa)nmen, loie ])iren. — Nid., mnld., mfläm. pioron (picr
vielleicht auch pissen aus einem von pipa 30 graven of zoekon); loang. (Ehrentraut,
od. ])ii)are entstandenen pipisare (cf. pissen II, 32) piren (Aale fangen mittelst des
am Schlüsse) entstand':' Vcrgl. übrigens elgers od. Acüspecrs).
auch pnpi'i. 2. piren, genau nachsehen «. suchen,
pip-kaiiiiß (Dimin. plpkantjc), Bohren- sorgfältig sammeln etc. — Nd. (Br. Wb.)
kanne. a. eine kleinere Kanne von Zinn 35 piren. — Ob vom Suchen u. Sammeln der
mit engem Hals u. iveitem Bauch zum Säugen Würmer entlehnt u. daher eins mit 1 jnren V
der Kinder, icovon auch die ihr in der Form — Oder ist es mit nd. (S chambach)
gleichende Frühbirne ihren Namen hat; — piren (gieren, begehren, geizen); «oru'. pira
h. eine grössere Giesskanne. (kargen, knickern, geizig «. sjJarsam sein
pipke, Pfeifchen, kleine Tcd)akspfeife; 40 etc.) urspr. eins, sodass geizen etc. in dir
Böhrchcn. Bedtg,: genau sein u. so weiter in die
pipkcn, mit einer kleinen (Tabaks-) Pfeife von: genau nachsehen u. suchen etc.
gehen, eine kleine Pfeife rauchen etc.; — überging? — Vergl. übrigens auch engl.
he löpt altid to pipken. peer (neugierig sehen, nachforschen, mühsam
pipker, Pfeifendrcchsler. 45 suchen, gucken etc.) u. das mit engl, peer
pipsk , mit dem pip od. Pips behaftet, von S trat mann identificirte aengl. piren.
kränklich etc. 3. piren, stechen, sticheln, reizen, ärgern,
pipsk; /. q. pipellg u. ptporig. necken, zerren etc.; — lie pird hiim not so
pir, Wurm, besonders der an der Nord- lank, hit dat hnm "t sin aferlüpt ; — he
seekü.'ite als Köder zum Fischen gebrauch- 50 jtirde de liund erst mit 'n stok nn do l)et
liehe Sandwurm (areiiicola piscatorum). — de hnnd hnm in 't hen. — Nid. pieron ;
Nid., mnld., mfläm. pier, pierwnrm (lum- dän. \nrro. — Ob mit i)nrcn urspr. eins?
hricns etc.); nd. (Dannci l) pir (liegen- — cf. auch noric. pnrra u. por «. schwed.
wurm), auch pir-maod (d. i. pir-made) ge- j)urra.
nannt; mnd. pir, pyr, wovon das Compos.: 55 pirer, pirder, pirdPrt, Person die gern
piräs (Wurm -Aas, Wurmköder). — Es stichelt, reizt, ärgert u. neckt etc.; — he is
scheint mit norio. (Jv. Aasen) pir, spir, 'n regten pirder de niks lefer as 'n anderman
bz. piir, spür (ein kleiner Fisch, z. B. eine argern uu für 'n narr lirüken mag; — so 'n
kleine Makrele) u. pir in pir-aal (myxine olden ])trdert (Aergerer, bz. Quälgeist) as he
ghitinosa) ans dem lat. spira entstanden zu 60 gift 't man v\\ in de weit. — Zu 3 piren.
IPIRE-WEIEN
^21
PISTOLE
pire-weien, müssig umher schlendern, imi-
her schweifen, von einem Wirthshaiisc ins
andere gehen, nachtschwärmen etc. — Nid.
pierewaaijen.
pirken, das Essen vom Teller in kleinen
Brocken (cf. spTr, spirke) anf nehmen u. zum
Munde führen, langsam u. tvem'g essen, nicht
recht zugreifen beim Essen, sehr ivühlerisch
sein aufs Essen etc. ; — se sitt al hon to
pirken as 'n liinink. — Vergl. ivang. (Ehr en-
traut,I,63) pirk (bei Kleinigkeiten Wasser
aus dem Brunnen schöpfen).
pirl, s. pirrel.
pir-ögd ; i. q. plir- od. plür-ögd.
pirrel od. pirel, pirl, ein mit Biestmilch
angerührter Mehlteig, der in einem Sack od.
Tuch eingebunden u. im Was.icr gar gekocht
ivird und dann pirrel in de put heisst.
pis, s. pisse.
pisakken, stechen, stossen, drücken., knei-
pen, peinigen, quälen, ängstigen etc. ; — de
flöen pisakken mi; — de imme lied hum
pisakkt ; — de müggen pisakken de perde ;
— de jungens pisakken de liund mit 'n stok;
— be pisakkt hum net so laiik, dat he 't
leste ßrtje d'r üt häld; — he pisakkt de
arme kerl bit up 't blöd. — Auch nd. (B r.
Wb., D ä h n e r t etc.) pisakken (Einem stark
zusetzen, Jemanden quälen etc.).
pisakker, ein Thier od. Mensch das od.
der sticht od. peinigt «. quält ; — de pi-
sakker fan flo ; — de kerel is 'n regten
pisakker.
pise und
1. pisel, s. pese.
2. pisel, Gemach, Stube, Küche etc. ; —
se wand in so 'n lütjet pisel (od. piselke),
dat man siik d'r knap in umdreien kan. —
Nd., mnd. jjisel, pesel ; afries. pisel, pisle ;
dithm., nfries., wang. pisel ; ahd. phiesal,
ph^sal ; mhd. phiesel, pfiesel, phisel. —
Mit mlat. pisale, piselis, piselum, pisalis;
cifranz. poisle; franz. poesle, poele loahr-
scheinl. aus lat. pensilis (hangend, schivebend,
bz. auf Säulen od. Schioibbögen ruhend),
da das Alterthmn von horreum pensile u.
das Mittelalter von domus u. camera pensilis
redet, ivonach dann das mlat. pisale ent-
weder aus camera pisale gekürzt ist u. über-
haupt ein nicht zu ebener Erde gelegenes,
sondern oberes od. oben liegendes Etwas
bezeichnet u. dann in ähnlicher Weise wie
Solarium (Zinne, Söller) aus solarius, So-
larium (die Sonne betreffend) in die von
oberes od. oben liegendes Gemach, Frauen-
Gemach etc. überging.
piseln, a. (von Flüssigkeiten) in einem
feinen Strahl, bz. in geringer Menge aus
Etwas herauslaufen, fein u. dünn od. leise
u. leicht regnen, rieseln; — dat fat piseld
J. ten Doornkaat Koolman, Wörterbuch. II.
man efen mijr, 't is d'r hast fitlopen; —
dat piseld nog all' so 'n liitjo an ; — b. stoss-
weise in einem dünnen Strahl pissen; —
de ossen stän all' to ptseln. — Es ist
5 zweifellos die ältere Form unseres gleich-
bedeutenden fiseln , oberd. feiscla etc. u.
tüird loohl mit pissen aus demselben älteren
Stammivort hervorgegangen sein.
pise-nakke, pisnak, Geizhals, Wucherer,
10 Blutsauger etc.
pis-hille, pis-liörn etc., .9. piss-hille etc.
pisse , piss , pis , Pis.^e , Urin. — N^d.
pisse ; nid. pis ; engl. \nss ; franz. pisse etc.,
cf. pissen.
15 pissen, pissen, uriniren, nässen, regnen
etc. — Itedensart. : siik in de taske pissen
laten ; — tegen de man pissen etc. — Nd.,
mnd., nid., mnld. pissen; afries. pissia;
wfries. pissjen ; sali. i)isje ; wang. pis ; aengl.
20 pissen ; engl, piss ; an., isl., schwed., norw.
pissa ; dän. pisse ; ital. piS"ciare , pissare ;
wal. pis'ä; 2^'>'0''^'- pissar; franz. pisser. —
Vergleicht man rulle u. ital. rulla, franz.
röler aus rotula, so könnte auch pissare
25 formell leicht aus lat. pitissare, pytissare ;
griech. jiütizein (häufig u. wiederholt sjnicken,
eine Flüssigkeit ausspritzen, ausspeien etc.)
entstanden sein, ioas mit unserm spejen,
speiten u. spüttern zu derselben y spu ge-
30 hört. Vergl. übrigens bei Diez, I, 323
seq. auch die Kläglichkeit der Entstehung
aus einem vom. pipisare von pipa, bz. pi-
pare, wie auch unser pipi u. pipien (pissen)
vielleicht desselben Ursprungs ist.
35 piss-hille (Dimin. piss-hilleke, piss-hilke),
ein iceinerliches, leichtklagendes u. stöhnen-
des, weichliches u. albernes Frauenzimmer,
bz. eine Person die beim geringsten Anlass
Thränen vergiesst u, anfängt zu weinen. —
40 Wohl zu pissen.
piss-hörn, Piss-Ecke, Ecke zum Was.fer-
ablassen u. auch Ecke, aus icelcher es oft
nässt od. regnet, südwestliche Himmelsgegend ;
— de wind sitt al wer in de piss- od.
45 mig-hörn.
piss-margrete, od. auch: iiiargrete piss'
in 't hei, der als Regentag verrufene Mar-
garethen-Tag (13. Juli), der zugleich cds
markeldag für die nächsten 6 Wochen gilt.
50 piss-pot, a) Piss- od. Nacht- Topf ; — b)
die Blume der Heckenwinde (couvolvulus
sepium), die wegen ihrer Form auch te-kopke
(Thee-Tasse) heisst. Weil die Blume sich
nur bei Tag öffnet, nennt man sie hier auch
55 dag-blöme, während die Pflanze vom Volke
hier düfels-neigärn genannt ^vird.
pistol , pestül , Pistole, kleines Schiess-
geioehr.
pistole, Pistole, die jetzt durch das neue
CO Münz-Gesetz ausser Cours gesetzte frühere
46
PIT 722 PLAGGE
Goldmünze zum Werthe von fünf Eeichs- GeräuficJi machen, wiederholt jnit llatfichen-
thaler Gold. dem Geräusch nieder-, hz. auf- od. an-
yit, Mark, Kern u. in der letzten Bedtg. schlagen ; — dat regend, dat 't pladderd,
im Plur. jutten. — Fig. : Innerstes, Bestr.'^, hz. dat pladderd (irdondlik, so regend 't ; —
hz. Gehalt, Stärke, Kraft etc. ; — de i)it iit 5 de regen pladderd an de fenstors, bz. up de
de kül etc.; — pitten üt de appels etc.; — strnen däl. — Davon: pladdernat, klatsch-
de pit is d'r iit ; — d'r sitt gen ])it niiT in nass, so nass, dass es klat.'icht, durch u.
hnm. — Rät h sei : wit sunt de niiiren, grBn durch nass. — iV(/. (Dan n eil, Br. Wb.,
sunt de biiren (Uebcrzüge, Bälge), bnln sunt Dähnert etc.) pladdern (Flüssigkeiten mit
de papen (Vfaffcn, Zellenbewohner), de alle 10 Geräusch aus- od. umhergiessen u. auch
nagt in 't klöster slapen; (Apfel-Kerne). — vom starken Regen, im Wasser jdätschern ;
Nd., mnd., wfries., nid., mnld., mfläm. \n\, ein lautes Geräusch machen, unnütz lärmen,
pitte u. auch (cf. KU.) pette (niedulla, idaudcrn etc.); mnd., mnld. pladeren (bla-
nucleus etc.); 7cang., engl, pitb ; aengl. terare, importuiie loqiii, garrire) ?/. pladeren,
pithe ; ags. pidha. 15 plaeyeren (ludere, jocari, nugari etc.) — In
pit, pint, »(/. Glied, penis; — pit un kiit, der Bedtg.: blaterare, hz. plaudern etc. ist
bz. pint Uli kunt. — Compos. : bul-pit das mnd. pladeren wohl mit inhd. blddern,
(Ochsen-, bz. Stier-Ziemer). — Nd. pint; plodern (rauschen) u. nhd. pl ander n (cf.
mnd. pit, pint; nid., mnld. pint; afries. \Ai\Aexn) ident.,ivä]irend unser u.nd.-\^\AAAeT\\
pint, bz. pinth, pentb, peinth ; nfries. pint. 20 (vom Geräusch des heftig niederschlagenden
pit-hän, 7nl. Glied (penis), auch krülhfm Regens etc.) mit nhd. platzen, plat-
genannt. sehen, platsche r n u. plantschen,
pitje-pätje , ein alberner, schioatzhafter sowie auch ivohl dem mnld. plasschen (pal-
Mensch, bz. Mensch der albern u. kindisch pare aquas etc.) u. pletteren eines Ursprungs
od. läppisch .spricht. 25 ist, worüber Weiteres u)der plas u. plettern.
^\t}e-f ätjen, albern u. kindisch od. läppisch pladder-nat, s. unter pladdern. — Es ist
sprechen etc. — WoJd mit patern u. henneg. auch nd. in derselben Bedtg. gebräuchlich.
pati-pata (Geschnatter) von der Schallwurzel P'äg, s. plegen.
pat, s. taiter pote (Pfote) am Schlüsse. plagPj Blage, Qual, Krankheit; speciell
pit-köl, Mark-, bz. Strunk-Kohl ; auch 30 die fallende Sucht; — 't is niks as einer
das aus dem obern weichen u. markreichen j)lage in de weit; — he bed föl plage ftt
Theile des Kohlstrunks bereitete Gemüse. — to stän had; — be lidt altid nog an sin
Sjxrichio. : pitköl deid mi d' buk fan sür, oldc plage etc. — Nid. plaag ; mnld.
ik at' min dage gen pitköl wer. plagbe, plaegbe; nd., mnd. plage; ahd.
pitske, pitsk, Peitsche. — Entlehnt aus 35 plaga; mhd. plage, pflage, phläg (von Gott
dem gleichbedeutenden poln. bicz ; bühm. gesandtes Missgeschick, Qual, Noth etc.) —
bic ; kslav. bic (sprich bitscb), vom Verb. Aus lat. plaga (Schlag, Streich, Hieb, Stoss,
poln. bic (sprich bizjo); böhm. bjti ; kslav. verwundender Schlag, Wunde; bildl. : Hin-
bijgi, biti (schlagen, tiklten etc.), was nach derniss, Unglück, Verlust), bz. griech. plege
Fick mit air. benim (ferio) u. goth. banja 40 (Schlag, Stoss, Hieb, Wunde) u. dies mit
(Wunde), bano (Mörder); an. bana (tödten); flik-flak, flek, flikken etc., sowie unsern un-
ahd. bano, pano ; mhd. bane, ban (Tod, Ver- verschoben gebliebenen Wörtern plagge, plak,
derben) etc., sowie ahd. panön, banön (qua- plakken, piek, plik-plak etc. von derselben
tere etc.) u. nhd. Bahn (cf. bän) zur }/ Schallwurzel plak, plag, ioovon auch lat.
bhan, bha (schlagen, tödten, verwunden etc.) 45 plango etc., die in derselben Weise loie klak
gehört. u. klap etc. aus der urspr. Bedtg.: sonare
fMsken, peitschen, schlagen, jagen, treiben od. sonus, crepitus etc. ausser klagen etc.
etc. ; — be pitsked buni dör ; — be pltsked (cf. klage) auch die Bedtg. : reissen, spalten,
d'r up ; — dat water pitsked d'r tegen an; liauen, stossen, schlagen etc. entwickelte u.
— de regen pitsked hum in 't gesigt ; — 50 zu der auch floken (fluchen) gehört.
de wind pitsked dat water dör de sil ; — plagen, plagen, quälen, ärgern, necken
de wind pitsked de bomen , hz. dör de etc., sowohl sinnl. durch Schläge, Stö.sse,
bomcn etc. Stielte etc., bz. schlagen, stossen, stechen,
pitten, kernen ; — iltpitten, auskernen etc. kneifen etc., cds auch von körperlichen
— Zu pit, tvie auch das folgende : 55 Krankheiten u. Uebeln , od. auch im ab-
pittig, markig, kernig, kräftig, fest, stracten Sinn von geistiger Qual.
dicht etc. plagge, a) eine Rasen-Sode od. ein flaches
piüne, s. bugönje. tt. verhältnissmässig dünnes, in der Regel
piünte. s. bente. vierkantiges Stück ausgestochenen Rasens,
\t\&Ai\frn, ein jjlatschendes od. klatschendes 60 sei es vom Grünlande od. von der Haide,
PLAGGEN 723 PLAKKEN
hz. von dem mit HaideJcrmtt hewachnencn — he sitt feidömd under do plak; — h6
trockenen Torfmoor; — sß sunt hen to liod hum under de plak; — f) Plage, Miihe,
plaggen steken ; — ik hebl»' mi 'n for plaggcn Noth etc.; — hß hed sin plak d'r mit liad.
fan 't mor kamen laten, de ik dels to brannen - Nd. plak od. plakk, plakko (a. Fleck,
agter an 't für setteu laten, dels to upsettcn 5 Flecken, macula [mini. u. trop.] ; — b. ein
fan de slöts-kante uu dels to dekkon up de Stück od. Fetzen, Lappen, Flicken etc., sei
imkcirfen etc. brftken wil ; — he lied ])laggen es abgerissen, abgeschnitten, angesetzt, an-
(Rasen-Soden) mit kalk un ('rdo fermengen geklebt etc., frustum, segmeutum etc. ; — c.
laten un d'r 'n plaggen-bülte (Rasen-Soden- ein flaches Stück Land, sonst auch i)lache
Haufen) fan mäkd, um dat naderhand as 10 «. flag, flage genannt); mnd. plack (Stück,
messe (Dünger) up 't land to faron; — b) Lappen, Fetzen etc.; Fleck, Schmutzfleck);
Fläche; — in en plagge liggend land; — nid. plak (flaches dickes Stück Holz zum
c) ein loirr durcheinander verivachsenes u. Schlagen od. Klappsen ; — Schlag od. Klajips
in einander verfilztes Etwas; — dat bar mit einem solchen Stück Holz; — flache
sitt air in en plagge in 'n ander wussen, 15 Scheibe od. Schnitt von einem Apfel, od.
bz. all' in lütjere of grotere plaggen up de vom Braten etc. ; — Fleck, Tlecken etc. « .
kop. — Nd. plagge u. flagge (cf. jdaggen aucli loie iinser plak = klop) ; mhd. placke,
v.'A&ggen im Br. Wb. etc. u.bei Outzen)\ phlacke (Fleck, Stelle, Gegend; Flecken,
mnd. plagge (flacher u. platter, dünner Flicklappen, Lumpen, Fetzen); ags. place
Rasen n. auch: Flicken, Fetzen, Lappen 20 (platea, area etc., cf. speciell «oc/i piek). —
od. Stück von Ettoas, cf. auch klatte in Mit lat. plaga (Schlag etc., cf. plage) u.
derselben Bedtg. n. auch in der von plagge plaga (Netz, Garn ; Teppich ; Gegend), bz.
sub c) ; nid. plagge (dasselbe wie sub a u. unserm flek, flake, plagge etc. u. flak, flik-
auch : L^ohkuchen) ; mnld. plagghe (a. ma- flak , flekken , sotvie griech. plax (Platte,
cula = placke, bz. flek, cf. plak; — b. 25 Fläche), lat. planca (cf. planke) von einer
panniculus etc. ; — c. segestre , Stratum, w. derselben y plag, plak als ursptr. Schall-
stragulum etc. — u. d. peniculus). — Es stamm, wobei wieder in ähnlicher Weise wie
ist ein der iMutverschiebung entgangenes bei klak, klap, klat etc. aus der Grdbdtg. :
Wort n. gehört mit 2 flage, flake, bz. flak, smms,CYe])itns etc. soivohl die Bedtg.: Schlag,
flakte, flek, piek u. plak etc., sowie lat. 30 Riss, Bruch, bz. Bruchstück, Flicken etc.
plaga (Gegend etc.) zur selben j/ plag, plak, u. Fleck hervorgingen , während ivie bei
wie auch lat. plaga (Schlag etc.) u. unser klemen etc. aus der Bedtg.: Fleck od.
flik-flak u. flik, %cohei ich wegen der ver- Schmutz (macula) die in ]A?iV^Qn zu Tage
schiedenen Bedtgn. auf flek u. die zum tretende Bedtg.: kleben, festsitzen, haften
Schcülstamm: klak, klat, klap etc. «jfe/törewtZe« 35 etc. entstand. Vergl. dieserhalb aucfi khkken
Wörter verweise. etc. u. mnld. plack-papier = klack-papier
plaggen , Rasen-Soden (s. plagfe) aus- u. Weiteres unter plakken. — Davon (d. h.
stechen od. aushauen etc.; — se sunt na 't von nid. plak, flaches Brett od. Stück Holz):
mor hen to plaggen. franz. plaque (Platte), plaquer (plattiren),
plak od. plakke , a) Interject. eines 40 während plaquer (leimen, bz. glutinare) ««s
schallenden Schlages od. Klappses, bz. eines nid. placken (s. unter plakken) entstand,
ähnlichen Geräusches etc., cf. unter plik plak-biilte, plak-fält, plak -haue, s.
das redupl. plik-plak = flik-flak od. klip-klap unter plak.
etc.; — b) klatschender Schlag, Klapps etc.; plakken, placken; a. klappsen, schlagen
— h6 gaf hum 'n plak up de band ; — daher 45 etc.; — handje plakken (das Händchen
auch: plik-plak = flik-flak u. das Compos.: klappsen od. jhz< e/xew handje-plak [flachen
handje-plak, als flaches Brett, womit man Stück Holz etc.] schlagen); — de beddea
einen Klapps auf die Händchen versetzt; (Gartenbeete) ofphkken (ab-, bz. flachschlagen
— c) Fleck, Fläche, Stück, Scholle od. mit einem Spaten); — b. kleistern, kleben,
Flicke, Fetze, Bruchlheil etc. ; — 'n witten 50 festkleben, kleben od. festsitzen machen etc. ;
kö mit 'n swarten plak; — - 'n helen plak — pütjes plakken (Tuten mittelst Kleister
land ; — dat ligt in en plak ; — 'n plak aus Papier machen od. kleben) ; — papir
(od. flage, flake) is; — bi plikken un of linnen an de wand plakken;-— be plakt
plakken (s. unter plik); — d) dasselbe ivie d'r 'n stiik papIr afer ; — up 'n ander fast
plagge sub a; — daher: plak-biilte (ein 55 plakken; — an 'n ander plakken (an ein-
Hai^e von Rasen-Soden u. Erde = ])\a.ggen- ander kleben; fig. auch: zusammengeben,
bülte); — plak-fält (ein Düngerhaufen aus coptdiren); — se bebben hum 'n wif anplakt
Rasen- Soden) ; — plak-haue (Hacke od. (sie haben ihm ein Weib angeklebt, bz. an-
Haue zum Stechen od. Hauen der Rasen- gehängt etc.); — se hebben hum dat mit 'ii
Soden); — e) dasselbe it'»e klop od. kloppe; 60 mojen pröt anplakt (sie haben ihm das mit
46*
PLAKKEN 1U PLANTE
einer schönen Ecdensart angehängt); — c. (macula, cf. klak ti. üek) u. Flicken, als
kleben u. sitzen bleiben, wo festsitzen, lange das was durch Abspringen od. Abfallen von
sitzen bleiben zu schwatzen u. zu zechen Etwas etc. od. auch durch einen Schlag od.
etc.; — ho mag gern plakkeu; — so Sitten Stoss entsteht. Aus Inüclccn od. brechen etc.
alle nachten bi 'n ander to plakken ; — da- 5 entstand dann tviedcr die Bedtg. : biegen,
her Subst.: plakker, Einer der fest sitzt, krummen etc. u. hieraus auch die von :
bz. wie angeklebt sitzen bleibt, nicht zu falten u. flechten , wie ja auch griech.
Hause geht etc.; — 't is 'n oUlon jdakker plökö (flechten) u. lat. i)licare, soioie plectere
(er ist ein alter Sitzer, bz. Nachtsitzer, ein n. unser flechten etc. wohl auf eine y plak,
bis in die tiefe Nacht hineinsitzender Zecher 10 i)rak, park zurückgehen. Zu sparg aus
etc.); — d. plagen, mühen, quälen etc.; — spar u. dies aus spa vergl. die Bedtg.:
hö i)lakt sük de hole dag ot; — he mnt jJ Za i^ en oj<c/«/Hr sparg ('scÄ?<;cWen,sfroteen,
siik d'r mit herum plakken; — e. hängen sprossen) bei Fick, I, 833 n. zu spa
auf, legen od. bürden auf etc.; — so i)lakkon (spannen, ziehen, Baum u. Erfolg haben)
lium 't all' up de hals, bz. np de nakko. — 15 das von klak abstammende ahd. klacjan,
Nid. plakken (kleben, aufkleben, anschlagen, nhd. kl ecken, bz. das von Üok abstammende
anheften, flicken, zusammenleimen; Etwas flekkcn , wobei es beim Vergleich von ahd.
flach niederioerfen ; kleben od. sitzen bleiben, klakjau V07i klak, bz. klac (cf. klak u. flek)
lange in einer Gesellschaft od. bei einem ganz ziveifellos ist, dass auch spa, span
Besuche sitzen bleiben, fest setzen, dingfest 20 (cf. spannen ?/. spinnen) tirspr. ein Schall-
machen; ins Gefängniss setzen); mnld. woH war, was eben aus der Bedtg.: crepi-
plackcn , pleckcn (m.aculare , flecken etc.) ; tare od. platzen , bersten, au sein-
placken (affigere), placken (glutinare, con- and er gehen etc. wieder die Bedtg.:
glutinare), placken (linere, nngere), placken Baum u. Erfolg machen u. geben (vergl.
ot besetten met leem, kalk etc. (crustare, 25 bei Fick, 1,829 seq. die ]/ spa mit deren
incrustare, gypsare ; lutare, delutare) ; nd. secundären Enveiterungen u. dazu auch die
(Br. Wb.) ti. mnd. j)lakken od. placken Skr. y phal unter blad) od. sich ausdehnen
(Flecken machen; Flecken bekommen; heften, (in den Baum hinaus) entwickelte,
kleben; einzelne unordentliche Schüsse thun; plakker, a) Einer der klebt od. kleistert
abzwacken, erpressen, schinden, plagen etc.); 30 u. zusammen leimt; — Cojnpos. ; i)ütje-])lakkor
nd. (Schambach) jjlacken (abfliegen u. etc.; — b) Einer der klebt od. kleben bleibt
mit Geräusch auf den Boden fallen); mhd. u. lange sitzt etc., s. unter plakken.
placken, (flicken). plakkere, a) kleberei; — b) Plackerei,
Zu der y plak, plag (cf. plak u. flek, so- Schererei, Gepilage etc.
ivie Fick, I, 681) sei hier noch bemerkt, 35 '[.])\iikt'}e,ein kleiner od. leichter ti. sanfter
dass diese ivahrscheinl. zunächst als Schall- Schlag; Flur. ])laktjes, Klappse, Schläge,
stamm aus idg. sparg, sprag (sonare, crepi- 2. plaktjfi ; i. q. piektje, eine kleine Fläche
tare, bz. tönen, rausche)i, prasseln, bersten, od. ein kleiner Fleck (d. h. Grundes),
jilatzen, knallen etc.) entstand, wozu ausser Yliii\\i.(^,\}la,nk, Planke, längeres aus Balken
(cf. Fick, 1, 832) griech. sphäragos (Ge- 40 gesägtes Brett; — 'n jjlank afer de slöt; —
rausch); lit. spragu (prassle); lett. sprägt plankenschott, bedsplauk, wagenplanken etc.
(bersten, knallen, platzen, aufbrechen, her- — Bedensart: dat was de ])iank mis (beim
vorkeimen) etc. auch icohl unser spreken, Kegelschieben, statt pu dein u. dann auch
sprikke, sprok etc. u. vielleicht auch sjiringon sonst bei misslungenen Unternehmungen ge-
gehört. Dieses idg. sparg wurde durch 45 bräuchlich). — Mit p)iem. pianca (Steg) ;
Aphäresis zu parg m. so iveiter zu präg, prov. i)]anca.,ii]aüc\\ü; franz. \)\anche (Brett)
])lag, wie ja auch Fick (1,681) plag (hin aus lat. pianca (Brett, Bohle), tvas glcich-
u. her fahren, flackern, cf. flikkern «. falls zur y plak (cf. plak) gehört u. ent-
Hakkern etc.) als aus sparg entstanden an- weder ein flaches, p latt es od. ein durch
nimmt. In ähnlicher Weise loie bei klak, 50 Spalten entstandenes Etwas bezeichnet.
klap, klat, knak etc., bz. klik, klip, klit, plante, plant, Pflanze. — Aus lat. i)lanta,
knik etc. ging nun aus sonare, crepitarc loas neben Geicächs etc. od. das was sich
etc., bz. Bonus, crepitus etc. die Bedtg.: entfaltet u. ausbreitet Cc/. pote, pate)
pilatzen, spalten, reisscn, knicken, brechen, auch die Bedtg.: Fuss sollte (d. h. die
bersten, sp/ringen, abspringen, bz. klappen, 55 breite Fläche od. das Flache des Fusses)
schlagen, stossen, prallen etc., sowie auch: hatte u. mit plat, ]»late, ph'its etc. u. griech.
sprechen, schreien, klagen (cf. klagen u. platus (breit) zu einer y plat, bz. prat =;
lat. plango) etc., bz. die subst. Bedtg. : Ge- skr. prath (ob idg. si)ratli als Weiterbildung
rausch; Biss, Bruch, Knick, Spalt etc. her- t'ö»8par? c/. spalte, si)olden, s])alter, sjjlitter,
vor, sowie weiter auch die von Fl eck GO si^Viiea eic.) gehört, die aus der ursp)r. Bedtg.:
PLANTEN 725 PLASSEN
tönen, rauschen, prasseln, knallen etc. in die nicht der Fall, so gehört es ah Etwas, tvas
von: platzen, bersten, spalten, springen, aus- rfjrrc/t plassen od. einen mit Geräusch nieder-
einandergehen, sich ausbreiten u. entfalten fallenden Regen entsteht, entweder direct zu
(cf. phull aus pliulla von phiil, urspr. spal, i)lasseii etc. od. als eine flache Vertiefung,
spar, als y von blatl, bz. griech. phullou) 5 eine kleine Wasser- Flüche mit plasseii
überging u. aus der letzteren beide Bedtgn. u. 1 plas zu plat in der Bedtg.: flach etc.
von plauta leicht erklärt. plaske, flaches tellerförmiges Weissbrod
Wegen der Grdbedtg. : Geräusch machen, für Kinder zu Ostern. — 3Iit pletske zu
prasseln, crepitare etc. (cf. die Stämme: \A-ä.i od. Dimin. von dem nhd. Bl atz, flacher
klip, klaj), — Idit-klat etc.), cf. auch bei 10 dünner Kuchen = (cf. Weigand) älterem
Fick (I, 6S3) plära (Flur, cf. flör) von «/jr/. blacz, ])lacz od. wuZ. ])latz ('mplatzbecke,
plä (klatschen, schlagen), bz. unser flik-flak Bäcker solcher dünnen Kuchen).
u. plik-plak etc. u. unser flak = flat u. pUit plassp, s. 2 plas.
u. die davon weiter gebildeten Wörter. plassen (plashcn) , plasken , platsken,
planton, pflanzen, setzen etc.; — bomen 15 jjlatscheti , plätschern od, klatschen, einen
etc. plauten ; — he plantd sük d'r middeu klatschenden Schall machen, mit schallendem
tüsken ; — du briikst di uet so digt up mi od. klatschendem Geräusch niederschlagen
planten. ' u. zwar Letzteres speciell von einem starken
planter, Pflanzer; a. Person die pflanzt; od. sog. Platz- Begen; — lie plasket in 't
— Sprichw.: is de böm gröt, is de plauter 20 water herum; — dat plasst (od. plasket,
dod; — b. ein spitzes hölzernes Geräth zum platsket) urdentlik, so uat is de grund; —
Stechen der Löcher, worin die Kartoffeln 't regend , dat 't i)last od. plasket , bz.
etc. gepflanzt werden. klatsket od. pladderd. — Nid. plassen ;
plantje, Pflänzchen. mnld., mfläm. plasschen (])alpare aqnas, mo-
1. plantjen, jj/?an^^eM. 25 tare aquas) ; nd. (Br. Wb.) plasken od.
2. plantjen, s. plentjeu. (Dähnert, Schambach etc.) platschen;
plantjer, Pflanzer. mnd. plasken; schott. plash; schioed. i^Väska
plappen, plappern , schivatzen , plappern (platschen, plätschern, bz. aqua cum sonitu
etc.; — he plappt 't all' üt. — Auch früher movere). Daneben auch: aengl. (Strat-
w/irf. blappen, plappen m. »«nd pleppen, was 30 mann) flasken, flaschen (cf. daselbst
mit unserm flappen wn einem alten unver- flascheth and wascheth zu nd. wasken u.
schobenen Schallstamm (cf. klappen von plasken im Br. Wb.); afranz. flasquer
klap) plap (cf. mhd.lrdy/es aus jiapas u)iter (platschen, plätschern), was S tratmann
paus) entstanden zu sein scheint, sofern auch mit engl, flash (aufschlagen, flach
nicht etwa flappen (s. d.) gänzlich andern 35 treffen, die Wasserfläche mit einem Ruder,
Ursprungs ist. — cf. auch plempen etc. bz. mit der Platte desselben) identificirt u.
1. plas od. (der Aussprache nach besser) ivas man auch durch klatschen od.
plash, ^oc7t, niedrig, sumpfig, beinahe unter platschen übersetzen kann.
Wasser stehend od. mit dem Wasserstande Vergleicht man nhd. Klatsch, klat-
der Umgebung gleich; — dat land is plas, 40 sehen etc., bz. nid. klas, klasseu; engl.
't steid man efen bäfen water. — cf. plassig clash etc., bz. unser klats, klatsen etc. von
u. das folgende: klat = ahd. klaz, so ist es klar, dass auch
2. plas (plash) od. plasse (plashe), Pfütze, die obigen Verba ebenso wie flat u. plat, bz.
Tümpel, Lache od. eigentl. eine niedrige unser fläter u. pläter etc. auf einen Stamm
Stelle, eine flache Vertiefung, ein Loch etc. 45 plat (älter hochd. blaz, plaz) zurückgehen,
worin Wasser steht. — Compos. : water-i)las der entioeder ein urspr. Schallstamm ivie
(Wasser-Pfütze etc.). — Nid. plas; mnld. klap, klat etc., ist, od. aus der Bedtg.:
plas, plasch (palus, lacuna; fossa in qua stat spalten, reissen, bersten, brechen etc. (cf.
aqua); ae»<7?. plasche ; eHr/Z. plash. Daneben z. B. nhd. 2) fasset n in seiner Connexität
auch (S tratmann) : «ch^/L flashe, flosche ; 50 mit nhd. bersten od. an. braka [prasseln]
afranz. flache (lacuna); engl, (provi)iz.) von goth. bi'ikau, brak etc , — od. lat.
flash (kleiner Pf ulil). — Da es formell genau fragor von frango etc.) in die Bedtg.: kra-
zu nhd. Flasche, bz. dem gleichbedeutenden chen, bz. einen Schcül od. ein Geräusch
mhd. vlasche, i)lasche, afranz. flasche, serb. machen u. so auch in die subst. Bedtg. :
ploska (cf. flesse) stimmt, so könnte es auch 55 Schall od. lautes Geräusch, sonus,
vielleicht ebenso wie Flasche aus lat. crepitus etc., bz. dasselbe wie Klapp s od.
vasculum entstanden u. aus der Bedtg.: Ge- Klatsch als Schall-hiterjection od. Schall
fäss , Geschirr etc. in die von : flaches u. Geräusch nachahmendes u. bezeichnendes
schüsselartiges Etioas, od. flache Vertiefung Wort überging, wie es ja ganz zweifellos
etc. übergegangen sein. Ist dies indessen 60 ist, dass der Stamm plas in nid. plas-regen
PLASSEN 726 PLAT
mit platz in nhd. riatz-Begen (cf. schott. plassig, wcisserig, pfutzig, sumpfig etc.,
plash of rain, a heavy fall of raiu) ident. hz. (von Grund und Boden) platschig od. so
ist H. nur das schallende od. Matschende voll von Wasser, dass es klatscht od. platscht,
Geräusch eines heftig niederschlagenden od. loenn man darin geht. — Ungl. plashy. —
2>rasselnden Begrns bezeichnet u. da.ss nun 5 cf. 1 u. 2 plas «. plassen.
weiter auch das obige plasscii od. platskeu, j»läster, l'ßaster (auf Wunden) u. auch
nhil. platschen etc. von Hause aus das- in steiipläster dasselbe wie nhd. Pflaster
selbe Verb, wie nhd. platzen ist. Ver- in l'ßasterstein, Steinpflaster, i^s wird aber
gleicht man nun loeiter skr. pliuU (se ex- aucJi in bildlicher Bedtg. gebraucht, als ein
jtauikTf, Hoiescere) aus i)biilla von phal 10 Schmerz u. Leid stillendes Etwas, od als eine
(Hiuli, (lirumpi etc.), sowie unser plat = a». Vergütung für zugefügtes Leid, ivie wir z.B.
flatr, flatt etc. (cf. auch plate, i>läts = tihd. von Jemandem, der einem Andern dafür ein
Platte u. Platz) u. griech. piatos etc. Stück Geld in die Hand drückt od. zahlt
von der y prath , urspr. i)rat (sich aus- auch sagen : he licd hum d'r 'u pluster up
breiten u. entfalten), so ist es wohl zweifei- 15 legd. ~ Sonst pleister, cf. dieses u. i)leisteru.
los, dass dieses skr. prath urspr. auch die — Pflaster entstand bekanntlich aus
Bedtg.: bersten, platzen, od. spalten, klaffen, griech. emplastroü, was mit dem gleichbe-
auseinander gehen, sich öffnen u. tveiten, deutenden eniplaston zu em-plassö, att. em-
l'latz u. Baum machen (cf. nhd. klecken \Aaitö(darin-,darauf streichen od. schmieren,
von klak, bz. flecken von üdk m«<c;* flekken) 20 verschmieren, verkitten, verstopfen etc.) ge-
hatte u. demnach auch nicht allein das hört. Das einfache griech. \)\&s,sö, (i^^. plattö
Thema von griech. plati'is u. unscrm plat, (bilden, formen, gestalten) hat indessen an-
an. tlat etc. (platt, flach, ausgebreitet, eben scheinend eigentl. die Bedtg.: drücken, kneten,
etc.), sowie von i)late u. jiläts (bz. nhd. sodass eni-i)lassö demnach soviel cds : darin-
Platz), sondern auch die y von nhd. 25 od. daraufdrücken bedeutet. Vergleicht man
platzen u. des obigen plassen (cf. auch übrigens die j/ kar (machen etc ) aus skar
proten, prutjeii, i)rötteln etc , sowie Weiteres (spalten, hauen, schneiden etc.) u. taksh
unter pote, pnt) ist, wobei sich eben auch (faccre, fabricari, od. ur.'<2)r. frangere, disse-
wieder wie beim an. braka (prasseln) von care, lindere) als Weiterbildung von tak
goth. brikau (brechen, bersten) etc. (s. oben) 30 (hauen, behauen, od. schneiden, beschneiden
aus : brechen od. bersten, spalten, ausein- etc.), so kann man für plassö od. plattö
ander gehen, platzen etc. auch wieder die auch die Grdbdtg.: schlagen, hauen, spalten,
Bedtg.: schallendes Geräusch, od. lauter schneiden, stechen, stossen, od. auch die von :
Schall (t'ragor, crepitus etc.) entwickelt haben knicken, brechen, biegen, zusammendrücken
kann, da ja diese Bedtg. ebenso wie in 35 etc. annehmen, da Ja dieses \^\&ssö od. ]Aa.ttö
Klatsche u. klatschen auch in nhd. jedenfalls mit griech. piatos (breit, flach,
Platsche (flaches Brett, um damit eben u. ausgedehnt) zu derselben |/' gehört, die ja
flach u. platt zu schlagen), platschen eben aus der Bedtg. : brechen, bersten, spalten,
(mit Schall aufschlagend niederfallen, laut klaffen etc. in die von: auseinander gehen,
schallend schlagen) ebensowohl wie auch in 40 sich öfl'nen u. entfalten, sich ausbreiten u. aus-
platzen (klatschen, schwatzen, plaudern, dehnen etc. überging, ivorüber das Weitere
mit der Bede herausplatzen, bz. Etwas aus- unter plat u. plassen zu vergleichen ist.
platzen etc.), Platzregen u. nhd. platzen plästern, pflastern, in verschiedenen Be-
(schlagen, dass es schallend niederführt, mit dtgn., wie auch nhd. pflastern. Sonst cf.
Schall bersten, auseinander springen, knallen 45 pleistern.
etc., bz. bersten, auseinander springen, üefl'- p'äti platt, flach, eben, gerade etc. ; — he
nung u. Biium od. Platz machen etc., cf. liaiid dat (od. hum) jdat ; — so plat as 'u
Platsche, platschen, bz. 1, 2 u. 3 Platz u. paukök ; — en plat slän (Einen od. Jeman-
platz u. platzen bei Weigand) etc. zu den breit schlagen); — 'u platten föt; —
Tage tritt u. auch unser plettern mit nhd. 50 'n plat hiis od. dak; — 'n platten paiiiie etc. ;
platzen von derselben y abstammt. — platter as plat kau 't not; — 't platste
Vergleicht man nun aber 'k\\\k,'ki\\\i\mi\ von stük land; — i)lat makcn (platt od. flach
knak u. knippen von \ii\A\), so erklärt sich auch maclien, plätten, ebenen) ; — platlaud (Flach-
leicht wieder das engl. \)la,sh (die Zweige biegen land, als Gegensatz zu Hochland od. gebir-
u. flechten od. ineinander schlingen; dieselben 55 giges Land); — up 't platte land wanen
beschneiden od. kappen; 3Iörtel etc. an- od. (auf dem platten Lande [als Gegensatz von
befeuchten u. anrühren etc.) als mit plassen Stadt] wohnen); — plat-dütsk (Platt- od.
od. platschen desselben Ursprungs. Niederdeutsch, als Gegensatz von Hoch-
Weiteres s. auch noch unter pläster, so- deutsch) ; — he protd plat (er spricht platt
wie unter bred. 60 od. allgemein verständlich, od. auch: er
PLATE PLAT 727 PLEGE
spricht niederdeutsch) ; — he kau gen plat plat-fötjes, a) Flur, von platfolje; — b)
ferstän ; — jilat in 't gcsigt soggcn (gerade Ädc. von ])lati'6t in der Bedtg. : pluttfüssig,
ins Gesicht sagen) ; — plat iit (gerade aus) ; mit od. auf platten Füssen ; — he lüpt
— dat land i)lat maken ; — dat hüs ligd platföljes.
plat (das Haus liegt nieder od. nieder- 5 plat-gat, Plalt-Arsch, Einer der einen
gestürzt); — he ful plat däl (er fiel platt jdatten Hintern hat. jiuch ein Schiff mit
od. der ganzen Länge nach nieder) ; — he flachem Hintertheil. — Nid. platgat. — cf.
ligd plat up de däle ; — sin geld uu göd ruudgat in der zweiten Bedtg.
plat slän (sein Geld u. Gut verthun) ; — he plätje, kleine Platte. Dimin. von i)late.
is so plat mit de li'ie (er ist so niedrig od. 10 platje, loser Schioätzer, loser Vogel, Spass-
gemein u. umganglich etc. mit den Leuten, nicht vogel etc. — Nid. platje.
hochmüthig etc.); — he geid so jilat mit sin plätje, alberne Person, Person die albern
folk (seinem Gesinde) um, as of 't bin's spricht u. albern thut od. sich albern ge-
glikeu sunt etc. — Nd., mnd., nid., mnld., berdet; — 'n platje tan 'n wicht.
mfläm., aengl., schott. etc. plat od. platt, zu- 15 platjen, dummes albernes Zeug schwatzen,
nächst wohl aus franz. plat (flach etc.), was sich albern bezeigen u. geberden etc. ; — se
viit dem gleichbedeutenden ital. \)'vA.iio wahr- plätjed wat mit de kinder herum; — du
scheint, aus griech. plati'is (platt, breit) ent- must net so pliltjen od. platjerig weseu.
stand u. mit ags., engl, tlat ; an. flatr, flatt, platjerig, albern.
flöt (pkdt, flach etc.) zur y skr. prath (sich 20 plat-lus, Filz-Laus (Pedic. pubis).
ausbreiten , od. eigentl. : spalten , platzen, pläts, plätse, Platz, Stelle, Raum, Ort,
bersten, auseinander gehen, sich öffnen u. Wohnort, Bauernhof ; — up sin \Aiiis seiien;
weiten, sich entfalten etc., cf. Weiteres unter — elk up sin pläts ; — liir ter plätse ; —
plante u. plassen etc.) gehört. pläts makeu ; — he is dar in pläts fan hum
plate, plat, Platte, 2^lattes od. flaches Ftwas 25 sitten gän; — he is fan 'u frömden pläts
von Stein, Holz od. Metall in der verschie- na hir kamen ; — fan en pläts na de ander
densten Grösse od. Form u. zu mancherlei trekken ; — 'n pläts mit hunderd dimt land ;
Gebrauch. Sodann auch: eine breite flache — he wil dre plätsen (Höfe, Landgüter)
Sandbank, sofern sie eine grössere Aus- ferköpen laten. — iV7(Z. plaats; »«wM. plaetse;
dehnung hat u. regelmässig bei Jeder Fluth 30 goth. platja ; mhd. blaz, plaz, platz ; mnd.
überschwemmt tvird, wie sich dergl. plateu plas. — Mit franz. place ; ital. piazza ;
mehrere auf dem Wattenmeer zwischen un- span., port. plaza, plaga, plassa; mlat.
serer Küste u. den Inseln finden. — Aus placea aus lat. platea u. dies aus griech.
griech. plate (breite platte Fläche, Platte) plateia von platüs, cf. i)lat.
M. dies mit platüs (cf. plat) von derselben 35 plat-säd ; *'. q. swinegras 2 = Vogel-
y prath. knöterig.
pläter, breites, bz. grosses, weites Maul, plätsen, Platz geben, setzen, stellen, hin-
grobes Maul, Schwatzmaul etc.; auch per- setzen etc.; — he plätst dat (od. sük) dar
sönl. : Schwatzmaul, lauter Schioätzer etc. ; lien ; — ferplätsen (versetzen, verstellen), —
— hold din pläter etc. — Nd. pläter (Maul; 10 umplätsen, — henplätsen etc.
Schwätzer), plätermuul (Schwätzermaul) ; platsken, s. plassen.
mnd. pleter (Schwätzer). — Wohl von plat platte, a) Flache, Fläche; — dat platte
wie fläter von fiat. fan 't hüs etc. ; — up 't platte fan de fot
\\äXevrx, laut schtoätzen, plappern, plaudern (Fussfläche, Fusssohle) to stän kamen; —
etc.; — iVd. pläteru ; mnd. pleteren. — Zu 45 b) das Niederdeutsche; — he kan 't platte
pläter, wie flätern zu fläter. net ferstän.
plat-tisk, Plattfisch. platter, s. plat.
plat-föt, Pluttfuss; — pil-äntje-platföt. — plege, plage, Pflege, Sorge, Obhut etc..
Davon : platföts (pluttfüssig , mit platten bz. für das Wohlsein u. Gedeihen Sorge
breiten Füssen etc.); — he tredt platföts to ; 50 tragende Behandlung, sorgsame Auf Wartung
— he löpt d'r platföts afer hen. u. Bedienung od. überhaupt: Behandlung,
plat-fötje (Dimin. von platföt), Platt- Aufwartung, Bedienung etc.; — he is sin
füsschen, plattes Füsschen. plege aubefalen un aferlateu ; — he hed
plat-fötjen, mit od. auf platten Füssen od. hum in plege namen ; — dat kind hed sin
pluttfüssig gehen; ohne Schlittschuh auf dem 55 hege uu plege net göd had; — de kranke
Fise gehen od. gleiten. is hör plege allen aferlaten un hör plege
plat-fötjer, Einer der mit platten Füssen hed he 't allen to ferdankeo, dat he wer
od. plattfüssig auf dem Eise geht u. gleitet ; beter worden is. — Nd., mnd. plege ; mnld.
— Bedensart: platfötjers nt de sid; schofel- pleghe (Pflege, Besorgung ; Gebrauch, Ge-
löpers förbi. GO wohnheit, Sitte; Dienst od. Leistung, Geld-
PLEGEN
728
PLEGEN
leislun^ , Abgabe , Facht , Zins) ; africs.
plega, pliga (Gebrauch, Gewohnheit, Sitte
etc.); mhii. phlege, pflege (Obhut, Aufsicht,
Leitung, Fürsorge, Fßege; Gewalt, Amt,
Besit^i ; Gewohnheit , Ihun u. 'Treiben, Be- 5
schäftigung).
plegeii, plagen (plcge, plegge, i)l;igo;
pli'gsU pleggst, i^lagst; plegt, pleggt, pliigt;
[wi, ji, se] plegen od. pleggen, i)Ii"igeii; —
plegde, plcggde, plagde; plegdst, pleggdst, 10
plägdst, plegden etc. od plag, plagst, plag,
plaggen ; — hed od. is plegd od. plitgd, bz.
plagen) pflegen; a. behandeln, aufwarten,
bedienen, besorgen, sorgen für etc. ; — kranken
od. kinder plegen ; — alles göd hegen, plegen, 15
behandeln un ferwaren, bz. wärncmen nn be-
sorgen ; — he pliigd od. deid 't plagen bi
de niür- uu tinnner-liiJen (er tvartet auf od.
thut das Aufwarten u. Bedienen bei den
j\faurer- u. ZimmerJeuten, indem er ihnen 20
alles Benöthigte zurecht macht u. bringt od.
besorgt u. ihnen in jeder Weise hü If reich
zur Hand geht, cf. plegsman) ; — he pliigt
sük göd (er bedient sich gut von Speise u.
Trank, bz. er besorgt sich gut od. sorgt gut 25
für sich etc.) ; — he plegd siik d'r 'n goden
dag tan (er besorgt sich einen guten Tag
davon); — b. treiben, betreiben, sich Eines
befleissigen, aus Pflichtgefühl od. Gewohn-
heit thun, gewöhnt sein zu thun, die Ge- 30
wohnheit haben; — he hed de Sünde al lank
plagen (od. plägd) ; — he plegd des goden
gewonelk to fol to dön ; — ho plag (od.
pleggde) fröger des söndags altid dremäl na
de karke to gän. — Compos. : ferplegen 35
(verpflegen) ; — beplegcn (be- u. verpflegen,
besorgen, bedienen, aufwarten, mit allem
Nöthigen versehen etc) ; — toplcgen (zu-
od. hinbesorgen , zudienen , zutragen , zu-
bringen etc.); — de plegslüde matten de mur- 40
lüde stenen ua kalk toplegen. — Nd., mnd.,
nid., mnld. plegen od. pleghen (solerc,
excrcere, agere, operani dare; curare,
procnrare ; tractare ; uti, frni, fungi) ; afries.
l)legia, pligia (gewohnt sein zu thun; sich 45
eines befleissigen, beflissen sein); wfries.
plijgjen ; satl. plegia od. (ef. Eh r entra u t,
I, 184) plägje; wang. pleg ; helg. i)lag (das-
selbe wie bei uns) ; ahd. ]ihlekan, flekan,
phlegan, flögen, plegan ; 7nhd. phlegen, flögen, 50
})fli'gen ; md. plegen (pflegen, in Obhut nehmen,
sorgen für, als Pflicht besorgen, dienen;
mit Etwas timgehen, treiben, thun, sich be-
dienen, brauchen, besitzen, haben) ; norw.
l)lega; schwed. pUiga; dän. pleje u. daneben 55
auch an., isl, norw. plaga (solere, moris
habere ; tractare etc.). — Es setzt wie wegen,
bz. bewegen ein agerm. Verb, pligan, plag,
jilug, i)lugan voraus, tvie dies auch durch
(las dazu gehörige j)ligt od. plicht (Pflicht) 60
sowohl, als auch durch das vom Präter.
plag abstammende an., isl. plag (emolu-
mentuni ; mos, Sitte, Gewohnheit etc.) u.
plaga (s. oben) ivie afries. pligia neben
plegia (Melis Stoke hat auch ein Con-
tractum plieu neben pleegen od. plegen) be-
zeugt wird. Ob nun aber die von Gruff
(III, 356 seq.) angegebene Bcdtg. : curare,
niinistrare, regere des ahd. phlekan etc. die
urspr. des alten ])ligan ist u. auch das ags.
plega (Indus), plegjan,pleggan,pleogjan, aengl.
ploien, engl, play (ludere) u. ags. plaegau
(ludere, saltare) zu dem alten pligan (vergl.
darüber IL Leo, pag. 93, — Graff, III,
356 seq., sowie auch Weigand unter
Pflege u. pflegen) gehört, lasse ich da-
hin gestellt sein u. sei hier nur noch bezüg-
lich des as. plegan (cf. Heli a n d von
Mor. Heyne, 283) bemerkt, dass dieses
Wort nach seiner wahrscheinl. Bcdtg.: für
die Eolgen von Etwas einstehen, die Schuld
von Etwas auf sich nehmen, bz. Bürge sein
od. Bürgschaft übernehmen für Etwas, sich
verbürgen für etc. loohl ziveifellos mit aengl.
(S trat m ann , 43!)) plegge ; afranz. plege
(vas, Bürge) ; engl. i)ledge (Bürge, Geisscl ;
Bürgschaft, Sicherheit, Pfand etc.), plcdge
(sich verbürgen für etc.) u. so tveiter auch
mit ital. picggio, jjrov. plieu, franz. pleige
(Bürgschaft), afranz., prov. (D iez, II, 387)
plevir, n franz. (I\Io z i n- Pesc h i e r) pleigir
(versichern, verbürgen) connex ist, bz. dass
das von Wächter (cf. Diez an der an-
gezogenen Stelle) von ahd. pflegan abgeleitete
afranz. plevir etc., liebst afranz. plege,
aengl. plegge (Bürge) nicht von ahd. pflegan,
sondern wahrscheinl. geradezu von as. plegan
entstand, über dessen ursp)r. Identität mit
ahd. i)flögan u. afries. plegia etc. od. mit
einem nach M. II e >/ n e u. B o ute r wek
auch neben plcgian bestandenen ags. plegan
man indessen auch nichts Gewisses sagen
kann, so lange die eigentl. u. ursjyr. Bedtg.
u. Herkunft des oben (u. auch von Wei-
gand) angenommenen agerm. pligan, i)lag
etc. nicht zweifellos festgestellt ist. Ver-
gleicht man übrigens unser 2 flejc (Pflege,
Aufwartung, Besorgung, richtige ti. sorg-
fältige Behandlung etc.), bz. dass dieses
Wort sich begrifflich so nahe mit Pflege
berührt u. dass es zweifellos zu flejen (zu-
sammenlcgen, schichten, ordnen) ; mnld. vlien
(ornare, comere, coniponcre, aptare in or-
dinem) ; as. flihan, fligau (adjungere, accom-
modare, api)licarc); md. flilien (in Ordnung
bringe)}, ordentlich stellen ; schmücken, putzen,
bz. ordentlich u. nett machen) gehört, sowie
iveiter, dass dieses as. flihen, fligen laut-
verschoben dasselbe Wort wie lat. plicare
(falten, zusammenlegen, in einander legen
PLEGEN
729
PLEGER
etc., cf. auch ploicii) ist, so kann ich mich
der Ansicht nicht vcrwcJiren, dass auch das
für pligau stehende ahd. phli'kan, pHögaii
etc., bz. unser nd. plcgi'u ebensowohl loie
das unter 2 plicht angezogene afranz. plecier
u. ital. piegare, simn. plegar, frans, plier
u. aengl. plien aus lat. plicare entstand u.
ebenso wie flejen, bz. as. flihan, fligaii aus
der Bedtg. : falten, zusammenlegen in die
von : zurechtlegen, ordnen etc. überging u.
aus : ordnen, in Ordnung bringen, Ordnung
schaffen od. machen (in Etwas) etc. weiter in
die von: Anordnungen treffen, Befehl u.
Aufsicht übernehmen (über Etwas), beauf-
sichtigen etc. überging , wobei sich dann
hieraus von selbst die von Gr äff für alod.
phlökau od. pflügan angegebene Bedtg.:
curare, miuistrare, regere etc., bz. die von:
in Aufsicht, Obhut u. Pflege nehmen, sor-
gen od. Sorge tragen für etc. ergab. Da
nun aber das as. plegaii u. das für ags.
plege u. plegian früher als bestanden anzu-
nehmende plegan ztoeifelsohne ebensowohl
Lehnwörter wie ahd. phlekan (pflegen, cu-
rare etc.) sind, so werden diese auch ent-
toeder mit ahd. phlekan, phlegan eins u.
connex sein müssen od. gleichfalls aus lat.
l)licare hervorgegangen sein. Weil nun
aber derjenige der die cura od. procura
hat od. derjenige, dem die Sorge od.
Fürsorge für Etwas aufliegt od. der für
Ettvas od. Jemanden zu sorgen hat, auch
für Alles was seiner cura od. Fürsorge u.
Pflege unterliegt pflichtgemäss einstehen muss
u. persönlich für sein eigenes Tliun od.
Verhalten (bz. seiner Verwaltung od. Pfleg-
schaft) sowohl, als auch für das seiner
Pflegbefohlenen od. Curanden bürgt u. haftet
od. einstehen muss, verbindlich ist etc., so
ist es sehr gut denkbar, dass das as. plegan
von Hause aus ganz dasselbe Wort ivie
ahd. phlegan ist, zumal dieses Wort neben
sorgen od. Sorge tragen (für) auch
die Bedtg. : Etwas als Pflicht auf sich nehmen
u. betrachten , als Pflicht (od. Dienst u.
Schuldigkeit etc.) besorgen etc. hat u. auch
hieraus wieder leicht in die von : verbindlich
sein u. einstehen (für Etwas etc.) übergehen
konnte, weil ja derjenige, der eine Pflicht
od. einen Dienst hat od. dem eine Pflicht
od. ein Dienst aufliegt, auch für die Er-
füllung seiner Pflicht od. seines Dienstes
verbindlich u. haftbar ist.
Weiter nun aber noch das ags. plega
(ludus) u. plegian (ludere) betr., so scheint
es mir, dass das dafür als bestanden voraus-
zusetzende plegan urspr. die Bedtg. : r i n-
gen hatte u. dass diese aus der Bedtg :
wickeln od. schlingen (um Etwas
herum), bz. sich wickeln tt. winde n (wie
eine Schlange etc.) von plicare entstand,
ebenso tvie auch das afranz. jdecier (eiitre-
laccr, verschlingen, verflechten; in einander
schlingen od. flechten, s. unter 2 i)Iicht)
5 neben franz. plica od. ijlique, engl, plica
(Weichselzopf) ebensowohl aus i)licare ent-
standen, loie ital. piegare (falten, biegen,
toinden, krümmen etc.), picga (Falte, Krümme,
Bug etc.), piego (Umschlag, Hülle, bz. das
10 was man um Ettoas loickelt od. ivorin man
Etwas einwickelt etc.) etc., ivobei wegen
l)licare noch bemerkt sei, dass dieses mit
griech. plekö, plekeiu (flechten, drehen,
winden), sowie iveiter dem lat. plecterc, bz.
15 unserm flechte tc. flechten von einer u. der-
selben y abstammt. Auf die Bedtg.: rin-
gest (winden, drehen, in einer Kreisbiegung
bewegen etc.; sich anstrengen, kämpfen,
streiten etc., cf. : er ringt die Hände, sie
20 ringen mit einander, er ringt mit dem Tode
etc.) für das für ags. plega u. plegian an-
zunehmende ags. plegan schliesse ich daraus,
dass das ags. plega neben ludus auch mit
coutentio ti. pugna (cf. Bouterwek u.
25 Andere) glossirt ivird u. dass plega demnach
ivohl zuerst einen Zustand des Bingens
od. wo zwei mit einander ringen u.
kämpfen (sei es zum Vergnügen od. im
Scherz als Spiel zur Unterhaltung, od. im
30 Ernst als Feinde) bezeichnete , wobei es
dann hieraus von selbst einerseits in die
Bedtg. : Spiel zum Vergnügen u. zur Unter-
haltung (u. so in die cülgemeine von Spiel
od. ludus), bz. in die von : Wett- od. Kampf-
35 spiel (zum Messen der Kräfte) u. anderer-
seits auch in die von : Anstrengung u. Kampf
od. Streit (contentio, pugna), im Ernst über-
gehen konnte. Wegen der Bedtg. : ringe n
von plegan od. Bing- Zustand, Bing-
40 spiel, Ringkampf etc. von ags. plega
vergegemvärtige man sich nur das Bingen,
Drehen, Wenden u. Winden etc., bz. das
gegenseitige sich Umicickeln, Umwinden u.
Umschlingen der Bingkämpfcr od. zweier
45 mit einander ringender Männer, bz. die be-
rühmte Laokoon^sche Gruppe, od. einen
Ringkampf eines Löwen od. Tigers mit einer
Boa Constrictor u. dann weiter die formelle
Verwandtschaft mit lat. plicare u. afranz.
50 plecier (entreläcer), sowie mit griech. plekein
(flechten, drehen, winden etc.), wobei man
beim Vergleich von r i ngen = ahd. hringan
(von hring, Bing, Biegung, Krümmung, ge-
krümmtes od. gebogenes rundes Eticas) od.
55 =: unserm wringen (drehen etc.) wohl nicht
daran zweifeln kann, dass auch ein ags.
plegan mit der Bedtg. : r i ng en (u. so auch :
kämpfen etc.) aus plicare od. griech. plekeiu
entstehen konnte.
60 pleger, pläger, Pfleger.
PLEGS-MAN 730 PLEMPEN
ple^s-man, pl3ss-nian (Plur. ]tk'j;s-laJc, (ud flake, flarrc) is oJ. 'u is-pleit (eine
jilegs-lue), eilt Mann, der den Xfauicrn it. J'Uitte od. Schulle J'Jis, eine Eisphdtc od.
Zinnnerleuten in (dien Stücken aufwartet Eisscholle). — cf. dazu auch nd. (B r. Wb.,
u. sie in u. mit allem Benöthigten bedient. 3.30) plite (Plattfi.sch, Scholle); mnd. {Seh.
— Zu jdegeii. 5 u.L.) plotz u. nhd. (W e igand) Flaute,
|ileffstei-, pUl^ster, Pßer/ster, Pjlegerin. Plötze (kurzer breiter Degen), sowie anld.
plegtig, gemessen, würdevoll, feierlich, (KU.) plotte (geuus gliulii latuiii valtle,
festlich; — lu- lüi)t d'r so plegtig heii, brt-ve et teiiiK'), sowie: mnd. plite, jileite;
(lat lie geu niliie fcrtrekt, wen hum wcl «/(/. jileit ; »«hW. pleyte (iiavis larga et plaua,
protil ; — he geid up 't plegtigste unged;in 10 bz. ein plattes od. flaches Schiff, ein Schiff'
IUI gekleilt na de karke; — uj) de i>legtigstc mit plattem Boden).
v/ke.— Xld. ])legtig od. ])lechtig (feierlich, 2. pleile in der Redensart: he is pleite
festlich, stattlich, ansehnlich etc.); mnld. p.dn (i\. er ist mit Hinterlassung von Schulden
plechtigh , jtlichtig (devinctus, obuoxius, flüchtig geworden od. durchgegangen ; — b.
obligatus, qui debet; debitus). — Zu pligt, 15 er ist kaput gegangen od. er hat Bankerott
bz. jtlicht u. urspr. soviel ah: so wie gemacht); — dat is jileite gän (das ist flöten
Sitte u. Pflicht es erfordert, bz. so wie od. verloren gegangen); — he is jdeite (er
es dieser od. der betr. Sache u. Gelegen- ist bankerott); — he hed pleite niiikt (er
heit nach erforderlich od. derselben ange- hat Bankerott gemacht). — Es ist das jüd.-
messen ist. 20 deutsche pleite aus jüd. pletä (Flucht) von
pleie, Plur. pleieu, Hölzer um Webstuhl, hehr, palat (er ist entwischt),
an welchen der Kamm aufgehängt ist u. pleiten, einen Bechtshandel führen, pro-
schwebend erhalten ivird. cessiren etc.; — he mag iiiks lefer as pleiten;
plein, offener, freier, ebener Platz. — Nid. — he hed all' sin geld terpleitd ; — he pleitd
jtlein. — Aus franz. plaine von /aY. planus. 23 altid mit elk uu en. — Altes Sprichw.:
pleister, Pflaster; speciell der Wandputz plcit' uet um 'n kn, gif lefer eu tö, od. wie
od. der Kalk-, Lehm-, Gips-Verputz einer es jetzt (weil es sich Jetzt bei einem Process
^[auer. — Nid. pleister (Pflaster; Mörtel, so sehr um die Form handelt u. auch die
Kalk, Gips zum Verputz der Wand). — Gerichts- u. Advocaten-Gebühren viel höher
Aus afranz. plaistre (geplätteter Fussbodcn , 30 als früher sind) heisst : plcit' uet um 'u kö,
Estrich); nfranz. iilätre (Gips), was mit gif lefer twe tö. — Nd., <tW i)leiteu ; mnd.
ital. piastra (Metall-Platte; desgl. eine ital, pleiten, i)leteu, ploiten ; afries. jilaitia;
span. u. türk. Silber-Münze) ebenso wie wfr ies. pldchiien. — Wohl zunächst von nid.
pläster ««semplastrum, 6«r. ^r/ec7t. emplastrou pleit; mnld. pleyte; mnd. pleit, ploit ; afries.
entstand. 35 plait, placht (Bechtshandel, Process), was
pleistern, a) schmieren, kleben, verputzen, mit franz. plait, plaid ; afranz. plaid ; prov.
mit neuem Putz od. einem neuen Anstrich plait, ])lag; ;jor<. pleito, preito ; *;^<(r/i. pleito;
versehen, Löcher ausbessern, bessern, flicken ital. (Diez, 1, 317) i)iato (Rechtshandel,
etc.; — • he pleisterd de gaten wat digt ; — Vertrag) aus lat. placitum entstand, welches
de gefel nnit iieis i)leister(l (od. wer wat 40 im J\littclalter die Bedtg. : Versammlung zur
uppleisterd) worden ; — he i)leisterd sin hüs Verhandlung wichtiger Staatssachen hatte
wat u]i ; — de büksen (Hose) etc. mut u. wovon Verb. : ital. piatare, piateggiare ;
pleisterd worden; — b) kleben an, festkleben .s^^au. ))leitear; j>or<. j)reitpjar; jjrof. plaideiar;
wo, sitzen bleiben wo, sich festsetzen wo «/rrtH^. i)laidier, plaidoier; /rtt»^. pleider etc.
jzum Ausruhen od. zur Erholung, in od. bei 45 weitergebildet ist.
einem Wirthshause anhalten etc. ; — hir plek, Fleck, Fläche, Landstrich etc. ; —
willen wi man efeu ])leistern, um wat to dat ligd all' in en plek (od. uj» en plek) to-
sten un to driiiken un uns 'n bitje üt to sameu; — 'n heleu plek bind; — 'n plek is
rüsten; — lie pleisterd aferal so lank (bleibt etc. — Nid. plek. — Nebenform von plak
überall so lange sitzen), dat he hast hei net 50 in der Bedtg. sub b.
wer aferkumd; — wi hebben tan hir na plenipen, ins Wasser schlagen, stosscn od.
Emden hen man enmäl pleisterd. — Davon: iverfen, dass es ein schallendes Geräusch
gepk'ister (a. Geschmiere, Geklebe, Geflickc macht, Wasser mit Geräusch aus Etwas
etc. ; — b. langes Sitzenbleiben wo, öfteres herausgiessen u. umher werfen od. schlemlern.
Anhalten wo etc.); — ))leisterpliits (Pbitz 55 Wohl mit plem})ern, ]»liniperM, plumpen
wo man sitzen bleibt od. anhält um sich zu (cf. auch i)umpe, ])umi)en), plumpsen etc.,
erquicken u. auszuruhen). — Nid. pleistereii. bz. an., isl. planipa (rigide et rustice incedi)
— Zu )>lci8ter. von einem obs. Verb, plinipau, plamp, plump,
1. pleite od. pleit, ein flaches n. breites iilumj)an, was ich als Schall nachahmendes
Sliick, bz. eine Platte od. Scholle; — 'u jileite Gü Wort (cf. klajtpcu, klirnjicru etc.) mt'iplaiipen,
PLEMPERN
731
PLETTERN
plappern u. flappeu (klatschen, schwatzen,
plaudern etc.) etc. von demselben curop.
Thema parp, palj) (i>lap, nasal, plarnj)) ab-
leite, was Fick (II, 15S u. 003) für lat.
pulpare (vom Geschrei des Geiers), lit.
parpju, parpti (schnarren), parplys (Maul-
wurfsgrille), plopiu , ])lo])ti (plärren etc.)
aufstellt u. als zweifellos blos ein unarticu-
lirtes Geräusch lautlich nachmalender Schall-
stamm auch für sonstige Schallwörter (ausser
für unsere Stämme: Aap, flip, flup u. den
obigen Wörtern auch vielleicht für unser
blaffen u. bluffen u. wenn für plump od.
plumps u. plumpen, plumpsen, dann auch
für pluf tc. pluffen = nid. plof u. ploffen)
als Thema gelten kann.
Zu plempen, hz. dem obigen urspr. plimpan,
plamp, plump, plumpan gehört ausser plumpen
etc. u. unserm plempern u. plimpern auch
wohl das nd. (Br. Wb., III, 328) plampe
od. (Schambach) plempe (kurzer breiter
Degen, bz. Degen mit breiter flacher Klinge),
da dieses Wort auch wohl auf die Bedty. :
mit Geräusch schlagen od. klappen, klappsen,
klatschen etc. (cf. flappen) zurückgeht.
|)leiupern (Iterat. von plempen), mit Ge-
räusch (u. ohne Bücksicht darauf, ob es
kaput geht od. sonstigen Schaden leidet)
werfen, schmeissen od. schleudern etc. ; —
he plempert d'r mit herum as of 't niks
werd is-, — herumplempern (herumschleudern,
herumschlendern) ; — ferplempern (verschleu-
dern, wegwerfen, verschwenden etc.); — he
ferplemperd sin geld un göd ; — he hed sük
ferplemperd (er hat sich verschleudert od.
weggeworfen, weggeschmissen etc., z. B. sich
unter seinem Stande od. an eine niedrige,
gemeine u. schlechte Person verheirathet).
— Nd. (Schütz e, Dähnert, Da n n e i l
etc.) plempern, verplempern od. plämpern.
plenter, Kloben, Holzkloben, derber Holz-
scheit od. Knittel etc.; — he kumd dar mit
'n pleuter holt auslepeu, de he küm drageu
kan ; — he smet hum 'u plenter an de kop,
bz. tüsken de beuen. — Wolil mit palter
urspr. eins. Vergl. indessen auch splinter
von sputen, wie palte u. palter auch zu
spalte u. Spalter stimmen.
plentjen, plantjeD, plantschen, mit schal-
lendem Geräusch ins Wasser schlagen od.
klatschen, darin mit den Händen herum-
arbeiten, dass es klatscht, Wasser od. son-
stige Flüssigkeiten mit p)latzendem Geräusch
aus- od. vergiessen u. umher iverfen, dass
Flecke od. Lachen entstehen, überfliessen u.
mit klatschendem Tone niederschlagen, bz.
klatschend icorüber hinschlagen; — he
plentjed in 't water herum ; — he plentjed
dat water afer de däle ; — wicht ! dräg' de
Bopp' dog försichtig, du plentjest sc je all'
weg; — du must net so plentjen, du makst
mi 't je all' nat uu fül ; — dat water plentjed
d'r aier etc. — 3Iit nhd. }> lat sehe n (cf.
plassen etc.) eines Ursprungs. — cf. auch
5 pluntjen u. nd. (Br. Wb.) plentern (ver-
schleudern), was beim Vergleich unsers
plempern von i)Iempeu u. unsers plumpen
ztc pluntjen aucJi mit unserm i)lentjen connex
ist. Da aber die Stämme flat u. plat (cf.
10 plat, sowie fliiter u. pläter) urspr. eins sind,
so erklärt sich auch die begriffliche Ver-
ivandtschaft von Hcnteru, flcntsken mit nd.
(Br. Wb.) flentern u. nd. i)lenteru.
jdeser, pelser, Flaisir, S2)ass, Vergnügen,
15 Lust etc.; — üt (od. für) pleser un mallig-
heid ; — he lett hum für pleser (zum Spass,
bz. ohne Zweck, umsonst) dar hen löpen ;
— dat is wärhaftig gen pleser sük nat
regen to laten ; — wi hebben dar fol pleser
20 had. — Davon: \Aesiir\1k (2)laisirlich, spass-
haft , vergnüglich etc.) ; — pleserlikheid
(Flaisirlichkeit etc.) ; — plesermaker (Flaisir-
macher, Spassmacher, Vergnügenmacher etc.).
— Das franz. plaisir it. dies mit franz.
25 plaisant vo)i plaire aus lat. })lacere.
pletske (Flur, plctskes), ein kleiner flacher
dünner Kuchen von Zucker u. Mehl, früher
hier als Gonfect gebraucht. — Compos. :
sukker- od. zukker-pletske. — cf. plaske,
30 bz. md. platz od. platze, wovon auch dies
ein Dimin. ist.
plettern, schmettern, mit Gewalt (ivoran)
schlagen od. werfen, dass es zerbricht und
zerschellt etc. ; — he pletterd dat an de wand ;
35 — to- od. terplettern (zerschmettern , in
tausend Stücke werfen od. zerschlagen, bz.
zerspringen machen); — terplettern (zer-
schmettern , zerschlagen , zermalmen etc. ;
zerbersten u. zerspringen machen) ; — 't is
40 all' ter- od. fer-pletterd un in düsend stükkeu
hauen od. üt 'n ander fallen. — Nid.
pletteren (zerschmettern, zertreten, zerquet-
schen) , veri)letteren (zerschmettern , zer-
stampfen, zertreten, verquetschen,vernichten) ;
45 mnld. pletteren (obterere, exculcare). —
Iterat. bz. Frequentat. von mnld. pletten
(conculcare, contundere, obterere, conterere
etc.) = wfries. (Jap ix) plettjen. — Com-
pos.: for-plettjen = mnld. verpletten, ver-
50 pletteren (conculcare, obterere, opprimere,
calcando sive premeudo biedere), ivelches
pletten mit mnld. pletten (plätten od. platt
machen, platt drücken, platt pressen, platt
quetschen, zerquetschen, zerkleinern etc., bz.
55 verbrijzelen etc., cf. auch mnd. vorpletten
bei Seh. u. L. in der Belegstelle: se worden
mit groter swarheid der pine vordrucket
unde verplettet etc.) von plat (cf. goth.
plats ; ahd. plez, Lappen, Flicken, Fetzen
60 u. lit. plotis, Stück etc.) weitergebildet u.
PLICHT
732
PLIK
auch dasselbe ^\^o)^t wie aengl. (Strat-
mann) phitten, plettcu ; a(]s. itlattau u.
(S c h a m b a c h) pletteu (t'erire , rumi)ere)
ist, jcie auch «</. (cf. Schambach nuter
lilunnou) plette (zcrrissoies Etwas, Fetze
etc.) u. die Intcrject. i)latz als Bezeich-
nung eines schallenden JMutes od. Ge-
räusches (:^ klak, klat, klap etc.) u. das
Verb, platz en (cf. pl at z en bei W e i-
() a n d u. Weiteres unter plasscn, plat etc.)
mit ags. platte (alapa od. Klappe, Klatsche)
auf dieselbe y prath (s. unter plassoii etc.)
zurückgeht, wie unser plat u. griech.
jilatris etc.
1. pliclit od. l»ligt, Pflicht, Obliegenheit,
Schuldigkeit etc., bz. dasjenige was (als
seiner Fürsorge [cura etc.] anvertraut u.
unterstellend) Einem zu thun u. zu leisten
obliegt od. was von ihm gefordert werden
kann, daher auch: Anspruch auf Ver-
richtung von Etwas od. auf Hülfe u. Unter-
stützung, Dienst etc.; — he licd sin plicht
iiet dän; — 't was uiks mür as siu pligt
um dat to dön; — lic ninid hum üog al
föl in iiliclit, dat he hum liclpoii mut; —
he iiimd mm geld, bz. min ])erdc od. min
wagen etc. al um 't hetje in plicht; — he
hed mm aibeiders (bz. min wagen etc.) mür
in jilicht as ik sülfen ; — he is in ed uii plicht
namcii etc. — Sprichw.: ]dicht geid bäten
willen of liist hebbcn. — Xd., nind., nid.,
mnld., o/rä'S. plicht; «Ä(?. phliht, tliht; mhd.
phliht, ])Hiht (cura etc.). — Mit plege zu
jilegen, bz. plegau, pligan, ^vie auch nid. plegt
(Hypothek, eingetragene Forderung etc.)
2. plicht od. pligt (auf kleinen Schiffen
u. namentlich solchen, deren Baum off'en
ist u. die kein eigentliches Deck od. Ver-
deck haben), ein abgezimmerter mit einem
Deck od. Verdeck versehener kleiner Baum
im Hinter- n. Vorderthcil von Fluss- u.
Waltschiff'en od. Tjulken, tcelcher im Hinter-
theil die Stelle der Kajüte auf grösseren
Schiffen vertritt u. als solche achterplicht
heisst, loährend die förplicht od. der bedeckte
u. (ibgezimmcrte Baum im Vorderthcil solcher
Schiffe sonst auch lurunder genannt tvird.
— Nd. plicht ; nid. plecht, ])licht ; ivang.
(Ehr en traut, II, G.j) pliuclit; schwcd.,
dän. pligt; norw. (Jv. Aas e n) \)\[tt (Bühne
od. Verdeck am Vorder- u. Hintertheil
eines Schiffes) ; mnld., mfläm. pleiht (prora) ;
mnd. (Seh. u. L.) ])liclit (das Verdeck des
Hintertheils). — Es ist ivohl dasselbe Wort
wie engl. i)light (Kleid, Mantel, bz. Decke
od. Bedeckendes u. Schützendes, Schutz),
wie tcir auch ein l'lanken-Schott mit mantel
bezeichnen. — Nach der Bedtg.: Falte
wird dieses engl, plight zu aengl. plechcn
(verschlingen, verflechten etc.); engl, pleacli
(falten, in einander legen, einwickeln, ver-
flechten etc.) gehören, was zunächst uwhl
aus (cf. Stratmann unter plocheu) aus
afranz. plecier, plessier entstand. Mög-
5 Ueherweise jedoch könnte das engl, plight
(Falte; Kleid, Mantel, bz. das was ma)i
sich umwickelt od. worin man sich ein-
tvickelt) auch zu aengl. (S trat m a n n)
plien ; engl. ]ily gehören, tvas aus franz.
10 plier u. iccitcr ebenso wie das obige afranz.
plecier etc. mit ital. piegare ; Sjian. i^legar;
jjort. pregar; wal. ])lecä (falten) aus lat.
])licare (falten, zusammenlegen , einwickeln
etc.) entstand, ebenso tvie ital. piega (Falte,
15 Krümme, Bug, Bruch) aus plica u. ital.
jtiego (Umschlag, Hülle) von piegare (ein-
od. umwickeln etc.), bz. von plicare.
plicht -anker, der grösstc u. schwerste
Anker, bz. der Haupt- u. Nothankcr (aiicora
20 Sacra) eines Schiffes, tvelcher gewöhnlich auf
dem Bug des Schiffes liegt u. nur in Zeiten
ausser ster Noth gebraucht ivird. — Nd.,
mnd., nid., mnld., schwcd., dän. plicht-,
plecht-, ])ligt-anker. — Wohl Compos. von
25 1 plicht in der Bcdtg. : cura, procura etc.,
da auf diesem Anker gerade vorzugsweise
n. vor allem andern die Sorge od. Fürsorge
für die Erhaltung od. Bettung u. Bewahrung
des Schiff'es beruht. Die gewöhnliche A)i-
30 nähme, dass dieser Anker daher seinen
Namen hat, dass er auf der plicht od.
dem Verdeck (s. 2 plicht) aufliegt , scheint
mir icenigstens nicht so zutreffend, zumal
man auf grösseren Schiffen diese Bezcich-
35 nung für das Vorder- od. HiiUer-Dcck
nicht kennt.
plichten. — cf. bi u. fcr-plichten.
Jtliclltig, pflichtig ; — plichtig uu schuldig.
plik, a) Interj. od. Onomatop. eines leise
40 od. fein (knippsenden) schallenden Schlages
od. Klappses od. eines ähnlichen (reräusches ;
daher: plik-i)lak = flik-flak od. klip-klap
etc. ; — b) ein leichter Schlag od. Klapps
etc.; — sc gaf hum 'ii i)lik (od. jiik) up de
45 hand ; • — c) Stück, Fetzen, Flicken, Luppen,
Bruchtheil, Brocken, Kleinigkeit etc.; —
bi plikkcn un plakken (hei Kleinigkeiten
od. bei Bruchtheilen, in kleinen Baten, cf.
l)lik-schnld u. das gleichbedeutende: lu
50 kwikken nn kwakkcn). — Nd. (Br. Wb.,
III, 3'28, Dähnert) plik, eine Kleinig-
keit, ein Bruchtheil, ein Stück od. Theil etc.,
bz. ein Wort mit verkleinerndem u. herunter-
setzendem Begriß'e, z. B. in den Comj)os. :
55 j)likk-kroog, plikkscholc, plikksclnilden =
unserm klip-krög, klipschole u. kliiiscluild
=: ]ilikschuld (cf. Dähnert u. daselb.'it
auch ])likk-wise = unserm: bi plicken un
l)lakken etc.) — Es ist lautlich u. hegriff-
60 lieh eins mit Hik u. plak.
I»LIK-GERE 733 PLIREN
plik-gpre, die Gere od. der Spiess, hz. = Kieseldein etc.) ident. ist, wenn es üher-
die unten mit einer eisernen Spitze ver- haupt entweder die Bedtg.: Stein od.
sehene Stange (Stecken, Stock etc.), womit Bruchstein, Bruch- od. Spreng-
die Schiffer auf kleinen Schiffen die Tiefe stück etc. hatte u. hieraus in die von:
des Fahrivassers auf dem Watt od. bei der 5 Mauerstein u. Ziegel sowohl, als auch
Einfahrt in einen seichten Hafen dadurch in die von: Platte, Steinjilatte über-
messen od. ermitteln, dass sie diese mit ging, tcobei hier wegen der aus Bruch-
Strichen in der Entfernung eines Fusses stein od. Bruch- u. Spr eng stück ent-
Länge versehene Stange bis auf den Grund standenen Bedtg.: Ziegel- od. Mauer-
ins Wasser stecken od. stossen. — Zu 10 stein u. Platte bemerkt sei, dass aus
2 plikken. unserm zu brikan (brechen, bersten, reissen,
1. plikken, leicht schlagen od. klappsen spalten etc.) gehörenden hrik od. brikke
etc.; — h("' pHkt (od. pikt, tikt) hum up (kleines dünnes flaches Brett, hölzerne,
de fingers. — Zu plik. steinerne od. metallene Platte; Brettstein im
2. plikken, stossen, stechen etc., bz. spe- 15 Dominospiel etc., cf. 1 hrik), bz. nid. brik,
ciell die Tiefe eines seichten Fahrwassers briksteen (Bruch, Bruchstein); ags. brice
mittelst des plikgere genannten Steckens od. (Bruch, Bruchstäck etc.) etc. auch das
Stockes (durch Hineinstossen od. Hinein- franz. brique u. engl, brick (Ziegel, Ziegel-
stecken desselben ins Wasser bis auf den stein, Backstein etc.) entstand u. dass ja
Grund) messen u. ermitteln; — du kanst 20 überall in der Urzeit die Menschen ihre
wol efen plikken, wo föl water d'r nog iij) Mauern zuerst u. allein aus Bruclisteinen
't wat steid; — de holiander tjalken nemen od. Steinplatten errichteten.
seiden 'n lotse, wen se hir binnen kamen, Was nun aber weiter das griech. plinthos
se plikken sük d'r mesttids herin. — Vergl. anbetrifft, so gehört dies ivahrscheinl. mit
schived. pligta (die Tiefe messen, die Be- 25 griech. plathanon (Platte, Brett, Tafel),
schaff enheit des Fahrivassers mit dem. Senk- platüs (platt, breit, flach), platc (Platte),
blei messen). — Wohl mit prikken (cf. auch sowie ivahrscheinl. auch lat. latus (cf.
prikke etc.) urspr. eins. 1 a t i u m , Flachland) ti. later (Ziegel, Platte
plik-plakken ; i. q. flik-flakken. od. urspr. Bruchstein ivie brikke u.
pük-schiild, Plur. plikschuldcn, kleine od. 30 engl, brick, s. oben) zu einer u. derselben
geringe Schidden. — Sprichw. : plikschuldcn j/ prath (springen, bersten, brechen, spalten,
un stofrcgen, de dringen dür. — Auch nd., platzen, aus einander gehen, sich entfalten
s. unter plik. u. ausbreiten etc.), worüber Weiteres unter
plimpern, klimpern etc., s. plempen. plante, plat u. plassen zu vergleichen ist.
plinte, plint, aus grossen eingelegten qua- 35 piiren, plüren, a) loeinen, flennen etc. ;
dratischen Platten bestehende od. auch vorge- — se fangd glik an to pliren, wen man hür
mauerte u. nach Aussen hin vorstehende man schef ankikt ; — cf. plirtje ; — b)
schmale Holz- od. Steinplatten-Leiste, welche Thrän- od. Trief-Augen, blöde od. schwache
unten an der Matier od. Wand eines Zimmers Augen haben u. deshalb nur dunkel u.
hinläuft, Fussleisten ; vorstehender unterer 40 schlecht od. wie durch einen Nebel sehen,
Theil einer Hausmauer, breiter leistenartiger empfindlich gegen das Licht sein u. deshalb
Vorsprung , Fussgesims, Sockel. — Nid. die Augen beim Sehen zusammetiziehen, mit
plint (Platte, Tafel, Säulenplatte, Säulen- halb zugekniff'enen od. halbgeschlossenen
fuss, Sockel); engl, plinth (Sockel, Fuss- Augen sehen, blinzeln etc.; — wat sittst du
gesims, Fussgestell, Leisten an der Mauer, 45 al to pliren od, to plirögen ; — se pllrd
Gurtsinvt). — Zunächst aus franz. plinthe (sieht mit halbgeschlossenen Augen, bz. starrt
(Tafel, Platte; Gurtwerk; Plinte; Viereck, loie blöde u. dumm) al to in 't lücht. —
quadratische Aufstellung der Truppen), bz. Nd. plieren, plüren; nfries. (Johansen,
ital. plinto (Grundstein des Säulenfusses, pag. 46) pliirin; schived. blira, plira ; dän.
Platte, Tafel; Fussgesims; vorragende Tjeiste 50 blire, plire (nur in der Bedtg. sub b). —
einer Mauer) etc. u. dies aus lat. plinthis Nach unserm mit plirtje ident. blirtje (s.
(viereckiger Ziegelstein ; Viereck ; Platte, blirrtje) wohl ebenso wie unser blarren «.
Tafel etc.), plinthium (viereckige Figur) u. nhd. plärren, blärren etc. ident. mit
plinthus (das grosse lüatte Glied unter dem w/td. bleren, pleren, plerren('öZöcÄ;en, sc/tmt'M,
Schaftgesims, die Platte etc.), bz. griech. bh plärren, schwatzen); aengl. (Str atmann)
\Am\\ii?, (Steinplatte), YAmihiow (kleiner Ziegel; bleren {flere, fe. plorare) od. sonst mit mnd.
längl. viereckiger Körper; Würfel, Sockel, blerre (Wehklage, ploratus), soivie schott.
Untersatz etc.) u. plinthos (Ziegelstein; blear (something that obscures the sight),
Körper von längl. viereckiger Gestalt), tvas bleiris (something that prevents distinctness
nur dann mit unserm tiinte (cf. 1 flinte 60 of vision, cf. auch hleiriüg bei J amies on) ;
PLIRIG
734
PLOG
aengl. blor; engl, hlear (triefend, thränenä,
rinnend, hz. trübe, nmjlort, dunlcel umzogen
etc., rf. pling, plirüso, plirügoii, pitrögd) ;
tiengl. blereii; engl Iiloar (die Augen trie-
fend, thronend od. rinnend machen; die
Augen od. das (rer^icht trüben, trübe od.
blöde machen, verdunkeln) etc. doch davon
abKta)nmend , falls nicht etwa in itnserm
pliron, pliiron auch das franz. i)lcuror (von
ploraro) »tit hinein spielt.
|)liri^, pliiri^, weinerlich od. verweint,
trübe, traurig etc. ; — 'n pliiig gesigt makeii
od. liobben ; — thrän- od. triefäugig, trübe
od. schwach seJtcnd, blöde, blinzelnd etc. ;
— l)lirigo ögoii.
plir-, plur-ogd, verweint, trübe, traurig etc. ;
— si' sügt iiog so plirugd un ferschröfd üt,
dat hiir do tränen, de sr forgaton bed, nog
np 't gosigt schi'iitVn stän ; — so mäkt so
'ii itlirugd gosigt, dat man bäst bango wordon
scbul, um 'n wurd an bür lo seggon ; —
trief- od. thrdnäugig, augenkranlc, schivach
seilend, blöde od. mattäugig etc. ; — 'n cid
plirogd wif; — 'n oKlon plirögden stakkert ;
— • he kikt so plirogd ut, as of he hfist niks
sen kan. — Nd. plir-, plürögod, plirögt;
schived. plirogd (schwachäugig, kurzsichtig,
mit zusammengezogenen od. zugekniffenen
Augen sehend, blinzelnd) u. nd. (cf. Br.
W b., I, 99) lileorogcd (triefäugig); aengl.
bleried; engl, blear-oyod.
plir-, plnr-öge, a) Trief- od. Thrän-Auge,
bz. triefendes, thränendes od. auch: trübes,
dunkles, umflortes, schivach seilendes, blin-
zelndes Auge ; — so bed plirAgen, do tranon
so, dat se altid 'n lap liniion bi sük hebben
mnt, um se flttowisken; — du mit din plir-
f)gen. wat wnlt du den nog fan sOn prAten,
du kanst je hei net urdcndlik sC'U ; — b)
jiersönl. : Wein- od. Thrän-Auge, od. Person
die plirt od. plflrt, bz. leicht weint ti. Thränen
vergiesst od. auch Blödauge etc., bz. Person
die trübe, umjlorte, blöde, schivach sehende,
blinzelnde Augen hat; — se is 'n plir- od.
plüröge, bz. 'n plirtje; — du pliröge fan
wicht. — Nd. (Br. Wb., III, 346) plüroge
od. (Da n n e i 1) plir-ng ; nfries. (J ohanse n,
pag. 141) pliiruugh (kurzsichtiges, schwaches,
blinzelndes Auge) u. nd. (Br. Wb.) blcoroge
(triefendes Auge) — engl, blearoye, wofür
nach dem Br. Wb. (I, 99) auch fiirroge
in derselben Bedtg. vorkommt. — cf. auch
bei Weigand nhd. Plärr-Auge.
plir-, plür-Ogfin, thrän- od. triefaugen ;
— se plirogd ; — trübe od. schwach, bz. wie
durch einen Nebel sehen, blinzeln etc.; —
wat sittst du al to plirogen, as of du net
sen kanst; — se pirugd as 'n ftle bi dage;
— do katto sitt to plirogen (od. pliren) ; se
lürd gewis up 'u mils.
plirtje ; i. q. blirtje od. blirrtje, nämlich
ein leicht Thränen vergiessendes, gleich zum
Weinen geneigtes, sehr empfindliches u.
alber)ies Frauenzimmer. — cf. pliren.
5 lMitenl».ir;2;, Name einer ziemlich grossen
Anhöhe am I'Jmsufer bei Leer, ivohin früher
am zweiten Ostertage die ganze Jugend der
Stadt Leer auszog, um da.'iclbst das übliche
Eierspiel abzuhalten u. die gefärbten Oster-
10 eier von den Seiten dieses sog. kleinen
Berges herunter rollen zu lassen. — Der
obige Name hat sich wohl zweifellos noch
aus alter heidnischer Zeit erhalten v. hat
jedenfalls mit pleiten (processiren) nichts
15 zu thun.
1. plü^ (Plur. plügen), a. Pflug im ge-
wöhnlichen Sinn als Ackergeräth zum Auf-
reissen u. Furchen der Erde, bz. zum Auf-
brechen u. Umlegen n. Umfallen der obern
20 Ackerschicht. — Redensart, u. Sprichw. :
de i)erde achter de plög spannen ; — de
banden an de plog slan; — slicbtweg Jan,
he schal dog man achter de plög; — d'r
geid mennig ])astur (od. dokter) achter de
25 plög ; — b. (fig.) tägliches Handwerksgeräth
od. tägliche Beschäftigung etc., wie z. B.
Schreibfeder für einen Schreiber od. Ge-
lehrten, od. das Predigen für einen Pastor
etc , wovon es dann heisst: 't is sin eide un
30 plög; — c. Nuthhobel der Tischler u. Zimmer-
leute, auch plögschafe genannt ; cf. 2 plög
u. 2 plogen, sowie auch panel-plög; — d.
ein schwerer starker Kahn, an dem hinten
zwei schwere, zum Niederlassen eingerich-
35 tele Bretter von längl. dreieckiger Form an-
gebracht sind, deren untere Kante mit star-
ken eisernen Spitzen zum Aufreissen v.
Auflockern des Schlammes beschlagen ist u.
der dazu gebraucht loircl , um das Bett
40 eines Stromes od. Abwässerungs-Canals vom
Schlamm zu reinigen u. zu vertiefen, wes-
halb dieser Kahn auch mudderplög heisst,
während das Reinigen u. Vertiefen des betr.
Strombettes od. Abwimerungs-Canals gleich-
45 falls plogen od. auch mudderplogen genannt
wird. — Nd. ploog; mnd. plöch , plftch,
ploich, ploigh (Pflug; flg.: Gewerbe etc.);
nid. ploeg (dasselbe u. auch Nuthhobel, so-
wie auch Schnitthobel der Buchbinder);
50 mnid. ploecb, i)loegh ; afries. plöch ; wfries.
pluwge; nfries. (J oh an sen, pag. 107)
l»luch H. (Outzen, pag. 251) plög; satl.
jilög; tvang. jjlauch ; ags. j)löh ; aengl. plöh,
plouli, plöu, plögh, plougb ; engl, plough,
55 plow ; an. i)lögr; norw., schwed. plog; dän.
plov ; ahd. phluog, fluog, fluoc, iihluocb,
l)löh, i)luag; mhd. j)hluoc, jilliioc ; longob.-
lat. plovuH, i)lous ; lit. plugas ; russ. plug;
2)oln. plug; böhm. pluh; slav. phig (Pflug,
60 aratrum). — Ist es ein germ. Wort, so muss
I>LOG
735
PLOIE
es aus dem Präter. plog, pluog eines voraus-
zusetzenden Verl), plagaii entstanden sein,
ähnlich tvie fög, fuge, fiigfiii von einem mit
lat. pango , pago (cf. W e igand unter
Fxig, hz. Fick, III, 1G9) von einem zu
derselben y gehörenden alten fagan u. flftk,
flükeu von einem mit lat. plango, plago von
derselben ]/ abstammenden alten llakaii ab-
stammt. Dieses für plog vorausgesetzte
Stammverb, plagan selbst ist aber tvieder
entweder das entlehnte lat. plago (plagavi,
plagatum), piagare (.'schlagen, verumnden,
spalten, ritzen etc.) selbst, od. in unverscho-
bener Weise mit lat. plaga etc. (cf. plage)
M. unserm plagge, plak, plik etc. von der-
selben y plak, plag entstanden, loobei ich
bei dem für plog angesetzten alten plagan,
die aus plag od. plak, neben klagen u.
schlagen, bz. knicken, brechen, biegen, krüm-
men, falten etc. (cf. lat. plicare unter plegen
am Schlüsse, sowie Weiteres unter plak,
flek, flik u. klak, knik etc.) hervorgegangene
Bedtg. : spalten, reissen, ritzen, verwunden
etc. zu Grunde lege, da der Pflug ein Ge-
räth ist, loomit die Erde gespalten od. auf-
gerissen, geritzt, gefurcht, bz. verivundet
wird M. man dieses Wort wohl als Spalt-,
Reiss- od. Ritz- u. Furch- Ding auf-
gefasst liat u. sich daher auch wohl die
Bedtg. sub c u. d unseres plög herschreibt,
loozu noch bemerkt sei, dass das Wort
plog od. Pflug, icegen seiner grossen
Bedtg. als Ackerger äth, wohl nur speciell
als solches in den alten Glossarien erhalten
blieb, dagegen sonstige Bedtgn. dieses Wortes
auch wohl ebenso wie bei uns im Volke
lebten, aber eben nicht schriftlich fixirt u.
niedergelegt sind, tvie dies von den gelehrten
Verfassern derselben auch nicht anders er-
wartet loerden konnte. Vergl. dieserhalb
auch unser 2 u. 3 plog, sowie 2 plogeii.
2. plog, Nuthe, Furche od. Vertiefung,
Ritze etc., welche mittelst des Nuthhobets
(plögschafe) aus der Kante von Holzdielen
ausgehobelt wird, tim andere darin hinein-
passende Holztheile hinein zu legen u. so
die Fugen zwischen den einzelnen Dielen
zu schliessen ; — dat (od., doch seltener, de)
plög is net dep genug, um de slöfer d'r in
to leggen ; — de delea liggen net göd in 't
plög. — Auch ivohl (cf. 1 plög) soiyiel als
Ritz- od. Furch-Ding, bz, Ding was durch
Ritzen od. Furchen etc. entsteht. — Auch
nid. kommt ploeg (cf. bei v. Dale das
vierte ploeg = Furche, Ritze etc.) in dieser
Bedtg. vor.
?>. plog (auch meistens Neutr.), Schaar,
Abtheilung, Rotte, Genossenschaft etc. ; —
dar steid 'n hei plög folks bi 'n ander ; —
se hören all' mit 'n ander to #n plög ; —
so hehben siik in drö plogen indold; — sß
trukken in dre plogen üt ; — he is mit hör
in 't plög gän, um 'n pand l'an de dik (od.
weg, döp etc.) antonemen, de d'r nöis leggd
5 worden schal; — 'n plög dikors; — se sunt
mit dre plogen hen to grafen, bz. diken. —
Nid. ploeg; nd. (Br. Wb.) ploog. — Falls
hier nicht etwa plög (aratrum) in die Bedtg. :
Joch, G espjann (cf. krabbenplög) u.
10 hieraus wieder in die von: Gespann-
schaft od. Genossenschaft, bz. mit
einander arbeitende u. zu einander gehö-
rende Schaar id>erging, so könnte man beim
Vergleich von Seh a a r von sehe r e n
1 5 (schneiden, theilen etc.), od. Rotte aus lat.
rupta von rumpere auch vielleicht annehmen,
dass die Bedtg. dieses plög in ähnlicher
Weise aus der Bedtg. : spalten , reissen,
ritzen etc. des für 1 plög angenommenen
20 Stammverb, entstand.
1. plogen, a) p>flügen, arare. — Sprichio.:
föl plogen, föl ären; — nat plogen is fentn
för de kleigrnnd ; — b) (fig.) arbeiten, mühen,
Studiren, schreiben etc. ; — he mut de ganse
25 dag Sitten to plogen; — c) einen Abwässe-
rungs- od. Schifffahrts-Canal mittelst des
plög genannten Kahns (cf. 1 plög sub d)
vom. Schlamm reinigen, bz. denselben mittelst
der an demselben hinten angebrachten Vor-
30 richtung vertiefen; — se sunt fan dage mit
de plög na hüten hen to plogen od. hen to
mudderplogen. — Zu 1 plog.
2. plogen , eine Nuth od. Längsfurche,
Längsritze etc. in den Holzdielen machen,
35 nuthen etc. ; — schölen de delen plögd of
blöt sligt un lik schäfd worden ? — de delen
fan de bön sunt tosamenplögd, dar fald niks
dör. — Zu 2 plög.
ploger, Pflüger.
40 plogere, Pflüg er ei ; auch flg., s. 1 plogen.
plog-hamer, Pflughammer.
plog-isen, plög-isder (Pflugeisen), Pflug-
schar, Pflugmesser.
plog-schafe, Nuthhobel ; s. 2 plög,
45 plög-spit, s. unter 1 spit.
plög-sterte, Pflugsterze, Handhabe des
Pfluges, stiva.
plüg-stok, mit Eisen beschlagener Stock
(Stange) zum Abstossen der Erde, die sich
50 heim Pflügen an die Pflugschar festsetzt.
plöie, ploje, Fatte, Runzel, Knick, Bruch
etc. ; — dat göd is all' möi in plöien legd ;
— de mütse sitt möi in plöien ; — dat paptr
sitt ful plöjen ; — sin gesigt in plöjen leggen
55 od. trekken ; — 't gesigt kumd hi hum hei
net to de plöjen ftt (er macht immer ein
gleich ernsthaftes Gesicht, verzieht keine
Miene etc.). — Redensart : he hed sm sakeu
göd in de plöien. — Nd. plooje; mnd. ploy;
60 nid. plooi; mnld. ploye (plica, plicatura,
PLOIEN
730
PLUDERN
nipa, Stria, sinus, laciiiia). — Enticeäer eim^
mit franz. ployö (das Zummmenleffcn etc.)
od. mit diesem ii. dem folgenden jtlüien aus
frauc. ployor.
plöien, plöjon, falten, auf einander od. in
einander legen, schichten, ordnen etc., hz.
fälteln, krausen etc.; — hö ploid (od. fleid
etc.) dat möi toregt ; — 'n rok od. mütse,
krage etc. plüion (einen Rock od. eine Haube,
einen Kragen in Falten legen od. fälteln
n. krausen); — inplujen (einfalten, Falten
od. Krausen in Flwas machen, krausen etc.);
— tVirplOjen (Falten od. Krausen etc. vor
Fticas macJten, wie s. B. vor einer Mütze
etc.); — uniplöjen (umfallen, umbiegen etc.);
— iitidüien (aus- od. aus einander falten
u. legen, auseinander wickeln); — he plöid
dat üt od. d'r üt ete. — Nd. jilojen ; mnd.
ploien ; nid. ploojen ; mnld. ployon etc. —
Aus franz. i)loyer ?<. dies mit franz. plior
11. ital. picgare etc. aus lat. plicare, (/.
flt'jen u. Bemerk, zu plegen.
plötje (Flur, plütjes), Scherbe; — a.
Bruchstück von Stein- od. Porzellan- Zeug,
bz. von Tassen, Tellern, Schüsseln etc. ; —
he smitt 't all' in plütjes; — 't sunt emer
])lötjes im diggels ; — h. Stein- od. l'orzellan-
Gefäss od. auch das aus 'Tassen, Tellern,
Schüsseln etc. bestehende Stein- u. Porzellan-
Zeug überhaupt; — he hed sin ganse schap
fnl plütjes stän. — Daher Compos. : pUitje-
schap; — plütjewinkel (Steinzeugladen); —
plötjehandel, jjlotjt-handlung etc. — Fs hat
dieselbe Doppel-Bedtg. wie unser diggel v.
nJid. Scherbe, tvird indessen wie unser
brik od. hrikke (cf. 1 brik) toohl nrsjtr. die
Bedfg.: Bruch, Bruchstück etc. gehabt haben
u. ein Dimin. von einem alten plot od.
plotte sein, wie pütje od. potje von pot od.
potte (Topf). Dieses plot od. plotte steht
aber entweder für älteres plat, ])latte od.
für pliit, platte (ahd. plaz od. plnz, bz.
plazze od. plnzze) ii. hängt jedenfalls toohl
mit pletten (2)latt quetschen, zerquetschen,
zermalmen etc., cf. plettern), od. mit nhd.
platzen (bersten, springen, zerspringen
etc.) zusammen, tvas (cf. plassen, plat, plettern
etc.) mit griech. platus etc. u. lat. planta
(cf. plante) von einer u. derselben ]/ prath
(bersten etc.) abstammt. Da übrigens die
Stämme plat u. prat, bz. plot u. prot (ahd.
j)laz u. praz, bz. ploz u. proz = nhd. platz
n. pratz, bz. plotz u. protz, s. unter plütslik)
von Hause aus gleich sind, so würde zu
plötjc auch priitje in der Bedtg. : Zer-
quetschtes od. Zerdrücktes zu vergleichen sein.
plötslik, plötselk, plötzlich, nnvermuthet,
i)i grosser Geschwindigkeit etc., bz. auf den
Schlag od. Knall u. Fall. — i\7</. (v. Dale
etc.) plotselijk, plotseling, plotsig; mnd.
l)lutzich, plntzlich, i)luslik. — Der Stamm
plots od. hochd. plotz steht für and. plot,
oberd. od. hochd. ploz u. ist ein Ablaut von
I)lats , oberd. platz od. nrspr. nd. i)lat,
5 oberd. plaz (s. Weiteres unter plassen),
welches plots durch v. D ale mit Ger ä u s c h
eines fallenden Körpers, der platt
auf den Boden fällt, sowie weiter
auch mit Klap2)S od. Schlag, Stoss u.
10 sodann auch mit unerwartet, auf ein-
mal, plötzlich glossirt wird u. auch
der Stamm von nid. plotsen (platzen, knallen,
e.rplodiren, plumpen etc.) ist u. demnach am
richtigsten mit Knall od. Klapps, bz.
15 Schlag, Stoss u. Fall u. das damit
verbun denc Geräusch (cf. neben Plotz
auch das dritte Platz bei Weigand)
erklärt tcird.
1. pluderi?, ])lu(lei'^, plauderig, plauder-
20 haft, schwatzhaft.
2. pliulei'ijEj, |tlu(ler^, a) von Vögeln, die
sich gebadet od. im Sumpfe geivatet haben
od. deren Gefieder vom Regen nass, schmutzig-
grau, rauh, struppig u. unansehnlich gc-
25 loorden ist u. deren Federn auch abstehen
u. loie zerzaust aussehen; — de höner sen
so pluderig üt, as of se de hele dag in de
regen lopen liebben ; — de stürken sen pluderg
fit, wi krigen gewis hold regen ; — b) rauh,
30 struppig, ruppig, zerzaust, zerfetzt, zerrissen
etc. ; — sin här is od. sitt pluderig ; — he
siigt net so pluderg (ruppig, zerrissen, zer-
lumpt etc.) ut as de ärmste bedeler ; — he
hed 'n pludergcn büksen od. rok an ; — 'n
35 pludriuen kerel etc.
1. pluderii, plaudern, plappern, klatschen,
schwatzen etc. ; — wat hei j i dar mit 'n
ander to pludorn. — Nd. ])ludern; mnd.
pluderen; vdid. plodern, blodern od. blödern,
40 plödern. — Da das Letztere neben schivatzcn
od. plaudern etc. aucJt die Bedtg. : rauschen
od. irgend ein Geräusch machen (sonare,
crepitare etc.) u. im nhd. (cf. blodern bei
Grimm, Wb., II, pag. 141) auch die von
45 flattern od. klatschen u. gurgeln etc. hed, so
erklärt sich die Bedtg. : schivatzcn od.
pAappern etc. ebenso loie bei plappon u. tiaiipen
od. toie bei klappen u. nhd. klatsche n
von selbst aus der von: Geräusch u. Lärm
50 machen etc., die ja auch dem lat. ])laudere
od. plodere (cf. explaudere, explodere, bz.
nhd. explodtren) eben sowohl zu Grunde
liegt, wie dem deutschen Klatsch u.
klatschen, wonach es dann wohl zwcifel-
55 los ist, dass auch das obige pludern, bz.
plftdern entweder aus dem lat. plaudere
entstand od. mit diesem docli gleichen Ur-
sprungs ist. Was nun aber das lat. plaudo
(wovon auch das afranz. plauder, klappsen,
60 klatschen, klopfen, schlagen etc. u. schalt.
IPLÜDERN 737 PLUEGGEN
(Jamieson) ploddere (Klopfer, Schlägel ein zerzaustes u. ruppiges Ansehen geben,
etc.), hz. dessen Thema ])liul betrifft, so ist (sich od. ein Etwas) zausen u. rupfen, dass
dieses el'cnso wie das Thema pliid von iit. die Federn abstehen u. herumfliegen u. so
plustu, pludau, \)\\\?,\\ (oben auf schioimmen), auch überhaupt : zausen, zerzausen, reissen,
pludas (was oben aufschwimmt) u. j)liulziii, 5 rupfen, raufen u. zupfen etc.; — de fögols
pludau, plusti (schtvatzen) eine Weiterbildung pludern sük de fi'-ren mit de snabel üt, bz.
von der y plu, pru, die nach meiner An- sük de feren wat toregt, dat sc glat ansittcn;
sieht urspr. die Bedtg.: ratischen, sausen, — he pluderd siik dat här wat toregt; —
brausen, tosen, murmeln etc. od. irgend ein lie is od. word pluderd ; — de fos pluderd
unbestimmtes Geräusch machen (wie der 10 de gos (cf. Sprichio. unter Renke). — Es
Wind, wenn er durch die Luft od. die ist von Hause aus ioohl urspr. eins mit
Bäume fährt, bz. ivie das vom Winde be- 1 pludern in der urspr. Bedtg. : rauschen
wegte u. an das Ufer schlagende u. bran- od. Geräusch u. Lärm machen, Matschen,
dende Wasser, od. ivie das spülende u. ein klatschendes Geräusch machen etc. (cf.
strömende Wasser, der strömende Regen, 15 pladdern), toic ««c/t f/a.s Z)rt//r. pludern fe««ew
der sprudelnde od. strömende u. flicssende loiederholten Schall od. loiederholtes schlag-
Bach, der sprudelnde od. murmelnde Quell artiges Häuschen von sich geben, z. B. von
etc., od. auch ivie der Vogel, wenn er fliigel- fallender Flüssigkeit od. heftig nieder-
schlagend rauschend durch die Jjüfte fährt pyrasselndem Regen, von wehenden od. flut-
ete.) hatte u. hieraus dann weiter in die 20 ternden Fahnen od. rauschenden u. schla-
Bedtgn. : sprudeln , heraus- od. hervor- gendcn Fittichen grosser Vögel etc.) das-
springen, quellen, fliessen, strömen, spülen, selbe Wort ivie mhd. Llodern, i)lodern (s.
waschen, giessen, regneri, fliegen od. sausend 1 pludern) ist u. hiervon auch die Vorsilbe
durch die Lüfte fahren, sich rasch bewegen, pluder in Pluderhosen (weite, faltige, schlot-
eilen, springen etc. überging, wie ja allerlei 25 ternde, od. klappernde, klatschende, flatternde
solche Bedtgn. neben klatschen od. ein Beinkleider) sich herleitet,
schallendes Geräusch machen etc. in lat. plader-taske, Flaudertasche, Schwätzer-
plaudo M. s chiv atz en od. klatschen in in etc.
//^. pludziu etc., geschwätzig od. klatsch- plnf» Literjection eines dumpf-schallenden
haft in //i. plaunus etc. in den zu Tprii, j)\n 30 Falles, bz. Schallbezeichmcng eines solchen
(cf. dieserhalb bei Fick, I, 150, 377 u. Geräusches, ähnlieh wie plumps, puf etc.;
682, bz. bei Pott, Wurzelivb., I, 1128 seq.) ~ pluf! dar ligd 't. — Nid. plof (Schlag,
gehörenden Wörtern zu Tage treten u. b*e- Plumps, Knall).
legt sind, von der auch prutli (schnauben, plilffeii, dumpf od. dröhnend fallen u.
schnaufen) u. prus, bz. skr. plusli (brennen, 35 niederschlagen, puffen, dumpf knallen (von
d. h. urspr. toohl prasseln od. knistern Kanonenschüssen, Kanonenschlägen etc.),
wie z. B. sengen) eben sowohl tveiter gebil- explodiren, ptlaizen, springen etc. ; — he od.
det ist, als prus (spritzen od. sprudeln etc.). dat pluft up de grund; — hold dat pluft'en
— cf. toeiter das folgende: (od. gepluf) nog net up ? — dat plufd üt
2. pludern od. pludern, a. (sich) m/f 40 'nander etc. — JVW. ploffen; tü/r/es. ploffjen.
lautem Geräusch im Wasser spülen, wa- — Der Stamm pluf ist urspr. loohl gleich
sehen od. baden ; — he pluderd (od. buddeld) mit bluf (in bluffen, bluffen, ferbluft'en) u.
sük dügtig; — b. von Vögeln, die sich dieses ^vieder Ablaut von blaf in blaffen
flügelschlagend (od. mit den Flügeln flatternd (bellen, belfern, laut husten etc.), was auch
u. klatschend) u. stark bewegend im Wasser 45 aengl. (cf. Stratmann) bestand. — cf.
baden u. spülen, um sich von Flöhen u. auch plump, plumps etc.
Unrath zu reinigen, wobei dann zugleich pl ügge, plüg, Pflock, zugespitzter Holz-
die losen Federn einestheils sich gleichfalls stecken, Holsnagel, Schusterzweck etc. ; —
lösen u. herumfliegen u. anderntheils auch mit plüggen fast steken; — du must d'r 'n
die sämmtlichen Federn nass loerden u. das 50 plüg inslän, dat 't gat dicht word ; — salen
ganze Gefieder struppig, rauh und schmutzig- mit plüggen under de schöen fast maken.
grau aussieht u. der Vogel ein struppiges, — Nd. plügge; mnd. plugge u. daneben
rauhes, zerzaustes od. schmutzig-graues u. auch nd., mnd. plock, plack; nfries. (J o-
unreines u. unordentliches Aussehen be- hans en, j^cig. 107) i^lsrnk; nid. T^lug; mnld.
kommt, bz. sein Ansehen u. seine Glätte 55 plugghe ; engl, plug ; norw., schived. plugg ;
verliert; — de fögels pludern sük in 't dän. plög ; mhd. phloc, phlocke.
water, dat de feren (Federn) d'r ofstüfen ; plüggen, pflöcken, mit Pflöcken fest od.
— daher auch wohl c. (sich sein Haar, zusammen stecken, mit Pflöcken od. Schuster-
Gefieder, Kleid etc.) struppig, rauh od. tvie zioecken ineinander machen u. verbinden u.
zerzaust machen, (sich od. einem Etivas) GO so auch überhaupt : stecken, feststecken, zu-
J, teu DooTukaat Koolman. Wörterbuch. II. 47
PLUEG-ELS 738 t>LÜMiP
sammenstecken , nähen etc.; — de salen des Suffixes uc aus dem lat. pilare (der
under de schöeii fast plüggcn ; — de schö Haare berauben, Haar ausrupfen, enthaaren
is iu 'n ander plügd ; — de noister (Nä- etc., b~. berauben, pUlnderii) entstand,
therin) sitt de gause dag to plüggcu; — Anders jedoch Fick, der es (cf. I,
so plügd dat gau efen in 'u ander. — 5 GS4) mit griech. brachüs , lat. brevis (kurz)
Xorw. plugga. etc. zu einer y barh od. bargh (reissen
pliig-els (Fßock-Ahh'), Schusterpfriemen etc.) stellt,
etc. mit vierkantiger u. gerader Spitze, um ])lükkei*, Pflücker. — Compios.: appel-
die Löcher für die Pflücke od. Zwecken pliikker etc.
(Schusterniigel) vorzubohren. — Nhd. (Ade- 10 plükse], die ganze Summe des auf ein-
l u n g) Pfl ockort. mal Gepflückten od. Gerupften ; — 'n plüksel
plük, Pflück, Zupf, Rupf , Miss, Zug etc. ; appds od. bonen, walle etc.
— mit t"n pliik ret hr hOr 'u gansen dnst 1. itliinie, plüni, Pflaume. — Sprichu\:
här üt de kop; — mit öu plük was de böm „dat is On sündor sten," sä' de l'elink, do
d'r üt; — mit twe plükkon ret he alle 15 harr' he 'u snigge für 'n i)lüm dürslaken.
wurtels d'r üt; — he lied dar 'n goden i)lük — iV(/. i)liimme, prume ; »i«(^. plume, prume;
(Rupf od. Zug etc.) dän ; — ferner auch nid. priiim ; ))inld. jjrnyme. — Aus lat.
dasjenige od. das (Quantum, die Parthie etc. ])rnnuni ; griech. prounmon.
dessen toas man auf einmal pflückt u. 2. pluuie, plum, Flaume, Flaumfeder,
rupft od. ab- u. herausreisst , bz. durch 20 Dune; — so wann (od. so wek) as 'n plume.
einmaliges Pflücken, Zupfen, Rupfen, Reissen — Nd., mnd. pUinie ; )dd. pluim; mnld.
etc. in der Hand behalt u. hat, od. auf pluyme. — Aus lat. plumu, xoas wohl als
einmal mit der Hand etc. ausrupft od. ab- f lieg en des u. leichtes Ftioas zur y prii,
reisst, od. gep^flückt u. gerupft hat, wo es plii in der Bedtg.: fliegen (s. unter
dann auch tcieder dhnlich wie düst, dotte 25 I phulern) gehört. Vergl. indessen Weiteres
etc. die Bedtg. : Handvoll, Haufe, Klumpen, unter flöm.
Knäuel, Büschel, Zotte etc. hat; — 'n plük 3. plume, plum fP/Hr. plumen), (Zas we/c/itf
här od. wulle, appels etc.; — he hed 'n Bauch- u. Nierenfett = nd. ttumen , bz.
helen plük geld trukken od. kregen; — he mnd. vlome, cf. flöm.
ret bor so 'n plük här üt de kop, dat d'r 30 plümer, weicher, loser Haar zapf ; Hasen-,
'n groten kaleu stü' fan nablef. — Nd. (B r. FucJtsschwanz ; 'Troddel; — de plümer fan
Wb., III, 343) plukk ; mnd. pluck; nid. de stert ; — 'u plümer an de höd etc. —
pick, pluk; mnld., mflüm. pluck (carptura, Zu 2 plume.
linamentum, floccusetc); engl, pluck (Zug, ])\ihnevii;.,])\nn\er^,7nit Flaum od. Flaum-
Ruck, Riss; das Rupfen od. Zucken, Rau- 35 federn u. Dunen behaftet, bz. davon voll od.
fen, Rupfen etc.). — Vergl. plükken. bestaubt u. verunreinigt.
plük-fet , plükkelfet, das von den Ge- plum-fet, sehr fett, so fett, dass der ganze
därmen od. sonstigen Eingeweiden abge- Körper überall ganz weich anzufühlen ist
suchte od. abgepflilckte Fett. etc.; — dat kind is plümfet. — Wohl zu
plük-finken, s. 2 finke. 40 2 od. 3 plume.
pliik-gös ; i. q. pellgos. plani]», plump, massig, grob, dick, un-
pliikkeD, pflücken, abnehmen, ah- od. aus- förmlich, roh, ungefügig, ungeschickt etc. ;
reissen, rupfen, zupfen, kahl machen, ent- 'n plump best; — 'n plumi) stük holt; —
blossen, plündern etc.; — ajjpels, arften etc. i)lumpe bände; — be kumd d'r so plump
l)lükkon 0(Z. ofplükken ; — här, wulle, feren 45 mit fan dag; — he is d'r so plump mit
etc. plükken 0(/. ütpiükken ; — hüner, goson dün ; — dat is so plump nukt etc. — Nd.,
etc. plükken; — he pliikt buin niit so lank, ?«»fZ. plump; nid., mnld. \)\om\}; ch^^ plumj).
dat he hum gans käl hed ; — dat kind j)lükt — Da es im mnd. auch die Bedtg. : st u mpf
de moder (com starken Ausziehen od. Aus- u. jedenfalls die von but (cf. 1 but) hat, so
■saugen der Mutterbrust; daher auch in 50 2vird auch plump wohl ebenso tvie but u.
derselben Bedtg. loie melken gebraucht). stump urspr. soviel wie: ab g e schnitten
— A"rf. plükken; /««d. ])lucken; nW. plükken, od. abg est ossen , abge schlag en, g e-
plokken; mnld. plucken , plocken ; satl. stutzt, gekürzt etc. bedeuten u. dem-
plükje; wang. plok; ags. ])lucciau; aengl. nach mit dem Schallwort od. der Schall-
plukkin; CM*//, pluck; a«. plokka; /s/., .sc/twe^/. 55 interjcction plump od. plumps (plum]) od.
plocka; noriv. plukka; dän. plukke; mhd. plumps sä 't, dar lag 't) ^ nhd. (Wei-
pflücken. — Fs ist wahrscheinl. aus dem gand) PI um}); nd., mnd. plump, jjlomp ;
r Oman, entlehnt u. dasselbe loie ital.inluccsxrc; mnld. plomp ; aengl., engl, plumj) zu dem
prov. pelucar; pic. pluquer etc. (cf. auch unter plempen (s. d.) aufgestellten alten
I»rüke), ivas nach Dies (I, 321) mittelst GO Verb. plimi)an gehören. — cf. auch pumpe.
l^LUMPEN PLUMPSEN
730
PLUENDEREN
plumpen, jtliiiiipsen, einen dumpf dröh-
nenden Schall machen ; — hr. fiil in 't water,
dat 't plumpde od. plumpste ; — dumpf
dröhnend fcdlcii od. niederschlagen, stürzen
etc.; — lie pluinpt od. plumpst in 'twator;
— dat plunipt od. plumpst up de grund ;
— he plumpt dat in 't wator etc. — Nd ,
mw7. plumpen; nid. plompen; acnxjl. plumpen;
engl, plump. — Ablaut von plem])Cn od.
plimpan etc. (cf. auch pluntjen), bz. Weiter-
bildung von plump.
pinmps, pliiiiipsen, s. plump, i)lum])en,
plfim-wek, ivcich wie eine l'ßaumc. —
Nd. (B r. Wb.) plummcweek.
pliinde, geioöhnlicher\\\\im\fi., plünn' (Flur.
plünuen), Zeug, Gewand, Kleid, Bettzeug,
Lappe, Fetze, Lumpe, tverthloses Zeug, Ge-
rumpel etc.; — ho od. so sitt god in de
plannen (er od. sie sitzt gut im Zeuge, bz.
ist gut mit Zeugen, hz. Geivündern od. Klei-
dung, sowie Leinen u. Bettzeug versehen) ;
— se hebben hör plünnen (od. plüntjes) bT
'n ander smeten (sie haben ihre Habselig-
keiten u. Zeuge, Kleider u. Bettzeug zu-
sammengeworfen, bz. sie haben sich zu-
sammengethan u. verehelicht) ; — se söcht
all' hör plünnen (od. plüntjes) bi 'n ander
(sie sucht alle ihre Habseligkeiten od. ihr
sämmtliches Zeug etc. zusammen); — wen
se hör plünnen ök all' tosamen smiten, den
bemend 't dog nog niks ; — in toreten
plünnen lopen as 'n bedeler; — plünnen-
riter (Getoandschneider, Mamifacturhändler,
bz. Zeug- od. Lappen-Reisser) ; — fan de
plünnen (od. dat tüg, siechte tüg etc.) kan
ik niks mer brüken ; — du must d'r 'n
plünn' (Lappen) um to wikkeln, dat 't blöden
uphold ; — 't sunt emer olde plünnen, de se
in de kistc hed; — plünnenlä (Lappenlade);
— plünngöd (Lumpenzeug, Lumpengesindel) ;
plünnfolk (Lumpenvolk, schlechtes, gemeines
Volk) ; — plünn- od. plünnenkräm (Lumpen-
kram etc.); — plünntüg od. plünneutüg
(Lumpjenzeug); — plünnkerl (L^impenkcrl
etc.). — Nd. (Br. Wb.) plunne, Plur.
plünnen, plünnen (Lumpen, bz. Kleider u.
Geräthe od. Habseligkeiten geringer Leute) ;
mnd. plunde, plunne (schlechtes Zeug, Ge-
räth, Gerumpel, besonders von Kleidern,
Bettzeug etc., Lappe, Lumpe); nid. plunje
(Zeug, Kleid etc. [goed in de plunjes zijn],
Matrosenkleid), plunjekist (Kleiderkiste). —
Es ist entweder gekürzt aus, od. derselben
Herkunft wie mnld. plunder, plonder (su-
pellex); mhd. blunder, plunder, Bettzeug,
Wäsche, Kleider, Hausgerüth = nhd.
Plunder , was nach seiner am frühesten
belegten Bedtg. : induviae od. Anzug, Be-
kleidung etc. wahrscheinl. dieselbe Bedtg.
wie hemd od, ahd. hämo (Geioand, Kleid,
Umhüllung, Hülle, Haut, Balg etc.) hat.
Da nun aber das Wort plunder, blunder nicht
von })lundern, blundern (cf. plündern) zu
scheiden u. jedenfalls mit mnd. plunder,
5 plonder ; engl, plunder (geraubtes Ktivas,
Beute, Raub) eines Urspruyigs ist, so kann
ich nicht umhin, auch für plunne, bz.
mnd. plunde u. mhd. plunder, blunder (Bett-
zeug, Kleider, bz. Anzug, Bekleidung) als
10 ursprünglichste Bedtg. die von: abgeris-
senes od. abgebrochenes Etwas, bz.
abgestreiftes od. abgerissenes Fell, leere Haut,
Balg etc. anzunehmen, woraus sich dann
von selbst (da Thicrfelle bei edlen tmcivili-
15 sirten Völkern soivohl die Stelle des Lagers
od. Bettes, bz. der Decken u. des Bettzeugs
soioohl, als der Bekleidung od. des Hemdes,
Rockes, Kleides vertraten) die obigen Bedtgn.
von plunde ii. plunder ergeben mussten, ohne
20 dass man dabei anzunehmen braucht, dass
die Bedtg. : Lappe, Fetze etc. gerade aus
der von Fell od. Haut entstand, da ja die
Bedtg. : abgerissenes Etivas auch diese
von selbst ergiebt.
25 Wie nun aber klint, klant, klunt (cf.
klunte u. klumpe etc.) aus klit, klat, klut
nasalirt sind, so ist auch plund in plunde,
plunder, plündern bz. plündern aus plud
nasalirt, der als Schallstamm dieselben Be-
30 dtgn. wie klat (cf. klatsen, bz. nhd. klat-
schen) enttvickeln konnte u. ivovon eben auch
1 «. 2 pludern (cf. d.) u. mhd. Modern,
plodern abstammen. Vergleicht man nun
aber unser klatte (cf. auch 2 plünnere) von
35 dem Stamm klat, ahd. klaz (Riss, Bruch,
Spalt etc.) u. dazu iveiter läppe, läppen,
sowie die Wörter flek, flik, flik-flak, flekken
u. plak, piek etc. von der ]/ plak od. plag
u. daneben auch griech. lopos (Schale, Rinde,
40 Haut, Fell) von lap, bz. rap, ramp (spalten,
bersten, springen, reissen, abspcdten, ab-
reissen, trennen, raffen, rauben etc., cf. lat.
rapere, ripere u. rumpere) u. auch lit. lupü
(schaben, schinden. Haut abziehen, bz. ab-
45 reissen od. abbrechen etc. von der ]/ lup,
lump, bz. rup, rump), so ist es sehr erklär-
lich, dass aus einem Schallstamm plud,
plund auch die Bedtg. : Sprung, Sjxdt, Riss,
Bruch etc., u. hieraus ein Subst. plunde od.
50 plunder (Spalt-, Riss- od. Bruch-Ding, bz.
abgespaltenes od. abgerissenes Ettvas) ent-
stand, was dann selbstredend auch in die
Bedtg.: Raub od. Beute übergehen konnte,
u. woraus sich dann das mnd. plunder (ge-
55 raubtes od. entrissenes , tveg genommenes
Etwas) u. das Verb, plündern von selbst
erklären.
plünderen, j>lündern, T^Vnnn&rn, plündern,
rauben, berauben, reissen etc. ; — he plün-
GO derd dat od. huui üt; — dat laud od. de
47*
PLUENDERIG
740
PLUES
böm, de tun etc. is plüiuleril od. iitplündenl ;
— he i)lünderil dal all' üt n ander; — ho
])liiDdord in de kiste herum; — he plündord
iuiin de klor fan 't Iif; — lic plinulerd nn
't air dür 'n ander; — wat hei ji bi min
gud to plündern y etc. — Davon: geplünder,
geplilnner (Geplünder, Geniube , Gcreisse
etc.) u. pliinderö, iilünnerö (Plünderei, Gc-
lüündcr) ; phinderer, plünnerer etc. — Nd.
plündern, plünnorn; mnd. plünderen; nid.,
mnld. i)lunderen, ploiideren ; cnai plunder ;
nonc, scJiwed. plundra; dün. jjjyndrc; alt.
nhd. (cf. Grimm, Wb., II, 16'.)) liliindern,
Mindern ; bühm. plundrowati. — Wegen Ab-
siammung ,s. U7iter plüiulc am Schhi.'^sc.
|iliiiidoi'i^ od. (gewöhnlicher) pliinnei'ig,
pliiuiici'g, lappcrig , zerrissen, zerlumpt,
lumpig, schlecht, unordentlich etc.; — he
is so plünncrig in de kler; — he löpt so
plüuneriir herum; — he hed 'n plünnorgen
rok an ; — dat sügt dar in hüs all' so
plüunerg üt; — dat dak is so plünnerg, dat
de regen un sne aferall dürgan ; — dat
sügt den dog to plünnerg üt, wen du dat
deist; — dar in hüs si'igt 't all' so plünnerg
üt, dat man d'r hast not sitten gan dürt. —
Zu pliaule, plünne.
pliiniio, pliiniion, .s\ i)lünde.
i)liiiiiieii-lolk, pliiiiiien-knim, pliinnen-
riter etc., s. unter plünde.
1. pliinnci'e, s. plündere M«<e>' plünderen.
2. pliinner«, Lapperei, Lumperei ; gering-
iverthige od. nichtsnutzige, schlechte Sache
etc. ; — 'n plünnere (od. klattere, lumpore
etc.) geld etc. ; — mit sülke plünneroen
brükst du rat net kamen, dar wil 'k niks
mit to dün hebben ; • — ik hebb' dar nog
allerlei plünnereen (alte od. loerthlosc Sachen)
up de bön bggcn; gä hen un so to, of du
dar nog wat fan brükeii kaust. — Zu plünde,
pliiime.
l>liiiiliern, .s. ])lündcreu.
pliinsken , od. (geivöhnlicher) plaiitjpii,
einen dumpfen Schall machen, mit dumjifrm
Schall od. Geräusch schlagen, stosscn, fallen
etc. ; — he smet 'n steu in 't water, bz. in
de pütto etc. od. let 'n stC'u in 't water etc.
fallen, dat man 't pluntjen hüren kun ; —
dat water plunsket od. pluntjot d'r tegen
an; — he pluntjed in 't water herum; —
dat water pluntjed d'r at'cr. — cf. nhd.
(Grimm, Wb., II, 160) bluntsch (plump)
u. blunze, plunze (ei}i plumper Mensch etc.)
zu i)lump, bz. daselbst auch nhd. bluntschen
(plumpen, plumpsen, platschen, ins Wasser
falten), iconach tmser plunsken mit dem
obigen bluntsclien ident. ist u. dieses mit
bluutsch u. blunze, ])lunze von demselben
Stamm plunt (älter hd. ])lunz) abstammt
nie unsrr i)luutjen, wü/irend lAnut ein Ablaut
von plent, plant (cf. plentjen) ist. — Vcrgl.
iceitcr auch mnld. (KU.) jdonssen u. nid.,
vuild. plotseu (mergere cum impetu), woiavJt
der Stamm ])]nnt od. \)\nuz aus plut, iiluz
5 uasalirt u. ein Ablaut von plat, bz. plaz
(vo)i, nhd. platzen, cf. plasscn etc.) zu.
sein scheint, ähnlich wie die Stämme klant,
klint, klunt mit klat, klit, klut ident. sind.
plürcn, I 1^ 1^-1
10 plui'-öic, 1 '■ I^^^'"^"' 1>''^'-"S^ ^^''-
plus, aus leichten, Federn, feinen Härchen,
Faser chcn u. Ftückchen etc. bestellender Un-
rath, bz. die derartigen leichten, Luft u. Klei-
dung etc. verunreinigenden Absonderungen
15 von Bettfedern, Federbetten, Wolle, Baum-
tüolle, Seide od. haarichten Fellen u. lianch-
werlc etc. ; — de kler sitten ful plus (od,
plüsters) ; ga hen un lät di wat ofbürseln,
dat du ürdentlik fan dag kumst, wen du üt
20 geist; — de kerel sitt ful lüs un plus, i)ass
up, dat du d'r niks fan of krigst. — Bedens-
art: de sük mit lüs un plus (mit Laus od.
Ungeziefer u. dem plus genannten IJnratli,
od. fig. mit lausigem, gemeinem n. sclimutzi-
25 gem Volke) befätd, brükt sük net wundern,
wen hum wat anhangt. — Wenn nicht eins
mit dem folgenden Worte, dann wohl aus
frnnz. pelouse (Flaum: Grasplatz), was mit
franz. peluche, pluche etc. (s. unter 1 plus)
30 eines Ursprungs (nämlich von lat. pilus,
Haar, besonders kurzes, cf. auch pile) ist.
1. plus (Singul. u. Collect.), Fäserchcn,
Härchen, Flöckchen (Wolle, Haar etc.). —
Nid. pluis (dasselbe u. auch Flusch). —
35 In der Bcdtg. : Plüsch entstand das nid.
pluis als für pluisch stellend Jedenfalls aus
franz. peluche, pluche (Geivebe aus Leinen '
u. Kamcelshaaren), ivährend man bei un-
ser m u. nid. pluis in der Bcdtg. : Fäserchcn,
40 Flöckchen etc. beim Vergleich von plus so-
ivohl an franz. pelouse (s. oben), als an
franz. peluche (toollig, faserig), od. auch
an sie, sard. pilucca, lo>nb. ])eluch (Haar-
schopf), piem. pluch (Haar, Faser) doiken
45 kann, ivelche Wörter ebenso wie franz.
peluche, i)luche u. plucher (wollig, faserig
iverden) von lat. pilus (cf. I)iez, I, H21
uider piluccare n. II, j'.s'y unter peluche)
abstammen. Weiter vergl. auch unser Uns,
50 Hüs, loas bei auch sonst noch fortschreiten- \
der Lautverschiebung vielleicht tvieder aus
plus, ])lus entstand, falls es )iicht etwa urspr.
mit acngl. (S trat mann) lieos, flces, Hüs;
ags. flcos, ilys zusammoihängl od. doch mit
55 diesen derselben y pru, })lu angehört, ivorübcr
Weiteres unter ilüs zu vergleichen ist.
2. plus, gezupftes Tau od. Werg, bz. die
durch das Zupfen (plüscn) von getheertem
Tau entstehenden Fasern u. einzelnen kurzen
GO J'ädchcn in ihrer Gesammtheit auch, hurplus
PLUES 741 PLUSTEREN
V. tauplüs genannt, cf. Pliihs od. riüs etc. liar; — de rok sitt ful pluskes; du must
hei Bohrilc. — Wohl Sahst, zu pliiscu, lium nog erst ofbörsclii latcii, it du lium
(/. auch das folgende: antrokst un d'r mit ütj^cist; — 't is all'
B. plus, rein, blank, sauber, nett, ordent- rein; d'r is iiargcuds gC-a plüske up tosen.
lieh od. in Ordnung, recht, richtig etc.; — 5 — Nid. i)Iuisje.
dat kiud is so hcmmel un ])lüs, dat man i»liissig, dick, aufgedunsen, aufgeschivollcn
wol sen kau, dat 't 'n rennelken un ürdcnd- etc., wie z. B. loenn Jemand die Wasser-
likcn uppassonden niodor lied; — de rok is sucht hat od. an dem Soff ist; — se word
so plus, dat d'r nargeuds gen plüster up to so i)lussig, niit as of se in 't water is ; —
sen is ; — 't is dar in hüs all' so plus, dat d'r 10 he krigt so 'n plussig gesigt , net as of lie
nargends gen stofje to finden is ; — dat flesk an de süp is ; — dikke ])lussige lijjpen etc. —
is uet regt plus (rein u. sauber, bz. frisch, Nd. (Br.Wb.,Dähnert)]i\ütz'ig, (Schätze)
gilt u. sdimacklmft, schon faul u. verdorben plüzzig, plüssig; bei Bichey plüzzig.
etc., cf. süfer) ; — 't is dar in liüs net regt Das daneben auch in gleicher Bedtg. bei
plus, ga d'r lefer uet lien ; — mit de sake 15 Danneil u. Schütze vorkommende plu-
is 't net plus, dar mut sük gen ördentlik strig ; mnd. plusterich ist ident. mit unserm
miusk mit befateu, de is fül. — Nid. pluis; plüsterig, während plussig, bz. nd. plutzig
vmld. pluys (mundus, purus, politus, tersus, etc. mir mit dem mnld. (KU.) plotsigh
extersus). — Es ist ein zu plüsen (rupfen (bot, plomp) ident. zu sein scheint u. dann
etc.) gehörendes Adjectiv u. bezeichnet einen 20 loolil in ähnlicher Weise mit nid., mnld.
Zustand, luo ein Etwas gerupft u. kahl, bz. plotsen (mergere cum impetu, bz. plumpen,
von Haaren, Federn, Fasern etc. befreit, plumpsen, cf.Yi\\xmi)e\\u.\)\\xiiiiGVi) zusammen-
gesäubert u. rein ist. hängt wie plump (plump, dick) u. engl.
plüsen, rupfen, zupfen, ab-, aus- od. aus- plump (fett, feist, dick), plump (plump,
einander rupfen u. zupfen etc. — lie plüsd 25 platsch etc.), plump (Klump, Klumpen etc.),
(rupft, zupft, reisst, bz. sucht etc.) dat all' plump (schivellen, aufschwellen, aufblasen,
üt 'u ander un legt elker feseltje (od. deltje, auftreiben etc.) etc. mit dem Schallstamm
stüktje. endje etc.) apart für sük hen; — plump od. dem Verb, plumpen,
lie plüsd (zupft od. reisst etc.) 't all' dör Das nid. plotsen betr., so ist dies zweifel-
'n ander liendör ; — he plüsd sük (er rupft 30 los ein ablautendes Verb., ivas mit nhd.
u. zupft sich, bz. er reisst sich Haare u. platzen (cf. plassen u. tmter pluntjen am
Federn aus, od. auch: er sucht sich selbige Schlüsse) urspr. eins loar, bz. in ähnlicher
ab, macht sich davon rein etc.); — he Weise von einem alten Stamm plot, ver-
plüsde sük de här üt de kop; — he plüsd stärkt plots (cf. klap u. klaps, bz. klat u.
de här (od. walle, floktjes, kuopkes etc.) 35 klals etc.) = hochd. ploz, nhd. plotz (cf.
d'r fan of; — he sitt to tau plüsen (Tau plötje u. plütslik) weiter gebildet ist, ivie
zupfen um Werg davon zu machen) ; — he nhd. plat z en (cf. plassen) von einem
mut wull' plüsen ; — feilen plüsen (Felle Stamm plat, hochd. plaz.
rupfen od. abrupfen, sie von den Haaren plüster, Faser, Fäserchen, Staubfäserchen
befreien u. kahl machen etc.) ; — plüsde 40 von Wolle, Haaren, Federn etc. ;^ — 't ligd
wulle od. perdehär, kohär etc. (gezupfte, od. sitt all' ful plüsters; — sin här od.
bz. auseinander gezupfte, von Knötchen u. rok etc. sitt ful plüsters un feren. — Es
sonstigen Unreinigkeiten befreite, reine gehört wohl mit 2 plus zu plüsen (zupfen,
Wolle etc.) ; — 'iie-p]\\s([(ru2}ft, 2)lündert etc.) fasern etc.), tvie nid. pluister (Zupfer,
hum net so lauk, dat he nakend uq kälis; 45 Bupfer, bz. Person die pluist) zu nid.
— he plüsd (reisst, loiihlt, sucht) 't all' dör, pluisen, od. es ist ein zu plusteren etc. ge-
of he net wat d'r manken finden kan; — hörendes Subst. — Vcrgl. iveiter :
he sitt de hälfe nachten in de büken to plustere, s. unter plusteren,
plüsen (er sitzt die halben Nächte in den plusteren, pliistern, plustern, a. icieder-
Biichern zu stöbern etc.) ; — he plüsd (sucht, 50 holt rupfen u. zupfen od. zausen u. xoühlen
stöbert, forscht etc.) 't all' so genau dör, etc. u. so zottig, rauh u. bauschig od. sträu-
dat he bit up 't leiste tüttelke wi^t, wat d'r big u. absteJwid machen, loie z. B. die Vögel,
in steid. — Nd. plüsen, plüsen ; nM. pluizen ; ivemi sie mit dem Schnabel ihr Gefieder
mnld. pluysen. — Wohl von plus, bz. 1 plus, rupfen ; — de sturken plustern sük so, dat
ivie lüsen von lüs u. lat. pilare von pilus. 55 de feren ^ um hör herum flegen ; — he
plüsje, plüske (Dimin. von 1 plus od. plüsterd sin här wat dör, bz. d'r in herum ;
von plus), ein einzelnes, sehr feines Faser- — b. fasern, rauh u. zottig werden etc.;
chen, Härchen, Federtheilchen od. Flöckchen, — dat god fangd an to plustern ; — c.
Stäubchen von Wolle, Baumwolle, Leinen- Federn od. Flaum, Flöckchen von sich
zeug etc.; — dar sitt nog 'u plüske in 't 60 geben, stäuben etc.; — dat bedde plüsterd
PLÜSTERIG 742 POIKEN
od. plilsterd so, dat de hele lücht ful pliisters (cf. I, 685 u. II, 619 etc.) mit skr. bukk,
is : — he plüsterd (stäubt) sük de rok üt ; bukkati (belJen) etc. ; griech. buktes (brau-
— d. reissen, icühleii, stöbern, iliirchsuchen sciidcr, tosender, heulender Wind, Sturm-
etc. ; — he plusterd in de lä lierum ; — lie tvind) etc. ; tat. buccinum (Kriegshorn), bucca
plüsterd alle boken dör. — Nd. plustern ; 5 (Blase) ; lit. bykii (Stier) etc., sowie unser
mnrf. plusteren etc. — Iterat. von lAuscn, cf. pokke, pung, puchen etc. zu einer SchaU-
plüsen. — Davon plustere ». gepluster würzet buk (rauschen, brausen, lärmen,
(Stäuberei, Stübcrci, Wühlerei etc., bz. an- brüllen, tosen, stürmen, blasen, pfauchen
haltendes Gestäube u. Gestöber etc.) soicic etc.), sodass auch hier der Frosch wohl
plustere ii. gcpliister (Bupferei, Zupferei, 10 wegen seines lärmenden Geschreies (jedoch
Zauserei u. Gerupfe) etc. etc.; — plustere nicht lautmalend od. onomatopöisch wie
od. gepluster in 't här u. das folgende: bei unserm kikker, s. unter kik) so benannt
plüstei'i^, pluslei'g, zerzupft, zerrupft, ist, falls er nicht etwa als ein aufgeblasenes
zerzaust, zottig, sträubig, struppig, unge- od. aufgetriebenes, aufgeschicollencs Etwas
kämmt, unordentlich, wild; — sin bar is 15 aufgefasst tvurde, wie dies auch mit pok
od. sitt so plüsterig; — de störken seu man (s. d.) u. lat. bucca der Fall ist.
pliistcrg (od. ])liulerg) üt ; — he sucht net poggo-dod, völlig todt, ganz kalt u. todt.
so plüsterg (strujfpig u. ungekämmt etc.) üt, poggen-daler orf. poggen-geld, i'Vosc/i&^ss,
as of he so erst üt 't bedde krapen is; — (Hydrocharis morsus ranae).
de lücht (Luft, Himmel etc.) sucht so 20 poggen-glidder, poggen-gliulder, poggen-
plüsterig (zerzaust, zerrissen, wild %i. stür- glugge, poggeii-ritscl, Froschlaich,
misch, unfreundlich, drohend etc.) üt, dat poggen-, pogg-stert, Froschlarve, Kaul-
man sük up siecht wer gefätd niaken mut ; rpiappe.
— he kikt net so plüsterig üt, as ^n olden poggen-, pogg-stol, Hutpilz, cf. padde-
brumbär. — i\7/. plustcrig ; «i/if?. plustericb, 25 stöl.
— cf. auch plüsterkop. Pf*jPj poie, peiie, peie, ein Trage- od.
plüsterig, plüsterg, voll von od. verun- Balkcngcrüst, icorauf der Giebel eines Hauses
reinigt u. behaftet mit plüstcrs od. Fasern, ruht. — Nid. pui (Altan; Giebelfuss, Trä-
Fäserchen, Flöckchcn, Staubfäserchen etc. ; ger od. Hauptbalken, worauf der Giebel
— he hed 'n plüstergen rok an; — dat 30 ruht etc.); mnld. puye, puyde (podium, pul-
Bofa is plüsterg, du must 't erst ütbörscln, pitum, suggestus, rostra, orum etc.) — Jifit
er d'r wel in sitten geid. — Zu plüster. ital. (Diez, I, 326) poggio; prov. pueg,
plüster-kop ; i. q. tüsterkop, cf. tüsen puoi; afranz. pui (Anhöhe); span., port.
(zausen) zu plustern, bz. plüsen, nd. plusen, poyo (Bank vor dem Hause) ; afranz. puiot
wonach es zunächst einen zerzausten u. 35 (Stütze) von lat. podium. — Vergl. auch
struppigen Kopf, bz. einen Kopf mit zer- aengl. (Stratmann) pue; engl, pew (Kir-
zaustem u. struppigem Haar u. fig. eine chenstuhl, Kirchensitz od. Kirchenbank) aus
Person mit einem solchen Kopf (einen afranz. puie, was xoohl mit dem obigen span.,
Strubel- od. Stru wel- Feter) bezeichnet, poH. poyo (Bank) ident. ist.
dann aber auch in die Bcdtg. : rauher, un- 40 poje-, poie-, peue-, peie-balke, Trage-
freundlicher Mensch (wie auch tüsterkop) balken, ^vorauf der obere Giebeltheil eines
übergeht. Hauses, od. auch der Fuss der Wahn-
plustern, plustern, s. plusteren. sparren ruht.
p6, s. pös. pojen, poien, s. 1 paien.
pochen, s. puchen. 45 poike, s. peike.
pogge, Frosch. — Eedensart. u. Sprichw.: poiken od. poiken, kosen, schön thun mit
so kold as 'n pogge; — so dud as 'n pogge Jemandem,ihm schmeicheln, den Angenehmen
od. poggcdüd ; — de stürken nogd, mut spielen etc.; — he ])oiket gern mit de wichter ;
I)oggen bebben ; — he strüfd sük (od. he — he mag de wichter gern poiken. — Nach
stalld so bog) as 'n pogge in de mänschin ; 50 Stbg. ist iiooiken dasselbe wie pooien (cf.
— sett de pogge up 'n golden stül, he hupt 1 paien), tvährend mir dieses Wort mit
dog wer in de pol; — he hed so ful gcld, mnd. (Seh. u. L.) poken od. poiken ident.
as de pogge här; — man kau ök 'n pogge zu sein .scheint, ivas dort mit spielen (od.
so laiik drükken, dat he kwakt. — Räthsel: scherzen, spassen?") erklärt wird u. nach mnd.
wikker de wakker, sprung afer d' akker; 65 (Seh. u. L.) pok, poeck (Spiel od. Scherz,
wikkcr de wakker, sprung afer d' slöt, nog Sjjass, Neclcerei etc., cf. lat. jocus) vielleicht
was wikker de wakker net dod ; — wat auch mit mnd. poken od. poicken (pochen,
wult d' lefcr, 'n püt ful singende wifkes, prahlen, cf. puchen) xirspr. ident. ist, da es
of 'n afcn ful dode mantjes (Brode). — Nd., sich ebenso wie dieses auch leicht von der
mnd., nid., mnld. pogge. — Nach Fick 60 urspr. Schalliourzel buk ableiten lüsst, da
POK POKKE
743
POKERN
ja Lär m n. Sj) iel , hz. lär m e n u.
sp iel eil sich begriß'lich nahe berühren.
pok od. i»okke, Finne, Pustel, Blauer,
Beule, kleine Erhöhung od. Anschioellung,
Höcker, Warze etc. ; — ho hcd 'ii })ok
(Finne, Warze etc.) od. ])oktje (Finnchen
etc.) up de nöse sitten ; — do kartuffels od.
bonen etc. sitten ful pokkeu (die Kartoffeln
od. Bohnen sitzen voller Warzen od. Beulen,
kleinen Höckern etc.) od. sunt so pokkerig;
— 't kind sunt de pokken inentd ; — he
hed de pokken (Blattern od. Blattcrnkrank-
heit). — Compos. : kinder-, kö-, schäp-pokken,
swarte pokken. — Sprichw.: „dat gift rümte
um de herd," sä' de Papenbörger to sin
■wif, do wereu hum söfea kinder in de pokken
ofstürfen. — • Nd., nid., nfries., loang. etc.
pok ; mnd., mnld. pocke u. auch poche (pa-
pula, pnstula, tnber, vomica) ; ags. pocc ;
aengl. pocke; engl, pock; nono. poka; dän.
(Flur.) pokker in smaa-pokker (Kinder-
Blattern). — Es gehört mit dem gleichbe-
deutenden kelt. pwg , bog , soivie unserm
peike ic. pung etc. als aufgeblasenes u. auf-
getriebenes Etwas, bz. als Blase u. Blatter
etc. zu derselben y buk xoie pogge, wozu
auch lat. bucca (Backen, bz. aufgeblasenes
u. aufgeschwollenes Etwas, cf. pogge) u.
dessen Dimin. buccula gehört, aus welch
Letzteren wieder das (cf. Diez, II, 225)
afranz. bocie ; franz. boucle (Ring, Haar-
locke, Schnalle) ; aengl. bocle ; engl, buckle
(Schnalle etc.) u. altspan. bloca (Erzbeschlag
eines Schildes) ; mlat. bucula (scuti) etc. ;
nhd. Bück el entstand, während das afranz.
boce, boche; aengl. (Stratmann) boce
(bulla, umbo) u. boche (gibbus), bz. engl.
boss (Buckel, erhabener Beschlag; Knopf,
Knauf etc.) u. botch (Beule, Geschwür etc.)
entweder aus lat. bucca od. dem obigen kelt.
bog hervorgingen u. jedenfalls mit unserm
pok gleichen Ursprungs sind.
1. pökeJ, Pustel od. Fustelchen, Finnchen,
kleines Eiter- Bläschen od. Eiter-Geschwür,
Beulchen, Höckerchen, Wärzchen etc. ; —
he hed 't gesigt ful pökeis ; — de kartuflfel
od. appel etc. sitt ful pökeis. — Nid. (v.
Dale) peukel , pokkel , pukkel (puistje,
bobbeltje) ; innld. pockele, puckele. — 06-
schon wir von pokel auch noch wieder ein
Dimin. pökelke machen, so ist dies selbst
doch ein Dimin von pok.
2. pöke], ein Zwerg od. Knirps, bz. klei-
nes, verkrüppeltes, im Wuchs zurückgeblie-
benes od. verkümmertes u. verwachsenes
Wesen od. Etioas; — de lütje pökel krupt
en al tüsken de benen herum ; — 'n pökel
fan kind od. fan 'n junge, fan 'n der, fan
'n swin, fan 'n böm etc. — Da unser o für
0 M, u (cf. z. B. fögel, Vogel, ahd. fugal
etc.) steht, so könnte dieses pokel ivohl ein
Dimin. von an., isl. pokr (Kobold, Popanz,
Mummel = dän. busemand) sein, sofern dies
auch die Bedtg. : Zioerg hatte, od. aus
5 Kobold etc. in die Bedtg.: Zwerg über-
ging. Sodann vcrgl. auch engl, puck (Dä-
mon, Kobold, Waldmännchen etc.) = aengl.
piike ; an., isl. püki ; ir. püka ; loelsch. pwca,
sowie weiter bei Outzen nfries. pück, neske-
10 i)ück, eine Art von Kobold = dithm. nische-
pöck u. dän. nisse-puge, bz. bei Heim-
reic h (II, 34S) das nfries. huspuke (Haus-
Geist od. Haus-Zwerg etc.), ivomit das nd.
(Br. Wb., III, -349) pook (schtvacher, tm-
15 vermögender od. im Wuchs zurückgebliebe-
ner Mensch) u. puck in puckfaut (Klump-
fuss, cf. Scham bach, 161^) auch vielleicht
urspr. ident. ist, falls die Bedtg.: Kobold
in die von: Zwerg od. kleines, verkrüp)peltes,
20 gebrechliches Etwas überging.
Was nun aber die Grdbdtg. von Puck
od. aengl. pfike betrifft, so wird damit wohl
urspr. ein Poltergeist od. Bangemacher, bz.
ein durch Poltern, Stossen, Lärmen etc. (cf.
25 engl, poker, Popanz, Kobold od. Bange-
macher der Kinder etc.) die Menschen er-
schreckendes Wesen (cf. unser bubä u. das
böhm. bobo, bubu tinter Popanz bei Wei-
g and) gemeint sein, wo es dann auch mit
30 pogge, pok, puchen, pukkern etc. von der
y buk (rauschen, lärmen, tosen, stürmen,
blasen etc.) abstammen könnte, die ja auch
ebenso wie bub (brüllen, brummen, bz. von
dumpfen Tönen, cf. bubbeln u. pu) Weiter-
35 bildung eines einfacheren Schallwortes bu
ist, was ebenso wie ba, redupl. baba (s.
unter babbeln), blos ein unarticulirtes Ge-
räusch_ bezeichnet.
3. pökel; i. q. pekel.
40 poKer, ein spitzes u. gerades od. auch
hakenförmig gebogenes Eisen zum Schüren
u. Auflockern des Feuers, bz. ein Schüreisen,
Schürhaken, Feuerhaken, Stech- od. Stoss-
eisen etc., womit man in das Feuer stösst
45 u. stochert. — JVM. pook, poker; en^rZ. poker.
— Da der poker ein Stecheisen (bz. ein Ge-
räth ivomit man in das Feuer sticht u.
stochert) ist, so tvird das nid. pook in der-
selben Bedtg. ivohl eins sein mit nid., nd.
50 (Br. Wb., Schütze etc.) pook; mnld.,
mnd. poke (Dolch, Messer etc.), loas wohl
aus lat. pugio entstand, ivährend das nid.
poken (s. unter pokern) vielleicht direct aus
dem lat. pungere etc. (cf. punkt) hervorging,
55 ivas mit pugnus, pugna, pugnare etc. zu
einer y pug (schlagen, stossen, stechen etc.)
gehört.
pokern, wiederholt stechen od. stossen u.
rühren in Ettvas , bz. stochern , schüren,
60 schürfen; — he pokerd d'r in herum; —
POK-HOLT
744
POL
du must net altid in 't für Sitten to pokern ;
— he pokcrd dat für wat up od. toregt etc.
— Kid. i)okereii u. dies icohl Iterat. von
n Id. , a n hl. , in )i d., actigl. (S t r a t m a )i n)
poken (pellere , trudere), engl, poke (im
Fin.itern fühlen, tappen, tasten, herumfilhlen,
mit einem langen Werkzeuge suchen; schüren,
anschüren ; stossen etc.), tcozu zu bemerken
ist, dass hei Seh. u. L. das miid. poken u.
bei Dähnert das nd. pükcn (stechen) an-
scheinend von poke od. pök (Dolch, kurzer
Degen, 3Iesser , s. unter poker) abgeleitet
toird, dann aber das mnd. pokon auch die
Bedtg. : pochen od. p)rahlen (cf. ])uchen) hat.
Ist nun aber das mnd. poken u. nd. poken
urspr. von aengl. jioken verschieden u. von
poke (pngio) abgeleitet, so kann auch nnser
pokern u. nid. ])okeren direct von poker
weitergebildet sein, während poker selbst
wieder von poken (stossoi, .stechen etc.) ab-
geleitet sein konnte. Vergleicht man nun
aber die verschiedenen Formen des nhd.
pochen in der Bedtg.: (schlagen, stossen,
stampfen etc.) bei Grimm (Wb., 11, 199)
unter bochen ii. bei Weigand unter po-
chen u. dass dieses in der Bedtg. : prahlen
od. dicke thun etc. (cf. puchcn tt. dazu unter
galpen auc?i die Bedtg.: prahlen od. gloriari
des as. galpön, ivas mit galm von einer
Schallwurzel stammt) von Fick zu der
Schallwurzel buk (s. unter pok, pogge etc.)
gestellt wird, so ist es sicher, dass die obigen
Wörter (nämlich nid., mnd., aengl. poken
«. engl, poke) in ihren verschiedenen Be-
dtgn. nicht überall mit hochd. bochen u.
pochen eins sein können, soioie es aucli
sehr schwer zu entscJiciden ist, ob die hochd.
Wörter bochen, pochen u. unser hokon
(s. d.) mit unserm pukkeru u. puchcn glei-
chen Ursprungs sind. Ob nun aber auch
das aengl. poken in der Bedtg. : pellere,
trudere mit mnd. poken (stechen od. stossen)
urspr. ident. ist u. wie nd. pook u. unser
poker von pngio, bz. ])ungere abstammt, ist
mir gleichfalls zweifelhaft, tvie desgl. auch,
ob das mnd. poken in der Bedtg. : pochen
od. jirahlen etc. mit unserm puchen u. hochd.
bochen u. pochen (s. u nter b oche n in
Grimm, Wb., das Weitere) von Hause aus
eins ist u. derselben y entstammt.
pok-holt, a. das feste, harte Holz des
in Westindien u. Sialamcrika loachsenden
Guajak-Baumes, der aus seiner Rinde den
als schivcisstreibendcs Mittel dienenden
Guajakgummi ausschicitzt. Im Englischen
hcisst dies Holz pockwood u. wird dasselbe
sonst auch Franzosenholz n. Lebensholz
genantit; — b. ein gleichfalls daher stam-
mendes u. auch festes u. hartes Holz, tvas
sonst unter dem Namen: Bockholz , Boco-
HoJz, Rebhuhnholz, engl, partridgewood vor-
kömmt 11. in Brasilien Cangelira u. Angelim,
in Cuba Yava genannt wird u. hauptsäch-
lich zu Kunsttischler- u. Drechsler- Arbeiten
5 gebraucht w'ird. Dies Letztere soll von einem
nicht genau bekannten Baum „Bocca proua-
ceiisis Aubl." kommen, nach jindern aber
ro)i Hoisteria coccinea.
pokke, s. ])ok.
10 j)okki^, pokkerig, pokkerg, pockig od.
mit Bocken (Pusteln, Finnen, Beulen ti,
Höckern etc., cf. pok) behaftet u. versehen ;
— 'n pokkig od. pokker'ig gesigt ; — pokkige
od. ])okkerige kartuffels od. boneu etc.
15 ])ok-nai'e, Blatternarbe.
pok-uarig, bl alternarbig.
pok-stof, Blattcru-Lijmphe.
pol, rund, voll, strotzend, fleischig, bau-
schig etc.; — polle arms ; — 'n pol gesigt;
20 — 'n pol kindje; — se is regt pol un wök ;
— dat bedde stcid so pol un rund; — i)ollo
küssens etc.; — Compar. poller, runder,
voller etc. (pollere arms un benen as dat
wicht hed sucht man seiden) ; — Superl.
25 polleste, polste. — Fs hat mit dem im nid.,
nd., engl. etc. vorkommenden i)ol od. poll,
polle (Spitze, Fndpmnkt, Wip)fel, Kopf etc.)
u. dem nhd. Fol (Spitze od. Endpunkt der
Erd- u. Himmels- Achse, rect. der Dreh-
30 punkt von lat. 1)ü1us, griech. pölos u. dies
von der ]/ pol, drehen, ivenden) nichts ge-
mein, sondern ist icohl Nebenform von 2 bol
(rund etc., cf. auch belle u. polle), da es
sonst in den andern nd. u. nordgerm.
35 Sprachen nicht vorkommt.
p81, Ffühl, grösseres Bettunterkissen. —
Sprichiv. : twe gelofen up en pOl, is en to
föl (gemischte Ehen taugen nicht). — Nd.
pul; »2»r?. pol, pole, ])oel; »7rf. pculuw; mnld.
40 pole, polue, pokuve, jiulwe; ags. pyle; aengl.
pule; engl. ]n]\ovf u. ])ec\; «/kL phulwi, fulwi,
phuluwi, fuluwi; ndid. phulwe, pfulwe. —
Aus lat. pulviuar, polvinar od. pulvinus.
1. pöl, Mannsmütze, Kappe; — he hed
45 de pöl so schcf up de kop. — Nid. (Frov.
Groningen) pool, ]ioel. — Da es formell
mit 2 pul (Pfuhl, Sumpf, Pfütze) stimmt,
so könnte es beim Vergleich von pet = nid.
pet, pette (31annsmütze , Kaj)pe) u. nid.
50 pet, pette = putte (Pfütze, Brunnen etc.,
cf. pütte) vielleicht auch mit 2 jiöl urspr.
eins sein, ico dann die Bedtg. : Verlief ung,
Grube od. Höhlung etc. wieder in die von:
tiefes., hohles od. rundlich holdes Etwas u.
55 so in die von: rundlich hohle Kopfbedeckung
überging, ganz wie ahnliche Begrifj'süher-
gänge aucJi in doppe u. kop sich zeigen.
2. pol, Pfuhl, Pfütze, Lache, bz. Loch,
Grube od. Vertiefung, worin Wasser steht
60 od. sich gesammelt hat, Wasserlache, stehendes
POL-ACHT
745
POSE
Wasser, Sumpf; — de ganse weg (od. 't
ganse land etc.) steid ful polen; 't mut tan
nacht gewis dügtig regend liebben; — he
])äsd altid dür de depste polen; — dar steid
'n depen un gröten pol water fürt lius, pass'
up, dat du d'r not intredst; — he is na de
pol hen, um wilde änten to schoten. —
Compos.: drek-, water-p61 etc., hz. pölaclit,
pölachter, pölhtitte, pölrichter etc. — Nd.
pool ; mnd. pol, pul, poel ; nhl., mnld., mfläm.
poel ; afries., loang., satl. pol ; wfries. poalle ;
ags., aengl. pol; engl, pool; mhd. pliuol;
an., ish pollr ; norio. poll u. pöyla ; schwed.,
dän. pöl. — Aus lat. pälus.
])öl-acJit, ein Entivüsserungs-Verband od.
"Entwässerimgs-Bezirlc , hz. die Genossen-
schaft, Corporation etc., welcher die Sorge
der Ahioässerung eines grösseren Bezirks
obliegt, u. die die Kosten derselben gemein-
schaftlich zu tragen hat. — cf. dlk-, sil-
acht etc.
pol-achter ; i. q. pölrichter.
polakke, polak, a. Polacke, Pole; — b.
ein gelber, glasirter Knicker.
polder, s. poller.
pölhiitte, eine Hütte an einem Sumjjf od.
stehenden Geivässer, icorin sich der Enten-
jäger aufhält H. verbirgt.
polle, das loeiche, rundliche Dickfleisch
(Ballen, Wade, Backe etc.) von Hand, Bein
etc. ; — in 't polle fan de band etc. —
Zu pol.
1. pol 1er, Comparat. von pol.
2. poller od. polder, angeschlämmtes
Marschland, welches ringsum mit einem
Deich umgeben ist od. ein vor dem Haupt-
deiche liegender Strich neu eingedeichten
Landes, loelcher durch Anschliekung ent-
stand u. vor der Eindeichung beller lieisst;
— de anwas (od. heller) is bold wer so gröt,
dat wi wer 'n neien poller indiken könen.
— Nid., mnld. mfläm. polder. — Es ist
selbstredend mit dem tüd., mnld., mfläm.
polder, hoender-polder (gallinarium ; pertica
gallinaria) od. dem engl, puller (Hühnerstall)
unverivandt, da diese Wörter wie franz.
poullaillier «. engl, pultry, poultry (Feder-
vieh) etc. von franz. poule, bz. lat. pullus
(Huhn) abstammen. Desgleichen hat es auch
mit dem mnld. (KU.), jh/öj». polder (parva
tabulata, trabs etc.) nichts gemein, da dies
aus dem älteren franz. poultre, nfranz. poutre
(Balken) od. mit diesem aus mlat. poledrus
(cf. Diez, I, 327 unter poledro) entstand.
Vergleicht man nun aber wfries. (Jap ix)
poal (eene polle of een stukje land, bijzonder
een laag of door water omgeven land, bz.
een strook [Streifen] land weerzijds door
water omringd) ?«. dass Ja}) ix dies mit
poalle (palus, cf 2 pül) identificirt, sowie
iveiter hei KU. die Erklärung dieses Wortes
als agger et palus inarina etc., od. forte
quod e stagnis quae poli vulgariter dicuntur,
recuperati fuerint, so ist es tvoJd ziveifellos,
5 dass dieses Wort aus pöl (Pfuhl, Sumpf
etc.) iveiter gebildet ist ti. urspr. ein sumjiflges,
morastiges Land, bz. ein Marschland od.
dasselbe tvie Marsch (cf. marsk) bezeichnet
hat, loobei loegen des kurzen o in poller
10 noch zu bemerken ist, dass aus palus icahr-
scheinl. zuerst eine Form pole entstand u.
dass es überhaupt sehr zweifelhaft ist, ob
das ags. pol (Pfuhl, bz. palus, lacuna etc.)
urspr. ein langes o (ö) liatte, loie auch H.
\5 Leo nicht pöl sondern pol schreibt.
pollern, poldern, einen poller od. polder
machen od. anlegen, angeschliektes Land
dem 3Ieere durch An-, Be- od. Eindeichen
abgetvinnen; daher überhaupt; Land ge-
20 winnen u. sich an- od. zueignen ; — dat
bütendiks-land schal nästens be- od. inpollerd
worden ; — be is an 't pollern od. anpoUern ;
— he pollerd gern an.
pOl-richter od. pOl-acIiter, Gemeinde-
25 beamter, welcher besonders die Abwässerung
(od. sämmtliche Abivässerungsanlagcn u.
Wasserleitungen, Pumpen, Brücken etc.)
eines gewissen Bezirks (cf. polacht) zu be-
aufsichtigen hat, bz. der Bichter u. Auf-
30 seher über die polen od. Sümpfe, Binnen-
geioässer etc. u. ihre Entwässerung. — cf.
Sil-, dik-richter etc. u. tel-achter.
pol-rüske, Sumpfbinse, Meer- od. See-
binse (scirpus marit.).
35 pöpo, Hinterste. — Vielleicht redupl. aus
po von podex, ivofür mlat. auch popex vor-
kommt.
pSpel, gepöpel, Pöbel, gemeines Volk.
Poppe, nd. Name; — Geschln. Poppen
40 u. Poppinga, sowie von dem Dimin. Popke
auch. Popken.
pör (Insel Baltrum), eine Tasse Thee od.
Kaffee, bz. ein Guss od. Schank dieser
Getränke aus dem Thee- od. Kafee-Topf
45 — Vergl. engl, pour (to pour a cup of tea) ;
aengl. porin (giessen, schütten, ausgiessen,
einschenken etc.), wozu J amies on auch
das Schott, pourin (a very small quantity of
any liquid) stellt.
50 porsje, posje, Portion, Theil, Antheil,
Gebühr etc.; — elk sin porsje; — 'n hei
porsje geld ; — dar stän 'n hei porsje minsken
bi 'n ander; — he hed sin porsje (od. posje)
dik kregen ; — be krigd 'n posje prügel.
55 porte, port, Pforte; — cf. acbterpört. —
Aus lat. porta u. dies mit portus, porticus
u. per von der y par, cf. faren.
1. pose od. pös, p6, eine gewisse Zeit od.
Zeitlang, Zeitdauer, Weile etc, bz. ein durch
60 ein Geschehen von Etivas od. eine Thätig-
POSE
746
POESELN
leit ausgefüllter l<ur:er Zeitabschnitt mit
iltiraiif folfjrndrr Ruhezeit, ein Intervall etc.;
— 't heil al 'n {raiiseu jiös (Weile od. Zeit-
lang) rcf^eiul; — lat uns liir iioir 'n iiüs (Zeit-
lang) farwllen ; — so! mi lu'bbon wt uns
( rst wtT utriist, nu kOnen wi rrst wer 'n püs
arbeiilcn, hz. \\ püs niakcn ; — so hebbcn
liür arbeid in ilre posen (od. sotten, malen
etc.) ofniäkd ; — se hebben drö i)us lädt;
— wl willen nog 'n j^)6s (od. \w) maken od.
spOlen ; — 't weid bi posen od. sotten (hei
Absätzen od. Intervallen) regt stark etc. —
iS'ld. poos ; nd. i)00s, poso ; mnd. pose. —
Aus lat. paiisa mit fast vollständiger Ver-
schiebung der licdtg., da pausa od. nhd.
Pause soviel als Euhe od. Stillstand u.
Aufhören von Etwas bezeichnet u. mit griech.
pausis (Aufhören machen, Stillen) von pai'iö
(7''«^ paüsö ; Fut. med. paüsoniai), machen
dass einer aufhört od. ablässt, besänftigen,
beendigen etc. abstammt.
2. |»ose, a. Feder, besonders die zum
Schreiben dienende Gänsefeder ; — Compos. :
schrifposo (Schreibfeder); — 1). die Sjmle
od. der Kiel (das dicke hohle untere Ende)
einer Feder ; — Compos. : fedderpose (Feder-
pose od. Federspule, Federkiel.) — Nd. i)Ose
(ungeschnittener Federkiel); dän. pose (die
Spule od. der Kiel der Feder). — Mag es
7iun urspr. mit nd. (Schambach) ])üse
(feine Feder am Kopfe der Gans, Dune,
Flaumfeder, cf. jiüske), Plur. püsen (der
Flaum, erster Bartansatz od. erster Anflug
des Bartes, Milchbart, GeicöUe) ident. sein
od. nicht, so gehört es doch wohl (da die
Sp nie od. der Kiel der Feder ein hohles
u. blasenartiges Etwas ist) als leicht fliegen-
des od. vom Winde durch die Luft getrie-
benes Etwas etc. mit diesem u. unscrm püst
M. i)usten zu einem and. Verb, \msen od.
\nisen (wehen, blasen), was soioohl für ags.
pose, puse (pera) als für aengl. u. engl.
pose (Stockschnupfen, Erkältung etc., bz.
was durch Wehen od. Wind u. Kälte ent-
steht od. Etwas, wobei man schnu}tft, schnaubt
u. pfauset od. pfaucht etc.) anzusetzen u.
worüber Weiteres unter 2 jjflske sowie unter
l)iist «. pusten zu vergleichen ist.
Wegen des ags. pose (])era) von pusen od.
pusan (blasen, .schnauben, pfauchen etc.)
vergl. das gleichbedeutende pung von der j/
buk (blasen, pfauchen etc.), sowie auch wegen
der ur.yßr. Bedtg. : Blase od. aufgeblasenes,
aufgetriebenes, aufgeschivollenes od. aufge-
bauschtes u. bauschiges Etwas, dass das mit
ags. pose u. an., isl. posi (Tasche, kleiner
Sack, Beutel od. Schlauch etc.) ident. norio.
jiose ausser Beutel od. pera auch die Be-
dtg. : Baus c h e od. bauschige Falte, grosse
weite Falte, Ausbauchung, Busen, soicie die
von Blase od. Blatter, Beule etc. od. wie
J V. Aasen (s. pag. 571) sich ausdrückt:
kleines aufgeschwollenes od. aufgetriebenes
Ding (cf. daselbst die Compos. : ukscpose od.
5 tjorpose ; gorpose, eitcri)Ose, sinnopose) hat
u. dass demnach jiose in der Bedtg.: Spule
(auch dies bezeichnet ein rundliches u.
hohles Etioas, cf. spol) auch icohl das-
selbe Wort sein wird icie posc (pora etc.),
10 bz. dass es in dieser Bedtg. blos das dicke
rundlich hohle od. aufgeschwollene u. blasen-
artige Ende der Icder bezeichnet.
Zum Schlüsse sei zu jjose (jiera od. Schlauch,
Tasche, Beutel, Blase etc.) noch bemerkt,
15 dass dafür im norw. auch die Formen possa,
])aasa, paasaa, scJiwcd. paso u. posse vor-
kommen, sowie dass ausser unserm pus od.
pusso (Beutel von SechundsfcU), püs (Katze
als pfaucliendes od. schnaubendes, blasendes
20 Thier), ]n\s in ])iisbakke (Pausbacke) u.
pussel etc. auch das norw. pusen, posen
(aufgeschicollen, aufgeblasen, dick), pusiia,
posna (aufschioellen, aufblasen, auftreiben
etc.); schwed. pösa (sich immer ausdehnen,
25 bauschen , aufschwelloi , sich heben etc.) ;
dän. pose (bauschen, sich beuteln etc.) etc.
mit pose von dem für püst u. pusten an-
zunehmenden (dten Verb, pusan od. püsan
(blasen, pfausen, pfauchen etc.) abstammt,
30 dessen germ. }/ pus od. idg. bus od. bush
icohl ebenso wie buk (die y von pung, pogge,
pok etc.) eine Weiterbildung von bu (sonare,
bz. rauschen, brausen, toben, stürmen, od.
pfauchen, schnauben, blasen etc., cf. buseu
35 u. auch ruse. rusen etc.) = ursjrr. ba (als
lautmalendes u. lautnachahmendes Schall-
icort) ist.
pösele, eine anhaltende, mühsame u. klein-
liche Arbeit od. Beschäftigung, wobei doch
40 tvenig beschickt wird u. nichts Rechtes
herauskommt. — Nd. (Dähner t) püsclij
(beständige Geschäftigkeit mit kleinen od.
schmutzigen Arbeiten). — Zu pöseln.
pSscler, Einer der sich anhaltend u. emsig
45 mit mühsamen u. kleinlichen Arbeiten be-
schäftigt u. ahcpiält u. doch nichts Ordent-
liches beschickt od. loas Rechtes vor sich
bringt; — 't is 'n olden pOseler ; he kwald sük
de bt'le dag of un blift dog altid glike arm.
50 — Nd. (Dähner t) pöseler (ein Mensch,
der immer in kleinen Geschäften ist).
pösclerske, dasselbe wie poseler, wovon
es das Femin. ist. — Vergl. iveiter :
püselii, anhaltend, emsig u. mühsam still
55 für sich hin arbeiten, meist mit der Neben-
bedtg., dass wenig damit beschickt wird od.
die Arbeit kleinlicher u. geringfügiger Art
ist u. wenig abwirft od. einbringt; — se
hed d'r wat mit to pöseln, dat se de budel
60 toregt krigt; — dat old minsk pöseld nog altid
POESELN
747
POT
so wat herum ; — se poseld de gause dag
au un richtd (log hast uiks iit. — Auch
subst. : dat pöseln, das anhaltende mühsame
Arbeiten, bz. das sich Abarbeiten od. Ab-
mühen, Abäschern etc. mit kleinlichen Dingen.
— Satl. (Ehrentraut, II, 215) pozclje
(mühsame ti. schwere Arbeit verrichten) ;
wang. (Ehrent r a u t, I, SU) pözel (schwere
Arbeit verrichten, ununterbrochen arbeiten,
sich abmühen u. abäschern etc.) ; nd. (D a n-
n e i l) päöseln , pusseln (sich mit allerlei
Kleinigkeiten stille u. unbemerkt beschäftigen,
doch so, dass man die Leistungen eben nicht
recht bemerkt), (D ühnert) pöseln, päseln
(sichs sauer bei der Arbeit werden lassen,
ohne ivas vor sich zu bringen), (Schütz e)
pöseln (mühsam u. emsig arbeiten), (Br. Wb.)
pöseln (mühsam arbeiten u. nichts beschicken,
sich in eine Arbeit venvickeln) ; nfries.
(Outzen) pöseln (kleine Geschäfte betrei-
ben, damit seine Zeit hintreiben) od. (J o-
hansen, pag. 47) pööshlin (in aller Ge-
müthlichkeit kleine häusliche Arbeiten ver-
richten). Weiter vergl. nd. (Schambach)
pusseln, busseln (geschäftig sein, kleine Ar-
beiten thun, meist mit dem Nebenbegriff :
ohne Etwas Hechtes auszurichten) ; süddän.
pysle ; dän. pusle ; schwed. pussla, pyssla ;
norio. pusla (sich mit Kleinigkeiten beschäf-
tigen etc., bz. sich bei kleinen häuslichen
Arbeiten unermüdet sauer werden lassen,
immer dabei beschäftigt sein etc.), was wohl
Alles dasselbe wie unser bz. nd. pöseln ist.
Sieht man sich nun aber weiter das norw.
(J V. Aasen) pusla an, bz. dass dieses
auch die Bedtg. : plukke od. pille , bz.
pflücken, zupfen od. klauben, schaben,
rupfen etc. hat, so erhellt hieraus, dass
dieses Wort wieder dasselbe wie nid. peuzelen
(klauben, abklauben, langsam essen, indem
man kleine Stückchen absucht od. abpflückt;
langsam sein, zaudern); mnld. (KU.) peu-
selen, poselen (contrectare, attrectare; per-
scrutari ; evellere pulpam ; ligurire, suaviora
edulia carpere, summis digitis varia cibaria
carpere et libare; mobilitare, motare, motitare
digitos ; fodicare, carpere) ; mfläm. peuselen
(esplucher, espluchotter) ist u. dass dem-
nach auch unser formell mit nid. peuzelen
(cf. bösein u. nid. beuzelen, od. böge! =
nid. beugel, sowie auch die Vocale eu, o, u
= unserm 8 unter 1 pökel) stimmendes
pöseln mit diesem mnld., mfläm. peuselen
urspr. eins geioesen sein muss, u. demnach
die Bedtg. : klauben, rupfen, pflücken, bz.
in Kleinigkeiten od. stückioeise wegnehmen
in die von: sich in kleinlicher Weise womit
beschäftigen etc. überging.
Dass nun dieses mnld., mfläm. peuselen
od. poselen ein Iterat. von einem urspr.
posen od. pusen ist, ist zweifellos, u. wenn
man iillen von fei od. unser pellen vo7i pelle,
bz. lat. pilare von pila (cf. auch plükken u.
plündern etc.) vergleicht, so ist es klar, dass
5 dieses für peuselen od. poselen anzusetzende
Stammverb, posen, pusen sowohl von pose
(Feder), als nd. puse od. püse (Flaum,
Barthaar, bz. dasselbe wie lat. pilus, s. unter
2 pose u. unter plükken) weiter gebildet
10 sein kann.
posen, eine Pause machen,pausiren, ruhen,
rasten etc. — cf. ferposen. — Nd., mnd.
posen ; nid. pozen. — Zu \ pose in der
urspr. Bedtg. : Pause.
15 posje, s. porsje (Portion).
1. post, Pfosten ; — dörpost (Thürpfosten) ;
— 3 bis izöllige Bohle; Bohle od. dicke starke
Planke, die als Steg benutzt wird u. selbst
auch ein Steg ist; — 'n post afer 'n slote
20 od. graft etc. ; — drei-post (eine Bohle od.
ein Steg über einen Graben, die zum Drehen
eingerichtet ist od. sich dreht) ; — ko-post
(Kuh-Pfosten od. Kuh-Steg, Steg über einen
Graben für die Kühe). — -4ms lat. postis
25 M. dies wahrscheinl. mit positio, positus (cf.
2 post) von pono (setzen, stellen, legen),
was aus po-sino zusammengesetzt u. contra-
kirt ist.
2. post, Stelle, Stand, Standort, Platz,
30 zugewiesenes Amt etc. ; — he hed dar 'h
slimmen post; — elk mut up sm post stän;
— elk mut sin post ferwaren. — Nid. post
etc. — Aus ital. posto (Stelle etc.) u. dies
aus lat. positus von pono.
35 3. post, Post, Anstalt zur Beförderung
von Passagieren, Packeten u. Briefen nebst
dem ganzen dazu gehörenden Apparat. —
Compos. : posthüs, postperde, postwagen etc.
etc. — .4ms franz. poste, ital. posta etc. m.
40 dies gleichfalls wie 2 post aus lat. positus
wegen der dazu gestellten Pferde.
4. post, Porsch od. Gagel, deutsche Myrthe
(myrica gale). — Nd., mnd., nid. post, das-
selbe u. auch Ledum palustre, der hier in
45 Ostfriesland indessen nicht wild wächst. —
post steht für porst (wie bost für borst) od.
älteres mnd. pors, wovon Porsch entstand
wie Bursch von burs.
pot, Topf; — Compos.: bre-, kofje-, te-,
50 trek-, spar-, pis-pot etc.; potaske, pot- od.
pottebakker etc. — Bedensart. u. Sprichw. :
't is all' en potnat; — lütje potten hebben
6k oren; — lütje potten löpen gau afer; —
d'r is gen pot so schef, of d'r findt sük nog
55 wol 'n deksel to; — elk schrabb' sin egen
pot, — Bäthsel: 't hed gen kop, un 't hed
dog oren, 't is wol mäkd, man net geboren,
't hed gen fot un 't hed dog tönen, rad 't nu
wen ji 't raden könen; — 't is under un
60 bafen, för un achter swart un 't steid up
POT-ASKE 748 POTE
half scsseii, od. auch: fan liiiinou swart, fan von plat, plate etc.) auch Wörter mit der
biiten swart, 't striil alttd up lialf scsscn Bcdlrj.: platt od. flach, od. plattes,
(liscnicr Tupf mit drei Jlfincn). — Xd., flaches Etwas, Platte, Fläche etc. od.
nid., mnld., afries., sali., icfries. jiot; mnd. Fuss sohle (cf. plante, hz. lat. planta von
])0t, put; aenrjl., vtir/l. pot; an., isl, pottr; 5 der y prat od. pratli it. dazu das folgende
H«nc. pott, potta; *(.7//t7C</. potta; dän. yoUe; pote) entwickeln, sowie ferner , dass beim
Span., pari, pote; prov., franz. jjot; kijmr. Vergleich von nhd. Fl atz als Bezcich-
pot ; f/äl. jioit. ;( unr/ eines schallend a uffa h r e n d c n
|tot-aske, Pottasche, auch Kesselasche ge- Schlages = Klatsch od. Klapps od.
nannt. — Davon franz. potasse. 10 von der Schall- Interjeclion 2)1 atz n. des
pot- od. potte-bakkor, Person die irdene Verhums platz en (cf. plassen) auch aus
Töjife u. .'•onstiges irdenes Geschirr backt \>3iiioieder mit nhd. platz en, platschen,
od. knetet, formt ii. brennt, ein Topffabrikant, pldt scher n etc. synonym od. begrifflich
Töpfer. — Sprichw.: „och! wi armen tiaheverwandte Wörter hervorgehen konnten.
ilaiti'in," sä' de pottehakker, do ful he mit 15 M'^ie ich nun aber von jn-at od. pi-ath (ico-
'ü duts tellors üt "t h'ik. zu auch wahrscheinl.ausser nhd. 2}r ass ein,
pot- od. pottP-bakkerO, Töpferei. protzen etc. jf»scr i)rotcn, piotteln, prötjen
pot-digt, so dicht u. verschlossen toie ein etc. gehören) angenommen habe (s. unter
1'>l'fl — bildl. : schweigsam , verschwiegen phissen, pladdern etc.) dass die y prat od.
etc.; — hold' di potdigt. 20 prath i<rs^/r. ein Schaltstamm mit der Bedtg.:
pote, pot (I)imin. pötje), Pfote, Hand, sonare, crepitarc etc., bz. souus, crepitus
Fuss._ Tatze (von Mensch u. Thier) ; Fuss etc. (cf. klat tinter kladde, kladden, kladdern,
od. Bein (eines 'Tupfes od. Tisches etc.); klatte etc. orf. klak, klaj) etc.) Jt'a?-, so nehme
Hand od. Handschrift, Handzeichen; — ich dies auch von der ]/ pat od. skr. ])ath
göd wat in de poten hebhen (tüchtige Kraft 25 an. Wie nun aber urspr. Schallstämme u.
in den Händen haben); — wat he erst in Schallwörter (Onomatopöie eines Schalles od.
de poten hed, dat lett he so ligt net wer Geräusches) nicht überall der Lautverschie-
los; — wen ik di ins in de poten krig', bung unterliegen, so ist dies auch mit dem
den geid di 't siecht; — he mut sin poten Thema pat (Fick übersetzt es mit, bz. sagt,
aforal in hebhen; — he sugt (od.klnh) up 30 dass i)at: a. die Bedtg.: fallen, fliegen, treffen
sin poten: — de hiingerpotcii siigeii; — up od. stürzen auf Etwas; — b. die von: an-
sin jiöt siiüleii (auf seiner Pfote spielen; füllen, beschütten, füttern, vollmachen etc.
fig.: den Meister spielen); — mit hangende u. c. die von : ausbreiten, weit machen, sich
poten (od. pötjes) kamen (als sich Ergeben- öffnen od. ausdehnen etc. hat) der Fall, da
der u. Unterwerfender, bz. als um Vergebung 35 aus sonare, crepitare od. sonus, crejiitus etc.
Flehender u. Bittender kommen); — de jtoten zunächst ivie klak etc. die Bedtg.: Spalt,
fan de disk etc.; — he schrift 'n naren (od. Bruch, Borste, Biss, bz. die von: spalten,
arltarniliken, gemenen, siechten etc.) pöt; — brechen, bersten, reissen, klaffen, offen sein
he sett sin pot d'r under; — he hed sin od. stehen, sich öffnen (cf. lat. pateo, pa-
pöt tekend od. he hed pötjed. — Nid., nd., 40 tenter, patcna od. patiiia, patera etc.) sich
mnld., mnd. poot, ])ote. — Entlehnt u. (mit von einander geben od. trennen, sich öffnen
Verdumjifung des a zu o) entstanden atcs u. loeiten, bz. sich aus einander geben u.
franz. i)ate, patte ; span., catal. pata (Tcdze, ausdehnen od. nach allen Seiten ausbreiten,
Pfote); comask. patta (Fuss), loovon auch anscliwellen, aufschwellen, voll werden, sich
engl, patte (Tatze), loas zwar mit griech. Ab fidlen etc. (cf. skr. phal, findi, dirunipi,
pätos (Weg, Pfad, Treten, Tritt), patcin dissilire etc. «. phull, se expandere, tlorescere)
(treten etc.) von derselben ]/ abstammt, in- entwickelte, indessen die urspr. Bedtg. als
dessen wie auch ital., cremon. (Diez, 1,310) schallnachahmendes Wort auch noch behielt,
|)atta (Latz, Klappe an Kleidern), neuprov. 2vie Ja ausser päd od. skr. i)anthi, jiathi,
l)ata (Lappen) u. das folgende pote, jnvte 50 path ; griech. jiatos (Pfad, Weg, Schritt,
urspr. ein plattes, jlaches, breites od. aus- Tritt etc. od. urspr. uwhl Gang od. Schritt
gebreitetes Etwas bezeichnete, so dass das in dem Sinne des Ausbreitens od. Vonein-
franz. j)ate urs2)r. hlos die Platte od. anderthuns der Füsse beim Gehen od. Schrei-
Sohle des Fu.^ses, bz. die Fussßäche iiAaata ten etc., wo dann die Bedtg.: Weg ans
jiedis) bedeutet hat. 55 der von: Gang od. aus der von: das
Vergleicht man nämlich bei Fick, I, 135 Schreiten als das Voneinander th n n
die y j)at (ausbreiten etc.) zu (Fick, I, u. Oeffnen od. S 2) alten u. Trennen
14S seq.) zu jirat 1 u. 2, so ist es klar, dass der Beine, die ja bei jedem Schritt klaffai
sich bei der Synonymität von pat u. prat od. sich S2)alten u. expandiren) u. zend.
aus der y ]iat ebenso wie aus prat (der ]/ tiO pathana (weit, breit), griech. pante (nach
POTE PATE 740 POETERN
allen Seiten hin ausgebreitet, überall hin Baum) n. mflüm., mnld. pote, pootc (Ca-
etc.) etc. sowie den obigen roman. u. den rotte, Wurzel, bz. carotte jaune).
von Diez (s. I, 310 unter patta) dazu an- Wie lat. planta (Geivächs , Pflünzling,
geführten Wörtern : Span, pato, pata ; alhan. Setzling, junger grüner Zweig, Pfropfreis,
patg (Gans) ; franz. pataud (Küchenhund) ; 5 Pjlanzreis, junger Baum, Setzling, Setzholz,
Span, patan (Bauernlümmel) ; ital. pattiuo l'Jlanse) zur ]/ prat od. pratli (sich cnt-
(SchlittscJiuh) ; franz. patin (Stelzschuh, falten od. ausbreiten) gehört, so icird auch
Schlittschuh, bz. Sohle, Unterlage, Brücke dieses Wort loohl ebenso tvie das franz. pate
etc.), engl, patten (Säulcnfuss, Sockel etc.) (s. unter ])otc, pöt) von der mit i)rat od.
etc. auch die folgenden Wörter zu pat ge- 10 prath gleichbedeutenden y pat n. path ab-
hören, die noch auf die urspr. Bedtg. : so- stammen, da es doch keincnfalls tvie potc
iiare, crepitare etc. zurückgehen als: (Pfote) aus dem franz. pate, pattc hervor-
a. unser patern u. pitjo-pätje etc., soivie gegangen u. entlclmt sein kann.
die unter patern angeführten Wörter: pati, poten, s. das gebräuchlichere potjen.
patapan «. Äenner/. pati-pata (Geschnatter); 15 poten, paten , pflanzen, setzen, stecken,
b. engl. T^'iX (der leichte Schlag od. Klapjps, legen etc.; — bömon od. kartuifels, arftcn
der Patsch, der Tapp mit den P'ingcrn od. etc. poten ; — he jjotd dat in do erde, bz.
der Hand), pat (gelinde schlagen, putschen, in 'n breibakke od. blompot etc. ; — ütpoton
antappen , pütscheln) , patch (Fleck, P'lecken, (auspflanzen etc.), — ferpoten (verpflanzen
Lappen, Läppchen, Flicken, Stück, der Fleck 20 etc.), — bepoteu (bepflanzen) etc. — Nid.,
= piek etc.), patch (flicken etc., cf. flek mnld.,mfläm.'pot(in; »(7., mwcZ. poten, potteu,
od. flik in der Bedtg. : Schlag od. Klapps paten ; wfries. poattjeii.
etc., soivie in der von: macula u. Flicken poter, Pflanzer; Pflanzstecker. — N'ld.
od. Lappen etc.), patter (klappen, pladdern, poter.
fladdern, platschend herabfallen; murmeln, 25 ^\)ie.v^ Störer, Wühler, Störenfried, Unhold
plappern; dick schlagen, auf schlagen, schlagen etc.; — du liitje poter, kanst du gen frä'
od. klappen u. klatschen auf Etwas) etc. ; holden, bz. Stil wesen od. sitteu. — Nid.
c. die nhd. Worter: patsch als Inter- peuter (wroeter, preukel etc.) in pijpenpeuter
jection eines schallenden Schlages od. auf- (pijpenwroeterjpijpenpreukeljjyej/eiiräj/mer).
schlagenden Falles in derselben Bedtg. tvie 30 — Zu pötern.
klatsch, klapps; — Patsch, Pat- pot-erde, To2)f- od. Töpfererde. — Nid.
sehe (schallender Schlag ins Gesicht, Ohr- pot-aarde.
feige, Maulsclielle , Handschlag etc.); — poterg, s. poterig.
Patsch (flache Hand, Patschhändchen); poterig, poterg, zerrissen, zerlumpt od.
— patschein (schnell hintereinander mit 35 abgerissen, kahl, ärmlich, armselig, heninter-
den Händen schallend aufschlagen); — gekommen, elend, schlecht etc.; — sin kler
patschen (schallend schlagen, schallend sunt od worden recht poterig, 6^. sen poterig
aufschlagen, klatschen etc.) etc., s. Weiteres ixt; — he is man poterig in de kler ; — dat
unter diesen Wörtern bei Weigand u. siigt dar bi hum in hiis all' man poterg üt;
dazu auf Seite 31G patsch als Interjection AQ — he sügt man poterg (elend, kränklich
von hörbarem Tritt in Flüssigem etc., ivozu etc.) üt; — dat is 'n potergen kram od.
hier auch auf die schallnachahmenden Wörter budel etc. — Ob zu pötern, poteren od.
klatschen, klatschenass etc., bz. von poic (Pfote, Tatze, Klaue etc.) ?
unscrm pladdern , kladdern etc. verwiesen pötern, mit den Fingern od. einem spitzen
tvird. 45 Etwas (in Etwas) stochern od. wiederholt
Zum Schlüsse sei noch zu der y pat od. stosscn, stören, rühren, loühlen etc.; — he
path bemerkt, dass diese ivohl deshalb nicht pöterd aferall in horuni ; — du must net in
überall der TMutverschiebung unterlag, iveil 't für pötern ; — he pöterd d'r nog net so
sie urspr. ein Schallwort loar od. (wie Diez lank tüskeu herum, dat d'r nog grote strid
sagt) ein Naturausdruck ist. Dass man 50 un elend fan kumd. -— cf. fer-pötern. —
nicht edle dieser ]/ angehörenden germ. Nd. (Schambach) ])öiern; nid. ^enteren;
Wörter cds entlehnt betrachten darf , ist tvohl mnld., mfläm. peuteren, poteren (agitare,
sicher u. haben dies auch schon H. IjCO, actitare; fodicare; rimari, bz. fouiller). —
Curtius u. andere Sprachforscher an- Es ist wohl ein Iterat. von einem unge-
erkannt. 55 bräuchlichen poten in der Bedtg. : mit der
pote, pate, Setzling, Steckling, Pflänzling. Pfote (od. der Hand, Tatze, Klaue, Finger
— Nd. pate, pote; mnd. pote, potte, pate; etc.) greifen u. tasten od. in Etwas hinein-
nld. poot; mfläm., mnld. pote, poote (insitum, greifen u. fahren, so dass es eigentlich ein
surculus, calamus, Setzling, junge Pflanze, frequent. Beivegen od. Greifen u. Tasten
Pflänzling, S^jross, junger Zweig, junger 60 der Pfoten (an u. in Etivas herum) bezeichnet.
POETERS VoO BRACHEN
Vergl auch nd. (Dähnert) pottern (ge- riche) ; norto. prakka (hettdn, zusammen-
schwinde aufeinander klopfen od. stossen), schrappen od. scharren, auspressen; he-
u'us nach der angeführten JRedeioeise : an scinceren Jielästigeu, plagen) ; schwed.\}vxck2i\
tic diire i)ottorn (an die Thilre klopfen); — düu. prakko (betteln).
wat polterst du in ilat dink (was stüsscst 5 Ks ivird (cf. pramcn etc. «. prampsoln
od. stocherst du in das Ding hinein) an- etc.) mit unserm prakken sowie goth. j)raggan
scheinend dassetlie M'ort ist. Das nid. Com- in a.nn-in\\gga.n (hedrücken, Inulrängen) ; mhd.
pos. at'peuteren hat die Bedtg.: mit den phrongen, i)frengen (bedrängen, in die Enge
Fingern abzupfen, abpjlücken, abziehen etc. bringen, zwängen, einzwängen, bz. pressen,
pöters (P/«r. ro« prüer m gepüter = C/e- 10 drängen , bedrücken); mnd. prangen (Je-
stocher, (Jestöre, Gewühle, Gestosse etc.); manden einengen u. bedrängen, mit ihm
i. (/. rökcls u. riitlels in der fig. Bedtg. : ringen u. kämpfen etc.) ; mnld. i)ranglien
Strafe od. Schelte etc. (ärgere, j)reniore, comprinicre, arctaro, con-
|iot-^er(Itje, Topfgucker, auch potgortje stringere; retinere, retentare); »/y/ä/w. piangen
u. potliükster genannt. — cf. görtjen «. 15 (dasselbe); nid. prangen (pressen, drücken,
lidksteru od. Inikster. drängen, beengen, ängstigen, quiden) ; nd.
pötje (Dimin. von pote, put), Pfölchen. (Schambach) prangen (sich quälen u.
potje, Töpfchen, Gelenkgrube etc. abarbeiten); aengl. (Stratm an n) prengon
pötjen, sein Handzeichen unterschreiben (premerc etc.) ursjyr. einer od. doch derselben
etc. ; s. i)ote, püt. 20 y entsprossen sein, da aus : (die Leute)
potjeD, sparen, sammeln etc., od. eigent- zicacken u. kneifen od. pressen, bedrücken
lieh was in den Topf od. Spar topf legen etc.: u. schinden etc., bz. (sie) bekneifen u. rer-
— hr lied al nini wat bi 'n ander potjed. kürzen sowohl der Begriff von: knickern,
potker, piitker, Tüpfer, Topfhändler. knausern od. knickerig, knauserig, karg u.
pot-likker od. pot-slikker, Topflecker, 2b geizig sein fr/, knipen, beknipen, kniper etc.
Topfauslecker, Topfschlecker etc. od. knap, knappen, beknappen etc.), als
pot-löd, Graphit, Jieissblei, Bleifeder etc. auch aus: drängen, drücken u. quälen etc.
— Nid. jiotlood. der des anhaltenden u. dringlichen od. un-
pot-i'üfke, Person, welche die Töpfe nach- verschämten Betteins hervorgehen konnte,
sucht u. benascht, eine Topfnäscherin. — 30 während andererseits auch der von : parce
cf. riifke u. riifken. vivere od. sparsam, karg u. dürftig leben,
pot-schrabber, pot- Schrapper, Topf- bz. sehr sparsam, karg u. geizig sein od.
schrapyper od. Topfscharrer, Person die die sparen, geizen, schrappen etc. auch wieder
Töpfe ausschrapj^t u. das Letzte nachsucht; leicht aus dem von: (sich) einengen u.
fig.: ein Geizhals. — iSj>rjt7i«t;..- potschrabbers 35 einschränken, (sich) beschränken (auf das
kamen net in de hemmel. Nothwendigste) etc. entstehen konnte. Ver-
piitte, potteD, Plur. von pot. gleicht man nun at>er weiter : ?6'i. prang (nian-
potte-bakker, s. potbakker. goninni, nundinatio), jiranga (mangonizare),
pover, arm, armselig, elend, schlecht etc. ; jjrangari (niango; dardanarins); ?iorw. pranga
— dat sügt dar in hüs man pover ftt ; — 40 (schachern, mit Kleinigkeiten ha)idcln ; Geld
dat is 'n povern kräni; — dat sügt man zusammenscharren); dän. prange (hökern,
l)Ovor mit hnm iit etc. — Das entlehnte Bos.stäu schere i treiben) ; schwed. prängla
franz. j)auvre von lat. pauper. (hausiren gehen) etc., so scheinen hier wieder
povertjes ; /. q. in dimin. Bedtg. die Bedtgn. : hökern u. schachern, wucJicrn
prat'lien, zivacken, kneifen, pressen, drän- 45 etc. aus der von: geizen u. scharren , za-
gen, quälen, schinden etc.; anhaltend u. sammenscharren etc. hervorgegangen zu sein,
dringlich od. frech u. unverschämt betteln da das an. pranga doch zweifellos dasselbe
etc. : — he i)raclit hum net so lank, dat he Wort ist wie das goth. praggan u. mnd.
't all' lied, bz. dat he 't herüt gift; — he \trdi\\gQi\,ivohei ich auf diis mit\ivü,v\\cr (s. d.)
pracht (quält od. bettelt dringlich etc.) d'r 50 ident. norw. ])rakkar in der Bedtg.: bisse-
nüt so lank um, bit dat be 't hed ; — wat kraemer od. Trödler, Hausirer etc. verweise,
prachst du alle Ifie um gcld an. — Compos. : womit auch das ahd. pfragenari ; mhd.
ofprachen; — he prarht hum 't geld of etc. pfragener, phrcgener etc.; nhd. Pf r agner,
— Nd. (Stade etc.) pracben; nid. (v. Dale) Frngner (Lebensmittel-Verkäufer , Händler
pracben od. (Weiland etc.) pragchen 55 od. Hökerer in Mehl, Gemüse, Käse etc. etc.)
(schmeichelnd erbetteln, erschmeicheln; zu- begrifflich eins ist u. zusammenfällt, obschon
sammenscharren, knausern); mnld. pracben es vielleicht von ahd. i^hraginn (Schranke etc.,
(parrerc sumptui , parce vivere); mfläm. s. weiter) abstammt, falls es nicht etwa besser
prarhen (estre par troj) escars ou avare, vom an., ist. pranga (mangonizare etc., s.
amasser comme un avaricieux, cstre fort CO oben), bz. norw. pranga; dän. jjrange
t>RACHEll 7S1 I>RACHT
(schachern, höJcern etc.) abzuleiten ist, zumal etc.; hess. (Vilmar) pracher, pracherer
da Björn Hai dorsen das isl. pranga (Dürftiger, Armer, Bettler; knickeriger
durch dän. ■pwge (wuchern, sihra2}pen, geizen Mensch); nid. praghor od. (v. Dale)
etc.) u. prange (hökern) tviedergiebt, loozu i)rachor (Knicker, Knauser, Geizhals, Wu-
auch mhd. \)]ivage\\,vvAgn\ (Markt-Handel; 5 eher er , dringlich Bittender etc.); mnld,
Schacher, Wucher etc.) stimmt. pracher (parcns, avarus, sordidiis) ; vtßüm.
Oh die obigen Wörter, nämlich prachen ))raclit'r (uii avaricieux); /.sZ. prackari (nehulo,
u. prakkcn n. goth. praggan, mud. prangen Schurke, Schelm, Scliiift etc. : dcbitor infiduis,
etc. in der Bedtg. : pronK're etc. mit griech. falscher, betrügerischer Schuldner) ; norw.
phrässö, phragnnmi (schliesse ein, mache fest 10 (Jv. Aasen) prakkar (Geizhals, Pfennig-
etc.), phragma (das Eingeschlossene, Ver- fuchser, Kleinigkeitskrämer, Trödler, Hau-
zäunte etc.; Zaun, Hecke, Umzäunung, .sirer etc.); schwed. jjrackare; rfä». prakkcr
Schranke etc.) u. ahd. phragina (Schranke), (Bettler, armseliger Wicht, Stümper). — Zu
pfraginunga (Einschliessung, Bedrängniss) prachen, %oie Schinder zu schinden,
etc., soioie lit. brukii (dränge, zivänge) zu 15 bräker zu bräken etc. — Davon: praclier-
der von Fick (1,697) aufgestellten ]/ bhark, fägd, pracherliarbarg, prachere etc., cf. diese
bhrak (drängen) gehören? Compos. im Br. Wb. etc., bz. auch mnld.
Zu goth. praggan; 7nhd. phrengen; mnld. pracherije (parcimonia, parcitas) bei Kilian.
prangen in der Bedtg.: premere etc. ge- \)V&d{eirü(Iterat. von inachm), fortwährend
hören : 20 od. wiederJioU scharren u. geizen, durch
a. mhd. phrange (Einengung, Einschlies- Scharren u. Geizen od. Wucher erwerben,
sung) ; mnd. prange (Pfahl, Stange etc. um wuchern, anhaltend betteln etc.; — he
zu hemmen od. zu fesseln, bz. zu klemmen pracherd föl geld bi 'n ander od. tosamen ;
etc.)=znd. (Schambach) prange (Stange, — he is nt to pracheru. — Nd. prachern
Knittel etc.); mnld., mfläm. pranghe (coarc- 25 (betteln, anhaltend u. zudringlich betteln u.
tatio, compressio), — pranghe, mnyl-pranghe bitten etc.) ; mnld., mfläm. pracheren (par-
(postomis, pastomis, confibuhi; instrumentum cere suniptni, parce vivere etc., bz. dasselbe
quod naribus equorum imponitur, bz. dasselbe wie prachen, jedoch tvohl in iterativer Bedtg.)
wie unser kntpe, klemme, 3 präm etc. «. — cf. auch prampseln etc. wegen der Bedtg. :
nhd. Bremse); — pranghe in de meulen 30 anhaltend drängen u. dringlich betteln etc.
(molae retinaculum, cf. fange); — pranghe, iiraclit, Pracht, Herrlichkeit, Pomp,Auf-
prangher (numella), — prangher (Halseisen, sehen erregende grossartige Schönheit etc. ;
numellae nervus; vinculum quo cervix, in- — dat is jo 'n pracht um dat to sen; —
terdum etiam pedes , includuntur = nhd. 'n pracht fan 'n junge od. kind, hCis etc.;
Pranger), prangher (knijpershaeck,harpago 35 — mit grote pracht; — he is jo 'n pracht-
victorius ; vnlgo canis , instrumentum quo kürel etc. — Nd., mnd., nid., mnld. pracht
circi commodius vasis inducuntur) ; schwed. (fastus, ostentatio, pompa, magnificentia etc.).
prang (Nothstall für Pferde) etc. tmd — Es ist das entlehnte, bz. aus dem hochd.
b. zu mnd. prangen in der Bedtg. : ringen, ins nd. übergegangene ahd. praht = mhd.
kämpfen, streiten etc. (s. oben) mnd. (Seh. 40 braht, praht; os. braht, loas ebenso «ü/e präl
u. L.) prank od. prangh (Kampf, Streit, aus der urspr. Bedtg.: Lärm, lautes Ge-
Zank, Krieg etc.), pranger (wranger, worstler, rausch etc. in die heutige Bedtg. von :
rynger; luctator, duelkitor etc.). Pracht od. Pomp etc. überging, icie dies
Zum Schlüsse sei zu prangen (drücken, bei Grimm (Wb.) unter Bracht, bz. bei
X)r essen, drängen, bedrängen, beengen, ein- 45 Weigand unter Pracht des Weiteren
schliessen etc.) noch angeführt: zu ersehen ist. — Ob das ahd. praht, as.
c. ags. (L. Ettmüller) pranga (caver- braht in der Bedtg. ; Lärm (od. ur.9pr.
namen, pars navis); aengl. (S tratmann) vielleicht fragor, crepitus, bz. Geräusch ivas
pranglen (drängeln ?), sowie prank (plica) durch brechen von Etwas entsteht) wirk-
u. pranken (plicatus), da auch diese Wörter 50 lieh vom Prät. brach von brechen, od. von
sich sowohl formell als begrifflich leicht von einem mit brechen von derselben y ab-
prangen , bz. goth. praggan etc. ableiten stammenden u. mit an. braka (krachen,
lassen. prasseln etc. ident. ahd. prahan od. prahön
pracher, armseliger Wicht, Lump, Bettler abstammt, ist mir zweifelhaft, zumal da man
etc. ; — 'n pracher fan 'n kerel. — Sprichw. : 55 beim Vergleich von ahd., goth. niaht (Macht)
dat hed he up de grap, as de pracher de von magan (vermögen etc.) auch an das
iCls ; — wen de pracher niks hebben schal, frühere Bestehen eines alten germ. Verbums
ferlüst he 't brod üt de ktpe. — Nd. pracher, bragan (sonare etc.) denken kann, was mit
Bettler; mnd. pracher, Scharrer, Geizhals, lat. fragor«. frangere (ursjjr. wohl: sonare,
knickeriger Mensch, (zudringlicher) Bettler 60 crepitare etc.) von rZer j/ bharg (sonare etc.)
t»RACHTIG 752 iPRALEN
abstammt, zu tcelcher Fick (I, 697) auch kö ; — pralle billon etc. — Nd. prall; mnd.
uffs. beorcan ßellen), engl, to bark u. au. pral. — Die Grdbdtg. ist elastisch,
luTkja (prahlen) stellt «. vüt welchem er federnd, feder kr üftig , hz. zum
auch wieder (cf. III, ^06 u. 215) bark Prallen od. Abprallen geeignet od.
(schallen, lärmen) u. brak (brechen etc.) h. 5 stüssig, rückstössig etc., so beschaffen, dass
brak (prasseln) identificirt. Wegen eines es einen Stoss od. Bückstoss od. Prall er-
alten gcrm. bratran vergl. auch aengl. brag zeugt u. macht, wenn man od. ein Etwas
(jactatio), brag (gioriosus, siii)crbiis), bz. engl. darauf .-^tüsst u. trifft etc., die dann ivicder
liru.^ (prahlen, grossspreclien, aufsclineiden, (weil Alles was elastisch ist u. federt ge-
dicke ihun), brag (Prahlerei , Dickethuerei 10 spannt sein muss u. gespannt ist) in die
etc.) u. aengl. braggon (creparo etc.), sowie von gespannt u. straff überging. —
liragan neben bracaii bei L. Ettmüller Was die Herkunft betrifft, so ist es mit
u. Aiidrriii. — Vergl. auch praleii. dem folgenden pral u. pralhni, prellen eines
Iiracliti;Lr, prächlig, glänzend, hucuriüs etc. Ursjjrungs u. dort das Weitere zu ver-
pradi^cii, predijEjcii, predigen, einen Vor- 15 gleichen,
trug halten, mit Worten ■■^trafen etc. etc. — 2. pral od. pi'el, Prall, rascher tt. harter
Aus Int. jn-aedicarp. Stoss od. Schlag gegen ein Etwas an , bei
|»rädi^t. jtrodii^t. Predigt. dem man od. ein Etwas zurückfährt it.
pi'iidikant. predikant, Prediger, Pastor. einen CJioc bekömmt od. erschrickt, daher
|»raioii od. preieil, anrufen, ansprechen, 20 figiirl. auch Schreck etc.; — dat Hög d'r
anholen, zureden, bereden, überreden etc.; mit so 'n pral tegon an, dat 't knapde ; —
— 'n scliip praion (ein Schiß' auf See an- — lic krcg 'n i)ral, dat hc not was, wfir
rufen od. anholen, um sich mit ihm zu he blef; — 'n pral krigca (einen Schrecken
unterhalten od. zu besprechen etc.); — he bekommen, bestürzt werden). — Nd. (Scham-
])raide hum ni-t so lank, dat he stan blef, 25 bach) pral, prel. — Zu prallen od. prellen.
bz. dat bc hum sin will' de'; — he bed \)Va\(^.w., prahlen, laut reden, gross sprechen,
bnm d'r to praid, dat hc mit hum gung. — dicke thun, Gepränge od. Staat machen,
Nid. i)raaijen, preijcn ; schwed. praja, preja ; prunken etc. etc. ; — puchen un pralen ; —
dän. praye od. praje; nfries. (Johansen, he prült altid fan sük un sin kinder; —
47) präian. — Mit aengl. (S tratmann) 30 he pn'ilt mit sin kinder od. sin geld, kler
jireien ; engl, pray (beten, bitten, anrufen, etc.; — dat sülfer prält od. de blümen etc.
anflehen, zu Hülfe rufen) u. pray (bitten, pralen regt etc. — Nd., mnd., nid. pralen ;
ersuchen, einladen etc.) aus afranz. prcier innld , mfläm. praelen ; wfries. (Japi.v)
n. dies icohl aus lat. precari von prex, jjrecis prealljen; sali. i)rälje ; tvang, pröl ; nfries.
(Bitte etc.). 35 (Johansen) prälin od. (Outzen) prale ;
präken etc., s. preken. md. priilen, prölen (schreien, lärmen, hof-
prakken, prakjen, pressen, drücken, färtig, gross thun, prahlen). Weitere Formen
i/urtschen , kneten, mischen, rühren etc.; wie brallen, prallen s. bei Weigand unter
— he prakd (od. prampt, d. i. presst od. prahlen , bz. bei Grimm (Wb.) unter
stopft etc.) de sak ni-t so ful, dat he hast 40 brallen, was mit 7dd. ])raal; nndd. prael
barstil; — he jirakt ("o^Z. i)ranipt) d'r in wat (Pracht, Prunk etc) u. md. bral (Lärm,
d'r man i'ts in kan ; — he prakt ("orf. prakjet) Schall etc.) vielleicht aus franz. brailler;
't all' kürt un klen ; — sc hed 't all' in un 2^^'ov. braiUar (plärren, schreien etc.) ent-
diir 'n ander prakt od. praktjct. — Vergl. stand, während dies ivahrscheinl. mit franz.
l)racheu. 45 braire, idter bragire (schreien, lärmen);
praksel , gequetschtes tt. zusammenge- afranz. brague (Lustbarkeit), braguer (lustig
drücktes, zerkleinertes Etwas, Mus etc. = leben); ncuprov. braga (prangen, stolziren) ;
prampsel. — Zu jjrakkeu. aengl., engl, brag (jactatio), brag (gloriosus,
praktika; — 7;cf/r«.sa?-<.-praktikaismutten- superlius) «. aengl. braggeu ; jch^//. brag
spek, scherzliaft für: jjraktika est multiplex. 50 (crejiare, jactare); watsch bragiaw; ir. bra-
praktiko, J'raktike, Kniff etc.; — prak- gaim (dasselbe); an., isl. brak (Geräusch,
tikcn niakcu (Kniffe, Streiche etc. machen). sonus, crepitus, fragor), braka (prasseln,
prakt iseren, praktisiren, ausüben etc.; — krachen) etc. nicht gerade von ahd. prehhau,
du must mi dat net wer praktisereu ; — he brechan ; goth. brikan (brechen, cf. fragor
jiraktiscrd hum dat in de taske. 55 von frango) entstand, sondern nur mit diesem.
1. pral, ]ir(dl, straff, stramm, gespannt, von einer u. derselben y bhrag, bharg (so-
strotzend, voll, rund, dick, gedrungen etc.; nare, clamare, cre])itarc etc.) abstammt, die
— dat seil is od. steid pral ; — de büksen aus sonare, crepitare in ähnlicher Weise toie
sitt pral um de ni-rs; — de wind steid ])ral klak, knap etc. auch die Bcdtg.: Bruch, Miss
in 't seil; — 'n pral wicht; — 'n i)rallen CO etc., bz. brechen, bersten, reissen entwickelte
PRALEtl
753
PRAM
ti. wozu auch pracht (s. d.) wohl gehört, da
man für dieses xoegen seiner alten Formen
praht, bralit beim Vergleich von ahd., goth.
mabt (Macht) von magan auch ein altes
germ. bragan annehmen muss.
f valer ^Pr ahler, D ick ethii er etc. — Sprichio. :
de praler hed gen bröd, un de klager lidt
gen nöd.
pralere, Prahlerei.
prälhans, Prahlhans.
pralholder, s. praller.
pralle ; i. q. pralling.
prallen, prallen od. rasch u. hart treffen,
stossen od. schlagen (an od. auf ein Etwas),
tvobei in der Pegel zugleich wieder ein Bück-
stoss od. eine rasche Zuriickbewegung des
an u. auf ein Etwas getroffenen od. gestürzten
Etwas erfolgt; — dat water od. de wagen,
de kugel etc. pralde d'r tegeu (z. B. gegen
einen Stein, eine Mauer od. einen sonstigen
harten u. Widerstand leistenden Gegenstand)
an; — se prallen tegen 'n ander an od. up
'n ander; — dat prald all' fan bum of; —
de sünnenstralen prallen d'r up, bz. d'r fan
of ; — be pralde torüg etc. — Nd. (Dähnert)
prallen. — Es ist eins mit dem (nach dem
Prät. pralte zu schliessen) gleichfalls für
urspr. prallen stehenden md. u. mhd. prellen
(Irans, stossen, fortstossen, loerfen; intrans.
prallen, abprallen, zurückfahren, sich rasch
fortbeivegen , hervorbrechen, aufbrechen),
icovon Weigand annimmt, dass es mit
prallen vom Prät. eines verlornen alten Verb.
prellan, od. urspr. prillan, pral, prul, prullun
(in lauter, heftiger Fortbewegung sein ?) ab-
stammt. Da indessen von einem solchen alten
prellan od. prillan sich nirgends eine Spur
findet, auch das Prallen (von Etivas gegen
ein Etwas an etc.) gewöhnlich mit einem
krachenden Schall od. Lärm, Getöse etc.
verbunden ist u. eigentlich mir das harte
Aufstossen u. Aufschlagen (von Etwas auf
ein anderes Etwas) bezeichnet, so glaube
ich eher, dass es ebenso icie das Subst.
Prall u. die Wöj'ter : Klatsch, klatschen.
Klapp, klappen, platzen etc. etc. ein urspr.
Schallwort ist u. iirspr. die Bcdtg. : sonare,
crepare, crepitare, souum od. fragorera edere
etc. hatte. Ohne nun gerade annehmen zu
wollen, dass prallen u. md.. mhd. prellen
dieselben Wörter wie brallen , prallen u.
brellen, prellen (s. unter pralen, od. vergl.
in Gri m m , Wb. : brallen, b r ä 1 1 e n ,
heftig schreien, laut od. fulminant predigen
od. auf der Kanzel donnern, clamare, ful-
minare, invebi etc.; — erbrallen, er-
schallen , percrepare etc. ; — brellen,
bröllen, laut schreien, brüllen etc.) sind,
so ist es doch höchst wahrscheinlich, dass
das Subst. pral (Prall, Anprall od. heftiger
J. ten Doornkaat Koolman. Wörterbuch. II.
M. harter Stoss u. Schlag an Etwas) beim
Vergleich des mit unserm klap (Schlag, od.
tirspr. lautem Schall) ident. mhd. klaph,
klaff (Schlag, Stoss, Prall; lautes Geräusch
5 od. Gespräch, Geschwätz ; Krach, Knall
etc., s. unter klap u. klappen, bz. klats,
klatsen, klatern u. anderen dazu angezoge-
nen Schallstämmen tc. davon abgeleiteten
Wörtern) von Hause aus mit brallen, prallen,
10 bz. brellen, prellen (schreien, lärmen, toben
etc.), sowie iveiter mit pralen (schreien, lär-
men etc.) zusammenhängt, bz. dass das
Subst. pral (Stoss, Schlag, Prall etc.) in
seiner urspr. Synonymität mit mhd. klapb
15 (s. oben) von Hause aus kein anderes Wort
ist (für prellen hat Lessing auch
breiten) als das zu brallen, prallen od.
pralen (schreien etc.) gehörende md. bral
(LJlrm, Schall, crepitus, fragor etc., s. unter
20 pralen), wie auch das bayr. (Schmeller,
I, 469) prell (Schreier) u. prell (rinder-
lustige Kuh) von brallen, prallen, bz. brellen,
prellen (schreien etc.) abstammt, wobei man
beim Vergleich von knilleii = knellcn u.
25 knüllen, bz. brüllen u. brüllen = brellen
u. brallen , bz. prellen u. prallen (laut
schreien od. singen u. lustig sein, jodeln u.
johlen etc.) auch wohl annehmen darf, dass
das mfläm. pril (joyeux, gaillard, gentil) ;
30 mnld. pril (hilaris, festivus, venustus, bellus) ;
nid. pril (fröhlich, munter, frisch, jugend-
lich, artig etc.) mit prell (Schreier, Lärmer,
Spektakelmacher, lustige Brüder etc.) eines
u. desselben Ursprungs ist. Was nun aber
35 weiter die Verba: prallen u. prellen betrifft,
so nehme ich an, dass selbige von pral =
bral (Lärm, Schall, bz. crepitus, sonus,
fragor etc.) weiter gebildet sind, wobei es
toohl möglich ist, dass beide (u. jedenfalls
40 tvohl prellen) für urspr. bral-, pral-jan (cf.
nhd. klecken = ahd. klacjan von klac, bz.
klak, s. unter klak, klakken etc.) stehen u.
dann aus der Bedtg. : S chall machen,
lärmen etc. in die von: stossen, schlagen,
45 tverfen etc. od. die von : prallen u. md.,
mhd. prellen (s. oben) überging.
praller, preller od. pral-holder, der Prall-
od. Prellstein od. auch der Prall- od. Prell-
pfahl, Prallbohle etc., ivie z. B. auch ein
50 Eckpfahl u. auch die Scheunenthür schwelle
darunter verstanden iverden, loeil sie beide
den Prall (od. Stoss, Anprall etc.) eines
Wagens empfangen u. abhalten, bz. an den-
selben die Wagen prallen od. anprallen.
55 pralling od. pralle, Hode, testiculus. —
Afries. pralling, prelliug; mnd. prallink. —
Wohl von pral (prall, gespannt, straff,
strotzend), wie ja eine Hode ein pralles
Etwas ist.
60 1. prani od. prainni, pramme, s. 2 präm.
48
PRAM 754 PRANGEN
2. pram od. pranini, gepresst, zusammen- entsfmul. Was nun aber die andern Formen
gepresst, fest, dicht etc. ; — dat sitt d'r so ivie prampen, prampsen, pratnsen, premsea
pram in. — Zu praraen, prammeu. betrifft, so ist cn walirsclicinlich, dass auch
1. pram od. pranie, Fralnn od. grosser, diese aus praraen, prammon (cf. das alte
flacher, offener, liinglich viereckiger Kahn, 5 climban von kliramen, bz. klats «. nhd.
jHwi Verfahren schu-erer Lasten, als Erde, Klatsch von klat = ahd. klaz) entstanden
Schliefe, Dünger, Steine etc. — Nd., nid. sind, obschon man beim Vergleich unscrs
praam; mnd., mnld., mfliim. prame ; afries. pramseln , pranseln auch daran denken
präm; tcfries. proani ; engl, prame, praam; könnte, (/«ss prampsen ?/. pramson mit sjian.
dän. pram; norw. praam; schwed. prfim 10 (Diez, II, 163) prensar, cat. prempsar
(dasselbe, od. auch eine grössere Führe, loie (drücken, pressen etc.) atis tat. prCvSsare ent-
die gleichgebaute piinte); an. prämr, priamr stand. Falls nun aber das nhd. Bremse,
(eine grössere Barke). mnd. (Seh. u. L) premese, premtze, prem-
2. pram o(/. praiii, pramni, pramme, JB>•MS^ misse etc. mit unscmi u. dem mnld. jjranie
od. Saugwar::e. — Mostfr. (C ad. Müller) 15 (s. 3 präm) od. pramen (premere) connex
pramm; nid. pram. — Wohl zu nid., hz. ist, so müsste es ajis einem alten premiza
südholl. (v. Dale) prammen (saugen), icas od. urspr. premita, pramita entstanden
übrigens selbst wohl mit ])ramen, prammen sein u. mit mhd. i)reniezen; mnd. premsen,
(drücken, pres-^en etc.) urspr. eins ist, da premtzen (bremsen, hemmen, aufhalten, bz.
die Kinder beim Saugen der Brust diese 20 das Maulliolz od. die Bremse anlegen) von
u. namentlich die Brustwarze auch drücken der dritten Person od. dem Part. präs.
u. zicischen den Lippen festklemmen. ])rennt, pramit von premen, pramen (promere
3. präm od. prame, Klemmholz od. Vor- de.) weiter gebildet sein,
richtung, um Etwas zu klemmen, zurück- pramm, pramme, s. 1 u. 2 i)ram.
u. festzuhalten, wie z.B. a. eine Nasenkneipe 26 prammen, prampen, pramsen etc., s.
od. Bremse (pastomis) od. b. das Klemm- pramoii.
holz, worin der Holzschuhmacher den Holz- prampsel , pramsel, Zerdrücktes, Zer-
klohen einklemmt, woraus der HolzscJiuh ge- quetschtes, Zerstossenes, Zerstampftes, bz.
fertigt wird u. c. der Mühlenschütz od. die zerdrücktes., zerquetschtes, zerstampftes, zer-
Hemmvorrichtung bei Windmühlen, c/. fange 30 malmtes Etwas, Mus etc.; — 't is emer
u. mnld. liVAüge unter \)Vd.chen. — Z« pramen prampsel; — so 'n prampsel (zerquetschtes
(premere), wovon auch nid. praam (Druck, u. zerstampftes Gemüse od. Essen, Speise
Bedrückung, Einengung, Zwang, Angst) ; etc.) mag ik net; — din prampsel od. kausei
mnld., mjläm. prame (dasselbe u. auch pa- etc. kaust du für di sülfst holden etc. —
stomis. Bremse etc.). 35 Zu pramen, bz. prampen etc,
pramen, prammen, prampen, prampsen, prampseln, pramseln, pranseln, a. an-
[n'Amser\,drückr)i,pre.'isen, stopfen, quetschen, haltend od. iciederholt drücken, jjressen u.
stampfen etc. ; — he prämd (od. prammd) quetfichen etc. ; — he prampseld (od. pram-
dat tosamen od. in 'n ander; — he prammd seid) 't all' kort un klen ; — b. anhaltend
(od. prampt) de bftk so ful, dat he bit an 40 od. wiederholt pressen, drängen u. cßUilen,
't barsten to is; — dat mut prammd (ge- um Etwas zu erhalten u. zu bekommen, an-
stopft od. gehemmt etc) worden; — he haltend it. wiederholt bitten od. drängeln u.
prampt (od. prampst. pramst) dat dör 'n betteln um Etwas etc. ; — he pramseld od.
ander as kriid un röfen, bz. all' to müs prauseld (drängelt) hum net so lank dat hä
od. 't all' kürt un klen ; — he prampste 45 hum dat to willc deid, bz. hum dat gift ; —
hum en mit de föt in 't lif, dat he net wus he pranseld hum dat of. — Iterat. von
wärhebl^f. — Xld.jtramen (pressen, drücken, prammen, prampsen etc., cf. pramen etc.,
beengen, ängstigen, quälen); mnld., mjläm. sowie prachen u. prachern, u. ferner auch
pramen (premere, urgere, opprimere) ; wang. nd. (Dan n eil) prami)inern , prampenern
(Ehr entr aut , 1,72) \iTom; /?!«'/. pramen 50 od. prampin'n, pramper'u (auf beschwerliche
(pressen, drücken); nd. (Br. Wb. etc.) Weise unablässig um Etwasbitten od. Jemand
jirammen, prampen, (Dähnert) premsen, drängeln etc.).
Z>rt« » ej7) prampen, prampsen, (Schütze) prangen, prangen, prunken, glänzen etc.
pramsen (pressen, stopfen, schnüren etc., cf. — Mwl. prangen ; mhd. prangen, brangen
inpremsen, einengen , einschnüren etc. bei 55 (frohlocken, jubeln ; prahlen, prangen). —
Dähnert). — Was zunächst die Formen Der Stamm brang ist nasalirt aus brag u.
pramen, prammen betrifft, so sind sie zweifei- dieser demnach ident. mit aengl. brag (jactatio
los aus tat. premo , premere entstanden, od. Lärm, Prahlerei etc.), woraus sich von
ebenso wie das mnld. priemen (premere, im- selbst dieselbe ur.ipr. Bedtg. für prangen wi<
primere etc.) von primo, primerc in imprimo 60 für pralen (cf. dieses u. auch pracht) ergiebt.
PRANGER
^55
PRENTE
Das mnd. (Seh. u. L.) plank od. plange
(Lärm, Spektakel, Unruhe, Zivi.st etc.) ist
urspr. dasselbe Wort ivie mnd. prank od.
prange (Gepränge, Prunk od. urspr. Lärm,
Geschrei etc., cf. praukmaker od. makeprank,
Unruhemacher od. Unruhestifter, Störenfried
etc. bei S c h. u. L.), wie auch S cha m-
b ach für prangen (pressen etc.) die Form
plange n hat.
pranger, Pranger; — an de pranger (od.
kake) stän. — Es bezeichnet urspr. ein Hals-
eisen od. vinculum cervicis etc. u. gehört
dieses Wort zu prangen (drücken, pressen,
drängen, einengen, klemmen etc.), ivorüber
Weiteres unter prachen zu ersehen ist.
pranke, Pranke od. Branke, Klaue, Tatze
von Bären u. sonstigen Raubthieren ; — he
gaf hum en mit de pranken. — Entlehnt
aus mlat. branca, bz. ital., aspan., aport.,
prov. branca (Kralle, Zweig), was mit franz.
branche (Branche, Geschäftsbranche) u. loal.
brence (Hand, Vorderfuss), u. gael. brac;
cornwall. brech; kymr. breich (Arm), sowie
auch lüohl lat. brachiiim eines Ursprungs ist.
pranseln, s. pramseln.
prat od. pratt, stolz, hochmüthig, trotzig,
übermüthig, prahlerisch etc. — Nid., mnld.
prat (fastosus, feroculus, arrogans, audaculus) ;
mfläm. prat (aufgeblasen, stolz, hoff artig etc.) ;
mnd. pratsch ; nd. (Br. Wb.) pratzig (das-
selbe) ti. (S c h a m b a c h) prot (trotzig mau-
lend); md. protztz, bz. protz od. urspr. proz
aufgeblasen, stolz etc.) ; nhd. protzig (trotzig,
übermüthig) u. brotzig, protzig (schmollend)
etc., cf. pratten.
prat-, pratt-liök, prat-, pratt-hörn, Protz-
Ecke, Schmollwinkel, Ecke, wohin (nament-
lich in der Schule) die protzenden od. trotzen-
den, widerspenstigen u. schmollenden Kinder
(die aus Stolz u. Trotz schweigen u. zu hals-
starrig ti. störrisch sind um den Lehrern
zu gehorchen) zur Strafe gestellt tverden.
pratten, hochmüthig u. trotzig sein, aus
Trotz schweigen, widerspenstig u. störrisch
sein, protzen, unzufrieden sein, schmollen,
maiden etc. — Nid. pratten (stolz u. hoch-
müthig od. trotzig sein; schmollen, maulen
etc.); mnld. pratten (ferocire, tollere animos,
superbire) ; mfläm. pratten (superbir, se tenir
malcontent) ; nhd. pr otz en , br ot z en
(ringi, die Augen, das Maid brotzen od. auf-
sperren, aufreissen), sich brotzen (sich
aufblähen wie ein Frosch od. eine Kröte,
stolz thun ; protzen wie der Herzkönig) ;
trotzig, loiderspenstig u. unzufrieden sein,
sich unzufrieden u. missvergnügt bezeigen,
schmollen, maiden. — Es gehört wahrscheinl.
zur y prath (spalten, bersten, platzen, aus-
einandergehen, sich ausdehnen, sich tveiten,
öffnen, entfalten, ausbreiten od. breit machen,
gross, stark u. dick tverden, schwellen, strotzen,
sich aufblähen etc., cf. plassen etc.), toozu
auch mfläm., mnld. prat-stoel (solium, sedes
magnifica) stimmt. Da übrigens das Inflam.,
5 mnld. pratte, parte (arrogantia, audax f'a-
cinus, astutia, dolus) seinen letzten Bedtgn.
nach jedenfalls auch tvieder mit ags. prät
od. prätt, Plur. prattas (astus), prätig,
prättig (astutus) ; acngl. prat, pret u. prati
10 (dasselbe); schott. prat, pret, pratt (atrick;
a wicked action) ; an., isl. pretta (fallere,
decipere, frustrare), prettr etc. zusammen-
hängt, so ist es fraglich, ob dieses Wort
überhaupt mit prat (aufgeblasen etc.) u.
15 pratten etc. verwandt ist u. ob auch diese
mit nhd. 2^1' otz en, brotzen etc., mit dem
ags. prät u. an. pretta doch desselben Ur-
sprungs sind, worüber noch Weiteres unter
pret u. proten etc. zu vergleichen ist.
20 prei, Porree (alliura porrum). — Nid. porei,
porrei , prei etc. — Entlehnt aus franz.
porreau, poireau, poree u. dies aus lat.
porrum.
preieii, s. praien.
25 preken, präken, predigen. — Nid. preken
etc., contrah. aus prediken, cf. prädigen.
preker, präker, Prediger.
prek-, präk-stöl, Predigtstuhl, Kanzel.
preni od. preine, Pfriem, Pfriemen, ein
30 spitzes, stechendes Ding, bz. ein spitzes
Eisengeräth zum Stechen u. Bohren (cf.
marlprem) od. eine Nadel, Stricknadel, —
Compos. breidelprem. — Nd. preem ; mnd.
prene, prim; nid., mnld. priem (stilus, acus,
35 radius) ; wfries. prieme ; mhd. phrieme,pfrieme,
phriem. — Es steht für älteres prene, priene
od. pren, prin (cf. mnd. pi-ene, bz. prene,
prym bei Seh. u. L., sowie unser prinen
etc.) u. ist eins mit ags. preon; aengl. preon
40 (fibula, acus etc.) ; engl, preen (Kardenstecher) ;
an., isl. prion (filum ferreum, Drathnadel,
Stricknadel, Steck- od. Heftnadel); norw.
prjona, prjöne (Steck- od. Heftnadel); dän.
preen (Pfriem) ; schott. (J a m ieso n) prej-ne,
45 prene, prein, priue, prin (Drathnadel) ; ir.
(cf. H.Leo, 519 unter in-eöae) pvm (Steck-
od. Heftnadel). — Es ist sehr fraglich, ob
dieses Wort nicht in ähnlicher Weise ivie
Nadel von nähen , so hier von dem Verb.
50 ags. preönan ; an., isl. priöna (texere, nectere
etc., cf. prinen) abstammt, worauf auch an.,
isl. pri6n (lanificium textile, ein gestricktes
Tau; connexus, Verbindung, Zusammen-
fügung) hinzudeuten scheint.
55 1. prente, jedes auf Papier durch Druck
hergestellte Bild; — 'n bök mit prenten
od. Bildern u. Abdrücken von Personen,
Sachen etc. — Nid. prent; mnld. prent,
print; engl, print etc., s. Weiteres unter
60 prenten.
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PRENTE 756 PREt
2. prente, ein geziertes, eitles, geputztes prat, pratt, prot (a trick; a wicked action);
Ding (Person, Mädchen); — 'n prente fan an., ist. prettr; nono. pretta (List, Schlich,
'n wicht. — Wohl dasselbe wie 1 prente, Kniff, listiger od. loser Streich, Schelmstreich,
iceil dieselben meist bunt u. grell colorirt Schalksstreicli, Xarrenstreich, Schabernack,
sind. 5 Posse etc. od. dasselbe wie unser puts u.
prenteln, Iterat. von prenten, namentlich dän. puds, cf. wel hed mi de puts od. de
in dir zweiten Bedtg. späs liakt), loas dann wieder im nJd. u. bei
prellten, prentjen, a. drücken, priigen, uns in die Bedtg. : Scherz, Spass u. Lust
einprägen etc.; — he hed hum dat in 't etc. überging u. tvovon dann wieder ags.
harte prentd ; — inprenten, eindrücken, ein- 10 prättig, prettig (listig) : aengl. prati , schott.
prägen etc.; — dat is d'r inprentd; — he pratty, protty (tricky, listig, schlau, betrü-
hed hum dat inprcutd, wat he seggen mut, gerisch, voller Streiche, Kniffe u. Pfiffe) m.
bz. dat he gen kwäd mer dön mut; — b. vielleicht auch engl. \)relty (nett, artig, hübsch,
F'iguren od. Bilder, Schnörkel etc. machen, geziert etc. od. urspr. ivohl : geschickt, kunst-
mit der Feder malen od. zeichnen, besonders 15 reich etc., cf. Hat =^ Kunst, Geschick etc.),
hübsche Initicden od. zierliche, krause u. sotvie iveiter auch isl. \wottii{fA]lere,irust.r&re,
geschnürkelte Buchstaben etc. in gros.^^er, der decipere etc., bz. Listen, Kniff'e u. Pfiff'e od.
gedruckten ähnlichen Schrift schreiben; — • Streiche machen, mit List handeln, Jemanden
he is an 't preuton west; — dat is uet einen Streich spielen, ihn hintergehen etc.);
schrefen as of 't prentd (gedruckt , bz. ge- 20 norw. pretta (drilli>, narre, giore et puds,
malt) is. — Nd., mnd., nid. \)ren{cn; mnld., bz. necken, schrauben, hintergehen etc.;
mfläm. printeu ; wfries. printjoii; aengl. narren, zum Besten haben, anführen etc.,
]preni\n; engl. \)rmt (drücken, druckoi, prägen gecken, Possen machen od. treiben, spassen
etc.). — Von ital. imprentare, improntare; etc.) etc. (cf. dieserhalb bei Jamieson,
span. emprentar etc. u. dies (cf. Diez, /, 25 Jv. Aasen etc.) abstammen.
237) mit ital. imprenta, impronta; span.. Was nun aber die Herkunft des ags. inM
prov. emprenta; franz. empreinte (Gepräge, od. prätt (Plur. prattas, Liste, Künste, bz.
Abdruck etc., wovon prente) wahrscheinl. Schliche, Kniffe, Streiche) u. aengl, schott.
vom franz. Part, empreiiit von empreindre prat od. pratt etc. betrifft, so muss man beim
(imprimere), cf. preindre bei Diez (II, 30 Vergleicli des franz. pratique, practique,
391) aus lat. premere. — Wegen prente u. bz. nhd. Praktik, Plur. Praktiken
prenten, bz. franz. preinte in empreinte (Kunstgriffe, Kniffe, Bänke etc.); schott.
vergl. übrigens auch das Prät. prengte, prattik , prettik (an artful means ; a trick
preinte von aengl. prengen = mnd. prangen of legerdemain ; a necromantic exploit ; a
(premere etc., ,v. unter prachen) etc. bei 35 mischievous trick or any wicked act); sv.-
St rat mann, wozu die Formen: aengl. goth. praktik (craft; Geschicklichkeit, List,
prente, preinte, printe, priente von prente Kunst etc.) zu ags. prätt (craft etc., cf. bei
od. engl, print (Druck, Abdruck etc.) doch Jamieson) fast annehmen, dass auch
am besten stimmen u. wobei man dann auch dieses ags. prätt od. pratt für pract od.
gar nicht anzunehmen braucht, dass prente 40 practa steht u. vielleicht selbst aus practica
u. prenten mit Abwerfung der Vorsilben (cf. practica est multiplex) gekürzt ist. Wie
im, em aus imprenta u. imprentare entstand. nun aber die Wörter pracktik, pracktica u.
pret, Scherz, Spass, Vergnügen, Lust, /m«J. pratique etc. mit griech., lat. practicn^
Freude etc.; — he deid dat fit pret; — pret aus griecli. praktikös (zum Thun od. Handeln
maken (Scherz u. Spass machen, scherzen, 45 gehörig, thätig etc.) entstanden u. mit griech.
spassen, neckende); — se hebben hör pret prakter, praktes (einer der Etwas thut u.
d'r wat mit; — dat was jo 'n pret för de verrichtet, bz. einer der handelt, Handel
kindiT, as se bürden, dat se morgen ütfaren treibt, schachert etc.), praktör (Thun, Thäter
sullen ; — wi hebben dar föl pret had etc. etc.), praktos (gethan, vollbracht etc.), griech.
— Nid. pret. — Davon: prettig = nid. 50 praxis = Jon. praktüs (Pra.cis, bz. That,
prettig, scherzhaft, spassig , vergnüglich, Handlung, Geschäft, Handel etc. von griech.
lustig etc.; — pret- or/. prettemaker, Sj)ass- prassö, ,/o«. pressö, alt pra,ttö (thun, handeln,
macher etc. = norw. prettemaker (Spass- verrichten etc.) abstammt, so wäre es auch
macher, Possenmacher, Geck, Xarr etc.). — möglich, dass das ags. prätt od. pratt, so-
Es i.<it von Hause aus eins mit ags. prät 55 fern es für präct od. practa steht, in ahn-
od. prätt (List, Kunst etc., bz. das wodurch licher Weise ivie practica von praktikös von
man die Leute übervorlheilt u. betrügt od. griech. ])raktos (gethan, zu thun, thunlich
anfuhrt u. hinters Licht führt etc., cf. die etc.), bz. dem .'<ubst. gebrauchten ta prakta
Redensart: dat sunt sin künsten od. fufen, (das was man thut, das Gethane, Verrichtete,
losigheiden etc.); aengl. prat, pret; schott. GO das Werk, die Handlung etc.) od. aus der
PRET-MAKER 757 PRIKKELN
Jon. Form praktus von griech. praxis (That, spell of 'n nadel etc. ; — he settd d'r 'n
Handlung, Geschäft, Verrichtung, Ausübung piik up (er setzt einen Stich od. Punkt
etc.) entstand, zumal ivenn man bedenkt, darauf, giebt der Sache Nachdruck etc.);
dass das griech. praxis ausserdem auch die — he hed d'r 'n prik up (er hat einen Stich
F ähigkeit u. Tüchtigkeit zum Thun 5 darauf, ist darauf versessen od. erpicht);
u. Handeln (cüso auch das Kennen, Können — up 'ii prik (auf einen Stich od. Punkt,
u. Vermögen dazu) bezeichnete u. also eine ganz genau auf der bezeichneten Stelle, bz.
ähnliche Bedtg. tvie list u. kunst hatte u. auf den Point, pünktlich etc.) ; — he hed 't
selbst auch öfter im Sinn von: listige od. od. wet 't up 'n prik (er hat es od. iveiss
täuschende it. betrügerische Unter- 10 es auf einen Stich od. auf einen Punkt,
nehmung od. That, Betrügerei, Ver- bz. sofort od. ganz genau); — up 'n prik
rätherei etc. gebraucht wurde, woraus ua (auf einen Punkt od. ein Haar nahe,
selbstredend erhellt, dass ein aus praktos od. ganz nahe bei) was '(. so wid west, dat
od. praktus, praxis entstandenes ags. prakta, 't schip ferloren was ; — he deid dat up 'n
pratta auch leicht in die Bedtg.: Fähig- 15 prik (ga7iz genau), wat man hum segt. —
keit, Kirnst, List etc. od. in die von: Nd., nid., mnld.,wflum., engl., wfries.,nfries ,
List od. Arglist, Schlauheit, K n iff isl., norw., dän. prik od. prick ; aengl.
etc. übergehen konnte, ganz ivie dies auch mit prike; ags. prica (Stich, Punkt, Tüpfel,
dem franz. pratique u. schott. prattik etc. Meiner Strich, Komma etc.). — Wohl mit
aus mlat. practica (That, Handlung od. 20 prikke von prikkeu (s.d.) lüj'e punctum von
Ausübung von Ettvas = Praxis) der pungere.
Fall ist. 2. u. 3. prik, s.^ prikke.
Ob nun aber die Bedtg.: astus, astutia 1. prikel, s. ])richel.
II. astuosus in die von: fastus, fastuosus 2. prikel, gefährlich, bedenklich, wage-
überging u. demnach auch unser prat u. 25 halsig etc. ; — dat siigt man prikel üt ; —
pratten mit ags. prät od. prätt, schott. prat, dat is mi to prikel; — dat is 'n prikeln
pratt von Hause aus zusammenhängen, bleibt sake etc. — Aus lat. periculosus von
mir auch Jetzt noch zweifelhaft u. ist periculum.
dieserhalb noch Weiteres unter proten zu 1. '^v\)&.)i.e.i ^\'\k.i pünktlich, genau, prompt,
vergleichen. 30 accurat, nett, hübsch, zierlich etc.; — he
pret-, prette-maker und is in alle dingen prik un stippelk ; — he
prettig, s. unter pret. kumd prik to hüs ; — dat geid hi hum all'
pi'ichel, prikel, Emporkirche, Empor- prik to; — dat wet he prik (genau); —
stuhle; Prieche. — Nd. (Schlitze) dat sügt dar bi hör in hüs all' prik üt; —
priegel u. (Dann eil) prich. 35 'u prik wicht (ein pünktliches, ordentliches
priel (Dimin. prielke, prieltje), Garten- Mädchen, od. auch ein ordentliches, accu-
od. Sommer-Häuschen, Lusthaus, Garten- rates u. nettes, bz. knappes u. hübsches
Stube, mit Blumen u. Grün geschmücktes Mädchen). — Nd. prikk; mnd. pricke. —
Stübchen. — Nid. prieel (Lusthäuschen, Zu prik (Punkt etc.).
Laube, Bogenlaube, grünes, von Laub um- 40 2. prikke, prik, ein Stechding od. Stech-
schattetes Plätzchen); mnd. priel od. pryel, Werkzeug, daher a. ein Stachel u. b. ein
proyel (Lustgarten, Lusthaus im Garten, Stecheisen od. eine eiserne Gabel mit Zinken,
bz. Ort, wo man sich der Lust ivegen auf- die mit Widerhaken versehen sind, zum
hält); nd. priel (dasselbe u. in Bremen Stechen (prikken) von Fischen ; — Compos. :
auch das beste u. vornehmste Zimmer im 45 äl-, but-prikke. — Nd., mnd. prikke, pricke
Bathskeller für obrigkeitliche Personen u. (dasselbe u. bei D ahn er t auch eine Stange,
angesehene Gäste). — Die urspr. Bedtg. ist die als Baken ins Wasser gesteckt wird) ;
wohl Aue, grüne Wiese (cf. auch franz. nid. prik (Stachel, Stecheisen); mnld. prik
pre u. preau) od. grüner mit Gras be- (aculeus, Stimulus) u. prick (mentula, vere-
wachsener Ort, grüner Platz, Platz u. Sitz 50 tillum, parvum veretrum) ; ags. prica, pricca
im Grünen etc., wie auch priel (cf.Sch. u. (Stimulus); engl. ■\^rick( Stachel, Ahle, Spitze);
L.) mit auwe glossirt wird, u. auch das isl. prik (Stimulus) etc. — Zu prikken.
franz. preau (wenigstens früher) einen Sitz prikkel, Stachel, spitzer Dorn zum Zu-
im Grünen, bz. eine Basenbank bezeichnete. stecken der Würste etc. — Nd. prikkel ;
— Vielleicht mit aengl. praiel aus afranz. 55 mnd. prekel, prikkel; nid. prikkel; mnld.
praiel, prael (preau), mlat. pratellum, pra- prickel, prekel; ags. pricle; aengl. prikil ;
ticulum, u. dies aus lat. pratum, pratulum engl, prickle.
od. sonst urspr. eins mit nhd. Brühl, prikkeln, prickeln, anhaltend u. wieder-
worüber Weiteres unter prile. holt stechen, stacheln, reizen, spornen; eine
prik, Stich, Punkt etc.; — 'n prik mit 'n 60 Empfindung tvie lauter kleine Stiche machen
PRIKKEL-NOESE
758
PRILE PRIL
od. haben, einen stechenden Schmerz machen
od. empßndcn etc.; — he prikkeld huni mit
nadt'ls uu doieiis ; — he juikkeltl liuiii net
so hiuk , dat hum 't siu at'er löpt •, — aii-
prikkehi (anstacheln, anspornen etc.); — 5
dat prikkeld On in de hals od. nöse etc.;
— de hamle prikkeln nii tau kolde. — Auch
suhstant. : dat i)iikkclii tau de uadels of
doreus etc., od. fau 't geweteu ; — dat
piikkelu iu de hals, uöse, tiugers etc. — 10
Nd. prikkelu; mnd. prekelcu; nid. prikkeleu;
mnld. prickcleu, prekoleu; engl, prickle etc.
— Davon: geprikkel, prikkele etc. — Itcrat.
von prikken.
prikkel-nösp (auch öf^aw-in'^kel gcna)int), 15
BrunelU' (prnuolla vulgaris).
prikken, stechen, stecken, sticken, feine
Näh- od. Stickarbeit machen etc. ; — he is
hen to äl od. but prikken ; — se prikt dat
fast od. tosamen etc. ; — se sitt de hele 20
dag to prikken uu to stikkeu; — se ferdarft
sük mit hör prikken un stikkeu nog de
ögen etc. ; — Compos. : ot'prikkeu (abstechen,
durch Stiche od. aufgesteckte Stangen etc.
bezeichnen, abgrenzen etc.); — uraprikkeu 25
etc. — Nd., mnd., nid., mnld. prikken od.
prickcn ; tcfrics. prickjen ; nfries. prickeu ;
wang. prikje ; ags. priccjan od. pricjau ;
aengl. prikien ; engl, prick; an., isl. prika;
norw. prikka; schwed. pricka; dein, prikke; 30
md. prikcn. — Davon icohl (cf. Dicz, II,
283) franz. esprequer, stechen, stacheln etc.
Vergleicht man stak , stökelu , steken,
stikkeu etc. von urspr. stikau (stechen)
zu nfries. (Outzen) prak (Stich), unser 35
prökelu (stochern etc.) u. mnd. u. mnld. prekel
= prikkel, so ist auch wohl statthaft, dass
man für letztere, sowie für prik ('= nhd.
Stic h von stechen od. urspr. stikan) etc.
ein urspr. nd., nordgerm. Verbum prikan, 40
prak, pruk, prukun annehme, dessen Bedtg. :
stechen sich sehr leicht aus: drücken,
dringen, drängen, stosseti etc. entwickeln
konnte (cf. dieserhalb 2 baren, bohren etc.,
sowie die vieldeutige }/ ak od. ak von lat. 45
acus, aculeus etc. u. unser egge etc.), sodass
es mit prakken, prachen (s. d.) von einer n.
derselben y abstammt.
pi'ile, pril, schmaler seichter Wasserlauf
od. Wasserrinne, Rinnsal, bz. seichte Ver- 50
tiefung auf dem Watt, Wasser-Lache od.
Stelle tvo das Wasser zur Zeit der Ebbe
stehen bleibt od. woraus es nicht ganz ab-
läuft etc. ; — dA,r is mau so 'u pril tüsken de
ret'en (Riffe etc.) war mau nog to nauer uöd 55
dörfaren kan ; — dat water Hiitt iu de prilen
längs ; — de prilen up 't wat stau uog all'
ful water. — Nd. (Br. Wb., 441 tinter den
Zusätzen, cf. auch B o b r i k, naut. Wb., 534,
zweite Spalte) priel; wang. (Ehrentraut, 60
I, 3S5 u. 40S) pril; nid. (v. Dale) priel.
— Es bezeichnet eigentlich eine mit Wasser
gefüllte Niederung od. einen Sumpf, eine
nasse sumpfige Stelle auf dem Watt (palus,
lacuna etc.) u. ist beim Vergleich von nhd.
A.ue, mnd. ouwe (wasserreiches, sumpfiges,
mit Gras bctvaelisenes grünes Land, Wiese,
Sum2)f, Moor, bz. Wasser, Bach, Wasser-
lau f etc. od. urspr. dasselbe toie ahd. aha,
lat. aqua) wolil nicht daran zu zweifeln,
dass es mit dem nhd. (G r i m m, Wb.) Br iel
(palus) u. (Weig and) Brühl (mit Gras
u. Gebüsch bewachsene tiefe Fläche, be-
buschtc Sumpfwiese, Sumpjlache) ; mhd. briiel
(dasselbe u. auch Aue, pratum) ; bagr.
(S chmelle r) briiel, briel (Name od. Be-
zeichnung von Wiesen, Feldern, Wäldern
etc.) von Hause aus ident. ist u. aus dessen
ahd. Form (s. Weig and) pruil, proil (aus
prugila, progila, od. brogila, toic «or^t;. priel
[Flegel, Dreschflegel etc.] aus prigel ^= nhd.
Prügel, Brügcl, bz. Briegel, Brigel, fustis)
sich sowohl unser prile od. pril (Lache, od.
mit Wasser gefüllte Niederung) als auch
mnld. proiel (Thiergarten, umzäuntes Ge-
büsch od. Wildgehege, s. iveiter unten das
mnd. brül u. ital. broglio etc., cf. Wei-
gand tinter Brühl) von selbst erklären
u. wonach es denn auch fast sicher ist, dass
auch priel (s. d.) in setner tirsj^r. Bedtg.
Aue neben den dort angeführten Formen:
prj'el, proyel eher aus ahd. pruil, proil als
aus dem franz. praiel (s. unter priel) her-
vorgegangen ist.
^}Was nun aber tveiter das nhd. Briel,
B r ü h l ; mhd. briiel ; ahd. pruil etc. be-
trifft, so ist es mit dem nach Arnold
(Ansiedelungen u. Wanderungen deutscher
Stämme, pag. 513) gleichfalls vorkommenden
ahd. hrogil , broil; ags. broel; mnd. bröl
(Sumpf, Moor, bz. ])alus etc., cf. brölmecher
= Sumpf- od. Moor-Arbeiter, bei Seh. u.
L.) u. brül (feuchte Niederung, pratum, bz.
Buschwerk in einer feuchten Niederung,
Wald, Wildgehege etc.) u. dem mied. (cf.
0. Schade unter briiel) brogilus, broilus,
brolius; ital. (D iez , 1,88) broglio, bruolo;
prov. bruelh ; port. brulha ; prov. bruelha ;
afranz. bruelle; n/ranz, hreinl (Baumstück,
Gebüsch, Brühl) ident., dessen Stamm
brog indessen selbst toahrscheinl. kelt. Ur-
sprungs ist, da brog im kymr. eine A n-
schwellung od. rundliche Erhebung
bezeichnet u. wohl mit kelt. braigh od. brugh
(Berg, höchster Theil einer Gegend etc. ;
Burg) urspr. eins ist, tvährend dieses selbst
wieder mit mhd. brogen (sich erheben, in
die Höhe richten ; sich übcrmüthig erheben,
grossthun, prahlen, prunken etc.) u. nhd.
Berg u. bergen, sowie zend. barez
PRIMEL-VER
759
PRITSEL
(Höhe) etc. zur y barh, iclg. bargh (sich
ausdehnen , schwellen , wachsen , mehren,
stärken, erheben etc.) gehört.
primel-vei' (^P/m;-. primel-veren), Schlüssel-
blume, primula veris.
pl'inen, prünen , stecken n. heften, zu-
sammenstecken od. nähen, flicken etc. ; —
se prind (od. pründ) dat gau efeu in 'u
ander ; — sc hebben altid wat to prineu uii
to läppen. — Nd. prieuen, prünen (schlecht
nähen) ; mnd. prünen, prünen ; ags. ])renan ;
aengl. preouen; an., isl. priöna (figero, texere,
nectere).
prins, Prinz. — Das franz. prince aus
lat. priuceps.
prIntjeD, prüntjen (Dimin. von prinen
etc.)) (die Sachen in minutiöser Weise zu-
sammennähen u. flicken, od. auch: minu-
tiöse, kleine u. feine Näherei, Flickerei u.
Stickerei machen, at(f eine feine, minutiöse
u. kunstvolle Weise aus geringen Resten
Etivas zurechtnähen od. zurechtmachen u.
herstellen etc. ; — de neister sitt de hele
dag bi 't olde god to printjen od. to prüntjen;
— se printjet dat all' wer toregt; — de
wichter sitten so fol to printjen, dat se hör
ögeu d'r nog mit ferdarf eu ; — se wet üt
allerlei olde läppen un flikken wat toregt
(od. lierüt) to printjen. — Daher überhaupt:
Etwas auf eine minutiöse u. feine od. klein-
liche, genaue, sorgfältige u. berechnende
Weise zurechtmachen u. herstellen od. machen,
verfertigen, minutiös u. genau handeln, Etivas
mit minutiöser Sorgfalt berechnen od. aus-
rechnen u. ausmessen, ausklügeln; — he
hed dat d'r dog herüt printjet; — he wet
dat so genau üt to printjen, dat d'r 6k gen
flits fan aferblift od. fan ferloren geid; —
he printjet (sucht od. holt durch minutiöses,
sorgfältiges, genaues Handeln etc. od. feine
Berechnung etc.) de leste penuing d'r üt.
— Davon: Subst. geprintje, geprüntje, a.
kleinliches od. minutiöses Genähe u. Ge-
flicke od. Gesticke etc. ; — b. minutiöses od.
kleinliches u. genaues Handeln, minutiöse
od. kleinliche u. genaue Berechnung etc.;
— prinfjer, prüntjer, a. eine Person, die
minutiös näht, flickt u. stickt; — b. ein
minutiös od. genau handelnder u. berech-
nender Mensch, genauer od. kleinlicher
Mensch, Geizhals etc. u. priutjere, minu-
tiöses, kleinliches Handeln u. Berechnen,
kleinliche u. genaue Berechnerei, Geizerei etc.
1. pi'is, Preis od. entsprechender Werfh
von Etivas, bz. das ivorauf man ein Etwas
schätzt od. dasjenige was ein Etwas kostet
u. gilt u. was man dafür auslobt u. zahlt;
— dat (od. he) hed sin pris d'r üthäld ; —
de pris fan de tünne rogge is upstiinds 10
riksdaler; — de prisen gän al mer un mer
in de högte ; — ik hebb' 't för 'n legen
pris köft; — he hed hum de pris betäld,
de he fördcrd hed. — Mit dem folgenden
pris aus franz. prix u. dies aus mlat. pre-
5 ciura, bz. lat. pretium.
2. pris, Preis, Lob, Buhm etc. ; — God
si pris un dank ; — he hed d'r gen pris
för kregeu od. fan had. — Davon: Dimin.
priske; — he hed 'n priske kregen. —
10 Gleichfalls aus franz. 2)nx.
3. pris in der Redensart : wat pris gefen,
ivie z. B. sein Geld, Gut od. sonst Etivas.
— Aus franz. prise (s. prise) u. demnach
so viel (ds : Etwas (als od. zur) Beute
15 geben, sich Eines was man hat be-
geben u. es Ander n ü b er lassen etc.
1. prise, Prise, ergriffener od. genommener
Theil von Etivas, Ergriffenes od. Genomme-
nes, Beute etc.; — hc hed sük d'r 'n prise
20 ütnamen ; — 'n prise tobak etc. ; — 'n schip
as prise ansen etc. — Das franz. prise u.
dies mit dem gleichbedeutenden ital., span.,
port. presa aus lat. prensus, prehensus, von
prendo, prehendo.
25 2. prise in der Redensart : 'n prise fan
'u wicht, od. 'n albern prise, 'n egen prise,
'n ekligen prise etc. — Wohl urspr. das-
selbe wie 1 prise u. zwar in der Bedtg. :
Dosis etc., cf. 'n prise tobak etc.
30 3. prise od. prisel ; i. q. sweteike.
prisen (pres, präsen), preisen, loben, rüh-
men etc. — Redensart, u. Sprichw. : harr'
'k nii sülfst net präsen, was 'k ungepräsen
üt 't land kamen (gebraucht von u. ange-
35 ivandt auf Jemanden, der sich immer selbst
lobt u. rühmt); — de ferachtd wil worden,
de mut ütgän to freien, un de präsen wil
worden, de mut liggen gän to starfen.
prisherlik, \)i'hK^ve\k, preisherrlich, hoch-
40 herrlich, sehr glänzend u. herrlich , sehr
ruhmreich od. hochrühmlich, sehr erhaben,
majestätisch etc. ; — dat sügt dar in hüs all'
so prisherelk üt, as bi 'n fürst; — dat is
'n prisherliken sake; — he sat dar pris-
45 herlik up sin tron etc.
1. priske, Dimin. von 2 pris.
2. priske, Dimin. von prise u. soviel als
eine kleine Prise; — 'n priske tobak.
3. priske (Harlinger-Land), kleines kreuz-
50 förmiges Weissbrod ; — 'u Esenser priske.
prister, Priester. — Sprichiv. : wen 't re-
gend up den prister, den drüpt 't up den köster.
prisan, Gefängniss; — he sitt in 't prisun.
— Das franz. prisou u. dies mit ital. pri-
55 gione, sjmu. prision, prov. preisö aus lat.
prensio od. preheusio (Ergreifung etc.).
pritsel od. prizel, Stachel, Wurstdorn
etc. — Die ältere fries. Form von prikkel
(od. prikel), mit Uebergang von k in ts od.
60 z, cf. karke, britsen etc.
PRITZELN 760
pritzeln od. prizeln ; /. 7. prikkeln, cf.
ITitsrl.
|trol)be, .'^. piubbe.
jirole, Probe; — 'n profe d'r iit uemeu ;
— up de profe selten od. stellen etc. —
Nd. provc: nid. proef etc. — Zu prüfen.
|)röfeln od. prcfeln, murren, vmrmehi,
leifcn etc. — Nid. prevelen.
pröfen , prüjen , untersuchen , probiren,
schmecken, kosten etc. ; — dat is uou; erst
to prüfen (zu prüfen, zu untersuchen, dar-
zuthun etc.) of dat sük so ferhold ; — de
jungens rautten erst pröfd worden; — pr8fe
dat ins, wo dat smekt ; — ik kan d'r niks
fan prfifen, of 't s8t of sür is. — uifries.
provia, progia; wfries. pricuweu; satl. prcwja ;
wiinfj. prauv ; nid. proeven ; mhd. prnovcii
etc. — Mit franz. pronver, preuver; afranz.
prover etc. aus lat. probare.
profet, Prophet. — Sprichw. : profeten
sinit ok brödeters (Brotesser).
prolit, Profit, Vortheil, Gewinn, Nutzen
etc. ; — he dcid dat to sin profit ; — dar
lied he «)k gen profit fan had; — mit profit
fcrkopen etc. — Das entlehnte franz. profit
u. dic'i ans lat. profectus von proficere.
profitelik, prolitelk, profitlich, vortheil-
haft, pasxlich etc. ; — 'n profitelken sake ;
— dat knmd nii gans jjrofitelk üt.
protitelke, proliterke, Profitchen od. kleiner
Leuchteraufsatz von Blech mit einer od.
drei JDrathpfitzen versehen , worauf die
Kerzenendchen gesteckt werden, damit sie
vollständig bis zum letzten Stümpfchen ab-
brennen können.
proliteren, profitiren; — he wil (od. kan
etc.) d'r net fan profiteren.
profitje, Profitchen.
jd'öfke, Pröbchen, kleine Probe und
pi'olke, dasselbe, indessen nur von einem
kleinen Pröbchen gekosteten lEssens.
prökel, spitzer JDorn, spitzes Geräth von
Eisen od. Knochen etc. ; — Compos. : wurst-
pr6kel, Dorn zum Zustecken der Würste ;
— pipenprökel, Pfeifenstocher, bz. ein spitzes
Eisen- od. Knochcngerüth zum Ausstochern
u. Beinigen der Pfeifenköpfe. — Nd. prökel.
— Dasselbe wie prikkel, prekel u. nd. priikel,
jedoch vom alten proken als Nebenform von
prikkcn, rf das folgende :
prokelen, prdkeln, a. anhaltend od. ivieder-
holt .stechen (in Etwas), stochern, aus-
stochern, ausputzen, reinigen; — lic prökeld
in 't für herum ; — hö prokeld dat für wat
toregt ; — he prökeld de pipe üt ; — he
prökeld in de küsen od. sin käsen üt; —
b. kritzeln, schlecht schreiben, bz. mit einem
spitzen Etwas (prökel od. prikkel) auf Etwas
ritzen od. ritzein. — Nd. jirctkcln ; wang.
prökel ; satl. prökelje. — Es ist eigentlich
PROPPEN
dasselbe wie prikkeln, bz. mnd. prekeleu,
nd. präkeln etc., stammt Jedoch von einem
alten proken ((/'. mnld. preutelen, proteleu
= unserm protteln od. nnserm rökeln,
5 stökeln etc.) = aengl. (Stratman n) prokien
(stinuilare), der Nebenform von prikken =
aengl. prikien , worüber Weiteres unter
prikken. — Davon: Subst. ■pri^keK', Stecherei
od. Stochcrei etc. ; — geprokel, Gesteche od.
10 Gestocher etc. ; — prökeler, a. Stocherer
od. Geräth tvomit man stochert od. Etwas
ausstochert n. ausputzt u. reinigt (piiien-
prokeler, tannen-prökeler etc.); — b. Per-
son die stochert od. anhaltend u. wiederholt
15 sticht, stichelt, stachelt, reizt etc. = Sticheler
od. Stacheler, cf. stokeler etc. ; — c. ein
Kritzeier od. schlechter Schreiber etc., cf.
p rökeln in der Bedtg. : kritzeln etc.
prop, proppe, Pfropf, Stopf, Pfropfen,
20 Stöpsel, Zapfen; figürl. (ivie auch nd. u.
nid.): ein kleiner, kurzer, gedrungener,
stämmiger Mensch od. kleiner, dicker Junge.
— Nd., mnd., nid., mnld., clän., schwed.
propjt od. prop. — Es bezeichnet ursjjr. ein
25 Ettvas (längliches Stück Holz, Zapfen, Bol-
zen etc., cf. m)id. se schoten mit holten
proppe, bz. cavilla obstuctorium etc. bei
Seh. u. L. od. prop tt. i)roppe = obmra-
mentum, obturamentum oblongum, vernculum ;
30 pcdanicn, fulcimenlum, fulcrum, sustenta-
culuni etc. bei Kilian) was man in Etwas
hineinsteckt od. hineinstösst, sei es zur Stütze
u. Lehne od. um ein Etwas zu stopfm u. i
dicht zu machen 11. ist es demnach auch I
35 eins mit aengl. (S trat mann) proppe
(contus), engl, prop (Pfahl, Stange, Stütze,
Lehne, Weinpfahl etc.), ivobei man einer-
seits sowohl bei prop od. proppe an eine
Abstammung dieses Wortes von proppen
40 selbst, als von lat. projjago (Steckling, Setz-
ling, Ableger, Senker, u. das was man in
die Erde pflanzt, steckt, setzt u. versenkt
od. hinei)isetzt u. steckt od. hineinstösst etc.)
denken kann, wie ja proppen auch entweder
45 von propago (Steckling, Setzling etc.) od.
von propagare (fortpflanzen etc.) abstammt,
wie dies weiter unter proppen zu ersehen ist.
proper, s. 2 pro])])er.
proppeu, pfropjfen, stopfen, hineinstossen
50 u. stopfen, dicht machen, hineinsetzen od.
versenken, veredeln etc. ; — flesscn od. faten
etc. proppen od. ferproppen; — sük bit au
de hals ful proppeu ; — to föl hei up de
wagen proppen ; — 'n ente up 'n böm
55 proppen ; — bomen pro])pen od. enten, se
uniproppen etc. ; — se seten in de karke
all' up 'n ander proppd ; — de karke was
jiroppend ful etc. — Nd. jiropiien (pfropfen,
stopfen, (licht machen) ; nid. proppen; schived.
eOproppa; dän. proppe (dasselbe); mnld.,
PROPPER 761 PROTJE
rnfläin. proppen (fulcire, suffulcire, farcire); wel wet of 't war is; — de pr6t is iit; —
engl, prop (stützen, mit Stützen versehen, wat schal so 'n pröt heten; — dat is je 'n
unterstützen, Weinstöcke pfählen, abpfählen, mallen prot; — olde wifen-pröt; — lösse
Etwas mit Stützen od. Stangen versehen, prot (loses Gerede od. lose Redensarten);
dieselben stecken bei Etwas od. in die Erde 5 — dar geid so 'd malleii prut (schlechtes
hinein neben Etims);mhd.xih-QT^iG\\,T^\\YOYihQn od. böses Gerücht) faa hum uin. — Nd.,
(pfropfen, veredeln, bz. ein Edelreis od. nid., nfries. praat; wfries., mnld. praet;
einen kleinen lebenden Stecken von einem schwed., dän., norvo. prat; engl, prate. —
fruchttragenden Baum setzen auf einen Mit gepröt (Gerede, Geschtvätz etc.), proter,
Wildling, bz. ihn stecken in die Spalte des- 10 protere etc. zu proten, prateii.
selben). — Nach Diez (I, 333) mit ital. pröt-achtig, s. prötsk.
propaggiii e ; j;roy. probaina; span. provena; ]^VQi^w., sprechen, schwatzen, plaudern etc.;
franz. provin (Steckling, Setzling, Senker) ; — wat protst (sprichst, redest, sagest, ver-
Verb, provigner (ausfächsern , senken, ab- lautbarst, schwatzest) du dar? — wat hei
senken; sich fortpflanzen u. vermehren, zu- 15 ji dar mit 'n ander to proten? — he prötde
nehmen, wachsen etc.) von lat. propago d'r f'an, dat he morgen ferreisen wul ; —
(Steckling, Setzling, Ableger, Senker eines he prötd (od. roteld) sük sülfen nog fast;
Getvächses od. Baumes, Weinstocks etc.) u. — he protd altid de mund förln; — he
propaginare (fortpflanzen etc.), wobei zu prötd sük sülfen in de taske; — sünder to
bemerken ist, dass diese Wörter beide von 20 proten kan man net seggen wat man ment
propagare (fortpflanzen) abstammen u. dass un wil. — Sprichw. : proten is göd kop
dieses als Gompos. von pro in der Bedtg. : (od. wolfeil), mau don is 'n ding, — od :
auf u. von pago = pango, pangere (be- proten is gering, man don is 'n ding, —
festigen, einschlagen, einsenken etc.) wört- od. : proten kan elk, man dön is net alle-
lich soviel als auf (Etioas) befestig en 25 mans säke. — Nd., nid. prateu; mnld.
u. einsenken heisst u. dass sich hieraus praeten ; mnd. proten, praten ; wfries. (Ja-
sowohl prop od. proppe als Etwas was man pix) praeten, praten, proten; aengl. praten;
loorauf befestigt od. in Etwas ein- en*/?. prate; m or w., sc/weefZ. prata; rffin. prate.
senkt od. hineinsteckt, als auch proppen Vergl. auch an., isl. prata, loas Björn
in allen Bedtgn. leicht erklärt. 30 Haldorsen zivar lat. mit immodeste se
1. propper, Pfropf er. gerere, da^m aber mit dän. sluddre, vaase
2. propper od. proper, sauber, reinlich od. plaudern, schwatzen, salbadern etc.
etc. ; — dat sügt dar in hi'is all' so propper übersetzt, ivonach es also auch dasselbe ivie
(od. proper) i'it, dat 't 'n waren lüst is; — unser proten od. praten ist, sowie pratari,
'n propper wicht etc. — Das franz. propre 35 Schwätzer, garrulus, cf. proter.
u. dies mit ital. (Diez, I, 333) von lat. Die älteste Bedtg. ist überall: schwatzen,
proprius, loozu bemerkt sei, dass proper, plaudern etc. (fahulari etc.) u. scheint dem-
propper (cf. Seh. u. L.) im mnd. auch nach auch prat (cf. auch sprake, sprekeu
noch in der Bedtg. : eigen gebraucht tour de. u. andere Wörter mit der Bedtg.: spre-
prosen, drücken, pressen, quetschen, zer- 40 choi, reden etc.) ein alter Schallstamm mit
drücken, zerquetschen etc. ; — he prost 't der Bedtg. : Schall, Geräusch, Lärm etc.
all' kört un klen. (cf. auch prötjeu od. prötteln etc.) zu sein,
prost, wohl bekomms , zur Gesundheit, der mit plsit od. ahd.])]siz von nhd. platz en
Heil dir etc.; — Zuspruch u. Wunsch beim (cf. plassen, plettern etc.) urspr. ident. u.
Zutrinken u. Anstossen mit den Gläsern od. 45 gleichen Ursprungs mit diesem ist. Ob
Glückwunsch zu Neujahr etc. ; — prost ! nun aber auch prat mit der Nebenform
wol bekam 't ; — prost nejär. — Sprichw.: prot = ahd. proz hierzu gehört u. urspr.
prost! sede (sagte) Jöst, do stak he de ners vielleicht so viel als barsch od. mürrisch,
in de kros. — Das contrah. lat, prosit maulend (u. so ividerspenstig , trotzig) etc.
(es nütze etc.) von prosum (nützlich sein, 50 bezeichnete?
nützen etc.). proter, Schivätzer etc. ; — 't is jo 'n lütjen
prosten, toasten, auf Jemandes Gesund- (od. mallen, oldeu etc.) proter. — Nid.,
heit trinken od. mit ihm anstossen u. ihm engl, prater ; mnld. praeter ; an., isl. pratari.
Gesundheit u. Glück ivünschen; — lät' wi protere, Sprecherei, Gerede, Geschwätz,
insen mit 'n ander prosten ; — se prosten 55 Gerücht etc. ; — ik wet hei net war so 'n
'n ander to. protere fau dän kumd.
pröt, Gespräch, Zwiegespräch, Gerede, prötje (Dimin. von 'pröt), kleines Gespräch
Geschwätz, Gerücht etc.; — se holden dar od. Zwiegespräch, kleine, feine, schöne
'n prot (od. protje) mit 'n ander; — 't prot Redensart etc.; — se holden 'n prötje mit
geid man sachtjes ; — 't is man so 'n pröt, 60 'n ander ; — he lett hum mit 'n möi prötje
PROETJE
(62
PRUEGELN
oflöpen; — he stfird hum mit 'n möi prötje
na hiis ; — 't süut all' man prötjes (Fabeln,
Ij'rdicJituiujen, ungegriuuletc Schwatzereien,
Redensarten etc.). — Nlil. praatje ; wfries.
l)raetji! etc
prötje, ein durch langes od. anhaltendes
u. wiederholtes Kochen (cf. prutjen sub b)
:u Mus u. Brei zerkochtes u. zerkleinertes
Utwas; — 't is enier jjrötje worden od. all'
to prötje käkt un bnulen ; — se hed d'r
ünier i)rötj(.' (Brei od. Mus etc.) fan mäkt ;
— 't is niks as emer prOtje (Weiches, Zer-
kochtes, Mus, Brei etc.) wat se en försetd.
— Compos. : ])rötje-kräm (zerkochter Kram
od. zu Mus u. Brei zerkochtes u. zergan-
genes Etwas).
pi'ötjeu, a. leise schelten, schmälen, tadeln,
murren, brummen; — se prütjet mit hum;
— St- hed altid wat to protjen; — b. mit
brätelndem od. brodelndem, surrendem Ge-
räusch im Topfe anhaltend gelinde kochen
od. .schmoren ; — dat eteu is al lauk gär uu
't steidn og all' hon up 't tur to prütjen; —
c. Speise durch langsames u. langes Kochen
zu Mus od. Brei (prötje) zerkochen, sie un-
ansehnlich u. unschmackhaft zubereiten etc.;
— se i)rötjet man gau so wat toregt. —
Mit pröttehi eines lysjjrungs.
prütjen (Dimin. von proteu u. namentlich
von Kindern gebraucht), kleinliche Ge-
schichten od. Fabeleien erzählen, undeutlich
u. unarticulirt sprechen, lallen, schwätzein
od. schwätzen etc.; — 't kindje ligt in de
wege to protjen; — 't kind prötjed al an;
— he hed altid wat to jirötjen un to fer-
tellen. — Xld. i)raatjen etc.
prötsk, prötat'htig, prötsÜt, redselig, ge-
schwätzig etc. — Zu proten.
pröttel, Plur. pröttels, Schelte, Tadel od.
durch Schelten, Tadeln od. Murren bezeigte
Zeichen von Unwillen u. Unzufriedenheit
etc. ; — se hed pröttels had, dat se so läl
to hüs kwam. — 3Iit gepröttel zu pröttehi.
prötteln, a. anhaltend od. wiederholt schel-
ten, tadeln, murren, brummen etc. ; — se
prötteld de ganse dag an ; — se hed mit
de meid prötteld, dat se niks fürt mök ; —
b. jjrotzeln , schwach aufwallend u. mit
brätelndem od. leise prasnelndem bz. bro-
delndem od. surrendem Geräusch langsam
u. gelinde kochen u. schmoren etc. ; — dat
eten prötteld up 't für. — Nd. pröleln (an-
haltend brummen od. zanken, tadeln etc. ;
mit Geräusch kochen); nid. preutelen ; mnld.,
mfläm. protelen , preutelen (murmurare,
mussitare, murmillare; bullire cum niurmure
sive bombo); mnd. CS eh. u. L.) protelen
(plaudern, bz. ein lärmendes Geschrei er-
heben, seine Unzufriedenheit durch Schreien
od. Murren bezeigen). — Wohl Iterativ von
proten in der urspr. Bedtg. : Lärm m. Ge-
räusch machen. Vergl. übrigens auch das
nhd. prudeln (laut aufwallend kochen, od.
wie wir sagen : bullern etc.), da es mir doch
5 zweifelhaft ist, ab die mnld., mfläm. Tonnen
preutelen, protelen nicht auf altes u od. o
zurückgehen, ivährend doch ein von proteu
abstammendes protelen im nid. nur als
jiratelen erscheinen könnte u. dann also auch
10 un.ser prötteln w. nid. preutelen, mit dem
von mnd. proten, praten abstammenden pro-
telen (plaudern) nichts zu schaffen hat.
pi'ove, pröven etc., s. profe etc.
proviant, Proviant, Mundvorrath. — Aus
15 /ifl/. provianda u. dies nach Diez (II, 436)
mit vorgesetztem pro aus franz. viande
(Fleisch zur Nahrung, früher auch: Lebens-
mittel), was mit gleichbedeutendem prov.
viauda aus vivenda entstanden sein soll.
20 i\''flc/t Anderen (cf. Weigand) entstand
das ital. provianda mit franz. provende aus
lat. provideuda, dem Femin. von provideudus
(con providere).
priibbe, probbe, Rausch; — 'n prubbe in
25 de kop (od. nose) hebben.
priigel , Prügel, derber Stock, Keule,
Schlägel od. derbes Stück Holz zum Schlagen;
im Plur.: Schläge, Hiebe; — he gaf hum
en mit de priigel up de kop ; — he hed
30 jirügel had. — JVd. priigel ». (contrah., cf.
Schambach) priil; nid. priegel; schived.
prygel; norw. (contrah.) priel od. pryl (cf.
pryla ^ prügeln); dän. prygl; mhd. briigel;
ahd. prugil ; cf. prügeln.
35 prügeln, prügeln, hauen, schlagen etc.;
— he prügeld dat d'r in ; — he prügeld
hum dör ; — se prügeln sük. — Nd. prügeln ;
satl. prügelje; nid. priegelen; schwed. prygla;
norw. pryla ; dän. prygle ; älteres hochd.
40 brügeln ; ahd. prugilöu /« giprugilön (con-
tuudere).
Das ahd. prugilöu (cf. buchein con buchel
od. nhd. bügeln von Bügel etc.) setzt ein
ahd. prugil (Prügel, fustis etc.) voraus, was
45 (cf. die sonstigen Bedtgn. unter brügel in
Grimm, Wb., sowie bei Weigand unter
Prügel) wahrscheinl. ur-'^j^r. die Bedtg. :
Schlagholz od. geschlagenes, abgeschla-
genes, zerschlagenes Etwas hatte u. so so-
50 wohl in die Bedtg. : Schlag el od. Schi ag-
gcräth, Werkzeug zum Schlagen
etc., als in die von : g e- od. zer schlag e-
n es Holz z um Brennen, Brennholz
(Etwas was ge- od. zerschlagen, ge- od. zer-
55 hauen, ge- od. zerspalten u. zerkleinert ist)
überging. Was die Herkunft dieses ahd.
l)rugil betriff't, so scheint es von einem alten
brigan, brag, brug, bruguu, ahd. prigan,
präg, prug etc. (in der Bedtg. : brechen,
60 spalten, hauen etc.) abzustammen , womit
PRUEKE 763 PRUEME
auch das hess. (Vilmar) pregel (starkes imng. ])ümiae\ = TßemB) bedeutet u. St rodt-
StücJc Höh, Knittel etc.) u. pregeln (mit m ann das Wort prull auch in der Bedtg. :
einem starken, durch die Spannkette ge- Busch hat, was auf eine begriffliche Ver-
steckten Scheit, Kloben od. Knittel das auf wandtschaft mit nid. prol (dicker, zäher od.
dem Wagen befindliche Holz zusammenhalten 5 dicker, klumpiger Brei, Mus, cf. appel-prol,
u. befestigen), sowie vielleicht auch das nhd. Apfelbrei od. Apfelmus) u. prollig (dick,
B rüg e (tabulatio, cf. G r i m m , Wb.) zu- zähe od. dick u. klumpig wie Apfclbrei od.
sammenhängt, falls solches nicht etwa mit Mus), soivie mit schtved. prolle (dicker,
dem mhd. brogen (sich erheben) u. weiter plumper, klotziger Mensch, plumper Kerl
mit dem unter prile (s. d. am Schlüsse); 10 etc.) u. unser ■prüUeke( in der Bedtg.: kleines,
kgmr. hrog; kelt. hrugh. (Erhebung etc.) etc. rundes od. ball- u. kugclartiges Backwerk
connex ist. von gegohrenem od. aufgequollenem Weizen-
prüke , prük , a. Perrücke od. die auf mehl = bei- od. bol-beisje) hinzudeuten
künstlichem Wege hergestellte Kopfbedeckung scheint. Ob aber nun das obige prülle mit
von Haar, cf. härmüts ; — b. natürlich 15 nd. prull (Beule, dicke Geschwulst) u. mnd.
starker, langer u. zottiger Haanvuchs od. prul (phallus) soivie dem nid. prol (s. oben)
Haarwulst; — lie hed so 'n prük up de tirspr. eins od. gleichen Ursprungs mit
kop, dat be sük nödig insen ^t här sniden diesen Wörtern ist u. prul od. prulle viel-
lateu mut. — Aus franz. perruque , was leicht aus der Bedtg. : dickes, aufgequollenes
mit ital. perruca , parruca (lang gelocktes 20 od. aufgeschwollenes, plumpes u. klotziges
Haar) aus (s. bei Diez, I, 321 unter Etwas in die von plumpes, rohes, grobes,
piluccare u. cf. plükkeii) sie, sard. pilucca; gemeines u. schlechtes Etivas (cf. plump)
lojnb. pelucb (Haarschojjf) entstellt sein soll. überging, wage ich nicht zu entscheiden u.
prök-sellere, a. Knollen- Sellerie; — b. sei hier nur noch bemerkt, dass Strat-
(obs.) Knotenperrücke. 25 mann ein mit engl, prowl ident. aengl.
präl, s. prülle. prollin od. prollen (scrutari) aufführt, dessen
priilen, maulen, schmollen, murren etc.; Stamm prol od. prolle beim, Vergleich von
— se sitt in de hörn to prülen ; — he deid lat. scrutari von scruta (alte abgenutzte, halb
niks as prülen ; — he prüld mit mi. — zerbrochene Dinge, altes Gerumpel, Trödel-
Davon : prüler (Muuler, Schmoller, Murr- 30 kram) auch wohl dieselbe Bedtg. loie unser
köpf etc.), — prül-hörn (Schmollwinkel, prülle gehabt haben könnte.
Protzecke), — prülig, prülerig, prülsk 1. priilleke, priillke fZ)i»u«. t'ow prülle) ;
(schmollig od. schmollend, mürrisch, ver- — 'n prüUke fan 'n wif od. ding etc.
driesslich etc.). — Nid. pruilen; mnld., 2. priilleke, prüllke ; i. q. bel-beissje, s.
mfläm. pruylen (mutire, mussitare). — Nach 35 unter prülle.
bül aus budel = nid. buidel (Beutel) u. prüUeker, priillker, ein Mensch der ge-
bülen (beuteln) darf man wohl fast mit nau u. kleinlich handelt od. mit werthlosen,
Sicherheit annehmen, dass es ein Contract. geringwerthigen Sachen handelt ; — Lump,
von nid. preutelen ; mnld. preutelen, proteleu Lumpenkerl, Knicker, Geizhals, Trödler etc. ;
(cf. prötteln) zu sein scheint. 40 — 'n prüllker fan 'n kerl. — Nd. (Br.
prülle, prül , ein schlechtes, gemeines, Wb., S ch amb ach etc.) \^rü\\ker.
nichtsnutziges , werthloses , unbrauchbares pi'iillig, schlecht, nichtsnutzig, lumpig, lau-
od. altes verlegenes Etwas, sei es Mensch sig, knickerig etc. — Nid. prullig.
od. Sache; — 'u prül fan 'n kerel od. wif, pi'tim, spitz, fein, zierlich, geziert, aff'ectirt
ding etc.; — weg mit de prüllen (Plunder, 45 etc.; — 'n prum mundtje maken (ein spitzes,
Gerümpjel etc.), se sunt dog nargends mer feines, kleines, zierliches Mündchen machen,
to to brüken ; — olde potten un prüllen ; es so zusammenziehen, dass es spitz vor-
— 'n prülding (ein nichtsnutziges od. altes, steht u. sehr klein ist) ; — dat kindtje hed
unbrauchbares Ding, Lumpending etc); — 'n allerlefst prum mundtje; — se deid net
prültüg (gemeines, schlechtes, nichtsnutziges 50 so prum (fein u. zierlich, bz. geziert u.
Volk, schlechtes, altes u. unbrauchbares Zeug, affectirt), as of se so regt wat höggelks
Plunder etc.); — prüllenkräm (alter od. (Vornehmes) is. — Vergleiche iveiter das
werthloser, bz. geringer od. geringfügiger folgende:
u. kleinlicher Kram, Plunder- od. Lumpen- pi'iime, prüm, Plur. prümen. — Dieses
Krametc.). — Nd.(Br.Wb.etc.)])Yu\],])ru\\e, 65 Wort kommt nur in der Redensart: de
prüll; nid. prul. — Ln nd. (Br. Wb., Ml mund in prümen setten od. trekken vor,
unter den Zusätzen etc.) bezeichnet \)V\x\\ auch loas gesagt wird, wenn eine Person den
eine Beule, dicke Geschioulst, loährend das Mund spitzt um zu reden od. denselben so
mnd. prul (s. bei S c h. u. L.) anscheinend zusammenzieht, dass er ganz klein wird u.
phallus (cf. unser pummel, pümmel u. dazu 60 spitz vorsteht, ähnlich so toie tvenn kleine
PRÜEMEN 764 PRUNKER
Kinder ihr Mündchen vorstrecken 2111)1 Küssen auch nhd. brunk u. mnld. bronck, s. Wei-
od. wenn Jemand gam iierlich u. fein küssen teres unter prunkeu.
will. — Es scheint mir. als ob beide Wörter prunke-bone, s. priiuker.
(nämlich prüm u. prüme) sowohl mit prem, prunken, prunken, glänzen, Staat machen,
priem (Pfriem) als S2)itzes u. dünnes 5 zur Schau stellen, prangen, prahlen etc.; —
Ktwas, als auch mit priiicn, prüneii (stechen he prunkt mit slu möje klereii od. perdeu,
od. stecken, zusammenstecken od. zusammen- hi'is, geld, gokl etc. ; — he lett sin gold un
nähen, zusammenziehen etc.) zusamtnen- jiuvelen prunken; — dat hüs prunkt recht
hängen, zumal icenn man vergleicht, das.^ im de strate ; — se 0(?. dat stcid in 't fenster
auch nd. piint (Spitze, cf. pünte = franz. 10 to prunken. — Davon: ferprunkeu (durch
pointe) im holstcin. (cf. bei Schütz e, III, Prunk rerthun) ; — he ferprunkt to fol,
245 die Eedcnsart. : he settet de mund in (/. prunker. — Nd. prunken ; nid. pronken ;
de i)ünt = er spitzt den 3Iund; — dat mnld., mjläm. proncken , broncken ; nhd.
mündken int püutken, vom kleinen Mädchen- prunken n. brunkeu ; md. brunkeu u. Com-
munde der Gezierten etc.) ganz in derselben 15 jjos. verbruiiken ; satl. prunkje; wfries.
Weise wie das obige inümc gebraucht wird pronckjen; norw., schwed. prunka; dän.
u. dass ((»t/t prüntig dort neben spitz die prunke. — Ks stammt wahrscheinl. von
JBedtg.: zierlich od. geziert hat. — einem verlornen alten Verb, brinkan, brauk,
üb das engl, prim (geziert, affectirt etc.), brunk, brunkun = ahd. princhaii, pranch
prini (geziert thun, sich zieren) u. prim (das 20 etc. (brennen, flammen, glänzen etc.), was
hübsche, zierliche, schmucke Mädchen) auch mit blinken, blank, blunk etc. u. bliken od.
desselben Ursprungs sind? blikan, blak etc. von derselben ]/ bharg,
prümen, Tabak kauen. — Nid. pruinieu bhrag etc. (s. unter blikeu) abstammt u.
ctr. — Zu priime, cf. prümke u. prumken. woraus sich beim Vergleich von h]ak(sc1noarze
prfinike , prümtje , Priemchen od. eine 25 Dinte) od. blak (schwarz, dunkel, trübe) t(.
kleine Portion Tabak zum Kauen, hier oft blaken (qualmend u. trübe brennen etc., cf.
auch slätje genannt. — Nd. prüniken, blak, blaken etc.) auch vielleicht das mnld.,
j}rnmchvn,i)vimc'hen u. (Schütz e) Y)TÜ\üJQS\ mfläm. pronck (nubilum, uubes), pronck
satl. plüratje ; nid. pruimtje, pruimpje. — (frons nubila, supercilium nubilum); proncken
Dimin. von hier ungebräuchlichem i)rume 30 (nubilare, nubilum fieri) erklärt, weil beim
= nid. pruini (kleine Portion Tabak zum Brennen Hauch od. eine RaucJiwolke ent-
Kauen, was Jedoch zweifellos kein anderes steht u. sich dabei die Luft wie bei einer
Wort ist wie p r u i m (Pflaume), ivonach Dampf- u. Nebelwolke verfinstert u. das
das Priemchen tcohl seiner Aehnlichkeit Blau des Himmels bedeckt od. überzogen
wegen mit dieser benannt ist, ebenso wie 35 u. beschattet loird.
HHSfr slätje auch Dimin. von slät (Salat Ver gl. dieserhalb bei K ilian auch noch:
od. Salatkopf) ist. — Im Engl, heisst ein pronckcnde weder (nubilus aer; caelum od.
Priemchen cud u. quid, %oas wohl soviel coelum caligans), prouckende kolen (prunae
als das zu Wiederkäuende od. das obductae etc.) etc., sowie proncken (vultum
zu Kauende bedeutet, da es mit aengl. 40 componere sive adducere, froutem subducere
cude u. ags. cudu cweodu (rumen) zu ags. etc.), was er zwar mit proncken (oruare,
ceowan (cf. kauen) zu gehören scheint. adornare, ostentare sc etc.) identificirt, in-
priimken , prünitjen, Tabak kauen. — dessen schwerlich mit diesem gleich ist, da
Sali (Ehrentraut, 11,214) plftmtje. — dieses letztere proncken, bz. broncken (cf.
Von prumke etc., wie prümen, nid. pruimen 45 prunken) wohl ebenso von prouck, bronck
von priime od. prüm = nid. pruim. (Prunk) abstammt, als proncken (uubilare
prüra-tobak, Kautabak. — j\7(/. pruim- etc.) n. proncken (vultum componere etc.)
t;ibak. von pronck (nubilum, nubes) od. urspr. xcohl:
prfiiien, *■. prinen. Rauch, Dampf etc. als dasjenige was durch
prunk, Prunk, Staat, Glanz, bz. das was 50 Brennen, Brand od. Verbrennen, Verbren-
putzt u. glänzt od. Glanz macht, wie präch- nung etc. entsteht.
tige Kleider od. kostbares, glänzendes Ge- pranker, Prunker, a. Person die jirunkt
schneide , Schmuck etc.; — se hed föl od. viel Staat u. Aufwand macht, od. auch
prunk ; — mit groten prunk un grote pracht ; Person die mit Etwas prunkt u. Staat
— dat mäkt f51 prunk ; — se dragt föl 55 macht ; — he is 'n regten prunker ; —
prunk; — he steld dat to prunk od. hed Sprichw.: 'n sludderer fersludderd mer, as
dat to prunk (um Staat damit zu machen) 'n prunker ferprunkd etc. — b. ein Etwas
stän. — Nd. prunk, nhl., wfries. jironk ; was prunkt od. Staat macht; — de dikke
mnld. pronck (ornatus; ostentatio); mfläm. rode jteren , dat siint regte prunkers un
pronck (ornement; ostentation). Daneben 60 ögenstekers. — Daher auch c. prunkende
PUüENTJEN 765 PüCHEN
Bohne , hz. die prunkebone od. prunker des Herzens gehraucht wird, u. scmit dasselbe
genannte grosse toeiss- u. rothblühende ivie satl. puckje (s. unter pukkern) bezeichnet.
Vietsbohne. — Nd. prunker; nid. pronker, Beide Wörter (nämlich \mc.hen ?<. pucken)
pronkaart. ^ gehören zu der weit verbreiteten SchaUwurzel
prüntjen, s. printjen. 5 od. dem Tonwort buk, loas mit bub aus bu
1. prüs, preuss, preussisch; — wi sunt als Ablaut von dem Tonwort ba (rcdupl.
prüs worden; — ^rüsae, Preusse ; — prüssen, baba, gekürzt bab, nasal, bamb, verdumpft
Preussen. bumb, bomb [ef. babbeln etc.], wie l)ub aus
2. prüs, stolz, keck, kühn, selbstbewusst redupl. bubu od. buba, cf. bubbeln, soioie
etc.; — be kikt so prus ftt, as 'n jungen 10 buf, puf etc.) erweitert ist u. wobei aus der
God; — be löpt d'r so prüs hen, as of he Grdbdtg. sonus od. sonare (schallen, tönen,
alle taskeu ful geld hed. rauschen, brausen, tosen, lärmen etc.) ebenso
^rvLHtCin,niesen, schnauben, fauchen, blasen, wie bei klappen u. kloppen von kJap etc.
sprudeln etc. ; — he is so ferkold, dat he neben : schreien, lärmen, schwatzen, prahlen
hast niks deid as prusten unsnfifon; — dat 15 etc. (cf. auch galm, galpen etc.) auch die
prüst un snuft un brüst un bläst um en to, Bedtg. : schlagen, klopfen etc. od. stossen,
dat man hast angst un bange word ; — de stampfen etc. entstand u. tvovon man beim
katte prüstd de hund an; — he prilstd ftt Vergleich von goth. biugan, baug, bug etc.
fan lachen ; — he prftstd en dat lik in 't = ahd. piokau, pouk etc. (cf. 2 bfigcn) von
gesiebt. — Davon: gepruste, Geniese etc.; 20 der y bhug auch em rt^ierw. biukan, piukan,
— 'n old geprftste, ein unaufhörliches Ge- bouk od. bauk, pauk etc. (lärmen od. schlagen,
niese etc. — Nd., mnd. prusten ; mnld., klopfen, stossen etc.) ableiten könnte, sodass
mfläm. pruisten; satl. prüstje; nfries. pruste. auch pauke u. pauken neben unserm büken
— Es ist vom Partie, präs. prftst = nid. {schlagen etc., cf. 2 böken) u. puchen,
pi'uist (heeft ge-pruist) von nid., mnld. 25 pukkern ebensogut direct von dieser y \)vik
pruisen , pruischen (brausen , schäumen, (cf. auch pogge, pok u. pung von der aus
brauschen, niesen etc., bullire, fervere, in- tosen, brausen od. stürmen etc. entstan-
fervere cum murmure ; singultire, singultus denen Bedtg. : pfauchen u. blasen, sich auf-
emittere) weitergebildet, welch Letzteres eine blasen etc.) abgeleitet loerden kann, welche
blosse Nebenform von nid., mnld. bruisen, 30 nach den von Fick (1, 151) dazu gestellten
bruischen (cf. brüsen) ist u. wonach sich Wörtern als: skr. bukkära (Löwengebrüll),
also die Bedtg. : niese n aus der von : bukk, bukkati (bellen) etc. ; griech. büktcs
brausen, rauschen, tosen, lärmen etc. 'änemos (heulender, schnaubender Wind),
entwickelt hat. bukäne, lat. buccinum od. bucinum (Trom-
pnhlik, publik, öffentlich, bekannt etc. : 35 pete, Kriegshorn), bucca (Blase; Backe) etc.
— wi willen 'i publik ferkopen laten; — etc., soivie nd. puchen (lärmen, räsonniren) ;
dat is publik genug. — Das lat. publicus ahd. pfftchon (pfauchen, schnauben), sowie
u. dies aus populicus von populus (Volk). unser pogge u. pung etc. ein blosses Schall-
puche od. püclie, Finne, Schwäre, Beule. od. Ton- Wort ist u. auch von Fick (IV,
— Nebenform von pokke, pok od. mit die- 40 111) als Erweiterung von gräco-ital. bu (als
sem u. puchen etc. von derselben y buk. Ablaut von ba) angesehen wird. Dass
puchen od. (richtiger) pnglien, pochen, übrigens der Stamm buk, nasalirt bunk
laut u. gross sprechen, gross u. dicke thun, auch wahrscheinl. unserm bunken zu Grunde
prahlen etc.; — he sitt to (od. deid niks liegt, ist wohl zweifellos, sowie auch, dass
as) puchen un pralen ; — he pucht up sin 45 derselbe noch vielen sonstigen urspr. deut-
geld un grote ridkom. — Nd., mnd. puchen ; sehen Wörtern zu Grunde liegt,
nid., mnld., mfläm. pochen (od. poghen) ; Sollte nun aber beim Vergleich unsers
wfries. pochjen; nfries. (Johansen , pag. bCikö u. mftko das griech. bous, lat. bos
174) Tßochin; wang. pucii; SrtiZ. puchje ; nhd. (griech. u. dor. kommen auch die Formen
neben pochen auch (cf. Grimm, Wb.) 50 boü, bös, bön vor) wohl wirklich für älteres
bochen, buchen, puchen, sowie mnd. neben gous, gos stehen u. mit skr. go (cf. ko) von
puchen (Seh. u. L.) auch puggen. — Es dem mit bu synonymen Tonwort, bz. der
ist eins mit nd. pucken od. pukken (stossen, y gu (sonare, clamare) abstammen, da für
schlagen, klopfen, pulsiren etc.), wovon wir nur einen solchen getvaltsamen Lauttcechsel, bz.
noch das Freq. od. Iterat. pukkern haben, ivie 55 den Uebergang von g in b doch durchaus
auch das wang. (Ehrentraut, I, 63) nicht kein Grund vorlag u. man griech. bous od.
wie das satl. ]n\chje die Bedtg.: gross u. dicke bou, lat. bos in der Bedtg.: Brüll er od.
thun od. laut u. gross sprechen, prahlen etc. Brüll- Wesen doch mit dem gleichbedeu-
hat, sondern ebenso wie das nhd. pochen auch tenden ir. bö ; cambr. buch viel ungezwun-
vom Pochen an die Thür etc. od, vom Pochen 60 gener u. ebensogut direct mit griech. bau bau
PUPDE 766 tUDELN
(Gebell des Hundes), h&nhkö (oHomatopöisches Wegen der Bedtg.: aufgeschwollenes od.
od. schalhtachahmendes Wort), baüzö od. aufgetriebenes y aufgeblähtes Etwas von
bauxö (onomatopuisch bau, bau rufen, bellen pudding vergl. auch unser puffer od. puffert,
etc., cf. unser wu-wu u. wuf od. wuf-wuf), tvozu hier noch weiter bemerkt sei, dass
hansmos (Geschrei), hoäzö (schreien, lärmen), 5 beim Vergleich des franz. bout u. bouton
böäma (Geschrei, Ruf), boäö od. boäein von unserm hni od. mnld.hQiiQ, nhd. Butte
(schreien, lärmen, tosen, brausen, prahlen, in Hage- od. Hain-Butte (cf. 3 but) das
rühmen etc.) etc. von der Ton- od. Schall- franz. boudiu u. aengl. boding etc. auch
Wurzel bu (cf. auch bu, bübä, bümau) ab- von einem Stamm bod od. Subst. bodde,
leiten kann, zu der wahrsclieinl. auch unser 10 budde entstanden sein könnte, dem auch
bau od. baue (Bremse, Stechfliege), sowie die Bedtg. : schwellen od. Aufgeschwollenes,
bau od. baue (Schlag, Klapps, Ohrfeige) Aufgetriebenes etc. zu Grunde liegt. Ver-
u. ha.uen gehört, da das nhd. Bremse von gleicht man nun aber ferner, dass vom
brimmau, brara, brummun (brummen) ab- Stam)n klat auch unser kladde, kladden,
stammt u. sich die Bedtg. : Schlag od. Klapps 15 kladdern etc. abstammt, bz. dass das nd. t
etc. auch xoieder von selbst aus dem Schall- auch sehr leicht wieder zu d xvird, so kann
stamm bu ergiebt, der ja dieselbe Bedtg. man beim Vergleich des franz. boudiue
wie klap hat od. ein Schallwort wie dieses (Knöpfchen), nprov. boudöli (Biitzel) etc.
u. klak, klat, knap, knat etc. ist. zu franz. bouton u. nhd. Biitzel kaum
pudde, s. padde. 20 umhin, dass auch das afranz. boudin, aengl.
pudde-stül, s. ])adde-stöl. boding, poding ; engl, pudding etc. mit iin-
pudding, Pudding. — Nd. pudding u. serm but u. butten, nid. bot u. botten etc.
(Schütze) pudden, buddeu. — Das ent- zusammenhängt, loie ja auch nd. (Br. Wb.)
lehnte engl, pudding, loas auch die Bedtg. : puddig (dick aufgeschwollen) u. pudde-wurst
Speis e u. Wu r st hat u. mit aengl. puding, 25 (dicke Wurst, Blutwurst, cf. auch nd. purrel
poding aus afranz. boudin (Wurst) ent- für puddel [kleines, dickes Ende, kurzer,
stand, dessenverschiedene Bedtgn. im nf ranz., dicker Mensch], bz. nd. puddel, puddik bei
als: Blut-, Roth-, Weiss- Wurst, Wulst, Pfühl D ä h n ert, sowie engl, puddle, kurz u. dick ;
etc. beim Vergleich von boudine. Knöpfchen kurzer, dicker Mensch etc. u. Weiteres unter
(früher auch Nabel), nprov. hovL(\.o\\(Butzel), 30 unserm buddeln), soivie mnd. (Seh. u. L.)
boudougno (Buckel, Geschwulst) darauf huddech (dick geschwollen?), ebenso wie mnd.
schliessen lassen, dass das afranz. boudin bud (s. dieses Wort bei Seh. u. L.) an-
urspr. ein aufgeschivollenes od. aufgequolle- scheinend mit unserm but (cf. 1, 2 u. 3 but)
nes, aufgetriebenes Etwas bezeichnete u. zusammenhängen u. mit diesem gleichen Ur-
demnach ausser Wtirst (cf. wurst auch 35 Sprungs sind.
in der Bedtg.: Wulst etc.) auch noch so n- 1. pudel ; /. q. büdel (cf. bül) = mnd.
stige Bedtgn. gehabt haben tvird. — Zum budel, ahd. putil od. pütil (Beutel) = mnld.
franz. boudin (Wurst) cf. mflüm., mnld. puydel, puyl ; schalt, puddill (Beutel, Säck-
beulinck , bolinck (intestinum , intestinum chen etc.) etc.
fartum ; farcimen, hila od. Lilla) u. tvenn 40 2. pndel od. piidel, Pudel, rauher, kraus-
man das nid. goud, woud = gold, wold od. haariger Hund. — Nd. pudel.
nd. wold vergleicht, soioie dass auch in 3. pudel, Pudel od. Fehlwurf, Fehler,
vielen franz. Wörtern aud od. oud aus Versehen etc., z. B. beim Kegelschieben od.
auld, ould, bz. ald, old (cf. z. B. franz. auch sonst, wie auch nd. pudel ; — he hed
bandet, bände, baudre u. afranz. boudouin 45 'n pudel raäkt; — wel hed mi de pudel
= unserm Boldewin, bz. franz. baud-bold, bakt? — cf. 1 pudeln. — Da das lat. canis
sowie mou von mollis u. poudre von pulvis auch im Würfelspiel einen unglücklichen
etc.) entstand, so ist das franz. boudin (so- Wurf (einen Hundeiourf) bezeichnet , so
fern es ein aufgetriebenes od. aufgeschwol- wird auch tvohl dieses pudel dasselbe Wort
lenes Etwas bezeichnet) wohl zunächst ver- 50 wie 2 jiudel sein.
wandt mit schott. boldin, boldyn (schivellen), 4. pnde], schmutziges od. verkommenes u.
boulden (swelled), bolnys (swells), bolnyng gemeines Weib, Schlumpe, Hure etc. ; —
(swelling) etc., woie» Jrt«u'eson auf schwed. 'n pudel fan 'n wTf; — so 'n oldcn pudel!
hn\na,(aufschioeUen) verweist, loovon bulning wel wul sük dar nog wol an fergripcn? —
(Anschwellung od. Eiterung unter der Haut) 55 Wohl urspr. dasselbe icie 2 pudel u. ein
etc. u. tvobei man dann auch tvieder an ähnliches Schimpfwort toie hund. Vergl.
eine Verwandtschaft mit mnd., bz. unserm indessen noch Weiteres unter 2 pudeln.
bule od. böle (Beule) u. bulen od. bülen 1. pudeln, einen Pudel (od. Fehlwurf,
(schivellen etc.), sowie vielleicht auch mit Fehler, Missgriff, Versehen etc.) machen,
belle, bolder etc. denken könnte. 60 fehlwerfen , fehlen , sich versehen , etwas
t*TJDET.N
767
PUF
schlecht ausführen od. machen, pfuschen,
manischen, schmieren etc. ; — he is an 't
pudelu räkt; — liO pudelt to f81; — wat
pudelst (pfuschest, mantschest, schmierst etc.)
du däi- wer toregt '? — Davon : forpudehi ; —
he hed sük (od. dat) fcrpudeld ; — de budel
is ferpudeld (verpfuscht, verdorben etc.) ; —
he ferpudeld ml 't all' ; — wel hed dat nu
wer ferpudeld, dat de blömcn all' ferdrögt
sunt? — Nd. pudeln.
2. pudeln (seltener puddeln), schüttelnd
u. plätschernd od. mit Geräusch u. starker
Bewegung (od. vielfacher Hin- u. Her-
bewegung) der Gliedmassen etc. baden od.
waschen; — he pudeld sük dügtig; — dat
kindje mut nog erst pudeld (gebadet od. ge-
waschen u. dann wieder cingebündelt) worden,
er ik to bedde gän kan; — de fögelkes
pudeln sük in 't water od. in sand ; — de
kinder pudeln (laut u. heftig rühren od.
starke u. heftige Bewegungen machen, wühlen
etc.) in 't water od. in 't sand herum. —
Davon auch wohl: bepudeln, mit Wasser
od. Sand bespritzen ti. bewerfen, besudeln
etc.; — se bepudeln sük ; — se hebben sük
d'r mit od. in bepudeld. — cf. buddeln, so-
ivie das erste pudeln bei Weig and,
— Ferner auch engl, puddle (plantschen,
mantschen, trüben, unrein machen, in
Schlammwasser tauchen etc.) u. aengl.
(Stratmann) podel (lacuna) ; en^?. puddle
(Sehlamm , Koth) ; schott. (J ami es o n)
puddle od. pudle (to werk diligentily in a
mean way etc.).
pudel-dik, besoffen od. dick wie ein Pudel,
ganz dick u. voll.
pudel-nat, pudelnass, völlig durchnässt u.
durchweicht.
pndep, Puder, Mehlstaub od. feines Mehl
zum Bestauben der Haare etc. — Das ent-
lehnte franz. poudre «. dies aus lat. pulvis,
bz, dessen Äccusativ pulvercm, indem dies
erst zu polvre u. dann mit Ausfall des v
zu polre 11. dann mit eingetretenem d zu
poldre, poudre (s. dieserhalb auch Weiteres
unter pudding) wurde.
puder-störm, ein kleiner heftiger Wirbel-
sturm od. Windtvirbel, wobei der Staub in
Massen aufgewirbelt ivird. Da derselbe bald
voriibergeht u. nur Staub aufwirbelt, ohne
sonst Schaden zu thun , so wird auch ein
plötzliches, heftiges Aufbrausen eines sonst
gutmüthigen Menschen mit diesem Namen
bezeichnet, der tvohl soviel cds Puder- od.
Staub- Sturm bedeutet.
1. paf, Schallwort toie buf od. pif, paf,
was ähnlich wie diese u. auch wie klap,
klat, klak das Geräusch (u. zwar hier des
dumpfen) eines Falles, Stosses, Schlages od.
Schusses etc. bezeichnet, dann aber auch
wieder in die Bedtg. : Fall, Stoss, Schlag
etc. selbst übergeht; — puf sä' 't, dar lag
't od. diu- lag he; — puf sä' 't, do gung 't
gewiir lös ; — he hed 'n goden puf dän ; —
5 he kreg 'n puf, dat he not wus, war he
blef ; — he gaf hum 'n puf up de kop, bz.
in de rügge etc. — Nd., nhd., mnd. puf ;
nid. pof etc. u. mit buf, sowie unserm pif
u. paf od. baf von baffen (latrare etc., cf.
10 baf od. baff u. bäff"en bei Weig an d), so-
ioic auch dem roman. Stamm buf (cf.
buf, buffen u. die dort angeführten Stellen
bei Die z) urspr. eines Ursprungs , da
man weder annehmen kann, dass das germ.
15 buf, puf od. baf, paf älter ist ivie das roman.
buf, noch dieses älter als das germ. buf, puf
od. baf, da sie sämmtlich auf urspr. Schall-
stämme od. Tonwörter ba u. bu (redupl.
baba u. bubu od. weitergebildet zu bab, baf
20 w. bub, buf etc., cf. babbe, babbel, bubbel,
bz. die Bemerkung zu puchen u. auch lat.
babae u. bubo, bubare, sowie bua etc. u.
auch noch Weiteres bei Pott, Wurzehvb.,
I, 1139) zurückgehen, wobei ich. toegen der
25 Entstehung des i in buf, puf aus b auf
nhd. Büffel, franz. bufle, ital. bufalo etc.
aus lat. bubalus, griech. boübalos verweise,
'was zweifellos mit lat. bubo u. bubare, soivie
höchst loahrscheinl. auch mit hos u. griech.
30 bous zum Tonwort bu (redupl. bubu, loie
baba, bamba von ba, cf. babbeln) gehören,
da der Büffel sowohl, als auch das bos
od. bous genannte Rind (s. Weiteres darüber
unter puchen am Schlüsse) urspir. ivohl cds
35 Brüll er od. brüllende Thiere aufge-
fasst sind, ebenso loie auch kö (Kuh) diese
Bedtg. hat, u. wie auch lat. bubo u. bubare
von der redupl. ]/ bu od. dem Tonwort bu
abstammen, wie dies bei Fick (I, 685)
40 unter bub, baub zu ersehen ist, der sogar
auch unser pumpen u. pupen zu diesem bub
stellt, lüovon neben unserm bubbeln auch
zweifellos das nd. u. nhd. puppern ab-
stammt.
45 Vergleicht man nun aber weiter unser
püs, pusten u. bftsen (stürmen, tosen, brau-
sen etc.) u. dabei weiter auch ital. buffa
(unnützes Geschrei, Lärm etc.), bufera (Sturm
mit Regen u. Schnee, Wirbelwind), buö"o
50 (das Blasen, der Windstoss) u. lat. bufo
(Kröte = aufgeblasenes od. aufgeblühtes
Etwas, wie unser pogge von der Y buk, cf.
puchen , pukkern u. pung), bz. dass die
Schcdlwurzel bu aus der Bedtg. : sonare etc.
55 atich die Bedtg. : tosen, stürmen, blasen etc.
entwickelte u. dass hieraus dann auch wieder
die Bedtg. : Blase od. durch Luft u. Wind
aufgetriebenes u. aufgeblähtes Etwas, bz. die
von: aufblasen, aufblähen, auftreiben, auf-
60 schwellen etc. entstand (cf. auch püs in
PUF
(68
PUEK
püs-bakke, Paushacice), so erJilärt sich auch
leicht die Bedtg. von 4 puf etc., bs. von
nid. paf 1/. pot", aufgehlasen, aufgebläht,
aufgeschwollen etc. ?/. «W. paffen f^c/. paffen),
sowie ferner das acngl. u. engl, puff (das
2)lötshche H. starke Hauchen, Blasen, An-
blasen ; der Hauch [od. püst] ; der ausge-
blasene HaucJi beim Tabakrauchen ; Aufge-
blasenes od. Aufgetriebenes , Lockeres u.
Schwammiges; Prahlerei, Windete), puftcr
(Pudding od. aufgetriebener u. gegohrener
Mchlkloss) u. manche sonstige Bedtgn., die
sich aus dem Schallstamm puf od. buf (cf.
bnffen u. puffen u. Weiteres bei Die.:, 1,
93 unter buf) entu-ickclt haben, von dessen
älterer Form bub neben unserm bubbel auch
das ital. bubbone (Beule, Geschwulst, cf.
Diec, I, 92) u. griech. boubön (Druse od.
aufgeblähtes, aufgetriebenes Etxcas etc., cf.
pok, blase, bladder etc.) abstammt.
2. pof. Nur in der Redensart: be hed
d'r gen puf up = er will nicht darauf los,
hat keine Lust u. Neigung um darauf los
zu gehen od. sich darauf zu stürzen, um
sich das Betreffende zu erobern od. anzu-
eignen etc. — Es bedeutet tvohl soviel als :
Stoss od. iMtzUcher Sturz u. Fall (auf
Etwas), da es jedenfalls dasselbe Wort wie
1 puf ist.
3. paf, Borg; — wat up de puf (od. pump)
halen od. borgen, köpen. — Wohl soviel
als: Schlag od. Stoss, Wurf, Fall (aufs
Gerathcwohl od. Ungefähr), wie wir auch
von tinüberlegten u. unvorbedachten Hand-
lungen u. Käufen sagen : dat geid up 'n
blinden puf. — cf. puffen sub b. — Nid.
pof u. nhd. Puff.
4. pal", bauschige Aufblähung od. Bausche,
dicke Falte, Wulst etc. auf u. an Kleidern ;
— puffen up de mauen ; — 'n kled mit
puffen. — Nd. puf; 7ild. pof etc. u. dies
mit puffen von ital. buffare (blasen, aufblasen
etc.), falls nicht etwa schon viel früher im
Stamm buf od. puf sich die Bedtg. : blasen
u. aufblasen, blähen entwickelt hatte, da
auch dem lat. bufo (Kröte) ebenso wie
unserm pogge u. pung die Bedtg. : aufge-
blasenes od. aufgeblähtes Etwas zu Grunde
liegt u. auch die Adverb, pof u. paf im
nid. die Bedtg.: aufgeblasen od. aufgebläht,
aufgeschicollen etc. haben. — S. Weiteres
unter buf w. am Schlüsse von 1 puf.
puffea, ;)»^c?j ; a. dumpf tönen od. knallen,
mit hörbarem Geräusch stossen, klopfen,
schlagen, fallen etc.; — wat puft dar; —
he puft dat gewer lös; — dat puft up de
grund ; — he puft up de grund ; — be
puft tegcn de dör an ; — he puft (knallt
etc. od. stösst, klopft etc.) d'r man up los ;
— dat hart puft hum fan schrik ; — man
kan dat puffen aferal hören ; — b. aufs
Gerathcwohl handeln od. kaufen u. borgen;
— be puft d'r net so lank up los, bit dat
't all' up is ; — c. blasen, blähen, bauschen
5 etc. ; — he puft sük up ; — dat kled od. de
mau puft so up; — he puft dat to fOl up
(bauscht das zu viel auf, macht mehr Lärm
davon als nöthig, übertreibt das zu sehr etc.).
— Nd., mnd. puffen; nid., mnld., mfläm.
10 poften ; noric, schwed. pufta; rfä«. puffe. —
Weiter vergl. buffen, bz. aengl. (Strat-
mann) puffen, poften «/.buffen, sowie engl.
puff' (stark blasen ; rauchen, paffen, schnau-
ben, schnaufen, pfauchen, keuchen, sich
15 aufblähen, aufschicellen, einem Trotz bieten,
spotten etc.) u. puff' (blasen, aufblasen, auf-
schwellen, dehnen, bauschen etc.).
paffer, eine kleine Pistole od. auch eine
kleine runde Flasche; — Compos.: tasken-
20 puft'er (eine kleine Sack- od. Taschenpistole
od. auch eine kleine runde Taschenflasche).
— Nd. puffer ; nid. poft'er.
puffer, puffert, pafferd, ein gegohrener od.
aufgegangener, aufgetriebener Mehlkloss od.
25 Pudding, der in einem Topf od. einer Pfanne
(pufferts-panne), bz. in einer Form gahr ge-
backen tvird. — Nd. puffer; nid. poff'crt.
pa-liU, a. Lnterjection od. Ausruf der
Verachtung u. des Spottes; — puba Margret,
30 wat is din hemd lank ; — b. Geschrei,
Lärm, Spektakel, Geprahle etc. ; — 'n gröt
pubä maken ; — be mäkt d'r föl to föl puha
fan ; — wat hebben (od. maken) de kinder
för 'n puhä. — Nfries. puhee. — Wohl
35 Compos. vom Schallwort pu = bu (s. unter
1 puf) u. hä. — cf. auch pu im Br. Wh.
= pfui.
pu-liäa, Grosssprecher, Prahlhans, Auf-
schneider, Wichtigthuer etc.; — he is 'n
40 regten puhän. — Davon : puhanerö (Auf-
schneiderei, Wichtigthuerei, Windmacherei
etc. — Es ist wohl soviel als Lär m- od.
Sehr ei -Hahn etc. u. von pu als urspr.
Tonwort (cf. puhä) u. hiln zusammengesetzt.
45 Oder steht es vielleicht für ursjyr. puch-hän
(Poch-Hahn) von puchen, lärmen, prahlen?
pCik, rein, sauber od. echt, ehrenhaft, red-
lich, zuverlässig, brav etc. (von Charakter,
od. im Handel u. Wandel , im Geschäft
50 etc.); — he is net rf^gt puk, hum is net to
troen ; — rein , sauber, fein etc. od. echt,
fest, haltbar etc. od. best, auserlesen, aus-
gezeichnet, vortrefflich (von Allem was im
Handel vorkommt u. verkauft wird); —
55 de weite (od. dat tlesk, de botter, de fisk
etc.) is net regt pük (nicht recht rein u.
sauber, bz. nicht recht frisch od, nicht mehr
recht haltbar, schon verdorben od. mit Ge-
ruch behaftet etc.) ; — püke wäre od. pük
60 göd (feine, saubere od. echte, feste, haltbare.
PttEKJR
769
PTJLEN
beste, vortrefflichste Wnare od. sauberes,
feines, echtes, bestes Zeug loie Tuch, Leinen
etc.); — 'n puk wicht (a. ein äitsserlich
feines, sauberes, anständiges, hübsches, nettes
Mädchen, od. auch h. ein sittlich reines,
vortreffliches Mädchen) ; — dat sägt dar
in liüä all' regt pük (fein, sauber, rei)i, nett,
ordentlich etc.) üt ; — dar in lifts is 't net
regt pük (nicht recht saiiber etc. od. nicht
recht zuverlässig u. sicher, dass man mit
Zuverlässigheit dahin gehen Jcann), dar goid
gen ördentlik minsk hen , od. dar ferkeron
blot hören, schelms un defen etc. ; — püker
(feiner, sauberer od. echter, besser, vortreff-
licher etc.) as pük kan 't net ütsen od. wesen.
— Auch subst. gebraucht: he is 't pük od
't pükje (der Feinste u. Gesittetste, bz. der
Beste u. Vortrefflichste etc.) fan Norden; —
dat is 't pük od. pükje (das Feinste od.
Beste, Vortrefflichste etc.) üt de ganse ladnng
te ; — he hed 't puk (od. 't pükste) d'r fit
köft. — Nid. puik (auch adj. u. subst. ge-
braucht); ivfries. puwck; nfries. (Outzen)
pük; nd. (Dähnert) pük.
pükje od. püktje, Dimin. vom Subst. pük.
pukkel, Buckel, Höcker, rundliche Aus-
bauchung etc.; Nacken; — he hed 'n pukkel;
— de böm sitt ful pukkels; — dat land is
ful fan pukkels un högten; — de mür is
net lik, dar sitt 'n inikkel in; — 't sitt all'
ful pukkels un bülen ; — he dragt (od.
lädt) dat up sin pukkel ; — h6 krigt ^n
pukkel ful slage; — he hed god wat up sin
pukkel kregen. — Sprichw.: „all' to miuen
besten," sä' de junge, do höe (haute) de
mester de stok up sin pukkel kört. — Im
nid. (cf.v.Dale) fte^m/tne/ pokkel, pukkel,
peukel dasselbe loie unser pökel (cf. 1 pökel),
während nid. (cf. Weiland) poghel it.
boghel wieder dasselbe wie nhd. Bu ekel
ist, wodurch es denn auch zioeifelhaft wird,
ob pukkel u. nhd. Buckel (cf. auch buchel)
zu nhd. bücken u. weiter zu biegen (cf.
bukken m. bugen) gehört, od. mit pökel u.
pok V071 der y buk abstammt. Wegen nhd.
Buckel aus mlat. bucula u. dies aus
buccula von lat. bucca (was selbst ivieder
mit pogge, pung u. puchen von der ]/ buk
abstammt) vergl. Diez (11,225) das franz.
boucle, soivie auch das tvang. (Ehren-
traut, I, 385) puch (kleiner Erdhaufe,
Hügel) u. unser puche od. püche (Schiväre,
Finne = pökel).
pukkeln, auf den Puckel od. Buckel, bz.
den Nacken heben u. tragen, den Buckel
od. Nacken belasten mit Ettoas u. es fort-
tragen ; — se pukkeln hum to föl up ; —
he pukkeld dat mal up de wagen ; — he
hed in sin jögd to föl pukkeln niutten, dar
is he so frög old un krum fan worden.
J. ten Doornkaat Koolman Wörterbuch. II.
pukkern, rasch u. loiederholt pochen od.
schlagen, klopfen etc. ; pidsiren, hämmern
etc.; — de kop od. dat hart piikkerd nii;
— h6 sitt in enen weg d'r up to pukkern.
h — Nd. puckern u. (Schambach) puchern.
— Iterat. von pukken als der eigentlich
echt nd. Form von puchen.
piil, s. pulle.
piilo, pul, Schote, Hidse, Schale; — pül-
10 art'ten nd. pälarften, auch doparften genannt;
— arft-jjulen (Erbsenschoten , bz. Erbsen
mit weichen, essbaren Schoten) : — sät-pulen
(Schoten des Rappsaats od. Rübsens etc.);
— \)Owe\i-])\\\&n (Bohnenschoten) ; — d'r sitt
15 gen pül (collect.) genug an de honen od. 't
sät etc. ; d'r is to föl blüt fersmartd ; — he
hed 'n för pulen (Schoten des Rappsaats
od. des Rübsens) bald ; — de pulen (Schoten)
ofplükken; — pulen fan gernaten (Hülsen
20 od. Schalen von Garnelen). — Nd., mnd.
pule, puele ; nid. peul; mnld., mfläm. peule,
puele, pole; nfries. pole. — Vergleicht man
■unser bulster = ahd. bolstar, polstar, nhd.
Polster, bz. dass dieses bei uns u. im
25 nid. neben Polster auch die Bedtg. :
Decke, Haut, Balg, Schale, Hülse etc. hat,
so ist es loohl ziveifellos, dass dieses pule
neben päl (in pälarften) m. engl, peel (Schale,
Rinde, Haid) dasselbe Wort ist loie engl.
30 peel (Kopfkissen, Pfühl), dessen verschiedene
Formen (s. unter pol) als ags. pyle ; aengl.
pule; mnd., mnld. pole etc. ja auch voll-
ständig zu pule stimmen, tvährend die Form
päl od. pale ivieder aus pole entstand. —
35 Wegen des hess. (Vihnar, 300) gepfül
etc. .9. unter pülhorn.
pnlen, a. die Schoten, Hülsen od. Schalen
von Bohnen, Erbsen u. sonstigen Hülsen-
früchten durch Aufbrechen derselben öffnen,
40 um die in denselben liegenden Fruchtkörner
herauszunehmen od. sie von der Hülse zu
befreien, bz. sie schälen u. abhülsen od.
aushülsen, Garnele schälen od. die Schale
theiliveise davon abziehen u. sie dann vor-
45 sichtig mit den Fingern aus der Schale
herausziehen od. herauspftückcn u. heraus-
klauben ; — de bonen od. arften mutten
uog püld (od. ütpüld) worden; — wen man
gernät pulen mut, dar kan ^en de tid
50 lank bi worden, wil dat so 'n tipelig wark
is. — Daher b. (überhaupt u. allgemein)
schälen, der äusseren Haut u. Hülle be-
rauben, bloss u. nackend machen, wegnehmen,
rauben, plündern etc. (he püld [od. schild,
55 pelgt, plünderd, plükt, trekt etc.] hum gans
üt), .'ioivie ferner auch c. mit den Fingern
langsam u. vorsichtig abziehen u. abnehmen
od. abklauben, abpffücken (z. B. das Fleisch
von den Knochen), woraus dann weiter
60 auch die cdlgemeine Bedtg. von klauben m.
49
PüELEN
770
tȆLS
essen {M pAld de bunken od. b^nen of; —
hö silt bi de bunken to pulen; — M püld
d'r ürdentlik wat lungs etc.) entstand.
Der weitere Gebrauch dieses Verbums, so-
wie seiner Nebenform pülen u. dessen Dimin.
pülken in den Sätzen : he sitt de ganse dag
to pulen (schwer u. mühsam zu arbeiten);
he hed d'r wat mit to pulen (lange damit
zu arbeiten, viel damit zu thun etc.), dat
he 't klär krigt; — 't ganse lefen is nika
as pulen (mühsames Arbeiten etc.) un
plakken; — h^ püld wat toregt (erarbeitet,
macht od. rührt icas zurecht); — he sitt
in 't strö (od. de erde etc.) to pulen (zu
rühren od. zu ivühlen) ; — schal 'k di reis
pulen (soll ich dich mal fingern od. stossen,
stechen, kitzeln) ? — he püld od. pülket
(macht, rupft, zupft) dat lüs od. üt 'n ander;
— he sitt al in de n8se to pülen od. pülken
(er sitzt immerzu in der Nase mit den
Fingern zu stochern um den Unrath heraus
zu machen); — he pülket d'r net so lank
an herum dat h^ 't kürt hed etc., ergiebt
sich von selbst aus dem von pulen in der
Weise, als das Enthidsen der Schale u.
Haut einerseits mit den Fingern geschieht
t(. die Finger dabei immer emsig beschäftigt
sind n. es überhaupt auch eine langsam von
Statten gehende, eine zeitraubende, müh-
satne u. zugleich minutiöse u. kleinliche
(tipelige) Arbeit ist, sowie loeiter auch
daraus, dass das pulen im los u. frei machen
von Etwas besteht u. beim pulen, die Finger
in die Schoten u. Scheuen hineingesteckt
icerden, um das Inwendige los zu lösen u.
herauszuholen etc. — Compos.: ofpulen,
ofpülen , ofpülken ; — ütpulen , ütpülken
etc. — Nd., mnd. pulen (dasselbe) ; mnld.
polen, poelen (excavare, decorticare) ; satl.
pülje, ütpülje ; tvang. pül in bipül (beklauben,
benagen); nfrics. (Johansen, pag. 175)
püllin od. (Outzen) pole etc.
piileD, s. tinter pulen.
pnler (Dimin. pülker), Einer der püld
od. r/a.s pulen thut; — daher a. Enthülser,
Schäler; — arften-, gernät-puler etc.; —
b. Klauber, Herausklauber etc., od. Esser
etc. ; — he is 'n regten puler, hf wet 't all'
herül od. üt 'n ander to juilen un to klufen ;
— de olde puler püld (od. klaubt tt. isst)
de heie dag an; — c. Reisser , Pflücker,
Stocherer; — puler od. pülker in de erde
od. de nöse etc. ; — d. müJisam u. schiver
Arbeitender etc. ; — he is 'n olden puler,
h^ püld un pSseld de ganse dag an. —
Nd., mnd. puler.
pül-hörn, Schoten-, Hülsen- od. Schalen-
Ecke, Ecke od. Winkel, tvohin die leeren
Schoten des Ba2)i)saats od. Itübsens beim
Dreschen hingeschüttet od. hingebracht werden
u. lagern. Sodann aber auch im Allgemeinen
eine Abfall-Ecke in der Scheune, wohin
auch der Abfall des Getreides (die leeren
Hülsen der Aehren, die Sjjreu etc.) geworfen
5 wird (smit 't man in de pülhörn ; — 't ligd
in de pülhörn) u. woraus somit auch erhellt,
dass dashess. (Vilmar,2Jag. 300) gepfül, ge-
peul in seinem Stamm ptül od. peul dasselbe
Wort tcie unser Collectiv pül (s. unter pule)
10 ist, zumal dessen Verwendung im Winter
als Futter für das Vieh auch damit über-
einstimmt, dass auch liier die kleinen Leute
die pulen (od. Hülsen, Schoten) des Rübsens
u. sonstiger Hülsenfrüchte zu dem Ende
15 kaufen od. holen, um sie als Viehfutter zu
verwenden.
pülke Of?. pilltje (Dimin. von pülle), eine
kleine Pulle.
pülke od. pultje (Dimin. von pule),
20 Schötchen.
pülken, s. unter pulen.
pulle, eiti grosser Klumpen od. ein dickes
unförmliches Stück, besonders ein dicker,
lockerer, schwammiger u. unförmlicher Klum-
25 pen Rasen od. Darg.
1. pülle, pül, Pulle, Steinkrug, Krug etc. ;
— Compos.: bör-, ülje-, water-pülle etc. — Nd.,
mnd. pülle, pulle, u. dies aus lat. ampulla.
2. pülle, pül, Soff; — M is an de pülle
30 kamen od. räkd. — Wohl dasselbe tvie
1 pülle, od. sonst mit 3 pülle zu pullen.
3. pülle, pül, Trinker, Säufer; — hö is
'n olden pülle od. süp-pülle.
pullen (Dimin. püUken), trinken, saufen
35 etc. ; — he püllt de ganse dag an ; — he
deid niks as her püUen.
pül-pot, ein grosser Steinkrug-ähnlieher
irdener Topf zum Aufbewahren von Fett,
Butter, eingemachten Bohnen etc.
40 1. puls, Puls, Schlag od. Stoss des Blutes
in der Hauptader am Unterarm nahe dem
Handgelenk: — de puls steid still; — man
kan de puls net mer fülen etc. — Compos. :
puls-ader, Schlag-Ader. — .4ms lat. pulsus
45 (Schlag , Adernschlag) von pulsum , dem
Supinum von pellere.
2. puls, a. das unten an einer Stange be-
festigte Stossholz (Klotz od. durchlöchertes
Kreuz) in einem Buttergefäss, welches darin
50 auf- u. niedergestossen wird, um dadurch
die Scheidung der Butter von der Milch zu
bewirken ; — b. der Klotz unten am puls-
stok genannte Stoss- u. Springstock. —
In beiden Bedtgn. gehört es als Stos s-
55 Ding mit dem mnd. puls, idd. pols (Stoss-
Stange od. Stange mit einem Klotz daran,
womit tnan ins Wasser stösst, um Fische
ins Netz zu treiben) zu pulsen, nid. polsen,
cf. pulsken.
60 3. pnls. Dieses geioöhnlich (auch nd.)
tȆLSKEl^^
771
PUMPE
in derselben Bedtg. ivie pös etc. (cf. 1 pose)
gehrauchte Wort (nog ßn puls od. pös lüden;
— nog en puls niaken) ist eins mit mnd. puls
(das Anschlagen, besonders das Anschlagen
u. Läuten der Glocken, das Geläute), loas
auch mit 1 puls a%is lat. pulsus entstand.
pulsken, pülsken, mit einem Stock od.
einer Stange ins Wasser stosscn u. schlagen
etc. ; — he pulsket so in 't water, dat 't
hast an bön un balken flügt. — Es ist Dimin.
u. Iterat. vom hier ungebräuchlichen pulsen
= nid. polsen; mnld. polssen ; sc/m'ed pulsa
etc., tvas mit span., port. pulsar ; prov.
polsar; frans, pousser (toovon poussiren)
etc. aus lat. pulsare entstand.
pnls-stok, Stoss-, Springstock, bz. Stock
od. Stange, icoran unten ein Klotz (cf.
2 puls sub b) befestigt ist u. den mein einer-
seits beim Fischen mit dem. Jagd-Netz etc.
gebraucht, um damit die Fische durch Stossen
%i. Bahren im Wasser ins Netz zu treiben,
während derselbe andererseits als Spring-
stock dient, wn damit über die Gräben zu
setzen.
pult, Pult, schräger Tisch od. schräges
Gerüst zum Lesen u. Schreiben ; — lös-,
schrif-pult. — Aus älterem pulpt, pulpit,
pulpet u. dies aus lat. pulpitum.
palte, pnlt, Lumpe, Fetzen, Lappen, un-
förmlicher Klumpen etc. ; — 't sunt niks as
pulten un klatten ; — he dragt niks as olde
pulten un läppen ; — 'n pulte (od. klatte
etc.) fan 'n wif; — dikke pulten darg etc.
— S. das Weitere unter palte.
pnlter ; i. q. palter, tvird aber auch von
einem klotzigen, klobigen od. plumpen u.
dicken Menschen ('n pulter fan 'n kerel od.
junge), sowie in der Verbindung: hulter-
pulter, pulter-palter , pulter-büks etc. ge-
braucht, wo es indessen zu pultern gehört.
pulter-biiks, pnlter-jan etc., s. pulter-
palter.
pultern, poltern, mit Geräusch u. Lärm
stapfen od. fallen, stürzen, rollen, loälzen
etc. ; — wel pulterd d'r so dör 't hüs ? —
he pulterd fan de bön herunder ; — he
pulterd mit de dör in 't hüs (auch fig.) ; —
he pulterd afer de kop; — dat pulterd sük
d'r hen, — Auch subst. : h^ is an 't pultern
räkt ; — de budel räkt in 't pultern (Fallen,
Stürzen, Bollen etc.). — Fs wird auch noch
in der Bedtg. : durchschlagen, durchhelfen
etc. gebraucht, loie zvir z. B. von Jemandem,
der sich selbst durchschlagen u. durchhelfen
kann od. durchschlägt, sagen : he kann sük
allen pultern ; — he pulterd sük allen dör
de weit, obgleich auch hier die sinnl. Bedtg. :
rollen, wälzen, umlegen etc. ist. — Wohl
aus dem hochd. u. dann vielleicht mit bullern
etc. von ahd. bolön, polön.
1. pultei'ig, pulterg, zerrissen, zerlumpt
etc.; — de lücht sügt so pnlterig (od. pal-
terig) üt ; — 'n pulterigon rok. — Zu
pulte.
5 2. pulterig, pulterg, polterig, stolperig,
unbeholfen, plump, jmlternd, lärmend etc. ;
— he Word so pnlterig ; — he kumd d'r
so pnlterig mit fan dag. — Z%i pultern.
pulter-palter, pulter-büks, pnlter-jan,
10 Polierer, Stolperer, Poltrian, Lärmmacher.
pulver, Pulver. In allen Bedtgn. wie im
hochd. — Sprichw. : he hed 't pulver ök
n6t erfunden. — Bäthsel: 't is nog lütjeder
as 'n tlö, un 't kan dog bölken as 'n kö. —
15 Aus lat. pulvis.
pulver-erde , eine schivarze , leicht zer-
reibliche od. leicht zu Staub zerfallende
höchst unfruchtbare Erdart, die sich öfters
unter dem klei findet.
20 pummel , pümrael, ein kurzes, dickes,
untersetztes, unförmliches u. rundlich-volles
Etivas od. Ding ; — he (od. se) ia 'n dikken
pummel ; — se word so dik as 'n pummel ;
— he is 'n lütjen pummel ; — 'n pummel
25 fan 'n kind od. junge, wicht etc. ; — pummel-
endtje (kurzes, dickes, dralles Endchen) ;
— pummel- od. ptimmel-wurst (kurze dicke
Wurst, im Gegensatz zu der gewöhnlichen
Mettivurst). — Nd. (S chütz e, Da n n e i l)
30 \mmme], immmel (dasselbe) ; loang. (Ehr en-
traut , I, 385) pummel (penis od. phallus).
— Es steht jedenfalls für pumpel u. ist
mit diesem eines Ursprungs , wie auch nd.
(Scha m b ach) pümpel einen kurzen dicken
35 Menschen bezeichnet.
pummelig, pumlig, pummelg, dick, rund,
unförmlich u. watschelig , bz. aufgetrieben,
aufgebauscht od. bauschig, locker, nach-
lässig etc. ; — he word so pummelig , dat
40 he hast net mer lopen kan ; — de kl6r sitt
pumlig; — he sitt so pummelg in de kler.
pummelke, pümmelke (Dimin. von pum-
mel) ; — 'n pummelke fan 'n wicht.
pump, Borg; — wat up de pump halen.
45 — cf pumpen.
pumpe od. pump , Pumpe , hohles Bohr
von Holz od. Metall zum Heben od. auch
zum Durchlassen von Wasser od. sonstigen
Flüssigkeiten; — water-, drank-, spiritus-
50 pumpe etc. ; — 'n pump in 'n pütte, bakke
etc. ; — 'n pumpe in od. dör 'n weg leggen
um 't water lös to worden. — Nd. pumpe ;
nid. pomp ; mnld. pompe etc. — Aus franz.
pompe u. dies mit dem gleichbedeutenden
55 span., port., cat. bomba vielleicht von romcin.,
ital. bombare (schlürfen, trinken, zechen).
Vergleicht man indessen, dass das ital.
tromba (wovon auch unser trumme, trummel
etc.) neben Trompete u. Trombe (od.
60 Wirbehvind, Wasserhose etc.) auch dieselbe
49*
PUMPEL 772 PÜNDEL-GOD
Bedtg. icie das frauz. \>om^Q u. span. hoxnha.^ es indessen auch leicht möglich ist, dass be-
bz. unser pumpe hat u. dnsfi auch dafi 7nnd. grifflich auch eine Annäherung an pump
Plumpe (Pumpe) u. plumpon (Wasser in )id. ytmnp-hoxen u. nlid. Pumphose (weite,
pumpen) ivahrscheinl. mit dem Schallstamm faltige, bauschige Hose, cf. auch pump-sak)
plump of/. plumps fc/. l)]umpen or/. i>!umpsen) 5 stattfand, was mit nd. pump, nhd. Pomp,
zusammenhängt, so ist es auch sehr leicht griech.-lat. pömpa (Gepränge . feierlicher
möglich, dass das franz. jiompe u. span. Aufzug etc.) aus griech. pompe (Sendung
bomba (Pumpe) mit ital. bomba m. bombaro unter Geleite, feierlicher Aufzug unter
(schlürfen, schlucken od. glucksen etc., cf. grossem Geleite u. mit Gepränge) entstand
Diez, II, 1'.} unter bobo , sende unser 10 u. zu ///v>c7i. pempein (schicken, senden etc.)
sluken u. klnkken) aus dem griech. bombüs gehört.
(dumpfes Geräusch, Getöse) u. bombt-ö (tief poiiipen , pumpen, a. Flüssigkeiten mit
u. dumpf tönen , summen, rauschen, tosen der Pumpe aus EtW((S heraufholen od. sau-
etc.) entstand, über dessen Herkunft das gen u. durch das Abflussrohr ausströmen
Weitere unter babboiou zu ersehen ist. 15 machen; — b. auf Borg nehmen, borgen.
pmnpel, dicke, plumpe, watschelig gehende — Ob die letztere Bedtg. nicht aus der
od. in beide Seiten fallende, hinkende Per- ersteren in der Weise hervorging, dass das
son, od. auch dicke, plumpe, nachlässig ge- Wasser pumpen (od. saugen, heben,
kleidete Person, bz. Person, die toeile u. schöpf en etc ) aus Etioas heraus in die
bauschige, fcdtige Kleider trägt; — se is 20 fig. von: Geld pumpen (od. heben,
'n oldeu pumppl ; — 'u pum])i'l fan 'n wif. schöpfen) aus Jemandes Beutel über-
— Mit jiumpel in den Compos. : Jan luiiiii)e]- ging u. dass dann hiervon wieder das Subst.
pumpel od. Jau humpel di pumpel , sowie pump (Borg) entstand?
gepumpel (Gewatschel, langsames u. nach- puilip-liake, ein an einem längeren Stiel
lässiges Gehen, träges u. langsames Gethue, 25 befestigter Haken, womit der Pump-Eimer
Gezauder etc.) etc. zu pumpeln, bz. mit (cf cmmorkc) u. das Saugventil (cf. hartje)
diesem eines Ursprungs. aus dem Pumpenrohr herausgehoben werden,
pauipeiig, pnmpli/i;, pumpelg, ivatschelig wenn sie reparirt werden müssen.
u. nachlässig etc.; aufgebauscht, faltig, un- pump-sak , a. ein xoeiter , faltiger , bau-
ordentlich, schlotterig etc., bz. so weit, dass 30 sehender Sack ; — b. ßg.: ein dicker, plum-
die Kleidung 7iur lose darum herumhängt per, klotziger Mensch.
etc. ; — se lupt so pumpelig; — se is so pump-sil, ein Siel od. Wasserdurchlass,
pumpelig in de kler; — dat kled sitt so der durch ein Burclilass-Bohr (cf. pumpe
pumytelig od. punnuelg etc. sub b) gebildet tvird od. toorin eine solche
pumpeln, watscheln od. watschelig, un- 35 pumpe cds Wasserdurchlass liegt,
ordentlich u. nachlässig gehen ; (sich) in pün, Steinbrocken od. Stein- u. Bau-Schutt,
weite, bauschige, faltige Kleider hüllen, — A^/f/. puin (Schutt, Bauschutt, Trümmer),
(sich) nachlässig u. unordentlich od. schlot- puinhoop (Schutthaufe). — Es ist loohl
terig kleiden ; — he pumpeld d'r so wat zweifellos ident. mit nid., mnld. puim od.
hen; — se pumpeld sük (kleidet sich schlot- 40 puym (in puymsteeu, Bimsstein) loas mit
terig) gau wat toregt ; — se pumpeld sük nhd. Bims u. engl, pumice etc. aus lat.
(kleidet od. hüllt sich schlotterig u. weit, bz. pumex entstand. Das nid. puya ist darm
hüllt sich in faltige, bauschige Kleider etc.) aber wahrscheinl. aus dem franz. ponce od.
d'r dügtig in. s})un. (es) ponia (piedra esponia =: engl.
Im nd. hat pumpeln od. pümpela (cf. 45 pomicestone, nid. puymsteeu) entstanden,
Schambach, Dähnert, Br. M''b. etc.) wie puym u. mnld. peyms, nhd. Bims
die Bedtg.: (freq.) stossen od. stampfen, (pumex) aus pumex etc. — Da der Bims
hin- u. herstossen etc., woraus jedenfalls od. Bimsstein eine leichte, lockere u.
hervorgeht, dass der Stamm pump urspr. leicht bröckelnde Steinart ist u. anderer-
ein Schallwort ist u. ein dumpfes Geräusch 50 seits auch durch Br echen gewonnen wird
von einem Schlag od. Stoss etc. bezeichnet. u. Bruchstein i-^t, so erklärt sich die
Dieses \mmp i.st daher eins mit nhd. (We i- Bedtg.: Steinbrocken von nid. puiu
gand) Pump (dumpfer Schcdl, Stoss od. von selbst, ganz abgesehen davon, dass auch
Schlag), was mit vdat. bumbus aus griech. die Bruchsteine als Bausteine verwandt
hovahöi entstand u. demnach mit pumpe 55 iverden u. auch das mfläm. puyu (moillon)
eines Ursprungs ist. Wie nun aber der sowohl die Bedtg.: Bruch- als Bau-
Schallstamm plumj) in die Bedtg. : dick, un- stein hat.
förmlich, stark, massenhaft, ungefüge, roh pand, Pfund. — Aus lat. pondus von
etc. (cf. plump) überging, so hier tvieder pendcre.
Quch pump in jjumpel u. pumpeln, wobei 60 paudel-god, s. unter punding.
PUND-GIFT 773 PUNEN
pund-gift (ivörtl. Pfundgift od. Etwas ivas chisor) ; engl i)Oün(lcr (Pfandstall- od. Hürden-
ein Pfund giebt u. enthält)., eine hölzerne Aufseher) u. nhd. (Grimm, Wb., Wei-
Form, die ein Pfund Butter fasst. gand etc.) Beunde; bayr. (Schmcller)
pundilig, punniiig, punnen, conirah. piiiig, Beunte; ahd. piunta, biunda; mhd. biunte,
Plur. pundiiigpii, puiiiiiiigeii, amtrah. piiii- 5 biuude, biunt, i)iiuit (freies, besonderem Ge-
gen, starkes, schiveres 'Tau od. Tauiverk zu brauch u. Anbau vorbehaltenes u. eingehegtes
verschiedenen Zwecken u. namentlich das- Grundstück, Gehege, Zaun etc., bz. dasselbe
jenige Tau od. Tauwerk, icomit das in ivie das obige aengl. puiide u. engl, pound)
langgestreckten Wällen (hier wirsen gena)int) etc. u. auch vielleicht nhd. Spund (Zapfen
zusammengekehrte Heu mittelst des Wies- 10 zum Verschluss eines, bz. das zum Ver-
baumes durch vor gespannte Pferde in grössere schliessen des Fasses dienende Etioas) u.
Haufen zusammengezogen loird od. tvomit Spund (Hand am Holze mit Fuge od. Nuth
der W^ies- od. Windel-Baum, (cf. puuterböni) zum Zusammenfügen od. Schliessen) abstammt,
hinten od. vorne, bz. an beiden Fndoi an sofern dies nämlich mit schtveiz. punt, bunte,
den Wagenleitern u. sonstigen Wugentheilcn 15 ponte ; schwäb. bunte (Spund) u. franz.
festgeschnürt (od. festgebunden, festgemacht, (Diez, II, 223) bonde (Schleuse; Zapfen
befestigt, gefesselt etc.) loird, damit die Ge- etc.), boudou (Spund) urspr. eins ist u. mit
treidcgarben (od. das aufgeladene Stroh u. vorgesetztem s aus pund entstand.
Heu) festliegen u. nicht vom Wagen herunter- pniid-stiik, Gewichtstück von 1 Pfund
fallen. Je nachdem nun das betreffende 20 Schivere.
Tau zur Befestigung des Wiesbaumes vorne 1. puiie od. püne, pün , Spitze od. ein
od. hinten am Wagen gebraucht tvird, wird spitzes, scharfes, stechendes Etwas, Zinke,
es för- od. achter-puuding, bz. für- od. achter- metallener Nagel od. Stecken, Stachel etc. ;
punuing genannt, ivähre)td das gesummte — 'n pün för au de slä' (od. 't bot etc.);
Tauiverk incl. der dazu gehörenden Block- 25 — de mür (od. de port etc.) is mit isderu
Scheiben od. Blockrollen puudings- od. pun- punen besettd, dat d'r uüms afer klauteru
nings-god od. auch pundel-god heissl. kan ; — 'u stok mit 'n pün od. prikkel ; —
Begrifflich liegt das obige Wort am he hed d'r dre punen in (od. dör) slän lateu ;
nächsten zu bund, bündel (von binden) u. — he jagt hum de pün in 't lit'; — he
würde ich daher den Stamm pund von pun- 30 stekt hum mit 'n pün in de märs. — Auch
ding u. pundel mit bund auch ohne Be- nd. (in der Gegend von Stade) pune =
denken identificiren, sofern ein Beispiel vor- prikkel. — Wohl von jiunen.
läge, dass die Wörter band u. bund ebenso 2. pune od. püne, pun, Finne, kleines
wie im ahd. auch im and. mit anlautendem stechendes, schmerzhaftes Blulgeschwür. —
p belegt wären. Da nun einerseits aber die 35 Nd. (Br. Wb., III, 377) pune, pün (Blut-
Bedtgn. : schliessen, festmachen, fesseln etc. geschwür). — Wohl dasselbe tvie 1 pune,
u. binden, zusammenfügen, vereinigen etc. da auch das franz. clou neben Nagel die
(cf. die y pak von fangen, fe etc., bz. von Bcdtg.: Blutg eschtvür hat.
lat. pango, pactum, paciscor, pax etc.) sich 3. pune od. pune, pün, in der hier sehr
so nahe berühren u. andererseits das pun- 40 gebräuchlichen Redensart: 't is all' in de
ding od. pundelgöd nicht eigentlich so sehr punen, — od. he hed 't all' göd in de punen,
zum Binden von Etwas, sondern vielmehr loas so viel heisst als: es ist Alles fest u.
zum Fest-, Ein- od. Zusammenschliessen u. sicher, bz. Alles abgemacht u. fertig, Alles
Festmachen der Garben etc. mittelst des geregelt u. in Ordnung, Alles so ivie es sein
Wiesbaumes (cf punterböm) dient, so könnte 45 muss, — od. : er hat Alles gut fest u. sicher,
man bei punding auch an eine Ableitung Alles gut abgemacht u. fertig, Alles gut in
von ugs. (L. Ettmüller) pyndan od. Ordnung etc., ivo pune ivahrscheinl. in der
pyndan(chKlere,iuchidereetc., c/.for-pyndan, Bedtg.: Nagel, Heftnagel (cf. 1 pune =
exclndere, ~ gepyndan, circumcludere) den- Nagel, Drahtstift, bz. = spiker) gebraucht
ken, wovon ausser ags. pynding (prohibitio, 50 ist, sodass die sinnl. Bedtg. dieser Redens-
rcmoratio) auch das aengl. (Stratmann) art die ist: dass Alles in Nageln od. Heft-
pnnden ; engl, pound mit den Nebenformen nageln ist, od. Alles gut festgenagelt u. be-
(cf. Lucas) pind ?«. pund (ein schliessen, festigt od. festgemacht ist, unc wir auch
einsperren, einpferchen) ; Schott. (J amies on) sagen: 't is all' in de spikers.
poind, poynd (distrain seize in warfare), so- 55 punen od. pünen , stechen etc. ; — he
wie au.vser aengl. panäe, engl. \)omi(\ {sviAnm, püud hum (ersticht od. stachelt ihn) ; —
umzäunter u. eingefriedigter Platz für das he pund hum fast (er sticht od. steckt ihn
Vieh, Pfandstall od. Stall wo das gcpfän- fest); — he pünd dat an de wand etc. —
dete Vieh eingespcrrl wird [hier schütt-kau Sollte dieses Wort nicht mit mhd. punieren,
genannt]; Gefüngniss); aengl. pinder (in- 60 pungiercn; afranz. pugner; /ran^. poiguer;
PÜN-SLAE
PUP
Schott, punye, punge etc., sowie vielleicht
auch das ags. (L. Ettmüller) punjau ;
aengl (St rat man n) pounen (couterere) ;
ags. gepunjan (coniminuere), punere (piusor)
von lat. puugere entstanden sein ? — Oder 5
ist es fon puiie iceitergebildct u. dass dieses
mit ital. pugualc, span. puiial (Dolch) sowie
wahrschcinl auch (Dies, II, 104) sjjan.
puya, pua ; port. pua (Spitse, Rachel, Dorn
etc.) aus lat. pugio, pugionis entstand 9 — 10
Oder ist unser puiie aus harpune u. puuea
aus harpuueu mit Abwerfung der Vorsilbe
har gekürzt ?
piiu-slä", Stecken-Schlitten, bz. ein Schlitten
der mit punea (od. Stecken (s. 1 pune) auf 15
dem Eise od, Schnee vorwärts bewegt u.
fortgeschoben wird.
piing, pungel, Beutel, Tasche, Sack etc.
— Nd. pung; mnd. puuge; nid. pong, pouk ;
wfries. pongh ; vfries. puug ; ags. pung ; 20
aengl. puuge ; engl, pouch ; an. puugr, pungs ;
norw., schwed., dein, puug; goth. puggs od.
pugg; ahd. fuug (rect. phuug od. phunk) ;
mgriech. pouggö, pouggiou ; ngriech. pouggi ;
wal. punge ; mlat. ponga , poucha , poihia 25
(dasselbe) ; ital. (mdartl.) punge (Kropf der
Vögel). — Mit ags. poca , poha , pocca ;
aengl. poke; engl.,mnld. poke ; franz. poche
(pera), sowie mit unserm pok, pokel etc.
von der Schall wurzel od. dem Tonwort buk 30
M. zwar hier in der aus sonare etc. ent-
standenen Bcdtg.: pfauchen, blasen, sich
aufblasen od. aufblähen etc. (cf. pogge,
pok, pucheu etc.), da pung urspr. ein auf-
geblasenes od. aufgeblähtes Etwas, bz. wie 35
pok eine Blase od. einen Schlauch etc. be-
zeichnete, ebenso tcie diese Bedtg. auch dem
mnld. ponghe, waterpongbe ; mnd. puuge
(cepaea), bz. dem mjläm. ponghe (berle,
Wasser- Eppich) zu Grunde liegt. 40
pung, piingen, puniiing etc., s. punding.
punkt, Funkt, in verschiedenen Bedtgn,
wie im hochd. ; — he mäkt d'r "u punkt bi ; —
he od. dat steid up de puukt; — se sunt iu
alle punkten ens etc. — Das lat. punctum von 45
\i\\\\^<iVQ (stechen , stossen etc.), cf. das folgende
1. pünte, pünt, Spitze; — 'n gabel mit
dre pünteu ; — de pünt fan 't mest is of-
brakeu; — he stekt (od. graft) dat d'r mit
de püute fan 't mest üt ; — "u stok mit *n 50
isdern pünte etc. — Aus franz. poiute von
lat. punctum, cf. puukt.
2. pünte, pünt, ein grosses flaches Boot,
bz. ein grosser, flacher, länglich-viereckiger
Kahn, welches meist als Fährboot zum 55
Uebersetzen über die Flüsse, sowie auch zu
sonstigen Zwecken (cf. mudder- i)ünte =
mxu\ilcr-\)riim) verwendet ivird. — Nid. poal;
mnld. ponte ; mnd. puute, pont etc. — Aus
franz. ponton von lat. jjods, pontis. 60
pünten. püntjen. a. punktiren, stechen,
in die Erde stechen u. bohren; durchstechen
messen od. abmessen, untersuchen, erforschen
etc.; — he püntd 0(^ püntjed dat in; — he
püntd od. püntjed dat of ; — he püntd od.
püntjed dat so genau üt etc.; — h. spitzen,
apitz u. scharf machen, zuspitzen etc.; —
he püntd od. püntjed dat an etc. — Nid.
punten etc. — Aus franz. pointer, bz. mit
1 pünte von puuctus, punctum von pungere.
punter od. punter-böni, Wiesbaum, Win-
delbaum, nd. auch Bindelbaum genannt, bz.
der lange, vorn mit einem Kopf od. Knauf
versehene Baum, der der Länge nach über
die auf einem Wagen aufgeschichteten Gar-
ben u. Strohbündel (cf. schöf) od. das dar-
auf aufgeschichtete Stroh u. Heu gelegt «.
vorn u. hinten mittelst starker Taue (cf.
punding) angezogen u. an den Wagen be-
festigt wird. — 3Inld., nißäm. ponterboom ;
nd. (Schütze), bz. eiderst., dithm. punter-
boom ; satl. ponter ; vfries. (Joha n s e n,
pag. 135) puntar.
puntern. a. den Wiesbaum (punter) mit-
telst Stricken od. Tauen an den Wagen be-
festigen; — b. Heu mittelst des Wiesbaumes
zu grossen Haufen zusammenschleppen, was
in der Weise geschieht, dass zwei Pferde
mittelst langen u. starken Tauen vor den
Wiesbaum gespannt werden u. dieser dann
hinter das schon in langen Wällen (wirsen)
zusammengekehrte Heu gelegt u. von den
Pferden vorwärts gezogen icird; — c.
mittelst des vor der Egge (statt des Knü})-
pels) befestigten Wiesbaumes das gesäete
Korn eineggen, wie solches dann geschieht,
wenn das Land noch zu nass ist it. von
den Pferden nicht betreten werden darf,
— Nd. (Schütze), bz. eiderst., dithm.
puntern.
püntig, spitz, scharf, stechend etc., (fig.)
spitz, scharf, genau etc. — Zu 1 pünte.
püntje (Dimin. von 1 pünte), kleine
S2ntic.
1. püntjen; i. q. pünten.
2. püntjen, mit dem Fährboot (2 pünte)
od. einem grossen Kahn über einen Fluss
netzen od. fahren ; — he püntjed hum afer
de Ems; — he püntjed dat dar hen.
püntjer, Schifer, Fährmann, Bootsknecht
od. Person die auf einer pünte fährt.
pünt-tau, das starke Tau, mittelst dessen
das Fährboot über einen Fhiss gezogen
wird.
pup, s. puppe.
püp (Kinderspruche), a. et» hörbarer,
doch leiser Furz ; — püp ! sä' 't nerske, do
gung de wind d'r üt; — b. menschliches
Excrement, Koth; — dar sitt püp an. —
Nd. puup; nid. poep. — cf. pupü.
PUPEN 775 PURER
pnpen (Kindersprache), leise furzen; Nasenlöchern festsetzt; — dat kindje hed
seine Nothdurft verrichten. — Nd., mnd. 'n pör in de uose sitten ; gif ml efen 'n
pupen; nid., mnld., wfläm. poepen, — cf. spell, dat ik de d'r üthäl'; — junge! mäk'
pupü. dat du de puren üt .de nose krigst, du
piipke, pupken, .s. unter puppe. 5 snüffelst d'r je fan; — b. dickes, verhärtetes
pup-ners, Dimin. pöp-nerske ; — du krigst Augenschmalz, bz. ein Stiick sogenannter
glik wat für din piipners. Augenbutter ; — du must de puren first
pnppe, pup, Ihippe, kleine menschenähn- ördentlik üt de ogen wasken, er du na de
liehe Figur, kleines Kind; — se spöld schol geist. — Ob es als Unrat h viel-
(spielt) nog mit puppen ; — wi hebben 'n 10 leiclit eine Entlehnung von 1 pure (Kröte)
lütjen pup kregen; — se was nog so 'n ist, ivie auch Kröte (cf. 1 Kröte bei
lütjen pup. — Sprichw.: elk hed sin pup Adelung) im hochd. ein böses, stinkendes
war he mit spöhl. — Davon : Dimin. pupke Geschwür u. eine Krankheit der Lämmer
(Fiqjpchoi), — pui)ke-brei (Kleinkinder- bezeichnet, toobei sie triefende Augen u.
Fappe od. Mehlbrei für kleine Päppchen), 15 Blattern zwischen die Hinterfüsse bekommen
— pupken (mit der Puppe spielen, sich da- u. endlich eine dicke Materie aus Maul u.
mit beschäftigen, Kleider dafür machen u. Nase absondern? — Oder ist es vielleicht
sie der Vuppe anziehen etc.) etc. — Aus wie nd. (Br. Wb.) puur (Staub) ein Contract.
lat. pupa (kleines Mädchen, Buppe, Docke), von imäer, sodass die Bedtg. : Staub in die
vias mit pupus (Knabe, Knäblein, Bübchen) 20 von: Schmutz u. Unrath überging?
von der redupl. ]/ pu gebildet ist, 'wovon pürder, s. purer.
auch lat. puer, puella, putus, pullus etc., paren od. puren, puiTeii,^««>TeH, siec/icu,
sowie der Stamm put, put in puthenneke stossen, bohren, stochern, stacheln, treiben,
od. nd. pütjunker (verächtlicher Ausdruck reizen etc. ; — he piird d'r 'u gat in ; —
für einen unbedeutenden Edelmann), soivie 25 he pürd dat gat apen; — he pürd in de
in (cf. Dähnert u. Weigand unter erde (od. aske etc.) herum; — he pürd
püte) puten, puter, püthäu, püthöner (welsche hum mit 'n nadel od. eise, spiker etc. ; —
Hühner, icenn sie noch jung u. klein sind) he pürde d'r mit 'n stok in ; — he pürd
sich herschreibt u. die jedenfalls als Ablaut sük mit de finger in de nose od. ören etc. ;
von pa in papa od. pi in lat. pipare (cf. 30 — he pürd sin pip' üt; — he pürd hum
pipen) ein Ton- od. Schcülwort u. so auch in de ribben; — he pürd hum to 't bedde
Kinderwort wie diese ist u. wozu sich beim herüt ; — he pürd hum net so lank, dat lie
Vergleich von pipi unser püp od. pupü upsteid; — du must hum net raer puren,
vielleicht richtiger stellen lässt als zu bub. anders word he bös; — he pürd hum an,
papü (Kinder spräche), Koth etc.; — dar 35 dat he förgels geid; — du must hum wat
sitt pupü an; — ik mut pupü maken. — anpuren, dat he wat fürt mäkt, bz. dat he
Diese Wörter (nämlich pupü, püp etc.) beter lerd etc.; — de nöse od. de ögen üt-
stammen schwerlich mit lat. püs u. putere puren. — Auch subst. : dat puren. — Nd.,
etc. von der ]/ pu (stinken), sondern ivohl mnd. puren od. purren ; nid., mnld. porren;
besser entweder von einem aus dem Tonwort ^0 satl. purre, ütpürre ; nfries. (Outzen)
pu redupl. pupu (s. unter puppe) od. sonst porre; norw. (Jv. Aasen) pora etc. — Es
von der Schallwurzel bu cds Ablaut von ba ist vielleicht dasselbe Wort ivie ahd. porön,
(cf. pok, puchen, 1 puf etc.), aus dessen borön; mhd. poren, porn, born (bohren,
redupl. Form bubu, gekürzt bub, die obigen stechen etc., cf. 2 baren), doch ist es auch
Wörter (cf. auch Fick, I, 685) ent- 45 möglich, dass es mit unser m piren (stechen
standen, wie unser pi-pi vielleicht aus bi, etc., cf. .3 piren) urspr. eins ist u. mit diesem
bz. bibi, bib als Ablaut von ba, baba, bab, von einer f spar abstammt, ivozu auch das
cf. babbeln etc. nhd. Speer sowohl cds unser sper, sowie
pur od. pnr, rein, unvermischt etc.; — iceiter Sporn u. spornen etc. gehört u.
pur gold; — dat pure water; — de pure 50 wozu Fick auch das lat. parura u. das
bösheid etc. — Aus lat. pürus, ivas mit deutsche sparsam, sparen etc. stellt u. wobei
putus u. putare von der ]/ pu (reinigen) man beim Vergleich unsers spir, spirke,
abstammt. pirkeu auch an den Zusammenhang unsers
1. pure, pur od. purre, pnrr, Kröte; — pir, sowie 1 u. 2 piren, sowie griech. peira
poggen un purreu. — s. padde etc. 55 u. peirein (s. unter pir) mit der alten iclg.
2. pure, pur, a. dicker, härtlicher Nasen- y spar denken kann.
schleim, bz. ein Stück Unrath od. zusammen- purer, purder, Person od. Etwas, Ding
hängenden Nasenschleims, ivie sich solches etc. die od. das u. ivas sticht od. stachelt,
namentlich bei Kindern od. Leuten, die die treibt, reizt etc. od. pürd; — he is 'n olden
Nase nicht gehörig putzen, häufig in den 60 purer od. pürder (Stocher er , Sticheler,
PÜRKS
776
PUESKE
Stacheler, Beizer etc.) ; — gif mi de pürder
(od. plpen-purer, pipen-pürder, pipon-prökler
etc.) efen her, dat ik de pipe utpürcn kau ;
— ik mut d"r iuseii 'u ördcuUiki'ii purer
(od. piirdcr) achter sotten, dat de budel
iorgels gcid ud. kumd. — Zu puren.
jturks, ein kleiues Menscheuwcseu, ein
Zwerg ud. Knirps etc. ; — he blift all' &in
läfen so 'u lütjen purks. — Nd. (Schütze,
IV, 179) spurks.
jiurrcn, .v puren.
1. jiiu'tje, ein uncerhältnissmüssig dick
aufgeschwollener od. unanständig dicker u.
fetter Mensch; — so 'u dikkeu purtje fau
"n kerel, de hast uet lopen kan.
2. purtje, Dreck, Kuth, tvciche kothige
Masse, dicker stinkender Eiter etc.; — de
purtje lep d'r Clt {bz. d'r bi dal), so kwabde
he hum au de wand; — 't is all' to emer
purtje tokwetst : — as he de swell' dürsiiedcn
harr", do lep 't purtje d'r üt. — Compos. :
purlje-brei, Dreckbrei, weiche breiartige
Masse etc. ; — de weg is uet so mudderg,
BB of 't emer purtjebrei is. — Es ist ein
Dimin. von nd. purt (Furz, Koth) in purt-
kötel (Excremcnt- Apfel), was zu (B r. W b.,
111, 380) purtcn, Dimin. purtjeu (furzen,
scheissen) gehört u. dasselbe wie nd. (Br.
Wb., 1, 470) furteu ist.
pnrfjen (von Dreck, Koth, weiche kothige
Masse, Gekröse etc.), heraus- od. hervor-
quellen, hervorkommen etc. ; — de schite
purtjed d'r üt ; — dat purtjed dör alle
naden heu etc. — Zu 2 purtje.
pill'-Üt, ein spitzes Geräth, ivomit man
Etwas auspurret od. ausräumt, labaks-
räumer etc. ; — gif mi diu püriit efen her,
dat ik de pip schöu makou kan. — Auch
nd. purr-üt; nid. por-uit.
pus, s. jRisse.
püs, a. Lockruf u. schmeichelnde Benen-
nung der Katze. — Redensart, u. Sprichw. :
he is so möi as püs! — dat het net altid
piis! püs! man 6k wol iuseu kats ! kats!
— dat löf ik, de so warm sitt, de kan siu
kat wül püs hcten ; — b. feines, weiches,
schivellendes Pelzwerk od. Pelzbesatz, sei es
ein Halspelz od. eine sogenannte Boa, od.
ein Felzmuff od. der Pelzbesatz eines Bockes
etc. ; — 'n püs um de hals ; — schal 'k di
efen mit mui ])üs eien ? — so glat od. so
sacht un wek as 'n püs ; — c. eine Tusche
von Pelzwerk. — Davon: Conipos. püs-katt
u. i)üs-niau = püs u. Dimin. püsje, jiüske,
püije od. püje. — Nid. poes (dasselbe in
beiden Bedtgn.) ; nd. puus, puss; hess.
(Vi l mar) j)usse <{. püse; nurw. puse, piis;
dän. i)üs (dasselbe wie sab a); engl, puss
(Kätzchen, Miezchen; Hase, Häschen, Ka-
ninchen); yäl. puis; ir. pus; ersisch pusag,
pi6eag;/»ers. puschak; fürÄ:. puschik; afghan.
pischik ; kurd. psik ; wallach. pisece; lit.
l)iiije u. daneben auch noch ir. feisog (Katze,
Wildkatze , cf. Franc. Lenor m a n t ,
5 Anfänge der Cultur, pag. 248), soivie nhd.
(Grimm, Wb.) buse, bise ; elsäss. bise,
bize ; Schweiz, busi, biisi ; Schwab, buse. —
Sollten diese Wörter sämmtlich gemeinsamen
Ursprungs u. das hoch- od. oberd. buse
10 auch aus älterem puse erweicht sein, so
könnte dieser Name der Katze mit unserm
püst (Athem, Hauch, Wind etc.) u. pusten
od. pusten (hauchen, wehen, blasen, schnau-
ben, fauchen etc.) von einer u. derselben J'
15 abstam)nen u. soviel als Faucher, fau-
c h endes u. schnaubendes T h i er be-
deuten. Möglicherweise kann indessen das
ersische pusag; jyers. i)uschak etc. auch (in
ähnlicher Weise wie griech. ailouros, Kater,
20 Katze ; Wiesel, cf. Fr a n c. Lenor in a n t
an der oben angeführten Stelle) mit skr.
putchha od. puccha (cauda, Schivanz) u.
piccha (cauda pavouis) zusammenhängen,
was ivohl die Bedfg. : Büschel od. Feder-,
25 Haar-Büschel (cf. püske) hat, da es das-
selbe Wort icie zend. (F. Justi) pu^a;
npers. bush ; arm. poc ( Kopfputz = Feder-
busch, Federkrone?) ist.
püs, s. püsse.
30 püs-bakke, Pausbacke, a. dicke, aufge-
blasene Backen; — he hed so 'n pär püs-
bakkeu ; — b. ein kleiner Junge mit dicken
Backen; — 'u püsbak fau 'n junge. —
Wegen püsbakke s. unter 1 puf.
35 pusje, püske, Dimin. von püs.
piisk, weich u. rauh anzufühlen, bz. rauh
u. weich wie Pelzwerk. — Zu püs.
pus-katte, püs-katt, Katze. — Campus,
von püs u. katte. — Kinderreim: bum !
40 bam! beier! püskatt mag gen eicr ; wat
mag sc dau ? eier in de pauu', dar word
püskatt lekker fau.
1 . püske (Plur. püskes), &. K ätz chen od.
die schwanzartige, lockere, bz. zum Theil
45 auch feinfaserige n. wollige od. auch pelzariig
weiche u. braune Bluthendoldc verschiedener
Bäume u. Pflanzen, wie z. B. von Haseln,
Pappeln, Weiden etc. od. von liohrkolbcn,
Woll-Dünen-Gras etc. — Nd. (Br. Wb.,
50 ///, 381) jHisken ; wang. jtüzuk. — b. ein
iveiches wolliges Härchen od. Fäscrchen von
Pelz- od. Bauch-Werk, od. auch ein feines,
wolliges, leichtes Federtheilchen, ein leichtes
Wollflöckchen etc. ; — d'r flögen so fol
55 piihkt:s in de lücht herum ; — de rok sitt
ful püskes. — PJs ist gleiclifcdls Dimin. von
IJÜs u. zwar namentlich in der Bedtg. sub h.
2. püske od. piiskeu, weibliche Scham, |)u-
dendum muliebre, cunuus. — Auch nd. (B r.
60 Wb.. Nachtr.,pag. 240) püske od. (Br. Wb.,
PUESKE 777 PUSTEN
///, 381 unter püsken) püsken u. demnach pusseln, sudeln od. unreinlich, unordent-
Dimin. von (Br. Wb., Dähnert etc.) gleich- lieh, schlecht arbeiten, träge u. langsam sein
bedeutendem nd. puse; nfries. (Outzeri) puss, u. gehen, ivatscheln etc.; — se pusseld fofZ.
\n\&, ivas tvohl mit an. imss (Beutel, Sückchen, rausseid) gau wat toregt; — sc pnsseld al
Schlauch etc.) ; isl. püss (dasselbe u. auch 5 wat herum ; — se pusseld d'r langsam hen.
volvaequarum),po8(involucrumiufantis), posi — Nd. (Dähnert, Danneil, Scham-
(sacculus); norw. pose, paasa, possa, puss bach) pusseln. — cf. pöseln.
(Beutel, Sack), pose (Falte od. Bausch, Bau- püssen, schöpfen; — du kaust wol efeu
sehe, Ausbauchung, Bucht, grosse Runzel), wat water püssen od. uppüsseu. — Zu püsse,
pose (Beule, Blase, Blatter, Pocke etc., cf. 10 wie pütten zu pütte.
o püske), puss, (Beutel, Säckchen etc.); dän. pussig, dick, aufgebläht od. aufgeblasen,
pose (Beutel, Säckchen etc. ; Falte etc.) ; aufgedunsen etc. ; — 'n pussig gesigt. —
schwed. päse, posse ; ahd. phoso ; mhd. phose, cf. pusse u. 2 puske u. dazu norw. pusen
pfose (Beutel, Säckchen etc.) u. ags. puse, pose (aufgeschwollen od. aufgeblasen etc.) u. pusna
(pera), bz. unserm pusse u. 2 pose (s. d.) urspr. 15 (aufschwellen), sowie auch noch Weiteres
eins u. eines u. desselben Ursprungs ist. unter pusten.
3. püske (Flur, puskes), kleine Finne od. püst, Hauch, Athem, Athemzug, Wind,
kleine Pocke, kleine Blatter, Bläschen etc.; Furz etc.; — de leste püst is d'r üt; — de
— püskcs in 't gesigt ; — 'n püske up de nöse. püst gung hum üt ; — mit 'n püst (einem
— Es ist gleichfalls ein Dimin. von einem 20 Athemzug od. Windhauch , bz. dem ein-
rtZfen puse u. zivar hier in der Bedtg.: Beule maligen Act des Pustens od. Blasens) was
od. Blase, Blatter etc., s. unter 2 \Ä\?>^ii, wovon 't läfen d'r üt; — mit 'u püst was 't lücht
auch wohl das nhd. Bausch, Bausche, üt; — h6 hed gen püst (Wind, od. auch
Z^^. o/uZ. püsk; w!7t(f.büsch,püsch, P/«?-.biusche Kraft zum Blasen) in de uers ; — he kreg
(Bausch, Falte, Wulst etc.) sich herschreibt, 25 de püst (od. wind) fan fören; — dar kwam
ivie desgl. auch ivohl das mnd. Dimin. so 'n püst (Wind od. Windstoss , Winds-
(Sch u. L.) pussel u. unser pussel. braut), dat 't all' up flog; — he let 'n püst
4. püske, .s. 2. püster. (crepitus ventris) gän ; — he mäkt d'r so 'n
püske-gras, Wollgrass, cf. 1 püske. püst (Wind im fig. Sinn = Lärm, Auf-
püsse, püss, Seh ij^'s- Eimer od. eimerartiges 30 hebens etc.) fan, as of 't God wet wat is.
Gefäss zum Schöpf en von Wasser od. Auf be- — Nd. puust; mnd. püst; noriv., dän.,
wahren von Flüssigkeiten. — Comjws. : schioed. pust. — cf. pusten,
water-püsse, ter-püsse (Theer-Eimer) etc. — pusten od. pusten, wehen, blasen, hauchen,
Nd. (cf. Bobr iJc, naut. Wb.,pag. 54.2) pütse schnauben, schnaufen, keuchen, fauchen etc. ;
od. putze; nid. puts; mnld. (KU.) putse; 35 — de wind püstd d'r dügtigin; — he püstd
umng. (Ehrentraut, II, 65) püdz; schwed. 't lücht üt; — püste de stof d'r wat of ; —
pytts; norw., dän. pös. de wind püstd (bläst od. fegt etc.) de stof
pusse, pus, Beutel, Tasche od. Säckchen fan de Straten ; — he püstd 't für an ; —
zum Aufbewahren von Geld od. Tabak u. im he püstd hum lik in 't gesigt ; — ik püst'
letzten Falle getüöhnl ich aus einer Blase od. 40 (blase od. furze, scheisse etc.) di wat; —
einem kleinen Fell od. einem Stück Seehunds- he püst sin leste adem üt ; — he püstd
feil gefertigt. — Es ist eins mit nd. puse (schnaubt od. schnauft, keucht, stöhnt etc.)
etc., s. unter 2 püske. as 'n otter; — he püstd fan hitte; — ik
pussel , eine südliche , unordentliche, mut mi erst wat ferpusten (verschnaufen
schmutzige od. auch faule, langsame, träge 45 etc.); — he deid niks as pusten un stennen
n. dicke, plumpe Person; ■— 'n pussel fan (stöhnen); — de katte püstd (schnaubt,
'u wif; — 'n olden pussel; — 'n dikken faucht etc.) un prüstd as dül; — de maschln
pussel. — Davon: Dimin. pusselke; — 'n püstd un brüsd förgewald; — ik wil di wat
pubselke fan 'n wicht. — Nd. (Dähnert) pusten (od. fleiten, sohlten); — he püstd
pussel, schmutzige Magd, alte Vettel. — 50 (bläst od. bläht) sük up. — Subst: gepuste.
Zu pusseln. gepüst (Gepuste od. Geblase, Geschnaube,
pussele, Sudelei, Pfuscherei, schlechte, Gepfauche, Gekeuche, Gestöhne, Gelärme,
schmutzige, unordentliche, elende Arbeit. — Getöse etc.) ; — dat gepüst fan de wind ;
Nd. pusselij. — dat der mäkt so 'n gepüst, as of 't sük
pusselig, puslig, pusselg, schmutzig, su- 55 net bargen kau fan pin; — he hed d'r so
delig, unordentlicJi, faul, träge, plump, dick 'n gepüst afer, dat he so föl arbeiden mut,
etc.; — dat sügt so pusselg üt; — se is od. bz. dat hum 't läfen so stür word ; — dat
löpt so puslig ; — se word so dik un puslig, diug mäkt 'n gepüst, dat man hast bang
dat se hast net mer löpen kan. — Nd. (cf. Avorden schul'; — ^ so 'n gepüst un gestön'
Dann eil, 153 unter päüseln) puBsIig. 60 un gedo' as dat hir is, dat mag de düfel
PUSTER
778
PUT
langer ütholden; — wat mäkt dat minsk
för 'n gepüst in de weit. — Nd., mnd.
pusten od. püstcn ; nid. poesten; mnid.
poesten, puesten, puysten (s. unter 1 püster,
Blasebalg) ; irfries. poesfjen ; nfries. (Ontze h)
piiste od. (Johansen) piistiu ; tcang. pi'ist;
sa</. pilstje; norv.,schiced.\n\<i\.a.\ rfroi. puste;
bei Luther: pausten; bei Frisch: husten;
ii/rol. pusten ; süddeutsch CS c h m eil er)
phausten etc. — Wie das Subst. Blast aus
blaset (dritte Fers. Präs. u. Partie, von
blasen) contrahirt ist u. entstand, so ent-
stand das Subst. püst m. der Staimn pi'ist
von pusten aus einem mit blaset formell
gleichem puset als dritte Fers. Präs. u.
Partie, von einem älteren pusen od. pfisan,
büsan (vf. busen, hauchen, ivchen etc., Hare
etc. bei Frisch, sowie weitere Formen als
phftsen, pfausen, bansen etc. bei Weigand
etc. n. weiteres unter unserm büscn, biister,
biistern), wovon es meines Erachtens durch-
aus nicht erwiesen ist, dass es mit Jus-
stossung eines n aus dem späteren mhd.
(Lex e r) i)hniisen (niesen, schnauben, ohren-
blasen ; sich aufblähen) entstand, weil es wohl
iweifellos ist, dass dies alte püsan ebenso
loie ags. puse (pera, s. Weiteres unter 2 püske
». unter 2 pose u. «or?t'. pusen (aufgeblasen,
aufgebläht^ aufgeschwollen etc.), pusna (sich
aufblähen, aufschwellen etc.) etc. in ähnlicher
Weise von einer Schallwurzel od. einem Ton-
wort pu, bu od. i)liu, erweitert pus etc. ent-
stand, tvie tat. bucca u. bucciuum (cf. pauke,
pauken etc.) etc. nebst nhd. j) fauchen od.
fauchen u. unser i)Ogge, pok, puchcn, jjung
etc., von dem aus bu erweiterten Schallwort
buk, wobei ich wegen der Annahme einer ]/
pu mit der Bedtg. : wehen, hauchen, blasen
etc., bz. hauchen, duften, riechen, stinken etc.
u. blasen, ivegblasen, reinigen etc. sowohl
das lit. (cf. iick, II, 408 u. dazu seine
Bern, zu pa in IV, pag. 110) })uczu, pnsti
u. lett. (Pott, Wurzehvb., I, 1111) pulist
(blasen) anführe, icährend für das schon
frühere Bestehen einer gleichbedeutenden ]/
od. eines urspr. Schallwortes phu als Nach-
ahmung des beim Pusten od. Hauchen, Athmen
u. Blasen hörbar werdenden Tones od. Schalles
auch das skr. pui)husa (the lungs) u. griech.
phüsa (Blasebalg), phusäö (blasen) etc. neben
dem onomatop. Part, put, phut, pbüt (cf.
Pott, Wurzehvb., 1, 1121) zum Ausdruck des
I*ustens od. Ilauchens, Bla.fens etc. sprechen.
puster od. pusterd, a. Wind, Windstoss,
Windsbraut etc. ; — dar kwam 'n diigtigen
pfister (od. büster) u]) ; — b. Person die
pustet od. schwer athmet, keucht, schnauft,
ächzt, stöhnt etc.; — c. ein Dickwanst od.
aufgeblasener, aufgeblühter, aufgeschwollener
Mensch.
1. püster, kleiner Blasebalg od. auch blos
ein Bohr zum Atiblasen od. Anfachen des
Feuers. — Nd. püster, puster ; mnd. püster;
nid. poester; »i»W. poester, puester, purster.
5 2. pfister, der nhd. Bovist od. Bofist
genannte Staubpilz od. mit einem Blasen
platzende Staubschwamm, hier auch puske
u. hasentls genannt. — Wohl zu pusten od.
sonst mit pusse od. ags. puse connex, ivozu
10 ivenigstens die Farm puske ebensogut gehören
kann wie unser 2 u. 3 pflske, da ja der Bovist
eine kleine graue Blase od. ein rundes,
schlauchartiges Säckchen od. Bälglein ist.
piister-rör, Blase-Rohr u. zicar a. zum
15 Anblasen des Feuers u. b. zum Schiessen
kleiner Vögel mittelst durch dasselbe ge-
blasener Kitt- od. Thonkügelchen, weshalb
es scherztveise auch in der Bedtg. : Seh iess-
gewehr gebraucht wird.
20 pust-hä ; j. 7. pu-lia o(?. gepiist, gebläs etc.;
— hi' mäkt so 'n pftst-hä (rauschenden Lärm,
Spektakel, Aufsehen erregendes Geschrei etc.),
as wen d'r 'k -wet uct wat lös is ; — wat
best du altid för 'n püst-ha (lauten Gerufe,
25 Gerühme etc.) ? — du mäkst d'r l'öls to 151
piist-bä fan ; de sake is hei uet so slim.
püt od. pute u. auch püt, weibliches Scham-
glied, cunnus, veretrum. — Mnd. pute. — Nach
Seh. u. L., bz. Dieffenbach soll dieses Wort
30 ident. sein mit pute (Hure, mcretri.x), wovon
unser 2 pütje das Dimin. ist, u. wovo7i dort
behauptet ivird, dass die letztere Bedtg. aus
der von cunnus entstanden sei, ähnlich wie
dieselbe Bedtg. auch aus fotse (s. d.) ent-
35 stand. Wahrscheinlicher jedoch ist pute
in der Bedtg. : meretrix init an., isl. puta
(Hure, Ehebrecherin) aus afranz. pute, Span.,
port. puta (liederliche Dirne) entlehnt u.
demnach auch mit ilal. putta (Mädchen,
40 liederliche Dirne) u. (cf. Diez, 1, 335)
putto, span., port. pnio (Bube) aus ?a^ putus
(Knabe) entstanden, was wieder mit skr. ])utra
(Kind, Sohn), pota (Thierjunges) etc., sowie
vielleicht auch mit unserm put in putlienneke
45 M. ])Utcr etc. (s. Weiteres unter pu])pe u. cf.
Fick, 1, 67D) eines Ursprungs ist. Ob nun
aber püt od. pute (cunnus) eine blosse begriff-
liche Weiterentwickelung von ]Hite (meretrix)
ist, od. gar mit t'otse (s. d.) auf das skr. puta
50 (cf. Fick, I, 678 u. s. auch Weiteres unter
piitäl) zurückgeht, lasse ich dahin gestellt sein
u. will ich dazu nur noch bemerken, dass die
Bedtg. : cunnus auch sehr gut aus der von :
Brunnen od. Graben, Loch etc. entstehen
55 konnte u. demnach dieses piit od. pute mit
})üt od. jiütte, franz. puits etc. aus lat. puteus
hervorgegangen sein kann, %oozu auch das
stimmt, dass nach der alten Volkssage die
kleinen Kinder aus dem Brunnen kommen.
60 Zum Schlüsse sei übrigens zu püt od. pute,
PUET PUETTE
779
PUT-EI
put (cunnus) noch erwähnt, dass diese Bedtg.
auch aus der von G ebärmutter od. der
urspr. von Schlauch, Balg, Tasche,
Sack, Beutel etc. entstehen konnte, toie
sich diese Bedtgn. auch im lat. vulva od. volva
finden, u. auch das an. püss neben sacculus
die von volva equarum u. pos die von invo-
lucrum iufantis (s. unter 2 puske) hat u. wo
dann put, püt (cunnus) mit 2 püt (s. d.) auch
urspr. eins gewesen sein könnte.
püt, pütte, a. künstlicher Brunnen, ge-
grabenes Loch, Grube, Schacht etc.; — wi
willen 'n püt grafeu un mit törf upsetten
laten ; — 'n püt in de erde maken ; — pütteu
in 't mor, war de törf iitgrafen is. — Sprichw. :
'n siegten (od. schräeu) püt, war man 't
water indragen mut (spött. : in eum, qui ad
virilia non aptus est nisi victii luxurioso
corroboratus) ; — wen 't kalf (od. kiud) fer-
drunken is, word de püt denipt ; — b. Schacht
als Mass bei Erdarbeiten, 1 Rtithe lang u.
breit u. 4 Fuss tief. — Nd., vind. put ; nid.,
mnld. put, pet; afries. pet; ags. pit, pyt;
engl, pit; an., isl. pyttr; ahd. i)uzz etc. ti.
as. putte; mnd. putte; ahd. puzzi etc.; ital.
pozzo ; Span, pozo; prov. pots; franz. puits
etc. — Aus lat. puteus.
1. püt, *•. püt.
2. püt, a. Sack, Säckchen, Beutel, Tasche,
Dide etc.; — he stekt 't all' in sin püt; —
be löpt mit de bädelpüt; — 'u püt mit mal,
gört, arften, bonen, geld etc. — Compos. :
bädel-, geld-, krüder-, tabaks-, mll-püt etc. ;
— b. Kropf, ivie z. B. im Compos. beeu-püt
als Name des Rothkehlchens,tvas wörtl. soviel
als Beeren-Tasche od. Beeren-Kropf
bedeutet, weil dieser Vogel seinen Kropf mit
Beeren füllt ; — c. dasselbe wie kwabbe in
der Bedtg. : Wamme od. Wulst, Fleisch- od.
Fettwulst, bz. Ausbauchung, Anschwellung
etc. ; — he hed d'r so 'n püt undor 't kin
hangen od. sitten ; — 'n püt uader de ögen
(eine Anschwellung od. Geschwulst, blasen-
artige Ausbauchung etc. unter den Augen).
— Compos.: fet-put (Fettwamme, Fettwulst).
Obschon dieses hier so sehr gebräuchliche
Wort in den obigen Bedtgn. nirgends sonst
vorzukommen scheint, so ist beim Vergleich
der Wörter pogge (Frosch), pok (Pocke,
Blatter, Blase etc.) u. pung (Beutel, sacculus)
von der J/ buk (blasen, blähen, aufblasen,
aufblähen, aufschwellen, auftreiben etc.), bz.
bei dem Umstände, dass diese Wörter ein auf-
geblasenes od. aufgeblühtes, aufgeschwollenes
Etwas bezeichnen, doch wohl anzunehmen,
dass auch dem obigen püt dieselbe Bedtg.
zu Grunde liegt. Vergleicht man nun einer-
seits die verschiedenen Bedtgn. von bulster,
pöl u. pule, bz. dass sich dieselben sämmt-
lich aus der von: aufgeblasenes od. aufge-
schwollenes Etwas ergeben, sowie weiter, dass
unser pötal mit 1 kwabbe u. put auch mit
2 kwabbe synonym ist, bz. dass quabbe im
mnld. neben holothuria u. mustela tluviatilis
5 auch die von rubeta, bufo, raua (s. tinter
1 kwabbe) hat, so ergiebt sich sofort auch
ivieder die nahe begriffliche Verwandtschaft
u. urspr. Identität des obigen püt mit püt
in pütäl sowohl, cds auch mit nid. puyt (rana)
10 u. norw., schwed. puta; dän. pude; nfries.
(Outz e n) pütt u. pute (Polster, bz. ein
kleiner ausgestopfter Wulst etc., cf. oben die
Bedtg. stib c), worüber Weiteres unter pütäl.
püt-äl, Ja?</Mfy;j3e od. Aalraup e{ga.dus Iota),
15 ahd. auch rüpha; mhd. rüpe (wovon nhd.
Raupe in Aalraupe = mnd. Mroppe etc.)
d. i. Fr 0 seh fisch (aus lat. rubeta) ge-
nannt. — Nd. (Br. Wb., III, 384) pute
u. putt, bz. älputt (cf. Schütze, 111,254
20 unter Quabbe) ; nid. (v. Dal e) puitaal (das-
selbe) u. puit (a. ein kabliauartiger Fisch
mit dickem Kopf; — b. ein Frosch, rana,
rubeta) ; innld. puytael u. aelpuyt (mustela
piscis) u. puyte (mustelae fluviatilis genus),
25 sowie puyt, puyde (rana, rubeta, s. oben u.
cf. auch unter 1 kwabbe das mnld. quabbe
in der Bedtg. : holothuria, mustela fluviatilis
n. rubeta etc.) ; engl, pout (gadus barbatus)
u. pout, eelpout (gadus lotus). — Dass diesem
30 Worte die Bedtg.: aufgeblasenes od. aufge-
blähtes Etwas zu Grunde liegt, ist schon
unter 2 püt bemerkt u. ist es daher beim
Vergleich von lat. pustula (für puttula, als
Dimin. von putta, puta ?) u. lit. putys (Bläser)
35 von einem Stamm put als Erweiterung von
pu (s. unter pusten) auch sehr leicht möglich,
dass dieses püt mit püt tc. 2 püt aus dem von
pu (als Tonwort u. urspr. J/ von pusten)
eriveiterten Stamm put (cf. Fick, I, 677
40 unter 2 pu) hervorging, wozu auch puls u.
putseii gehören, zumal da auch das skr. puta
(s. unter püt) in der Bedtg. : Hinterbacken
sehr tüohl auf die Bedtg. : blasen, blähen,
sich aufblähen etc. zurückgehen kann,
45 ebensogut ivie püt u. pung in der Bedtg. :
Schlauch od. Säckchen, Beutel etc.
püt-bas, der Schachtmeister od. Aufseher
u. Hauptannehmer bei u. von Erdarbeiten,
cf. püt od. pütte in der Bedtg.: Schacht.
50 püt-ber, Brunnen-Gelage, bz. Festlichkeit
(cf. 2 ber), welche früher bei der Fertig-
stellung eines Brunnens gegeben ivurde.
put-ei, Wind-Ei, meist aber fig. ein Et-
was, wonach nichts kömmt od. was den ge-
55 hegten Erwartungen u. Hoffnungen nicht
entspricht od. vjodurch solche getäuscht icer-
den. — Redensart, u. Sprichw.: dat was 'n
putei ; dar is niks fan kamen ; — dat is 'u
putei ; de budel is mis; — „dat was 'n
60 putei," sä' bäs Freerk, da kwam sin frö mit
PUET-EMMER
780
rUTS PUTSE
'n dnd kiiul in de kräm. — Wohl Compos.
von put ah Bezeichnung dessen (cf. auch
puthenne) was klein, schwach, zart, unreif,
nnausgehildet etc. ist u. ei, da put (cf.
Schambach) auch im nd. diese Bcdtg.
hat u. auch dort von einem Wind-Ei ge-
braucht usird.
piit-enimer, Brunnen-Eimer, bz. Eimer
zum pütten von Wasser.
puter, Puter, Welsch-Hahn, hier meist
kuler genannt ; — he word so rod as 'u puter.
— Von nd. pute, piit (Welsch- Huhn) u. dies
vielleicht vom Lockruf put od. püt (cf. put-
henne etc.) od. sonst mit franz., span. put-
put, puput (upupa), Jislav. püta (Vogel) etc.
von einem unverschobenen Ton- od. Schall-
wort put.
puter-störm ; i. q. puderstörm, Jedoch hier
vielleicht mit Anlehnung an Puter, weil es
}neist i)n fig. Sinn von heftigem Aufbrausen
od. rasch aufloderndem u. bald verrauchen-
dem Zorn eines Menschen gebraucht wird.
put-heniie, Dimin. puthenueken, Kinder-
ivort od. Ko>i€wort für Henne od. Huhn u.
Hühnchen. — Xd. (Br. Wb., Nachtr, pag.
240) puttliüneken. — Kinderreim: put-
henneken ! puthenueken! wat deist du in
unsen hof? du plükst mi all' min bl8nikrs
of, dat word nn föls to grof. mamaken wil
dl kngen, papakcn wil dl slän, wo wil di
dat nog gän. — put od. redupl. put-put, bz.
(B a n n e i 1) püt, redupl. püt-piit ist Rufwort
zum Locken der Hühner, sowie auch Kose-
wort für etwas Kleines u. Zartes, wie wir
auch das Dimin. putje od. püije als J^ock-
n. Kose- Wort für ein Kätzchen u. Kindchen
gehrauchen. Im Allgemeinen ist es aber (cf.
put-ei) eine Bezeichnung für etwas kleines,
schwaches, zartes, unreifes, unausgebildctes,
nnfertiges überhaupt, sowie auch ein unvcr-
schobenes Ton- od. Buf-Wort für u. zur
Benennung von Vögeln, wie ja von diesem
put od. püt soivuhl das nd. pute od. \nde
(Welsch-Huhn od. kalekutisches Huhn) als
das franz. put-put (Wiedehopf) gebildet ist
u. püta auch im kslav. die Bedtg,: Vogel
hat. In der Bedtg. : kleines od. geringes,
zartes, schwaches Etwas etc. ist es auch
ident. mit hess. (V ilma r) putt (weich, zart,
jung)., sowie mit nd. i)üt u. putt im nd.
(Dann eil) pütjuuker (verächtlicher Aus-
druck für einen Gutsbesitzer od. unbedeu-
tenden Junker) u. in (D ahn er t) jmttküler
(kleiner bissiger Köter; fig. Ausdruck für
einen verächtlichen Eeind) etc., sowie ferner
auch wohl im hess. (Vilmar) putchen,
putchern (schwach sein, ein tvenig kränkeln),
verputchen (verkümmern, bz. im Wuchs u.
in der Entwitkelung zurückbleiben, wie z. B.
von Kindern u. jungen Thieren, als Lämmer,
Hühner etc.), nd., bz. nhd. puttel od. putchen
(kleines Huhn, Hühnchen, Küchlein etc.)
etc. Was nun aber weiter dieses put od.
püt betrifft, so ist es eine Kürzung aus
5 urs2)r. puta m. dieses eine Weiterbildung von
einem Ton- od. Lallwort pu, wie z. B. pu
in pupu, pupen etc. od. in lat. pupa (cf.
puppe) u. pa //? papa (cf. papa n. pape),
wozu F ick (I, 679) sowohl lat. piier, puclla,
10 pauper, paulus etc., als lat. putus, pullus etc.,
sowie ferner lit. put (Lockruf für Küchlein),
putj'tis (Küchlein), pautas (Ei, bz. Hode) ;
kslav. püta (Vogel) etc. u. auch das obige
put stellt.
15 putje od. pütje, Lock- od. Kosewort für
ein Kätzchen od. ein kleines Kind u. ivohl
soviel als Kleines u. Junges überhaupt (kum
her min putje od. pütje), da es ein Dimin.
von put od. püt (s. unter puthenne) ist.
20 1. jii'ltje, Dimin. von püt u. pule (cuiiuus).
2. ptttje, unreines, liederliches Frauen-
zimmer od. liederliche Dirne, Hure, Vettel
etc. — Nd. (Br. Wb., III, 384) puiitje
(säuische Frauensperson). — Dimin. von
25 juite, s. unter püt.
pütje, Dimin. von püt od. pütte, Brunnen.
pütje, Beutelchen, Säckchen, kleine Papier-
düte etc. etc. ; — 'n pütje mit gcld od. te,
kofte, mal etc. — Dimin. zu 2 püt.
30 putjen, piitjen, mit kleinen Schritten gehen
od. treten, tonten etc. ; — dat kindje fangt
an to putjen; — dat kiud putjet d'r hen ;
— he putjet in 't water (od. in de drek)
herum. — Nd. putjen. — Wohl von put als
35 Bezeichnung von etwas Kleinem etc., cf.
put-henne.
pütje-pak, ei)i sackartiger Anzug für kleine
Kinder od. Säuglinge; — he sitt nog in 't
pütje-jiak = er sitzt noch in den Windeln,
40 bz. er ist noch ein kleines Kind od. Säug-
ling. — Compos. von i)ütje (Säckchen) u.
pak in der Bedtg.: Tracht.
pütje-plakken, Düten-kleistern, bz. das
Kleistf rn od. Zusammenklebrn von Düten (cf.
'15 pütje) ; — he is nog man bi 't i)ütje-plakkeii.
pütje-plakker, Person dieJJüten zusammen-
klebt od. macht, bz. ein Dütenkleber. Fig. :
Jemand der sich mit kleinlichen od. gering-
fügigen Saclien beschäftigt.
50 puts od. putse, Posse, Spass, Schabernack,
Streich, loser Streich, Schelmstreich etc. ; —
putsen maken (Possen, Spässe od. Streiche,
Schelmstreiche etc. machen); — du must mi
gen putsen maken; — wel hed mi de puts
55 hakt? ^ ik schal dl nog wol iiisen wer
(wieder) 'n puts hakkcn, dar kanst du dl
up ferlaten. — Nd. (Dähnert) putze,
putzen od. (Br. Wh.) puts, putze, puzzc,
mnd. (Seh. u L.) pussc, posse, i»utze ; nid.
60 pocts, pots; mnld. (KU.) u. mfläm. boetse,
PÜTSEL-MEST
781
PUET-WATER
bootse (farce , soraette , narration joyeuse,
bourde, mocquerie, follatrcrie, plaisaiitorio,
raillerie) ; älter nhd. bosse etc., s. dieses in
Grimm, Wb.
putsel-mest, liasir -Messer. — Zu pulsen.
ptttsel-l'el'e, Easir-Zeug.
1. putseii, putzen, reinigen, schneiden,
scheeren, wischen, fegen etc. ; — de nüse
putsen (die Nase reinigen od. schneuzen) ;
— 't lücht putseii (das Licht schneuzen od.
die Schnuppe davon abschneiden) ; — de
bärd putsen (den Bart scheeren od. abnehmen) ;
— de disk putsen od. ofputsen (den Tisch
reinigen od. mit einem Tuch abreiben od.
loischen , abwischen); — bömen ntputsen
(Bäume ausschneiden). — Auch fig.: fegen,
derbe abfertigen etc.; — ik wil di putsen,
wen du dat net letst; — he hed bum dügtig
putsd. — iVü?. putsen od putzen ; »M. poetsen;
mhd. butzen, bützen etc. — Ob vielleicht
mit nhd. Putz von lat. pntus (rein etc.) u.
putare (putzen, reinigen etc.)?
2. pntsen, essen; — he putsd 't all' man
weg ; — he kan dügtig putsen ; — puts man
weg, min junge, 't is di wol gegünd. — Aiich
nd. putsen od. putzen in dieser selben Bedtg.
u. hier wohl aus der Bedtg. : reinigen, leer
machen etc. entstanden, sodass es mit 1 putsen
eins ist.
putsen - maker , Possen-Macher, Possen-
Eeisser. — Nid. poetsenmaker.
putser, Putzer, Reiniger, Scheerer etc. ;
— schöputser, bärdputser etc.
putsig, possirlich, spassluift, drollig, auf-
fallend, tvunderlich etc. ; — dat is je putsig ;
— dat sügt je putsig üt ; — dat is 'n putsigen
fent. — Nid. poetsig.
pütten (Verb.vompüt,\n\tte, «'ie4bakken
von hak), a. aus einem Brunnen (Wasser)
schöpfen mittelst des pütemmers ; — 8§ is
hen um water to jtütten ; — du kanst mi wol
efen wat water pütten od. uppütteu ; — b.
stechen, graben, tiefen etc. ; — pütte dat nog
5 wat drper. — Compos. : dtijütten, 1. aus-
schöpfen, entleeren, erschöpfen, entkräften ;
— dat water is d'r ütpüttd ; — he is gans
ütpüttd etc. ; — 2. ausgraben, austiefen, er-
tiefen, ergründen etc. ; — dat gat mut nog
10 mer ütpüttd worden; — de düpte is hei net
üt to pütten ; — Gods wisheid is net üt to
pütten (nicht auszuliefen, bz. nicht zu er-
gründest od. auch nach der Bedtg. sub 1 :
nicht auszuschöpfen, bz. nicht zu erschöpfen).
15 — Nd. pütten ; mnd., nid. pütten.
piitterke, Stieglitz. — Nid. putter, puttertje.
— Angeblich von pütter od. nid. pütter,
Wasser schöpf er, bz. Person die Wasser aus
dem Brunnen (püt, pütte) schöpft u. zieht,
20 iveil der Stieglitz dazu abgerichtet werden
kann, sein Trinkwasser selbst zu pütten.
Da übrigens auch der Distelfinke im nid.
putter, puttertje heisst, so scheint es mir
eher zu dem fläm. putterea (unverständlich
25 sprechen od. schtvatzen, stottern od. stoss-
iveise sprechen etc.) zu gehören od. mit diesem
von dem onomatop. put (s. tinter puthenne)
weiter gebildet zu sein.
pütting, Plur. püttings od. puttingen,
30 starke Ketten od. Kettenglieder, tvelche von
den Jungfern an den Büsten nach der Seite
des Schiffes hinabreichen od. eiserne Ketten
womit die Mastwände an dem Schiffsbord
befestigt sitid. — Nid. putting, puttingen ;
35 schtved., dän. pijtting. pyttingerne; engl.
futtock, futtocks.
püt-water, Brunnemoasser, als Gegensatz
zu bak- water (Cisternemvasser) . — Sprichto. :
't löpt hum bi de rügge up, as kold pütwater.
0
BINDING SECT.
PF Doomkaat Koolraan, J. ten
1493 Wörterbuch der ostfriesi-
D6 sehen Sprache
Bd. 2
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fOR «St W